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Isobel Starling

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Beschreibung

Eine Hochzeit, zwei Trauzeugen und eine verdammt ungewöhnliche Lovestory Als Declan Ramsay als Trauzeuge zur Hochzeit seines Bruders anreist, ahnt er nicht, dass er sich in seinen Mit-Trauzeugen, den jungen Sam Aiken verlieben wird. Dabei war sich Declan immer sicher, hetero zu sein. Doch Sam, den er bisher nur aus E-Mails kannte, stellt seine Welt völlig auf den Kopf. Er ist vollkommen verwirrt von der großen Anziehungskraft des witzigen, hochintelligenten und attraktiven Mannes. Sam und Declan erleben auf dem Märchenschloss nahe Loch Ness die heißesten Tage ihres Lebens. Doch ist Sam Aiken wirklich der, der er vorgibt zu sein?

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Inhaltsverzeichnis

INHALT

Wie Ihr wünscht

SHATTERPROOF BOND #1

Isobel Starling

Aus dem Englischen übertragen von

Betti Gefecht

WWW.DECENTFELLOWSPRESS.COM

Copyright © 2019-2023 Isobel Starling

Aus dem Englischen von Betti Gefecht

ISBN: 9783757927325

Deutsche Erstausgabe

Alle Reche vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne vorherige schriftliche Genehmigung der Autorin nachgedruckt oder anderweitig verwertet werden. Davon ausgenommen sind Rezensionen: Kurze Passagen können in einer Rezension zitiert werden und als Teil davon auch in Zeitungen oder Zeitschriften abgedruckt werden.

Die Figuren und Ereignisse, die in diesem Buch beschrieben werden, sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Dies ist eine brandneue, werkgetreue Übersetzung von "As You Wish" von Isobel Starling. Sie ersetzt die zuvor veröffentlichte deutsche Fassung mit dem Titel "Wie es dir gefällt".

Copyright © der englischen Originalausgabe 2015-2023

„As You Wish“ by Isobel Starling

Alle Rechte vorbehalten.

Cover Art Design by Isobel Starling

Vielen Dank an Betti Gefecht.

Ein wundervoller Übersetzer und

ein gut Freund.

INHALT

Kapitel 1 Flughafen

Kapitel 2 DUNLOCH CASTLE

Kapitel 3 LAIRD und LADYSchaft

Kapitel 4 Einsichten

Kapitel 5 Die Nacht davor

Kapitel 6 Degen

Kapitel 7 Ein kleiner Tod

Kapitel 8 KILT

Kapitel 9 Die ÄhÄ

Kapitel 10 Gebunden

Kapitel 11 Die Klippen des Wahnsinns

Kapitel 12 DUELL

Kapitel 13 Male

Kapitel 14 Die letzte Nacht

KAPITEL 15 BIS ZUM SCHMERZ

Kapitel 16 Für immer

EPILOG

Über die Autorin

Wie Ihr wünscht

von

Isobel Starling

“Ob ich dich liebe? Mein Gott, wenn deine Liebe ein Sandkorn wäre, wäre meine ein Universum von Stränden”

„Die Brautprinzessin’“

von William Goldman

KAPITEL1

Flughafen

„Passagiere für Flug eins-vier-drei-zwei nach Edinburgh, bitte begeben Sie sich zu Gate A26. Das Boarding beginnt in Kürze.“

Sam Aiken blieb stehen und schaute zu dem gelben Hinweisschild hinauf, das ihm sagte, dass der Fußweg zu den Gates A1 bis A26 zehn Minuten in Anspruch nehmen würde. „Scheiße“, fluchte er vor sich hin. Sams Flug nach Edinburgh ging ebenfalls in zehn Minuten. Er schulterte seinen schweren Rucksack, dann sprintete er durch Terminal 2 des Flughafens London Heathrow, wobei er sich um andere Mitreisende herum duckte und schlängelte.

Es war teils Sams eigene Schuld, dass er so spät dran war. Zunächst hatte er sich falsch eingereiht und hatte zwanzig Minuten lang in der Schlange zum Securitycheck festgesteckt. Und dann hatte er den Fehler gemacht, mit dem Sicherheitspersonal ein Gespräch anfangen zu wollen und war als Antwort darauf gründlich abgetastet worden. Wäre er nicht so gestresst gewesen, hätte Sam die Aufmerksamkeit vielleicht sogar genossen.

Sam Aiken war über einen Meter achtzig groß, und sein dunkelblondes Haar fiel ihm bis auf die Schultern. In seinem jungenhaften Gesicht, gebräunt von den Wüstenwinden Saudi Arabiens, spross der monströse Versuch eines Vollbartes. Es sah geradezu lächerlich aus. Man konnte es nicht einmal wirklich als Bart bezeichnen; es war mehr Gebüsch als Wald. Sam hatte die letzten Jahre im mittleren Osten zugebracht, wo der Bart als Zeichen für Männlichkeit und Ehre galt. Also hatte er sich einen wachsen lassen, um sich anzupassen. Dort hatte es funktioniert, aber zurück in Vereinigten Königreich kam er sich damit lediglich zerzaust und ein wenig ungepflegt vor.

Sam trug knielange Khaki-Shorts und ein verwaschenes, beerenrotes T-Shirt. Er wirkte wie ein vollkommen durchschnittlicher Rucksacktourist, warum er also von der Security für eine Sonderbehandlung herausgepickt worden war, konnte er sich nicht erklären. Vielleicht sollte er in Zukunft einfach nicht mehr versuchen, mit den Sicherheitskräften zu scherzen. Besonders nicht, wenn die gerade seine Eier in der Hand hielten.

„Hübscher Zauberstab. Aber passen Sie auf, wo Sie den hinstecken; es könnte mir gefallen“, hatte Sam mit seinem leichten britischen Akzent nervös gewitzelt. Der sehr gut gebaute Security-Alpha, der mit dem Metalldetektorstab an Sams Körper auf- und abgefahren war, hatte ihn misstrauisch angesehen. Sam hatte die Brauen gehoben und gegrinst in der Hoffnung, dem Mann ein verbotenes Lächeln zu entlocken. Stattdessen hatte er Sam in eine Kabine beordert und einen Freund Wache stehen lassen, während er Sam von oben bis unten begrapscht hatte. Eine Verzögerung von 30 Minuten, die Sam nun Probleme machte.

Während er durch die kahlen, weißen Flughafenkorridore zum Gate 26 rannte, kamen Sam Zweifel, ob er seinen Flug überhaupt noch erreichen würde. Der Schneeballeffekt, den das nach sich ziehen würde, ließ Sam den Kopf schwirren. Sämtliche sorgsam ausgeklügelten Pläne seines Vaters würden den Bach heruntergehen, und er wäre schuld daran – erst seit einer Stunde zurück in Großbritannien und schon in Ungnade gefallen.

Sam bog gerade in einen weitläufigen Wartebereich ein, als wie aus dem Nichts ein anderer Reisender auftauchte. Er zog einen großen, schwarzen Koffer mit Rädern hinter sich her und lief Sam genau in den Weg. Sam konnte nicht verhindern, dass er stolperte. Er fiel nach vorn, blieb aber mitten im Fallen in der Luft stehen – die große, maskuline Hand des Fremden hatte seinen nackten Unterarm gepackt und seinen Sturz gebremst. Er zog Sam hoch, sodass der sein Gleichgewicht wiederfand. Die beiden Männer starrten einander an.

„Großer Gott! Passen Sie doch auf mit dem Ding!“, rief Sam wütend.

„Passen Sie doch auf, wo Sie langgehen, Idiot“, entgegnete der Fremde mit einem vornehmen Edinburgh-Akzent. Dann eilte der Schotte davon, seinen Koffer hinter sich her zerrend, und Sam lief weiter zu seinem Gate, genervt darüber, was für Idioten es gab.

Als Sam wenige Minuten später sein Ziel erreichte, lungerten jede Menge Passagiere am Gate herum. Ein Blick auf die Anzeigetafel verriet ihm, dass der Flug zehn Minuten Verspätung hatte. Sam atmete tief durch und seufzte erleichtert. Er schnallte seinen Rucksack ab und suchte sich eine Wand, um daran herunterzurutschen und sich auf den Boden zu setzen. Dann wühlte er in der Vordertasche seines Rucksacks nach seinem Telefon, um einen Anruf zu machen.

„Hi, hier spricht Samuel Aiken. Ich soll um 13:30 Uhr am Flughafen in Edinburgh abgeholt werden. Ich wollte nur Bescheid sagen, dass mein Flug zehn Minuten Verspätung hat. Großartig, bis dann.“ Sam beendete die Verbindung, und sein Blick fiel auf seinen rechten Unterarm. Er konnte die Umrisse von Fingern sehen, wo der Fremde ihn festgehalten hatte. Abwesend rieb er über die Abdrücke, die der Schotte mit dem schwarzen Rollenkoffer hinterlassen hatte. Sam konnte nicht leugnen, dass er bei der groben Berührung ein warmes Gefühl im Bauch bekommen hatte.

****

Declan Ramsay war über die zehnminütige Verspätung seines Fluges erleichtert. Zumindest hatte er so noch Gelegenheit, sich einen Moment hinzusetzen und wieder zu Atem zu kommen. Der Morgen war eine Katastrophe gewesen. Declan hatte sich entschieden, heute Morgen das Auto zu nehmen und war auf dem Weg zum Flughafen in einen Stau geraten. Nicht weiter überraschend. Wer fährt mit dem Auto durch London, obwohl er weiß, dass der Verkehr ein einziger Stop-and-Go-Alptraum sein wird? Declan schalt sich selbst für seine Dummheit. Er war dieser Tage einfach nicht mit dem Kopf bei der Sache. Er fühlte sich seltsam wegen der bevorstehenden Hochzeit seines Bruders. Natürlich freute er sich für Oliver. Aber die Hochzeit rief ihm nur wieder deutlich sein eigenes Versagen vor Augen, mit zweiunddreißig immer noch Single zu sein. Der Gedanke daran, eine ganze Woche lang bei seinen Verwandten festzustecken, die ihn alle spüren lassen würden, was für ein Verlierer er war, war wie eine düster drohende Wolke, die sich auf ihn herabgesenkt hatte. Declan war abgelenkt und sogar noch mürrischer als sonst.

„Passagiere für Flug BA eins-vier-drei-zwei nach Edinburgh, das Boarding beginnt jetzt an Gate A26. Bitte halten Sie Ihre Boardingpässe bereit.“

Es bestand keine Notwendigkeit, sich zu beeilen, um an Bord der Maschine der British Airways zu gehen. Die Sitzplätze waren fest zugewiesen, also gab es kein Gedränge um die besten Plätze wie bei den Billig-Airlines. Declan schlenderte langsam hinüber und reihte sich in die Schlange der Mitreisenden ein, mit dem Kopf immer noch ganz woanders. Dann landete sein gedankenverlorener Blick auf einer vertrauten Gestalt am Anfang der Schlange. Es war der Kerl, den er vorhin mit seinem Koffer beinahe zu Fall gebracht hatte, der hochgewachsene junge Mann mit dem Rucksack und den dunkelblonden Haaren. „Na, toll“, murmelte Declan sarkastisch. Er wusste, dass er richtig gehandelt hatte, als er den jungen Mann vor einem Sturz bewahrt hatte. Es war eine höfliche Geste gewesen, aber der Kerl hatte darauf wie ein Arsch reagiert. Aye, war mein Koffer, der den Zusammenstoß verursacht hat, aber trotzdem, kein Grund, sich wie ’n Arsch aufzuführen, dachte Declan verärgert.

Das Flugzeug nach Edinburgh war eine schmale, zwei-motorige Maschine vom Typ BA City Flyer, also hatte man nur die Wahl zwischen Fensterplatz und Gangplatz. Als Declan den Flieger betrat, wurde er von einer knackigen jungen Flugbegleiterin begrüßt. Ihr Namensschild verriet ihm, dass ihr Name Stephanie war. Sie hieß ihn lächelnd willkommen und überprüfte seine Reisepapiere. Declan ließ seinen Blick an ihrer kurvigen Figur auf und ab wandern und gab innerlich zu, ja, sie war attraktiv. Aber in seiner derzeitigen, zerstreuten Stimmungslage hatte er weder Energie noch Lust zum Flirten. Declan stellte fest, dass er Sitz 6A hatte. Er schenkte Stephanie ein gekünsteltes Lächeln, dann ging er weiter und zerrte seinen Koffer hinter sich her, während die Passagiere vor ihm sich in einer Art schleppendem Trauermarsch durch den engen Gang bewegten. Declan entdeckte Reihe 6 und sah ungläubig den jungen blonden Mann auf Platz 6B sitzen. Der Scheiß war ja wohl nicht zu fassen! Der Rucksacktourist hatte den Kopf zurückgelegt, die Augen geschlossen und tat so, als würde er schlafen. Schließlich erreichte Declan Reihe 6 und warf seine Tasche und seine Cabanjacke über seinen Sitznachbarn hinweg auf den Platz daneben. Dann hievte er seinen Koffer oben in das Gepäckfach. Es war gerade genug Platz darin, um ihn neben den übergroßen Rucksack des jungen Mannes zu quetschen. Das ungehaltene Gemurmel hinter ihm verriet Declan, dass er den Gang blockierte, aber scheiß drauf – die konnten warten, so wie er hatte warten müssen. Als ein ungeduldiger älterer Mann versuchte, sich an ihm vorbeizudrängen, wurde Declan nach vorn geschubst und landete im Schoß des jungen Mannes, der überrascht die Augen aufriss, dann aber kindisch grinste.

„Auch wenn es mir eigentlich nichts ausmachen würde, glaube ich nicht, dass man Sie den ganzen Flug über auf meinem Schoß sitzen lassen wird“, sagte er drollig. Seine Augen funkelten schelmisch.

Declan warf dem Mann einen finsteren Blick zu und stand rasch wieder auf. In diesem Augenblick hasste er die menschliche Rasse. Declan drehte sich um und funkelte die wartenden Leute an, während ein weiterer Passagier versuchte, sich vorbeizudrängen. Jesus. Keine Geduld, die Leute, grummelte er innerlich. Er trat vom Sitz zurück, fixierte eine kleine alte Dame hinter ihm mit einem Blick und bellte: „Warten Sie!“, damit der junge Mann aufstehen und Declan vorbei und zu seinem Platz lassen konnte. Declan wusste, er war wahrscheinlich knallrot vor Ärger. Er legte sein Jackett ab und setzte sich. Der junge Mann ließ sich neben ihm wieder auf seinen Platz fallen.

Declan schob seine Laptop-Tasche unter den Sitz vor ihm, dann faltete er sein Jackett und seine Jacke zusammen und legte beides oben darauf. Er schnallte sich an, bevor er sich einen Moment nahm, um einen Blick auf den Jungen neben sich zu werfen, der immer noch dieses verdammte Grinsen im Gesicht hatte. Arschloch. Declan wünschte, er hätte ihn auf sein arrogantes, bärtiges Gesicht fallen lassen. Mann, das is’ ja nich’ mal ’n richtiger Bart. Verglichen mit dem Wald, der bei mir wächst, wenn ich mal ’n paar Tage zu faul zum Rasieren bin … erbärmlich. Declan lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen, als die Flugbegleiterin anfing, den Passagieren die Sicherheitsmaßnahmen im BA City Flyer zu erklären.

Dann war das Flugzeug endlich in der Luft. Declan ließ entspannt die Schultern sinken und die Schenkel ein wenig auseinanderfallen. Sein Knie fiel gegen das des anderen Mannes. Als sie sich berührten, war es wie ein leichter elektrischer Schlag. Hastig zog Declan sein Bein weg, öffnete aber nicht die Augen. Seine Gedanken waren bei dem bevorstehenden Ereignis, der Hochzeit seines Bruders Oliver, bei der er der Trauzeuge war … nun, einer der Trauzeugen.

Declan Ramsay war zunächst hocherfreut gewesen, als sein Bruder Oliver ihn gebeten hatte, sein Trauzeuge bei seiner Hochzeit mit Miss Annabelle Aiken zu sein. Aber dann hatte er ihm gleich darauf gewissermaßen in die Eier getreten, indem er verkündet hatte, dass es noch einen zweiten Trauzeugen geben würde, damit Belles kleiner Bruder Sam sich nicht ausgeschlossen fühlte. Declan wusste, dass Belles Bruder schwul war, und er erinnerte sich daran, scherzhaft vorgeschlagen zu haben, dass Sam die Brautjungfer sein könnte. Was ihm einen wohlverdienten Ellenbogen in die Rippen eingebracht hatte.

Tatsächlich war Declan Samuel Aiken noch nie begegnet. Seine anfängliche Verärgerung hatte rasch nachgelassen, denn er hatte schnell gemerkt, dass sich der Kleine als unheimlich nützlich erwies. Der junge Mann war sein Gewicht in Gold wert gewesen, als es darum gegangen war, sich für die bevorstehende Hochzeit zu organisieren und vorzubereiten. Sam war außer Landes und würde erst einen Tag oder zwei vor den Feierlichkeiten wieder zurück sein. Aber die beiden Trauzeugen hatten über ein Jahr lang E-Mails ausgetauscht. Declan freute sich darauf, den Kleinen endlich auch persönlich kennenzulernen. Er konnte noch einige seiner Aufgaben an Sam delegieren und würde mehr Zeit haben, um sich der Schar lieblicher Damen zu widmen, die der Hochzeit beiwohnen würden.

Die beiden Trauzeugen hatten … nun ja, sich angefreundet. Im Laufe des Jahres war der E-Mail-Briefwechsel zwischen Sam und Declan zu einem der Höhepunkte von Declans Woche geworden. Sam war intelligent, witzig und extrem eloquent. Normalerweise bekam Declan keine aufregendere Post als Job-E-Mails und die gelegentliche Werbung für Viagra oder Pornoseiten, die es an seinem Virenschutzprogramm vorbei schaffte. Er konnte nicht leugnen, dass ihn ein wohliges Gefühl überkam, wann immer er eine Mail von Sam Aiken in seiner Inbox entdeckte. Der Kleine hatte einen tollen Sinn für Humor, und so hatte sich zwischen ihnen beiden eine Art Brieffreundschaft entwickelt.

Declan hatte nur einmal ein Foto des jungen Mannes gesehen, als er aus beruflichen Gründen seinen Chef in dessen Londoner Villa aufgesucht hatte. Sein Chef, Sir James Aiken, schien nicht besonders sentimental zu sein. Es gab keine Fotos seiner verstorbenen Frau Rosalind im Haus. Auf dem Kaminsims eines weitläufigen, luxuriös ausgestatteten Salons stand ein einziges Familienfoto, und das war schön älter. Das silbergerahmte Bild zeigte Annabelle bei ihrem Abschluss. Sie stand in schwarzer Robe und Doktorhut neben einem schlaksigen, blonden Jungen, der albern grinste und so um die siebzehn sein musste. Declan hatte angenommen, dass es der junge Sam sein musste.

Declans Eindruck von ihren wöchentlichen E-Mails war, dass Sam bemerkenswert intelligent war. Er studierte Sprachen und arbeitete nebenher als Übersetzer. Sam hatte die eine oder andere witzige Geschichte zu erzählen, und nach dem Lesen saß Declan oft da und starrte auf den Laptop-Monitor, bevor er antwortete, und überlegte eine Weile, suchte in seinen Erinnerungen nach irgendetwas aus seinem Leben, das auch nur annähernd so amüsant war. Keine einfache Aufgabe. Declan wusste, der Kleine war schwul, und von einem von Declans vielen katastrophalen Online-Dates zu erzählen, erschien ihm irgendwie unangemessen. Und so kam es, dass Declan und Sam dazu übergingen, über ihre Kindheit zu schreiben, was sie mochten und was nicht, über Declans Bruder und Sams Schwester … und dann tauschten sie Ideen für die Hochzeitsrede des Trauzeugen aus, die sie gemeinsam halten würden.

Declans letzte Kommunikation mit Sam lag zwei Monate zurück. Sam war auf Reisen in irgendein Wüstenland, wo er offenbar Stammesdialekte für seine Abschlussarbeit studierte. Dort gab es keinerlei Internetverbindung, und Declan musste sich eingestehen, dass er die E-Mail-Freundschaft mit Sam sehr vermisste.

****

Sam Aiken betrachtete den älteren Mann neben sich. Unbewusst rieb er seinen Arm, als er sich an den festen Griff erinnerte, der ihn davor bewahrt hatte, auf dem Boden der Wartezone zu landen. Dieser geschickte Griff verharrte in seiner Erinnerung, genauso wie das warme Gefühl, das sich in seiner Körpermitte ausgebreitet hatte. Der Mann, der nun so tat, als würde er schlafen, faszinierte Sam. Er hatte unglaubliche Hände – kurze, manikürte Nägel an kräftigen, langen Fingern, kein Ehering. Gott, es waren Hände, denen sich Sam nur allzu gern ergeben hätte. Sam war schon viel zu lange allein. In den letzten paar Jahren als schwuler Mann erst in Russland und dann in einem muslimischen Land zu leben, hatte sein Sexualleben aus Sicherheitsgründen auf Sams Fantasie und seine eigene Hand reduziert. Sam sagte sich, dass dieser Mangel an Intimität und Sex der Grund sein musste, warum ihn der Griff des Fremden so erregt hatte.

Sams Blick wanderte von den Händen, die der Mann in seinem Schoß gefaltet hatte, hinauf zu dessen Gesicht. Fasziniert lehnte Sam seinen Kopf in einem Winkel zurück an die Kopfstütze seines Sitzes, der ihm erlaubte, den Mann genauer zu betrachten. Er schien Ende dreißig zu sein und hatte glattes, dunkles Haar, das er offen trug, kinnlang und aus der Stirn gekämmt. Mehr als genug, um mit meinen Fingern hindurchzufahren, dachte Sam. Er erinnerte sich daran, wie der Mann im Gang gestanden hatte, und schätzte, dass er etwa so groß sein musste wie er selbst, beinahe eins neunzig. Aber während Sam sehr schlank und athletisch gebaut war, war der andere Mann von kräftigerer Statur, mit weiter Brust und sehr breiten Schultern. Der kurze, erhitzte Wortwechsel bei ihrem Zusammenstoß hatte Sam verraten, dass der Mann Schotte war … aus Edinburgh, seinem Akzent nach. Und ja, sein Gesicht hatte ebenfalls etwas Schottisches. Schiefergraue Augen, männliche Züge, glattrasiert, markantes Kiefer und kräftiges Kinn. Bis jetzt hatte Sam von ihm nur eine verärgerte Miene, zusammengepresste Lippen und vernichtende Blicke zu sehen bekommen, aber er war sicher, dass irgendwo da drinnen ein herrliches Lächeln versteckt war. Er stellte sich vor, wie gut dieser Schotte in einem Kilt aussehen würde … und ohne Kilt. Ihm kamen sofort jede Menge schmutzige Gedanken. Zu schade, dass diese Fantasien nie Wirklichkeit werden würden.

****

„Entschuldige, Kumpel.“ Declan ächzte unwillig, als jemand ihn anstupste und weckte. Der blonde Mann redete mit ihm. Declan warf ihm erneut einen mürrischen Blick zu, dann versuchte er, ihn zu ignorieren. Er konnte nicht fassen, dass er tatsächlich so unvorsichtig gewesen und eingeschlafen war.

„Wir sind gelandet“, sagte der junge Mann, der nun seinen Gurt löste, aufstand und versuchte, an die Gepäckablage über den Sitzen zu gelangen. Schon? Declan war sicher, dass er erst vor wenigen Minuten die Augen geschlossen hatte. Aber tatsächlich schoben sich die Passagiere bereits durch den Gang und zogen ihre Trolleys hinter sich her. Declan öffnete seinen Sitzgurt und rieb sich mit beiden Händen fest übers Gesicht. Dann gähnte er geräuschvoll und schamlos, während er versuchte, im Sitz seine Glieder zu strecken. Er beschloss, noch einige Minuten einfach sitzen zu bleiben, bis das Gedränge im Gang vorüber war. Ihm blieben noch vierzig Minuten, bevor er am Hubschrauberlandeplatz sein musste. Der Rucksacktourist setzte sich wieder, weil er im Augenblick nicht weiterkam, und die beiden ignorierten einander ein paar weitere Minuten lang in unangenehmen Schweigen. Als der Gang frei wurde, stand er erneut auf und öffnete die obere Gepäckablage. Er zog seinen Rucksack heraus und stellte ihn auf dem Platz ab, wo er soeben noch gesessen hatte.

„Ihr Koffer ist der schwarze, richtig?“, fragte er den Schotten.

„Aye, danke.“

Er zog den Koffer aus der Ablage und reichte ihn dem Mann. Nun saß Declan eingekeilt in dem engen Sitz und hielt seinen Koffer. Flugzeuge sind einfach viel zu klein.

Sam schulterte umständlich seinen Rucksack, dann schaute er den Schotten an, lächelte höflich und nickte zum Abschied. Er war ein wenig enttäuscht darüber, dass er dessen verstecktes Lächeln nun nie zu sehen bekommen würde.

Declan erwiderte das Nicken, erleichtert, dass er den Rucksacktourist los war und endlich genug Platz hatte, um sich wieder zu bewegen.

****

In der Ankunftshalle in Edinburgh erwartete Declan eine rothaarige junge Frau in Flughafenuniform – marineblaue Hose, weiße Bluse, marineblaue Jacke mit roten Säumen und das dazu passende Filzkäppi. Ihr Haar war zu einem strengen Dutt zusammengesteckt. Sie hielt ein Schild mit dem Logo der Heliair Charter hoch, auf dem die Namen Mr. Declan Ramsay und Mr. Samuel Aiken zu lesen waren. Declan nickte ihr zu, als er an ihr vorbeiging, dann schlenderte er um die Absperrung herum, um sie auf der anderen Seite zu treffen.

„Ich bin Declan Ramsay“, stellte er sich vor und streckte seine Hand aus für einen festen, freundlichen Händedruck.

„Oh, hallo, Mr. Ramsay. Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Reise. Ich bin Jeanette von Heliair Charter. Wir warten nur noch auf Mr. Aiken. Er musste noch kurz zur Toilette“, informierte sie ihn verschwörerisch.

Nach ein paar Minuten Smalltalks über das Wetter in Schottland fühlte sich Declan bereits wieder gestresst. Er bekam langsam das Gefühl, seine ganze Zeit damit zuzubringen, irgendwo herumzustehen und auf andere Leute zu warten, bevor er mit seinem Leben weitermachen konnte. Ob er nun auf einen Klienten wartete, der sich eine Immobilie ansehen wollte, oder darauf, dass sein Rendezvous-Partner auftauchte – Declan war immer derjenige, der pünktlich erschien. Er fand es extrem unhöflich, sich zu verspäten, und auch, wenn er bei den reichen Klienten nicht darüber stöhnen durfte, bei seinen Verabredungen ließ er nie einen Zweifel daran, wie er sich deswegen fühlte. Was is’ so verdammt schwierig daran, die Zeit einzuhalten? Declan seufzte bei seinem inneren Monolog. Und wann is’ aus dir nur so’n nörgeliger Mistkerl geworden?, fragte er sich. Er beschloss, dass er selbst auch eine Pinkelpause gebrauchen konnte, da es bis zum Start immerhin noch zwanzig Minuten waren. Er entschuldigte sich, ließ seinen Koffer bei der Hostess und marschierte zur Herrentoilette.

Als er fertig war, ging Declan durch die Ankunftshalle zurück. Er fuhr sich mit den Fingern durch sein nun feuchtes, dunkles Haar, während er die Halle mit den Augen nach der Hostess absuchte. Als er sie entdeckte, blieb er abrupt stehen. Der blonde Hippie redete mit ihr. Jesus, is’ der Kerl ein Stalker? Declan stürmte auf die beiden zu und war drauf und dran, seinem Ärger Luft zu machen, als Jeanette aufsah und sagte:

„Ah, da Sie beide nun da sind, können wir uns aufmachen.“

Declan war einen Moment lang völlig verblüfft … beide da sind? Dann war das also Samuel Aiken, der super intelligente, schwule Sohn seines Chefs und der zweite Trauzeuge seines Bruders? Declan rief sich ihre Begegnung im Flugzeug zurück. Plötzlich war ihm sein Verhalten gegenüber dem Mann, den er für einen willkürlich Fremden gehalten hatte, ziemlich peinlich.

Der Samuel Aiken, der ihm in der Ankunftshalle des Flughafens gegenüberstand, war nicht, was Declan erwartet hatte. Um ehrlich zu sein, hatte Declan einen mickerigen, blassen Geek erwartet, nicht diesen hochgewachsenen, gebräunten, athletisch gebauten jungen Mann mit schmutzig blondem Haar und dem struppigen Versuch eines Vollbartes. Sam Aiken war kein Kind, absolut nicht. Er sah aus wie ein Mann, der soeben von einer Wüstendurchquerung mit Bear Grylls zurückgekehrt war.

Rasch rief Declan sich alles ins Gedächtnis, was er über den Sohn seines Chefs wusste. Er wusste, dass Sam in Russland und im mittleren Osten gewesen war. Sir James Aiken schwärmte geradezu poetisch von der Begabung seines Sohnes, was Fremdsprachen anging. Und wegen der Bedeutung der Familie bei Geschäften in einem muslimischen Land wurde er nicht müde zu betonen, wie nützlich sich sein Sohn bei mehreren seiner millionenschweren Immobiliengeschäfte als Übersetzer gemacht hatte. Aber Declan fiel es schwer, das Bild das offensichtlich super intelligenten, jungen, schwulen Sohns seines Chefs – der Person, mit der er ein Jahr lang E-Mails ausgetauscht hatte – mit dem männlichen, leicht schmuddeligen Rucksackreisenden zu vereinen, den er nun vor sich hatte. Die beiden Männer starrten einander verlegen an. Es hatte beiden die Sprache verschlagen.

Jeanette führte sie zu einer Seitentür, wo sie einen Security-Code eingab, um sie zu öffnen. Sam und Declan folgten ihr schweigend durch einen Irrgarten aus anonymen Korridoren, bis sie schließlich in einen riesigen Flughangar kamen. Der Geruch von Flugbenzin war extrem stark, und Sam bedeckte seine Ohren wegen des Lärms der Motoren, die hier angelassen und getestet wurden. Jeanette führte sie aus dem Hangar hinaus aufs Flugfeld, wo ein heftiger Wind wehte und der gecharterte Helikopter sie erwartete, ein schwarzer AB206 Jet Ranger.

In der Hubschrauberkabine war so viel Platz, dass vier Passagiere relativ bequem sitzen konnten, aber auf diesem Flug würden es nur sie beide und ihr Gepäck sein. Jeanette begrüßte den Piloten und unterschrieb ein Papier auf dessen Klemmbrett. Sie erhielt eine Kopie, die sie zusammenfaltete und in ihre Jackentasche steckte. Jeanette kletterte als Erste in die Kabine und sicherte das Gepäck an den beiden leeren Sitzen, dann kam sie wieder heraus und bedeutete Sam und Declan, dass sie nun einsteigen konnten. Sie wies sie an, ihre Gurte anzulegen und gab ihnen die üblichen Sicherheitshinweise. Sie bekamen die Anweisung, die Kopfhörer aufzusetzen, die den Rotorenlärm dämpften und ihnen erlaubten, mit dem Piloten zu kommunizieren. Nach ein paar Begrüßungsworten seitens des Piloten Andy Daniels begannen die Rotoren zu wirbeln. Jeanette schloss die Tür und winkte zum Abschied, wobei sie mit der anderen Hand ihr Käppi festhielt.

Sam warf einen Seitenblick zu Declan. Noch immer hatten die beiden Männer keinen Ton zueinander gesagt, abgesehen von den wenigen aufgebrachten Worten in Heathrow und später im Flugzeug. Sam konnte kaum glauben, dass er während des Fluges von London die ganze Zeit neben Olivers älterem Bruder gesessen und ihn lüstern beäugt hatte. Er dachte an die E-Mails, die sie während des letzten Jahres ausgetauscht hatten. Sam liebte es, Declan zu schreiben. Wegen der heiklen Natur seiner Arbeit hatte Sam in den letzten Jahren kaum Kontakte zu irgendwem aus Großbritannien gehabt, abgesehen von seiner Familie und ein paar Bekanntschaften aus der Uni. Sams Leben bestand nur aus Arbeit. Aber die E-Mails hatten ihm etwas gegeben, das ihm half durchzuhalten, und auf das er sich freute. Es hatte ihm Spaß gemacht, den Junggesellenabend, oder vielmehr: das Wochenende zu organisieren, auch wenn er selbst nicht im Land gewesen war, um daran teilzunehmen.

Sam erster Gedanke über den Mann, bei dem es sich, wie er nun wusste, um Declan Ramsay handelte, war, dass er kein bisschen aussah wie sein Bruder Oliver. Oliver war ein netter Kerl, aber in jeder Hinsicht durchschnittlich – durchschnittlich groß, durchschnittlicher Körperbau, mit blasser, sommersprossiger Haut, rötlich-blonden Haaren und blauen Augen. Sam fand ihn nicht im geringsten körperlich attraktiv, aber Annabelle liebte ihn und wollte ihr Leben mit ihm teilen, und das war wahrhaftig wundervoll. Aber Declan … der große Bruder war wirklich faszinierend. Sam lächelte vor sich hin, als ihm mit Freuden bewusst wurde, dass er den Schotten in der Tat in einem Kilt zu Gesicht bekommen würde. Das waren schöne Aussichten.

****

Der Flug nach Norden über die herrliche, raue Landschaft Schottlands bis zum Loch Ness würde etwas über eine Stunde dauern. Ganz gleich, wie oft Declan schon durch Schottland gefahren oder gewandert war, nichts hatte ihn darauf vorbereiten können, die atemberaubende Schönheit seines Landes an einem klaren Sommertag aus der Luft zu sehen. Sein Herz pochte lauter, erfüllt von Nationalstolz. Sein Land war überwältigend in seiner zerklüfteten Schönheit. Der Anblick der Berge in der Ferne, die unberührten, bewaldeten Hügel und spiegelglatten Lochs, die in der Sonne glitzerten … all das machte ihn sprachlos.

Sam drehte sich zu Declan um und begegnete seinen silbergrauen Augen. Sie tauschten ein Lächeln, und wieder einmal stellte sich heraus, dass Sam recht gehabt hatte. Declans breites, jungenhaftes Lächeln ließ sein ganzes Gesicht aufleuchten und enthüllte eine Reihe perfekter, weißer Zähne. Dieses Lächeln auf dem ansprechenden Gesicht zu sehen, so offensichtlich ergriffen von dem Anblick aus der Luft, ließ Sam die Brust eng werden. Ein plötzliches Verlangen machte sich in seiner Körpermitte breit. Die beiden Männer sahen einander in die Augen, als würden sie sich für einen Moment gegenseitig abschätzen, dann wandten sie die Blicke ab und schauten wieder aus ihren jeweiligen Fenstern. Sam schüttelte den Kopf; er verstand die peinliche Spannung zwischen ihnen nicht. Der Schotte wirkte beleidigt, fast so, als hätte Sam seine Identität mit Absicht vor ihm verheimlicht. Aber es hatte ohnehin keinen Zweck, sich etwas vorzumachen. Auch wenn Sam den älteren Mann attraktiv fand, Declan war hetero. Und abgesehen von dem kurzen Moment gemeinsamen Staunens über die Landschaft unter ihnen schien der Mann ihm lediglich Geringschätzung entgegen zu bringen. Sam war schon viel zu lange aus dem Spiel und wusste, dass er sich dringend flachlegen lassen musste, um sich wieder wie er selbst zu fühlen.

---ENDE DER LESEPROBE---