Neue Hoffnung für Anni - Toni Waidacher - E-Book

Neue Hoffnung für Anni E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. »Guten Morgen, Frau Tappert!« Sophie Tappert, die Pfarrhaushälterin von St. Johann, riss es regelrecht herum. Sie stand vor dem Regal mit dem Käseangebot im Supermarkt Herrnbacher und studierte die Preise. ›Gütiger Gott, die Erbling-Maria‹, durchfuhr es sie voller Unbehagen. Die hatte ihr jetzt gerade noch gefehlt. »Ah, Frau Erbling«, sagte sie und gab sich Mühe, verbindlich rüberzukommen. »Ebenfalls einen guten Morgen. Was sind denn Sie schon so früh auf den Beinen?« »Sobald ich wach werd', hält's mich nimmer im Bett, Frau Tappert. Mir tut dann alles weh und ich muss aufstehen; das Kreuz, die Beine – alles schmerzt und ist unleidig. Außerdem hat man ja nix vom Tag, wenn man ihn verschläft. Das Leben ist eh so kurz.« »Das ist auch wieder wahr«, pflichtete ihr Sophie bei. »Ich hoff', es geht Ihnen, abgesehen von den Zipperlein, die S' eben angesprochen haben, gut.« »Sie wissen ja selber, wie das ist, wenn man ins Alter kommt, Frau Tappert. Mal sticht's hier, mal drückt's dort. Wenn man da wehleidig wär' …«

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Der Bergpfarrer – 492 –

Neue Hoffnung für Anni

… und bekommt Andreas endlich seine gerechte Strafe?

Toni Waidacher

»Guten Morgen, Frau Tappert!«

Sophie Tappert, die Pfarrhaushälterin von St. Johann, riss es regelrecht herum. Sie stand vor dem Regal mit dem Käseangebot im Supermarkt Herrnbacher und studierte die Preise.

›Gütiger Gott, die Erbling-Maria‹, durchfuhr es sie voller Unbehagen. Die hatte ihr jetzt gerade noch gefehlt. »Ah, Frau Erbling«, sagte sie und gab sich Mühe, verbindlich rüberzukommen. »Ebenfalls einen guten Morgen. Was sind denn Sie schon so früh auf den Beinen?«

»Sobald ich wach werd’, hält’s mich nimmer im Bett, Frau Tappert. Mir tut dann alles weh und ich muss aufstehen; das Kreuz, die Beine – alles schmerzt und ist unleidig. Außerdem hat man ja nix vom Tag, wenn man ihn verschläft. Das Leben ist eh so kurz.«

»Das ist auch wieder wahr«, pflichtete ihr Sophie bei. »Ich hoff’, es geht Ihnen, abgesehen von den Zipperlein, die S’ eben angesprochen haben, gut.«

»Sie wissen ja selber, wie das ist, wenn man ins Alter kommt, Frau Tappert. Mal sticht’s hier, mal drückt’s dort. Wenn man da wehleidig wär’ …« Der Erbling-Maria winkte ab. »Da muss man durch. Ihnen scheint’s soweit auch gut zu gehen, Frau Tappert, und dem Herrn Hochwürden hoffentlich …« Sie brach ab, ihr Blick ging an Sophie vorbei, dann stieß sie hervor: »Ja, wen sieht man denn da mal wieder? Die Eisenreich-Helga.«

Sophie schaute über die Schulter und sah Helga Eisenreich mit ihrem Einkaufswagen in den Gang mit den Regalen für Milch und Milcherzeugnisse einbiegen. Einen Moment lang sah es so aus, als wollte Helga gleich wieder umkehren, schien es sich dann aber anders zu überlegen und kam heran. »Guten Morgen. Wie gehts, wie stehts?« Sie bemühte sich, freundlich zu sein und nickte Sophie Tappert zu. Nur wegen der Pfarrhaushälterin war sie nicht sofort umgekehrt, als sie von der Klatschtante Nummer eins der Gemeinde angesprochen worden war. Es gab Menschen, die der Maria Erbling gerne zuhörten. Das waren jene, die darauf aus waren, den neuesten Klatsch und Tratsch zu erfahren. Zu denen gehörte Helga Eisenreich allerdings nicht. Seit ihre Tochter Anni Knall auf Fall St. Johann verlassen hatte, weil sie von einem treulosen Egoisten bitterlich enttäuscht worden war, wurde Helga so häufig mit Fragen über ihre Tochter konfrontiert, dass sie es vorzog, das Haus nur noch zu verlassen, wenn es unbedingt notwendig war, und ihren Bekannten wo es ging aus dem Weg ging.

»Es muss gehen«, erwiderte Maria und schaute Sophie an. »Man erzählt sich, dass unser Pfarrer auf dem Weg zur Kandereralm ein Ehepaar aus Bergnot gerettet hat. Die Kirchbichler-Annegret hats erzählt. Ich sag’s ja schon immer: Unser Pfarrer hat einen direkten Draht zum Himmel. Es kann kein Zufall sein, dass er ausgerechnet an dem Tag zur Kandereralm wandert, an dem die beiden alten Leut’ in Not geraten. – Haben S’ eigentlich von der Anni was gehört, Frau Eisenreich?«

Ohne Luft zu holen hatte Maria das Thema gewechselt. Erwartungsvoll fixierte sie Helgas Gesicht. Deren Miene verschloss sich im ersten Moment, doch hellte sich gleich wieder auf, als sie antwortete:

»Das Madel ruft mich jeden Tag zweimal an; früh und abends. Vorgestern ist sie mit dem Pfleger, der den alten Großvater versorgt, auf einen Berg gewandert. Und Sie werden’s mir net glauben – die beiden haben sich ineinander verliebt. Das Madel ist ganz hin und weg. Die Sach’ mit dem Schubert hats total abgehakt. Die Anni ist mit sich selber ins Reine gekommen. Der Friedrich ist bis über beide Ohren in sie verliebt, und sie schwebt auf Wolke sieben.«

»Na, hoffentlich gehts dieses Mal gut«, verlieh Maria ihren Zweifeln Ausdruck. »Die Anni ist schon zweimal auf die falschen Mannsbilder hereingefallen. Hoffentlich ists net wieder so ein Typ wie die beiden vorangegangenen treulosen Gesellen.«

Sophie, die, während Maria sprach, in Helgas Gesicht geforscht hatte, mischte sich ein: »Warum sollt’ die Anni diesmal kein Glück haben? Ich würd’s ihr gönnen.«

»Ich gönn’s ihr ja auch«, betonte die Maria. »Aber es ist eine alte Weisheit, dass Frauen – natürlich auch Männer – immer wieder auf denselben Menschenschlag zugehen. Der Oppitz war ein Haderlump, der Schubert ein noch größerer, und jetzt kanns der Anni passieren, dass sie wieder an einen solchen Bazi gerät. Wie gesagt: Es ist net auszuschließen, dass sich die Anni wieder einen dieser schiachen Typen angelacht hat.«

»Malen S’ den Teufel net an die Wand, Frau Erbling«, mahnte Sophie. »Drücken S’ der Anni lieber die Daumen, dass sie diesmal mehr Glück hat. – So, ich muss weiter. Wenn der Hochwürden die Morgenmesse gelesen hat, möcht’ er gern frühstücken. Ich muss mich sputen.«

Sie griff nach einem Stück Weichkäse, warf es in den Einkaufswagen und fügte hinzu: »Ich wünsch’ einen schönen Tag. Grüßen S’ die Anni von mir, Frau Eisenreich, wenn sie wieder anruft, und bestellen S’ ihr meine Glückwünsche.«

»Ich werd’s net vergessen, Frau Tappert. Danke im Namen der Anni. Sie ist sich jedenfalls sicher, ihr Glück gefunden zu haben.«

»Auf Wiedersehen, Frau Erbling«, verabschiedete sich Sophie auch von Maria, nahm ihren Wagen mit beiden Händen und schob ihn fort.

Später wartete sie in einer Häusernische in der Nähe des Supermarkts. Als Helga Eisenreich den Laden verließ, machte sich Sophie bemerkbar. Helga wandte sich der Pfarrhaushälterin zu, und als die beiden Frauen zusammentrafen, sagte Helga: »Es war gar net so einfach, von der Erbling-Maria wegzukommen.« Sie verdrehte die Augen. »Was die alles wissen wollt’! Doch dann ist die Mahler-Heidi dazugekommen, die Maria hat sie sofort in ein Gespräch verwickelt, und ich konnt’ mich ganz diskret absetzen.«

»Um der Maria zu entkommen bedarf es einiger Diplomatie«, bestätigte Sophie. »Wissen S’, warum ich auf Sie gewartet hab’, Frau Eisenreich?«, fragte sie dann. »Oder können S’ es sich zumindest denken?«

»Nachdem S’ mich im Laden so ungläubig angeschaut haben, Frau Tappert, glaub’ ich’s zu wissen. Sie denken, ich hab’ der Erbling-Maria gegenüber geflunkert, gell?«

»Also stimmt’s, dass sich die Anni wieder verliebt hat?«, kam Sophies Gegenfrage.

»Ja. Das Madel schwebt im siebten Himmel. Aus jedem Wort, das sie spricht, kann man die Gefühle hören, die sie für diesen Friedrich empfindet. Die Anni will ihn mir bald vorstellen, hat sie gesagt. Mich hat auch die Sarah schon angerufen und mir erzählt, wie eng die beiden miteinander verbandelt sind. Ich bin so glücklich, Frau Tappert. Die Anni hats doch verdient, endlich das Glück für sich gefunden zu haben.«

»Das will ich meinen«, bestätigte Sophie. Dann lächelte sie und fügte hinzu: »Der Schaden, den der Andreas Schubert angerichtet hat, hat sich also in Grenzen gehalten. Erst hat er die Karina Schuirer enttäuscht und unglücklich gemacht, später dann die Anni. Doch beide haben die Enttäuschung, die er ihnen bereitet hat, überwunden und das Glück gefunden. Ich freu’ mich für die Anni – und natürlich auch für Sie, Frau Eisenreich.«

»Mit der Karina hat sich die Anni auch ausgesprochen. Die – hm, Irrungen und Wirrungen in der Affäre Schubert sind bereinigt, die beiden haben wieder ein sehr herzliches Verhältnis zueinander. Nun ja, Frau Tappert, die Anni hat zweimal den gleichen Fehler gemacht. Ein drittes Mal wird sie äußerste Vorsicht walten lassen. Aber wenn alles stimmt, was mir die Sarah über den Friedrich erzählt hat, dann dürft’ das Glück der beiden von Dauer sein.«

»Das wird auch den Hochwürden freuen«, meinte Sophie. »Solche Nachrichten hört er gern. Ich kanns kaum erwarten, es ihm erzählen zu können.«

»Grüßen S’ ihn von mir, Frau Tappert. Seine Ratschläge waren immer gut und wertvoll.«

»Ich werd’s ihm bestellen. Servus, Frau Eisenreich.«

»Pfüat Ihnen, Frau Tappert.«

Die beiden Frauen gingen auseinander.

*

Zurück im Pfarrhaus deckte Sophie den Frühstückstisch für den Pfarrer. Sie drapierte Käse und Wurst auf eine gläserne Platte, kochte ein weiches Ei und stellte kleine Schälchen mit Marmelade und Honig sowie den geflochtenen Brotkorb mit zwei frischen, knusprigen Semmeln und einem Stangerl auf den Tisch im Esszimmer.

Am Morgen essen wie ein Kaiser, mittags wie ein König und abends wie ein Bettelmann. Das war Sophies Motto, und der Pfarrer hatte dagegen nichts einzuwenden. Mit Sophies Philosophie, was die Esskultur anbetraf, war er immer gut gefahren.

Nachdem er den Gläubigen, die die Morgenmesse besucht hatten, den Segen erteilt hatte, verließ der Pfarrer den Altarraum, zog in der Sakristei sein Messgewand aus und überließ es dem Mesner, damit der es ordentlich in den Schrank hängte. »Ich wünsch’ dir einen schönen Tag, Alois.« Mit diesen Worten verabschiedete sich Sebastian vom Mesner, dann ging er hinüber ins Pfarrhaus und freute sich auf das Frühstück.

Der Duft frisch gebrühten Kaffees stieg ihm in die Nase, vermischt mit dem Duft der Semmeln und Stangerln. »Sie verwöhnen mich wieder einmal, Frau Tappert«, lobte er.

»Ich hab’ ja sonst niemand, den ich verwöhnen könnt’«, erwiderte die Haushälterin mit einem warmen Lächeln um den Mund.

Sebastian lachte und ließ sich nieder. Sophie war in der Tat wie eine Mutter zu ihm. Er war ihr dankbar, und sie wusste das. Großer Worte bedurfte es nicht. Seine kleinen, oft wie nebensächlich ausgesprochenen anerkennenden Äußerungen, die versteckten Komplimente, ihre Sauberkeit und Kochkunst betreffend – das waren Streicheleinheiten für Sophies Seele und erfüllten sie mit Stolz.

Sophie schenkte ihm Kaffee ein, während er eine bereits aufgeschnittene Semmel auseinanderklappte, dünn mit Butter bestrich und zwei dünne Scheiben Käse drauf legte.

»Ich hab’ eine Neuigkeit, Hochwürden«, begann Sophie, »die Sie ganz gewiss erfreuen wird.«

»Freude ist immer gut, Frau Tappert. Es gibt davon viel zu wenig im Leben. Was ist es denn, das mich erfreuen könnt’?«

»Ich hab’ die Eisenreich-Helga beim Herrnbacher getroffen«, erzählte Sophie. »Es gibt gute Nachricht von der Anni.«

Sebastian hatte die Semmel wieder zusammengeklappt und wollte schon hineinbeißen. »Von der Anni? Bitte, Frau Tappert, spannen S’ mich net auf die Folter.«

»Die Anni hat die Enttäuschung, die ihr der Schubert bereitet hat, verarbeitet und sich in den Mann vom Pflegedienst, der den Opa von der Sarah Neugebauer versorgt, unsterblich verliebt. Und dieses Mal – davon sind alle überzeugt – ist es kein Griff ins … na, Sie wissen schon, was ich sagen will, Hochwürden.«

»Klo.«

»Ich hab’ mich gescheut, es auszusprechen. Mir kam’s ein bissel derb vor.«

»Muss es net, Frau Tappert. Es ist eine gekürzte Form des Wortes Klosett, das auf das englische ›Water Closet‹ zurückgeht. Water steht für Wasser, Closet bedeutet in diesem Zusammenhang so viel wie ›kleine Kammer‹.«

»Also gar net so derb, wie ich gemeint hab’«, bemerkte die Haushälterin.

»Gar net, Frau Tappert. Was die Anni betrifft, so wars nach der unschönen Sach’ mit dem Schubert mein größter Wunsch, dass sie den Blick wieder konsequent nach vorn richtet und das Glück findet. Vielleicht hat sie’s jetzt wirklich gefunden. Das Madel hat in seinem Leben nur Pech gehabt mit den Männern. Hoffen wir, dass es dieses Mal ein Glücksgriff ist.«

Er sprach es und biss herzhaft in seine Semmel. Genüsslich begann er zu kauen.

*

Am Samstagnachmittag, es ging auf drei Uhr zu, läutete es an der Tür des Pfarrhauses. Der Pfarrer und Sophie Tappert saßen auf der Terrasse und tranken Kaffee. Die Haushälterin hatte einen Himbeerkuchen gebacken, und jeder hatte ein großes Stück davon gegessen.

Sophie, die auf ihrem bequemen Stuhl, der auch zur Liege umfunktioniert werden konnte, eingenickt war, schreckte hoch. »Es hat geläutet, Hochwürden. Bin ich eingeschlafen? Hab’ ich das Läuten etwa geträumt?«

»Es hat wirklich geläutet«, erwiderte Sebastian, der sich gerade erheben wollte, um nachzusehen, wer vor der Tür stand. Er hatte den seligen Schlummer seiner Haushälterin nicht stören wollen.

»Ich geh’ schon«, beeilte sich Sophie zu sagen, und schon stand sie.

»Wie S’ meinen«, sagte der Pfarrer ergeben lächelnd und ließ sich auf seinen Stuhl zurückfallen.

Sophie verschwand durch die Verandatür ins Haus. Sebastian griff nach seiner Kaffeetasse und trank einen Schluck. Er hörte Stimmen – zwei weibliche Stimmen. Eine davon gehörte Sophie. Die andere kam ihm bekannt vor, doch er wusste sie nicht unterzubringen. Sodann erklang kurz die dunkle Stimme eines Mannes, es hörte sich an, als hätte der Sprecher ›Grüß Gott, freut mich‹, gesagt. Sebastian war sich nicht sicher. Aber er war gespannt, um wen es sich bei den Besuchern handelte.

Er bekam ganz große Augen, als Anni Eisenreich durch die Terrassentür trat. Sie strahlte über das ganze Gesicht und kam auf den Pfarrer zu. Ihr folgte ein hochgewachsener Mann, der ein markantes, männliches Gesicht besaß, auf dem ein freundliches Lächeln zu sehen war.

Sebastian war sofort klar, um wen es sich bei dem Burschen handelte.

Sophie Tappert bildete den Schluss. Sie blieb vor der Tür stehen, denn sie ahnte, dass sie der Pfarrer gleich bitten würde, Kaffee oder Tee zu kochen und etwas von ihrem köstlichen Himbeerkuchen zu servieren.

Anni und der Pfarrer schüttelten sich die Hände, dann stellte Anni ihren Begleiter vor. »Das ist der Friederich. Ich denk’, Sie wissen Bescheid, Herr Pfarrer. Wir haben heut’ Vormittag die Mama überrascht, und sie hat drauf gedrängt, dass ich Ihnen den Friedrich vorstell’.«

Der junge Mann war dem Pfarrer auf Anhieb sympathisch. Er reichte ihm die Hand und sagte: »Grüaß Sie Gott, Friedrich … Ich sag’ einfach Friedrich zu Ihnen und hoff’, dass Ihnen das recht ist. – Freut mich, Sie kennenzulernen.« Er grinste verschmitzt: »Wenn alles stimmt, was die Helga über Sie erzählt, dann sind Sie der Mann schlechthin.«

Ehe Friedrich antworten konnte, sagte Anni schon: »Das ist er, Herr Pfarrer. Da können S’ mal wieder sehen, wie nahe Freud’ und Leid beieinanderliegen. Wär’ mir die Sach’ mit dem Schubert-Andreas net passiert, hätt’ ich den Friedrich nie kennengelernt.«

»Das ist wahr«, pflichtete ihr der Pfarrer bei. »Bitte, setzt euch.« Als Anni und Friedrich Platz genommen hatten, fragte er, was er ihnen anbieten könne: Kaffee, Tee oder etwas Erfrischendes – einen von Sophies selbst gepressten Obstsäften vielleicht?

Die beiden entschieden sich für Kaffee und Obstsaft.

»Ich hab’ einen schmackhaften Himbeerkuchen gebacken«, sagte Sophie. »Wenn ihr ein Stückl davon mögt …«

»Da sagen wir net Nein«, erklärte Anni. »Du nimmst doch auch ein Stückl, Schatz?«

»Gern«, antwortete Friedrich.

Sophie begab sich in die Küche.

»Die Geschichte von deinem Glück ist schon bis ins Pfarrhaus vorgedrungen, Anni«, gab Sebastian zu verstehen. »Jetzt kann ich dich persönlich beglückwünschen. Das gilt natürlich auch für Sie, Friedrich. Ich kann Ihnen nur bestätigen, dass die Anni ein Glücksgriff ist.«

»Das war mir vom ersten Tag an, an dem ich ihr begegnet bin, klar, Herr Pfarrer«, erklärte Friedrich, der von Pfarrer Trenker, den er vom Hörensagen kannte, total beeindruckt war. Pfarrer, Bergsteiger, Fremdenführer und Ratgeber in allen Lebenslagen! Das war das Bild, das ihm von Sebastian vermittelt worden war. Was immer auch Anni ihm über den Pfarrer erzählt hatte – sie hatte immer das Menschliche und Soziale, das ihn leitete und prägte, hervorgehoben.

Sophie brachte eine Karaffe mit verdünntem Zwetschgensaft und zwei Gläser. »Da könnt ihr zuerst mal euren Durst löschen«, sagte sie. »Den Kaffee und den Kuchen bring’ ich auch gleich.«

»Mir ist es mit dem Friedrich genauso ergangen, Herr Pfarrer«, verriet Anni. »Aber da war immer noch der Schatten, den der Schubert geworfen hat. Sie wissen schon, was ich mein’. Wir können darüber offen reden, denn der Friedrich weiß Bescheid. Ich war aufgrund der Enttäuschung, die mir zugefügt worden ist, ziemlich argwöhnisch, was eine neue Männerbekanntschaft anbetraf. Aber da war eine Verbundenheit, ein Band zwischen mir und Friedrich, das stärker war als mein Misstrauen. Nachdem wir uns unsere gegenseitige Liebe gestanden haben, glaub’ ich wieder an die Vorsehung. Es hat eines Andreas Schubert bedurft, um den Mann zu finden, dem ich vorbehaltlos mein Herz schenken konnt’.«

Friedrich nahm ihre Hand und bedankte sich mit einem warmen, zärtlichen Blick bei Anni.

Sebastian erkannte, dass die Gefühle der beiden tief und innig waren. Von Oberflächlichkeit war hier nichts zu bemerken. »Dann hast du die Angelegenheit mit dem jungen Schubert wohl abgehakt?«, fragte Sebastian.