Aralorn - Die Wandlerin - Patricia Briggs - E-Book
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Aralorn - Die Wandlerin E-Book

Patricia Briggs

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Beschreibung

Aralorn kann alles sein: Schneefalke, Maus, Wildkatze. Sie ist eine Gestaltwandlerin, und diese Gabe macht sie zu einer wertvollen Spionin. Als solche bekommt sie einen gefährlichen Auftrag: Sie wird auf den mächtigsten Magier des Reiches angesetzt. Er steht im Verdacht, etwas mit dem mysteriösen Tod des Königs zu tun zu haben. Gemeinsam mit ihrem treuen Gefährten Wolf entdeckt Aralorn, dass der charismatische Magier das Spiel der Illusion und Manipulation perfekt beherrscht. Und sein Hunger nach Macht und Einfluss ist unersättlich. Doch wie bezwingt man einen Feind, der die Gedanken der Menschen zu lenken vermag?

»Patricia Briggs verzaubert ihre Leser - Mal für Mal.« Lynn Viehl, New-York-Times-Bestsellerautorin

Sianim, ein Reich voller Magier, Drachen und Gestaltwandlern - die packend erzählte Abenteuerfantasy-Reihe der beliebten New-York-Times-Bestsellerautorin Patricia Briggs.

Band 1: Aralorn - Die Wandlerin
Band 2: Aralorn - Der Verrat
Band 3: Rialla - Die Sklavin
Band 4: Shamera - Die Diebin

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Widmung

Karte

Prolog

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

Epilog

Über die Autorin

Alle Titel der Autorin bei beHEARTBEAT

Impressum

 

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Über dieses Buch

Aralorn kann alles sein: Schneefalke, Maus, Wildkatze. Sie ist eine Gestaltwandlerin, und diese Gabe macht sie zu einer wertvollen Spionin. Als solche bekommt sie einen gefährlichen Auftrag: Sie wird auf den mächtigsten Magier des Reiches angesetzt. Er steht im Verdacht, etwas mit dem mysteriösen Tod des Königs zu tun zu haben. Gemeinsam mit ihrem treuen Gefährten Wolf entdeckt Aralorn, dass der charismatische Magier das Spiel der Illusion und Manipulation perfekt beherrscht. Und sein Hunger nach Macht und Einfluss ist unersättlich. Doch wie bezwingt man einen Feind, der die Gedanken der Menschen zu lenken vermag?

PATRICIA BRIGGS

ARALORN

DIE WANDLERIN

Aus dem amerikanischen Englischvon Michael Neuhaus

In Liebe für meine Eltern:

Harvey C. Rowland1917–1989

Betty J. Rowland

Prolog

Schwankend stolperte der Wolf fort von der Höhle. Er wusste, dass jemand ihn suchte und dass er sich diesmal nicht selbst schützen konnte. Er war fiebrig und krank, und sein Kopf hämmerte so sehr, dass es schmerzte zu laufen. Er konnte kaum klar denken.

Nach all dieser Zeit, nach all seiner Vorbereitung, würde er von einer Krankheit zu Fall gebracht werden.

Die Ranken des Suchenden streckten sich abermals aus, strichen über ihn hinweg, ohne ihn zu erfassen oder innezuhalten. Die Nordlande steckten voll wilder Magie – weshalb andere Magie hier nicht richtig funktionierte. Der Sucher hielt Ausschau nach einem Zauberer. Er würde den Wolf, in dem sich der Mann verbarg, niemals bemerken, solange das Fieber ihn nicht verriet.

Er sollte sich ruhig verhalten, das war die … aber die Furcht war zu groß, und seine Krankheit vernebelte seine Gedanken.

Der Tod schreckte ihn nicht; manchmal dachte der Wolf sogar, dass er bloß hierhergekommen war, um ihn zu suchen. Wovor er viel größere Angst hatte, war, dass er nicht sterben würde, war das, wozu er dann werden würde. Vielleicht befand sich der, der dort nach ihm forschte, nur einfach so und ohne festes Ziel auf der Jagd – doch als der Wolf das dritte Umhertasten spürte, wusste er, wie unwahrscheinlich das war. Durch irgendetwas musste er sich verraten haben. Ihm war immer klar gewesen, dass er eines Tages gefunden werden würde. Nur dass dies in einem Moment geschähe, in dem er so schwach war, hätte er niemals gedacht.

Er versuchte sich besser mit der Form zu verbinden, die er angenommen hatte, noch mehr in dem Wolf aufzugehen. Es gelang.

Das vierte Knistern von Magie, der Magie des Suchers, war für den Wolf zu viel. Er war ein weit simpleres Geschöpf als der Magier, der sich in ihm verbarg. Wurde der Wolf in Angst versetzt, so griff er entweder an oder lief weg. Da niemand da war, den er angreifen konnte, lief er.

Erst als der Wolf erschöpft war, war der Mann imstande, sein Menschsein zu sammeln – ein Witz, sein Menschsein –, nun ja, er sammelte sich und hörte auf zu laufen. Die Rippen schmerzten vom schweren Atmen, und die harten Fußballen waren zerschnitten von Steinen und Eiskristallen, die es in einem Land, in dem die Sonne das Geschenk des Winters nie ganz hinwegzuschmelzen vermochte, überall gab. Obwohl er sich heiß und fiebrig fühlte, fröstelte er. Er war krank.

Er konnte nicht einfach weiterrennen – und es war nicht nur der Wolf, der nach Entkommen lechzte. Denn Rennen würde ihn nicht retten, nicht vor dem, wovor er floh.

Er schloss die Augen, doch das hielt seinen Kopf nicht davon ab, im Rhythmus seines rasenden Pulses zu hämmern. Wenn er nicht vorhatte, hier draußen zu sterben, musste er sich ein Versteck suchen. Irgendeinen warmen Platz, wo er ausharren und wieder zu Kräften kommen konnte. Er hatte Glück, dass er in den Süden gekommen war, und es war Hochsommer. Wäre jetzt Winter, bestünde seine einzige Chance darin, wieder zu den Höhlen zurückzukehren, von denen er fortgerannt war.

Ein Laubhaufen unter einem Espendickicht erregte seine Aufmerksamkeit. Wenn er tief genug und es darunter trocken war, sollte dies als Unterschlupf reichen. Er setzte sich wieder in Bewegung, den Hügel hinab und in Richtung der Bäume.

Es gab nicht das geringste warnende Anzeichen. Der Boden unter ihm gab so urplötzlich nach, dass er zehn Fuß tiefer auf einem Stoß verrotteter Pfähle aufschlug, noch bevor er überhaupt realisierte, was passiert war.

Es war eine alte Fallgrube. Er wollte wieder aufstehen und stellte fest, dass es mit seinem Glück doch nicht so weit her war, wie er gedacht hatte. Die Pfähle waren gebrochen, als er auf sie herabgestürzt war, doch leider traf dies auch auf sein Hinterbein zu.

Vielleicht hätte er etwas unternehmen können, wenn er nicht so krank, nicht so müde gewesen wäre. Einstmals, vor langer Zeit, hatte er gelernt, Schmerz beiseite zu schieben, während er seine Magie benutzte. Doch diesmal wollte es ihm, so sehr er sich auch bemühte, einfach nicht gelingen, nicht bei seinem vom Fieber geschüttelten Körper. Ohne Magie, mit einem gebrochenen Bein, saß er hier fest. Die verrotteten Pfähle bewiesen, dass niemand mehr die Falle kontrollierte – niemand kommen würde, ihn zu befreien oder kurz und schmerzlos zu töten. Und so würde sein Ende ein langsames sein.

Aber das war in Ordnung, denn wenn er die Wahl hätte, wurde er lieber nicht befreit als erwischt werden.

Das hier war eine Falle. Aber es war nicht seine Falle.

Vielleicht, dachte der Wolf, während seine unverletzten Beine ein weiteres Mal nachgaben, vielleicht war es gut, nicht mehr davonlaufen zu können Das Erdreich unter ihm war kalt und nass, und die Hitzeschwalle, die sein Körper wegen des Fiebers und der wilden Hatz aussandte, verloren sich in der Kühle der Umgebung. Er zitterte vor Kälte und Schmerz und wartete geduldig … beinahe glücklich. Wartete, dass der Tod ihn umfing und ihn holte.

»Wer im Sommer in die Nordlande reist, entgeht vielleicht den Schneestürmen, aber dafür bekommt er jede Menge Matsch.« Aralorn, Stabsknappe, Meldegängerin und Kundschafterin der Sechsten Feldhundertschaft, trat gegen einen Stein, der in einem bescheidenen Bogen durch die Luft flog und mit einem unbefriedigenden Plopp direkt vor ihr auf dem schlammigen Pfad landete.

Eigentlich war es nicht wirklich ein Pfad. Hätte er nicht vom Dorf aus direkt zu dem gut genutzten Lagerplatz geführt, an dem sich ihre Einheit gegenwärtig befand, hätte sie ihn bestenfalls eine Wildspur genannt, auf den noch nie ein menschlicher Fuß getreten war.

»Ich hätt’s ihnen sagen können«, schimpfte sie. »Aber mich hat ja keiner gefragt.«

Sie machte einen weiteren Schritt, und ihr linker Stiefel versank gute fünfzehn Zentimeter in einer Stelle, die ganz genauso aussah, wie das Stück davor, und welches ihr Gewicht anstandslos getragen hatte. Sie zog den Fuß heraus, versuchte erfolglos, den dicken Schlamm abzuschütteln. Als sie sich wieder in Bewegung setzte, wog ihr matschbedeckter linker Stiefel doppelt so viel wie der rechte.

»Ich schätze mal«, sagte sie schicksalsergeben, während sie weiterstapfte, »eine Übung ist nicht dazu gedacht, Spaß zu haben, und es kommt ja durchaus mal vor, dass man im Morast kämpfen muss. Aber es ist ja nicht so, als wenn es an wärmeren Orten keinen Morast gäbe. Wir könnten zum Beispiel im alten Großen Sumpf auf die Jagd nach den Uriah gehen. Das wäre eine gute und zweckdienliche Übung, nur dass uns niemand Geld dafür geben würde. Und Söldner, für die keiner zahlt, sind nicht zweckdienlich. Folglich stecken wir jetzt hier fest – im wahrsten Sinne des Wortes, was unsere Proviantwagen betrifft – und machen Manöverübungen im arschkalten Matsch.«

Ihr mitfühlender Zuhörer seufzte und stupste sie mit seinem Kopf. Sie rieb die grauen Wangenknochen ihres Pferdes unter den Lederriemen seines Zaumzeugs. »Ich weiß, Schimmer. Wir könnten in einer halben Stunde da sein, wenn wir uns ranhalten. Aber ich sehe keinen Sinn darin, idiotisches Verhalten auch noch zu unterstützen.«

Einer der Proviantwagen war so tief im Schlamm versunken, dass bei dem Versuch, ihn herauszuziehen, eine Achse gebrochen war. Aralorn war daraufhin zum nächstgelegenen Dorf geschickt worden, um sie bei einem Schmied reparieren zu lassen. Denn der Schmied, den sie mitgebracht hatten, hatte sich wiederum bei der versuchten Befreiung des steckengebliebenen Wagens den Arm gebrochen.

Dass es tatsächlich ein nahegelegenes Dorf gab, war draußen in den Nordlanden einigermaßen überraschend – obwohl sie nicht einmal sehr tief in die Region vorgedrungen waren. Wahrscheinlich war dieses Dorf sogar der Grund dafür, warum man die Söldnertruppen für ihre Übungen dort hingeschickt hatte, wo sie waren, anstatt zwanzig Meilen weiter nach Osten oder Westen.

Die wiederhergestellte Achse war der Länge nach auf die linke Seite von Schimmers Sattel geschnallt; am Steigbügel auf der anderen Seite war eine beschwerte Tasche festgezurrt, um das Gewicht der Last auszugleichen. Das machte das Reiten zu einer höchst unbequemen Angelegenheit, was der Grund dafür war, weshalb Aralorn zu Fuß marschierte. Ein Teil des Grunds jedenfalls.

»Wenn wir zu früh ins Lager kommen, wird unser glorreicher und unerfahrener Hauptmann den Befehl geben, den Wagen direkt zu reparieren. Und anschließend lässt er uns dann von einem recht annehmbaren Lagerplatz aufbrechen und bis Sonnenuntergang noch ein paar weitere Meilen marschieren – und das Ende vom Lied wird sein, dass wir die ganze Nacht nach einem anderen passablen Platz zum Kampieren suchen.«

Der Hauptmann war ein netter Kerl und würde ein guter Anführer werden – irgendwann einmal. Aber im Augenblick war er noch ziemlich versessen darauf, seinen Eifer unter Beweis zu stellen und daher nicht sehr zugänglich für gesunden Menschenverstand.

»Wenn ich allerdings mit der Achse erst nach Einbruch der Dunkelheit einträfe, müsste er mit dem Ausrücken bis zum Morgen warten«, erklärte sie Schimmer. »Bei Tageslicht wäre der Wagen ruckzuck repariert, und wir alle kämen zu unserem wohlverdienten Schlaf. Du und ich, wir könnten die letzte halbe Meile oder so traben, gerade lange genug, um ein kleines bisschen ins Schwitzen zu geraten, und behaupten, dass es der Schmied war, der so lange gebraucht hat.«

Plötzlich riss ihr Schlachtross jäh seinen Kopf hoch. Es schnaubte beunruhigt auf, seine Nüstern vibrierten, als es die Luft einsog und die Ohren anlegte.

Augenblicklich fuhr Aralorns Hand an den Riemen, an dem sich ihr Schwert in seiner Scheide befand. Aufmerksam blickte sie sich um. Da war nicht einfach bloß eine Person – davor hätte Schimmer sie durch ein warnendes Ohrenzucken gewarnt.

Möglicherweise hatte der Geruch von Blut das antrainierte Kampfverhalten ihres Pferdes geweckt, dachte sie, oder vielleicht hatte es irgendeine Art von Raubtier gewittert. Immerhin waren das hier die Nordlande; hier gab es Bären, Wölfe und noch so manche andere Dinge, die groß genug waren, um Schimmer in Aufregung zu versetzen.

Plötzlich wieherte der graue Hengst eine schrille Herausforderung hinaus, die wahrscheinlich im Umkreis von Meilen noch wahrzunehmen war. Sie konnte nur hoffen, dass ihr Hauptmann sie nicht hörte. Was immer Schimmer auch witterte, es befand sich in dem Espenhain nicht weit hügelaufwärts von dort, wo sie standen. Und außerdem hatte es dem Anschein nach keine große Eile, zum Angriff überzugehen, denn auf Schimmers Ruf erfolgte keinerlei Reaktion; keine erwidernde Herausforderung, nicht einmal ein Rascheln.

Sie könnte einfach weitergehen. Wenn es bis jetzt nicht herausgekommen war, dann würde es das vermutlich auch nicht mehr tun. Aber wo blieb dann der Spaß?

Sie ließ Schimmers Zügel auf den Boden fallen. Er würde an Ort und Stelle bleiben, bis sie zurückkam – zumindest so lange, bis er Hunger bekam. Dann zückte Aralorn ihr Messer und schlich in das Dickicht der Espen.

Er hörte sie reden und roch das Pferd. Rührte sich nicht. Er hatte Ross und Reiter schon einmal vorbeikommen hören – oder wenigstens glaubte er das. Doch dieses Mal hatte das Pferd gescheut, weil der Wind, der die Espenblätter kräuselte, ihm den Geruch des Wolfs um die Nüstern geweht hatte.

Er wartete, dass sie vorbeigingen. Heute Nacht, dachte er hoffnungsvoll. Heute würde die dritte Nacht sein, die er hier verbrachte, vielleicht war es seine letzte. Doch ein Teil von ihm wusste es besser, wusste, wie lange es dauerte, bis ein Körper vor Durst oder Hunger starb. Er war noch immer zu kräftig. Nein, das Ende würde nicht vor morgen kommen.

Die Hoffnung auf den Tod hatte ihn abgelenkt, und erst das Geräusch der Schritte der Frau verriet ihm, dass sie herangekommen war. Er öffnete die Lider und blickte in das abgesehen von den großen, meergrünen Augen reizlose Gesicht einer kräftig gebauten Frau, die sich über den Rand der Fallgrube beugte. Sie trug eine Söldneruniform, und ihre Hände waren schwielig und lehmverschmiert.

Er wollte ihre Augen nicht sehen, wollte überhaupt kein Interesse für sie empfinden. Er wollte nur, dass sie ihn in Ruhe ließ, damit er sterben konnte.

»Zur Hölle mit allem und jedem«, hörte er sie sagen. Ihre Stimme klang angespannt und wütend. Dann wurde ihr Tonfall weicher. »Wie lange hockst du denn schon da drin, mein Schatz?«

Als sie an der anderen Seite der Fallgrube hinabglitt und dann über ihn gebeugt dastand, erkannte der Wolf die von dem Messer in ihrer Hand ausgehende Gefahr. Er knurrte, rollte sich von der Seite auf den Bauch, um auf die Beine zu kommen – dass er sterben wollte, hatte er vergessen. Zumindest für den Moment. Er zitterte vor Anstrengung, vor Schwäche, vor Schmerz wegen seines gebrochenen Beins. Mit angelegten Ohren sank er wieder zurück.

»Schhhh«, sagte sie leise und deckte angesichts seiner Aggressivität ihr Messer ab. »Allzu lange offensichtlich nicht. Na schön, und was mach ich jetzt mit dir?«

Geh weg, dachte er. Er knurrte sie abermals an, so drohend, wie er vermochte, spürte, wie seine Lefzen sich von den Fängen zurückzogen und sich ihm entlang der Wirbelsäule das Fell aufrichtete.

Der Ausdruck auf ihrem Gesicht war nicht ganz der, den er erwartet hatte. Ganz gewiss war es nicht der, mit dem eine geistig gesunde Person auf einen gefährlichen Wolf blicken würde. Sie sollte sich eigentlich vor ihm fürchten.

Stattdessen … »Armes Ding«, sagte sie in diesem unverändert sanften Tonfall. »Dann wollen wir dich mal hier rausholen, was?«

Sie löste ihren Blick von seinem und kniete sich hin, um seine Hüften zu untersuchen, leise summend, während sie näher an ihn heranrückte.

Sie stank nicht nach Angst, war das Einzige, was er denken konnte. Alle hatten Angst vor ihm. Alle. Selbst er, der nach ihm suchte. Sie roch nach Pferd, nach Schweiß und nach irgendetwas Süßem. Aber nicht nach Angst.

Er fletschte die Zähne, und sie legte ihm eine Hand um die Schnauze. Schiere Verblüffung ließ sein Knurren verstummen. Wie dumm war diese Frau?

»Schhh.« Ihre Stimme verschmolz mit der Musik, die sie machte, und er erkannte, dass ihr Summen der Erde um sie herum Magie entzog. »Lass mich mal sehen.«

Er war ebenso verwundert über sich selbst wie über sie, als er sie eben dies tun ließ. Er hätte ihr ohne Weiteres die Kehle herausreißen oder ihr das Genick brechen können, während sie jeden Zentimeter von ihm inspizierte. Doch er tat es nicht – und er war sich nicht ganz sicher, wieso.

Nicht, dass es ihm etwas ausgemacht hätte, sie zu töten. Er hatte schon viele Menschen getötet. Aber das war früher. Er wollte das nicht mehr. Vielleicht spielte also auch das mit hinein.

Er wusste, dass sie nur versuchte, ihm zu helfen – aber er wollte keine Hilfe. Er wollte sterben.

Ihre Magie umspülte ihn und hüllte ihn ein, polsterte ihn ab. Der Wolf winselte leise und entspannte sich, überließ das Heft zum ersten Mal, seit die Krankheit zugeschlagen hatte, dem Magier in ihm. Vielleicht noch seit viel längerer Zeit.

Die Magie der Frau wirkte bei dem Magier nicht, da er wusste, was es war – und weil es sich, wie er zugeben musste, um keine Zwangsmagie handelte. Er war Magier genug, um ihre Absicht zu erspüren. Sie wollte nicht, dass aus dem Wolf ein Schoßhündchen wurde, lediglich, dass er sich entspannte.

Doch nicht der hilfsbereite Vorsatz der Frau war der Grund für ihn, sie nicht zu töten. Nicht der eigentliche. Schon lange – länger, als er überhaupt zurückdenken konnte – hatte ihn rein nichts mehr interessiert, sie hingegen hatte seine Neugierde geweckt. Erst einmal im Leben war er einem Anwender grüner Magie, wilder Magie, begegnet. Sie verbargen sich vor den Menschen im Land, falls es überhaupt noch Grünmagier gab. Aber hier war einer von ihnen, stand direkt vor ihm, in den Kleidern eines Söldners.

Sie hob ihn vom Boden auf – was ihn leicht überraschte, denn sie wog kaum mehr als er selbst. Jedoch konnte sie ihn nicht hoch genug heben, dass er die Kante der Grube erreichte, und so setzte sie ihn zunächst wieder ab.

»Da werden wir wohl etwas Hilfe brauchen«, sagte sie zu ihm und kraxelte im nächsten Moment bereits wieder nach oben. Fast kam sie selbst nicht aus der Falle heraus; wäre das Loch rund gewesen, hätte sie es nicht geschafft.

Als sie davonging und ihre Magie mit sich nahm, fühlte er sich seltsam beraubt – als hätte ihn jemand mit einer Wolldecke zugedeckt und sie dann wieder weggezogen. Und erst als sie fort war, wurde ihm bewusst, dass ihre Musik seine Schmerzen gelindert und ihn eingelullt hatte, ungeachtet dessen, dass er als Magier stets auf der Hut vor so etwas war.

Wenig später hörte er das Pferd herantraben und das Geräusch von Leder und wie etwas Schweres auf den Boden fiel. Das Pferd näherte sich der Grube und blieb stehen.

Als die Söldnerin, die grüne Magie beherrschte, kurz darauf zurück in sein Beinahe-Grab hopste, hatte sie ein Seil in der Hand.

Er rechnete jeden Moment damit, dass der Wolf Schwierigkeiten machte, als sie ihn in einem behelfsmäßigen Gurtzeug verzurrte und es irgendwie schaffte, sein schlimmes Bein zu fixieren. Doch der Wolf wartete, während sie an ihm herumwerkelte, sanft wie ein Schaf. Als er zu ihrer Zufriedenheit verschnürt und verpackt war, kletterte sie wieder hinaus.

»Auf geht’s, Schimmer«, sagte sie zu jemandem. Möglicherweise das Pferd, dachte er.

Die Reise aus dem Loch heraus war nicht gerade angenehm. Er schloss die Augen und ließ die Schmerzen ihn davontragen, wohin auch immer sie wollten. Als er schließlich oben auf dem Erdboden ruhte, band sie ihn los.

Endlich frei, lag er da, dort, wo er abgestürzt war, zu schwach zum Laufen. Und vielleicht auch zu neugierig.

1

Vier Jahre später

Aralorn schritt auf und ab, ihr Herz hämmerte mit nervöser Energie.

Damals hatte es nach einer guten Idee ausgesehen. Sie hatte geplant, sich als Dienerin auszugeben – sie war gut als Dienerin, und im Allgemeinen pflegten die Leute vor dem Gesinde zu reden, als ob es überhaupt nicht anwesend wäre. Doch dann war da dieses Sklavenmädchen gewesen, frisch an eben jenen Geoffrey ae’Magi verkauft, dessen Hof Aralorn zu infiltrieren und zu beobachten gedachte …

Hätte die Sklavin nur nicht diese graugrünen Augen des alten Volkes gehabt, die gleichen Augen wie sie, vielleicht hätte Aralorn dann nicht ihrem spontanen Impuls nachgegeben. Aber es war ein Kinderspiel gewesen, das Mädchen zu befreien und es über verlässliche und vertrauenswürdige Verbindungen zurück nach Hause, nach Reth, zu schicken – was nur bewies, dass Aralorn, obschon sie all die Jahre in Sianim gelebt hatte, immer noch rethisch genug war, um Sklaverei zu verachten. Und sogar noch einfacher war es gewesen, mit Hilfe der Magie des Volkes ihrer Mutter ihre Körperformen und ihre Gesichtszüge zu verändern, um dem Mädchen zum Verwechseln ähnlich zu sehen und ihren Platz einzunehmen.

Was sie nicht bedacht hatte, war, dass Sklaven weggeschlossen werden konnten, bis man sie brauchte; sie hatte angenommen, irgendeine Arbeit verrichten zu müssen. Es war gemeinhin bekannt, dass des Erzmagiers Leidenschaft der Magie vorbehalten war, nur selten gab er sich noch fleischlichen Vergnügungen hin. Sie war davon ausgegangen, dass das Mädchen gekauft worden war, um irgendetwas zu tun – nicht, um wochenlang eingesperrt in einer Kammer zu hocken.

Aralorn hatte bereits kurz davor gestanden, sich aus dem Staub zu machen und es noch mal mit einer anderen Identität zu versuchen, als sie vor vier Tagen in den großen Saal der Burg des ae’Magi gebracht und in den riesigen silbernen Käfig gesteckt worden war.

»Sie ist als Dekoration für den Ball bestimmt«, antwortete der Diener, der sie in den Käfig schob, auf die Frage eines anderen Dieners. »Höchstens für eine Woche, aber er will sie hier haben, damit er den Festschmuck und sie zusammen sehen kann.«

Dekoration. Der ae’Magi hatte eine Sklavin gekauft, um mit ihr seinen großen Saal zu schmücken.

Das wollte irgendwie gar nicht zu der Stellung eines Erzmagiers passen, hatte Aralorn gedacht. Es bedurfte mehr als nur Macht, der ae’Magi zu werden. Wer immer – Mann oder Frau – diesen Mantel der Autorität trug, war in den Augen der Zunft eine Person von unanfechtbarer Tugend. Nur einer solchen konnte man die Zügel in die Hand geben, um die Geschicke der gesamten Magierschaft – zumindest der westlich des Großen Sumpfs – zu lenken, auf dass es nie wieder zu einem Krieg der Zauberkundigen kam. Einen Menschen zu Dekorationszwecken zu kaufen schien ihr … irgendwie zu klein für jemanden wie den ae’Magi. Hatte sie gedacht.

Vor vier Tagen.

Aralorn erschauderte. Ihre Schuhe machten auf dem Marmor unter ihren Füßen nicht das kleinste Geräusch; nicht, dass irgendjemand imstande gewesen wäre, es über die Musik hinweg zu hören.

Jenseits der silbernen Gitterstäbe ihres Käfigs erstrahlte der große Saal in all seinem Glanz. Es hieß, dass er an die tausend Jahre alt sei, seine Pracht allein durch gute Pflege und behutsame Erneuerung bewahrt anstatt durch Magie.

Obwohl dieser Raum das Herzstück des ae’Magi-Domizils war, wurde in ihm traditionsgemäß niemals Magie ausgeübt. Dies war der Ort, zu dem die Oberhäupter des Landes kamen, um ihre Geschäfte mit dem ae’Magi zu regeln, und die Abwesenheit jeglicher Magie gab ihnen samt und sonders die Gewissheit, dass keinerlei magischer Zwang am Werke war. Doch inzwischen wusste Aralorn, dass der derzeitige ae’Magi sich nicht sonderlich viel darum scherte, den alten Traditionen zu folgen. Und er setzte definitiv Zwangsmagie ein … bei jedem.

An jenem ersten Tag hatte sie es kaum fassen können, als der Stein unter ihren Füßen vor Magie schier vibrierte. Sie ließ ihren Blick durch den Saal schweifen. Zehn Jahrhunderte alt, oder zumindest zehn Jahrhunderte von den besten verfügbaren Handwerkern erhalten und behutsam gepflegt. Und dieser ae’Magi durchtränkte den Stein mit Magie! Keinem Mensch fiele es ein, den Raum einmal genauer zu prüfen. Und falls doch, würde der Verdacht bloß auf einen anderen, einen früheren ae’Magi fallen, denn Geoffrey ae’Magi würde sich niemals über die Tradition hinwegsetzen.

An diesem Abend war der große Saal zum Ergötzen der leichtfüßig über die Tanzfläche schwebenden Menschen üppig geschmückt. Spätnachmittägliches Sonnenlicht flutete durch die tropfenförmigen kristallenen Dachfenster, die in die hohe Decke eingelassen waren. Helle Lichtsäulen fielen auf den auf Hochglanz polierten elfenbeinfarbenen Marmorboden, in dem sich die wie Juwelen funkelnden Kleider der Tanzenden spiegelten.

Aralorns Käfig befand sich auf einem erhöhten Podest an der einzigen Wand des Saals ohne Durchgang. Von diesem Hochsitz aus konnte sie den ganzen Raum überblicken und gleichzeitig von jedem Punkt aus begafft werden. Oder vielmehr das Trugbild, mit dem der ae’Magi den Käfig belegt hatte.

Anstelle der schlanken, weißblonden Frau, die der ae’Magi gekauft hatte, um seinen großen Saal mit ihrer außergewöhnlichen Anmut zu schmücken, würde der Betrachter einen Schneefalken sehen. Ebenso selten und schön wie seine Sklavin, hatte er ihr versichert, aber nicht so brisant. Einige Leute, so hatte er weiter gesagt, während er sich das Blut von der Hand leckte, hegten eine Abneigung gegen Sklaverei, und er hege eine Abneigung gegen Diskussionen.

Den Raum um seine Sklavin herum gestaltete er zu seinem eigenen Vergnügen höchstselbst. Sie als einen seltenen Raubvogel zu maskieren war für ihn nichts weiter als ein großer Spaß, den er sich mit den Menschen machte, die zu ihrer Zerstreuung hergekommen waren.

Eine Glocke ertönte und kündigte neue Ankömmlinge an. Aralorn schlang die Arme um sich, als der ae’Magi seine Gäste mit einem warmen Lächeln begrüßte. Es war das gleiche Lächeln wie in der vergangenen Nacht, als er einen kleinen Jungen getötet und ihm seine Magie gestohlen hatte.

Der Steinboden war rot gewesen von Blut, aber er hatte es rückstandsfrei absorbiert, und nur jemand, der imstande war, Magie zu erspüren, mochte das Bahrtuch bemerken, das der schändliche Mord hinterlassen hatte. Oder auch nicht. Schließlich war der ae’Magi der Herr aller Magier, und sie konnten ihre Kräfte nur in dem Maße anwenden, wie er es zuließ.

Sie machte sich schon wieder selbst verrückt – das war wirklich alles andere als hilfreich. Aralorn biss sich auf die Lippe und starrte in dem Versuch, sich abzulenken, auf den tanzenden Adel. Ordnete den Gesichtern der Tanzenden mit der Leichtigkeit, die sie zu der wertvollen Spionin machte, die sie war, Namen und Länder zu.

Der ae’Magi hatte auch einen alten Mann getötet, einen alten Mann ohne jeden Funken von Magie an sich – weder menschlicher noch grüner –, und hatte die Macht des Todes dazu benutzt, die Wände des großen Saals in ein strahlendes Weiß zu verwandeln. »Eine Sinnestäuschung«, hatte er ihr erklärt. »Es bedarf einiger Kräfte, und ich möchte ungern meine eigenen einsetzen, denn ich könnte sie jederzeit brauchen.«

Das war in der ersten Nacht gewesen. In der zweiten hatte er einen Mann hergebracht – einen seiner eigenen Wachleute. Mit dessen Blut hatte der ae’Magi eine so übelriechende Magie gewirkt, dass Aralorn der Gestank immer noch in der Nase lag.

Doch am schlimmsten war der Junge gewesen. Noch ein Kind, und …

Dutzende Herrscher aus den Reichen der Allianz von Anthran waren zugegen. Einige waren seit Jahrhunderten Mitglieder des Bundes, andere noch nicht seit ganz so vielen Jahren dabei. Die Kaiserin der Allianz war nicht erschienen. Sie war erst sechs, und ihre Vormünder hielten ein wachsames Auge auf sie für den Fall, dass irgendeiner ihrer Untergebenen beschloss, an ihrer statt lieber ihre Kusine zur neuen Kaiserin zu machen. Nur weil sie Verbündete waren, hieß das nicht, dass sie auch treue Untertanen waren. Das Gezänk innerhalb der Allianz trug erheblich dazu bei, dass Sianims Kasse stets voll war.

Nach und nach gelang es Aralorn, die Erinnerung an die toten Augen des Jungen durch Jahreszahlen und politische Ereignisse zu ersetzen, doch noch immer schritt sie in ihrem Käfig rastlos auf und ab. Es war weniger das Entsetzen angesichts der Erkenntnis, was für ein Mensch mit der Macht des ae’Magi ausgestattet worden war, das sie davon abhielt, sich hinzusetzen – es war nackte Furcht.

Der ae’Magi ängstigte sie zu Tode.

Der Tanz unter ihr hatte etwas Kaleidoskopartiges: Die leuchtenden Farben der kostbaren Stoffe drehten sich herum, nur um im nächsten Moment jäh innezuhalten, sich umzuordnen und dann von Neuem loszuwirbeln. Das Ganze wirkte eher wie ein Räderwerk als wie ein von echten Menschen bevölkerter Ball. Vielleicht war es ein Nebeneffekt der Magie. Oder möglicherweise auch Absicht, zum eigenen Vergnügen des ae’Magi. Er mochte es, die Menschen nach seiner Pfeife tanzen zu lassen, ohne dass diese etwas davon bemerkten.

Sie sah die Herzogin von Ti und den Gesandten der Allianz von Anthran gesittet miteinander tanzen. Vor zehn Jahren hatte der Gesandte den jüngsten Sohn der Herzogin dahinmeucheln lassen und damit eine blutige Fehde entfacht, welche die Reiche der Allianz mit Leichen übersät hatte wie eine Seuche.

Der Gesandte sagte etwas und tätschelte der Herzogin vertraulich die Schulter. Diese lachte daraufhin heiter, ganz so als hätte sie des Gesandten dritte Frau nicht erst kürzlich auf sehr hässliche Weise töten lassen. Vielleicht hielt sie ihr Getue ja für besonders listig, um den anderen in Sicherheit zu wiegen, doch der Gesandte war bekanntermaßen weder besonders diplomatisch noch schlau. Aralorn fragte sich, ob der Effekt des Zaubers, den der ae’Magi offensichtlich auf all seine Gäste gelegt hatte, im Grunde nur für die Herzogin gedacht war und ob die Wirkung länger anhalten würde als nur diesen einen Abend.

Wie mächtig war dieser Mann eigentlich?

Als die Musiker eine Pause machten, scharten sich die Menschen um den Erzmagier Geoffrey ae’Magi, von seinen funkelnden Augen und dem verschmitzten Grinsen angezogen wie Schmetterlinge vom blühenden Coralisbaum. Wenn ein Schmetterling sich auf der süß duftenden scharlachroten Blüte des Coralis niederließ, schlossen sich deren Blätter, und die Blüte verdaute ihre unglückliche Beute über einen Zeitraum von mehreren Wochen.

Es gab Zeiten, in denen war Aralorns Vorliebe für wissenswerte Kleinigkeiten nicht unbedingt ein Gewinn.

Wie der Coralis, so war auch Geoffrey ae’Magi außergewöhnlich schön, mit seinem blauschwarzen Haar, den hohen Wangenknochen und dem Lächeln eines Kindes, das mit der Hand in der Plätzchendose erwischt worden war.

Aralorn war ihm schon früher einmal begegnet. Sie war vom Meisterspion in der hohen Gesellschaft eingesetzt worden, welcher der ae’Magi angehörte, denn sie wusste, wie man sich unauffällig in ihr bewegte. Damals hatte sie das Gewoge von Magie, das ihn umgab, seiner Eigenschaft als mächtigstem Magier der Welt zugeschrieben. Seine Schönheit hatte sie zuerst fast gelähmt, aber sie hatte rasch erkannt, dass seine Wirkung auf andere vor allem auf seine vermeintlich sanfte Wärme und seinen selbstironischen Humor zurückzuführen war. Tatsächlich war Aralorn bis vor vier Tagen, so wie jede andere Frau, die den Magier jemals erblickt hatte, mehr als nur ein bisschen in ihn verliebt gewesen.

Aralorn wandte ihren Blick von dem ae’Magi ab und wieder dem Raum zu. Während sie den Erzmagier beobachtet hatte, war jemand bei der Säule, die ihrem Käfig am nächsten war, stehengeblieben.

Ein kleiner, breit gebauter junger Mann, in die Farben des Königshauses von Reth gekleidet, lehnte lässig an dem glänzenden Pfeiler und verfolgte ebenfalls das Treiben der Menge: Es war Myr, Prinz – nein – inzwischen König von Reth. Seine Gesichtszüge waren auffallend markant, beinahe hübsch. Er besaß ein energisch vorspringendes Kinn, das er von seinem Großvater väterlicherseits geerbt hatte, einem großen Krieger und König.

Es war weniger sein Erscheinen, das ihre Aufmerksamkeit erregte; sie hatte schon geahnt, dass er der Grund dafür war, dass Geoffrey ae’Magi seine Sklaven an diesem Tag versteckte. Vielmehr war es der angewiderte Ausdruck, der kurz über sein Gesicht huschte, als er das Menschengewimmel betrachtete, und der sich von dem leeren Lächeln all der anderen im Saal deutlich unterschied.

Unerwartet veränderte er seine Haltung, und ihre Blicke begegneten sich. Rasch schaute er zu Boden, doch dann setzte er sich durch das Gedränge hindurch in Bewegung und näherte sich ihrem Käfig. Am Podest angekommen, senkte er den Kopf, sodass niemand von seinen Lippen lesen konnte, und fragte mit gedämpfter Stimme: »Braucht Ihr Hilfe, werte Frau?«

Erschrocken fuhr sie herum und blickte in den Spiegel, der die Rückwand des Käfigs bedeckte. Das Trugbild des Schneefalken schaute gleichgültig zurück.

Aralorn war sich vollkommen sicher, dass Myr kein Magier war – das hätte er vor ihr nicht geheim halten können, nicht bei dem Blut ihrer Mutter, das ihre Adern durchströmte. Grüne Magie vermochte sich vor dem gezähmten Zinnober, den die eher menschlichen Magier benutzten, in aller Regel verbergen, doch umgekehrt war dies mitnichten der Fall. Dennoch bestand kein Zweifel, dass Myr eine Frau sah und nicht den seltenen Vogel, den der ae’Magi seinen Gästen präsentierte.

Die Rether glaubten, sie seien die Abkömmlinge eines versklavten Volkes, das sich erhoben hatte, um seine Herren zu erschlagen. Schon auf ihrer Mütter Knie wurde ihnen beigebracht, wie unbegreiflich ruchlos und böse es war, einem anderen Menschen die Freiheit zu rauben und ihn zu besitzen.

Doch selbst für den König von Reth war es ein kühner Schritt, einer Sklavin des ae’Magi Fluchthilfe anzubieten. In Reth gab es eine Menge Magier, deren Gehorsam zunächst einmal dem ae’Magi galt und erst in zweiter Linie dem König – ein Gehorsam, durchgesetzt durch ihre eigene Magie. Etwas gegen den ae’Magi zu unternehmen konnte in Myrs Königreich einen Bürgerkrieg entfachen. Sein Anerbieten kam aufrichtig von Herzen und zeigte nur, wie jung dieser neue König noch war.

Vielleicht lag es an der Unbesonnenheit seiner Frage, die ihr gefiel, oder daran, dass sie eine geborene Retherin war und ein Teil von ihr Myr noch immer als ihren König ansah. Jedenfalls antwortete sie ihm als sie selbst und nicht als die Sklavin, die sie für den ae’Magi spielte.

»Nein«, erwiderte sie. »Ich bin als Beobachterin hier.«

Es gab Gerüchte, nach denen die Herrscherfamilie von Reth von Zeit zu Zeit Sprösslinge hervorgebracht hatte, die immun gegen Magie waren. Es kursierte da die eine oder andere Geschichte, und Aralorn liebte Geschichten.

»Eine Spionin.« Es war keine Frage. »Ihr müsst entweder aus Sianim oder Jetaine sein. Das sind die Einzigen, die an einem so heiklen Ort wie diesem als Spitzel eine Frau einsetzen würden.« Frauen spielten in Reth ein bedeutende Rolle und waren alles andere als politisch belanglos. Aber sie zogen nicht in die Schlacht, begaben sich nicht in Gefahr.

»Ich werde für meine Arbeit bezahlt«, klärte Aralorn ihn lächelnd auf.

»Eine Sianim-Söldnerin.«

Sie nickte. »Verzeiht meine Frage, aber wie war es Euch möglich, hinter das Trugbild des Schneefalken zu blicken, mit dem der ae’Magi den Käfig belegt hat?«

»Als Schneefalke seid Ihr also getarnt?« Sein Lächeln ließ ihn sogar noch jünger aussehen, als er tatsächlich war. »Ich hab mich schon gewundert, weshalb niemand etwas über die schöne Frau gesagt hat, die er da in seinem Käfig hat.«

Interessant. Er durchschaute zwar das Trugbild des ae’Magi, nicht aber ihre veränderte Gestalt. Noch nie hatte jemand Aralorn schön genannt. Nicht in diesem Ton. Vielleicht war es ja doch nicht selbstlos gewesen, dass er ihr angeboten hatte, sie zu befreien. Das ergab immerhin Sinn; als sie das Aussehen des Sklavenmädchens angenommen hatte, hatte sich Aralorn durch Magie verändert – und nicht nur die Wahrnehmung anderer Menschen von ihr, wie es durch das Trugbild des ae’Magi geschah.

In dem Moment spürte sie Blicke auf sich und schaute verstohlen auf, nur um keine zehn Schritte entfernt den ae’Magi zu sehen, der fasziniert Myr fixierte.

Myr mochte jung und ungestüm sein, doch er war nicht dumm. Er bemerkte die fast unmerkliche Anspannung ihres Körpers und zog den richtigen Schluss.

»Was bist du nur für ein hübsches Ding«, murmelte er leise, doch ein wenig lauter, als er vorher gesprochen hatte. »Ich frag mich, ob du wohl auf Handschuh und Fessel abgerichtet bist.«

»Ah, wie ich sehe, bewundert Ihr meinen Falken, Lord.« Die tiefe, volltönende Stimme des ae’Magi hätte gut einem Sangeskünstler gehören können. Nicht nur von Gestalt war der Erzmagier schön; er klang auch wundervoll.

Myr straffte sich jäh, als wäre er überrascht, und wandte sich zu dem ae’Magi um, der nun auf ihn zuschlenderte und neben ihn vor den reich verzierten Käfig trat.

»Wirklich ein ganz außergewöhnliches Tier, nicht wahr?«, fuhr der ae’Magi im Plauderton fort. »Ich habe es vor ungefähr einem Monat von einem fahrenden Händler gekauft – es wurde irgendwo in den Nordlanden gefangen, glaube ich. Ich dachte mir, es würde sich in diesem Raum ganz gut machen.« Er vollführte mit der Hand eine flüchtige Geste, die es gleichwohl fertigbrachte, den Rest des Saals zu umfassen.

Inzwischen war Aralorn recht geübt darin, die Stimme des ae’Magi zu deuten, und sein Ton klang einen winzig kleinen Hauch zu unbekümmert. Sie fragte sich, ob er wohl ebenfalls von den Geschichten über die ungewöhnliche Veranlagung gehört hatte, die gelegentlich in der Königsfamilie von Reth auftrat.

Reth war ein flächenmäßig kleines Land, doch reich an Mineralien und fruchtbarem Boden. Darüber hinaus besaß es eine gut ausgebildete Armee – ein Vermächtnis von Myrs Großvater. Diese Streitkräfte hatten immer dann, wenn sich die Anthran-Allianz das Land in den letzten Jahrhunderten einverleiben wollte, dazu gedient, Reths Unabhängigkeit zu erhalten. Myr war ein sehr unerfahrener König, und es hätte gewisse politische Kräfte entschieden glücklicher gemacht, wäre er ebenso eine Marionette gewesen wie sein Vater. Aber es gab genügend Kammern, die ihn gegen alle, die da kommen mochten, unterstützen würden, sodass Myr selbst vor dem Erzmagier sicher sein sollte. Sie hatte keine Ahnung, wieso sie fürchtete, der ae’Magi könnte Myr schaden. Vielleicht weil ein Teil von ihr immer noch glaubte, dass sie dem Königshaus von Reth Lehnstreue schuldig war. Vielleicht lag es aber auch an der Art und Weise, wie der ae’Magi sie an eine Katze erinnerte, die lauernd vor einem Mauseloch lag.

Die liebenswürdige Aufmerksamkeit im Gesicht des ae’Magi jagte Aralorn einen kalten Schauer über den Rücken. Sei vorsichtig, ermahnte sie Myr stumm.

Mit einem Lächeln und mehr Selbstvertrauen, als ein Bursche seines Alters eigentlich haben sollte, wandte Myr sich dem Magier zu. »Ja, die Elfenbeintönung des Gefieders hat die gleiche Farbe wie der Marmor im Saal. Es ist selten, dass man so weit im Süden einen Schneefalken sieht; Ihr müsst ein hübsches Sümmchen für ihn hingelegt haben.«

Dann ließen sich die zwei Männer lang und breit über die Falknerei aus – etwas, das, wie Aralorn zufällig wusste, keinen von beiden interessierte. Nachdem das Thema erschöpft war, wurde der ae’Magi plötzlich ernst.

»Mein lieber Myr«, sagte er, »lasst mich Euch mein aufrichtiges Mitgefühl wegen des vorzeitigen Ablebens Eurer Eltern aussprechen. Ich hatte während der Beisetzung keine Gelegenheit, mit Euch zu reden. Ich habe natürlich eine Karte geschickt, aber ich wollte Euch von Angesicht zu Angesicht sprechen.«

Myr öffnete den Mund, um etwas zu entgegnen, doch der ae’Magi legte eine langfingrige Hand auf Myrs Schulter und verhinderte damit wirksam jede Erwiderung des jüngeren Mannes.

»Falls Ihr irgendetwas benötigt, zögert nicht, Euch an mich zu wenden. Als der ae’Magi verfüge ich über Beziehungen und erheblichen Einfluss, und Ihr bedürft vielleicht der Hilfe, welche Unterstützung auch immer ich Euch angedeihen lassen kann. Es ist noch nie einfach gewesen, den Thron zu besteigen, zumal jetzt, da die Uriah ruhelos die östlichen Wälder durchstreifen. Von stets intrigierenden oppositionellen Kräften oder« – er zögerte, machte eine vielsagende Geste – »anderen Feinden gar nicht zu reden.«

Mit professionellem Interesse nahm Aralorn die leichte Spur von Schuldgefühl in seiner Stimme wahr. Es war meisterhaft gemacht und ließ sie daran denken, dass die letzten Herrscher von Reth im Anschluss an eines der rauschenden Feste des ae’Magi zu Tode gekommen waren. Niemand hatte jemals unterstellt, dass ihr Unfall eben kein Unfall gewesen war. Sie hätte selbst nicht einen Gedanken an dergleichen verschwendet – aber in Anbetracht dessen, was sie inzwischen wusste, wäre Aralorn überrascht gewesen zu erfahren, dass der Erzmagier nicht irgendetwas mit dem Tod des Königs zu tun hatte.

Sie fragte sich, ob Myr wusste, weswegen der ae’Magi scheinbar solchen Anteil an ihm nahm. Sie konnte die Entschlossenheit des Zauberers beinahe riechen. Sie vermochte nur nicht zu sagen, woher diese Entschlossenheit rührte. Myr argwöhnte irgendetwas; warum sonst hätte er diese kleine Scharade spielen sollen.

Myr neigte leicht den Kopf, würdigte das Angebot, ohne es anzunehmen. »Ich weiß, dass meine Eltern Euch zu ihren Freunden zählten. Ich weiß Euer Anerbieten zu schätzen.« Er lächelte entschuldigend. »Es war mir ein Vergnügen, mit Euch zu plaudern, aber jetzt muss ich mich leider empfehlen. Wisst Ihr« – er beugte sich näher, als wollte er ein peinliches Geheimnis beichten –, »ich erwarb erst kürzlich einen neuen Hengst, und ich bin nicht sicher, ob ich ihm nach Einbruch der Dunkelheit auf den Reisewegen vertrauen kann.« Einen kurzen Moment lang verschwand der Eifer aus seinem Gesicht. »Nach dem, was meinen Eltern zugestoßen ist, mein Herr, verspüre ich einen Drang zu übermäßiger Vorsicht.«

War das ein Seitenhieb gewesen? Stachel ihn nicht auf, dachte sie inständig. Stachel ihn bloß nicht auf.

Der Magier lächelte verständnisvoll. »Ich werde Eure Diener rufen lassen.«

Myr schüttelte den Kopf. »Ich hab sie angewiesen, mich eine Stunde vor Einbruch der Dunkelheit abzuholen.«

»So mögen Euch die Götter begleiten.« Der Erzmagier machte eine Pause. »Ich hoffe, Ihr wisst, wie stolz Euer Vater auf Euch war, auf Euren Mut, Eure Stärke – Ihr macht Eurem Geschlecht alle Ehre. Ich wünschte, mein eigener Sohn wäre ein wenig mehr gewesen wie Ihr.«

Für Aralorn schwang in der Stimme des Magiers genau die richtige Dosis Schmerz mit. Sie fragte sich, wieso ihr vor ihrer derzeitigen Mission nie aufgefallen war, dass seine Emotionen stets perfekt kalkuliert waren.

»Lord Cain konnte keinesfalls als Feigling oder als schwach bezeichnet werden.« In Myrs Stimme lag gerade das rechte Maß an Mitgefühl, ebenso unaufrichtig wie das des ae’Magi. Er hätte ihm einfach danken sollen und gehen, dachte Aralorn. Gehen und hoffen, dass der ae’Magi alles über Reth und dessen jungen König vergaß.

»Nein«, stimmte der ae’Magi ihm zu. »Ich glaube, es wäre für uns alle besser gewesen, wenn er ein Feigling gewesen wäre. Er hätte weniger Unheil angerichtet.«

Der ae’Magi hielt seine Künste in dunkler Magie geheim, sein Sohn indessen hatte sie am helllichten Tag ausgeübt.

Aralorn war Cain niemals begegnet: Sein Verschwinden lag vor der Zeit ihres Eintritts in ihren derzeitigen Berufsstand. Trotzdem hatte sie die Gerüchte sehr wohl vernommen – und mit jedem Mal, dass sie erzählt wurden, wurden sie schlimmer. Aber Myr müsste ihn gekannt haben; der ae’Magi und sein Sohn waren regelmäßig Gäste am Hof seines Großvaters gewesen.

In den Geschichten spielte der ae’Magi die Rolle des gramgebeugten Vaters, der gezwungen war, seinem Sohn die Magie zu entziehen und ihn in die Verbannung zu schicken. Aralorn vermutete allerdings, dass der Junge nicht verbannt wurde, sondern tot war. Es wäre reichlich unangenehm geworden, wenn jemand gefragt hätte, wo der Sohn des ae’Magi eigentlich so viel über verbotene Magie gelernt hatte. Wie er ihr selbst gesagt hatte, zog der ae’Magi es vor, Diskussionen zu vermeiden.

»Wie dem auch sei« – mit ersichtlicher Mühe drängte der ae’Magi den Gedanken an seinen Sohn zurück – »Eure Diener warten wahrscheinlich schon auf Euch.«

»Ja, ich sollte wohl aufbrechen. Seid versichert, dass ich Eures freundlichen Hilfeangebotes gedenken werde, falls ich jemals Unterstützung benötigen sollte.« Und damit verbeugte sich Myr noch einmal und ging.

Lächelnd ließ der ae’Magi seinen Blick auf Myrs breitem Rücken ruhen, während der junge König durch den Saal davonschritt – die kleine Unvollkommenheit eines schiefen Eckzahns verlieh dem perfekteren Schwung seiner Lippen Charme. »Was für ein kluges, kluges Kind du doch geworden bist, mein lieber Myr.« Seine Stimme schnurrte geradezu vor Anerkennung. »Du wirst deinem Großvater von Tag zu Tag ähnlicher.«

Es war bereits spät, bevor die Gesellschaft sich allmählich auflöste, und noch später, ehe alle gegangen waren. Aralorns Sorge wurde mit jeder Person, die den Saal verließ, größer, denn sie wusste, dass es mit dem dürftigen Schutz, den ihr die Gäste boten, bald vorbei sein würde. Nachdem er das letzte Paar hinausbegleitet hatte, kam der ae’Magi langsam hinüber zu dem Käfig.

»So«, sagte er, gemächlich auf seinen Fersen wippend, »der Rether sieht ihn also nicht, meinen wunderbaren Nordland-Vogel.«

»Mein Gebieter?«, erwiderte sie unbestimmt. Nachdem sie den größten Teil des Abends hinreichend über den Zwischenfall hatte nachdenken können, war sie sich ziemlich sicher, dass der ae’Magi sich so viel schon zusammengereimt hatte. Und sie hatte ebenfalls genug Zeit gehabt, um zu begreifen, dass, falls er Myr für immun gegen Magie hielt, Myr würde sterben müssen.

Der Erzmagier lächelte und schnippte tadelnd mit dem Zeigefinger gegen einen der silbernen Gitterstäbe ihres Käfigs. »Nun, wann immer er dich angesehen hat, hat er dorthin geblickt, wo deine Augen sind, nicht, wo die Augen des Falken gewesen wären.«

Pest und Verdammnis, fluchte Aralorn im Stillen. Der ae’Magi steckte eine Hand durch die Gitterstäbe und streichelte ihren Hals. Sie lehnte sich gegen ihn, rieb ihre Wange an seiner Hand und zwang sich, dem diffusen Drang des charismatischen Bannzaubers, der seine Gäste bei Laune gehalten hatte, zu gehorchen, anstatt zurückzuweichen und sich in die hinterste Ecke des Käfigs zu kauern.

Der ae’Magi hob ihr Gesicht, sodass ihre Blicke sich trafen, und sagte mit herrischem Ton: »Ich wüsste zu gern, wie er meine Sinnestäuschung durchbrochen hat.«

Er konnte nicht davon ausgehen, dass eine Sklavin das, was geschehen war, begriff, daher sprach er zu sich selbst. Aber seine Worte waren gleichsam ein Auftakt – das, was jetzt kam, würde wehtun.

»Aber er hat Euren Zauber nicht durchbrochen, Meister«, erwiderte sie entsetzt.

Mit unbewegter Miene schaute er auf sie herab, und sie gab es auf, sich gegen den Drang, sich auf dem Boden des Käfigs zu einem Knäuel zusammenzurollen, noch länger zu wehren. Dann machte er eine winzige Bewegung mit einem Finger, und sie heulte laut auf, während ihr Körper sich unter dem Feuer seiner Magie hilflos verdrehte und wand.

Jedes Mal, wenn er ihr das antat, war es schlimmer als das vorherige Mal. Aralorn sah zu, wie ihre Sehnen sich dehnten und spannten, brüllend aufbegehrten gegen die Marter, die sie erlitten. Als es endlich aufhörte, ließ sie den wilden Zuckungen, die sie schüttelten, freien Lauf, sagte sich, dass sie ihre Rolle spielte – doch sie fragte sich tief in ihrem Inneren, ob sie imstande gewesen wäre, dem Schmerz Einhalt zu gebieten, hätte sie es versucht.

Als sie schließlich still dalag, sagte der ae’Magi sanft: »Ich mag es nicht, wenn man mir widerspricht, Kind. Er wusste, dass du kein Falke warst.«

Es war vorüber. Vorüber. Noch einmal würde er das heute Nacht wahrscheinlich nicht tun. Und wenn doch, so würde er ihr zumindest ein bisschen Zeit geben, sich zu erholen. Jedenfalls konnte sie sich das einreden.

»Ja, mein Gebieter«, krächzte sie heiser vom Boden des Käfigs. »Gewiss wusste er es, ich wollte Euch nicht widersprechen – wie könnte ich? Ich hatte nicht richtig verstanden, was Ihr meintet. Ihr wusstet, sein Magier hat den Zauberbann für ihn gebrochen, wie sonst hätte er es erkennen können?«

»Welcher Magier?« Die Stimme des ae’Magi klang scharf, beinahe besorgt.

»Er stand da hinten bei der Säule.« Sie deutete auf eine unbestimmte Stelle auf der anderen Seite des Saals, und der Erzmagier fuhr herum, als wollte er nachsehen, ob noch immer jemand dort war.

»Was macht dich so sicher, dass er ein Magier war?«

»Er vollführte Handbewegungen, wie Ihr es manchmal tut. Er verließ das Fest zusammen mit dem jungen König.« Aralorn sprach im Flüsterton, ganz so wie ein angsterfülltes Mädchen. Kein Unwille. Kein Protest. Seine Leibeigenen mochten unter ihm die schlimmsten Qualen erleiden, doch nichtsdestotrotz vergötterten sie ihn, selbst wenn sie vor Angst vor dem, was er tun könnte, bebten. Sie hatte es selbst gesehen.

»Wie sah er aus?«

»Ich weiß nicht, er stand im Schatten. Er war ganz in Blau gekleidet, mein Gebieter.« Blau war bekanntermaßen die Lieblingsfarbe des ae’Magi – ein gutes Drittel der Leute im Saal war in irgendwelche Blautöne gekleidet erschienen.

»Was hat der Junge zu dir gesagt?« Er dehnte das Wort »Junge« nur eine Winzigkeit länger als nötig, offensichtlich gefiel es ihm besser als »König«.

»Ich kann mich nicht erinnern …«

Was immer er mit seinem Zauberspruch anstellte, es wirkte nicht nur auf ihren Körper – wenngleich ihre Muskeln in einer Weise verkrampften, dass sie fast meinte, ihre Knochen brechen zu hören. Der Schmerz schwächte Aralorns natürliche Widerstandskraft gegen seine anderen Zauber, und langsam und allmählich beschlich sie das neuerdings vertraute Gefühl von Schmach. Ich sollte versuchen, ihn mehr zu umschmeicheln. Warum bin ich nicht einfach fügsamer? Das hab ich jetzt davon … So plötzlich, wie es begonnen hatte, war es vorbei. Wieder lag sie hilflos zitternd und schluchzend am Boden.

»Wenn ich dich etwas frage, erwarte ich eine Antwort.« Die Worte des ae’Magi klangen sanft.

»Er hat mich gefragt, ob ich befreit werden möchte. Ich sagte ihm, dass ich nicht von hier fort will. Ich lebe nur, um Euch zu dienen, mein Gebieter. Es ist eine Ehre für mich, dem ae’Magi zu dienen …« Sie ließ ihre Stimme verebben. Sehr gut, beglückwünschte sie sich im Stillen, beschwichtige ihn, bleib in deiner Rolle. Das Keuchen, als sie gegen ihre Tränen ankämpfte, und das Wimmern zum Schluss waren ein hübsches Beiwerk; wirklich künstlerisch – schade nur, dass sie dies nicht schauspielerte.

Er streckte ihr eine Hand hin, und sie presste sich dagegen, rückte so nah an ihn heran, wie es ging, obwohl der Schmerz gewichen war, und mit ihm die volle Wirkung seiner Magie. Fast wünschte sie sich, seine charismatische Magie hätte weiterhin die gleiche Macht über sie wie gerade eben noch, als er sie dieser entsetzlichen Pein ausgesetzt hatte. Doch noch stärker war das überwältigende Verlangen, ihn in die manikürten Finger zu beißen – oder zu kotzen. Das kalte Metall des Käfigs grub sich hart in ihre Seite.

»Was hast du ihm noch gesagt, Kleines?«

Aralorn wich zurück und sah ihn mit großen Augen an, während sie gleichzeitig merkte, dass sich ihre Gedanken allmählich wieder klärten. »Wolltet Ihr, dass ich ihm etwas anderes sage? Ich hab es nicht, weil ich nicht sicher war, ob Euch das recht gewesen wäre.« Absichtlich riss sie ihre Augen noch weiter auf, als würde sie ihn förmlich anflehen, doch zufrieden mit ihr zu sein, wobei sie sich Mühe gab, innerlich nicht zu verspannen in Erwartung der entsetzlichen, ihren Körper verdrehenden Pein.

»Nein. Du hast deine Sache gut gemacht.« Gedankenverloren tätschelte er ihr die Wange. »Ich hatte mich in letzter Zeit um andere Dinge zu kümmern und kam somit nicht dazu, mich dir mehr zu widmen. Morgen, wenn ich mit dieser Zauberformel fertig bin, habe ich einen Verwendungszweck für dich.«

Hätte sie noch letzte Zweifel gehegt, worüber er sprach, so wurden diese von der Hand, die sanft ihre Brust herabwanderte, zerstreut. Der ae’Magi schien zu glauben, dass der Schauer, der sie bei seiner Berührung durchfuhr, Ausdruck ihres Verlangens war. Er lächelte sie warm an und schlenderte sodann, eine fröhliche Melodie vor sich hin summend, durch einen der Bogendurchgänge hinaus.

Aralorn blickte auf ihr Ebenbild in dem Spiegel an der Rückwand des Käfigs. Der ae’Magi musste seinen Illusionszauber aufgehoben haben, denn sie sah nicht länger einen Vogel. Das flackernde Fackellicht verlieh dem feinen, blonden Haar einen flimmernden Glanz. Das zarte Gesicht, das sie ausdruckslos anstarrte, war außergewöhnlich schön. Eine dünne Schweißschicht schimmerte auf ihrer Stirn, und der verschleierte Blick der seegrünen Augen wirkte verstört und verletzbar.

Jäh wütend über diese Verletzlichkeit, streckte Aralorn ihrem Spiegelbild die Zunge heraus. Nicht, dass sie sich danach besser gefühlt hätte.

Eng umschlang sie ihre Beine mit den Armen. Mit auf die Knie geneigtem Kopf lauschte sie den Geräuschen der Dienerschaft, die bereits die Feuerstellen mit Asche bedeckte und die Fackeln auslöschte. Sie versuchte, sich die unkontrollierbare Panik zu erklären, die der Gedanke an eine intime Berührung des Magiers bei ihr hervorgerufen hatte.

»Geduld, Aralorn, Geduld«, ermahnte sie sich mit beinahe lautloser Stimme. »Wenn du dich jetzt davonmachst – immer vorausgesetzt, du kannst dich davonmachen –, wird er an dem zweifeln, was du ihm über Myr erzählt hast, was auf lange Sicht gesehen freilich sowieso nicht von Bedeutung sein dürfte.« Sie hob den Kopf und richtete die nächsten Worte an ihr Spiegelbild, die Stimme triefend vor Galgenhumor: »Aber wenn ich aus diesem Ding hier nicht bald rauskomme, drehe ich durch und erzähle ihm alles, was ich weiß, angefangen beim Namen meines ersten Ponys bis hin zu der kahlen Stelle auf dem Kopf von Audreas dem Eitlen.«

Es war die Wahrheit. Vier Tage – sie zählte nicht die Stunden, die sie allein hier eingesperrt zugebracht hatte. Ein fünfter Tag würde sie brechen. Und irgendjemand musste den Meisterspion davon in Kenntnis setzen, was in der Burg des ae’Magi geschah.

Nachdem ihre Entscheidung gefallen war, wartete sie, bis die Geräusche der Burg allmählich verebbten und der Mond hoch am Himmel durch die lichten Deckenpaneelen lugte.

Dann, als sie mehr oder weniger davon überzeugt war, dass die Menschen, die sich zur Ruhe begeben hatten, auch tatsächlich schliefen, kniete sie sich vor die Käfigtür. Umfasste sie an den äußeren Gitterstäben und begann leise zu murmeln, dabei bisweilen in eine Art Singsang verfallend, der ihr half, ihre Magie zu fokussieren. Sie schob jeden Zweifel, der sie beschlich, entschlossen beiseite: Zweifel würden die bescheidene Gabe, die sie besaß, nur lähmen. Sie dankte der Eitelkeit des ae’Magi, die dafür gesorgt hatte, dass ihr Käfig aus kostbarem Silber anstatt aus Eisen bestand, das seiner Gefangenen getrotzt hätte, bis deren Knochen zu Staub zerfallen wären.

Schließlich fingen zuerst ihre Finger, dann ihre Hände an in einem phosphoreszierenden Grün zu leuchten. Nach und nach ging der Schein auf das Metall in ihren Händen über. Als endlich die gesamte Gittertür von dem matten, flackernden Schimmer erfüllt war, trat sie hindurch, ohne den Zauberbann, der auf den Schlössern lag, auch nur zu verletzen. Ihr ganzer Körper schmerzte von der Magie des ae’Magi, doch das war nichts, was nicht binnen ein oder zwei Tagen vergessen sein würde. Nichts, was sie hier und jetzt aufhalten konnte, und das war im Augenblick ihre einzige Sorge.

Das Leuchten ihrer Magie erstarb und ließ den großen Saal so schwarz wie Tinte zurück. Einen Moment lang stand sie still da und wartete, bis ihre Augen sich an die Sichtverhältnisse angepasst hatten, bevor sie sich weiter in den Saal hineinwagte.

Das einzige Licht in dem Raum kam von den Dachfenstern hoch oben, kaum mehr als ein blasser Widerschein des Mondes, was es schwierig machte, die Durchgänge zu erkennen. Sie nahm den ersten Ausgang, den sie ausmachen konnte, und hoffte, dass es einer der beiden war, die durch die Außenmauer der Burg führten.

Sie lief tief geduckt, setzte mitunter eine Hand auf den Boden, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Es war eine etwas unbeholfene Fortbewegungsart, doch die Leute pflegten gemeinhin in Augenhöhe zu gucken, sodass sie von ihrem Blickwinkel aus in der Lage sein sollte, eine Wache zu erspähen, bevor diese sie entdeckte. Darüber hinaus hatte ihre Haltung den Vorteil, dass sie ein kleineres Ziel abgab, wenn man sie sah.

Der Flur war ein wenig heller, als es der große Saal gewesen war. Der Steinfußboden war trocken und kalt, und im Laufen strich Aralorn mit einer Hand sacht die Mauern entlang. Die rettende schmale Öffnung zu finden dauerte länger, als es eigentlich sollte.

Panik ergriff sie, und die Versuchung, einfach blindlings den Gang hinunterzustürmen, war beinahe überwältigend. So ungefähr, dachte sie sarkastisch, muss sich ein Fasan fühlen, kurz bevor er aus seinem Versteck heraus direkt in die Flugbahn des Pfeils hüpft. Sie kämpfte das Entsetzen nieder und verstaute es dort, wo es nicht mehr herauskommen würde, bis alles vorbei war.

Sie hatte sich fast schon entschlossen, nach einer anderen Fluchtmöglichkeit zu suchen, als sie endlich fand, wonach sie suchte. Knapp oberhalb der unteren Reihe von Steinblöcken ertasteten ihre Finger das Ende eines Rohrs, das bündig mit der Mauer abgeschnitten worden war. In Gedanken segnete Aralorn den alten Mann, den sie eines Abends in einer Schenke getroffen und der ihr eine Geschichte erzählt hatte.

Es war einmal vor Hunderten von Jahren, da hatte der Lehrling eines ae’Magi in einem Buch, das er während der Abwesenheit seines Meisters las, einen alten Regenzauber entdeckt. Drei Wochen später, als der Erzmagier wieder nach Hause gekommen war, hatte die Burg unter Wasser gestanden und der Lehrling in einem Zelt davor gehockt. Zweckdienlicherweise hatte der Erzmagier die Burg wieder trockengelegt, indem er im äußeren Korridor an jedem sechzehnten Steinblock ein Abflussrohr platziert hatte.

Und eines dieser Abflussrohre befand sich jetzt unter ihren Fingern. Es war größer, als sie gehofft hatte; im Durchmesser etwa vier Finger breit. Und es führte direkt durch die dicke Steinmauer nach draußen. Die Luft, die durch das Rohr hereinkam, roch nach Burggraben. Nach Freiheit.

Sie atmete tief ein und sammelte sich. In ihrem Körper breitete sich das vertraute Kribbeln aus, bis sie nichts anderes mehr spürte, kein Platz für ihre anderen Sinne mehr war. Unfähig zu sehen oder zu fühlen, konzentrierte sich Aralorn auf die jeweiligen Teile ihres Körpers, die sich einer nach dem anderen in die einer Maus verwandelten; zuerst die Nase, dann die Schnurrhaare. Es kostete sie nicht mehr Zeit, als nötig war, um drei Mal tief Atem zu holen. Dann kauerte dort, wo sie gestanden hatte, ein klitzekleines Mäuschen.

Die Maus, die Aralorn nun war, drückte sich einen Augenblick an die Mauer in Erwartung darauf, dass der ae’Magi die Magie, die sie angewendet hatte, untersuchte – doch er ließ sich nicht blicken. Normalerweise waren menschliche Magier nicht sensibel genug, um jemand anderen, der Magie benutzte, zu bemerken, aber der ae’Magi war eine Klasse für sich.

Die Maus schüttelte sich kurz, zuckte mit ihren Schnurrhaaren und kratzte sich an einer Stelle, wo das Kribbeln noch nicht ganz aufgehört hatte; dann kraxelte sie hinauf in das Rohr.

Es war stockfinster darin, und es stank; Ersteres störte sie nicht sonderlich, doch Zweiteres tat es durchaus. Der Schlamm von Jahrhunderten hatte sich in der Öffnung gestaut, und wenn sich nicht bereits manch anderer wackerer Nager hindurchgegraben hätte (vielleicht um einer Burgkatze zu entkommen), hätte sie es nie und nimmer geschafft. Doch so oder so, sie steckte bauchtief in irgendwelchem ekligen Zeug. Ganz damit beschäftigt, sich bloß nicht die Zusammensetzung der Jauche vorzustellen, wäre sie um ein Haar aus dem Rohr und in den Burggraben darunter geplumpst – allein eine wenig graziöse, doch höchst athletische Verrenkung bewahrte sie vor dem Sturz.

Schließlich balancierte Aralorn, vor Aufregung zitternd, an der Kante des alten Kupferrohrs. Fast. Fast draußen. Nur noch diese eine Hürde, dann wäre sie auf und davon.

Die kleine, schlammüberzogene Maus sprang. Die Luft um sie herum verschwamm, und im nächsten Moment flatterte plump und ungelenk eine weiße Gans über das Wasser; von einem ihrer Flügel tropfte schmieriger Dreck. Viele Vögel flogen besser als eine Hausgans – die meisten, um ehrlich zu sein, denn sie brachte kaum mehr als einen leidlichen Gleitflug zustande. Allerdings war die Gans der einzige Vogel, in den Aralorn sich zu verwandeln verstand.

Behindert durch die nassen Flügel, war sie jedoch nicht imstande, an Höhe zu gewinnen. Flatternd landete sie ein paar Hundert Meter hinter dem Graben und kurz vor dem die Burg umgebenden Forst. Sie glättete ihre Federn und watschelte, die schlammbedeckten Flügel sorgfältig von sich gestreckt, los Richtung Wald.

Da brach urplötzlich ein schwarzer Schemen aus den Schatten hervor und stellte sich Aralorn direkt in den Weg; mattes Mondlicht schimmerte auf den elfenbeinfarbenen Fängen. Schnatternd schrak die Gans zurück und nahm gerade rechtzeitig wieder menschliche Form an, um auf dem Allerwertesten anstatt auf dem Bürzel zu landen.

Ihr ureigener Allerwertester überdies. Endlich steckte sie wieder in ihrer wahren Gestalt: klein, braunhaarig und mit unscheinbarem Gesicht. Ihr Ärger hatte die Geschwindigkeit ihrer Verwandlung beschleunigt.

»Allyns vermaledeites Leinkraut!«, schimpfte sie, sich des Lieblingsfluchs ihres Vaters bedienend. Ein dermaßen dramatischer Auftritt war völlig überflüssig, und sie hatte in den letzten paar Tagen genug Angst für zehn Leben gehabt. »Wolf, was versuchst du mir anzutun?« In Anbetracht der nahen Burg dämpfte sie ihre Stimme zu einem leiseren, wenn auch nicht minder wütenden Ton. Doch die Entrüstung wich schierer Erleichterung, und ihr war noch leicht schwindlig von der abrupten Transformation.

»Ich hätte vor Schreck sterben können« – theatralisch legte sie die Hand auf ihr Herz –, »was hättest du dann gemacht? Warum hast du mich nicht benachrichtigt, dass du hier bist?«

Reglos stand der Wolf über ihr, zerzaust und ungezähmt, mit der Stille eines wilden Geschöpfs. Unter ihrem zornigen Gezeter war er verstummt. Er wartete einen Augenblick, nachdem sie geendet hatte – so als wollte er sichergehen, dass sie wirklich fertig war.

Seine grausige, raue Stimme war leidenschaftslos, als er sprach. Er ging auf ihre Frage nicht ein. »Du hättest mir sagen sollen, dass du vorhattest, den ae’Magi auszuspionieren – hätte ich gewusst, dass du dich mit dem Gedanken trägst, den Freitod zu wählen, hätte ich dich selbst erledigt. Dieser Tod wäre besser gewesen als jeder, den er dir hätte zuteil werden lassen.« Unergründliche goldene Augen sahen sie kühl an.

Ein Grünmagier konnte in Tiergestalt sprechen – obwohl es viel Übung und großer Anstrengung bedurfte. Wolf jedoch war kein Grünmagier, jedenfalls nicht, soweit sie klug aus ihm wurde. Und die paar Menschenmagier, die sich in Tiere verwandeln konnten, waren froh, wenn sie daran dachten, sich wieder zurückzuverwandeln. Wolf war für sie ein faszinierendes Rätsel, das in keine Kategorie passen wollte.

Ein beruhigendes Rätsel zugegebenermaßen.

Sie beobachtete ihn einen Moment.

»Weißt du eigentlich«, sagte sie schließlich, nachdem sie seine Worte abgewogen hatte, »dass dies das erste Mal ist, dass ich jemanden etwas gegen ihn sagen höre? Ich hatte sogar nachgefragt, warum man mich überhaupt zum Spionieren dorthin schickte – nichts kam mir irgendwie verdächtig vor.«