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Das ist ja wohl die Höhe! Auch wenn der Große Feldberg, höchster Punkt des Taunus, nur 881 Meter misst, hat sich das in Hessen und Rheinland-Pfalz gelegene Mittelgebirge den Beinamen "Die Höhe" durchaus verdient, denn es ist voller Höhepunkte. Auch der Hunsrück steht dem in nichts nach, mit dem Erbeskopf erreicht er immerhin 816 Meter. Wo Sie dazwischen hübsch mit dem Wohnmobil stehen und was es noch zu erleben gibt, weiß dieser Reiseführer.
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Seitenzahl: 145
UDO BERNHART arbeitet seit mehr als 40 Jahren als freier Fotograf und Fotojournalist. Im Vinschgau aufgewachsen und der Südtiroler Landschaft eng verbunden, führten ihn Aufträge in die ganze Welt: Er hat zahlreiche Fotoreportagen und mehr als 150 Bildbände veröffentlicht. Für seine Arbeit ist sein Bulli genauso wichtig wie seine Kamera. Der Camper ist neben Frankfurt sein zweites Zuhause.
HERBERT TASCHLER, Südtiroler Autor und Fachpublizist, bereist seit Jahren besonders die italienische Halbinsel von Norden nach Süden und beobachtet dabei vor allem die Wein- und Gastronomieszene sehr aufmerksam. Bei den Recherchen für dieses Buch hat er eine neue Art des Reisens kennen und schätzen gelernt. Und: Er hätte nie gedacht, dass Wohnmobil-Touren durch Deutschland so entspannt und unkompliziert sein können.
KLEINE AUSZEITENIM
EINLEITUNG
Hessen & Rheinland-Pfalz
Unterwegs im Taunus und Hunsrück
1BAD NAUHEIM
Vom Salzsiederdorf zur Kurstadt
2BAD HOMBURG VOR DER HÖHE
Von der Burg zum Bad
3GROSSER FELDBERG & BAD CAMBERG
Ganzjährig attraktiv
4KRONBERG
Kulturjuwel mitten im Taunus
5KÖNIGSTEIN IM TAUNUS
Heilklimatisch wertvoll
6IDSTEIN & EPPSTEIN
Zwei sehenswerte Fachwerkstädte
7WIESBADEN
Weltkurstadt und Stilikone
8WISPERTAUNUS
Wald, Wiesen, Weiden und die Wisper
9RHEINGAU
Wein, Kultur und bezaubernde Landschaft
10BAD SCHWALBACH
Stadt der Mineral- und Moorheilbäder
11WEILTAL
Romantische Städte und Landschaften
12BINGEN AM RHEIN
Idyllisches Städtchen am Rheinknie
13SIMMERN
Im Herzen des Hunsrück
14MOSELTAL
Geprägt von Wald, Wein und Wasser
15KIRCHBERG
Alte Stadt und attraktive Ferienregion
16IDAR-OBERSTEIN
Die Schmuck- und Edelsteinstadt
17SAARBURG
Historische Weinstadt am Wasser
18ERBESKOPF
Erholungsgebiet und Urlaubsregion
Orts- und Sachregister
Impressum
Sonnenuntergangsstimmung am Losheimer Stausee im Naturpark Saar-Hunsrück
Kurparks und Brunnen prägen die einladende Jugendstil-Kurstadt Bad Nauheim.
»Die Höhe«, so nannten die Menschen den Taunus mit seinem Wahrzeichen, dem Großen Feldberg, einst. Und wahrlich: Das Mittelgebirge ist voller Höhepunkte – und hat vieles auf hohem Niveau zu bieten. Doch Höhe prägt auch den Hunsrück im Herzen von Rheinland-Pfalz, eine von tiefen Tälern durchfurchte Hochebene, die von Rhein, Mosel und Nahe begrenzt wird.
Einsame Wälder voller Naturdenkmäler, versteckte und geheimnisvolle Spuren vergangener Kulturen, bekannte Berggipfel, weitläufige Täler und eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung … im Taunus und Hunsrück kommen Besucher und Erholungsuchende mit den unterschiedlichsten Interessen voll auf ihre Kosten. Denn hier vereinen sich Natur und Erlebnis, Kultur und Geschichte, Spiel und Sport, Entspannung und Genuss.
Der Taunus gilt als eines der schönsten Mittelgebirge der Welt und hat bis heute nichts von seiner ursprünglichen Schönheit verloren. Geografisch gesehen ist er ein Teil des Rheinischen Schiefergebirges, etwa 75 Kilometer lang und 35 Kilometer breit. Der Große Feldberg ist der höchste Berg im Naturpark Taunus. Mit seinen 879 Meter Höhe zählen er und der nahe Kleine Feldberg (825 Meter) zu den markantesten Mittelgebirgsmassiven in Deutschland. Die rund 2700 Quadratkilometer Fläche des Taunus befinden sich vor allem auf hessischem Territorium. Im Norden wird das Mittelgebirge durch den Fluss Lahn von den benachbarten Naturräumen abgegrenzt. Östlich reicht »die Höhe« bis zur Hälfte in die Wetterau mit den beiden Flüssen Wetter und Nidda hinein. Im Süden grenzt der Taunus direkt an die Main-Metropole Frankfurt und die Rebflächen des Rheingaus. Und im Westen ist es schließlich das obere Mittelrheintal mit seinen schroffen Felsen, das den Taunus vom nahe gelegenen Hunsrück abgrenzt.
Durch den quer verlaufenden Limes, die ehemalige Grenze zwischen dem Römischen Reich und den germanischen Stammesgebieten, wird der Taunus in unterschiedliche Abschnitte gegliedert: den südlich gelegenen Vordertaunus, dessen mit Streuobstwiesen bedeckte Ausläufer bis in die Mainebene reichen, und das nördlich des Limes gelegene Usinger Land mit dem wildromantischen Weiltal. Der Untertaunus mit dem größten geschlossenen Waldgebiet Hessens erstreckt sich zwischen Weinreben und der Grenze zu Rheinland-Pfalz. Im Hoch- und Vordertaunus mit dem Großen und Kleinen Feldberg dominieren bewaldete und teils steile Mittelgebirgsabschnitte, im Gebiet nördlich des hohen Taunus vor allem weitläufige Täler und Äcker. Das Wispertal zählt zu den schönsten Nebentälern des Rheins. Tief eingeschnitten in die Schieferhänge des Taunus, bildet die untere Hälfte der Wisper ein kurvenreiches Tal, das von der Natur reich gesegnet wurde. Das Weiltal eröffnet die landschaftlichen Schönheiten des nördlichen Hochtaunus. Der knapp 50 Kilometer lange Weiltalweg verläuft immer parallel zum Flussbett der Weil.
Im landschaftlich vielfältigen Taunus liegen insgesamt drei Naturparks. Der Naturpark Taunus beinhaltet den östlichen Taunushauptkamm mit dem Großen Feldberg und erstreckt sich über den östlichen Hintertaunus bis in das Weilburger Lahntalgebiet hin nach Norden. Auf seinem Gelände befindet sich auch der 2005 gegründete Heilklimapark Hochtaunus, der erste seiner Art in Deutschland. Im Nordwesten umfasst der Naturpark Nassau Teile des westlichen Hintertaunus, während der Naturpark Rhein-Taunus sich im Westen befindet.
An stehenden Gewässer, Weihern und Seen ist der Taunus vergleichsweise arm. Von großer Bedeutung sind dafür die Vorkommen an Mineral- und Heilquellen – die Basis für eine Reihe von bedeutenden und bekannten Heilbädern und mondänen Kurorten, in denen sich alljährlich die europäische Aristokratie traf. Die Quellen wurden teilweise sogar schon von den Römern genutzt. Und der Begriff Selterswasser, benannt nach den Quellen in Niederselters, ist in der ganzen Welt zu einem Synonym für kohlensäurehaltiges Mineralwasser geworden.
Der Vordertaunus ist die am dichtesten besiedelte Region des Mittelgebirges. Hier laden vorbildlich restaurierte Altstädte und Dorfkerne sowie bekannte Heilbäder zum Besuch. Bad Nauheim beispielsweise ist Gesundheitsstadt und Kneippkurort. An der Nahtstelle zwischen Taunus und Wetterau steigt aus über 200 Meter Tiefe salzhaltiges Wasser, die Sole, auf. Bad Homburg vor der Höhe wiederum ist ehemalige Residenzstadt der Landgrafen von Hessen-Homburg und war Sommersitz der deutschen Kaiser-Familien. Die renommierte und einst viel besuchten Kurstadt mit aristokratisch-urbanem Flair pflegt ihre Traditionen.
Der Mäuseturm auf der Rheininsel bei Bingen ist ein ehemaliger Wachturm.
An den Südhängen des Taunus liegt Bad Soden, im Mittelalter bekannt für Salz und Warmquellen. Der Ort ist Teil der Stadtregion Frankfurt, der größten Agglomeration im Rhein-Main-Gebiet. Kronberg hat über die Jahrhunderte hinweg seinen historisch gewachsenen Charakter bewahrt. Die Burg, die malerischen Altstadtgassen mit ihren Fachwerkhäusern sowie die herrschaftlichen Villen aus der Zeit der vorigen Jahrhundertwende mit den parkähnlichen Gärten prägen die Atmosphäre der Stadt bis heute. Königstein erlebte seinen wirtschaftlichen Aufschwung mit der Errichtung einer Kaltwasserheilanstalt im Jahr 1851. Bereits 1935 erhielt die Stadt im Naturpark Taunus das Prädikat »Heilklimatischer Kurort«. Das reizarme Klima wirkt sich positiv auf den menschlichen Organismus aus. 1102 erstmals urkundlich erwähnt wurde Idstein. Im Jahr 1287 erhielt die Stadt, die heute mit ihrem mittelalterlichen Stadtkern mit vielen Fachwerkbauten strahlt, von Rudolf von Habsburg die Stadtrechte.
Entspannt wandern kann man auf dem Wisper Trail im Wispertaunus.
Die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden mit ihren 15 Thermal- und Mineralquellen ist eines der ältesten Kurbäder Europas und einer der beliebtesten europäischen Kur- und Badeorte der Belle Époque. Klassizismus, Historismus und Jugendstil prägen noch heute das Bild der Stadt. Eines der ältesten hessischen Heilbäder und zugleich anerkannter Kneippkurort ist das idyllisch im westlichen Taunus vor den Toren des Weinbaugebietes Rheingau gelegene Bad Schwalbach.
Mit einem vielseitigen und abwechslungsreichen Angebot wartet die Küche im Taunus auf. Das Motto „aus der Region für die Region“ steht dabei im Mittelpunkt. Ein Großteil aller Speisen und Getränke – vom Gemüse und Obst über Fleisch und Milchprodukte bis zum Apfelwein und Bier – kommt direkt von der heimischen Landwirtschaft und aus eigener Herstellung. Die kulinarische Bandbreite reicht von frisch zubereitetem Handkäs über die klassische Grüne Soße, Bratwurstspezialitäten, Kartoffelwurst und Schwartenmagen, vom Käsekuchen bis hin zum frisch gekelterten Apfelwein.
Umgeben von Eifel und Westerwald, dem Rheingau und der Pfalz, liegt der Hunsrück im Herzen des Bundeslandes Rheinland-Pfalz. Es ist eine von tiefen Tälern durchfurchte Hochebene zwischen 200 und 800 Metern über dem Meeresspiegel, die von den Flüssen Rhein, Mosel und Nahe begrenzt wird. Das Gebiet ist etwa 4400 Quadratkilometer groß, und über 40 Prozent der Fläche sind von Wäldern bedeckt. Neben diesen prägt die Landwirtschaft mit Äckern und grünen Wiesen das Bild, das sich dem Besucher bietet.
Den Kern des Hunsrück bilden die Hunsrückhochfläche und die Simmerner Mulde. Der Erbeskopf ist mit einer Höhe von 816 Metern der höchste Berg im Hunsrück und in Rheinland-Pfalz. Er liegt im Südwesten im Naturpark Saar-Hunsrück und am nördlichen Rand des Nationalparks Hunsrück-Hochwald. Der Hunsrück hat eine Südwest-Nordost-Ausdehnung von circa 100 Kilometern, von Nordwest nach Südost erreicht er im Südwesten zur Saar und Ruwer bis zu 20 Kilometer, im Nordosten zum Rhein bis zu 35 Kilometer.
»Traumschleifen« werden die Wanderwege im Hunsrück genannt, denn sie laden zum Träumen ein. 111 solcher Traumschleifen möchten in dem Mittelgebirge, in dem Märchen und Sagen in den Tälern und Höhenzügen lebendig zu werden scheinen, entdeckt und erwandert werden. Hinzu kommen die Fernwanderwege Soonwaldsteig und Saar-Hunsrück-Steig. Letzterer wartet mit einer besonderen Attraktion auf: Die Geierlay-Hängeseilbrücke ist Deutschlands längste Hängebrücke und überspannt mit ihren 360 Metern das Mörsdorfer Bachtal.
Der Saar-Hunsrück-Steig führt über 410 Kilometer von Perl an der Mosel über Idar-Oberstein und Boppard nach Trier. Die 25 Etappen können aber auch einzeln erwandert werden. Die Heimatschleife gilt als die schönste der Traumschleifen. Sie ist als »anspruchsvoll« eingestuft, doch dafür kann man auf den rund elf Kilometern atemberaubende Rundblicke erleben, u. a. vom 16 Meter hohen Aussichtsturm Koppenstein.
Der Hunsrück bietet also ideale Bedingungen zum Wandern. Das Netz an Wanderwegen ist bestens ausgeschildert, sodass jeder – ob Spaziergang oder anspruchsvolle Wanderung – in seiner Region die passende Strecke finden wird.
Vier reizende landschaftliche Gebiete treffen in Bingen am Rhein aufeinander: im Norden das romantische Rheintal, im Südwesten das Naheland, im Süden und Osten das hügelige Rheinhessen und im Nordosten der verträumte Rheingau. In der Mittelgebirgslandschaft des Hunsrücks, in der Simmerner Mulde, liegt die Kreisstadt Simmern mit ihrem alten Stadtkern. Die älteste Stadt auf dem Hunsrück, die »Stadt auf dem Berg«, ist Kirchberg. Sie liegt am Schnittpunkt der alten Straßenverbindung Trier–Kirchberg–Bingen–Mainz und der Römerstraße mit dem Keltenweg Nahe–Mosel.
Am südlichen Rand des Nationalparks Hunsrück-Hochwald und beiderseits der Nahe liegt, eingebettet in einer der schönsten deutschen Mittelgebirgslandschaften, Idar-Oberstein. Das »EdelSteinLand« stellt ein Eldorado für Edelstein- und Naturliebhaber dar. Und die Kleinstadt Saarburg lockt, eingebettet in Weinberge und Wälder, mit ihrer Lage unterhalb des Burgberges der alten Festung Saarburg – direkt an der Saar.
Der Hunsrück ist recht dünn besiedelt. Nur rund 125.000 Menschen leben hier. Und die sind besonders stolz auf ihre wunderschöne, wenig berührte Heimat, ihre Geschichte und Kultur sowie ihre kulinarische Tradition. Dabei geht es in der Küche recht deftig zu. Der Original Hunsrücker Schwenkbraten, die Kartoffelwurst und die »Gefillten« (gefüllte Klöße) stehen im Mittelpunkt. Gern auf den Teller kommt im Hunsrück die Kartoffel, im Volksmund auch »Grumbeer« oder »Grumbier« genannt. Sogar ein eigenes Festival ist ihr gewidmet: die »Kartoffeltage Saar-Hunsrück«.
Tipp
Das Taunus-Informationszentrum in Oberursel (Taunus) an der Hohemarkstraße 192 bildet den traditionellen Start- und Treffpunkt für Touren in die Gegend. Hier erfahren Besucher alles, was Sie wissen müssen, um die schönsten Ecken des Taunus zu entdecken (Tel. 06171/50780, taunus.info). Für wertvolle Informationen rund um den Hunsrück ist die Hunsrück Touristik zuständig. Sie befindet sich in Gebäude 663 am Hahn-Flughafen (Tel. 06543/507700, hunsruecktouristik.de).
Der Marktplatz von Bad Camberg
Der Sprudelhof in Bad Nauheim
Unterwegs mit dem Wohnmobil, Motorrad oder Fahrrad samt Zelt – ein Campingurlaub zählt für viele Reisende zu den schönsten, spannendsten und abenteuerlichsten Formen des Reisens. Freiheit und Naturerlebnis stehen dabei im Mittelpunkt. Wohnmobiltouristen und Campingurlauber können frei von irgendwelchen Zwängen individuell entscheiden, wie lange sie sich an einem Ort aufhalten und welche Freizeitaktivitäten auf dem Tagesprogramm stehen.
Campingurlaub lebt davon, dass man sein »Lager« dort aufschlägt, wo es einem gerade gefällt – im erlaubten Rahmen natürlich. Das Angebot an gut ausgestatteten und einladenden Camping- und Stellplätzen im Taunus und Hunsrück ist groß. Die Gegend ist voll von schönen Orten, die dazu einladen, das Land kreuz und quer zu bereisen und sich an immer neuen, unbekannten Plätzen niederzulassen. Reisen im Wohnmobil ermöglicht es, Land und Leute langsamer und intensiver zu erkunden. Dieser Reiseführer ist für alle gedacht, die dabei etwas mehr vom Taunus und Hunsrück sehen und erleben wollen. Viel Spaß und Genuss auf Ihrer Entdeckungsreise!
Blütenpracht vor der evangelischen »Dankeskirche« in Bad Nauheim
Die Gesundheitsstadt Bad Nauheim trägt das Prädikat »Kneippkurort«. An der Nahtstelle zwischen Taunus und Wetterau steigt aus über 200 Meter Tiefe salzhaltiges Wasser, die Sole, auf. Das an Spurenelementen, natürlicher Kohlensäure und Eisen reiche Wasser kommt im Sprudelhof dampfend und schäumend in Fontänen ans Tageslicht.
Die Nutzung der Solquellen, die am Fuße des Johannisbergs zutage treten, lässt sich bis in das 5. vorchristliche Jahrhundert zurückverfolgen, als hier keltische Salzsieder lebten. Fränkische Siedler gründeten um 900 n. Chr. das Dörfchen Niwiheim und lebten ebenfalls von der Salzgewinnung. Im Mittelalter wurde sie von einer eigenen Söderzunft betrieben.
Eine Nacht kurz vor Weihnachten im Jahr 1846 hat die Geschichte des Salzsiederdorfs für immer verändert. Aus einem Bohrloch brach plötzlich ein mächtiger Solestrahl schäumend durch die Abdeckung. Dieses »Weihnachtswunder« war der Beginn der Entwicklung Bad Nauheims zum modernen Herzheilbad und zu einer erlebnisreichen Kurstadt. 1854 erhielt der Ort das Stadtrecht und 15 Jahre später die Bezeichnung »Bad«. In den folgenden Jahrzehnten stieg Bad Nauheim zum renommierten Heilbad für Herz- und Kreislauferkrankungen auf.
Der Sprudelhof ist Bad Nauheims Wahrzeichen. Und die Bad Nauheimer sind zu Recht stolz auf das größte geschlossene Jugendstil-Ensemble Europas. Die ehemalige Kuranlage ist ein Gesamtkunstwerk und zeigt eindrucksvoll die Verbindung von Architektur, freier und angewandter Kunst sowie Garten- und Platzgestaltung.
Hier spürt der Besucher die Geschichte Bad Nauheims als Weltbad. Die Kuranlage wurde zwischen 1905 und 1911 im Jugendstil erbaut und zählt sechs Badehäuser mit Wartesälen und insgesamt 265 Badezellen. Wartesäle, Innenhöfe und die Wannen im Badehaus 3 sind noch im Original erhalten und versetzen Besucher in die Zeit um 1900 – mit Masken aus Keramik, Brunnen aus honigfarbener Terrakotta, Kohlensäurebläschen, Nixen, Wellenornamenten und Seepferdchen. Im Zentrum der zum Kurpark offenen, hofähnlichen Anlage befinden sich die zwei charakteristischen Sprudel.
Vertreter der Künstlerkolonie auf der Darmstädter Mathildenhöhe – darunter Jakob Julius Scharvogel, Wilhelm Kleukens, Albin Müller und Heinrich Jobst – übernahmen Anfang des 20. Jahrhunderts den Neubau der Bad Nauheimer Badeanlagen. Der Architekt Wilhelm Jost verlieh dem Sprudelhof seine Gestalt.
Einst weilte der europäische Hochadel in Bad Nauheim zur Kur. Berühmte Badegäste waren unter den gekrönten Häuptern Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Elisabeth von Österreich, das deutsche Kaiserpaar Wilhelm I. und Augusta, Zar Nikolaus II. und Zarin Alexandra Feodorowna. Insbesondere Herzkranke kamen durch das Baden im Wasser der Mineralheilquellen wieder zu Kräften. Anzuwenden ist die Bad Nauheimer Sole als Trinkkur, beim Inhalieren an den Gradierbauten oder bei Wannenbädern. Heute sorgen 13 hochmoderne Kliniken, renommierte Ärzte und bedeutende wissenschaftliche Institutionen wie das Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung für die Gesundheit der Patienten.
Der »Große Teich« im Kurpark vom Bad Nauheim
Markante Erscheinungen im Stadtbild von Bad Nauheim: die Gradierbauten
Zwischen 1910 und 1912 entstand die Trinkkuranlage nach Entwürfen des Architekten Wilhelm Jost. Die hufeisenförmige Jugendstil-Anlage umschließt einen Innenhof mit einer Trinkhalle, Wandelgängen und einer großen Konzertmuschel, der ein rechteckiges Wasserbecken vorgelagert ist. Das Juwel des Gebäude-Ensembles bildet der achteckige Kurbrunnentempel, der mit seiner Quellenfassung seinerzeit zum »Baptisterium des Heilwassers« erhoben wurde. Auch die angrenzende Trinkhalle erinnert an eine antike Therme oder frühchristliche Kirche. Mittelpunkt der Trinkhalle ist der vergoldete Quellenausschank, an dem noch heute Heilwasser von drei Brunnen – dem Kur- (salzig), Karls- (sprudelnd) und Ludwigsbrunnen (mild) – ausgeschenkt wird.
Bad Nauheims Innenstadt ist eine grüne Oase: Die zentral gelegenen Parks laden zum Spazierengehen, man kann hier Kraft tanken und eine vielfältige Pflanzen- und Tierwelt entdecken. Die grüne Lunge der Stadt zieht zahlreiche Besucher und Kurgäste in ihren Bann.
Die Grundrisse des historischen Kurparks in Bad Nauheim legte der berühmte Gartenarchitekt Heinrich Siesmayer, der Gründer des Palmengartens in Frankfurt am Main. Von 1857 bis 1862 gestaltete er den Kurpark im Stil eines englischen Landschaftsparks – mit alten Bäumen, dichtem Buschwerk, luftigen Freiflächen, idyllischen Teichen und botanischen Raritäten. Charakteristisch für den Kurpark sind die Bänke mit ihren rot-weiß gestreiften Sonnendächern. Entlang des Rundwegs durch den Kurpark informieren Tafeln über die botanischen Raritäten.
Schmucke Details in der Bad Nauheimer Altstadt
Schmucke Details in der Bad Nauheimer Altstadt
Das alte Pumpwerk in der Nauheimer Saline
MÜHLCHEN Empfehlenswert für die kleine Kaffeepause zwischendurch. Hier gibt es vor allem herzhafte und tagesaktuelle Gerichte. Neue Kolonade 4, Tel. 06032/59 13
TEICHHAUS Wer gerne gediegen speisen möchte, kann dies hier mit schönem Blick auf den großen Teich im Kurpark tun. Nördlicher Park 16, Tel. 06032/92 78 50, teichhaus.de
Tipp
Am Großen Teich im Kurpark empfiehlt sich eine Fahrt mit dem Ruder- oder Tretboot – eine wunderbare Auszeit, die gleichzeitig eine neue Perspektive auf die Umgebung ermöglicht. Auf der Minigolfanlage im Kurpark wiederum kann die ganze Familie ihr Geschick unter Beweis stellen – Spaßfaktor inklusive. Wer lieber eine Partie Schach mit überdimensionierten Figuren oder Boule spielt, findet im Park ebenfalls Angebote, seinem Hobby zu frönen.
Die ältesten baulichen Zeugnisse finden sich nicht im Bereich der Altstadt, sondern auf dem sie flankierenden Johannisberg. Im Turm einer Kirchenruine aus dem 13. Jahrhundert ist die Volkssternwarte Wetterau untergebracht. Daneben sind die Reste eines römischen Signalturms aus dem 2. Jahrhundert zu sehen. Die Wilhelmskirche, deren Vorgängerbau die mittelalterliche Dorfkirche von Nauheim war, ist die älteste Kirche des Ortes.
Die Innenstadt von Bad Nauheim