Auch wenn sie einen anderen liebte ... - Patricia Vandenberg - E-Book

Auch wenn sie einen anderen liebte ... E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Dr. Daniel Norden hatte sich gefreut, als Susanne Holst, hübsch anzusehen wie stets, sein Sprechzimmer betrat, aber dann betrachtete er erschrocken ihre Hände, die sie ihm entgegenstreckte.»Guter Gott, was haben Sie denn gemacht, Susanne?« fragte er erschrocken.»Experimentiert, mit dem Chef natürlich. Ich konnte mich nicht darum kümmern, daß anscheinend bestimmte Substanzen meiner Haut nicht bekommen, weil die Arbeit abgeschlossen werden mußte. Dr. Torney fliegt übermorgen in die Staaten, und da mußten wir mit den Versuchen zu Ende kommen.»Was sind das für Versuche?« fragte Dr. Norden.»Darf ich leider nicht verraten.»Ich müßte aber wissen, wenigstens ungefähr wissen, welche Grund­­­stoffe gebraucht wurden, sonst dauert es länger, bis Ihnen geholfen werden kann.»So schlimm wird es schon nicht sein. Es sieht eben nur nicht schön aus. Aber jetzt habe ich ja acht Tage Urlaub und kann mich auskurieren.Ob es in acht Tagen getan ist? überlegte Dr. Norden, denn ein paar Stellen, vor allem auf dem linken Unterarm, sahen sehr schlimm aus. Aber er wollte Susanne nicht erschrecken.

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Dr. Norden Bestseller – 276 –

Auch wenn sie einen anderen liebte ...

Patricia Vandenberg

Dr. Daniel Norden hatte sich gefreut, als Susanne Holst, hübsch anzusehen wie stets, sein Sprechzimmer betrat, aber dann betrachtete er erschrocken ihre Hände, die sie ihm entgegenstreckte.

»Guter Gott, was haben Sie denn gemacht, Susanne?« fragte er erschrocken.

»Experimentiert, mit dem Chef natürlich. Ich konnte mich nicht darum kümmern, daß anscheinend bestimmte Substanzen meiner Haut nicht bekommen, weil die Arbeit abgeschlossen werden mußte. Dr. Torney fliegt übermorgen in die Staaten, und da mußten wir mit den Versuchen zu Ende kommen.«

»Was sind das für Versuche?« fragte Dr. Norden.

»Darf ich leider nicht verraten.«

»Ich müßte aber wissen, wenigstens ungefähr wissen, welche Grund­­­stoffe gebraucht wurden, sonst dauert es länger, bis Ihnen geholfen werden kann.«

»So schlimm wird es schon nicht sein. Es sieht eben nur nicht schön aus. Aber jetzt habe ich ja acht Tage Urlaub und kann mich auskurieren.«

Ob es in acht Tagen getan ist? überlegte Dr. Norden, denn ein paar Stellen, vor allem auf dem linken Unterarm, sahen sehr schlimm aus. Aber er wollte Susanne nicht erschrecken. Sie war nicht wehleidig. Sie hatte schon öfter mal solche Hautreaktionen gehabt, wenn sie mit Grundstoffen, die ätzend wirkten, experimentierte.

Susanne war Chemikerin und seit einem Jahr Dr. Ludwig Torneys engste Mitarbeiterin. Torney war zwar ein recht schwieriger Mensch, aber mit Susanne kam er bestens aus.

Da er auch Patient von Dr. Norden war, hatte er sich sehr anerkennend über seine junge Mitarbeiterin geäußert.

Auf Torneys Empfehlung war Susanne auch zu Dr. Norden gekommen, als sich zum erstenmal bei ihr so schmerzhafte Hautreaktionen bemerkbar machten. Torney selbst nahm das nicht so ernst. Für ihn war es wichtig, daß die Arbeit pünktlich und zuverlässig getan wurde, und dabei schien er gar nicht zu merken, daß er Susanne mehr bedeutete.

Dr. Norden hatte allerdings auch keine Ahnung, warum sich Susanne so einspannen ließ. Ausnutzen nannte er es, aber er sagte freilich nichts. Er betrachtete Torney vom männlichen Standpunkt aus, und Dr. Norden war zudem noch ein guter Menschenkenner. Ludwig Torney war ein genialer Chemiker, das war unstreitbar, aber er war auch ein egoistischer, um nicht zu sagen egozentrischer Mann. Ein interessanter Mann gewiß auch und sehr vermögend dazu. Aber Dr. Norden kannte auch den jüngeren Torney, den Stiefbruder Christoph, und zu ihm hatte er einen beinahe freundschaftlichen Kontakt, sofern das bei zwei vielbeschäftigten Männern möglich war.

Daniel Norden wußte, wieviel Christoph unter Ludwigs Vorherrschaft auszuhalten hatte, wobei freilich auch gesagt werden mußte, daß Christoph sich nicht direkt beklagte und selbst auch Bewunderung für den Älteren hegte.

Das war das eine. Susannes Hände waren augenblicklich wichtiger. Dr. Norden war vorsichtig mit einer Behandlung, wenn er die Ursache von Verletzungen nicht kannte, und diese schlimmen Entzündungen konnten sich weiterfressen, wie die sogenannten Freßblasen oder wie ein Hautpilz. Er hoffte, daß dies keiner war, das aber mußte erst festgestellt werden.

»Ein paar kleine Hinweise können Sie mir doch geben, Susanne«, sagte Dr. Norden. »Ich will doch gar nicht wissen, was ihr diesmal entwickelt habt, und wenn ich daraus eine Ahnung schöpfen könnte, werde ich es bestimmt für mich behalten. Aber Sie wollen doch nicht verunstaltet herumlaufen.«

»So schlimm wird es doch nicht kommen.«

»Es ist schon schlimm genug«, stellte er fest, »und dafür kann Torney Sie gar nicht entschädigen.«

»Er zahlt sehr gut«, sagte sie mit einem flüchtigen Lächeln. »Und ich habe auch eine Prämie bekommen, die sich sehen lassen kann.«

»Und dafür sind Sie bereit, Schmerzen zu ertragen?«

»Dafür doch nicht, aber für den Erfolg. Ich bin doch so froh, daß ich dazu beitragen konnte. Und was ich bei ihm alles lerne…« Sie unterbrach sich und stöhnte leise auf, weil Dr. Norden einen Abstrich machte, und schon das weh tat.

Er legte dann eine Emulsion auf, die bestimmt nicht schaden konnte, aber es blieb die Frage, ob sie auch helfen würde, und er band die Hände bis hinauf zu den Unterarmen ein.

»Ich werde die Abstriche sofort weitergeben, damit wir morgen die Befunde haben«, sagte er. »Können Sie nachmittags kommen?«

»Wenn mich der Chef nicht mehr braucht? Aber mit diesen Bandagen kann ich ja sowieso nicht viel tun.«

»Und wehe, wenn Sie die abnehmen! Wenn da noch mal was drankommt, garantiere ich für nichts mehr«, sagte er eindringlich.

Ein bißchen erschrocken war Susanne nun doch. »Machen Sie mir keine Angst«, bat sie.

»Das muß ich, Susanne. Friseusen müssen in solchen Fällen ihren Beruf aufgeben, und die hantieren nicht mit so scharfen Sachen wie Sie.«

»Na danke, die Dauerwellenflüssigkeit ist auch ganz schön scharf.«

»Sie brauchen doch keine Dauerwellen«, meinte er lächelnd, auf ihr dichtes, wuscheliges Haar blickend.

»Ich nicht, aber riechen muß ich es, wenn ich zum Friseur gehe, und das steigt mir mächtig in die Nase.«

Empfindliche Schleimhäute hat sie also auch, dachte er und nahm sich vor, sie mal gründlicher zu untersuchen. Aber jetzt hatte eine Blutentnahme wenig Sinn.

»Bleibt Torney länger weg?« fragte Dr. Norden.

»Sicher zehn Tage. Sein Bruder vertritt ihn.«

»Kommen Sie mit ihm auch gut aus?«

»Ich habe nicht viel mit ihm zu tun. Er kann dem Chef natürlich nicht das Wasser reichen, aber er ist ja auch noch jung.«

»Sie sind auch noch jung, Susanne«, stellte Dr. Norden fest.

»Das weiß ich doch, aber ich liebe meinen Beruf, und der Junior nimmt die Arbeit doch gar nicht ernst.«

»So sehe ich das nicht«, meinte Daniel Norden nachdenklich. »Vielleicht wird ihm nicht genug Raum zur Entfaltung gewährt.«

Sie sah ihn überrascht an. »Kennen Sie Christoph Torney so gut?« fragte sie.

»Ja, recht gut.« Mehr sagte er nicht, aber eigentlich hatte er sagen wollen, daß Christoph bedeutend menschlicher dachte als sein Bruder.

Susanne versprach, am nächsten Nachmittag wiederzukommen, bedankte sich bei Dr. Norden und ging, wie es schien, sehr nachdenklich geworden.

Sie hatte ihren Wagen in der Seitenstraße geparkt, und dort war auch eine Apotheke. Dr. Norden hatte ihr ein Rezept geschrieben für Kapseln, die sie einnehmen sollte, und die wollte sie sich gleich holen.

Da kam Christoph Torney aus dieser Apotheke. Susanne war so überrascht, daß sie ihn erschrocken anblickte, weil sie doch gerade mit Dr. Norden über ihn gesprochen hatte, besser gesagt, Dr. Norden über ihn.

»Hallo, was haben Sie denn gemacht?« rief Christoph aus, auf ihre verbundenen Hände blickend. »Etwa verbrannt?«

»Nein, nur ein bißchen Ausschlag«, erwiderte sie.

Er runzelte die Stirn. Er war groß und blond, überragte sie fast um Haupteslänge und hatte mit seinem Bruder kaum Ähnlichkeit. Susanne hatte allerdings erst kürzlich erfahren, daß sie zwar denselben Vater, aber verschiedene Mütter hatten, und daß Christoph dem Vater äußerlich viel ähnlicher sei als Ludwig.

Aber Susanne hatte nun mal ein ganz besonderes Faible für Ludwig Torney, wenngleich sie das niemandem eingestanden hätte.

»Passen Sie nur mehr auf sich auf«, sagte Christoph. »Waren Sie bei Dr. Norden?«

»Ja, ich war bei Dr. Norden«, erwiderte sie unwillig.

»Ich wollte nicht aufdringlich sein«, sagte er entschuldigend. »Aber ich darf doch gute Besserung wünschen?«

»Danke«, sagte sie kurz, und da rief aus einem flotten Sportwagen eine helle Frauenstimme: »Kommst du jetzt, Chris? Mir pressiert es!«

»Pardon, ich darf mich verabschieden«, sagte Christoph zu Susanne. Sie nickte kurz und ging zu ihrem Wagen, ohne einen Blick zu dem Cabrio zu werfen, in das Christoph nun einstieg, um gleich loszufahren.

»Warum pressiert es so, Peggy?« fragte er die nicht mehr ganz junge Dame, die nach ihm gerufen hatte.

»Mein lieber Chris, du scheinst zu vergessen, daß auf mich zwei Kinder warten«, erwiderte Peggy Thelemann, »und mein Göttergatte wird bestimmt pünktlich sein, wenn ich mal nicht da bin. Hast du die Salbe?«

»Natürlich. Wozu brauchst du sie?«

»Sei nicht so indiskret. Ich habe mal wieder so einen nässenden Ausschlag an einer sehr unangenehmen Stelle.«

»Susanne Holst hat Ausschlag an den Händen«, sagte er geistesabwesend.

»Das war sie also«, sagte Peggy ­Thelemann.

»Warum sagst du das so betont?«

»Falk überschlägt sich förmlich, wenn er von ihr redet.«

»Du wirst doch nicht eifersüchtig sein, Peggy.«

»Manchmal denke ich, er wäre auch lieber Chemiker geworden, hätte er gewußt, daß es Susanne Holst gibt«, sagte Peggy ironisch, »oder sie seine Privatsekretärin.«

»Übertreib doch nicht, Peggy. Sie würde niemals einer Frau den Ehemann ausspannen. Sie ist überaus zurückhaltend.«

Peggy warf ihm einen schrägen Blick zu. »Vielleicht wird sie mal deine Schwägerin«, sagte sie anzüglich.

»Dann könnte sie mir leid tun«, erklärte er. »Lassen wir das. Du solltest endlich mal Schluß machen mit deiner dummen, überflüssigen Eifersucht. Falk akzeptiert eben nur die Leistung.«

»Und ich bin eben nur Hausfrau und Mutter«, ereiferte sie sich. »Aber ich werde es ihm schon noch zeigen, was mir dieses wunderschöne Leben bedeutet.«

»Du machst es dir selber schwer, Peggy.«

»Jetzt sag bloß nicht, daß es mir zu gut geht, wie meine liebe Schwiegermutter meint. Die Frau macht mich narrisch. Jeden Tag mit ihren Anrufen, ihrem Tratsch. Als ob mich das interessiert. Warum kann sie nicht so sein wie deine Mutter? Die Frau, die dich mal kriegt, kann von Glück sagen.«

»Na, ich weiß nicht, ob man mit mir so leicht auskommen kann.«

»Mit dir vielleicht nicht, aber mit deiner Mutter. Herrgott, das ist eine Frau, ich kann es schon verstehen, daß es Ludwig wurmt, daß er nicht eine solche Mutter hatte.«

»Nun übertreib mal nicht, Peggy. Du steigerst dich immer mehr in solche Zwangsvorstellungen hinein. Denk mal lieber darüber nach, daß Falk auch eine Engelsgeduld braucht, um Gelassenheit zu bewahren.«

»Typisch«, stieß sie hervor. »Die Männer halten doch immer zusammen! Na, was soll’s. Danke, daß du mir die Salbe besorgt hast.«

»Du hättest sie auch ohne Rezept gekriegt«, sagte er.

»Und danke auch, daß du mich abgeholt hast. Falk wird sauer sein, daß mein Wagen schon wieder eine Beule hat. Aber diesmal konnte ich wirklich nichts dafür.«

»Ist doch klar, du brauchst den Schaden auch nicht zu zahlen, und warum sollte Falk sauer sein? Er ist doch froh, wenn dir nichts passiert ist.«

»Meinst du wirklich?«

»Natürlich meine ich das. Peggy, du bist doch nicht in der Midlifecrisis.«

»Vielleicht kommt sie bei mir früher, ich fühle mich sowieso uralt.«

Christoph seufzte.

Er mochte sie, er war mit Falk befreundet und hatte auch die beiden Kinder Bobby und Bébé gern, die ihm jetzt lachend um den Hals fielen, als er gehalten hatte und aus dem Wagen stieg.

»Bleibst du, Chris?« fragte Bobby. »Wir haben eine tolle Rutsche bekommen von Papi.«

»Ist Falk schon da?« fragte Peggy nervös.

»Natürlich ist er da«, ertönte Falks Stimme. »Schatz, hast du dich nicht nach Haus getraut?«

»Weißt du schon Bescheid?« fragte sie beklommen.

»Setz doch nicht diese Armesündermiene auf, wenn du überhaupt nichts dafür kannst«, sagte Falk. »Und einen Schutzengel mußtest du auch gleich mitbringen.« Er lachte tief und herzlich. »Danke, Chris, daß du sie unter deine Fittiche genommen hast.«

»Wer hat dich benachrichtigt?« fragte Christoph.

»Die Werkstatt. Der Übeltäter macht keine Schwierigkeiten. Er will es mit der Torney AG nicht verderben. Wolf ist doch ein Kunde von uns. Er hat sich schon vielmals bei mir entschuldigt.«

»Ach, der Wolf war es«, sagte Chris. »Peggy sagte mir nur, daß der Mann auch noch zu allem Übel Wolf heißt, und der Name ist ja nicht selten. Aber das ist doch ein ganz gutmütiger Wolf, Peggy.«

»Gerade vor denen habe ich Bange«, sagte sie. »Sie tun erst freundlich, und dann kommt das dicke Ende nach.«

»Du bist ein Angsthase«, sagte Falk und nahm sie in die Arme.

»Und außerdem viel zu eifersüchtig«, warf Chris ein.

»Siehste, Mami, Chris sagt das auch«, grinste Bobby.

»Ich darf mich jetzt wohl verabschieden. Peggy, sei friedlich und dankbar, daß du einen lieben, verständnisvollen Ehemann hast. Wenn du meine Frau wärest, hättest du jetzt was zu hören bekommen.«

»Doch nicht wegen der Beule, an der sie nicht schuld war«, sagte Falk empört.

»Nein, aber wegen ihrer lächerlichen Eifersucht. Also sagt ihr mal, daß du Susanne Holst nur schätzt, weil sie tüchtig ist und nicht, weil sie auch ganz gut aussieht.«

»Meine Herren, darum geht es. Mich muß der Teufel geritten haben, als ich mal sagte, daß Susanne Holst eine Klassefrau ist. Aber verheiratet möchte ich wahrhaftig nicht mit ihr sein. Da würde es nur um Chemie gehen, und Natur ist mir lieber.«

»Siehste, Mami, mal dich also nicht mehr an«, sagte der sechsjährige Bobby, aber Bébé schmiegte sich zärtlich an Peggys Seite. »Du bist meine ganz süße Mami«, schmeichelte sie.

»Und meine süße Frau«, sagte Falk, um ihr noch ein Zuckerl draufzugeben. Er wußte ja, wie er sie zu nehmen hatte, sonst wären hier manchmal die Fetzen geflogen.

Bobby begleitete Christoph zum Auto. »Wann wird Mami endlich mal vernünftig«, seufzte er. »Sie sagt immer nur, daß ich vernünftig sein soll.«

Christoph lachte und fuhr ihm durch das dichte Haar. »Frauen sind nun mal so, Bobby.«

»Wie so?« fragte der Junge.

»Unberechenbar.«

»Heiratest du deshalb nicht?«

»Ich habe noch viel Zeit und muß erst mal die Richtige finden.«

»Aber dann wird es bei dir sicher keinen Ärger geben, weil deine Mutter klasse ist. Morgen sucht sie uns heim.«

»Oje, so darfst du aber nicht reden, Bobby, wurde er verwarnt.

»Hat doch Papi gesagt, und nun muß er es Mami beibringen. Da wird es auch wieder funken.«

»Ach was, was sich liebt, das neckt sich, sagt man doch auch.«

»Aber unsere Großmutter hat leider Haare auf den Zähnen, und an uns nörgelt sie auch immer rum.«

»Seid nett zu ihr«, sagte Christoph, aber er wußte, daß es nicht leicht war, mit Agnes Thelemann auszukommen.

Und für ihn war es auch nicht einfach, mit seinem Bruder auszukommen. Der war auch schon zu Hause und blickte auf die Uhr, als Christoph eintrat.

»Wo warst du? Wir waren für siebzehn Uhr hier verabredet«, sagte Ludwig unwillig.

»Ich habe Peggy heimgebracht. Sie hatte eine kleine Karambolage und rief mich an.«

»Schon wieder! Hat sie keinen anderen Samariter?«

»Sie war nicht schuld. Aber der Wagen mußte in die Werkstatt. Sie wollte Falk nicht im Büro anrufen.«

»Aber dich, weil du deine Arbeit ja nicht ernstzunehmen brauchst«, sagte Ludwig gereizt. »Ich hoffe nur, daß du verantwortungsbewußter bist, wenn ich abwesend bin.«

»Und ich würde wünschen, daß

du ver­antwortungsbewußter wärest, wenn es um Frau Holst geht.«

»Was soll denn mit ihr sein?« fragte Ludwig heiser.

»Sie kam mit verbundenen Händen aus Dr. Nordens Praxis. Anscheinend hat sie von diesem verdammten Zeug was abbekommen.«

»Ist das meine Schuld? Sie weiß doch selbst, womit sie experimentiert!«

»Aber du weißt es besser, und du bist verantwortlich!«

»Willst du es ihr nicht lieber selbst überlassen, sich bei mir zu beschweren?«

»Das würde sie niemals tun.«

Ludwigs Augen wurden schmal. »Warum sagst du das so anzüglich?«

»Hast du es so gehört? Aber kommen wir zur Sache. Die Zeit verrinnt. Ich will noch zu Mama fahren.«

»Und ich wollte dir sagen, daß ich Susanne Urlaub gegeben habe, wenigstens acht Tage. Du wirst auf ihre Mitarbeit verzichten und mit Krüger vorliebnehmen müssen.«

»Ich gönne Frau Holst den Urlaub«, sagte Christoph kühl.

»Willst du leugnen, daß du was für sie übrig hast?«

Ein eisiger Blick traf ihn. »Das hast du gesagt. Ich muß lachen. Peggy ist eifersüchtig auf Susanne Holst, und mir willst du unterstellen, daß ich in sie verliebt bin.«

»Peggy ist auf jede hübsche Frau eifersüchtig, aber was Susanne anbetrifft, hätte ich nichts dagegen, wenn du dich mehr um sie bemühen würdest. Dann bleibt sie der Firma erhalten.«

Christoph war sprachlos. Er ging zur Tür, dann aber drehte er sich um. »Wenn du mir nicht mehr zu sagen hast«, stieß er hervor. »Aus dir soll ein Mensch klug werden!«

Und dann ging er, und der Ältere starrte ihm nun sprachlos nach.

*

Christoph fuhr zu seiner Mutter, die am Tegernsee ein wunderschönes, kleines Haus bewohnte. Klein insofern, als es mit der Prachtvilla der Torneys in München nicht zu vergleichen war, aber Pracht hatte Melanie Torney Delano nie geliebt. Geliebt hatte sie ihren Mann Markus Torney, und sein Tod vor zwei Jahren hatte sie so tief getroffen, daß sie sich in dieses Haus zurückgezogen hatte, das Markus ihr schenkte, weil sie einmal gesagt hatte, daß sie ihren Lebensabend gern mit ihm am Tegernsee verbringen wolle.

Für ihn hatte sich ihr Wunsch nicht verwirklicht. Er war einem Herzinfarkt erlegen, und ihr blieb nur die Erinnerung an fünfundzwanzig Jahre Glück mit dem um zwölf Jahre älteren Markus.

Seine erste Ehe hatte er auf Wunsch seiner Eltern und Charlottes Vater geschlossen, erst fünfundzwanzig Jahre alt und dazu erzogen, das Werk zu übernehmen, das schon sein Großvater gegründet hatte.

Charlotte hatte schon nach der Geburt von Ludwig gekränkelt. Sie war in jeder Beziehung eine schwache Frau gewesen, eine bequeme Frau, wie Mißgünstige sagten, aber Markus hatte sich erst ernsthaft für eine Frau interessiert, als er Melanie kennenlernte, und da war er siebenunddreißig und Vater eines zehnjährigen Sohnes, und Melanie war gerade fünf­undzwanzig, und wie manch einer meinte, gar nicht der Aufgabe gewachsen, Ludwig Mutter zu sein.