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Adlerkralle ist ein Indianerjunge vom Volk der Menominee und lebt mitten im Wald an den Großen Seen. Zusammen mit seinen Freunden geht er zur Jagd und zum Fischfang und findet dabei einen kleinen Wolf. Adlerkralle beschließt, den Wolf aufzuziehen und muss feststellen, dass das ganz schön anstrengend ist. Zudem ärgert ihn ein größerer Junge, sodass er einen Streich ausheckt, um diesem Angst einzujagen. Aber das ist keine gute Idee … Eine spannende Geschichte über das Leben eines Waldland-Indianerjungen.
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Seitenzahl: 133
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Für Blaize
Ein Menominee-Junge und sein Wolf
KinderromanvonKerstin Groeper
Impressum
Adlerkralle, Kerstin Groeper
TraumFänger Verlag Hohenthann, 2022
1. Auflage eBook März 2022
eBook ISBN 978-3-948878-32-0
Lektorat: Michael Krämer
Satz/Bildbearbeitung: Janis Sonnberger, merkMal Verlag
Datenkonvertierung: Bookwire
Titelbild: Wade Fernandez
Illustration: Marion Großer
Copyright by TraumFänger Verlag GmbH & Co.
Buchhandels KG, Hohenthann
Die Menominee
Der Fischfang
Die Schwester
Der Wolf
Der Bär
Das Sommerlager
Der Plan
Der Trick
Die Vision
Wilder-Puma
Die Anishinabe
Die Ernte
Winter
Keniu-neskas, was so viel wie Adlerkralle bedeutet, saß auf den glatten Felsen des Manomäh Sipiah, des Menominee-Flusses, und ließ die Füße ins Wasser baumeln. Es war früh am Morgen und er wartete ungeduldig auf seine Freunde. Sie waren solche Langschläfer! Die Sonnenstrahlen blinzelten zwischen den Zweigen der Fichten hindurch und blendeten ihn, als er in Richtung der Wigwams schaute, die verteilt zwischen den Bäumen standen. Wo blieben seine Freunde nur? Sollte er zurücklaufen und sie leise wecken? Hah, es wäre lustig, sich an die Wigwams heranzuschleichen und die Laute irgendeines Tieres nachzuahmen, um seine Freunde aus dem Schlaf zu reißen.
Er gluckste in sich hinein. Er konnte das Heulen des Wolfs täuschend echt nachahmen! Andererseits würde das auch alle anderen im Wigwam aufwecken und er wollte lieber nicht in die Arme eines erzürnten Vaters oder großen Bruders laufen. Vielleicht lieber den Ruf eines harmlosen Vogels? Er würde den Morgenruf des Rotkehlchens nachmachen. Das war ungefährlich. Andererseits würden seine Freunde diesen Ruf vielleicht überhören, weil ohnehin alle Vögel bereits ihre Lieder sangen. Das Gezwitscher in den Bäumen am Ufer war ohrenbetäubend. Es war der Beginn des Sommers und viele Vögel hatten bereits gebrütet und bevölkerten nun mit ihren Jungen die oberen Zweige der Bäume. Fröstelnd zog Adlerkralle die Füße aus dem Wasser und umschlang die Beine mit seinen Armen. Sein Kinn ruhte auf den Knien, als er zähneklappernd auf den Steinen hockte und darauf wartete, dass die Sonne höher stieg und ihn wärmte. Fast bereute er, dass er keinen wärmenden Umhang mitgenommen hatte, aber er wollte mit seinen Freunden hier die Felsen herunterrutschen und nicht am Ufer sitzen, um zu frieren. Wo blieben sie nur?
Endlich regte sich im Dorf etwas und er hob erwartungsvoll den Kopf. In der Ferne erblickte er endlich Wapi Muähsaw, den Weißen Wolf. Er war soeben aus dem Wigwam geschlüpft und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Hoh! Wie ein kleines Mädchen! Adlerkralle kicherte respektlos und machte eine ausholende Bewegung mit seinem Arm. Komm endlich her, sollte das heißen. Verschlafen setzte sich Weißer-Wolf in Bewegung und trabte langsam auf ihn zu. Ging das nicht schneller?
Adlerkralle ließ sich schwungvoll den Felsen hinabgleiten und rutschte durch das kalte Wasser. Die Strömung riss ihn ein Stück mit, sodass er über weitere glatte Felsen rutschte und schließlich unterhalb der kleinen Stromschnellen in tieferes Wasser plumpste. Er tauchte unter und kam schnaufend wieder an die Wasseroberfläche. Was für ein Spaß! Vergessen war die Kälte des Morgens. Weißer-Wolf war ihm gefolgt und tauchte nun ebenfalls lachend neben ihm auf. Er wirkte auf einmal gar nicht mehr müde.
Adlerkralle richtete sich etwas auf, stützte sich auf die Schultern seines Freundes und tauchte ihn erneut unter. Der fackelte nicht lange, sondern mit einem Satz stieß er sich vom Grund des Flusses hoch und stürzte sich ebenfalls auf seinen Freund. Das Gelächter der beiden Kinder, die sich im Wasser balgten, weckte den Rest des Dorfes.
Völlig verschlafen erschien nun Awässeh-neponim, Stehender-Bär, und stellte sich mit seinem vorgestreckten runden Bauch an den Rand des Ufers. Seine Haare waren noch strubbelig vom Schlaf und er rieb sich müde die Augen. Die beiden Freunde nahmen darauf keine Rücksicht, sondern spritzten ihn mutwillig nass.
„Hey!“, rief Stehender-Bär unwillig. „Lasst mich erst einmal wach werden!“
„Komm ins Wasser, dann wirst du wach!“, forderte Adlerkralle übermütig. „Das Wasser ist gar nicht kalt.“
Das war eine glatte Lüge, denn ihr Volk lebte weit im Norden der Schildkröteninsel, wie die Indianer Nordamerika nannten, und selbst in dem kurzen Sommer wurden die Seen kaum warm. Das Wasser von den Flüssen ohnehin nicht. Aber verglichen mit dem eisigen Wasser des Winters war es vielleicht jetzt wärmer, als die Kinder es gewohnt waren, die ja auch im Winter zum Waschen an den Fluss kamen.
„Hoh!“, wehrte Stehender-Bär die Aufforderung ab. „Ich setze mich erst einmal dort oben in die Sonne.“ Er deutete auf die Felsen, auf denen die anderen beiden Jungen sich hatten hinabtreiben lassen.
„Wir kommen mit“, bot Adlerkralle an. „Dann rutschen wir nochmal gemeinsam hinunter. Das macht Spaß.“
„Aber passt auf, dass ihr nicht zu weit in die Strömung geratet!“, warnte Stehender-Bär umsichtig. Felsenrutschen machte zwar Spaß, war aber auch gefährlich.
„Hoh! Wir sind doch keine Babys!“, schlug Weißer-Wolf die Warnung in die Wind.
Lachend rannten die drei Jungen etwas flussaufwärts und stürzten sich dort wieder in die kalten Fluten. Dieses Mal war auch Stehender-Bär sofort mit dabei. Der kurze Lauf hatte ihn munter gemacht. Kreischend und jubelnd rutschten die Jungen die wasserumspülten Felsen hinunter und setzten sich dann am Ufer in die Sonne, um sich zu trocknen. Ihre Zähne klapperten aufeinander, als sie überlegten, was sie den Tag über tun sollten. Weißer-Wolf schlug vor, mit ihren Bögen auf die Jagd zu gehen. Es gab jede Menge Wild in den Wäldern und frische Beute war immer gern gesehen. Noch zählten die Jungen erst neun Winter, aber Vögel und Kleinwild konnten sie bereits jagen. Manchmal erwischten sie einen Hasen oder ein Eichhörnchen.
Adlerkralle grinste voller Vorfreude. „Ja, vielleicht erwischen wir einen Truthahn! Das Fleisch ist so lecker!“
Stehender-Bär legte verschmitzt den Kopf zur Seite und zwinkerte seine Freunde an. „Warum holen wir nicht unsere Speere und bleiben am Fluss? Wir könnten Störe fangen und zwischendurch baden. Heute wird es heiß!“ Er deutete mit seinen Lippen zum wolkenlosen Himmel, an dem die Sonne immer höher kletterte.
„Puh!“, stöhnte Adlerkralle besorgt. „Die Störe sind riesig. Wenn wir einen erwischen, der zu groß ist, dann könnte er uns wie Meqsekenäpik, die gefährliche Schlange der Unterwelt, unter Wasser ziehen.“
„Hoh!“ Stehender-Bär schüttelte abwehrend den Kopf. „Wir sehen doch, wie groß so ein Fisch ist. Wenn es ein großer ist, der vorbeischwimmt, stechen wir mit unseren Speeren nicht zu. Das ist doch klar.“
Adlerkralle machte eine leichte Bewegung mit der Hand und stimmte zu. „Also gut. Gehen wir Fische fangen. Die können unsere Mütter dann gleich zubereiten. Wir haben frischen Ahornsaft, mit dem wir das Fleisch süßen können.“
Die Jungen kicherten erfreut. Ja, erst vor kurzem waren sie aus dem Sommerlager zurückgekehrt, wo sie einige Tage verbracht hatten, um den Ahornsaft der Bäume zu ernten. Die Eltern hatten ihn in Gefäßen aus Birkenrinde gesammelt, indem sie die Rinde der Ahornbäume angeritzt und den auslaufenden Saft mit einem Röhrchen in den Topf geleitet hatten. Der Saft wurde mit heißen Steinen, die man in das Gefäß warf, erhitzt und damit verdickt. In den nächsten Tagen würde der Stamm wieder ins Sommerlager ziehen, um dort die ersten Beeren zu sammeln und zur Jagd zu gehen. Sie waren nur ins Dorf zurückgekehrt, um nach den Gärten zu sehen, die zwischen den Bäumen angelegt waren. Auf ihnen wuchsen Mais, Kürbis und Bohnen. Man nannte dieses Gemüse auch die „drei Schwestern“, denn sie unterstützten sich im Wachsen: Die Bohnen rankten sich am hohen Mais hoch, während die Blätter des Kürbis Schatten spendeten und den Boden feucht hielten. Jede Familie hatte ihren eigenen Garten, den sie bewirtschaftete. Im Herbst wurde die Ernte dann in Vorratsgruben verstaut, die in der Nähe der Gärten angelegt wurden.
Ihr Volk waren die Menominee, die hier schon seit zwölftausend Jahren im Einklang mit der Natur siedelten. Mäc-awätok, der Schöpfer allen Lebens, wachte über sie, seit der große weiße Bär aus seiner Höhle emporgestiegen war und sich in einen Menschen verwandelt hatte. Er war ihr Ahnherr gewesen. Von ihm stammten sie ab. Und um nicht allein zu sein, hatte der Ahnherr auch den Adler, den Wolf, den Elch und den Kranich gebeten, sich ebenfalls in Menschen zu verwandeln und seine Geschwister zu sein. Diese waren die ersten Menominee gewesen und aus ihnen waren die Clans entstanden, zu denen jede Familie gehörte. Wobei der Bär stets den Häuptling stellte und der Kriegshäuptling aus dem Adler-Clan gewählt wurde. Das war wichtig, denn die Menominee glauben, dass die Kraft ihrer Clan-Tiere auf die Menschen übertragen wird. Der Mut und die Angriffslust des Adlers war in Kriegszeiten eine gute Sache, während die Bedächtigkeit des Bären langfristig für das Überleben des Volkes wichtiger war.
Keniu-neskas bedeutete zwar „Adlerkralle“, aber tatsächlich gehörte der Junge dem Bärenclan an. Sein Vater hieß Wiciwen-Apis-Wakoh, der mit dem Fuchs geht, und er war der Häuptling des Stammes. Adlerkralle hatte noch eine kleine Schwester namens Kämenaw-Nuki, Regen-Mädchen, und einen großen Bruder namens Schneller-Fuchs. Der große Bruder war meist mit dem Vater auf der Jagd und Adlerkralle hoffte, dass er bald alt genug sein würde, um endlich die Männer zur Jagd zu begleiten. Diesen Sommer sollte er zum ersten Mal allein im Wald träumen, denn erst wenn er ein Schutztier hatte, würde der Vater es erlauben, dass er größeres Wild jagte. „Ohne Schutz ist es zu gefährlich!“, hatte er gemahnt, als Adlerkralle ihn begleiten wollte. „Geh träumen!“
Adlerkralle hatte ein bisschen Angst davor, allein im Wald zu bleiben. Was, wenn die Nachtmonster kamen, um ihn aufzufressen? Oder feindliche Krieger? Oder ein wildes Tier? Da war es besser, mit seinen Freunden zu spielen und Jagd auf kleinere Tiere zu machen!
Adlerkralle rannte zu seinem Wigwam und holte den Speer hervor, der ordentlich neben den Waffen seines Vaters an der Wand lehnte. Seine Mutter hockte an der Kochstelle neben dem Wigwam und arbeitete an einem Korb aus Binsen. Sie hatte einige Binsen gefärbt, sodass sich ein einfaches Muster ergab. Es sah schön aus. Sie sah auf, als Adlerkralle an ihr vorbeiflitzte. „Wo gehst du hin?“, erkundigte sie sich.
„Fischen!“, antwortete Adlerkralle höflich. „Mit meinen Freunden!“
Die Mutter lächelte freundlich. „Das ist schön! Könntest du später Holz mitbringen? Mein Kochfeuer ist fast aus.“
Adlerkralle nickte flüchtig. „Ich bringe welches mit!“, versprach er mit einem Nicken. Hurtig rannte er weiter, während er kurz überlegte, wo er am schnellsten trockenes Holz finden könnte. Ohne Holz gab es auch keinen leckeren Fisch. Vielleicht konnte er die Schwester fragen, ob sie ihm beim Tragen half. Sie war jünger als er, aber kein Kleinkind mehr. Also konnte sie auch Holz tragen. Er wunderte sich ohnehin, wo sie war, denn sonst saß sie meist bei der Mutter und half ihr beim Kochen. Vielleicht war sie bei ihren Freundinnen und spielte mit ihren Puppen?
Adlerkralle traf die anderen am Fluss und die Jungen gingen ein Stück stromabwärts zu der Stelle, wo er sich verbreiterte. Hier hatte der Stamm im Frühjahr die großen Fische gejagt, als diese nach der Schneeschmelze hierher zurückgewandert waren, um zu laichen. Das war ein wahrer Festschmaus gewesen! Nun verirrten sich nur noch vereinzelt die großen Störe hierher. Aber Forellen und Hechte gab es viele. Man musste nur geduldig sein und man erwischte sie. Vorsichtig schauten die Kinder sich um, denn oft genug kamen die älteren Jungen vorbei, um sie zu necken und zu foppen. Ihre Spiele waren grob und die Kinder hatten keine Lust auf eine Abreibung. Besonders ein Junge namens Wilder-Puma spielte gerne wilde Spiele, von denen die Jungen dann mit Beulen und Schrammen nach Hause kamen. Einerseits machte es Spaß, andererseits waren sie den älteren Kindern unterlegen, die so schnell wie Fichten in die Höhe geschossen waren, dass sie mit ihrer Kraft noch nicht umgehen konnten. Die Jungen sehnten den Tag herbei, an dem sie nicht mehr die „Kleinen“ waren, sondern ebenbürtige Gegner. Aber der würde wohl nie kommen. Also wichen sie dem Kampf einfach aus und spielten ihre eigenen Spiele.
Die Jungen stellten sich auf einige Felsen, die im Wasser herausragten, und warteten auf die Beute. Wenn die Fische stromabwärts schwammen, bemerkten sie die Jungen nicht, weil sich das Wasser vor den Felsen kräuselte. Die Fische gründelten hinter den Felsen und konnten so leicht aufgespießt werden. Auf diese Weise hatten die Jungen nach einer Weile an die zehn Forellen aus dem Wasser geholt. Das würde leicht für ein gutes Essen reichen! Sie spießten die Forellen auf einen langen Stock auf, um ihn zu zweit ins Dorf zu tragen. Die Fische waren wirklich schwer! Der dritte Junge sollte die Waffen tragen und den Rückweg sichern. Es konnte immer wieder passieren, dass ein wildes Tier auftauchte und sie sich verteidigen mussten. Die Wälder steckten voller Bären und Pumas. So ein Fisch würde auch einem Bären schmecken! Adlerkralle und Weißer-Wolf arbeiteten vor sich hin, als sie von einem Hilferuf aufgeschreckt wurden. Es war Stehender-Bär, der im Wasser stand und an seinem Speer zerrte, der tief im Rücken eines riesigen Störs steckte. „Helft mir!“, schrie der Junge verzweifelt. Der Stör, der größer als ein ausgewachsener Mann war, wand sich wie ein riesiger Wurm und brachte dabei den Jungen aus dem Gleichgewicht.
„Lass los!“, brüllte Adlerkralle voller Angst. „Lass doch los!“
„Mein Speer!“, schrie Stehender-Bär. „Wenn ich loslasse, ist mein Speer weg. Helft mir doch!“
Adlerkralle schüttelte entsetzt den Kopf. Sein Freund musste verrückt sein, gegen dieses Untier zu kämpfen. Es war viel zu gefährlich. „Lass los!“, wiederholte er seinen Befehl. „Du bringst uns alle in Gefahr.“
Stehender-Bär sah kurz hoch, dann trat der Übermut in seine Augen. Er würde diesen Fang nicht aufgeben! „Holt lieber eure Speere. Wenn wir ihn töten, können wir ihn ganz leicht aus dem Wasser ziehen!“
Weißer-Wolf folgte bereits dieser Anweisung und watete mit seinem Speer auf den riesigen Stör zu, der mit seinen Bewegungen den Grund des Flusses aufwirbelte. Der Junge geriet dabei in immer tieferes Gewässer. Die Strömung war hier stark und drohte ihn mitzureißen. „Es wird zu tief!“, warnte er seinen Freund.
Stehender-Bär zerrte verzweifelt an dem Speer und versuchte, den viel zu schweren Fang wieder ins seichtere Wasser zu ziehen. „Komm her!“, brüllte er lauthals. „Er entwischt mir!“
Adlerkralle stand immer noch am Ufer und sah schreckensbleich auf die Szene, die sich vor seinen Augen abspielte.
Weißer-Wolf hatte seinen Freund endlich erreicht und griff nun ebenfalls nach dem Speer. Gemeinsam versuchten die beiden, den Fisch an Land zu ziehen, doch der zappelte noch heftiger und schlug mit seinem Schwanz nach den Angreifern. Die beiden Jungen wurden von den Beinen gerissen und sofort ins tiefe Wasser gezogen.
Der Stör tauchte unter ihnen weg und verschwand im aufgewühlten Schlamm, während die Jungen in die reißende Strömung gerieten. Hilflos trieben sie stromabwärts und konnten sich nur mit Mühe über Wasser halten. Adlerkralle konnte nur noch ihre Köpfe erkennen, die hier und da aus den Wogen auftauchten. Geistesgegenwärtig ließ er alles fallen, was er in der Hand hielt und rannte am Ufer entlang. Weiter vorn waren einige Felsen, von denen er ihnen eine Hand reichen konnte. In Höchstgeschwindigkeit rannte er am Ufer entlang, während er beobachten konnte, wie die beiden verzweifelt versuchten, das Ufer zu erreichen. Sie waren gute Schwimmer, doch es gelang ihnen nicht, sich aus der schnellen Strömung zu retten.
Adlerkralle erreichte die Felsen und kletterte bis ans Wasser heran, um seinen Freunden zu helfen. Er brüllte in voller Lautstärke, um auf sich aufmerksam zu machen, doch über den Lärm des Wassers war er kaum zu hören. „Ich bin hier!“
Schon kam der Erste vorbei und Adlerkralle streckte ihm die Hand entgegen. „Nimm meine Hand!“
Es war Stehender-Bär, der im letzten Moment die rettende Hand sah und danach griff. Adlerkralle zog ihn näher an die Felsen und ließ sich nach hinten fallen, um seinen Freund aus dem Wasser ziehen. Sein Freund wurde schwer, weil Weißer-Wolf ebenfalls die rettende Hand entdeckt und sich verzweifelt am Bein von Stehender-Bär festgeklammert hatte. Die Strömung drohte nun alle drei Jungen mitzureißen. Adlerkralle hielt Stehender-Bär mit aller Kraft fest, während er merkte, dass auch er langsam ins Wasser gezogen wurde. „Ich rutsche ab!“, schrie er verzweifelt. Doch dann wurde das Gewicht an seiner Hand leichter, denn Weißer-Wolf hatte sich zur Seite treiben lassen und war von dort auf die Felsen geklettert.