Ausstellungen Texte und Spuren II - Nicolaus Bornhorn - E-Book

Ausstellungen Texte und Spuren II E-Book

Nicolaus Bornhorn

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Beschreibung

Eröffnungsreden zu Austellungen befreundeter Künstlerinnen und Künstler aus den Jahren 2012-2019. Dazu ausführliches Bildmaterial aus den jeweiligen Ausstellungen. Hinzu kommen kurze Texte zur Fotografie.

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Seitenzahl: 49

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Inhaltsverzeichnis

Eröffnungsreden

Das Verschwinden der Landschaft

Hier und da - unterwegs in Europa

„Zoomierungen“ (Photographien) „Äquinox“ (Video)

Räume

Bis Zum Horizont

Den Wald vor lauter Bäumen sehen

Transparenzen

Transparenz Und Transzendenz

Transparenzen

Ein Foto ist kein Foto ist ein Foto

„Weiss ist...“

Dialog der Künstler zur Eröffnung der Ausstellung

Teil II

Kurze Texte

Fenster: Aufsichten, Einsichten, Aussichten

Aus der Zeit, als es noch Filmspulen gab...

Eröffnungsreden

Michael Schildmann, Watt, Fotografie

Das Verschwinden der Landschaft

Eröffnungsrede zur Ausstellung von Michael Schildmann in der Angestelltenkammer Bremen, Bad Zwischenahn, am 7.12.2012

Vor einigen Jahren machte mich ein Freund auf eine Kunstausstellung in Clemenswerth im Emsland aufmerksam. Wir fuhren zum dortigen ehemaligen Jagdschloss mit Nebengebäuden, in denen zahlreiche Künstler ausstellten, die mit ganz unterschiedlichen Medien arbeiteten. Der Freund und ich erkundeten den Ort, jeder nach seinem Gusto, und als wir uns wieder trafen zur Rückfahrt, wies mich der Freund auf eine Photographieausstellung hin, die ich mir - falls ich sie noch nicht entdeckt hätte - unbedingt ansehen müsse. Was ich tat, und stieß auf die Panoramaaufnahmen Michael Schildmanns.

Ich selbst hatte mich an dieser Darstellungsform versucht, hatte räumlich versetzte Aufnahmen mit Hilfe des Stativs gemacht, die Papierabzüge zugeschnitten und zusammengeklebt. Doch hier wurde ich von der Perfektion der Technik überholt (wobei man hinzufügen muss, dass gemalte Panoramabilder schon vor Hunderten von Jahren existierten). Ich kam mit Michael ins Gespräch, und wir stellten fest, dass wir nicht nur zum selben Abiturjahrgang gehörten, sondern das Abitur an derselben Schule, dem Gymnasium Westerstede, abgelegt hatten. Wir hatten drei Jahre in parallelen Klassen verbracht, ohne uns je über den Weg zu laufen. Dafür mussten fast vierzig Jahre vergehen...

Michael Schildmann, Schweden, Fotografie

Nun zur hiesigen Ausstellung, den Bildern: In ihnen spielt das nördliche Licht eine große Rolle. Die Temperaturen, bei denen der Wanderer und Pilger Michael Schildmann unterwegs ist, fordern zum Gehen, zur Bewegung heraus, und aus dieser Bewegung entstehen Wahrnehmung und Bild (wie auch die Klarheit des Denkens beim Gehen, im Rhythmus des Gehens entsteht). Es kommt zu Glücksmomenten, heiterer Gelassenheit oder auch kontemplativer Meditation, und aus diesen „Zuständen“ heraus entsteht das Bild. Das Motiv, außen gefunden, wird im Innern zur Motivation. Kühle und Leidenschaft, Kühle der Technik und Leidenschaft des Schauens durchdringen einander.

Ein weiterer Zusammenhang kommt hinzu: das Pilgern. Dem Pilger, und nicht nur ihm, erschließt sich der Horizont immer neu, doch zugleich entzieht er sich ihm immer aufs Neue. Jaspers spricht, theologisch/philosophisch gefärbt, vom „Umfassenden“, das als Rahmen gewissermaßen immer schon existiert. Beim Pilgern gelangen wir im günstigen Fall vom sorgenvollen zum sorgenfreien Denken und Empfinden. Hat der Pilger ein Anliegen (und er hat fast immer ein Anliegen), so kristallisiert sich dieses heraus beim Gehen. Wie bei genauem Fragen schon die Antwort aufscheint, so zeichnet sich für den Pilgernden mit der Klarheit des Anliegens auch schon dessen Aufhebung im großen Rahmen des Horizonts ab.

Michael Schildmann, Auf dem Olavsweg 111, Fotografie

In diesem Zusammenhang möchte ich auf eines der ausgestellten Bilder eingehen: auf das Bett des Pilgers (das Bild trägt hier den prosaischen Titel „Auf dem Olavsweg 111“). In einer nordischen Landschaft, hügelig, strauch- und moosbewachsen, verläuft ein Pfad. Überlagert, durchdrungen wird diese Landschaft von einer Zimmereinrichtung: Bett, offenes Fenster, Wandgestell. In dem dadurch entstandenen offenen Raum, einer Verschmelzung von Innen und Außen, steht das Bett, von dem jeder Pilger träumt: weich, mit Moos ausgelegt, unter freiem Himmel. Und der Pilgerpfad verläuft mitten durch die Bettstatt: Bewegung und Stillstand in einem, ein Traum.

Drei Schwarzweißphotographien, betitelt „Das Verschwinden der Landschaft“, die er, so Michael, vorgefunden, nicht nachträglich bearbeitet habe, zeugen, symbolisch angedeutet durch den Titel, von der Sorge um den Verlust der natürlichen Räume. (Den vielleicht metaphysischen Aspekt der Auflösung ins Licht oder den malerisch-zeichnerischen der Reduktion aufs Wesentliche lasse ich hier außer Acht.) Wenn es keine Menschen gibt auf diesen Landschaftsbildern, so auch deshalb, weil die heile, die heilsame, die heilende Natur im Umkehrschluss darauf verweist, dass sie empfindlich ist, zerstörbar. Das Schöne versteht sich nicht von selbst. Und da tritt der Mensch, der Betrachter ins Bild...

Hier und da - unterwegs in Europa

Eröffnungsrede zur Ausstellung von Michael Schildmann in der Sparkasse Schortens, am 14.11.2013

Eigentlich könnte ich mir dieses „Geschwafel“, wie Michael Schildmann es einmal nannte, der „kunsthistorischen“, „zeitgenössischen“ oder relativierenden Einordnung seiner Bilder schenken. Sie sprechen ja, wie von Künstlern immer behauptet wird, für sich. Warum also stehe ich hier und spreche? Zum einen, weil Michael glaubt, und wir alle, die wir hier stehen, glauben, dem gesellschaftlichen Konsens, dem Ritual einer Einführung Tribut zollen zu müssen. Wichtige gesellschaftliche Ereignisse sind stets mit einem Diskurs verbunden. Dies sind Sprechakte, in denen Rede und Handlung eine Einheit bilden. Was aber ist berechtigt an Michaels Kritik der einführenden Reden? Sie scheinen auf ein sich wiederholendes, fachspezifisches, „fachmännisches“ Vokabular begrenzt zu sein, so wie Mediziner früher (?) in Anwesenheit von Laien Latein sprachen. Diese Worte seien - wie die meisten Sonntagspredigten - leblos, austauschbar. (Ich hoffe, dass ich Michaels Gefühle richtig wiedergebe.)

So stehe ich also vor der (an mich herangetragenen und gern akzeptierten) Aufgabe, über Bilder zu sprechen, die mich ansprechen, die Sie als Betrachter ansprechen, und die dennoch des sprachlichen Ausdrucks bedürfen. Natürlich haben wir uns alle - schon allein mit Bezug auf die Politik - an diese Art des inhaltslosen Sprechens gewöhnt. Das Bild bestünde - um in dieser Logik zu bleiben - vorwiegend aus seiner Präsentation, dem gesellschaftlichen Rahmen, in den es eingebettet ist. Der ritualisierte Umgang mit ihm - also auch meine „Rede“ - hätte wenig mit seinen Inhalten zu tun. Spricht das Bild aber für sich - und das tut es ja -, ergreift sein Inhalt,