Alles Glück verloren? - Toni Waidacher - E-Book

Alles Glück verloren? E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. Thomas Brenner hielt vor der Pension und stieg aus. Neugierig betrachtete er das Haus, das einen hübschen Vorgarten hatte, zur Tür führten drei Stufen hinauf. Der Sechsundzwanzigjährige nahm die Reisetasche aus dem Kofferraum und schloß das Auto ab. Nur wenige Augenblicke, nachdem er geklingelt hatte, wurde ihm geöffnet. Eine ältere Frau lächelte ihn an. »Sie müssen der Herr Brenner sein.« »Richtig«, nickte er. »Thomas Brenner aus Frankfurt.« »Kommen S' herein. Hatten S' eine gute Fahrt?« »Ja, vielen Dank.« Ria Stubler, Inhaberin und gute Seele der gleichnamigen Pension, nahm einen Zimmerschlüssel vom Brett. »Es ist alles hergerichtet.« Sie ging voran, die Treppe hinauf, schloß eine Tür auf und ließ den Gast eintreten. »Ich hoff', daß Sie sich wohlfühlen werden«, sagte sie. »Frühstücken können S' ab sieben Uhr. Wenn Sie eine Bergwanderung planen, sagen S' am Abend vorher Bescheid, damit ich Ihnen was herrichten kann. Und jetzt wünsch' ich Ihnen einen schönen Aufenthalt.« Thomas bedankte sich und schloß die Tür hinter ihr. Dann schaute er sich im Zimmer um. Es war behaglich eingerichtet, verfügte über ein eigenes Bad, und neben Fernseher und Telefon gab es sogar Internetanschluß. Eine große Glastür führte auf einen umlaufenden Balkon. Der junge Mann öffnete sie und trat hinaus. An der Brüstung lehnend schaute er zu den Bergen hinüber, deren schneebedeckten Spitzen in den blauen Himmel ragten. Die Luft war frisch und roch angenehm nach Blumen und wilden Kräutern. Thomas kehrte nach einer Weile ins Zimmer zurück und packte die Reisetasche aus. Nachdem die Sachen im Kleiderschrank verstaut waren, betrat er das Bad, stellte die Tasche mit dem

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Der Bergpfarrer – 158–

Alles Glück verloren?

Thomas, ich glaube fest an dich!

Toni Waidacher

Thomas Brenner hielt vor der Pension und stieg aus. Neugierig betrachtete er das Haus, das einen hübschen Vorgarten hatte, zur Tür führten drei Stufen hinauf. Der Sechsundzwanzigjährige nahm die Reisetasche aus dem Kofferraum und schloß das Auto ab. Nur wenige Augenblicke, nachdem er geklingelt hatte, wurde ihm geöffnet. Eine ältere Frau lächelte ihn an.

»Sie müssen der Herr Brenner sein.«

»Richtig«, nickte er. »Thomas Brenner aus Frankfurt.«

»Kommen S’ herein. Hatten S’ eine gute Fahrt?«

»Ja, vielen Dank.«

Ria Stubler, Inhaberin und gute Seele der gleichnamigen Pension, nahm einen Zimmerschlüssel vom Brett.

»Es ist alles hergerichtet.«

Sie ging voran, die Treppe hinauf, schloß eine Tür auf und ließ den Gast eintreten.

»Ich hoff’, daß Sie sich wohlfühlen werden«, sagte sie. »Frühstücken können S’ ab sieben Uhr. Wenn Sie eine Bergwanderung planen, sagen S’ am Abend vorher Bescheid, damit ich Ihnen was herrichten kann. Und jetzt wünsch’ ich Ihnen einen schönen Aufenthalt.«

Thomas bedankte sich und schloß die Tür hinter ihr. Dann schaute er sich im Zimmer um. Es war behaglich eingerichtet, verfügte über ein eigenes Bad, und neben Fernseher und Telefon gab es sogar Internetanschluß. Eine große Glastür führte auf einen umlaufenden Balkon. Der junge Mann öffnete sie und trat hinaus. An der Brüstung lehnend schaute er zu den Bergen hinüber, deren schneebedeckten Spitzen in den blauen Himmel ragten. Die Luft war frisch und roch angenehm nach Blumen und wilden Kräutern.

Thomas kehrte nach einer Weile ins Zimmer zurück und packte die Reisetasche aus. Nachdem die Sachen im Kleiderschrank verstaut waren, betrat er das Bad, stellte die Tasche mit dem Rasierzeug, Duschlotion und Zahncreme ab und betrachtete sein Bild im Spiegel.

Er hatte dunkles kurzes Haar. Die Augen waren braun, das Gesicht markant und hatte eine leichte Bräunung. Alles in allem war Thomas Brenner ein sportlicher Typ, der viel auf seine körperliche Ertüchtigung hielt. Regelmäßiger Sport war ein Ausgleich zu seinem Beruf als Pilot. Allerdings gehörte er nicht zu der Sorte Männer, die dreimal in der Woche in ein Fitneßstudio liefen, oder sich gar ein eigenes im Keller ihres Hauses eingerichtet hatten. Dafür joggte er bei jeder sich bietenden Gelegenheit, spielte mindestens jede Woche einmal Tennis mit einem Freund, und wenn er Zeit dazu hatte, ging er schwimmen.

Es war nicht zu leugnen, daß Thomas Brenner ein Mann war, dem die Frauen nachschauten. Und sein Beruf schien ihn für sie noch attraktiver zu machen. Allerdings gab es zur Zeit keine Frau in seinem Leben, mit der er einen Höhenflug hätte unternehmen wollen. Die, die er liebte, hatte ihn verlassen, und andere, die ihn begehrten, wollte er nicht.

Thomas ließ eine Handvoll kaltes Wasser über sein Gesicht laufen und trocknete sich ab. Er fuhr sich kurz mit dem Kamm durch das Haar und ging ins Zimmer zurück. Einen kurzen Blick auf die Prospekte werfend, die auf dem Tisch lagen, beschloß er, einen Spaziergang zu machen und sich in dem Dorf umzuschauen, in dem er die nächsten vierzehn Tage Urlaub machen wollte.

Wollte?

Es war wohl eher eine Zwangsverordnung.

»Spannen Sie mal zwei Wochen aus«, hatte der Betriebsarzt der Fluggesellschaft gesagt, für die Thomas arbeitete. »Sie sollen mal sehen, dann kommt alles wieder ins Lot. Und denken Sie nicht soviel an das, was nicht geschehen ist, nur weil es hätte geschehen können. Was Ihnen widerfahren ist, das kann jedem passieren.«

Thomas hatte seinen Urlaubsschein genommen und die Praxis verlassen. Vom Dienst zurückgestellt, stand darauf. Ihm war klar, daß es sich dabei um eine Maßnahme handelte, die verhindern sollte, daß er in dem Zustand, in dem er sich befand, weiterflog. Ihm war bewußt, daß er eine Gefahr darstellte, für sich, das Flugzeug und die ihm anvertrauten Passagiere. Dennoch hatte er einen bitteren Geschmack auf der Zunge, als er seine Sachen zusammenpackte und nach Hause fuhr.

Und jetzt waren schon drei Wochen vergangen, seit es um Haaresbreite zu dem Absturz gekommen wäre, den er verursacht hätte. Doch noch immer war es ihm, als wäre es erst gestern gewesen. Er sah das bleiche Gesicht seines Chefpiloten, der ihn aus aufgerissenen Augen ansah, hörte die Sirenen der Rettungswagen unten auf der Landebahn, glaubte die Schreie der Passagiere zu hören, die in Panik ausgebrochen waren, als das Flugzeug abzustürzen drohte.

Freilich, es war noch einmal gutgegangen. Niemand war verletzt worden, alle hatten das Drama heil überstanden. Und wenn man ihn im Nachhinein von einem direkten Verschulden auch freigesprochen hatte – Thomas Brenner fühlte sich schuldig und er zog daraus seine Konsequenzen. Nie wieder würde er am Steuerknüppel eines Flugzeuges sitzen, nie wieder sein Leben oder das anderer Menschen in Gefahr bringen!

Nach Sybille hatte er nun auch noch die zweite große Leidenschaft in seinem Leben verloren – die Fliegerei.

*

An diesem Montag kam noch ein weiterer Gast in der Pension Stubler an. Michaela Stadler, eine dreiundzwanzigjährige Jurastudentin, sie bezog das Zimmer Nummer zwölf. Auch sie wurde von der Wirtin hinaufgeführt und war ebenso begeistert wie alle anderen Gäste bisher.

Nachdem sie ihren Koffer ausgepackt hatte, bürstete die Studentin ihr langes, blondes Haar durch, das bis auf die Schultern fiel. Sie trug ein weißes Top, dazu helle Jeans und ein Paar leichte Sandalen. Ihr hübsches Gesicht strahlte Anmut aus, die besonders von den zwei leuchtenden blauen Augen unterstrichen wurde.

»Madonna, deine Augen sind wie zwei Diamanten«, hatte einmal ein heißblütiger Italiener geschwärmt, erinnerte sie sich heute noch schmunzelnd an einen Urlaub auf Capri.

Michaela nahm ihr Handy aus der Handtasche, bevor sie das Zimmer verließ. Zu Hause würde sie später anrufen, und ansonsten wollte sie im Urlaub ihre Ruhe haben und nicht von Anrufen ihrer Freundinnen belästigt werden.

»Ich schreibe euch eine Karte«, hatte sie gesagt. »Und alles andere erfahrt ihr, wenn ich wieder daheim bin.«

Der erste Eindruck ist immer der entscheidende, und von St. Johann hatte die angehende Juristin gleich einen sehr guten. In dem Ort schien die Zeit stehengeblieben zu sein. Abgesehen von einem kleinen Einkaufszentrum gab es kaum Neubauten, dafür strahlten die Häuschen mit ihren herrlichen Lüftlmalereien in der Sonne.

Michaela nahm sich viel Zeit für ihren ersten Spaziergang und kehrte erst nach einer Stunde zu dem Hotel zurück, wo sie den Hinweis auf den Bier- und Kaffeegarten gelesen hatte. Sie betrat den Garten von der Straßenseite her und staunte über die große Anzahl der Gäste, die unter hohen, schattigen Bäumen Platz genommen hatten und sich Kaffee, Kuchen oder Eis schmecken ließen. Sie wollte gerade schon wieder gehen, weil sie dachte, doch keinen freien Platz mehr zu finden, als sie in der hintersten Ecke einen Tisch entdeckte, an dem nur ein Mann saß. Vor ihm stand eine Kaffeetasse auf dem Tisch, er selber war in eine Zeitschrift vertieft.

Fragen kann man ja, dachte sie und zwängte sich durch die anderen Tische.

»Entschuldigen Sie, darf ich mich dazusetzen?« fragte sie, als sie angekommen war.

Der Mann schaute nur kurz von seiner Lektüre auf und nickte. Seiner Miene glaubte Michaela indes anzusehen, daß es ihm lieber gewesen wäre, wenn sie nicht gefragt hätte. Trotzdem setzte sie sich und bestellte einen Cappuccino bei der jungen Frau, die an den Tisch kam und nach ihren Wünschen fragte.

Verstohlen musterte sie den Mann, der nicht einmal dann hochschaute, wenn er die Seiten umblätterte.

Was ist das denn für ein sturer Kerl, dachte sie und schüttelte den Kopf. Was Höflichkeit ist, davon scheint er keine Ahnung zu haben. Oder ist er so eingebildet, weil er so gut ausschaut?

Daß er attraktiv war, mußte sie zugeben, wenngleich ihn das in ihren Augen nicht unbedingt sympathischer machte.

Michaela schaute sich um. Als sie beschlossen hatte, ihren Urlaub diesmal in einem Bergdorf zu verbringen – dieser Entschluß war eigentlich mehr von ihrer Reisekasse gefaßt worden –, da hatte sie die Hoffnung gehegt, hier ein paar nette, junge Leute kennenzulernen. Allerdings sah es nicht danach aus, wenn sie die Leute betrachtete, die hier im Kaffeegarten saßen. Ältere Ehepaare oder Familien mit Kindern waren es, Burschen und Madeln in ihrem Alter befanden sich nicht darunter.

Wieder fiel ihr Blick auf den Tischnachbarn. Der hatte seine Illustrierte durchgelesen und rollte sie zusammen. Dann schaute er auf den Rechnungsbon, nahm ein paar Geldstücke aus der Hosentasche und legte sie auf den Tisch. Mit einem Kopfnicken stand er auf und ging mit federnden Schritten davon.

Michaela sah ihm hinterher und hatte dabei ein ganz eigenartiges Gefühl. Seine beinahe arrogante Art stieß sie ab, aber der Mann selbst, sein Aussehen, zog sie magisch an, und sie bedauerte es fast, ihn nicht näher kennengelernt zu haben.

Sie bestellte einen weiteren Cappuccino und überlegte, was sie in den vierzehn Tagen, die sie hier sein würde, unternehmen konnte. Eine Bergtour wäre schön. Sie stammte aus Norddeutschland, aus der Nähe von Hannover, wo die höchste Erhebung der Wilseder Berg in der Lüneburger Heide war. Zwar waren ihre Großeltern waschechte Bayern gewesen, die es in den hohen Norden verschlagen hatte, doch wirklich hohe Berge kannte Michaela nur aus dem Fernsehen. Es mußte aber schon toll sein, in aller Herrgottsfrühe loszuwandern, den Sonnenaufgang in luftiger Höhe zu erleben, und dann an einem schönen Platz zu frühstücken.

Michaela wollte diese Idee weiter verfolgen und sich erkundigen, ob es möglich war, an einer geführten Bergtour teilzunehmen. Wanderkleidung und festes Schuhwerk hatte sie vorsorglich von zu Hause mitgebracht.

Sie trank genüßlich ihren zweiten Cappuccino aus, zahlte und machte sich auf den Weg zur Pension. Gut achthundert Kilometer hatte sie mit dem Auto heute zurückgelegt und fühlte sich deshalb ziemlich matt. Sie wollte den Abend mit Lesen verbringen, und vielleicht die Prospekte durchsehen. Dort würde es sicher noch andere Tips zur Urlaubsgestaltung geben.

Sie stieg die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf. Es lag gleich um die Ecke. Nebenan hörte sie jemanden auf und ab gehen, Stimmengemurmel, dann war es ruhig. Michaela nahm das Buch, das sie schon vor ein paar Tagen zu lesen angefangen hatte und öffnete die Balkontür. Zu jedem Zimmer gehörte ein kleiner Tisch und ein Liegestuhl, sowie ein Sonnenschirm, der bei Bedarf aufgeklappt werden konnte. Indes stand die Sonne schon sehr weit im Westen, daß man jetzt gut auf den Schirm verzichten konnte. Michaela machte es sich auf der Liege bequem und schlug das Buch auf. Es war ein spannender Thriller, und schon nach wenigen Minuten war die Studentin von ihrer Lektüre so gefesselt, daß sie nicht bemerkte, wie der Mann im Nachbarzimmer seine Hand von der Balkontür zurückzog und die Gardine wieder vorschob.

Thomas Brenner hatte ebenfalls die Idee gehabt, auf den Balkon hinauszugehen, doch als er die junge Frau im Liegestuhl bemerkte, unterließ er es lieber.

Gesellschaft, und erst recht weibliche, war das letzte, was er jetzt wollte.

*

Pater Antonius begrüßte Sebastian Trenker ausgesprochen freundlich.

»Seine Excellenz erwartet Sie schon«, sagte der Sekretär des Bischofs und geleitete den guten Hirten von St. Johann zum Arbeitszimmer.

Sebastian lächelte. So gut wie jetzt war das Verhältnis zwischen ihm und Pater Antonius nicht immer gewesen. Dabei war nie wirklich herausgekommen, warum der hagere Sekretär den Bergpfarrer eher kühl und distanziert behandelt hatte. Der Geistliche vermutete, daß es vielleicht daran liegen könnte, daß er und sein Bischof sich duzten, sogar eine Freundschaft den Pfarrer und den Vorgesetzten verband. Jedenfalls erinnerte er sich gerne an das Wochenende, an dem Pater Antonius endlich aufgetaut war. Bischof Meerbauer hatte seinerzeit Sebastian gebeten, ein kleines Fest anläßlich des zwanzigjährigen Dienstjubiläums seines Sekretärs auszurichten. Dem überraschten Pater war es eine sichtliche Freude, als er mit Sebastian eine Bergtour unternahm, und das anschließende Abendessen im Pfarrhaus von St. Johann blieb ihm eine unvergeßliche Erinnerung. Und seit eben diesem Fest war das Eis zwischen ihnen gebrochen.

Pater Antonius öffnete die Tür zum Arbeitszimmer des Bischofs und ließ den Geistlichen eintreten. Ottfried Meerbauer saß hinter seinem Schreibtisch und erhob sich sofort, als der Besucher eintrat.

»Grüß dich, Sebastian«, sagte er und reichte ihm die Hand. »Schön, daß du gekommen bist. Nimm doch Platz.«

Sie setzen sich an einen runden Tisch am Fenster, auf dem Kaffee und Geschirr bereitstanden. Der Bischof schenkte selber ein und reichte Sebastian einen kleinen Teller auf dem Plätzchen lagen.

»Dank’ schön«, nickte der Bergpfarrer und bediente sich.

»Warum ich dich hergebeten habe«, begann Ottfried das Gespräch, nachdem er Milch und Zucker in seinen Kaffee gerührt hatte, »ist, wie soll ich sagen... also es geht darum, daß die Diözese vor einigen Tagen einen Brief erhalten hat – aus Rom...«

Die letzten beiden Worten klangen sehr bedeutungsvoll.

»Hat der Heilige Vater dir persönlich geschrieben?« fragte Sebastian Trenker augenzwinkernd.

»Schön wär’s«, entgegnete der Bischof. »Seit er als Kardinal im Vatikan tätig war, hab’ ich nichts mehr von ihm gehört. Wie denn auch, bei all der Arbeit, die er hatte. Na, und nach seiner Wahl zum Pontifex ist sie ja nicht weniger geworden. Nein, der Brief stammt von einem alten Freund von mir, dem Kardinal Behringer. Wir kennen uns seit dem Priesterseminar und standen lange Zeit im Briefwechsel, bis Wolfgang, das ist sein Vorname, zum Kardinal berufen wurde und er ein Amt innerhalb der Mutter Kirche einnahm, das ihm beinahe genauso wenig Zeit für persönliche Dinge läßt, wie der Heilige Vater sie hat. Also, um es kurz zu machen, Wolfgang möchte mich für eine Woche besuchen, und ich habe mir überlegt, ob wir, das heißt natürlich du, nicht eine Bergtour mit ihm unternehmen könntest. Natürlich nur, wenn es deine Zeit erlaubt.«

»Wann wird er denn anreisen?«

»Heute in einer Woche.«

»Also nächsten Montag.«

Sebastian nickte.

»Wir könnten dann am Freitag aufsteigen«, meinte er. »Das wär’ überhaupt kein Problem.«

»Sehr schön«, nickte Bischof Meerbauer. »Sehr schön. Aber da wäre noch etwas...«

»Nur heraus mit der Sprache.«

»Na ja, es ist mir fast ein bissel peinlich«, druckste Ottfried Meerbauer herum. »Es ist so... die Schwestern hier, also sie kochen ganz hervorragend, einfache Kost zwar nur, aber doch sehr schmackhaft. Allerdings habe ich mir gedacht, daß ich meinem alten Freund doch etwas ganz Besonderes schenken möchte und..., nun ja...«

Der gute Hirte von St. Johann schmunzelte.

»Und dabei hast du an die gute Frau Tappert gedacht, stimmt’s?«

Sein Bischof nickte.

»Wäre es sehr vermessen, wenn ich dich bitten würd’, noch einmal so einen schönen Abend auszurichten, wie damals...«

Er deutete zur Tür, hinter der er seinen Sekretär wußte.

»...für Pater Antonius?«

»Nein, Ottfried, das wär’ keineswegs vermessen«, beruhigte Sebastian ihn. »Im Gegenteil, ich freu’ mich, daß du gefragt hast. Und Frau Tappert ist sowieso immer glücklich, wenn viele Leute am Tisch sitzen und sie alle bekochen kann. Der Samstag drauf wär’ dafür geeignet.«

»Da fällt mir wirklich ein Stein vom Herzen«, atmete Ottfried Meerbauer erleichtert auf. »Selbstverständlich komme ich für die Kosten auf, und ebenso selbstverständlich sind Claudia und Max dazu eingeladen.«