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Traurig ist er, der kleine Michi. Und ein Geist noch dazu. Zu allem Elend, auch noch unsichtbar. Es ist Halloween, und er schaut dem Treiben und den Vorbereitungen für das Fest zu. Die anderen Geister jedoch, nehmen keine Notiz von ihm. Überhaupt will niemand mit dem traurigen Geist sprechen noch lachen, und auch nicht spielen. Einsam und alleine fühlt er sich, deswegen. Solange, bis er Stefanie begegnet. Zusammen mit ihrer Mutter findet sie einen Weg, dem kleinen Geist aus seiner traurigen Welt, und seinem Unsichtbarsein, herauszuhelfen; auch wenn es dazu noch ein weiteres Jahr dauert, in welchem der Geist bei Stefanie wohnen darf. Dann endlich ist es soweit, und das nächste Halloween steht vor der Tür. Gelingt es Stefanie tatsächlich den kleinen Geist in seine Welt zu bringen, so dass ihn endlich auch all die anderen Geister und magischen Wesen sehen; und endlich auch mit ihm reden, spielen, tanzen und lachen?
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Seitenzahl: 75
Veröffentlichungsjahr: 2013
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Angelika Nickel
Michi, der traurige Geist
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Vorwort
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Quellenverweis
Widmung
Autor
Impressum neobooks
Jeder braucht Freunde, selbst die Geister, auch wenn man sich das vielleicht gar nicht vorstellen noch, glauben kann.
Wie sehr sich auch Geister nach Freunden sehnen, wird uns klar, lesen wir die Geschichte von Michi, dem traurigen Geist.
Eigentlich müsste der kleine Geist gar nicht traurig sein. Weshalb auch.
Michi kann spuken, soviel wie er will, dabei Leute erschrecken und still ins sich hinein kichern.
Tja, wenn das so einfach wäre …
Nämlich genau das, ist, Michi nicht in der Lage, zu tun. Richtig genommen kann er schon herumspuken, nur, niemand nimmt ihn wahr, so dass er niemanden erschrecken, und auch mit niemandem spielen kann.
Keiner ist da, der mit dem Geistchen lacht, oder lustig umherschwebt.
Alle tun, als sei er Luft.
Und das ist er leider auch, da niemand von ihm Notiz nimmt, weil ihn weder die Geister noch die Menschen wahrnehmen können.
Das ist auch der Grund dafür, dass Michi immerzu traurig, und täglich aufs Neue, auf der Suche nach einem Freund ist.
Den jedoch wird er nicht finden, so lange nicht einer da ist, der dem Geist hilft, endlich sichtbar zu werden.
Doch auch dafür muss erst einmal der Grund für Michis Unsichtbarkeit herausgefunden worden sein.
Nur wer kann ihm helfen?
Vielleicht ein Mensch?
Ein Menschenkind womöglich, das sich ebenfalls alleine und verlassen vorkommt?
Traurig und alleine
Es war die Nacht zu Halloween. Alle Geister waren bereits dabei, sich, in aufgeregter Vorfreude, auf die kommende Nacht vorzubereiten. In einem verlassenen Schulgebäude hatten sie sich zur Vorbesprechung versammelt. Die Geister kreischten und lachten, flogen oder schwebten durch die verlassenen Schulräume; gefolgt von schaurigem Geistergeschrei. Dabei vergaßen sie auch nicht, ihre Ketteln laut rasseln zu lassen. Zumindest die, deren Geisterdasein an schwere Eisenketten gezwungen war.
Nicht einer von ihnen wollte diese Nacht missen.
Alle waren gekommen: Klabautermänner, Trolle, Kobolde, Zwerge, Geister Verstorbener, Hexen, Feen, Zauberer, Elfen und sogar die Wichtelmänner ließen dieses Fest nicht aus. Sie alle waren bereits in freudigem Treiben zugange.
Selbst die Alptraumgestalten der Menschen, die von ihren Träumern, nach Traumende, wieder frei waren, wollten weder die Besprechung noch das Halloweenfest versäumen.
Auch die Menschen zogen ihren Vorteil daraus: In den kommenden Stunden, würde, kein Einziger einen Alptraum haben, da die Alptraumgestalten in dieser Nacht, weder Zeit noch Interesse daran hatten, sich in deren Kopf und Träumen zu tummeln. Stattdessen zogen sie das schaurig-lustige Treiben der Halloweennacht vor; zumal es ihnen mitunter sogar gelang, sich gegenseitig das Fürchten zu lehren, so dass es nicht das erste Fest dieser Art gewesen wäre, auf welchem ein Geist, sich ängstlich schreiend davon gemacht hatte, und mitunter, bis zur heutigen Nacht, nicht mehr gesehen worden war.
Die Schulräume waren gut belüftet, und auch warm beheizt.
Draußen hingegen vollführte der Wind einen stürmischen Tanz. Er zwang die wehrlosen Blätter dazu, in aufgezwungenem Takt, für ihn zu tanzen, und sich von seinen ausgesandten Boen treiben zu lassen. Es war, als wollte er sie auf den Trubel des bevorstehenden Abends vorbereiten.
Der Wind, Heinz-Günther, wie er mit Namen hieß, liebte es, seine wohlgenährten dicken Windbacken aufzublasen und Blättern, und allem anderen, das seinen Windsog kreuzte, das Tanzen zu lehren. Dabei interessierte es ihn auch nicht, ob das welke Laub vielleicht gerne noch etwas länger am Baum gehangen geblieben wäre. Heinz-Günther hatte Gefallen daran, dem stürmischen Blättertanz zuzusehen. Überhaupt war er ein begeisterter Freund des Tanzes. Wie gerne hätte er selbst mit den anderen mit getanzt. Doch zu seinem Leidwesen war Klara, die Sturmfrau, sein angetrautes Unwetterweib, leider gar nicht aufs Tanzen erpicht.
Die Sturmfrau hingegen, zog es vor, wehenden Fahnen, Ästen und Blumen zuzusehen. Das war ihre Art, sich am Tanzen zu beteiligen, sofern es überhaupt so bezeichnet werden konnte. Damit allerdings war ihr Interesse am Tanzen, auch bereits erschöpft.
Das Schulgebäude lag einsam und verlassen im Vorort von Ghostwishtown. Ghostwishtown war eine alte heruntergekommene Stadt, die sich als Drehort für einen der nächsten Stephen King Filme, bestens geeignet hätte.
Heruntergelassene Rollläden hatten sich bereits verselbstständigt und preschten knarrend und ächzend, mithilfe von Heinz-Günthers Windgebläse, durch die leeren Gassen der Stadt.
Aufgewirbelter Sand sammelte sich in den toten, ausdruckslosen Augen der Fenster, und in den einsamen und leer stehenden Häusern.
Nichts deutete mehr auf die schöne Stadt hin, die Ghostwishtown einst gewesen war. Lachen und Freuden waren aus ihr vertrieben, und für immer verstummt.
Doch einmal im Jahr erwachte die verlassene Stadt erneut wieder zum Leben.
Am Tag von Halloween.
Wäre sie in der Lage gewesen, Freudenschreie von sich zu geben, sie hätte diesen Tag bejubelt, vor Glück, und dabei auch noch laut gelacht.
Sie hätte die Häuser aufgefordert, zu tanzen; und dabei hätte sie die Gebäude durch die Luft gewirbelt, aus lauter Freude, endlich wieder lebendig zu sein, feiern zu dürfen, auch, wenn es nur für eine einzige Nacht sein sollte. Am liebsten wäre es ihr gewesen, hätte sie auch Farmen durch die Lüfte zwingen können, wenn es sein musste, bis hin nach Kansas; wie es mit dem Haus von Dorothy im The Wizzard of Oz geschehen war.
In der Nacht zu Halloween jedoch, ging mit der toten Stadt Merkwürdiges vor sich. Die Häuser erstrahlten urplötzlich. Die verwitterten Fassaden zeigten sich in den buntesten Farben, als wären sie erst vor Kurzem, frisch gestrichen worden.
Alleine in der Lage zu sein, sich zu erneuern, und sei‘s auch nur für diese eine Nacht, gab der Stadt das Gefühl des Zufriedenseins.
Sie war getragen von dem Bewusstsein, erneut zum Leben erwacht zu sein.
Fühlte, dass ihre Häuser wieder schön, und mit lebhaftem Treiben erfüllt waren, wie in einer längst vergangenen Zeit, der sie täglich aufs Neue nachtrauerte.
Doch nicht nur Ghostwishtown war traurig, dass die Stadt eigentlich ausgestorben und tot war; ein Schicksal, das sie bereits seit vielen Jahren zu tragen hatte.
Derart traurig war sie, dass die wenigen Rollläden, denen es gelungen war, sich gegen Heinz-Günther zu erwehren, ständig in jämmerlichem Weinen gegen die Fenster schlugen und dabei das fürchterliche Geräusch leidender Rollladenklagen von sich gaben. Ohrenbetäubendes Klappern war die Folge davon.
Doch nicht nur die Stadt, die Häuser und Fenster waren traurig und litten. Nein, es gab noch jemanden, dem die Tränen im Gesicht gestanden wären, hätte er weinen können. Wobei, eigentlich konnte er schon weinen, nur eben nicht immer.
Michi, ein kleiner Geisterjunge; auch er war traurig.
Auch er weinte lautlos seinen Schmerz heraus. Der kleine Geist weinte keine Tränen, zumindest keine, wie Menschen sie weinten.
Seine Tränen waren für das Auge unsichtbar, wie es auch der Geist war.
Wehklagte er, weinte er auch gleichzeitig. Und das wiederum hörte sich jämmerlich an.
Nur wussten die Wenigsten, wenn sie ihn hörten, sofern sie ihn überhaupt hören konnten, dass es ein unglücklicher kleiner Geist war, der da weinte.
Ein mancher hörte ihn sogar, nur hielt er es meist für irgendein komisches Geräusch von irgendwoher; und machte sich auch weiter keine Gedanken darum; was den kleinen Geist noch trauriger werden ließ, und er erneut drauflosplärrte. Derart jämmerlich heulte er in diesen Augenblicken, dass es einem das Herz zerrissen hätte, hätte man erahnt, von wem das das herzzerreißende Weinen kam.
Da jedoch niemand den kleinen Geist wahrnahm, wussten die Wenigsten, dass ein verlassener und einsamer Geist unsichtbare Tränen vergoss.
Die meisten Menschen hielten sein Weinen für das Rauschen von Blättern. Doch da irrten sie. Derart laut, wie Michi weinte, so laut waren die Blätter keineswegs in der Lage, ihr Rauschen ins menschliche Ohr fließen zu lassen.
Der kleine Michi weinte und weinte. Mitunter schrie er sein Weinen heraus, dass er das Gefühl hatte, als wollte sein Weinen, ihn zerreißen; sein Schmerz ihn in Stücke reißen. Sein Weinen, dieser leere Schmerz, der sich in ihn eingegraben hatte, er machte ihn zu dem unglücklichsten Geist, den es in der Geisterwelt jemals gegeben hatte.
Dieser unendliche Schmerz in seinem Geisterinnern, der ihn aufzufressen drohte, und immer mehr von ihm Besitz zu ergreifen schien. Fast war es, wie heiße Lava, die alles mit sich riss, das den Weg in den heißen Lavastrom fand.
Es schien beinahe, als wollte dieser Schmerz den traurigen kleinen Geist übernehmen, bis am Ende gar nichts mehr von dem kleinen Michi übrig geblieben sein würde.
Wieder schnäuzte Michi sich. Mit dem Hemd wischte er die Tränen fort. Jene Tränen, wie sie für den kleinen Geist normal waren. Seine Geistertränen, eben.