Wächter der Runen (Band 1) - J. K. Bloom - E-Book

Wächter der Runen (Band 1) E-Book

J. K. Bloom

5,0

Beschreibung

Finn ist Kopfgeldjäger und sein nächster Auftrag lautet: Finde die Abtrünnige Ravanea und liefere sie dem Imperium lebend aus. Für Finn eigentlich keine große Herausforderung, doch dann stößt er auf immer mehr Ungereimtheiten. Warum sucht das Imperium seit Jahren erfolglos nach ihr? Welches dunkle Geheimnis umgibt sie, dass der Herrscher alles daransetzt, sie lebend zu fangen? Je mehr er über Ravanea in Erfahrung bringt, desto stärker regt sich in Finn etwas, das für jeden Kopfgeldjäger das Todesurteil bedeuten kann: Zweifel, ob er tatsächlich das Richtige tut.

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Informationen zum Buch

Impressum

Widmung

Landkarte

Teil I

1 - Finnigan

2 - Ravanea

3 - Finnigan

4 - Ravanea

5 - Finnigan

6 - Ravanea

7 - Finnigan

8 - Ravanea

9 - Finnigan

10 - Ravanea

11- Finnigan

12 - Ravanea

13 - Finnigan

14 - Ravanea

15 - Finnigan

16 - Ravanea

17 - Finnigan

18 - Ravanea

19 - Finnigan

Teil II

20 - Ravanea

21 - Finnigan

22 - Ravanea

23 - Finnigan

24 - Ravanea

25 - Finnigan

26 - Ravanea

27 - Finnigan

28 - Ravanea

Teil III

29 -Finnigan

30 - Ravanea

31 - Finnigan

32 - Ravanea

33 - Finnigan

34 - Ravanea

35 - Finnigan

36 - Ravanea

Dank

 

J. K. Bloom

 

 

Wächter der Runen

Band 1

 

 

Fantasy

 

Wächter der Runen (Band 1)

Finn ist Kopfgeldjäger und sein nächster Auftrag lautet: Finde die Abtrünnige Ravanea und liefere sie dem Imperium lebend aus.

Für Finn eigentlich keine große Herausforderung, doch dann stößt er auf immer mehr Ungereimtheiten. Warum sucht das Imperium seit Jahren erfolglos nach ihr? Welches dunkle Geheimnis umgibt sie, dass der Herrscher alles daransetzt, sie lebend zu fangen?

Je mehr er über Ravanea in Erfahrung bringt, desto stärker regt sich in Finn etwas, das für jeden Kopfgeldjäger das Todesurteil bedeuten kann: Zweifel, ob er tatsächlich das Richtige tut.

 

Die Autorin

J. K. Bloom schreibt schon, seit sie elf Jahre alt ist. Das Erschaffen neuer Welten ist ihre Leidenschaft, seitdem sie das erste Mal ein Gefühl für ihre Geschichten bekam. Sie ist selbst abenteuerlustig und reist sehr gern. Wenn sie ihre Nase nicht gerade zwischen die Seiten eines Buches steckt, schreibt sie, beschäftigt sich mit ihren zwei Katzen oder plant schon die nächste Reise an einen unbekannten Ort.

 

www.sternensand-verlag.ch

[email protected]

 

1. Auflage, September 2018

© Sternensand Verlag GmbH, Zürich 2018

Umschlaggestaltung: Kopainski Artwork | Alexander Kopainski

Lektorat: Sternensand Verlag GmbH | Martina König

Korrektorat: Sternensand Verlag GmbH | Jennifer Papendick

Satz: Sternensand Verlag GmbH

Druck und Bindung: Smilkov Print Ltd.

 

ISBN (Taschenbuch): 978-3-906829-96-8

ISBN (epub): 978-3-906829-95-1

 

Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

 

 

 

 

Für Mom,

weil du immer ein Teil

meiner Bücher sein wirst

 

Teil I

 

In Gefangenschaft

 

1 - Finnigan

 

Ein lautes Donnern, gefolgt von einer Böe, die an meiner Zimmertür rüttelt, lässt mich aus meinen Gedanken aufschrecken. Stirnrunzelnd betrachte ich die Regentropfen, die unaufhörlich gegen die Fensterscheiben prasseln, und widme mich wieder meinen Aufträgen. In letzter Zeit kommen sie wie Flugblätter in mein Arbeitszimmer hereingeweht, als gäbe es nur einen einzigen Kopfgeldjäger in ganz Goldwest.

Erschöpft schiebe ich ein paar lose Seiten über den Schreibtisch und fahre mir über das Gesicht, während ich die Füße auf der Oberfläche ablege. Achtzehn Aufträge warten auf mich und sie alle müssen in kürzester Zeit erledigt werden. Die Bezahlung ist sehr gut und wenn ich alles abarbeiten würde, könnte ich mit dem Erlös endlich in die Hauptstadt Baltora ziehen. Die dortigen Anwesen sind kein Vergleich zu meinem jetzigen Haus – wo überall der Putz bröckelt, da es baufälliger als eine Ruine ist – und würden mein Ansehen erheblich steigern.

Es mangelt mir nicht an Fähigkeiten, sondern an Geld. Die Hauptstadt lässt nur Bewohner in das Adelsviertel ziehen, die ein bestimmtes Vermögen erlangt haben. Mit diesen Aufträgen wäre das Ziel erreicht.

»Finn?«, ruft jemand dumpf durch die Tür, woraufhin ich die Füße vom Tisch nehme. An der Stimme erkenne ich, dass es mein Partner Reovo ist.

»Komm rein!«, antworte ich und Reovo betritt den Raum.

Er ist kein Kopfgeldjäger, erledigt aber den Papierkram für mich und sucht nach neuen Aufträgen. Außerdem beliefert er mich mit hilfreichen Informationen, wenn der Gesuchte nicht aufzufinden ist – einige wissen sich verdammt gut zu verstecken. Doch mir ist noch keiner entwischt.

Reovo fährt über seine im Nacken zusammengebundenen dunkelbraunen Haare, rückt seine Brille zurecht und kommt in gebeugter Haltung auf mich zu. Wie immer trägt er eine braune Jacke und polierte Lederschuhe.

»Ich weiß, du bist im Moment mit den vielen Aufträgen beschäftigt, aber dennoch wollte ich dich fragen, ob ich morgen zu Hause bleiben dürfte.« Er verknotet die Finger ineinander, was er öfter macht, wenn er nervös ist. »Moreila ist mittlerweile im neunten Monat und bekommt wahrscheinlich in den nächsten drei Tagen unser Kind.«

Ich lächle, so gut ich kann, denn gerade in diesem Chaos wäre seine Unterstützung äußerst hilfreich gewesen. Doch was bin ich für ein Freund, wenn ich ihm verweigere, bei der Geburt seines ersten Kindes anwesend zu sein? Also strecke ich meine Arme und Beine von mir und gähne. »Ich habe dir doch schon einmal gesagt, Reo, dass ich dir ein paar Tage freigebe, wenn es so weit ist. Ich schaffe das schon.«

Er stößt erleichtert die Luft aus. »Vielen Dank, Finn!«

»Kein Problem. Wisst ihr schon, wie ihr das Kind nennen wollt?«

Das Gesetz schreibt vor, dass der Name des Vaters und der Mutter einen neuen bilden. Finnigan entstand aus Ganora und Finnicars. Manchmal bilden sich auf diese Weise schwer auszusprechende Namen, die nicht mehr geändert werden dürfen.

»›Remore‹, wenn es ein Mädchen wird, und ›Ovor‹, wenn es ein Junge ist«, verkündet er stolz. »Meine Frau hat die Namen zusammengestellt.«

»Das sind schöne Namen«, lobe ich, doch tippe daraufhin nervös auf den Schreibtisch. Ich blicke wieder zu den vielen Seiten vor mir. »Sag mir, Reovo, soll ich all diese Aufträge annehmen? Einerseits kann ich es kaum erwarten, Goldwest zu verlassen, andererseits erscheint es mir beinahe unmöglich, die Kopfgeldaufträge innerhalb einer Woche zu erledigen.« Ich schiebe mehrere Dokumente zu einem Stapel zusammen. Danach massiere ich mir die Schläfen. »Sie alle kommen aus unterschiedlichen Dörfern.«

Reovo zuckt mit den Schultern. »Du weißt, dass du in die Hauptstadt ziehen darfst, wenn du diese Hürde genommen hast. Ist das Ziel erst einmal bewältigt, kannst du es ruhiger angehen lassen.«

Meinen Kopf mit den Armen stützend, blicke ich erneut auf die einzelnen Blätter. Ich seufze leise und schließe kurz die Augen. Er hat recht. Wenn ich jetzt nicht die Zähne zusammenbeiße, wird mein Umzug nur in die Länge gezogen.

Mit meinen Fingern fahre ich über die Runenplaketten am Hals, die durch ihre kleinen Löcher an einer silbernen Kette befestigt sind. Ich besitze eine Feuerrune, zwei Wasserrunen und ein paar Nutzrunen. Mit diesen magischen Hilfsmitteln handeln und leben wir. Neben dem Geld werten diese Plaketten den Status, das Ansehen und die Stärke einer Person auf. Sie sind überlebenswichtig und jemand, der keine besitzt, steht in der Hierarchie weit unten.

»Ich mache es«, beschließe ich und sehe meinen Freund fest an. »Es wird hart, aber vielleicht kann ich Carora um Hilfe bitten. Sie müsste dich auch nur für eine kurze Zeit vertreten.«

»Du willst deine Schwester um Hilfe bitten?« Reovo sieht mich ungläubig an. »Du weißt, was sie von deiner Arbeit hält. Außerdem habt ihr nicht gerade ein gutes Verhältnis.«

Ich senke den Blick. »Ja, weiß ich.«

Carora hasst mich für meine Arbeit als Kopfgeldjäger, da ich Menschen für Geld töte. Sie hätte es bevorzugt, wenn ich ein Vermögensverwalter, Erkunder oder Runenmeister geworden wäre. Auch wenn es grausam klingt, aber das Töten liegt mir einfach.

»Sie würde es trotzdem für mich tun«, murmle ich und fahre mit dem Finger einen Riss auf meinem Schreibtisch entlang. »Unsere Eltern haben uns beigebracht, dass man sich gegenseitig hilft, ganz gleich, was kommt.«

Reovo zieht die Augenbrauen hoch. »Wenn du denkst, es ist das Richtige … Ich hoffe, du überforderst dich nicht und verlierst dabei deine Kunden. Willst du es dir nicht noch einmal überlegen? Was ist mit deinen Kopfgeldjäger-Kollegen? Kann niemand dir ein paar Aufträge abnehmen?«

Ich berühre nachdenklich mein Kinn. Es wäre eine Überlegung wert und wenn wir die Arbeit teilen würden, bekämen wir vielleicht in der Zeit neue Aufträge, sodass ich ohne Hast arbeiten könnte. »Gute Idee«, nicke ich schließlich. »Ich werde sie fragen.«

Reovo macht auf dem Absatz kehrt und läuft zur Tür. »Viel Glück, Finn, und bis in drei Tagen.«

»Ich wünsche euch alles Gute für die Geburt eures Kindes«, rufe ich ihm nach, bevor er den Raum verlässt und verschwunden ist.

Mit meinen Fingern fahre ich erneut über die Runenplaketten und sehe zu den vielen Papieren auf dem Schreibtisch. Wahllos nehme ich einen Auftrag und sehe ihn mir an.

Das Schlimmste am Kopfgeldjägerdasein sind die zu jagenden Personen, da sie meistens schwer zu finden sind. Nur selten erhalte ich ein Schreiben, in dem der Aufenthaltsort und der Grund für das Kopfgeld angegeben sind. Meistens muss ich erst die Hinweise des letzten Aufenthalts sammeln und anschließend einer dann hoffentlich vorhandenen Spur folgen. Dies kann manchmal Tage dauern, doch wenn ich die Verbrecher in meinem Visier habe, lässt der Tod nicht lange auf sich warten.

Ich bin nicht stolz darauf, Menschen zu töten, doch da es sich oft um wirklich boshafte Personen handelt, die selbst schon über viele Leichen gegangen sind, weiß ich, dass ich damit auf indirekte Weise Leben rette. Viele meiner Opfer waren Mitglieder in Verbrecherbanden, Abtrünnige, Rebellen oder Clan-Anführer. Sie hätten mit dem Töten nicht aufgehört, bevor sie selbst starben.

Bisher ist mir noch niemand entwischt, weshalb ich sehr gefragt bin.

Trotz der späten Stunde lese ich mir die Hinweise im Auftrag durch. Am unteren Rand des Schreibens hat ein Offizier des Imperiums unterschrieben, um der Jagd auf den Mann stattzugeben. Das ist für mich als Kopfgeldjäger äußerst wichtig, da ich sonst als Mörder angeklagt werden kann. Ich nehme auch keine Aufträge an, auf denen nicht vermerkt wurde, dass das Imperium davon in Kenntnis gesetzt ist.

Ich setze mich gerader hin und versuche, mir ein Bild von der gesuchten Person zu machen. Anscheinend handelt es sich um einen Rebellen, der mehrere Male ein Dorf angegriffen hat, aus dem er verstoßen wurde. Er will Rache nehmen und der Dorfvorsteher hat mich dazu beauftragt, dies für ihn zu tun. Er schreibt sogar, dass alle Bewohner gespendet haben, um mich bezahlen zu können.

Warum bringt sich das Imperium in solchen Fällen nicht ein? Ist es ihm egal, dass seine Leute angegriffen werden?

Die Frage kann ich mir eigentlich selbst beantworten, denn in den letzten Jahren habe ich bemerkt, dass das Imperium sein Volk vernachlässigt und sich nur noch um die, in seinen Augen, wichtigen Dinge kümmert – Machtergreifung. Es würde sich nicht an mich wenden, wenn es nicht wirklich dringend wäre.

Ich seufze. Wenigstens ist der Ablauf nichts Neues für mich. Ein bekannter Täter, ein paar Hintergrundinformationen und die Suche nach der Zielperson.

Meine Finger fahren über die Unterschrift des Dorfvorstehers, wobei mir auffällt, dass das Pergament ziemlich alt ist. Der Gesuchte soll sich zurzeit irgendwo außerhalb von Goldwest aufhalten. Durch seine zur Neige gehenden Vorräte haben schon einige Zeugen beobachtet, wie er Waren in der Stadt kaufte.

Wo liegt dieser Ort? Ob ich mich jetzt schon auf die Suche nach neuen Hinweisen machen soll?

Natürlich muss ich das! Achtzehn Aufträge erledigen sich nicht von allein.

Lustlos erhebe ich mich vom Stuhl, stopfe den Auftrag in meine Ledertasche und nehme mir meine Dolche und den Bogen, dessen Köcher ich mir über die Schulter schlinge.

Mit hochgezogener Kapuze gehe ich die wenigen Stufen meines am Hang stehenden Hauses hinunter, schiebe die Hände in die Taschen meiner Jacke und laufe die dunkle Straße hinab. Der Mond kämpft sich durch den wolkenüberzogenen Nachthimmel, aus dem es immer noch in Strömen regnet. Fröstelnd ziehe ich die Kapuze ins Gesicht und versuche, so gut es geht, die Windböe zu ignorieren, die unsanft gegen meinen Körper peitscht. Erleuchtet wird mein Weg von grellen Blitzen, die ab und an am Himmel aufleuchten.

Mein Ziel ist die Schenke, welche sich in der Nähe des Marktplatzes befindet. An Orten, an denen sich viele Menschen aufhalten, bekommt man am schnellsten Informationen, zumal die Betroffenen meistens betrunken sind und damit gesprächiger werden.

Ich sehe zu einer beleuchteten Nebenstraße und erkenne unter dem Lichtschein der Laternen einige imperiale Soldaten, die in klappernden Metallrüstungen ihre Route ablaufen. Für sie ist es ein Hauptgewinn, in dieser Stadt arbeiten zu dürfen und nicht in einer Bettlerstadt wie beispielsweise Massott, die im Süden unseres Landes nicht weit von Goldwest entfernt liegt. Im dort befindlichen Untergrund leben die Schwächsten unserer Hierarchie. Man erzählt sich, dass allein die Luft schon krank machen würde. Für die Soldaten wäre ein solcher Ort die reinste Qual.

Wie halten diese Menschen nur den Gestank aus? Wie dreckig muss diese Stadt sein?

Zum Glück hatte ich noch keinen Auftrag, der mich in dieses Loch führte.

»Du elender Versager!«, schreit auf einmal jemand nicht allzu weit entfernt. Eine üppige Frau in abgenutzter Bauernkleidung steht in der Tür ihres Hauses und zieht ein wütendes Gesicht, das jedoch nicht mir, sondern einem schmächtigen Mann gilt. »Du bist zu nichts zu gebrauchen.« Sie richtet ihre weiße Haube auf dem Kopf und stemmt die Arme in die Hüfte.

»Aber Liebling …«, fleht der kleine Kerl, der nur mit einem längeren Leinenhemd bekleidet ist. »Ich werde bald eine neue Arbeit finden.«

»Hau endlich ab!«, brüllt sie und wirft ihm seine restliche Kleidung hinterher, ehe die Tür laut krachend zufliegt.

Er bleibt regungslos auf dem Fußabtreter sitzen.

Ich werfe ihm einen mitleidigen Blick zu, ehe ich meinen Weg fortsetze. Das Schicksal, das den Mann soeben ereilt hat, ist hier in Goldwest nichts Ungewöhnliches. Frauen finden einfach leichter eine Arbeit als Männer, denn im Westen der Stadt gibt es ein beliebtes Schneiderviertel, in dem die teuersten und aufwendigsten Kleider von ganz Amatea hergestellt werden. Eine solche Feinarbeit ist nichts für einen Mann.

Ich steuere die Schenke an, in der ich schon öfter nach Informationen gefragt habe. Durch den Auftrag kenne ich auch den Namen des Gesuchten: Tobis Kass. Vielleicht hat ihn schon einmal jemand aufgeschnappt und weiß, wo er sich zurzeit aufhalten könnte.

Ich blicke auf das durch den Wind schaukelnde Schild über der Tür. ›Der Unhold‹. Vor mir torkeln zwei Soldaten in das Gasthaus, nehmen ihre Helme ab und scheinen den Feierabend zusammen ausklingen zu lassen. Aus den Fenstern dringt Licht und ich höre lautes Gelächter – ein Zeichen dafür, dass die Schenke wieder am Brodeln ist.

Ich folge den Soldaten unauffällig, bis ich die Bar erreiche und mich auf einen freien Platz setze. Der Geruch von Alkohol und Schweiß lässt mich die Nase rümpfen. Der Raum ist so voll, dass die Fenster von innen beschlagen. Die Taverne hat ihre besten Jahre längst hinter sich. Die Tische und Stühle weisen Kerben und abgebrochene Ecken auf, der Dielenboden ist von den nassen Schuhen beschmutzt und abgetreten. Die wenigen Kerzen auf den Tischen und Theken erhellen den Raum nur mäßig.

Neben mir unterhalten sich zwei muskulöse Kerle, die ihre Bierkrüge lachend gegeneinanderstoßen. Ich drehe ihnen desinteressiert den Rücken zu und schiebe die nasse Kapuze von meinem Kopf.

Heute Abend schenkt der Wirt, der mich bereits ziemlich gut kennt, höchstpersönlich aus. »Finn!«, ruft er und bleibt mir gegenüber stehen. »Mensch, Junge, du warst ja eine Ewigkeit nicht mehr hier. Biste wieder auf der Suche nach Hinweisen?«

Olef ist fast fünfzig Jahre alt, lebt und liebt seine Schenke und ist umgänglich, wenn man nicht auf Ärger aus ist. Er hat keine Haare mehr auf dem Kopf, kleine braune Augen und einen südländischen Hautton. Seine Familie stammt von den Königsinseln, die ebenfalls vor dreißig Jahren ein Teil des Imperiums wurden.

»Du weißt, dass meine Arbeit nie ein Ende findet«, sage ich grinsend. »Willst du den Auftrag sehen?«

Er zuckt belanglos mit den Schultern. »Wenn’s etwas nützt … Du weißt, dass ich dir nicht immer helfen kann.«

Ich nicke und gebe ihm das Schreiben.

Seine Augen fliegen regelrecht über die Zeilen. Als er damit fertig ist, drückt er mir das Papier zurück in die Hand. »Tobis, hm? Seltsamer Name. Leider muss ich dich enttäuschen, mein Guter. Habe niemanden von ihm sprechen hören, aber wenn er außerhalb von Goldwest herkommt, ist es schwierig, Hinweise zu kriegen.«

Ich stimme ihm zu, denn niemand in der Stadt kennt die außerhalb lebenden Menschen. Die meisten Dörfer sind so klein und unscheinbar in den Wäldern, dass man die Bewohner für Fremde hielt und in den größeren Städten auch so behandelte. Von da an beschlossen die Dorfbewohner, unter sich zu bleiben.

»Ja, das habe ich mir schon gedacht. Mist!«, ärgere ich mich und schieße meine Hoffnung, hier auf Hinweise zu stoßen, in den Wind.

»Aber he!« Der Wirt deutet mit dem Kopf unauffällig in die hintere Ecke des Raumes. Seine Stimme wird leiser und er beugt sich zu mir. »Kurz nachdem du hier aufgetaucht bist, hat eine Dame, die jetzt hinten in der Ecke sitzt, ein Auge auf dich geworfen.«

Mein Blick wandert unauffällig nach links und tatsächlich beobachtet mich eine junge Frau in beeindruckender blutroter Lederrüstung. Ihr langes aschblondes Haar hat sie zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden, was sie streng und edel zugleich wirken lässt. Nach ihrer Statur und der Ausrüstung zu urteilen, arbeitet sie für das Imperium. Auf ihren Schultern leuchtet weiß die berüchtigte Lotusblüte auf. Sie ist das Wappenzeichen des Imperiums und beinahe in jeder Großstadt auf Bannern, an imperialen Gebäuden oder auf Flaggen zu sehen.

Ich nicke dankend, erhebe mich und gehe auf die gut aussehende Dame zu. Sie lässt mich keine Sekunde aus den Augen. Selbst als ich mich zwischen zwei Trunkenbolden hindurchzwänge, spüre ich ihren alles durchbohrenden Blick.

Argwöhnisch setze ich mich ihr gegenüber an den Tisch und schaue sie stirnrunzelnd an. Ich mag das Imperium nicht, genauso wenig, wie es an der Arbeit eines Kopfgeldjägers Gefallen findet. Aber wenn es selbst keinen Trupp für das Aufspüren eines Verbrechers entbehren kann, segnet es eben die Kopfgeldaufträge ab, um nicht in einen Konflikt mit den Bürgern zu geraten.

Mir wird ein wenig mulmig, als ich ihre Runen am Hals entdecke. Sie besitzt sechs, und vier davon sind Feuerrunen. Beängstigend. Jedenfalls scheint sie kein gewöhnlicher Soldat zu sein.

»Bei den Ahnen, deine Herkunft ist nicht zu übersehen, Finnigan Bassett«, beginnt sie.

Ihre respektlose Art, zu reden, erschreckt mich etwas. Wer hat ihr überhaupt von mir erzählt? War das eine Anspielung auf mein Adelsgeschlecht? Redet sie immer so herablassend? Was fällt ihr eigentlich ein? Als wäre die Kombination aus Adel und Kopfgeldjäger eine Unverschämtheit. Dringt mein Erfolg nun auch bis zu Baltora durch?

»Wie bitte?« Die Falte zwischen meinen Augenbrauen wird tiefer und meine Stimmung schlechter.

Sie legt den Kopf schief und stützt ihn mit der Hand ab. »War das unerwartet? Ich dachte, du wüsstest, dass das Adelsgeschlecht äußerlich unverkennbar ist.«

Ich finde erst nach einigen Augenblicken meine Stimme wieder. Die Dame scheint pfiffig und direkt zu sein. Welche Position bezieht sie in der Hierarchie des Imperiums?

»Wer bist du?«

»Kora Jenkin«, sagt sie und grinst selbstgefällig. »Kommandantin des vierten Heeres der imperialen Streitkraft.«

Mir verschlägt es beinahe die Sprache. Was hat eine so hohe Persönlichkeit an einem solchen Ort zu suchen? Sollte sie nicht im Palast von Baltora sein und ihrer täglichen Arbeit nachgehen? Solche Leute befinden sich für gewöhnlich an der Seite des Imperators.

»Weshalb bist du hier?«, will ich wissen, nachdem ich tief durchgeatmet habe.

»Wegen dir«, antwortet sie, woraufhin ich versuche, meine Überraschung nicht nach außen dringen zu lassen. Sie beugt sich näher nach vorn, doch ich gebe nicht klein bei. Mein Gefühl verrät mir, dass sie gekommen ist, um meine Hilfe zu erfragen. »Eigentlich wollte ich dich an deinem Haus abfangen, aber da warst du bereits auf dem Weg hierher. Also bin ich dir gefolgt.« Sie macht eine kleine Pause, bevor sie weiterspricht. »Ich wurde beauftragt, dir ein Angebot zu machen, das du nicht ablehnen kannst.«

Ich ziehe die Augenbrauen noch stärker zusammen und verschränke die Arme vor der Brust. »Ich soll dem Imperium einen Dienst erweisen? Tut mir leid, aber damit will ich nichts zu tun haben.«

Das Imperium bezahlt zwar gut, doch das, was es verlangt, erfordert immer viel Können und Geschick. Außerdem merkt sich das Imperium einen Namen gut, wenn man am Auftrag scheitert. Ein schlechtes Licht kann ich für meinen künftigen Umzug nach Baltora nicht gebrauchen.

Gerade als ich aufstehen und damit das Gespräch beenden will, wirft sie noch etwas ein: »Erledigst du diesen einen Auftrag, wirst du dein Anwesen in der Hauptstadt bekommen – und noch mehr.«

Sie weiß also von meinem erhofften Umzug nach Baltora und nutzt ihn zu ihrem Vorteil aus. Vielleicht hätte ich weniger damit prahlen sollen, was ich vorhabe.

Ich balle unter dem Tisch meine Hand zu einer Faust und würde am liebsten ablehnen, doch ein einziger Auftrag – statt der achtzehn, die ich noch vor mir habe – ist geradezu verlockend.

Wenn ich mich für diese eine Aufgabe entscheide, muss ich alle anderen Anfragen ablehnen oder sie verschieben. Je nach Dringlichkeit könnte es bei dem einen oder anderen Auftraggeber zu Unmut kommen, was meinen Ruf schädigen würde, wenn es sich herumspricht. Ich bin nicht dafür bekannt, unzuverlässig zu sein, also müsste sich der Auftrag des Imperiums wirklich lohnen, sodass er den Schaden, den er anrichtet, wiedergutmacht.

Wenn ich mich dagegen entscheide, werde ich es mit Sicherheit bereuen. Lehne ich ab, könnte Kora es mir heimzahlen wollen. Vermutlich hat das Imperium sie deshalb geschickt, damit ich weiß, dass der Auftrag ernst ist. Und offensichtlich auch wichtig.

Die Neugierde packt mich. »Um was geht es überhaupt?«

Kora grinst verschmitzt und scheint sich darüber zu freuen, dass ich Interesse zeige – wenn auch ungewollt. »Es geht um eine Abtrünnige. Sie ist uns vor zwei Jahren entwischt.«

Was? So lange schon? Ich muss lachen. »Ist das ein Scherz?«

Ihr Blick wird ernster.

»Mal ehrlich, Abtrünnige sind doch leicht wieder einzufangen. Wenn ihr sie nirgendwo gefunden habt, ist sie vielleicht längst tot.«

Kora verzieht das Gesicht. »Eher unwahrscheinlich.« Ihre Miene wird hart. »Wäre es ein leichtes Spiel, würde sich das Imperium bestimmt nicht für die Dienste eines Kopfgeldjägers interessieren.« Mir dreht sich der Magen um, während sie weiterspricht. »Ich habe selbst nach diesem Biest gesucht, doch leider ohne Erfolg. Man hat bereits zwei Leichen gefunden …« Sie zieht höhnisch einen Mundwinkel nach oben. »… von Kopfgeldjägern.«

Ich schlucke. Offensichtlich handelt es sich um eine ungewöhnlich findige Abtrünnige. »Interessant. Doch weshalb macht das Imperium sich nach zwei Jahren noch die Mühe, sie wiederzufinden?«

»Das geht dich nichts an, Jäger.« Ihre Stimme klingt drohend. »Du musst allerdings eines beachten: Sie darf nicht getötet werden. Sie muss am Leben bleiben – um jeden Preis.«

Meine Augen weiten sich. Ist das Imperium noch ganz bei Trost? Ich soll als Kopfgeldjäger jemanden suchen, finden und dann lebendig aushändigen? Weshalb sucht es sich keinen anderen Freiwilligen, der eine solch anspruchsvolle Aufgabe übernimmt? Jedenfalls scheint die Gesuchte eine besondere Person zu sein. Welche Geschichte verbirgt sich dahinter?

»Also?«, hakt sie nach und lehnt sich mit hochgezogenen Augenbrauen in ihrem Stuhl zurück.

Ich senke den Blick und starre auf den verdreckten Tisch zwischen uns. Eigentlich habe ich gar keine andere Wahl. Wenn ich nach Baltora kommen will, muss ich dem Imperium beweisen, dass es auf mich zählen kann. Eine Ablehnung würde nur Misstrauen und vielleicht auch eine Abneigung gegen mich erwecken, die ich in der Hauptstadt auf keinen Fall gebrauchen kann.

»Nun gut.«

Als ich den Blick wieder hebe, grinst sie zufrieden. »Richtige Entscheidung«, meint sie anerkennend und holt ein Pergamentstück aus ihrer Lederrüstung. Auf dem Tisch klappt sie die Karte unseres Landes Amatea auf. Sie tippt auf den südlichen Teil. Darauf sind sowohl Goldwest als auch zwei weitere Städte eingekreist: Silvereast und Massott. »Wir haben einige der Orte abgesucht, abgesehen von den kleineren Teilen der Städte. Wir glauben, dass sie sich in einem der Armenviertel versteckt, womit sich die Aufgabe als schwierig erweist, da diese Gebiete voll von Bettlern und Dieben sind.«

Mein Blick gleitet über die Karte, dann zu ihrem Gesicht. »Gibt es irgendetwas, das ich über sie wissen müsste? Hat sie Familie?«

Kora schüttelt den Kopf. »Ihr Name ist Ravanea Cahem und den Gerüchten zufolge verschwanden ihre Eltern vor zweieinhalb Jahren. Ihr Bruder lebt in Massott, doch er scheint nichts über den Verbleib seiner Schwester zu wissen. Wir haben bereits gründlich nachgehakt.«

Ein Schauer läuft mir über den Rücken. »Habt ihr in Massott schon überall nachgesehen?«, frage ich neugierig.

»Nein. Dass sie an den Ort zurückkehren würde, an dem ihre Familie einst lebte, haben wir ausgenommen. Wenn sie tatsächlich so schlau ist, wie wir denken, wird sie einen anderen Ort gewählt haben.«

Ich überlege und beginne in meinen Gedanken bereits, an dem Fall zu arbeiten. Eine Abtrünnige ohne Freunde, Rückzugsort und vermutlich Eigentum würde eigentlich nicht in eine Stadt zurückkehren, in der man sie kennt. Ich gehe davon aus, dass sie sehr klug ist. Sie hat das Imperium glauben lassen, sie sei an einem anderen Ort, um sich dann heimlich im Untergrund ihrer Heimatstadt versteckt zu halten. Im Dreck zu leben, wo niemand sie unter dem Schmutz erkennen wird. Aber was ist, wenn sie genau das beabsichtigt hat? Sie möchte das Imperium glauben lassen, dass sie zu klug für Massott ist. Vielleicht ist das genau die Antwort.

Ich deute mit dem Finger auf die Stadt, die auf der Karte als kleiner Kreis dargestellt ist. »Sie ist dort. Ganz sicher.«

Kora sieht mich fragend an.

»Wo wurden denn die Leichen gefunden?«, will ich wissen, ohne meine Gedankengänge zu erläutern.

Sie zieht eine Schreibfeder aus ihrem Mantel und markiert zwei kleine Punkte auf der Karte. Beide befinden sich im Radius der eingekreisten Städte, allerdings keiner davon in der Nähe von Massott.

Ich borge mir ihre Feder aus. »Wo wurde die erste Leiche gefunden?«

Kora tippt auf einen Wald mit einem Fluss, den ich nur zu gut kenne. »Man hat ihn am Ufer gefunden.«

Ich denke kurz nach, doch dann wird es mir augenblicklich klar. »In Massott verlaufen die Kanäle so, dass einige in den Fluss münden und die Strömung nach Westen fließt.«

Kora scheint für den ersten Moment beeindruckt, doch dann stellt sie meine Theorie infrage. »Das ist kein Beweis. Sie hätte ihn genauso gut an dieser Stelle in den Fluss werfen können.«

»Wenn ich einen Toten in den Fluss werfen würde, würde ich es tun, damit der Körper weit vom Geschehen weggespült wird.« Ich zeige auf Massott. »Die zweite Leiche?«

»Weiter östlich, am Wegesrand der Hauptstraße in Richtung Silvereast.«

Nervös tippe ich auf die Karte und überlege, wie sie die Leiche dort loswerden konnte. Die Straße wird meistens nur von Händlern oder Kaufleuten befahren. Sie ist sehr beliebt und es wäre sicher ein Zeuge gefunden worden, der etwas Derartiges beobachtet hätte. Allerdings fällt mir wieder ein, dass mir ein Gast aus der Schenke mal erzählte, dass es einige Händler gibt, die neben ihren Waren gesetzeswidrige Geschäfte betreiben. Zwar handelt es sich dabei um die sichere Überfahrt von Rebellen, doch warum sollten sie keine Leichen wegschaffen können? Wenn die Bezahlung stimmt, wieso nicht? Es klingt jedenfalls einfacher, einen Toten zu schmuggeln, als lebendige Personen.

»Wann war das? Ich meine, an welchem Wochentag?«, frage ich weiter.

»Ich glaube, an einem Mittwoch«, antwortet sie mir.

»Wie lange war er schon tot?«

»Zwei bis drei Tage, schätze ich.«

Dann zähle ich eins und eins zusammen und das Geschehen spielt sich klar vor meinem geistigen Auge ab. Vater sagte immer, dass das Unscheinbare meistens der Punkt sei, den wir alle als Nichtwahrheit betrachten. Deshalb übersehen wir Hinweise und blicken meistens am Ziel vorbei.

»Sie hat jemandem Geld dafür gegeben, eine Leiche wegzuschaffen, damit dieser sie auf der Hauptstraße unauffällig beseitigt«, erkläre ich der blonden Kommandantin, die mich aufmerksam mustert. »Sonntags wechseln die Händler meistens ihren Standort, um woanders ihr Glück zu versuchen. Ich weiß, dass es Händler gibt, die neben ihrer Tätigkeit auch gesetzeswidrige Lieferungen übernehmen – wenn du verstehst.«

»Davon habe ich gehört, doch ich dachte, meine Männer hätten so etwas unter Kontrolle«, seufzt sie und klingt enttäuscht. Sie lehnt sich zurück. »Ich muss wohl öfter mal aus Baltora raus«, murmelt sie vor sich hin. Dann zeichnet sich Begeisterung auf ihrem Gesicht ab. »Aber du scheinst tatsächlich fähig für diese Arbeit zu sein.« Ihre Augen wandern noch einmal über meinen ganzen Körper, als würde sie in mir etwas erkennen. »Du weißt, was du zu tun hast, Jäger.«

»Das weiß ich«, bestätige ich.

Wenn ich weiteren Hinweisen nachgehe, sollte die Abtrünnige bald zu finden sein.

Zumindest habe ich den Suchkreis eingeschränkt. Massott. Doch auch in dieser Stadt gleicht mein Vorhaben der Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

»Wenn du in Baltora bist, verlange nach mir, damit wir den Rest gemeinsam abwickeln können.« Kora erhebt sich und lässt mir die Karte da. Bevor sie verschwindet, sagt sie noch: »Morgen bringe ich einige weitere Unterlagen vorbei. Der Auftrag muss schließlich schriftlich festgehalten werden.« Sie schenkt mir ihr selbstsicheres Grinsen und verabschiedet sich mit einem »Viel Glück«.

Ich bleibe sitzen und denke über den Auftrag nach.

Weshalb ausgerechnet diese Abtrünnige? Verbirgt sie etwas? Weshalb ist sie so wichtig für das Imperium? Im Normalfall werden die Abtrünnigen von den Sicarias, den Meuchelmördern, gejagt und getötet. Dahinter steckt mehr und Kora weiß davon.

Eines ist gewiss: Es erwartet mich einiges an Arbeit.

Vielleicht kann ich ein paar meiner Aufträge an Pacho, meinen Kopfgeldjägerfreund, abgeben. Er freut sich bestimmt über neue Arbeit. Ich sollte ihn gleich aufsuchen und fragen.

2 - Ravanea

 

Mein Blick fliegt über die Dächer der modrigen alten Häuser unseres Bezirkes. Weit hinter diesem Gebiet ragt der adlige Teil von Massott hervor, mit seinen hohen Mauern, den Gärten, die einem Paradies gleichen, und den Turmspitzen, die das Schloss kennzeichnen.

Ich beneide den Adel nicht. Er macht sich zwar keine Sorgen um Hungersnöte, Krankheiten oder den Tod, aber dafür giert er nach Macht und Ansehen, welches er sich auf jede hinterhältige Art erkauft.

Ich weiß das, denn ich bin vor einigen Jahren eine Gefangene des Imperiums gewesen und nun vor ihm auf der Flucht. In seinen Augen bin ich eine Abtrünnige, die der Regierung den Rücken gekehrt hat und nun gejagt wird.

Doch hier, im tiefsten Dreck Amateas, sucht kein imperialer Soldat nach mir. Das Einzige, wovor ich im Moment Angst haben sollte, sind die Auftragsmörder, die mich verfolgen. Ich weiß, dass das Imperium sie auf mich ansetzt, weil es selbst nicht mehr weiterweiß. Zwei haben bereits ihr Leben gelassen, weswegen auch das Kopfgeld stieg. Je länger ich gesucht werde, desto verlockender ist der Auftrag für meine Feinde.

Seit zwei Jahren verstecke ich mich hier und habe alle Hinweise darauf hindeuten lassen, dass ich überall, nur nicht in Massott bin. Zusätzlich haben sich meine Haare und Augen durch Nutzrunen verändert, wodurch ich mein strahlendes Blond in ein schmutziges Schwarz färbte und meine Iris dunkelbraun wandelte, um mich besser dem Dreck im Untergrund von Massott anzupassen. Bisher bin ich niemandem aufgefallen – bis auf den beiden Auftragsmördern, die meine wahre Identität erkannten und im Kampf gegen mich getötet wurden. Mein Versteck ist gewahrt geblieben und das darf sich auch niemals ändern.

Ich schaue auf mein Dekolleté hinunter und begutachte die drei Runenplaketten, die für uns Menschen überlebenswichtig sind und aus einem seltenen Metall bestehen. Diese dünnen Plättchen haben verschiedene Zeichen eingraviert, wovon einige schon Jahrhunderte alt sind. Jede Rune verleiht dem Besitzer eine besondere Fähigkeit, wenn er sie erweckt.

Es existieren drei verschiedene Typen, die sich in der Art ihrer Anwendung unterscheiden.

Die Feuerrune brennt man sich in die Haut und je besser das Material der Runenplakette ist, desto länger hält die Magie an. Mit der Zeit verschwindet das Zeichen auf der Haut und verliert damit seine Wirkung – wie eine Wunde, die heilt.

Die zweite Art ist die Wasserrune. Sie funktioniert wie ein Trank. Die Plättchen sind etwas kleiner, um sie in ein Gefäß zu legen und mit heißem Wasser zu erwecken. Sie leuchten auf und die Magie fließt in die Flüssigkeit, sodass man sie nach dem Abkühlen trinken kann und die Fähigkeit in den Körper übergeht. Allerdings wird die Wirkung umso geringer, je größer die Körpermasse ist. Ein einfacher voller Trinkbecher ist für eine durchschnittliche Person ideal.

Der Runenmeister entscheidet, ob er eine Feuer- oder Wasserrune schmiedet.

Zu guter Letzt gibt es die sogenannten Nutzrunen, die so unglaublich vielfältig in ihrer Wirkung sind, dass man die unterschiedlichen Arten gar nicht aufzählen kann. Sie werden für alles Mögliche angefertigt, wie zum Beispiel Räumlichkeiten erhellen, Apparate erwecken, Schusswaffen entwickeln, Pflanzen schneller zum Wachsen bringen und noch viel mehr. Nutzrunen sind die komplizierteren Fälle und nur etwas für wahre Runenmeister, die in ihren Werkstätten die Runen schmieden.

Die Nutzrunen, die Energie speichern, setzt man einfach an die entsprechend vorgefertigte Stelle des zu beeinflussenden Gegenstandes. In allen anderen Fällen muss man sie nur in die Nähe des Zielobjektes halten. Dennoch existiert keine Nutzrune für den direkten Kampf. Sie reagieren lediglich auf Gegenstände oder nur oberflächlich auf Lebewesen und können keinen Tieren oder Menschen schaden.

Die Runen gelten als Trophäe. Man hängt sie sich um den Hals, damit jeder erkennt, wie reich man ist. Mittlerweile flößen sie auch Respekt ein und ängstigen diejenigen, die keine besitzen. Hier in Massott gibt es – abgesehen vom Imperium – selten Menschen mit Runen.

Sitzend blicke ich zwischen meinen schaukelnden Beinen hindurch, die ich über den Rand eines alten Daches baumeln lasse. Ich entdecke einen Jungen mit einem wilden Lockenkopf, der immer wieder die Straße hinauf und hinunter läuft. Dann fixiert er einen Marktstand, an dem wertvolle Schatullen verkauft werden. Darin kann man Runen aufbewahren, wenn man zu viele besitzt und sie am Hals zu schwer werden. Oder man kauft ein solches Aufbewahrungsmittel, um sie sicher verwahren zu können. Mit einer Nutzrune, die als Schlüssel dient, kann man es abschließen.

Ich halte meinen Kopf mit dem Arm, dessen Ellenbogen ich auf dem Oberschenkel abstütze. Der Lockenkopf versucht, sein Interesse für den Stand durch unauffälliges Gehen und Beobachten zu verschleiern, doch eine Bettlerdame, die unscheinbar am Boden sitzt, bemerkt sein Umherschleichen. Sie würde ihn verraten, denn in Massott kennt der Untergrund keine Solidarität. Er würde sofort erfasst werden, wenn er jetzt einen falschen Schritt macht und zuschlägt. Die Bestrafung für Diebstahl endet oft mit grausamer Folter, sodass der Sträfling an seinen Wunden verblutet.

Die imperialen Soldaten, die in dieser Stadt arbeiten müssen, sind meistens degradierte Frontkämpfer. Für sie ist es eine Strafe, hier zu sein, und sie lassen ihren Frust an den Opfern aus, die ihnen unglücklicherweise in die Hände fallen.

Die Arme des Jungen sind angespannt. Eine Hand steckt in der Tasche seiner alten, zerrissenen Hose und er scheint darin etwas zu verbergen. Ich versuche zu erkennen, was es ist, doch dafür ist die Distanz zu groß.

Eine kleine Frau mit dunklen Haaren, deren Gesicht unter einer Kapuze verdeckt ist, nähert sich dem Stand und zeigt mit dem Finger auf eine Schatulle. Der Verkäufer widmet sich ganz seiner Kundin, weswegen der Junge seine Chance wittert.

Mir wird etwas mulmig dabei, denn ich kann sehen, wie sich vom anderen Ende der Straße imperiale Soldaten nähern. Der Junge kann sie nicht erkennen, da sein Blickwinkel dafür nicht ausreicht – er wird es vermasseln und in die Arme der Soldaten laufen.

Ich atme tief durch und drehe meine Hand mit der Innenseite nach oben. Das Blut fließt durch meine Adern, pulsiert unter meiner Haut und mir wird augenblicklich wärmer. In meinem Kopf stelle ich mir das Feuer vor, wie es sich bewegt, welche Farbe es besitzt und wie es sich anfühlen wird. Als meine kleine Flamme im Kopf Gestalt annimmt, halte ich sie fest und erwecke meine eingebrannte Feuerrune mit der Fähigkeit für Elementarmagie. Ich habe sie mir knapp unter dem Schlüsselbein eingebrannt, weswegen meine Haut an dieser Stelle nun leicht prickelt. Doch ihre Wirkung ist nicht mehr so stark wie vor einer Woche. Für mein Vorhaben reicht es jedoch aus.

Ich beäuge die Hand des Jungen und schnippe mit Daumen und Zeigefinger. Meine Magie saust als unsichtbares Geschoss zu ihm hinunter und löst eine Flamme in der Nähe seiner Finger aus. Er schreckt zurück, sogar so sehr, dass er stolpert und auf seinem Hintern landet. Ihm ist ein lauter Schrei entwichen, der bis zu mir nach oben gedrungen ist und alle Anwesenden um ihn herum auf sich aufmerksam gemacht hat.

Natürlich habe ich seine Chance für einen Raub zunichtegemacht, aber dafür wurde er vor der grauenvollen Folter bewahrt.

Der Lockenkopf blickt die Straße hinauf und entdeckt die sich nähernden Soldaten. Auf seinem Gesicht steht die blanke Angst geschrieben. Hektisch erhebt er sich vom Boden, lässt die Augen über die Straße gleiten. Er sucht vermutlich denjenigen, dem er sein Leben zu verdanken hat. Natürlich befinde ich mich viel zu weit oben, als dass er mich finden könnte.

Der Junge geht die Straße hinunter, weg von den Soldaten und dem Standbesitzer. Er zieht sich eine Mütze auf den Kopf und nimmt die Dunkelgasse, wo sich auch der Eingang zum Untergrund befindet, dem schlimmsten Dreckloch in ganz Amatea.

Ich wohne ebenfalls dort, aber nur weil ich eine gesuchte Abtrünnige bin. Keiner der Soldaten würde gern die Nadel im Misthaufen suchen. Die Kopfgeldjäger werden allerdings in letzter Zeit lästiger. Laut meiner Quellen hat das Imperium die Leichen abseits von Massott gefunden, denn ich will nicht, dass sie meinen Aufenthaltsort zurückverfolgen können.

Nach einer Weile verlasse ich die Dächer und kehre in die schlammigen, vom Regen durchtränkten Straßen zurück. Es dämmert bereits, was für mich bedeutet, dass es Zeit ist, nach Hause zurückzukehren.

Wenn es dunkel wird, verschwinden die Leute von den Straßen, denn sie fürchten die nächtlichen Überfälle. Raub, Mord und Vergewaltigung sind in den Armenvierteln mittlerweile keine Verbrechen mehr. Der Adel ist froh, wenn er den Dreck loswird. In den tiefsten Untergründen gelten keine Menschenrechte mehr.

Ich höre meine Füße auf der schmierigen Straße schmatzen, hinter mir knarrt ein alter fahrender Holzwagen und vor mir geht ein in Rüstung gekleideter Mann. Er trägt Stiefel, ein robustes Oberteil und unter der schwarzen Jacke scheint er Waffen versteckt zu haben. Die Statur, seine Körperhaltung und das ruhige Verhalten sprechen dafür, dass es sich dabei um einen Jäger handelt. Aber was ist seine Beute? Selbst unsere Soldaten ziehen sich nachts auf die hohen Mauern zurück, um dort weiter Wache zu halten.

Dieser Kerl vor mir ist entweder dumm oder ein Fremder, der zum ersten Mal nach Massott gekommen ist. Vielleicht ein Kopfgeldjäger, der jemanden sucht? Um seine Schulter hat er ein gut gepflegtes Jagdgewehr geschlungen, das offensichtlich seine liebste Waffe ist. Doch wer durchkreuzt freiwillig Massott? Und dann auch noch in diesem dreckigen Bezirk?

Nach einigen Überlegungen fällt mir auf, dass seine Schritte sich meinen anpassen. Die Distanz ändert sich jedoch nicht, so als wären wir beide immer gleich schnell. Er lässt mich, ohne über die Schulter blicken zu müssen, nicht aus den Augen. Um ihn zu testen, biege ich in eine Straße ein und höre nach kurzer Zeit, wie mich seine Schritte erneut verfolgen.

Meine Vermutung bestätigt sich, was es offensichtlich macht, weswegen er in diese Stadt gekommen ist. Bisher hatten alle meine Verfolger etwas mit dem Imperium zu tun und waren mit der Absicht gekommen, mich festzunehmen. Wie ich trotz meines veränderten Aussehens schon zum dritten Mal von meinen Feinden als gesuchte Abtrünnige erkannt wurde, ist mir schleierhaft.

Angst macht sich in mir breit, doch ich habe sie unter Kontrolle. Es ist nicht das erste Mal, dass ich von ihnen entdeckt werde. Ich vertraue auf meine Fähigkeiten, mich zu verstecken und den Kopfgeldjäger überwältigen zu können.

Die Elementarmagie gehört zu den seltenen Runen und ihre Macht reicht aus, um mich verteidigen zu können. Bisher hat sie mir immer aus der Klemme geholfen und mir bewiesen, dass ich ohne sie längst in den Klauen des Imperiums wäre.

Ich biege erneut ab und locke den Jäger von der Marktstraße weg. Da ich den Bezirk wie meine Westentasche kenne, führe ich ihn durch mehrere Gassen und kleine Straßen zu einem leeren Haus, das sich nahe am Eingang zum Untergrund befindet. Hier interessiert es niemanden, ob jemand nach Hilfe schreit. Die Bewohner sind froh, wenn es nicht ihr eigenes Leben ist, das sie verlieren.

Als Abtrünnige muss man lernen, zu überleben. Man darf niemandem vertrauen, schon gar nicht einem Fremden. Es gibt – abgesehen von meinem Bruder – nur eine Person, die mein gut behütetes Geheimnis kennt und weiß, weshalb das Imperium mich sucht. Doch bevor ich zu demjenigen zurückkehre, muss ich meinen Verfolger loswerden.

Auf der Straße ist es ruhig und ich betrete das verlassene Haus. Die Fassade ist zum Teil abgebröckelt, die Fenster trüb, und überall, wo man hinsieht, befinden sich Staub und Schmutz. Für eine Falle ist dieser Ort wie geschaffen. Der Kopfgeldjäger muss nur noch dumm genug sein, mir zu folgen, damit ich ihm den Gnadenstoß versetzen kann.

Als ich eingetreten bin, schließe ich die Tür hinter mir und mache mich an meiner Falle zu schaffen. Auf dem Boden liegt ein durchlöcherter Teppich, der eine Fallklappe verdeckt, durch die mein Verfolger in einen von mir gebauten Käfig im Keller stürzen wird. So konnte ich auch die anderen beiden Jäger überwältigen.

Ich positioniere mich hinter einer Wand und werde durch mehrere Regale vor einem direkten Blickkontakt geschützt. Draußen bleibt es eine Zeit lang still, doch dann kann ich Schritte auf der Veranda hören. Das alte Haus macht das Schleichen unmöglich, denn jede Diele besitzt ihr eigenes Quietschen, das sofort den ganzen Raum erfüllt. Damit weiß ich jederzeit, wo sich der Kopfgeldjäger befindet.

Ich grinse in mich hinein. So ein Dummkopf! Schon beim Betreten der Veranda hätte er umkehren sollen. Doch der Kopfgeldjäger scheint es drauf ankommen lassen zu wollen.

Ich lege meine Finger um den Hebel an der Wand und blicke zwischen zwei alten Büchern hindurch, um die sich öffnende Tür im Auge zu behalten.

Im Dunkeln kann ich seine Gesichtsmerkmale nicht erkennen, aber der Umriss seines Körpers reicht aus. Er hält sein Jagdgewehr in der Hand und seine hellen Augen huschen im Raum hin und her. Immer wenn im alten Haus ein verdächtiges Geräusch ertönt, dreht er sich ertappt um. Sollte er im Auftrag des Imperiums hier sein, weiß er, dass bisher zwei Kopfgeldjäger getötet wurden. Macht ihm das keine Angst?

Er tritt in das heruntergekommene Wohnzimmer und betrachtet die Decke, von der schon einige Dielen abgefallen sind und zerbrochen vor ihm liegen. Sein Kopf wandert nach links und rechts, bis er beschließt, ins Nebenzimmer zu gehen.

Mein Herz pocht vor Aufregung, als ich erkenne, dass er auf der Falltür steht und der Moment gekommen ist, in dem ich den Hebel ruckartig herunterziehe. Es knackt und der Boden bricht unter seinen Füßen weg, sodass er samt Teppich in meinen Käfig fällt. Ich lege den Hebel wieder hoch, schließe damit die Öffnung und schnappe mir aus dem Regal ein schwarzes Tuch, binde es um meinen Kopf und verschleiere damit mein Aussehen, sodass nur die braunen Augen zu sehen sind.

Eilig gehe ich die Treppe zum Keller hinab und stelle mich mit Sicherheitsabstand vor den Käfig. Ächzend und klagend erhebt sich der Jäger, da er schmerzhaft auf dem Steinboden aufgekommen ist. Er sieht mich an.

»Wusste ich doch, dass ich richtigliege«, beginnt er.

Ich berühre eine Nutzrune an der Wand und gleißendes blaues Kristalllicht leuchtet über ihm auf. Es handelt sich dabei um einen besonderen herausgebrochenen Stein, den ich in einer Ecke des Käfigs befestigt habe. Ohne die Runenenergie wären wir ziemlich primitiv.

»Du bist Ravanea Cahem«, errät er und ich sehe ihn noch immer nur an. Er bemerkt mein Schweigen und zuckt mit den Schultern. »Haare und Augen kann man farblich ändern, aber deine Gesichtsmerkmale haben dich verraten.«

Tatsächlich? Überrascht ziehe ich die Augenbrauen hoch und verschränke die Arme vor der Brust. Er muss mein Bild auf den Aushängen praktisch studiert haben.

»Ich habe dich schon vor ein paar Tagen entdeckt. Bist mir ganz zufällig über den Weg gelaufen und ich fand dein Gesicht viel zu hübsch für eine Untergrundbewohnerin, also habe ich dich näher angesehen. Ich glich dein Fahndungsbild mit dir ab und entdeckte eine gewisse Ähnlichkeit.«

Ich halte meine eiserne Maske bei und versuche, meine Gedanken nicht nach außen zu bringen. Er ist also schon länger hinter mir her.

Wieso ist mir sein Umherschleichen nie aufgefallen? So ein Mist!

Nachdenklich tippt er sich mit dem Finger an sein Kinn. »Ich frage mich nur, was du dem Imperium angetan hast, dass es dich unbedingt lebend braucht.«

Ich bin davongelaufen, weil ich eine zweite Gefangenschaft in seinem Kerker nicht überleben würde.

Zurzeit herrscht Krieg. Um die Welt zu beherrschen, muss das Imperium das Land Oceana einnehmen, das sich über die gesamte Ostküste erstreckt. Den Krieg zwischen Amatea und dem Nachbarland gibt es schon, seit ich denken kann, doch das Imperium wird niemals gewinnen, da Oceana über die besten Runenmeister und die meisten Magiequellen verfügt. Es könnte Amatea mit Leichtigkeit in Schutt und Asche legen, wenn es wollte, doch hat es nie getan, wofür ich ihm zutiefst dankbar bin. Doch mit meiner unergründeten Macht könnte es ihm gelingen und ich will nicht, dass das Imperium seine Herrschaft ausbreitet, denn bereits jetzt leiden die Länder an großer Hungersnot. Die Abstände zwischen Reichtum und Armut werden immer größer und Massott wird in diesem Jahr die höchste Einwohnerzahl in ganz Amatea erreichen – trotz der vielen Tode.

Mein Gefangener reißt mich wieder aus den Gedanken. »Du redest nicht viel, oder?«

Im Licht sehe ich Falten unter seinen Augen, den Bart hat er sich seit einigen Tagen nicht mehr gestutzt. Ich schätze ihn auf vierzig Jahre.

Angewidert von seiner Anwesenheit und dem Gedanken, dass er meinen Tod nur für Ansehen und Geld will, nehme ich meine Flinte aus dem Holzschrank. Bevor er auf die Idee kommt, dass Schloss mit einer Kugel zu zerschießen, muss ich ihn getötet haben.

»Hey, was machst du da?« Furcht ist deutlich aus seiner Stimme zu entnehmen.

Gemächlich lade ich meine Waffe mit Metallpatronen auf, berühre die Nutzrune an der Seite der Flinte und erwecke sie dadurch. Das Runenzeichen leuchtet rot auf und die Waffe ist entsichert. Die Magie überträgt sich auf die Patronen, sodass diese im Körper eines Lebewesens in winzige scharfe Splitter zerplatzen, sobald sie durch das Fleisch gedrungen sind. Damit wäre nur ein Schuss nötig, um ihn zu töten.

Kampfbereit halte ich ihm den Lauf meiner Waffe entgegen. Er hebt die Hände und sein Gesicht wird augenblicklich blass. Instinktiv greift er nach seinem Gewehr und zielt auf meine Beine. Ich weiche schlagartig seinem Visier aus, verfehle allerdings meinen Schuss, den ich zur selben Zeit abgegeben habe, und verstecke mich hinter einem dicken Holzbalken. Er drückt zu spät den Abzug und die Kugel zischt haarscharf an meinem Kopf vorbei. Späne und Splitter fliegen vor meine Füße. Verärgert beiße ich die Zähne zusammen. Ich hätte schneller abdrücken müssen.

»Scheißweibsstück! Komm da raus!«

Ich atme tief durch, sehe zur Decke, während mein Herz wild klopft und ich versuche, es zu beruhigen. Nur wenige Meter von mir entfernt habe ich Sicherheitsvorkehrungen getroffen, indem ich eine Leiter an einen Pfosten stellte, um schneller ins Erdgeschoss zu gelangen. Oberhalb befindet sich in einer Schublade eine Feuerrune, die jemanden mit sofortiger Wirkung lähmen kann. Ich habe sie für den Notfall hierbehalten, falls mein Plan einmal scheitern sollte.

Ich höre, wie ein weiterer Schuss ertönt, gefolgt von lautem Metallklirren. Er muss das Schloss aufgeschossen haben.

Jetzt wird es ernst.

Dieser Kopfgeldjäger darf mich zwar nicht töten, doch er könnte mich schwer verletzen und anschließend zum Imperium schaffen.

Ich laufe konzentriert auf die Leiter zu und erklimme sie mit geschmeidigen Bewegungen. Noch während ich klettere, ertönt erneut ein Schuss, welcher meine Wade streift. Erschrocken fahre ich zusammen. In meinen Ohren höre ich das Rauschen des Blutes.

Aufgrund der Angst spüre ich den Schmerz im ersten Moment nur mäßig und erreiche das Erdgeschoss, bevor ein weiterer Schuss ertönt. Oben schnappe ich mir die Feuerrune aus der Schublade des modrigen Schränkchens und klettere eine Empore hoch, von wo aus ich die Deckenbalken besser erreiche. Ich ziehe mich an ihnen hoch und balanciere auf die Höhe des Lochs im Boden, aus dem der Kopfgeldjäger jeden Moment kriechen wird.

Der Schmerz wird stärker und Blut tritt aus der Wunde. Ich beiße auf die Zähne und versuche, leise zu sein, um meinen Aufenthaltsort nicht zu verraten. Mein Atem geht stoßweise und kommt mir zwischen den stillen Wänden viel zu laut vor. Ich gehe auf dem Balken in die Hocke und warte darauf, dass ich seinen Kopf sehe.

Natürlich erhasche ich zuerst einen Blick auf den Lauf des Gewehrs und warte ab, bis der Rest von ihm aus dem Keller nachzieht. Als er endlich mit beiden Beinen auf dem Boden steht, halte ich den Atem an, während meine Finger die kleine Runenplakette umschließen. Wie ein hungriger Geier beobachte ich seine Bewegungen. Er ist auf jedes Geräusch gefasst.

Angriffsbereit hebe ich meine Hand und springe vom Balken hinab, lasse seine Schultern dabei jedoch nicht aus den Augen und versuche, mein Ziel anzuvisieren. Vor Schreck erstarrt er, sodass ich ihm die Rune mit voller Wucht auf die freie Hautstelle an seinem Hals drücke. Er schreit auf, unter meiner Hand zischt es und er geht zu Boden.

Ich atme erleichtert aus, weil ich außer Gefahr bin, und hieve den gelähmten Mann vom Boden. Durch meine Wasserrune ›Stärke‹, die ich regelmäßig erwecke, machen mir schwere Gewichte nicht allzu viel aus.

Mit Schwung werfe ich mir den Kopfgeldjäger über meine Schulter und verlasse das Haus. Meine Wunde schmerzt mit jedem Schritt, aber wenn ich den Jäger jetzt nicht beseitige, könnte es passieren, dass die Lähmung nachlässt und er mich überwältigt.

Es interessiert niemanden, was nachts auf den Straßen geschieht. Selbst die Soldaten ignorieren die Überfälle, die sich vor ihren Augen abspielen, es sei denn, sie sind auf Ärger aus. Dank der Dunkelheit sind nur Schatten auf dem matschigen Weg zu erkennen. In den Häusern ist es düster, doch durch den Mondschein kann ich Umrisse von Personen an den Fenstern erkennen. In dieser Straße sind die Bauten genauso alt und instabil wie das verlassene Haus, in dem ich den Kopfgeldjäger gefangen genommen habe.

Mir läuft ein eiskalter Schauer über den Rücken, da ich auf den Straßen allein bin. Die Stille ist unangenehm und beängstigend zugleich. Zu dieser Zeit halte ich mich lieber im Untergrund auf, in dem die meisten Tag und Nacht nicht mehr unterscheiden können, denn viele von ihnen verweilen an dem Ort. Der Untergrund gleicht einem Nest Kakerlaken. Es stinkt nach Urin und Kot, Blut und Schweiß, und wer den Geruch nicht gewohnt ist, wird sich beim ersten Betreten übergeben müssen.

»Wo bringst du mich hin?«, ächzt es über meiner Schulter.

»Ich töte dich, was sonst?«, gebe ich als Antwort zurück.

Ich weiß, dass es ihm Schmerzen bereitet, zu reden. Eigentlich verhindert die Rune auch das Sprechen, doch er muss hart dagegen ankämpfen. Manchmal hilft aber auch die Angst.

»Warte!«, ruft er mit knirschenden Zähnen, als ich in eine Gasse abbiege. »Wir können das doch anders klären.«

Nach zwei Abbiegungen erreiche ich das Ende meines Weges und werfe den Kopfgeldjäger achtlos neben einen Misthaufen. Im Boden entdecke ich den Kanaldeckel, den ich öffnen werde, um den Kerl zu beseitigen. Seufzend knie ich mich davor und schiebe den Deckel ohne viel Kraftaufwand zur Seite. Aus dem Kanal dringt ein unausstehlicher Gestank nach oben, der in meiner Nase ein Kribbeln verursacht. Die ganze Stadt riecht danach, doch über der Öffnung ist der Geruch um einiges intensiver.

Der Kopfgeldjäger atmet schwerfällig, bis ich verstehe, dass er gegen die Übelkeit ankämpft. Damit er dem Drang, sich zu übergeben, nachgeben muss, packe ich ihn im Nacken und halte seinen Kopf über die Öffnung im Boden. Er würgt und ich verdrehe die Augen. So reagieren alle, wenn sie Massott zum ersten Mal betreten.

Als er fertig ist, keucht er. »Töte mich nicht. Ich verspreche dir, dass ich aufhören werde, dich zu jagen«, fleht er.

Als mir das erste Mal ein Kopfgeldjäger aufgehalst wurde, habe ich Gnade walten lassen, doch er hat mich erneut aufgespürt. Das Geld lockt sie alle zu sehr, sodass nur der Tod ihre Begierde aufhalten kann. Sie betteln bis zum bitteren Ende, doch in Massott darf man kein Erbarmen zeigen. Hier herrscht das Gesetz ›fressen oder gefressen werden‹.

»Ich habe keine andere Wahl«, erwidere ich mit entschlossener Stimme und ziehe seinen Körper zum Kanaldeckel.

Er hält die Luft an, da der starke Gestank ihm ins Gesicht weht. Selbst ich atme durch den Mund.

Der Kopfgeldjäger fleht ununterbrochen und vergießt Tränen der Angst. Ich bin kein herzloser Mensch, doch dieses Risiko kann ich nicht eingehen. Das Ausmaß meiner Rune wäre zu verheerend. Deshalb darf ich keine Schwäche zeigen und er muss mit seinem Leben bezahlen.

Ich gebe ihm einen letzten Stoß mit dem Fuß, woraufhin er in das grün-braune Wasser fällt, das eine so starke Strömung besitzt, dass der Körper des Mannes augenblicklich zwischen den Fluten verschwindet. Den Deckel schiebe ich wieder über den Kanal und blicke zu meiner Wade, die schmerzhaft brennt.

Ich verweile nicht lange in der Gasse, da andere mich auf der Straße entdecken und auf die Idee kommen könnten, eine einsame verletzte Frau zu überfallen. Deshalb kehre ich schleunigst in das alte Haus zurück.

Drinnen schiebe ich das Hosenbein hoch und beiße mir verärgert auf die Unterlippe, als ich die Fleischwunde entdecke. Er hat mich sauber erwischt. Ich erkenne unter dem Blut Gewebe und schließe daraus, dass die Wunde tief ist und ohne ›Heilungs‹-Rune lange brauchen wird, um zu genesen.

Leise fluchend schnappe ich mir ein altes Hemd aus dem Schrank, zerreiße es in Fetzen und binde mir diese so lange um, bis die Blutung vorerst gestoppt ist. Bis nach Hause wird es etwas dauern und einen Kampf muss ich um jeden Preis vermeiden.

Bevor ich jedoch aufbreche, lege ich die Feuerrune für ›Lähmung‹ an ihren Platz zurück, verschließe den aufgebrochenen Käfig mit einer Metallkette und lege den Teppich über der Falltür aus. Meine Flinte verstecke ich wieder im Holzschrank.

Auf der Straße versuche ich, mir die Schmerzen nicht anmerken zu lassen, dennoch ist jeder Schritt eine Qual. Das Blut sickert durch die Fetzen, meine Muskeln schmerzen vor Erschöpfung und langsam glaube ich, dass ich schlimmer verletzt wurde, als ich denke. Eine solche Beeinträchtigung kann ich mir nicht leisten. Das Imperium übt Druck aus, setzt immer mehr Kopfgeldjäger auf mich an. Wie viele will es noch auf mich hetzen?

Abtrünnige werden meistens auf Fahndungslisten ausgeschrieben und ihre Namen auf Flugblättern oder dem schwarzen Brett veröffentlicht. Doch nach zwei Jahren vergessen die meisten die Gesuchten und viele sind nicht mehr an der Jagd interessiert.

Die ersten Monate auf der Flucht waren furchtbar. Ich habe zum Teil im Dreck gelebt, ohne ein Dach über dem Kopf. Doch letztendlich hat es sich gelohnt. Ich bin am Leben und das Imperium hat noch immer keine Ahnung, wo ich mich aufhalte.

In der altbekannten Dunkelgasse nehme ich den Eingang zum Untergrund. Ein warmer, fauliger Geruch steigt in meine Nase. Je tiefer ich gehe, desto unerträglicher wird er und ich atme wieder durch den Mund. Zu Hause sind zum Glück immer alle Fenster geschlossen, sodass keine Gerüche eindringen können. Doch bis ich dort bin, dauert es noch eine Weile, zumal ich langsamer gehe als sonst.

Als ich endlich das Ende der Treppe erreiche, liegt der Untergrund vor mir. Grelles Licht sticht mir in die Augen und ich blinzle. Beinahe tausend Kristallleuchten sind an der steinigen Decke befestigt und erhellen damit jeden Winkel. Das Stimmengewirr, das von allen Seiten in meine Ohren dringt, hallt echoartig von den Wänden des riesigen Raumes wider.

Der Untergrund ist wie ein langer, großer Tunnel aufgebaut. In der Mitte erstreckt sich eine tiefere Ebene, auf der die Bettler ihr erworbenes Diebesgut verkaufen. Alle paar Schritte führen Treppen in diese große Spalte hinab und ein marodes Holzgeländer sorgt dafür, dass niemand von hier oben hinunterstürzt. Schmale Brücken ebnen einen Weg über die Marktschlucht. Die Häuser befinden sich am Rand des Untergrunds und wurden sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite des Tunnels gebaut.

In diesem Dreckloch darf man nicht den Fehler begehen, sich den Straßenrand anzusehen. Ein matschiger Haufen aus Erde, Abfällen und manchmal sogar toten menschlichen Körpern schlängelt sich den Tunnel hinauf und hinunter. Wer als Außenstehender den Untergrund betritt, wird auf der Welt keinen schlimmeren Ort mehr finden.

In einer engen Seitengasse erreiche ich endlich mein Ziel und stehe nur noch wackelig auf den Beinen. An der massiven Holztür mache ich unser Klopfzeichen. Nach wenigen Sekunden öffnet sich die Tür.

Eward, ein alter Freund der Familie, öffnet mir die Tür. Seine blauen Augen betrachten mich überrascht und beim Anblick meiner Wunde fährt er sich durch sein grauweißes Haar. Er ist derjenige, der über mein Geheimnis ebenfalls Bescheid weiß. Ihm kann ich vertrauen und seine weisen Ratschläge haben mir oft das Leben gerettet. Ohne ihn hätte ich die ersten Monate wohl nicht überlebt.

Mein Körper bebt, als ich mein verletztes Bein länger belaste.

Eward tritt zur Seite und lässt mich hineinkommen. »Was ist passiert, Rave?«

»Schon wieder ein Kopfgeldjäger. Habe ihn aber töten können«, stoße ich zwischen zusammengepressten Lippen hervor.

Eward schließt die Tür hinter mir, eilt durch den Flur und kommt mit Verbänden zurück. Er deutet auf das dunkle Sofa in seinem Wohnzimmer, auf dem ich erleichtert Platz nehme. »Zieh die Schuhe und die Hose aus.«

Ich gehorche und lege die Wunde frei. Das Blut rinnt an meinem Knöchel hinab und der Schmerz beißt weiterhin in die Wade.

Eward schnappt sich einen kleinen Hocker und stellt meine Ferse ab. Er verzieht das Gesicht und sieht mich anschließend bedrückt an. »Das muss heilen, was für dich bedeutet, dass du das Haus in den nächsten vierzehn Tagen nicht verlassen wirst.«

»Schon verstanden«, brumme ich und weiß, dass es mir schwerfallen wird, eine so lange Zeit untätig herumzusitzen. Die Angst, die mir seit den letzten zwei Jahren im Nacken sitzt, lässt keine Pausen zu. Ständig habe ich das Gefühl, der nächste Kopfgeldjäger ist hinter mir her.

Mit einem frustrierten Seufzer lege ich den Kopf auf der Rückenlehne des Sofas ab. Dabei blicke ich zu den Fenstern, die mit schwarzer Farbe angemalt sind. Viele Bewohner des Untergrunds vermeiden durch das Bemalen ihrer Scheiben neugierige Blicke. Außerdem schmerzt das grelle Licht der Kristallleuchten irgendwann in den Augen.

Im Wohnzimmer und auch in allen anderen Räumen herrscht absolutes Chaos. Kleidung oder Essensreste liegen herum, kaputte Möbel verstärken die Unordnung. Wir wollen den Eindruck erwecken, dass wir genauso dreckig leben wie alle anderen, um niemandem ins Auge zu fallen. In den letzten Monaten ist der Anblick schon zur Gewohnheit geworden.

In unserem Haus ist der Gestank im Vergleich zu draußen gering. Eward kauft auf dem Markt manchmal billige Hydarien, eine Blumenart, die zwar nicht besonders duftet, aber immerhin angenehmer riecht als der Gestank des Untergrunds. Wir verstreuen ihre Blätter im Haus, um den Geruch zu übertünchen.

»Es ist ärgerlich, dass wir unsere ›Heilungs‹-Rune nicht finden. Auf dem Schwarzmarkt konnte ich auch keine entdecken. Und selbst wenn, wäre sie für uns unerreichbar. Die Preise schießen mit jeder Woche aufs Neue in die Höhe«, erklärt er und gießt ohne Vorwarnung billigen Whiskey über die Wunde, sodass ich einen Aufschrei unterdrücken muss. Ich beiße die Zähne zusammen und schlucke ein Fluchen herunter. Mein Körper verkrampft sich bei dem Schmerz, doch dieser hält zum Glück nur für den Moment an. Meine Leinenbluse ist auf Brusthöhe und unter den Armen von Schweiß getränkt.

»Keine Sorge, ich besorge uns wieder welche«, sage ich zuversichtlich, woraufhin Eward mir mit seinen stechend blauen Augen einen ernsten Blick zuwirft.

»In den nächsten zwei Wochen unternimmst du erst einmal nichts. Du bleibst schön hier. Das Imperium wird dir ja wohl so schnell keinen weiteren Kopfgeldjäger aufhalsen. Außerdem müsste er erst einmal herausfinden, wo du dich befindest, was schon ziemlich schwer ist.«

»Leichen hinterlassen Spuren, Eward. Irgendwo da draußen wird es wieder jemanden geben, der meine Fährte erkennt und sie verfolgt. Wenn er auch nur ein wenig mehr Verstand hat als die anderen drei Jäger, könnte es mein Ende bedeuten.«

Er lächelt aufmunternd. »Derjenige muss dann erst an mir vorbei.«

Ich lege meine Hand auf seine. »Nein, du bleibst hier. Die Leute in Massott brauchen deine medizinischen Fähigkeiten. Ich kenne keinen besseren Heiler als dich.«

Er senkt traurig den Kopf. »Ja, ein Heiler ohne Rune. Es ist beinahe schon frustrierend.«

»Eward, sie wurde dir gestohlen, und das weißt du«, kontere ich und er seufzt.

Natürlich ist es schwer für ihn, den Menschen zu helfen, wenn sie in Not sind, denn ohne Rune genesen die Wunden nur schlecht. Allerdings hat er schon einigen das Leben gerettet. Er kann Krankheiten heilen, bei denen andere Mediziner versagten.