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In diesen warmherzigen Romanen der beliebten, erfolgreichen Sophienlust-Serie wird die von allen bewunderte Denise Schoenecker als Leiterin des Kinderheims noch weiter in den Mittelpunkt gerückt. Denise hat inzwischen aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle geformt, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt. Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren. Daniel Stieger verschloss von innen die Eingangstür der Sand-Apotheke in Steinau, wandte ihr den Rücken zu und durchquerte den Verkaufsraum. Er löschte das Licht hinter sich und betrat das Labor. Es würde noch eine Weile dauern, ehe er Feierabend machen konnte. Etliche Rezepte lagen bereit, nach denen er für die Kunden Salben, Tinkturen und dergleichen herstellen musste. Ehe er sich an die Arbeit machen konnte, meldete sein Handy den Eingang einer Nachricht. Daniel nahm das Mobiltelefon aus der Tasche seines weißen Kittels. Laura hatte geschrieben. Er öffnete die Nachricht. »Hey, Daniel. Hast du schon Feierabend? Können wir telefonieren?«, schrieb sie. Er beschloss, sie gleich zurückzurufen und drückte auf den kleinen Hörer oben rechts auf dem Display, für einen WhatsApp-Call. »Hallo, Daniel. Das ging ja schnell«, hörte er Laura gleich darauf sagen. Sie schickte ein leises Lachen hinterher. »Hallo, Laura.« Er setzte sich auf den Drehhocker vor dem Arbeitstresen. »Ich bin noch in der Apotheke und muss Medikamente herstellen.
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Daniel Stieger verschloss von innen die Eingangstür der Sand-Apotheke in Steinau, wandte ihr den Rücken zu und durchquerte den Verkaufsraum. Er löschte das Licht hinter sich und betrat das Labor. Es würde noch eine Weile dauern, ehe er Feierabend machen konnte. Etliche Rezepte lagen bereit, nach denen er für die Kunden Salben, Tinkturen und dergleichen herstellen musste.
Ehe er sich an die Arbeit machen konnte, meldete sein Handy den Eingang einer Nachricht. Daniel nahm das Mobiltelefon aus der Tasche seines weißen Kittels. Laura hatte geschrieben. Er öffnete die Nachricht.
»Hey, Daniel. Hast du schon Feierabend? Können wir telefonieren?«, schrieb sie. Er beschloss, sie gleich zurückzurufen und drückte auf den kleinen Hörer oben rechts auf dem Display, für einen WhatsApp-Call.
»Hallo, Daniel. Das ging ja schnell«, hörte er Laura gleich darauf sagen. Sie schickte ein leises Lachen hinterher.
»Hallo, Laura.« Er setzte sich auf den Drehhocker vor dem Arbeitstresen. »Ich bin noch in der Apotheke und muss Medikamente herstellen. Vor zehn Uhr komme ich hier nicht raus.«
»Okay, ich will dich nicht aufhalten.« Sie sprach mit gesenkter Stimme, was ihm sagte, dass Klein-Marc schlief und sie ihn nicht wecken wollte.
»Sprich«, erwiderte er und stützte die Ellbogen auf die Arbeitsplatte. »Was kann ich dir Gutes tun?« Er ahnte schon, worum es ging. Sie brauchte wieder einmal einen Baby-Sitter für ihren kleinen Jungen.
Laura seufzte.
»Du weißt es, nicht wahr?«, fragte sie.
Nun war er es, der lachen musste.
»Okay. Wann? Kommendes Wochenende geht es nicht, ich habe Notdienst.«
»Das ist kein Problem. Es geht um das darauffolgende Wochenende, von Freitag bis Dienstag. Ein verlängertes Wochenende, sozusagen.« Sie klang angespannt. Verblüfft richtete er seinen Rücken gerade. Ehe er etwas sagen konnte, fuhr sie fort:
»Du sagtest neulich, du hast vom 05. bis 15. Urlaub und das trifft genau in die Zeit.«
»Ja, ja. Schon klar.« Er sollte fünf Tage am Stück auf Baby Marc aufpassen? Du lieber Himmel. Dem fühlte er sich nicht gewachsen, so gerne er den Kleinen mochte. Ab und zu ein paar Stunden war ja in Ordnung, aber fünf Tage?
»Ich weiß, es ist die Hälfte deines Urlaubs. Du hast aber auch gesagt, dass du einfach nur zu Hause bleiben willst … und da hatte ich gehofft …« Sie brach ab.
»Das heißt, du willst wegfahren«, schlussfolgerte Daniel. Er rang mit sich. Laura hatte eine kleine Auszeit dringend nötig, das wusste er. Sie war rund um die Uhr alleine für ihren acht Monate alten Sohn da.
»Ich habe jemanden kennengelernt«, gab Laura zu. »Er heißt Julian. Und ja, wir würden gerne ein paar Tage wegfahren. Nach Österreich, zum Wandern. Das ist mit Marc sehr schwierig. Bitte, Daniel. Ich habe niemanden außer dir, den ich fragen kann.«
»Okay, okay.« Wenn er jetzt zustimmte, hing er fest. Nicht, dass er Laura nicht helfen wollte. Sie hatten sich vor Jahren während ihrer Ausbildung zur pharmazeutisch-technischen Assistenz in der Berufsschule kennengelernt und waren seither gut befreundet. Tagelang für ihren Sohn zu sorgen war eine echte Herausforderung für ihn. Andererseits gönnte er Laura ein neues Glück von Herzen. Mit Klein-Marc im Schlepptau würde sich in dem Kurz-Urlaub alles um den Jungen drehen und unbeschwerte gemeinsame Zeit kaum möglich sein.
»Das heißt, du machst es?« Er hörte die bange Hoffnung in ihrer Stimme.
»Ja, klar.« Zack, die Falle war zugeschnappt. Nun musste er da durch.
»Du bist ein Schatz, Daniel. Echt! Ich danke dir so sehr. Ich bereite alles so vor, dass du so gut wie keine Arbeit mit ihm hast, versprochen.« Sie jubelte förmlich.
»Das mit der Arbeit wird sich nicht vermeiden lassen«, gab er in komischer Verzweiflung zurück. Er musste den Jungen füttern, wickeln, beruhigen, beschäftigen, trösten. An- und Ausziehen und baden und mit ihm an die frische Luft. Da half die beste Vorbereitung von Laura nichts. Und womöglich vermisste Marc seine Mutter kläglich und tat das laut kund? Ihm war alles andere als wohl.
»Du hast natürlich recht. Ich würde ihn dir nächste Woche am Freitagvormittag mit Sack und Pack vorbeibringen, wenn das in Ordnung für dich ist?«
»Geht klar«, versprach er.
»Ich bringe sein Reisebettchen mit«, fuhr Laura fort.
»Prima«, versicherte er und sah ihm Geist den Kleinen bereits darinnen herumrobben und quengeln, wenn er doch eigentlich schlafen sollte. Nun denn, die Tage des Babysittens würden vergehen und vielleicht klappte alles ganz wunderbar. Und Laura hatte die Möglichkeit, ihr neues Glück frei und unbeschwert zu genießen. Sie hatte es wirklich verdient.
*
Dominik von Wellentin-Schoenecker saß in seinem Büro im Kinderheim Sophienlust, dessen Eigentümer er war und überprüfte die neuen Kontoauszüge, als es klopfte.
»Ja, bitte?«, sagte er und sah hoch. Die Tür ging auf und seine Mutter Denise von Schoenecker betrat den Raum.
»Hallo, Nick«, begrüßte sie ihren Sohn freundlich.
»Hallo, Mama. Schon zurück aus der Stadt? Konntest du alles besorgen, was ihr für eure Reise braucht?«, fragte er und lächelte ihr zu.
»Ja, ich habe alles bekommen«, antwortete seine Mutter und setzte sich auf einen der beiden Besucherstühle, die dem Schreibtisch gegenüberstanden. »Sogar die Sonnenschutz-Creme, die Alexander so gerne mitnehmen möchte.«
»Wunderbar. Dann kann es ja losgehen«, sagte Nick freundlich.
»Ja, wir freuen uns auch schon sehr. Wir waren schon lange nicht mehr auf Teneriffa«, erwiderte Denise.
»Ihr habt euch die freie Zeit wirklich verdient«, sagte Nick verständnisvoll. Sowohl seine Mutter, als auch sein Stiefvater Alexander, mit dem er sich sehr gut verstand, arbeiteten viel. Denise unterstützte ihn nach wie vor in der Leitung des Kinderheims, dass sie bis zu seiner Volljährigkeit vor zwei Jahren für ihn verwaltet hatte. Alexander hatte als Gutsherr ebenfalls alle Hände voll zu tun. Nicht nur mit der Landwirtschaft, sondern auch mit seinen Pferden, die ihm eine Herzensangelegenheit waren.
»Henrik freut sich auch schon, dass er in der Zeit, in der wir unterwegs sind, hier in Sophienlust wohnen kann«, fuhr Denise lächelnd fort. Nick schmunzelte. Sein elfjähriger Bruder war ein rechter Wildfang und musste immerzu herumtoben, um seine Energie loszuwerden. Im Kinderheim hatte er genug Möglichkeiten dazu. Er verstand sich gut mit Fabian, Simon und Martin, die als Dauerkinder im Heim wohnten und in seinem Alter waren. Am liebsten spielte Henrik derzeit Fußball.
»Schwester Regine hat sein Zimmer schon vorbereitet«, informierte Nick seine Mutter. Denise lachte leise.
»Am liebsten würde er wohl sofort einziehen. Aber sein Vater und ich sind ja noch ein paar Tage hier«, sagte sie.
»Vorfreude ist doch auch was Schönes«, bemerkte Nick und schmunzelte.
»Allerdings«, erwiderte seine Mutter freundlich.
»Heute kommt die Praktikantin für Janos, nicht wahr?«, wechselte sie das Thema.
»Ja. Judith Gerstner«, antwortete Nick. »Wir treffen uns drüben beim Stall.« Er sah auf seine Armbanduhr. »In einer halben Stunde«, ergänzte er.
»Und wie lange bleibt sie nun? Es war doch die Rede von ein oder zwei Wochen«, fragte Denise.
»Wir haben uns auf zwei Wochen geeinigt. Janos und ich sind der Meinung, dass sie nach einer Woche noch gar nicht einschätzen kann, ob der Beruf der Pferdepflegerin für sie der richtige ist«, erwiderte Nick.
»Das sehe ich auch so«, stimmte Denise zu. »Und jetzt will ich dich nicht länger aufhalten. Bist du heute Abend zu Hause? Oder …«
Nick lachte leise.
»Du möchtest wissen, ob ich noch etwas vorhabe. Tatsächlich ja. Ich wollte Pünktchen fragen, ob sie mit mir in die Sonnenaue fahren möchte. Du weißt vielleicht, dass vor Kurzem am Rand des Parks ein kleines italienisches Lokal eröffnet hat. Dort würde ich gerne mit ihr zu Abend essen«, berichtete er.
»Mach das.« Denise stand auf und lächelte ihren Sohn an. »Ich freue mich so für euch beide. Genießt die gemeinsame Zeit.«
Nick spürte Wärme in seine Wangen steigen. Er hoffte, seine Mutter würde ihm die Verlegenheit nicht ansehen. Gleichwohl war ihm klar, sie kannte ihn zu gut.
»Danke, Mama«, sagte er und erwiderte das Lächeln.
Seit einigen Wochen war er mit Angelina Dommin zusammen, die seit ihrem zwölften Lebensjahr im Kinderheim lebte. Ihre Eltern waren bei einem Zirkusbrand gestorben. Mittlerweile war Angelina, die ob ihrer vielen Sommersprossen von allen ›Pünktchen‹ genannt wurde, 16 Jahre. An ihrem letzten Geburtstag war aus ihnen ein Paar geworden.
Er war selig und verliebt, und hätte am liebsten jede Minute mit Pünktchen verbracht. Er hatte sich jedoch vorgenommen, dass weder seine Arbeit für Sophienlust zu kurz kommen durfte, noch sein Fernstudium zur Kinderpsychologie. Auch Pünktchen hatte ja gut für die Schule zu tun. Schließlich wollte sie in zwei Jahren Abitur machen und gute Leistungen waren ihr sehr wichtig. Er sah ihr hübsches sommersprossiges Gesicht vor sich, umrahmt von den leuchtend rotblonden Locken. Ihre grünen Augen, aus denen die Lebensfreude strahlte. Ihren sanft geschwungenen Mund.
»Ich glaube, es wird Zeit für die Praktikantin«, holte ihn seine Mutter sanft aus seinen Träumereien.
»Ja, Mama. Du hast recht.« Er klappte den Ordner mit den Kontoauszügen zu und stand auf. Soviel dazu, dass er sich von seiner Arbeit für Sophienlust und die Kinder, die ihm anvertraut waren, nicht ablenken lassen wollte.
Gemeinsam verließen sie das Büro.
»Ich gehe noch zu Magda in die Küche«, ließ seine Mutter ihn wissen.
»Sicher. Bis später«, verabschiedete sich Nick, lächelte ihr zu und durchquerte die Eingangshalle in Richtung zur Haustür.
»Bis dann«, erwiderte Denise und wandte sich dem Flur zu, an dessen Ende sich die Küche befand.
*
Judith Gerstner saß in ihrem Wagen, den sie vor dem Gatter zum Pferdestall und zur Weide von Sophienlust abgestellt hatte. Sie war zu früh hier, sie wollte noch ein paar Minuten warten, ehe sie ausstieg.
Links von ihr erstreckte sich eine weitläufige Koppel, auf der etliche Pferde grasten, rechts vor ihr stand der Stall. Er war groß und sehr gepflegt. Der Hof davor war mit Steinplatten belegt und sorgfältig gepflegt. Seitlich der Stalltür stand eine Bank. Sie sah weder diesen Herrn Dominik von Wellentin-Schoenecker, mit dem sie telefoniert hatte, noch Pferdepfleger Janos. Aber es war ja auch erst viertel vor drei.
Ihr Handy, das auf dem Beifahrersitz lag, läutete. Judith zuckte zusammen und sah auf das Display. Ihre Freundin Caro wollte sie sprechen. Sie nahm das Gespräch an.
»Hallo, Caro«, begrüßte sie sie. »Ich habe nur noch ein paar Minuten«, ließ sie sie wissen.
»Hallo, Judy. Du bist also tatsächlich zu diesem Vorstellungsgespräch gefahren?«, erkundigte sich die Freundin.
»Hab ich doch gesagt.« Sie stemmte sich mit der freien Hand gegen das Lenkrad. Zwischen der Koppel und dem Stall führte ein Feldweg ein Stück geradeaus und verschwand dann hinter einer Biegung. In einiger Entfernung sah sie über die Wipfel von Tannen- und Laubbäumen ein großes, sehr gepflegtes Dach ragen. Das musste das Dach des Kinderheims Sophienlust sein, zu dem der Stall gehörte. Gut, dass Herr von Wellentin-Schoenecker vorgeschlagen hatte, dass sie sich bei den Pferden treffen konnten. Ihr lag absolut nichts daran, in die Nähe des Heims und damit in die Nähe von Kindern zu kommen.
»Bist du sicher, dass du das Richtige tust?«, forschte Caro. Judith wurde ungehalten.
»Darüber haben wir doch schon gesprochen. Hier in Sophienlust ist die einzige Möglichkeit für mich, zeitnah ein Praktikum zu machen«, erwiderte sie und gab sich keine Mühe, ihre gereizte Stimmung zu unterdrücken.
»Schon gut. Ich mache mir einfach Sorgen um dich«, sagte Caro.
»Das weiß ich und das musst du nicht. Ich komme zurecht. Und jetzt muss ich Schluss machen. Eben kommt jemand, das könnte dieser von Wellentin-Schoenecker sein.« Sie behielt den jungen Mann im Auge, der über den Feldweg kam.
»Alles Gute«, wünschte Caro noch.
»Ja, danke.« Sie beendete das Gespräch und bemühte sich, ihrem Ärger Herr zu werden. Dass Caro aber auch immer wieder auf das Thema zu sprechen kommen musste. Sie wollte nach vorne sehen und das ging nicht, wenn sie sie immer wieder an den größten Schmerz ihres Lebens erinnerte.
Aus der offenstehenden Stalltür kam ein älterer Mann. Er trug eine Schirmmütze und er zog ein Bein nach. Er musste der Pferdepfleger sein, dem sie zur Hand gehen sollte.
Judith stieg aus.
*
Nick lächelte der jungen Frau zu, die aus dem weißen Kleinwagen gestiegen war, der seitlich vor dem Gatter parkte. Sie war schlank, hatte kinnlange braune Haare, die zu einem sorgfältigen Bob geschnitten waren und war mit Jeans, T-Shirt und flachen Laufschuhen passend für die Stallarbeit angezogen. Sie sah ein wenig älter aus, als die 22 Jahre, die sie angegeben hatte zu sein und war durchaus sympathisch.
»Guten Tag«, begrüßte er sie freundlich.
»Guten Tag«, erwiderte sie und lächelte ebenfalls. »Sind Sie Herr von Wellentin-Schoenecker?«
»Der bin ich. Sie sind Judith?«
»Ja.« Sie reichte ihm die Hand.
»Schön, dass Sie hier sind. Bitte nennen Sie mich Nick«, bat er. »Das ist Janos, unser Pferdepfleger.«
Auch Janos zog die Lippen zu einem Lächeln auseinander. Er tippte an seine Mütze.
»Grüße Sie, junge Dame«, sagte er. Er musterte sie freundlich. »Nick sagt, Sie wollen hier mal reinschnuppern, weil Sie eine Ausbildung zur Pferdepflegerin machen wollen«, fuhr er fort.
»Sehr gerne, ja. Ich liebe Pferde und reite seit meiner Kindheit«, gab Judith Auskunft.
»Na dann. Es gibt hier gut zu tun«, sagte Janos. Nick lächelte.
»Wie ich merke, werde ich hier gar nicht gebraucht. Ihr versteht euch ja«, sagte er.
»Ja, mein Junge«, bemerkte Janos und sah ihn freundlich an. »Geh du mal wieder in dein Büro oder zu deinen Kindern. Wir machen das hier schon. Wenn es gut läuft, machen wir die zwei Wochen.«
»So machen wir das«, stimmte Nick zu. »Judith, falls Sie und Janos sich einig werden, kommen Sie doch bitte später noch in mein Büro, ehe Sie wieder nach Hause fahren. Wir müssen noch den Papierkram erledigen.«
»Papierkram?« Erschrocken sah sie ihn an.
»Sicher. Wir machen einen Praktikumsvertrag. Ich brauche Ihre persönlichen Angaben und wir unterschreiben beide, dass Sie zwei Wochen bei uns sind.«
»Aber … ich mache das doch unentgeltlich«, hielt Judith dagegen.
»Richtig. Es geht aber auch um Fragen der Haftung, falls etwas passiert, während Sie hier sind. Theoretisch könnte ein Pferd ausschlagen oder Sie verletzen sich bei der Arbeit, weil Sie etwa auf der Koppel stolpern. Das wäre dann ein Arbeitsunfall«, erklärte Nick freundlich.
»Ach so.« Judith sprach gedehnt.
»Ich bin bis 18 Uhr im Büro. Wenn Sie eine viertel Stunde vorher da sind, reicht das völlig. Es dauert nicht lange«, versicherte er ihr.
»Okay.« Wieder sprach sie gedehnt.
»Gehen Sie einfach den Feldweg entlang«, sagte er und zeigte zu dem Weg, den er hergekommen war. »Sie kommen direkt zum Kinderheim«, informierte er sie.
»Mach ich.«
»Schön. Dann bis später.« Er lächelte Janos und Judith zu und machte sich auf den Rückweg.
*
Daniel blickte aus dem Wohnzimmerfenster seiner Zweizimmerwohnung im ersten Stock des Mehrfamilienhauses in Steinau. Es war soweit. Er hatte Urlaub und heute wollte Laura ihm Klein-Marc bringe.
Sie musste jeden Moment hier sein. Tatsächlich sah er nun ihren roten Kleinwagen die Straße entlangfahren. Er trat vom Fenster zurück und ging in den Flur. Er wollte ihr helfen, das Gepäck aus dem Auto in die Wohnung zu bringen. Sie mochte reichlich dabeihaben. Alleine das Reisebettchen war sperrig und schwer.
Er nahm seinen Schlüsselbund, ließ die Tür hinter sich einen Spalt offen und ging die Treppe hinunter.
Laura stand in ihren Wagen gebeugt und hob eben Marc aus seiner Baby-Schale. Sie richtete sich wieder auf und legte den Jungen behutsam an ihre Schulter. Eine Geste voller Zärtlichkeit, die Daniel berührte. Von einer Sekunde zur anderen glaubte er zu sehen, wie sehr sie ihren Sohn liebte und er bekam ein eigenartiges Gefühl. Was für ein Gefühl war das?
Irgendetwas, was er nicht greifen konnte.
Sorge, dass er Fehler machte, bei der Betreuung von Marc? Dass sich eine Situation ergab, in der er alleine eine Entscheidung für den Jungen treffen musste, weil Laura nicht erreichbar war? Kinder wurden schnell krank. Was, wenn Laura zum Beispiel auf einem Berg war oder in der Sauna des Hotels, das sie und Julian gebucht hatten und er brauchte zeitnah, vielleicht sogar umgehend, ihren Rat?
Er war beklommen, hatte irgendwie Angst, als stünde etwas im Raum, wovon er nicht wusste, wie er es bewältigen sollte.
Er schüttelte die beunruhigenden Gedanken, die so unvermittelt aufgekommen waren, ab. Was sollte schon passieren? Er würde sein Möglichstes tun, um Marc bestens zu betreuen und Lauras Vertrauen in ihn zu würdigen.
Laura wandte sich um und lächelte ihm zu. Marcs Köpfchen lag an ihrer Schulter. Der Kleine schlief tief und fest und mit halb offenem Mündchen. Was für ein anrührendes Bild. Mutter und Kind. Urvertrauen. Plötzlich musste er an seine eigenen Eltern denken. Es war so lang her.
»Hey, Daniel«, unterbrach Laura seine Gedanken. »Hilfst du mir, die Sachen reinbringen?«
Er löste sich von dem Anblick des schlafenden Babys und seinen Erinnerungen.
»Hallo, Laura.« Er erwiderte das Lächeln. »Ja, klar. Ich nehme schon mal das Reisebett.«
»Es liegt hinten im Fußraum. Und im Kofferraum ist der Kinderwagen und alles andere auch. Die Baby-Schale brauchst du auch, falls du mit ihm irgendwohin willst«, sagte sie.
»Gut, dass du daran denkst.« Er lachte leise. »Ich hätte sie vergessen.«
Er holte zuerst das Bett und eine große Reisetasche aus dem Wagen und ging voraus ins Haus. Laura folgte ihm mit Marc.