Anna, die Bauernkomtess - Toni Waidacher - E-Book

Anna, die Bauernkomtess E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. Was will Robert Erlander von Claudia Trenker? Der reiche Gast, der in einer Hotelsuite logiert, stellt überall Erkundigungen nach ihr an: In St. Johann, bei ihrer Arbeitstelle … Was bezweckt er damit? Sebastian Trenker sorgt sich um seine Schwägerin, denn Erlander deutet an, dass es einen dunklen Punkt in der Vergangenheit der Journalistin geben könnte! Was wird noch auf Claudia Trenker und ihre kleine Familie zukommen? Eine illustre Gesellschaft hatte sich auf Schloss Freienthal versammelt. Der weitläufige Park war mit bunten Lampions geschmückt, Lichterketten hingen in den Büschen und Bäumen. In regelmäßigen Abständen waren Tische und Stühle aufgebaut, an Ständen konnten die Gäste sich an kleinen Leckereien und Champagner delektieren, bis zum Dinner im großen Zelt gerufen wurde, das vor der großen Freitreppe stand. Das Zelt bot hundertfünfzig Gästen Platz, es war zu beiden Seiten offen, zum einen, um die Wärme herauszulassen, zum anderen war an der rechten Seite die große Tanzfläche aus Holzbohlen gebaut worden. Die Band, bestehend aus fünf Musikern und einer attraktiven Sängerin, hatte ihren Platz unter einem Baldachin, direkt dahinter. In der Schlossküche werkelte ein namhafter Sternekoch aus München, der vor drei Tagen das Kommando über die Küche und das Personal übernommen hatte. Das von ihm kreierte Menü sollte ein einziger Augen- und Gaumenschmaus werden. In den oberen Räumen saß in ihrem Schlafzimmer Annemarie Gräfin Freienthal vor der Frisierkommode und schaute im Spiegel ungeduldig der Friseurin zu, die letzte Hand an die Haarpracht der Gräfin legte. Die Tür öffnete sich, und der Schlossherr stürmte herein. Andreas von Freienthal war ein schlanker, groß gewachsener Mann in den Fünfzigern. Er trug einen Smoking, mit frisch gestärktem weißem Hemd, dessen oberster Kragenknopf offen stand. »Annemarie, bitte, hilf mir mal«, sagte er. »Ich werde mit dem Ding einfach nicht fertig!« Das ›Ding‹ war ein schwarzes Band, das zu einer Fliege gebunden werden sollte.

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Der Bergpfarrer – 307 –

Anna, die Bauernkomtess

Junge Herzen lassen sich nicht zwingen ...

Toni Waidacher

Was will Robert Erlander von Claudia Trenker? Der reiche Gast, der in einer Hotelsuite logiert, stellt überall Erkundigungen nach ihr an: In St. Johann, bei ihrer Arbeitstelle … Was bezweckt er damit? Sebastian Trenker sorgt sich um seine Schwägerin, denn Erlander deutet an, dass es einen dunklen Punkt in der Vergangenheit der Journalistin geben könnte! Was wird noch auf Claudia Trenker und ihre kleine Familie zukommen?

Eine illustre Gesellschaft hatte sich auf Schloss Freienthal versammelt. Der weitläufige Park war mit bunten Lampions geschmückt, Lichterketten hingen in den Büschen und Bäumen. In regelmäßigen Abständen waren Tische und Stühle aufgebaut, an Ständen konnten die Gäste sich an kleinen Leckereien und Champagner delektieren, bis zum Dinner im großen Zelt gerufen wurde, das vor der großen Freitreppe stand. Das Zelt bot hundertfünfzig Gästen Platz, es war zu beiden Seiten offen, zum einen, um die Wärme herauszulassen, zum anderen war an der rechten Seite die große Tanzfläche aus Holzbohlen gebaut worden. Die Band, bestehend aus fünf Musikern und einer attraktiven Sängerin, hatte ihren Platz unter einem Baldachin, direkt dahinter.

In der Schlossküche werkelte ein namhafter Sternekoch aus München, der vor drei Tagen das Kommando über die Küche und das Personal übernommen hatte. Das von ihm kreierte Menü sollte ein einziger Augen- und Gaumenschmaus werden.

In den oberen Räumen saß in ihrem Schlafzimmer Annemarie Gräfin Freienthal vor der Frisierkommode und schaute im Spiegel ungeduldig der Friseurin zu, die letzte Hand an die Haarpracht der Gräfin legte.

Die Tür öffnete sich, und der Schlossherr stürmte herein. Andreas von Freienthal war ein schlanker, groß gewachsener Mann in den Fünfzigern. Er trug einen Smoking, mit frisch gestärktem weißem Hemd, dessen oberster Kragenknopf offen stand. »Annemarie, bitte, hilf mir mal«, sagte er. »Ich werde mit dem Ding einfach nicht fertig!«

Das ›Ding‹ war ein schwarzes Band, das zu einer Fliege gebunden werden sollte. Niemals wäre es einem Freienthal eingefallen, eine Fliege mit Gummizug anzulegen!

»Die Gäste sind schon da, wir müssen sie endlich begrüßen, und ich bin nicht einmal fertig angezogen!«

Die Gräfin bedeutete der Friseurin mit einer Handbewegung aufzuhören und erhob sich. Lächelnd trat sie zu ihrem Mann. »Du bist nervös«, schmunzelte sie. »Gib’s zu.«

Der Graf machte ein missmutiges Gesicht.

»Na ja, man feiert ja nicht jeden Tag die Verlobung seiner einzigen Tochter.«

»Du verlierst Anna ja nicht«, tröstete sie ihn, während sie ihm das Hemd zuknöpfte und begann, die Fliege zu binden. »Im Gegenteil, wir bekommen einen Schwiegersohn dazu. Vor allem einen, auf den wir uns verlassen können. Schließlich kennen wir Bert von Kindesbeinen an. Die Vermählung der Kinder ist zwischen uns und derer von Niederstaufen schon lange eine beschlossene Sache. Warum also dieses missmutige Gesicht?«

Andreas von Freienthal nickte. »Du hast ja recht«, gab er zu. »Es ist nur – vier Jahre war Anna im Internat, wir haben sie nur zu den Ferien gesehen, und jetzt, wo sie gerade wieder da ist, wird sie uns schon bald wieder verlassen.«

Annemarie lächelte und gab ihm einen Kuss. Sie wusste, dass Andreas das Madel abgöttisch liebte und alles für seine Tochter getan hätte. Nur schweren Herzens hatte er die damals Fünfzehnjährige auf das Internat am Bodensee geschickt, und jedes Mal freute er sich narrisch, wenn Ferien waren und Anna nach Hause kam.

»Fertig«, sagte sie und gab ihm einen Kuss. »Auf einen schönen Abend und eine gelungene Verlobungsfeier.«

»Die wünsche ich uns auch«, erwiderte der Graf und strich sich noch einmal über das Haar. »Dann komm jetzt. Die Gäste warten.«

Sie verließen das Schlafgemach. Auf dem Treppenabsatz warteten Hans von Niederstaufen und seine Familie: Astrid, seine Frau, und der Sohn Bertram, kurz Bert genannt.

»Na, dann kann es ja losgehen«, meinte Hans und klopfte seinem Sohn auf die Schulter. »Wo steckt denn deine Braut?«

»Zukünftige Verlobte, Vater«, entgegnete Bert und zuckte die Achseln. »Vermutlich muss sie sich erst noch für mich schön machen.«

»Kommt«, drängte Andreas von Freienthal, »wir dürfen die Gäste nicht länger warten lassen.«

Er winkte einem Hausmädchen und beauftragte es, Komtess Anna Bescheid zu sagen, dass sie sich beeilen müsse. Dann nickte er den anderen zu und setzte sich in Bewegung.

Sie gingen hinunter, durchquerten die festlich geschmückte Halle und traten vor das Portal. Dort waren ein Mikrofon und Lautsprecher aufgebaut. Unten standen die geladenen Gäste und blickten erwartungsvoll nach oben. Die Verlobung der Grafentochter mit dem Sohn eines der reichsten Adelshäuser Bayerns war ein gesellschaftliches Ereignis, bei dem auch die Presse nicht fehlen durfte. Die ersten Blitzlichter zuckten bereits, als der Graf an das Mikrofon trat.

Andreas von Freienthal räusperte sich und warf seiner Frau einen Blick zu. Verwirrt bemerkte er, dass Annemarie ihn entgeistert ansah und unmerklich den Kopf schüttelte. Hinter ihr stand das Hausmädchen, das er beauftragt hatte, nach der Tochter zu schauen. Andreas trat einen Schritt zurück. »Was ist denn?«, raunte er, mit deutlicher Ungeduld in der Stimme.

»Anna ist fort«, gab seine Frau leise zurück.

Der Graf runzelte die Stirn. »Wie, fort?«

»Fort eben!«, erwiderte sie nachdrücklich. »Hanni sagt, ihre Sachen wären auch nicht mehr da …«

Hanni war das Hausmädchen. Es nickte heftig.

Andreas merkte, wie ihm plötzlich der Schweiß ausbrach. Er griff sich an die Brust, als habe er einen Herzinfarkt bekommen, und sein Gesicht zeigte einen gequälten Ausdruck. Mein Gott, schoss es ihm durch den Kopf, was für ein Skandal!

*

Glücklicherweise zählten zu den Gästen auf Schloss Freienthal, neben Pfarrer Trenker, auch Dr. Toni Wiesinger und Frau. Indes war es nicht der Graf, der ärztliche Hilfe benötigte, sondern seine Gemahlin. Gräfin Annemarie war, nachdem ihr die Bedeutung der eigenen Worte bewusst geworden war, ohnmächtig zusammengesunken. Das Hausmädchen hatte sie gerade noch auffangen und mithilfe des Grafen und weiteren Personals nach oben, in die gräflichen Gemächer, tragen können, wo Dr. Wiesinger sich um sie kümmerte.

Graf Andreas saß unterdessen im Salon, einen gefüllten Cognacschwenker in der Hand, und schüttelte immer wieder den Kopf. »Mein Gott«, sagte er, sichtlich erschüttert, »diese Blamage! Die Zeitungen werden sich morgen mit ihren Schlagzeilen gegenseitig übertrumpfen!«

Hans von Niederstaufen Bediente sich erneut an der Flasche. »Wie stehen wir jetzt da?«, grollte er. »Wir sind doch genauso blamiert! Was ist bloß in deine Tochter gefahren?«

Er sah zu seinem Sohn hinüber. Bert saß auf dem kleinen Sofa und machte einen recht gelassenen Eindruck.

Er lässt sich nichts anmerken, dachte der Vater stolz, ein Echter von Niederstaufen eben!

Die Tür öffnete sich, und Sebastian Trenker trat ein.

»Ich habe die Gäste nach Hause geschickt«, sagte der Bergpfarrer.

Er war ein alter Bekannter der Familie, hatte mit dem Grafen schon mehrere Bergtouren unternommen, wenn die Familie in den Ferien in St. Johann weilte. Sebastian hätte das junge Paar, freilich nach einer gebührenden Verlobungszeit, auch in der schlosseigenen Kirche trauen sollen.

»Wie es ausschaut, ist Anna tatsächlich heimlich fortgelaufen«, setzte der Geistliche hinzu. »Die Hausdame hat mir bestätigt, dass zwei Koffer fort sind, sowie diverse Kleidungsstücke der Komtess. Auch Annas Auto, das sie zum Geburtstag geschenkt bekommen hat, steht net mehr in der Garage.«

Er schilderte kurz, wie er mit Irene von der Lohe, der Hausdame, die Zimmer der Komtess durchsucht hatte. Es stand eindeutig fest, dass Anna fortgelaufen war. »Auch wenn sie keine Nachricht, keinen Abschiedsbrief hinterlassen hat«, sagte Sebastian.

Andreas von Freienthal hob das Gesicht. Aschgrau war es, die attraktive Bräune, die es sonst zeigte, war nicht mehr zu sehen. »Warum hat sie das getan?«

Ratlos sahen die anderen ihn an. Die Tür wurde ein weiteres Mal geöffnet, und Dr. Wiesinger und Astrid von Niederstaufen betraten den Salon. Die Gräfin war auch bei Annemarie von Freienthal gewesen.

»Ich habe Ihrer Frau eine Beruhigungsspritze gegeben«, erklärte der Arzt. »Sie schläft jetzt. Wenn sie morgen aufwacht, soll sie zwei von diesen Tabletten nehmen.«

Toni Wiesinger nahm eine Packung aus seiner Arzttasche, die er immer mit sich führte, auch wenn er privat unterwegs war. Sie lag im Kofferraum seines Autos, und es hatte sich schon mehrmals gezeigt, dass es sehr umsichtig von dem jungen Arzt war, sie stets dabei zu haben. »Die Tabletten sind rein pflanzlich«, fuhr Dr. Wiesinger fort. »Es sollte aber möglichst noch mal der Kollege vor Ort nach Ihrer Gattin schauen.« Er betrachtete kritisch den Grafen. »Wie geht es Ihnen? Fühlen Sie sich einigermaßen?«

Graf Andreas winkte ab. »Alles in Ordnung«, erwiderte er. Er stellte das Glas auf den Tisch und stand auf. Mit zwei Schritten war er bei Bertram von Niederstaufen. »Es tut mir so leid, mein Junge«, beteuerte er. »Ich weiß wirklich nicht, was in Anna gefahren ist.«

Der junge Graf nickte. »Schon gut«, sagte er. »Vielleicht löst sich das Rätsel ja schon bald auf. Anna wird sich bestimmt melden, sie weiß doch, dass ihr euch Sorgen macht.«

Sebastian, der in der Nähe stand, sah den jungen Mann nachdenklich an. Bert war einundzwanzig Jahre alt, ein schlanker, sportlicher Typ. Er ruderte in einem Verein, nahm hin und wieder an einem Reitturnier teil und war in seinem Erscheinungsbild das, was man gemeinhin als ›Schwiegermüttertyp‹ bezeichnete. Tatsächlich gab es nicht wenige Frauen in seinem gesellschaftlichen Umfeld, die ihn gerne als Mann für die eigene Tochter gesehen hätten.

Der Bergpfarrer nahm Bert beiseite. »Sag mal, gab es vielleicht einen Streit zwischen Anna und dir?«, fragte er.

Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Verlobung wegen einer dummen Auseinandersetzung scheiterte, noch ehe sie geschlossen war.

Bertram von Niederstaufen schüttelte den Kopf. »Nein, überhaupt nicht«, antwortete er. »Es war alles ganz normal.«

Sebastian nickte verstehend. Indes suchte er nach einer Erklärung für die Gelassenheit, mit der der junge Graf diesen Skandal hinnahm. Immerhin ging es ja auch um ihn und seinen Ruf in der Gesellschaft. Aber Bert von Niederstaufen schien das Verschwinden seiner Braut nicht weiter zu beunruhigen.

›Sie weiß doch, dass ihr euch Sorgen macht‹, diese Bemerkung gab dem guten Hirten von St. Johann zu denken. Bert hatte ›ihr‹ gesagt, nicht ›ich‹. Dabei war er es doch, der sich um Anna von Freienthal sorgen musste! Immerhin wollte er sie ja heiraten!

»Was wird denn nun aus euren Hochzeitsplänen?«, forschte Sebastian nach.

Der junge Graf zuckte die Schultern. »Ich denke, ich warte erst einmal ab«, entgegnete er. »Wenn ich binnen einer Woche nichts von Anna gehört habe, trete ich von meiner Zusage zurück.« Er warf einen Blick zu Hans von Niederstaufen, der sich gerade mit Graf Andreas unterhielt. »Ich bin sicher, dass Vater mich von dem Ehegelöbnis entbinden wird«, setzte er hinzu.

*

Tobias Brenner saß an der Straße zwischen Garmisch-Partenkirchen und St. Johann. Der junge Bursche schaute ungeduldig die wenig befahrene Landstraße hinunter, immer, wenn die Scheinwerfer eines Autos aufleuchteten, stand der Bauernsohn auf und hoffte, dass die Warterei ein Ende haben möge.

Oder kam sie am Ende gar net? Hatte sie es sich etwa anders überlegt?

Er schaute auf das Ziffernblatt seiner Uhr am Handgelenk. Kurz nach neun, vor einer Stunde hatten sie sich hier schon treffen wollen.

Weitere zwanzig Minuten vergingen quälend langsam, dann zerriss das grelle Fernlicht eines Autos die Dunkelheit. Der Wagen kam immer näher, der Fahrer betätigte in regelmäßigen Abständen die Lichthupe, und Tobias trat, befreit lächelnd, auf die Fahrbahn.

Das Auto verringerte seine Geschwindigkeit und blieb vor dem Burschen stehen, die Tür wurde aufgerissen, und der Fahrer, der eine Fahrerin war, stürzte heraus, in Tobias’ Arme.

»Endlich!«

Er nahm ihren Kopf in beide Hände und küsste sie zärtlich. »Gott sei Dank«, flüsterte er. »Wars sehr gefährlich, dich fortzuschleichen?«

Anna von Freienthal schüttelte unbekümmert den Kopf. »Überhaupt nicht«, antwortete die Komtess. »Die waren alle so mit den Vorbereitungen für das Fest beschäftigt, dass sie überhaupt nichts bemerkt haben.« Sie erwiderte seinen Kuss. »Und wie war es bei dir?«

»Alles gut«, lächelte Tobias. »Der Loisl hat mich auf dem Weg nach Garmisch hier abgesetzt, und daheim sind s’ schon ganz gespannt, ob du’s wirklich wahr machst. Vater freut sich jedenfalls auf dich, und Mutter …, na ja, die hat halt Bedenken, was deine Eltern dazu sagen werden.«

Anna zog ihn mit sich. »Das ist mir ganz egal«, sagte sie. »Ich bin volljährig und lass mir nicht vorschreiben, wen ich heiraten soll. Komm, wir wollen weiterfahren, ehe uns jemand sieht. Noch muss es niemand wissen, dass ich bei euch auf dem Hof bin.«

Eine Viertelstunde später bog die Komtess auf den Berghof der Familie Brenner ein. Tobias’ Eltern, Franz und Burgl, sowie die Magd, Wally, warteten schon.

»Schön, dass du endlich da bist«, sagte der Bauer und schloss Anna in seine Arme.

Die Bäuerin atmete tief aus. »Ich hatte richtig Angst, dass im letzten Moment noch was schief gehen könnt«, gestand Burgl Brenner. Sie machte ein bedrücktes Gesicht. »Und, ehrlich gesagt, tun mir deine Eltern leid. Hats denn wirklich heut sein müssen, an diesem besondren Tag?« Sie zuckte die Schultern. »Vielleicht wär’s besser gewesen, ihnen schon gleich was zu sagen, als ihr euch entschieden hattet …«

Anna von Freienthal schüttelte energisch den Kopf. »Ganz bestimmt nicht«, erwiderte sie. »Glaub mir, nur dieser Paukenschlag, mit dem ich sie vor vollendete Tatsachen gestellt habe, bringt sie zur Besinnung. Ich habe oft genug versucht, sie von dieser Hochzeit abzubringen. Es hat nichts genützt. ›Ein Freienthal steht zu seinem Wort!‹, lieber Himmel, wenn ich das schon höre!« Zärtlich sah sie Tobias an. »Und wo die Liebe dabei bleibt, danach fragen sie überhaupt nicht.«

Er zog sie an sich und küsste sie. »Es ist schon ganz richtig, wie wir’s jetzt machen«, sagte er.

Burgl Brenner deutete auf den gedeckten Tisch. »Dann lasst uns jetzt endlich essen.«

Heute hatte das Abendessen warten müssen. Sie hatten alle keinen rechten Appetit gehabt, bei dem Gedanken, dass die junge Komtess an diesem Tag ihr Elternhaus verlassen würde.

Jetzt aber, wo die Anspannung endlich von ihnen abgefallen war, schmeckte es ihnen doppelt so gut.

»Ich soll dir übrigens Grüße von Bert ausrichten«, sagte Anna, als sie und Tobias später über den Hof spazierten. »Er wünscht uns Glück.«

Der Bauernsohn lächelte. »Das wünsche ich ihm und seiner Britta auch. Er ist ein prima Kerl, der Herr Graf Junior.«