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Til arbeitet als Reinigungskraft. Als er nachts in einem Juweliergeschäft auf einen offenen Tresor voller Juwelen stößt, will er eigentlich nur mal die Pracht bewundern. Eine unbedachte Reaktion lässt ihn jedoch die Juwelen in seinen Wischeimer versenken und stürzt ihn, in das Chaos seines Lebens. Als er sich der Polizei stellen will, scheint der Tathergang so absurd zu sein, dass der Ermittler ihm nicht glaubt und ihn wieder weg schickt. Speck-Eff hat sich schließlich geschworen, niemals einen Unschuldigen hinter Gitter zu bringen. Der Schmuck wird ein zweites Mal geklaut, taucht plötzlich wieder auf und es kommen unglaubliche Dinge ans Licht.
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Seitenzahl: 165
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Zufällig Juwelendieb
Carola Käpernick
Impressum
Texte: Carola Käpernick
Umschlaggestaltung: Carola Käpernick
Korrektur: Kathrin Frankhauser
Bildquelle Pixabay
Verlag: Selbstverlag über Epubli
Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin
Gewidmet
meinem Vater, der immer gern ein Späßchen machte und meine Mutter damit herrlich aufregen konnte.
Sieh zu, dass du ein ehrlicher Mensch wirst, denn damit sorgst du dafür, dass es einen Schurken weniger auf der Welt gibt.
Thomas Carlyle
Liebe Leser:innen,
ob ein Fall tatsächlich so stattfinden kann? Ich weiß es nicht. Aber in einem frei erfundenen Ort, wie Emmenburgstedt ist vermutlich alles möglich.
Diese ganze Geschichte ist frei erfunden. Gleichlautende Namen von lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Wenn der Kriminalfall fiktiv ist, wurde er natürlich auch nicht wirklich im ZDF vorgestellt. Ich weiß nicht einmal, ob an dem Mittwoch überhaupt so eine Sendung ausgestrahlt wurde. Die ganze Handlung dreht sich lediglich darum, dass es ein Freitag der 13. im Frühsommer oder Spätfrühjahr war, als Til dummerweise zum Juwelendieb wider Willen wurde. Und da passte kalendarisch halt nur das Jahr 2016.
Viel Spaß beim Lesen! Natürlich freue ich mich auf ein Feedback in Form einer Rezension.
Carola Käpernick
Freitag, 13.05.2016 11:00 Uhr Polizeirevier Emmenburgstedt
»Und das soll ich Ihnen glauben?«
»Ähm, ja. Was ist denn daran nicht zu glauben?« Til ist verdattert.
»Alles! Einfach alles. Es klingt so verrückt, das würde nicht mal in einem Film funktionieren, selbst im Münsteraner Tatort nicht und da funktioniert einiges.«
»Aber es war so. Ganz genau so! Bitte, Sie müssen mir das glauben, Herr Kommissar!« Til flehte den Ermittler Bernhard Speck-Faltberg förmlich an. Er war schließlich hier, um sich zu stellen und den Juwelenraub aufzuklären. Und der Ermittler wollte ihn nach Hause schicken.
»Herr Brennecke, das kann ich Ihnen nicht glauben und wenn ich es richtig bedenke, will ich es Ihnen auch gar nicht glauben. Nehmen Sie ihre Sachen und gehen Sie bitte. Ich habe zu tun.«
Til war fassungslos, raffte aber seine Jacke zusammen. Warum nur hatte er die Beute nicht gleich mitgenommen. Dann hätte der Kommissar ihm doch glauben müssen. Kurz blitzte der Gedanke auf, sich an die Presse zu wenden. Doch das verwarf er wieder. Das konnte er Maya, seiner Tochter nicht antun. Er drehte sich um und ging. Würde er eben mit der Beute wiederkommen. Speck-Faltberg zischte ihm noch ein »unglaublich!«, hinterher und hinterfragte seine Berufung.
Nein, so eine kuriose Aussage, würde ihn nicht an der Richtigkeit seiner Entscheidung, Polizist zu werden, zweifeln lassen. Er hatte schon als Schüler geschworen, dass er Polizist werden würde, um das Unrecht, dass seinem Freund Rüdiger angetan wurde, wieder gut zu machen. Rüdiger wurde fälschlicherweise einer Straftat beschuldigt und die Polizisten damals, sperrten ihn leichtfertig ein. Der Freund wurde mit miesen Tricks zu einem Geständnis gezwungen. In der Untersuchungshaft verlor er alle Hoffnung und nahm sich das Leben.
Und dann kommt hier so eine Witzfigur daher und erzählt haarsträubende Geschichten. Wer weiß, was für Gerüchte nach dem Einsatz in der Stadt kursierten.
***
»Was habe ich mir bloß dabei gedacht?« Til rauft sich die frisch geschnittenen blonden Haare und lässt diese ganze beschissene Situation noch mal Revue passieren. Er kam ins Juweliergeschäft und ging schnurstracks nach hinten in den kleinen separaten Raum. Dort stand das Bild mit den Segelbooten, das sonst vor dem Tresor an der Wand hängt. Til wusste nicht einmal, dass dieser Raum der Tresorraum ist. Und nun? Der Tresor steht offen und liegt voller glitzernder und funkelnder Ketten, Ringe und Colliers. Ist das ein Raub? Vorsichtig schaut er sich um, doch die Tür war verschlossen. Also ist ja wohl kein Einbrecher mehr hier im Laden. Immer wieder zieht das Glitzern im Tresor, Tils Blick auf sich. Er würde sich das zu gerne mal ansehen. Ob er das durfte? Natürlich nicht. Aber wer wollte es ihm verbieten? Er war alleine hier. Sorgsam nahm Til also die Schmuckstücke und breitete sie auf dem Tisch vor sich aus. Verzückt betrachtete er die Stücke, nahm vereinzelt eins in die Hand und drehte es, um durch das Licht ein noch stärkeres Funkeln herauszuholen. Vor ihm lag eine wahre Pracht. Gold, Silber und Platin. Von den Steinen hatte er wenig Ahnung. Dabei wäre es bestimmt ganz interessant, sich damit etwas näher zu beschäftigen.
Er vergaß vor lauter Staunen ganz die Zeit und seinen Job. Geräusche rissen ihn aus seinen Gedanken. Da kommt wer! Was tun? Als er Schritte hörte, war es ein reiner Reflex, dass er mit dem Unterarm den Schmuck in seinen Wischeimer raffte und den Putzlappen auswrang. Als er die Stimme der Chefin erkannte, klappte er noch schnell die Tresortür zu und zeitgleich damit, die Tür zu seinem persönlichen Horrortrip auf.
»Musst Du mich so erschrecken!« fuhr er Martha an.
»Was dachtest Du denn, wer um diese Zeit hier antrabt? Einbrecher?«
»Was weiß ich. Was willst Du?«
»Thomas fällt morgen aus, kannst Du einspringen?«
»Leider nein. Meine Tochter kommt übers Wochenende.«
»Bitte! Du bekommst auch die kleinen Büros, damit Du schnell fertig bist.«
»Nein!«
»Wie alt ist deine Tochter noch mal? Meinst Du nicht, dass Du sie auch mal alleine lassen kannst?«
»Können schon, aber wollen nicht. Ich sehe sie nur alle paar Tage und hab sie nur dieses eine Wochenende im Monat komplett bei mir. Da geh ich doch nicht malochen!«
Martha merkte, dass sie diesmal bei Til nicht weiterkam und zog weiter zum nächsten Büro. Dass Til schwitzte wie verrückt, war ihr nicht aufgefallen. Doch das tat er. Noch mehr kamen die Schweißdrüsen in Fahrt, als ihm klar wurde, was er da soeben verbockt hatte. In seinem Putzeimer lagen Juwelen. Mein Gott, was die wohl wert waren? Und was sollte er jetzt damit machen? Zurücklegen ging nicht, weil er vor lauter Schreck die Tresortür zugeschlagen hat und die scheinbar mit einem automatischen Verriegelungsmechanismus ausgestattet war. Jedenfalls ließ sie sich nicht mehr öffnen.
»Verfluchte Scheiße, wer hat das Ding denn bloß aufgelassen? Das kann doch nicht so schwer sein, die Tür zu schließen, bevor man geht!« Til fluchte vor sich hin. Aber es half ja alles nichts. Der Laden wurde nicht vom ratlos herumstehen sauber. Also hat er erst einmal fertig geputzt. Beim Putzen konnte er schon immer am besten denken. Und ihm kam dann auch die Idee, dass er die Juwelen am besten mit nach Hause nimmt und sie morgens nach Ladenöffnung wieder zurückbringt. Klar, war das nicht in Ordnung, dass er sie aus dem Tresor genommen hat. Aber er wollte ja bloß einmal gucken. Musste Marta ihn dann auch so erschrecken?
Er legte den Wischlappen in die Spüle der Teeküche und goss das Dreckwasser dort aus. Mit kaltem Wasser spülte er ein bisschen nach und hoffte, dass die Steine und Edelmetalle vom Putzmittel nicht zu arg anliefen. Dann sammelte er alles ein und wollte es gerade in seinem Hoodie verschwinden lassen, als ihm einfiel, dass es wohl besser war, wenn er ein paar Beweisfotos machen würde. Wenn er etwas verlieren würde, wüsste er ja nicht einmal, dass er es mitgenommen hatte. Nach dem Fotografieren verstaute er alles in seinem Pullover, brachte die Reinigungsutensilien zurück und ging ins Fitnessstudio. Schlafen würde er jetzt sowieso nicht können und wenn er wach bleiben musste, bis er die Klunkerzurückbringen konnte, dann würde ihm das im Fitnessstudio am leichtesten fallen. An den gemeinsamen Fernsehabend mit seiner Tochter Maya mochte er gar nicht denken. Wahrscheinlich würde er schon vor neun einschlafen.
Erst vor seinem Spind dachte er wieder an den Schmuck und überlegte kurz. »Ok – der Spind ist kein Tresor, aber hier ist noch nie etwas weggekommen.« Gut, dass er immer ein paar Ersatzhandtücher hier hatte. Auf eines entleerte er seine Taschen, wickelte alles zusammen und stopfte es ins mittlere Fach. Jetzt wirkte es wie ein benutztes Handtuch, zumal es auch leicht feucht wurde, von dem immer noch nicht ganz trockenen, unfreiwillig erbeuteten Schatz. Damit es noch bissel ekliger wirkte, stopfte er eine Unterhose dazu. Selbst, wenn einer den Spind knackte, anrühren würde der hier vermutlich nichts.
Nach dem Sport beeilte er sich zum Einkaufscenter zurückzukommen. Er wollte seine Last endlich wieder loswerden. Zum Glück war heute Freitag. Papifreitag. Auf den gemeinsamen Abend mit Maya freute er sich schon die ganze Woche. Jäh wurde Til aus seinen Gedanken gerissen. Vor dem Einkaufscenter standen massig Menschen, mehrere Einsatzwagen der Polizei. Auf einigen drehten sich die blauen Leuchten um die eigene Achse und verkündeten der Welt, dass hier ein Unheil geschehen war. Und was für eines!
Was sollte Til jetzt tun? Er konnte schlecht da hineinspazieren und verkünden, dass er aus Versehen fette Beute gemacht hatte. Das war ihm auch viel zu viel Trubel hier. So viele Uniformierte und Reporter quetschten sich auch schon zwischen den Schaulustigen durch. Er würde später kommen und unter vier Augen mit dem Juwelier reden. Wie lange das mit der Polente wohl dauern mochte? Eine Stunde - oder zwei? Fitness hatte er hinter sich. Und nicht zu vergessen, davor eine Nachtschicht geschoben. Wenn er sich jetzt auf eine Bank setzte, um abzuwarten, wäre Til in Nullkommanix eingeschlafen. Also retour zum Fitnessstudio und die Juwelen dort deponiert. Nebenan gab es einen Friseur. Eine Frisur schadete nicht und war außerdem aktuell auch mehr als nötig. Heute gab Til sich das volle Programm: Waschen, Kopfmassage, föhnen und Rasur. Schließlich hatte er Zeit totzuschlagen.
Damit er nicht mit dem wertvollen Schmuck in der Stadt herumlaufen musste, ließ er ihn im Spind. Wenn der Juwelier wusste, wo der Schmuck war, könnte der mitkommen und sie könnten ihn beide zusammen in den Tresor zurückbringen.
Doch als Til erneut vor dem Einkaufscenter stand, hatten sich die Menschenmassen aufgelöst, aber am Juweliergeschäft verkündete ein Schild: Vorübergehend geschlossen!
»Na toll! Und wie soll ich jetzt an den Juwelier herankommen?« Till überlegte nicht lange. Er ging zur Polizei. Wenn die lange ermittelten, kämen wahrscheinlich horrende Rechnungen auf ihn zu. Das konnte er sich nicht leisten. An der Pforte fragte er, wer für den Fall bei dem Juwelier zuständig war und verlangte den Einsatzleiter zu sprechen. Mit dem Ergebnis, dass der ihm nicht glaubte und ihn wegschickte wie ein Schulkind ohne Hausaufgaben.
»Also, was haben wir? Außer diesen Spinner, der uns das von seinem Wischeimer erzählen wollte, nichts. Es ist doch wirklich verrückt, was die Leute vor lauter Geltungsdrang alles unternehmen.« Bernhard Speck-Faltberg sah seine Männer an. Bisher bestand ihr Team aus 4 Leuten. Es gab keinen Personenschaden, der Raub war ein einziges Rätsel und der Juwelier ein Nervenbündel. Die Untersuchung des Tatortes hatte quasi nichts ergeben, weil der Putztrupp der Firma »Besenrein GmbH« Emmenburgstedt noch ihren Mitarbeiter darüberwischen gelassen hatte. Eben dieser Til Brennecke, der sich soeben wichtigmachen wollte und sagte, er hätte die Juwelen in seinem Wischeimer aus dem Juwelierladen mitgenommen. Die vier lachten noch, als Speck-Eff, wie das Team ihn nannte, sich einen Kaffee einschenkte und wieder an den Tisch setzte. Dann kehrte Stille ein. Der Spurensicherer, Klemens Nitschke, fasste zusammen: »Keine Spuren, weder Einbruch an der Tür, noch Aufbruch am Tresor. Im Tresor muss Schmuck gelagert haben, das war deutlich, aber ob der gestern drin lag oder vor zwei Wochen, das lässt sich nicht feststellen. Der Tresor ist älter und leider nicht mit Zeitschaltuhren oder digitaler Überwachung versehen. Nachzuvollziehen, wann der das letzte Mal auf oder zu gemacht wurde, ist faktisch nicht möglich. Der Juwelier sagt, er selbst habe gestern Abend den Schmuck dort hineingeräumt. Der Tresor sei voll gewesen. Es lagen auch Schmuckstücke drin, die die Kundschaft gar nicht zu Gesicht bekäme. Viel zu wertvoll für die einfache Auslage.«
Speck-Eff warf ein: »Wie glaubwürdig ist das? Ich meine wir sind hier in Emmenburgstedt, einem miefigen Kaff, gemessen an den Orten ringsherum. Klar, die Nähe zu Baden-Baden kann mal kaufkräftige Leute in den Laden bringen, aber ehrlich, glaubt ihr irgendeine reiche Russin zeigt in Moskau ihre Klunker und sagt: Habe ich in Emmenburgstedt gekauft?« Wieder ging ein Lachen durchs Team.
»Naja, sie könnte großzügig flunkern und Baden-Baden nennen. Die paar Kilometer Distanz machen den Kohl nicht fett. Von Moskau aus gesehen. Und Baden-Baden ist eine beliebte Destination für neureiche Russen.« Hermann Kerkhoff, der dem Team mit Recherchen, Schreibarbeiten und guten Ideen zur Seite stand, galt als Mädchen für alles und warf gerne mal einen Scherz ein. Oder das, was er für einen Scherz hielt. Das Lachen blieb jedenfalls aus. Bernhard brummte. Was Zustimmung bedeuten konnte, aber nicht musste. Er schaute auf Richard Nitz, seinen engsten Mitarbeiter und auch persönlichen Freund. Der zuckte nur mit den Schultern. Das sprach für Nitz! Kein unnützes Wort, wenn es nix zu sagen gab, blieb er still. Wenn er aber den Mund aufmachte, dann sollte man zuhören.
»Ich würde jetzt gerne sagen, dann können wir an die Arbeit gehen. Aber an welche Arbeit? Ich meine, wo wollen wir ansetzen?«
Nitschke ergriff das Wort: »Der Tresorinnenraum wurde nach Spuren untersucht. So groß war der Tresor nicht und der Täter kann eventuell mit dem Arm an die Wände gekommen sein. Wir haben Abstriche genommen. Ob es was bringt? Zumal vom Personal auch mehrere Leute Zugang zum Tresor hatten. Wenn es wirklich Fasern gibt, müssen die noch wissen, was die in den letzten Tagen, wenn nicht sogar Wochen für Klamotten getragen haben, damit wir eingrenzen können, welche zum Täter gehören.«
»Darauf würde ich jetzt nicht hoffen, es ist warm draußen und wahrscheinlich waren die kurzärmelig. Bestenfalls hatten sie weiße Baumwollhandschuhe an. DNA wäre denkbar, wenn sie mit entblößten Armen irgendwo drangekommen waren. Aber wahrscheinlich finden wir nur Fettflecken von allen erdenklichen Sonnencremes dieser Welt.« Kerkhoff dachte blitzschnell mit. Das killte zwar die Hoffnung bereits im Anflug, bewahrte aber auch vor Enttäuschungen.
Nitz räusperte sich: »Wir sollten den Juwelier checken. Vermögensverhältnisse, Versicherungssumme, Familie, Konkurrenz.«
»Dann haben wir zumindest etwas zu tun. Das machen wir. Richard und ich fahren zu dem Juwelier nach Hause. Hermann, bist Du so gut und schreibst einen Bericht über die Aussage dieses Gebäudereinigers? Grob so, wie ich es erzählt hab, dann mail es mir, ich mache den Feinschliff. Wir geben Dir dann peu à peu Infos durch, die Du checken kannst. Klemens, ihr bearbeitet die Abstriche. Priorität hat das aber nicht. Alles klar?« Das Nicken der drei Männer war Speck-Eff genug. Bernhard und Richard brachen auf.
Im Auto unterhielten sie sich über den Gebäudereiniger. Eigentlich hielt Speck-Faltenberg einen Monolog darüber, wie beknackt einer sein konnte. Richard schwieg dazu, dachte sich aber seinen Teil und der ging nicht ganz mit Bernhards Sicht auf die Dinge konform. Natürlich klang die Geschichte absurd. Aber seine Erfahrung hatte ihm bereits mehr absurde Tathergänge beschert, als logisch nachvollziehbare. Doch er sagte erst einmal nichts.
Freitagmorgen um 10:58 Uhr MEZ betrat Herr Til-Clemens Brennecke, geboren am und so weiter, das Polizeirevier von Emmenstedtburgstedt und verlangte den Leiter der Ermittlungen im Fall des Juwelenraubs zu sprechen. Der Leiter, Kriminaloberkommissar Bernhard Speck-Faltberg, empfing Herrn Brennecke.
Inhalt des Gesprächs:
Herr Brennecke gibt an, die Juwelen an sich genommen zu haben, als er nachts seiner Arbeit als Gebäudereiniger nachging. Der Tresor soll offen gestanden sein, der Schmuck lag im Tresor. Aus Neugier will der Aussagende den Schmuck auf einer Tischfläche ausgebreitet haben, um ihn sich besser ansehen zu können. Als er Geräusche einer herannahenden Person hörte, will Herr Brennecke die Schmuckstücke in seinen Wischeimer versenkt haben, um sie vor den Blicken der Chefin zu verbergen. Bevor er die Vorgesetzte empfing, die von ihm eine Sonderschicht verlangen wollte, habe er die Tür des Tresors geschlossen, die ist direkt eingerastet und nicht mehr aufgegangen. Da er die Schmuckstücke nicht mehr zurücklegen konnte, will Herr Brennecke diese mit sich genommen und im Fitnessstudio in seinem Spind eingeschlossen haben. Nach eigenen Angaben war Herr Brennecke nachfolgend zwei Mal erneut am Tatort. Einmal um die Ladenöffnungszeit. Da will er den Schmuck mit sich geführt haben, wollte aber dem Rummel entgehen, der dort nach seinen Angaben stattfand. Als er etwa zwei Stunden später wieder zurückkam, will er ohne den Schmuck gewesen sein, der wieder im Fitnessstudio verwahrt sei. Da war im Juweliergeschäft niemand mehr und Herr Brennecke ging zur Polizei.
Die Zeit zwischen den beiden Tatortbesuchen will er beim Friseur verbracht haben.
KOK Speck-Faltberg nahm die Aussage auf, schenkte ihr vorerst keine Beachtung, weil sie so unglaubwürdig klang. Brennecke wurde entlassen. Seine Personalien und Kontaktdaten liegen vor. Die polizeiliche Überprüfung ergab keine Ergebnisse. Der Mann ist weder vorbestraft noch irgendwie polizeilich erfasst. Er arbeitet bei der »Besenrein GmbH Emmenburgstedt« als Gebäudereiniger. Der Aussagende bat darum, dem Arbeitgeber gegenüber Stillschweigen zu bewahren, um seinen Arbeitsplatz nicht zu gefährden.
Til rannte zurück zum Fitnessstudio. Kurz vor seinem Ziel traf er auf Maya, seine Tochter. Die war mit ein paar Gleichaltrigen unterwegs.
»Maya, was machst Du denn hier?«
»Papa, das gleiche könnte ich Dich fragen. Ich denke Du hattest Nachtschicht und schläfst, damit Du fit bist für unsere Fernsehnacht.«
»Ja, nee. Ach mir ist was dazwischengekommen. Also nicht heute Abend. Wir schauen fern, solange wir wach bleiben. Aber jetzt.«
»Alles in Ordnung Papa. Du wirkst gestresst.«
»Danke, der Nachfrage. Ich bin gestresst, aber nix was Dich beunruhigen muss Maya. Wer sind denn deine Freunde?«
»Ach nur ein paar aus meiner Schule. Wir wollen ins Einkaufscenter und Eis essen.«
»Ok, dann viel Spaß euch. Bis heute Abend. Sei pünktlich und bring Hunger mit!«
»Mach ich Papa!« Im Fortgehen winkt Maya Til noch einmal zu.
»Puh, zum Glück hat der nicht weiter nachgefragt.« Marvin stupst Maya an. »Wie sollten wir ihm erklären, dass wir in einem Spind Juwelen gefunden haben?«
»Na gar nicht. Oder denkst Du mein Vater hätte bei Dir eine Taschenkontrolle gemacht? Los komm zum Treffpunkt, wir brennen alle auf die Geschichte, wie Du an die Beute gekommen bist.«
Während Maya mit Marvin ins Eiscafé rannten, stand Til fassungslos vor seinem Spind.
»Scheiße, Scheiße, Scheiße!« Er rannte aufgebracht hin und her. Der Schmuck war weg. Sein Spind wirkte wie immer. Aber er war durchwühlt und der Schmuck war weg. Jetzt saß er mal so richtig in der Tinte. Ohne den Schmuck konnte er doch nie beweisen, dass er ihn mitgenommen hatte und seine absurde Geschichte die Wahrheit war. Und zwar nichts als die Wahrheit! Ein Trainer kam vorbei und erkundigte sich, ob etwas nicht stimmte, weil Til so aufgeregt war. Doch Til winkte ab und widmete sich seiner Panik. Erst mal weg hier, dachte er sich. Und wenn der Schmuck weg war, konnte er jetzt ja auch ruhigen Gewissens nach Hause gehen. Schlafen, ging wohl nicht, das würde er nicht können.
***
Tini, Puk und Maya waren gespannt auf Marvins Geschichte. Der jedoch spendierte erstmal allen ein Eis und ließ sich ziemlich lange bitten. »Nicht hier!!, sagte er dann. »Lasst und nach dem Eis in unser Versteck gehen. Es wäre nicht gut, wenn hier jemand mithört.« Als sie dort ankamen, hielt Marvin es selbst nicht mehr aus und platzte mit seiner Story raus.
»Ich habe in dem Fitnessstudio in der Passage, ein paar Spinds gecheckt. Wollte eigentlich nur ein paar Uhren und etwas Bargeld klar machen. Dann öffne ich einen, der sah dermaßen durchwühlt aus, dass ich dachte, hier will einer verbergen, dass was Wertvolles drin liegt und schaue mir den genauer an. Und tatsächlich. In einem Handtuch hinter einem Schlüpper versteckt, lag das hier!« Er wickelte die Schmuckstücke aus dem Handtuch aus, dass er mitgenommen hatte. »So ein Handtuch hat mein Vater auch.«, kicherte Maya.
»Nicht, dass das seine Juwelen sind.« Marvin sah seine heimliche erste Liebe provozierend an.
»Quatsch Du Blödmann!«
Tini schnippte mit den Fingern. »Können wir mal wieder hierher zurückkommen ihr zwei. Was machen wir jetzt damit?«
»Verkaufen.« Puk war manchmal etwas naiv. Er hieß eigentlich Nepomuk, was ihm schrecklich peinlich war. Puk fand er cooler und bestand darauf, so genannt zu werden.
»Puk, träum weiter. Was genau denkst Du, macht ein Pfandleiher oder Juwelier, wenn ein bis vier Minderjährige ihm teuren Schmuck anbieten?«
»Weiß ich doch nicht, Mann! Ich habe noch nie Klunker geklaut.«