Angstgeflüster - Angelika Nickel - E-Book

Angstgeflüster E-Book

Angelika Nickel

0,0

Beschreibung

Die zwölfjährige Susan wird von allem Magischem angezogen. Am liebsten jedoch mag sie Geschichten über Hexen, bis sie einer von ihnen eines Tages selbst begegnet. Von diesem Tag an, ändert sich ihr Leben. Ihres, das ihrer Familie und das ihrer Freundin Emily. Beim Yard-sale von Coconut-bottle trifft sie zum ersten Mal auf eine Puppenhexe, die sie unbedingt haben mag. Doch ihre Mutter verbietet ihr, die Hexe zu sich zu holen. Dennoch entkommt Susan der Hexe nicht. Immer wieder trifft sie auf sie, und wird immer mehr in deren Bann gezogen, bis der Ruf der Hexe erklingt und das Mädchen ihm folgen muss. Willenlos. Ihr Großvater Dan Winter erkennt die Gefahr und setzt alles daran, seine Enkeltochter aus den Fängen der Hexe zu retten. Doch auch Joy Malloy, Susans Großmutter mütterlicherseits, ahnt, dass im Leben ihrer Tochter Nancy alte Wunden aufgerissen werden, und sich vor Jahren zugetragene Vorkommnisse, endlich ausgesprochen und geklärt werden müssen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 182

Veröffentlichungsjahr: 2014

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Angelika Nickel

Angstgeflüster

Der Ruf der Hexe

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Prolog

1 – Yard-sale

2 – Buntes Treiben

3 –Grandpa sagt

4 –Kindheitstrauma?

5 –Der Baum

6 –Coconut-bottle, und eine Geschichte darum

7 –Das leerstehende Haus

8 – Unter schlechtem Einfluss

9 – Der Ruf der Hexe

10 – Grands Warnung

11 – Das Telefonat

12 – Die ersten Zeichen

13 – Angst vor Unwetter

14 – Stromschwankungen

15 – Entnervt

16 – Das Haus in der Badford-Street

17 – Geweihtes Wasser

18 – Brad

19 – Damals

20 – Joy Malloy

21 – Lola

22 – Der Pope

23 – Einer für eine

24 – Untergetaucht

25 – Im Bann des Bösen

26 – Der Schutzwall

27 – Nicht mit rechten Dingen

28 – Keine gute Idee

29 – Nach all den Jahren

30 – Die Mauer durchbrochen

31 – Schlangen

32 – Was tun?

33 – Erkannte Gefahr

34 – Urgewalten

35 – Von Verzweiflung getrieben

36 – Ihr letzter Atemzug

Epilog

geschrieben

Bisher erschienen

Weitere Bücher der Autorin

Erinnerung an einen vierbeinigen Freund – Tatsachenbericht -

Autor

Cover Rückseite

Impressum neobooks

Prolog

Die zwölfjährige Susan war schon immer von allem Magischen fasziniert. Nicht alleine ihres Großvaters wegen, der ihr schon von klein an, immer wieder gerne Geschichten über Feen, Heinzelmännchen, Zauberer und Hexen erzählt hat.

Hexen, zu denen fühlt sie sich am meisten hingezogen. Sie vergöttert sie regelrecht und wünscht sich nichts sehnlicher, als eines Tages einer von ihnen zu begegnen.

Natürlich ist sich Susan sicher, dass Hexen gut, und niemals böse sind.

Als ihr Wunsch eines Tages in Erfüllung geht, ist allerdings nichts so, wie das kleine Mädchen es sich erträumt.

1 – Yard-sale

Obwohl es noch früh am Morgen war, herrschte bereits reges Treiben in Coconut-bottle.

An diesem Samstag fand das alljährliche Yard-sale statt, auf das sich die meisten Bewohner bereits das ganze Jahr über freuten.

Die einen bekamen dadurch die Möglichkeit, ihre Keller und Zimmer zu entrümpeln und Platz für Neues zu schaffen, und die anderen unter ihnen freuten sich, auf diese Art an Schnäppchen für die Innenausstattung ihrer Häuser zu kommen.

»Mom, Dad, bitte! Warum wollt ihr nicht gehen und sehen, ob wir etwas Schönes für uns finden?«, jammerte Susan, die zwölfjährige Tochter des Hauses.

Nancy Winter klappte die Tür der Spülmaschine zu und wandte sich an ihre Tochter. »Susan, wie oft müssen wir dir noch sagen, dass wir im Haus noch gar nicht so weit sind, um zu wissen, was wir noch alles brauchen werden?«

Susan rümpfte die Nase. »Als wenn’s darauf ankäme.«

»Hör‘ zu, Kleines, ich versprech‘ dir, dass wir im nächsten Jahr uns auch am Yard-sale beteiligen werden.« Nick nahm seine Tochter in den Arm und drückte sie.

»Ach, Dad, bitte. Vielleicht finden wir ja doch etwas Tolles«, bettelte sie weiter.

Der Mann warf einen Blick zu seiner Frau hinüber. »Was meinst du, Nancy, sollen wir dem Quälgeist nachgeben, und zumindest mit ihr durch den Ort streifen und sehen, was die Leute so alles aus ihren Häusern werfen?«

Nancy lächelte Mann und Tochter an. »Vorher gibst du wohl doch keine Ruhe, wie?«

Susan befreite sich aus den Armen ihres Vaters und jubelte: »Toll, wir gehen zum Yard-sale!«

Nick strich ihr übers Haar. »Aber danach räumst du weiter dein Zimmer ein. Das ist ein Deal!«

Susan strahlte. »Mach ich, Dad. Ehrenwort.«

»Hol dir aber bitte noch eine Jacke. Im März ist es immer noch frisch draußen. Nicht, dass du dich noch erkältest.«

»Mom, ich bin doch kein kleines Mädchen mehr«, stöhnte Susan, ging aber dennoch, um sich ihre Jacke zu holen.

»Nein, aber auch erst zwölf Jahre alt«, rief ihr ihre Mutter lachend nach. Sie wandte sich an ihren Mann. »Dass du ihr aber auch immer nachgeben musst, Nick.« Sie verrollte die Augen. »Sie hat genug, was sie in ihrem Zimmer unterzubringen hat. Und wie wir unsere Tochter kennen, findet sie überall etwas, das sie mit nach Hause nehmen will.«

»Na ja, das Haus wird deshalb nicht gleich aus den Fugen platzen«, antwortete Nick Winter, und ging ebenfalls, um sich eine Jacke zu holen.

»Zwei gegen einen ist unfair«, beschwerte sich Nancy, gespielt schmollend. Sie nahm ihre Strickjacke vom Stuhl und zog sie sich über.

»Fertig?«, fragte Susan aufgeregt, und stand fertig angezogen im Türrahmen.

Ihre Eltern nickten.

»Fertig. Gehen wir also und lassen uns überraschen, was unsere Tochter heute wieder findet, das sie unbedingt für ihr Zimmer braucht«, scherzte ihr Vater.

2 – Buntes Treiben

»Hi, Su!«, rief einer ihrer Klassenkameraden, als Susan an dessen Haus vorbeikam.

»Hallo, Mitch!«, winkte das Mädchen zurück. »Gehst du nicht herumschnuppern?«, fragte sie ihn.

»Später. Derzeit muss ich noch dableiben, bis meine Eltern den Rest ihres Gerümpels aus der Garage geräumt haben«, antwortete der Junge zerknirscht.

»Dann bis später.« Susan hängte sich wieder an den Arm ihres Vaters, und sie liefen weiter.

»Dass die Menschen derart neugierig sind, zu sehen, was andere aus ihren Häusern tragen«, wunderte Nancy sich.

»Die sind nicht neugierig, Honey, die wollen günstig ein paar Schnäppchen machen«, gab er ihr lachend zur Antwort, und schaute belustigt dem bunten Treiben zu.

»Schaut mal dort«, rief Susan mit einem Mal, begeistert aus, und riss sich von der Hand ihres Vaters los.

»Bleib in Sichtweite!«, rief ihre Mutter ihr hinterher.

»Na klar, wie immer«, kam es von Susan zurück.

Ihre Eltern schauten ihr nach und ließen sie keinen Moment aus den Augen. Als das Mädchen vor einem Baum stehenblieb, stutzten beide.

»Was hat sie denn dort entdeckt?«, fragte Nancy. »Ich seh' nichts weiter als einen Baum.« Verwundert schaute sie ihren Mann an. »Seit wann interessiert sich unsere Tochter denn für Bäume? Selbst der vor ihrem Zimmer macht ihr doch schon Angst.«

»Sei unbesorgt. Da wird der Nachbar sicherlich nicht mit einverstanden sein, wenn wir ihm den abnehmen wollten«, scherzte ihr Mann, der Nancys Sorge, was seine Tochter und ihre Angst vor Bäumen anbelangte, ohnehin noch nie für bedenklich gehalten hatte. Für ihn war es nichts weiter als eine Phase, die Susan durchmachte. Mehr aber auch nicht.

»Kannst du nicht einmal ernst bleiben?«, kam es vorwurfsvoll von Nancy.

Sie hatten den Baum, vor dem ihre Tochter immer noch stand, erreicht.

Susan deutete auf einen der Äste. »Seht doch nur, sieht sie nicht toll aus!« Das Mädchen zeigte auf etwas, das in dem Baum hing.

»Boh, was ist das denn für ein hässliches Ding«, stöhnte ihr Vater.

»Dad, sag das nicht!«, erschrak sich das Mädchen. »Sie mag das nämlich nicht.«

»Sie mag das nicht … Jetzt hör‘ aber auf, Susan«, sagte ihre Mutter streng. »Was soll das überhaupt sein?«

»Eine Hexe ist das, Mom. Eine wunderschöne Hexe«, schwärmte Susan.

»Eine Hexe?« Sofort wehrte sie ab. »Das Ding will ich aber nicht bei mir im Haus haben.«

»Och, bitte, Mom, Dad! Die würde gut in mein Zimmer ans Fenster passen«, bettelte das Mädchen. Susan biss sich auf die Lippe, und druckste herum. »Wisst ihr«, sagte sie, auf einmal flüsternd, »ich hab sie nicht zufällig gefunden. Sie hat mich gerufen.« Das Mädchen senkte den Blick. »Sie hat mir gesagt, dass sie mit mir nach Hause kommen will.«

»Wer hat dich gerufen? Und wer will mit dir nach Hause gehen?«, fragte ihr Vater, der es jetzt doch genau wissen wollte, nach.

Susan zeigte auf die Hexe. »Sie hat mich gerufen. Sie will mit mir mit. Zu uns nach Hause. Mit in mein Zimmer.«

Ihr Vater schüttelte entschieden den Kopf. »Auf gar keinen Fall!« Sein Blick streifte seine Frau. »Du hast gehört, was deine Mutter gesagt hat. Sie will das Ding nicht im Haus haben. Und was Ma sagt, wie du weißt, Tochter, ist Gesetz«, entschied ihr Vater bestimmt.

»Danke. Jetzt bin ich wieder die Böse«, brummte Nancy.

Nick zog seine Tochter vom Baum fort, doch immer wieder schaute sie über ihre Schulter, zu der Hexe hin.

»Würdest du jetzt bitte richtig laufen«, begann ihre Mutter, zu schimpfen. »Und lass endlich den Blick von dem scheußlichen Ding!«, befahl sie.

»Tschüss, Hexe«, sagte Susan traurig und warf nochmals einen Blick über ihre Schulter, um wenigsten noch einen letzten Blick auf die Hexe zu tun. Doch – die Hexe war weg. »Da, jetzt hat sie ein anderer mitgenommen. Wir hätten sie doch auch kaufen können«, jammerte die Kleine.

»Besser sie hängt bei anderen im Haus, als bei uns. Und jetzt will ich nichts mehr darüber hören.« Ihre Mutter warf ihr einen strengen Blick zu.

»Geht ja auch gar nicht mehr, wenn sie ohnehin verkauft ist«, maulte Susan, und ging gehorsam mit ihren Eltern weiter. Die Lust am Yard-sale war ihr vergangen.

Nach zwei Stunden, entschied Nick: »Für heute reicht es mir mit diesem Häuserflohmarkt. Doch keine Sorge, ich habe auch schon eine Idee, wie wir den Tag weiter verbringen.« Ein Schmunzeln legte sich um seine Mundwinkel, als er seine beiden Frauen mit einem spitzbübischen Blick streifte. »Wir gehen jetzt nach Hause. Dort kochen wir uns gemeinsam etwas Schönes.«

Nancy musste unwillkürlich lachen. »Als wenn du schon groß gekocht hättest.«

Nick zog die Braue hoch, während er sich ein Lachen verkniff. »Ich könnte heute damit anfangen, es zu lernen.«

»Oh ja, Dad. Wir beide grillen Burger!«, freute Susan sich. Für den Augenblick war die Hexe vergessen. Es nutzte ja auch nichts, weiter über sie nachzudenken, ein anderer hatte sich für sie entschieden. Vielleicht würde sie beim nächsten Yard-sale wieder die Möglichkeit haben, zu einer Hexe zu kommen, tröstete sie sich.

»Da hörst du es, Nan‘. Deine Tochter und ich, wir grillen heute Burger.«

»Weil du dafür ja auch soviel können musst, du armer Mann.«

»Sag das nicht! Ich muss immerhin aus dem Froster die Burger holen.« Nick grinste breit.

»Pass nur auf, dass du dich dabei nicht überanstrengst«, versuchte Nancy, in strengem Ton, zu sagen. »Und achte auf deine Finger. Wir wollen ja nicht, dass dir am Ende noch Frostbeulen wachsen.«

Nick betrachtete seine Hände. »Ich werde gut auf die beiden aufpassen«, konterte er lachend; und auch Susan fiel in das Lachen mit ein.

3 –Grandpa sagt

»Grandpa ist da!«, freute Susan sich, als sie den blauen Van ihres Opas, in der Einfahrt stehen sah. »Bestimmt hat er wieder eine neue Geschichte für mich.«

»Aber nicht wieder über Hexen, hoffe ich«, kam es ernst von Nick.

»Grandpa sagt, dass es sehr wohl Hexen gibt«, lachte Susan und rannte davon.

»Toll, der hat mir gerade noch gefehlt«, stöhnte Nancy. Der Gedanken an Hexen jagte ihr einen unangenehmen Schauer über den Rücken. »Und jetzt hast du es selbst gehört, woher sie ihre Spinnerei mit den Hexen hat.« Ihre Mundwinkel zogen sich nach unten. »Dein Vater redet ihr das ein! Überhaupt«, sie amtete hart aus, »warum tut er das nur immer wieder?«

Nick bemerkte nicht, dass sie erzitterte, bei dem Gedanken an Hexen.

»Was hast du nur gegen meinen Vater?«, kam es genervt von Nick. Er wusste zu gut, dass seine Frau seinen Vater sehr gut leiden konnte, weniger allerdings mochte sie, dass der Mann ihrer Tochter stets irgendwelche Schauermärchen erzählte. Sie machte den Mann auch dafür verantwortlich, dass Susan diese Marotte mit den Hexen hatte. Nick unterdrückte ein Stöhnen. Als wenn er etwas dafür konnte, was sein Vater an Geschichten an seine Tochter weitergab. Ihm war dieser Hexenkram auch nicht recht. Dennoch, man musste es auch nicht derart übertreiben, wie Nancy es tat.

Hexen, Nancy schüttelte sich, mit denen konnte sie sich schon seit Jahren nicht mehr anfreunden. Auch dann nicht, wenn es nur Phantastereien waren, die sich die Menschen über sie erzählten. Und sie hatte ihre Gründe dafür. Doch davon wusste eigentlich niemand.

Auch Grandpa Dan, Nicks Vater, war einer von denen, die es liebten, immer wieder aufs Neue, sich Geschichten über Hexen auszudenken – und Susan eine begeisterte Zuhörerin!

Eine Zuhörerin, magisch von Hexen und deren Geschichten angezogen, wie auch Nancy es einst gewesen war – vor vielen Jahren.

Susan rannte auf ihren Opa zu.

Dan fing sie auf und schwenkte sie in seinen Armen. »Hallo, Kleines. Hast du dich schon gut eingelebt?«, fragte er.

»Geht«, antwortete Susan. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätten sie gar nicht hierher ziehen müssen. Aber ihr Vater war an die hiesige Schule versetzt worden, und so war ihnen nichts anderes übriggeblieben, als nach Coconut-bottle umzuziehen.

»Hi, Dad, schön, dich zu sehen«, begrüßte Nick seinen Vater.

»Hallo, Dan.« Nancy umarmte den Schwiegervater. »Aber nicht wieder irgendwelche Hexenmärchen für Susan«, flüsterte sie ihm ins Ohr.

Dan grinste. »Nancy, du kennst mich doch«, sagte er daraufhin lachend.

Nancys Blick wurde ernst. »Eben deshalb!«

»Komm rein, Dad! Susan und ich wollen uns heute im Burger-Grillen üben«, forderte Nick seinen Vater auf, mit ins Haus zu kommen.

»Burger?«, der ältere Mann schaute zu seiner Enkeltochter hin. »Da komme ich ja genau richtig.« Er schwenkte den Blick zu Nancy. »Hast du Kartoffeln im Haus? Und Quark?«

Die Frau nickte.

»Dann werde ich mich für die Folienkartoffeln und die Sauercreme zuständig fühlen.«

»Du willst …«, setzte Nancy an.

»Yes, I will«, lachte er. »Gib mir nur alles, was ich brauche, und den Rest mach ich. Du kannst ja unterdessen ein Bad nehmen, oder dir eine Soap im Fernsehen anschauen«, schlug er ihr vor.

»Okay. Nick, zeigst du deinem Vater, wo wir die Kartoffeln und den Quark haben? Wo die Gewürze stehen, weißt du ja auch. Danke«, rief sie lachend, und ging nach oben, um sich ein Badewasser einzulassen.

Dan zog Susan zu sich heran. »Kennst du schon den neusten Hexenklatsch?«, fragte er sie, und flüsterte dabei.

»Nein. Du?« Susan schaute ihn mit großen Augen erwartungsvoll an.

Grandpa Dan nickte nur. Geheimnisvoll legte er den Finger auf den Mund. »Ich erzähl dir später davon. Vielleicht beim Essen.«

Das Mädchen erschrak sich. »Bloß nicht! Du weißt doch, dass Mom das nicht mag.«

Er lächelte zuversichtlich. »Irgendwann lernt sie es sicherlich noch, Hexengeschichten zu mögen.«

»Nein, das glaube ich nicht«, kam es enttäuscht von Susan.

»Warts doch einfach einmal ab.« Er beugte sich zu ihr hinunter. »Sie kennt vielleicht noch gar nicht die Geschichte, die über diesen Ort, vielmehr über eine Hexe von hier, erzählt wird.«

»Eine Hexe aus Coconut-bottle?«, fragte das Mädchen erstaunt.

Und Dan nickte nur.

»Was, was wird erzählt?«, wollte sie wissen. Wow! Das hört sich spannend an. Sie konnte ihre Aufregung kaum verbergen.

»Später, Susan, erzähle ich dir davon. Doch jetzt gehen wir zuerst einmal deinem Vater zur Hand, damit unser Essen heute noch fertig wird.«

»Ich geh zu Dad, Grandpa, und du in die Küche.«

Er nickte. »Genauso machen wir es.«

Susan beugte sich zu ihrem Opa hin, die Arme nach ihm ausgestreckt. »Und später erzählst du mir von der Hexe, ja?«

»Auf jeden Fall!«

4 –Kindheitstrauma?

»Bitte, Mom, nur eine Geschichte. Bitte!«, bettelte Susan.

»Nein. Heute nicht. Und schon gar nicht auf die Nacht. Du musst schlafen, und sollst dabei nicht schlecht träumen.« Ihre Mutter blieb unerbittlich.

»Aber Grand kennt doch eine Geschichte über Coconut-bottle«, versuchte das Mädchen weiter, ihre Mutter zu überreden.

Nancy nahm den Kopf ihrer Tochter in beide Hände und schaute sie nachdenklich an. »Woher hast du das nur, diesen ganzen Hexenmist?«

»Sicherlich von Grandpa. Er mag doch diese Geschichten auch so gerne.«

»Das befürchte ich auch. Leider. Und genau deswegen wird er auch heute Abend nicht mehr in dein Zimmer kommen.«

»Darf er mir dann wenigstens noch Gute-Nacht sagen kommen?«

»Nein. Denn dann erzählt er dir doch nur wieder eine seiner grauenvollen Geschichten.«

»Mich stört das nicht«, versuchte Susan, ihre Mutter auszutricksen.

»Nein, habe ich gesagt, und dabei bleibt es!« Ihre Augen funkelten böse, als sie sagte: »Und mich stören diese Geschichten dafür umso mehr!«

Susan drehte sich zur Seite und schmollte. Aus den Augenwinkeln heraus, sah sie den alten Baum, wie er seinen Schatten aufs Fenster warf. »Dieser Baum macht mir Angst. Er sieht fürchterlich aus«, maulte sie.

»Vor dem Baum hast du nichts zu befürchten. Mach einfach die Augen zu und schlaf. Morgen früh, wenn das Sonnenlicht auf ihn fällt, wirst auch du ihn wieder als freundlicher ansehen.«

»Ich will keinen Baum vor meinem Fenster.«

»Da kann ich dir leider nicht helfen, Susan. Der Baum gehört zum Grundstück dazu.«

»Wir könnten ihn doch fällen«, schlug das Mädchen vor.

»Nein, das können wir nicht.«

»Warum?«

»Weil es auch Bäume gibt, die unter Naturschutz stehen.« Nancy fiel nichts anderes ein.

»Der auch?«, wollte Susan wissen.

»Susan, es reicht! Sei jetzt still. Schließ die Augen und schlaf. Und vergiss endlich diesen Baum!«

»Wenn Grand mir eine Geschichte erzählt, vergesse ich den Baum ganz bestimmt«, versuchte sie es nochmals.

»Kleine Lady, genug jetzt!« Sie stand auf und löschte die Nachttischlampe. »Austricksen, als wenn ich mir das gefallen lassen würde«, schimpfte ihre Mutter leise, als sie zum Zimmer hinausging.

Als Nancy ins Wohnzimmer kam, waren ihr Mann und ihr Schwiegervater dabei, sich über die Historie Coconut-bottles, zu unterhalten.

»Mit deinen Hexengeschichten hast du vielleicht was angerichtet!«, fuhr Nancy den Mann an. »Sie macht mir vor, Angst vor Bäumen zu haben. Was aber vergehen würde, wenn du ihr eine Geschichte erzählen würdest.« Sie verzog abwertend den Mund. »Als wenn ich nicht wüsste, was das für Geschichten sind, die du ihr erzählst! Ewig geht es dabei um Hexen!«

Dan schaute zu ihr hin. »Was hast du eigentlich gegen Hexen, um dass du dich jedes Mal dermaßen aufregst?«, fragte er sie. »Hast du etwa ein Kindheitstrauma, das mit Hexen zu tun hat?«, vermutete er plötzlich.

Nancy sprang auf. »Weißt du was, Dan – für heute reicht es mir mit dir. Ich gehe ins Bett!«, fauchte sie, und rauschte aus dem Zimmer.

Verwundert schaute Dan seinen Sohn an. »Hat sie denn ein Trauma, von dem ich nichts weiß?«

Nick zuckte mit den Schultern. »Wenn, dann weiß auch ich nichts davon.« Er nahm die Packung mit Chips und langte hinein. »Hör‘ einfach damit auf, andauernd von Hexen zu erzählen, dann regt sie sich auch wieder ab. Und Susan hört auf, sich Flausen von dir in den Kopf setzen zu lassen«, schlug er vor, und hob seinem Vater die Tüte mit den Chips hin. »Auch welche?«

5 –Der Baum

In der Nacht kam ein Sturm auf.

Die Äste des Baums schlugen an Susans Fenster. Manche von ihnen machten dabei kreischende Geräusche.

Ein Blitz erhellte Susans Zimmer, und gleich darauf grollte Donner durch die Nacht.

Susan wachte auf.

Neuerlich krachte der Donnerhall durch die nächtliche Stille.

Ängstlich hielt sich Susan die Ohren zu.

Neuerlich schlugen die Äste gegen das Fenster und gaben dabei ein kreischendes Geräusch von sich.

»Nicht, geh weg«, wimmerte das Mädchen, und ließ den Blick nicht vom Fenster. Sie war sich sicher, dass in dem Baum einer saß. Grelle Augen schauten zu ihr herein. »Bitte, geh doch weg. Ich sag auch nichts Böses mehr gegen dich«, flüsterte sie.

Erneut schlugen die Äste hart gegen die Fensterscheibe.

»Susan«, glaubte sie auf einmal, ihren Namen zu hören. Und wieder rief es: »Susan.«

»Nein, bitte, Baum, lass mir meine Ruhe«, bettelte sie.

Ein Blitz, ein Donner und ein lauter Ruf: »Susan!«, ließ das Mädchen schreiend aus dem Bett hochfahren und blitzartig aus dem Zimmer flüchten.

»Mom, Dad!«, schrie Susan außer sich vor Angst, auf dem Flur stehend, nur mit ihrem Nachthemd bekleidet.

Grandpa Dan eilte auf das Mädchen zu. »Susan, was ist denn los mit dir?«, fragte er besorgt. »Hast du schlecht geträumt?«

Das Kind schüttelte den Kopf. »Nein, der Baum ruft nach mir.«

»Unsinn, Susan«, sagte ihr Vater, der unterdessen, gemeinsam mit seiner Frau, neben seiner Tochter stand.

»Doch! Er hat nach mir gerufen«, flüsterte sie und ihre Lippen bebten vor Angst.

Nancy schickte einen bösen Blick in Dans Richtung. »Da siehst du, was du mit deinen Schauergeschichten anrichtest!«

»Ich?« Dans Blick drückte Verwunderung aus. »Ich hab ihr ja gar keine Geschichte erzählt, heute.«

Sie verzog den Mund. »Heute nicht. Aber was ist mit all den anderen Malen? Oder meinst du, dass sie diese Schauergeschichten vergisst?«, schimpfte sie weiter.

»Grand hat mir nichts über Bäume erzählt«, flüsterte Susan.

»Dann kannst du ja jetzt wieder in dein Bett gehen und weiterschlafen!«, befahl ihre Mutter ihr.

»Nein, ich kann da nicht wieder hinein. Der Baum will mich holen«, weinte Susan auf einmal drauflos.

»Jetzt hör‘ endlich mit solch einem Mist auf.« Sie zeigte mit der Hand in Richtung von Susans Zimmer. »Mach dich jetzt auf der Stelle in dein Bett!«

»Nein, bitte nicht.«

Dan nahm die Kleine auf den Arm. »Ich bringe dich wieder in dein Bett und bleibe bei dir, bis du eingeschlafen bist. Und du wirst sehen, dass der Baum dir nichts tut«, versprach er ihr.

»Er ruft mich.«

»Er wird dich auch nicht rufen. Das war sicherlich nur der Wind, der dich deinen Namen hat rufen hören lassen«, versuchte er ihr, einen Grund zur Erklärung zu geben.

Nancy kam auf ihn zu. »Wenn du ihr aber auch nur eine Geschichte erzählst!«, drohte sie, mit erhobenem Zeigefinger. »Dann werde ich persönlich dafür sorgen, dass der Baum dich holt!«

»Nancy!«, rief Nick laut. »Wie kannst du nur? Du machst Susan doch noch mehr Angst.«

Ihr Kopf fuhr herum. »Ach, jetzt bin ich mal wieder an allem schuld?«, fauchte sie Nick an. »Wisst ihr was, macht doch gerade, was ihr wollt!« Zornig lief sie ins Schlafzimmer zurück.

»Dein Grandpa geht mit dir mit. Du brauchst dich in diesem Haus vor nichts zu fürchten, Kleines. Und das weißt du doch auch«, sagte ihr Vater, und drückte ihr einen Kuss aufs Haar. »Schlaf jetzt.«

Dan trug seine Enkeltochter zurück ins Zimmer und legte sie in ihr Bett.

Während Susan versuchte, einzuschlafen, ließ Dan den Baum nicht aus den Augen. Was, wenn sie sich das doch nicht eingebildet hat? Irgendwie hat der Baum schon etwas an sich, was einem Angst macht.

Und auch er glaubte auf einmal, dass ihn aus dem Baum heraus, unheimliche Augen beobachteten.