Ausstellungen - Texte und Spuren I - - Nicolaus Bornhorn - E-Book

Ausstellungen - Texte und Spuren I - E-Book

Nicolaus Bornhorn

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Beschreibung

An jenem Nachmittag wehte ein heftiger Wind her vom Étang de Vaccarès. Wir nutzten eine der wenigen Zufahrten, um bis zum Wasser zu gelangen. Die letzten Meter zu den aufgepeitschten Wellen führten über eine von Kieseln übersäte und von Felsblöcken gerahmte Sandfläche... Als sie von der Uferböschung zurückkehrte, schlug ihr der Wind so hart ins Gesicht, dass sie es mit einem Schal schützen musste... Beim Zurückspulen kam es zu einem Filmriss. Im Innern des Busses, unter einer Decke, rollte ich den belichteten Teil des Films auf die geöffnete Spule. Dabei muss Licht auf den Film gefallen sein: Feuerzungen gleich drang es ein.

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Seitenzahl: 60

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Ausstellungen

Traces et ready made / Spuren und Ready-mades

Hommage

A l’ombre des eucalyptus

Im Schatten der Eukalyptusbäume

La Trace

Die Spur

Notes Eparses

Verstreute Notizen

Images matérielles / Materialbilder

Murs-murs / Felsgemurmel

Paysages imaginaires / Imaginäre Landschaften

Teil I / Première Partie : Überlagerungen / Superpositions a posteriori

Teil II / Deuxième Partie : Bild im Bild / Image dans l’image

Teil III / Troisième Partie : Polyeder / Polyèdres

Teil IV / Quatrième Partie : Raumzerrungen / Etirements d’espace

Feuerskulpturen

Epilog

Prolog

Wasser: Topographie und Metamorphosen

I

„Nichts ist so leer wie ein leerer swimming-pool“

Ich kannte einen amerikanischen Maler in der Provence, der in glühender Hitze und bisweilen nackt, wie die Urmenschen, Steinchen für Steinchen das Mosaik am Boden eines pools auslegte, wobei ihm die Frau des zukünftigen Eigentümers, eines Diplomaten, vom Beckenrand, von oben also, zusah.

Um diese Situation zu entschärfen, das krude Begehren zu mildern und dem Bild ein wenig Anmut zu geben, bedarf es des Wassers. Dieses nimmt dem Blick die Schärfe, der Maler wird zum Schwimmer, die Konturen verschwimmen. Der Maler setzt die Schwimmerbrille auf und gleitet ins Wasser. Er liebt das Spiel der aufsteigenden Luftblasen, wenn die Arme eintauchen. Glaskugeln. Und die Blauabstufungen, dunkler zum Beckenboden hin, auf dem strahlende Lichtnetze pulsieren.

II

Ohne den Geruch des Meeres, ohne die Fischer und Boote, wäre diese Stadt nur eine Anhäufung von Steinen und lärmenden Autos. Das Weiß der Gischt, das tiefe, metallische Blau sind ihre Seele. Lang sitzt er am Strand, dessen Rundung die geometrische Vollkommenheit jugendlicher Körper besitzt. Das Knirschen der Wellen, deren Leben auf dem Kies ausläuft, rhythmisiert seine Gedanken und gibt ihnen eine elementare Form. Die beiden gegenüber liegenden Insel, l’Ile de Frioul und das Château d’If, zwei blitzende Felsbänder, lassen in ihm den Wunsch nach Überquerung des Wassers entstehen.

Zu Beginn des Nachmittags nimmt er die Fähre hinaus zu den Inseln. Er steht ungeschützt am Bug, mit dem Rücken zum Meer, das sich im Fenster der aufs Heck hinausgehenden Tür spiegelt. Inmitten dieses Widerscheins, dieser blitzenden See, steht deutlich gezeichnet die Kathedrale des Hafens, wirkliches Objekt hinter durchsichtigem Wasserschleier. Der Wind spielt mit seinen Haaren, und von Zeit zu Zeit dringt ein Schrei vom Heck herüber, wenn emporspritzende Gischt einen Passagier überrascht.

Begleitet vom Gesang der Kabel, die gegen die Bootsmasten schlagen, umrundet er leichtfüßig den Segelhafen und nimmt Kurs auf den nördlichen Teil Friouls. Die erste Begegnung ist physisch - das Bad im Meer, Schläge mit den Füßen auf blaugrüne Wasserfläche, Spritzer, die sich als Fontäne abheben vor dem silbernen Spiegel einer „griechischen“ See, einer Wasserweite gekennzeichnet vom beruhigenden Gefühl, sie sei nur Passage zwischen zwei Erdreichen - und dann der metaphysische Umschlag, der sich in der griechischen Analogie schon ankündigte, dieser von Steinen und Kieseln übersäte Weg, von hellgrünen Moosflächen punktiert, sowie von Möwenschreien, und der auf dem höchsten Punkt der Insel „endet“, wo der Horizont sich in seiner ganzen Ausdehnung gibt, wo der Durst gelöscht wird, der immer erneuerten Begegnung mit der Unendlichkeit wegen.

Auf dem Rückweg ist es die Stadt, die sich im Fenster der aufs Heck hinausgehenden Tür spiegelt, und wirkliches Ding hinter einem durchsichtigen Schleier aus Steinen ist diesmal das Meer.

Zu seiner Linken entspringt ein weißes, einen Schiffsbug vortäuschendes Haus dem Felsen, als wolle es sich ewig neu in die Fluten werfen, ohne diese jedoch jemals zu erreichen.

III

Auf dem Friedhof einer nördlichen Stadt, den ich des öfteren mit dem Fahrrad durchquerte, gab es ein Becken, in dem die Besucher Wasser schöpften zum Gießen der Blumen. Der Wunsch nach Reinheit erstand neu (das Kind taucht die Finger ins Weihwasserbecken), ich wusch mir Hände und Augen. Und nach der Beruhigung der dann wieder stillen Oberfläche erneut die Klarheit, die Deutlichkeit und Schärfe der gespiegelten Äste und Blätter.

Das Becken ist Oberfläche und Tiefe in einem. Die Tiefenwirkung hängt von der Lichtintensität ab: an einem regnerischen Tag verschwimmen die gespiegelten Konturen, die Oberflächenwirkung wird verstärkt. An einem lichtdurchstrahlten Tag aber dringt der Blick in die Tiefe hinauf bis in die Gipfel der Bäume.

Der Rahmen (der Beckenrand) macht das Bild ansehnlicher - eine physische Begrenzung schlägt um in eine ästhetische Wertung. Der Rahmen erleichtert dem Auge das Ausruhen im Erblickten, erleichtert die Kontemplation, so dass die Linien verschärft, die Farben intensiver erscheinen. Und nicht zuletzt: die Verzerrung des Raumes, nach dem Fall eines Tropfens oder beim Spiel der Insekten - die Oberfläche nun eine vibrierende Membran - wird zu einer Aussage über unsere Wahrnehmung, über die Natur des gespiegelten Raumes.

Wasser hat dem beschichteten Glas, dem Spiegel, jenses voraus, dass es das Dahinter, das Darunter sehen läßt, die Tiefendimension: Wasserpflanzen, Fische. Das Becken erlaubt also zwei Arten der Tiefe: die reelle und die virtuelle. Fügen wir das auf der Oberfläche schwimmende Blatt noch hinzu, dann haben wir die „Drei Welten“ Eschers.

(Text zum Kalender des Jahres 1998 der Galerie „Moderne“, Bad Zwischenahn, mit dem Titel „Wasser“)

Ausstellungen

Traces et ready made / Spuren und Ready-mades

(Originaltexte zur Gemeinschaftsausstellung mit Patrick Suzanne [Skulpturen], in der Galerie CABANON , Marseille, im November 2002)

Hommage

Un soir, au bord de la mer - nous étions assis à la terrasse d’un restaurant surplombant la baie de Marseille, ayant passé l’après-midi à plonger avec masques - un dialogue commença. Et à ce jour, il ne s’est pas arrêté. La vie de tous le jours, l’épouse, l’enfant, y trouvèrent leur place.

Je me rappellerai toujours notre première « exposition » sur la plage de la Pointe Rouge. P. m’avait demandé de prendre en photo ses statues (comme on prend en photo les membres de la famille). Debout, couchées, elles attiraient le regard, invariablement. « Ce fut ma meilleure expo, la plus vivante, celle qui a cueilli le plus d’échos », devait dire Patrick plus tard. Un demi-cercle s’était formé autour de celui qui posait ses objets par là, des êtres longilignes, happés dans tel geste, laissant apparaître leur chair de bois, leur com-position, leurs couches. Car de son passé de géologue, Patrick avait gardé le goût des couches superposées. Ces couches (décidément, on ne sort pas de ses couches),ces couches en bois, une « materia povera », assemblées selon des dessins méthodiques (aujourd’hui, c’est l’ordinateur qui les fournit) donnaient une première forme brute, non destinée au public. Suivait l’étape du ponçage. L’étape précédant cependant, tout proche de l’enfantement, avait été celle de la première mise en forme à l’aide de l’argile. La première statue s’appela donc »Adam ».

Ainsi, notre rencontre fut celle du sculpteur et du photographe (des années auparavant, elle aurait pu être celle du peintre et de l’écrivain). Au centre : l’image et sa fabrication.

Peu de temps après, Patrick « abandonna » ses statuettes pour se consacrer aux meubles d’art. Le cycle des personnages avait pris fin dans sa tête, dans son cœur. De plus, il y a, à côté du pain que l’on pétrit, celui qu’il faut gagner. Pourtant, il resta fidèle au mode de protection, composa ses meubles toujours par superpositions de couches de bois.