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NOCH IMMER VERRÜCKT NACH DIR von MARIE FERRARELLA Verflucht! Schriftsteller Jackson Cain hat sich so auf das Wiedersehen mit Mallory gefreut – da eröffnet sie ihm, dass sie einen anderen hat! Doch Jackson spürt sofort: Mit dem Neuen stimmt etwas nicht! Seine Chance, Mallory zurückgewinnen? Jackson beginnt zu hoffen … HEISSER NOCH ALS DAMALS von CHARLENE SANDS Ein neuer Job in der Einsamkeit Nevadas: Cassie will die Vergangenheit hinter sich lassen. Warum nur muss sie ausgerechnet hier auf Jake treffen? Auf den Mann, der ihr das Herz gebrochen hat! Und nach dessen Zärtlichkeit sie sich schon wieder so schmerzlich sehnt … VERFÜHR MICH NOCH EINMAL von SHERRYL WOODS Es fällt Michael nicht leicht, Grace um Hilfe zu bitten. Schließlich hat sie ihn vor sechs Jahren verlassen. Und nun steht sie wieder vor ihm – verführerisch wie früher, bezaubernd wie früher. Kann er sie überzeugen, mit ihm einen Neuanfang zu wagen?
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Seitenzahl: 594
Marie Ferrarella, Charlene Sands, Sherryl Woods
BACCARA GOLD BAND 33
IMPRESSUM
BACCARA GOLD erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
Neuauflage in der Reihe BACCARA GOLD, Band 33 03/2023
© 1996 by Marie Rydzynski-Ferrarella Originaltitel: „Husband: Optional“ erschienen bei: Silhouette Books., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Christiane Bowien-Böll Deutsche Erstausgabe 1997 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 943
© 2003 by Charlene Swink Originaltitel: „ Expecting the Cowboy’s Baby“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Eleni Nikolina Deutsche Erstausgabe 2004 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 1289
© 2000 by Sherryl Woods Originaltitel: „Marrying a Delacourt“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto in der Reihe: SPECIAL EDITION Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Monika Paul Deutsche Erstausgabe 2007 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe COLLECTION BACCARA, Band 246
Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 03/2023 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751516600
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
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„Ist es von mir?“
Zorn und Verblüffung waren aus der tiefen Stimme herauszuhören. Und noch etwas, das Mallory nicht benennen konnte.
Mallory stand mit dem Rücken zur Tür des Büros und ließ nun erschrocken die Papiere fallen, mit denen sie sich seit einer halben Stunde beschäftigt hatte.
In ihrem Schreck bemerkte sie kaum, dass sie auf die am Boden liegenden Blätter trat, als sie sich umdrehte, um zu sehen, wer ihr diese Frage entgegengeschleudert hatte. Wohl wissend, dass es ihr nicht helfen würde, flehte sie dennoch darum, dass es wie durch ein Wunder nicht Jackson Cain sein möge.
Mit weichen Knien fasste Mallory nach der nächsten Tischkante, um sich festzuhalten, als sie in Jacksons leuchtend grüne Augen blickte. Leuchtend grüne Augen, die sie jetzt ungläubig musterten.
Sie hatte es geahnt, genau mit diesem Ausdruck würde er sie ansehen, wenn er entdeckte, dass sie schwanger war. Es tat weh, und ein wahnwitziger Stolz, von dem sie selbst nicht recht wusste, wozu er gut sein sollte, zwang sie dazu, Jackson mit einer Lüge zu antworten.
„Nein, ist es nicht.“ Mallory blickte in eine andere Richtung, als wollte sie ihm zeigen, dass seine Anwesenheit ihr nichts bedeutete. Genau wie er es ihr gegenüber getan hatte.
„Ach, übrigens, hallo, wie geht’s? Lange nicht gesehen.“ Sie versuchte, ihren rasenden Herzschlag, den Kloß in ihrer Kehle und die stechenden Kopfschmerzen, die sie plötzlich wie aus dem Nichts überfallen hatten, zu ignorieren. Viel wichtiger war im Moment, wie sie sich bücken und die heruntergefallenen Papiere aufheben sollte.
Sie sah Jackson nicht an, als sie nun vorsichtig in die Knie ging und die Blätter einzusammeln begann.
Warum hatte er sie auch mit diesem Ausdruck anblicken müssen, als er ihr die Frage stellte? Ach, zum Teufel mit ihm!
Was hast du denn erwartet? sagte sie sich. Blumen und Pralinen? Du kennst ihn doch.
Mallorys Antwort und vor allem der kalte, abweisende Ton ihrer Stimme ließen Jackson innerlich zusammenzucken. Es war also nicht von ihm. Mallory würde ihn niemals anlügen, gleichgültig, wie wütend sie auf ihn sein mochte. Schließlich kannte er sie.
So hatte er sich ihr Wiedersehen zwar nicht vorgestellt, doch er war erleichtert, dass das Baby nicht von ihm war.
War er tatsächlich erleichtert?
Natürlich war er das – es musste so sein. Welcher Mann würde sich schon freuen, wenn er entdeckte, dass die Frau, wegen der er quer durch den Kontinent gereist war, die Frau, von der er seit sieben Monaten träumte, obwohl er sie aus seinem Herzen hatte vertreiben wollen, von ihm schwanger war?
Mit verzweifelter Entschlossenheit rief er sich ins Gedächtnis, warum er Mallory damals verlassen hatte. Weil er sich nicht noch mehr an sie binden wollte. Weil das Leben mit Mallory ihn dort einzuschränken drohte, wo er am meisten er selbst war – bei seiner Arbeit.
Ein Baby hätte viel zu viel Verantwortung bedeutet und sein Leben viel zu stark beeinträchtigt.
Doch warum war er dann so unglaublich enttäuscht? Warum fühlte er sich so entsetzlich verraten? So niedergeschmettert, dass es ihm fast den Atem nahm.
Angespannt blickte er auf Mallorys Bauch, den er zum ersten Mal so rund sah, und musste unwillkürlich daran denken, wie er früher unter der leichtesten Berührung seiner Fingerspitzen erbebt war.
Jackson schüttelte den Kopf, als könnte er dadurch alle unangenehmen und verwirrenden Gedanken abschütteln. Erst jetzt bemerkte er, dass Mallory auf dem Boden kauerte. Rasch bückte er sich und schob die verstreuten Blätter zu einem Stapel zusammen, während es ihm nicht gelang, den Blick von ihr zu lösen.
Sie war schwanger. Schwanger. Und Mallorys Umfang nach zu urteilen, musste sie mindestens im siebten Monat sein. Er war nur sieben Monate weg gewesen. Hatte sie sich so rasch einem anderen zugewandt?
Die Frage quälte ihn.
„Hier“, brummte er unwillig und reichte ihr die Blätter. „In deinem Zustand solltest du nicht mehr arbeiten.“
Mallory konnte nicht sofort antworten. Sie hatte Angst, die Stimme würde ihr versagen, weil die widersprüchlichsten Gefühle ihr die Kehle zuschnürten.
Sie hatte sich so unendlich nach ihm gesehnt. Nacht für Nacht hatte sie von ihm geträumt. In ihren Träumen war er zu ihr zurückgekehrt, um ihr zu sagen, dass es ein Fehler war, sie zu verlassen. Dass er sie liebte, dass es nur sie für ihn gab. Dass er sein Leben mit ihr verbringen wollte.
Und immer war sein Blick voller Zärtlichkeit gewesen, genau wie damals in jener zauberhaften Nacht, als sie unwissentlich das Kind zeugten, das sie nun trug. Liebe und Zärtlichkeit hatten in seinen Augen gelegen.
Wie zornig sah er sie dagegen jetzt an.
Wenn Blicke töten könnten …, dachte sie. Nun, sie konnten es nicht, und wenn jemand Grund hatte, zornig zu sein, dann sie!
„Was sollte ich in meinem Zustand wohl sonst tun?“, erwiderte sie aufgebracht. „Ich fürchte, ich kann mich nicht mit dir vergleichen, Jackson. Ich habe weder ein prall gefülltes Bankkonto, noch habe ich eine reiche Erbschaft in Aussicht.“ Geschweige denn eine Familie, die mich unterstützen würde, fügte sie in Gedanken hinzu. Ihr Bedürfnis nach Selbstständigkeit und Unabhängigkeit war viel zu groß, als dass sie sich erlaubt hätte, sich an jemanden anzulehnen. Aber es wäre auch niemand da gewesen. Sie musste allein mit ihrer Schwangerschaft fertig werden.
„Ich kann nicht einfach meine Sachen packen und verschwinden, wann immer ich Lust dazu habe. Ich muss mir meinen Lebensunterhalt verdienen und Rechnungen bezahlen.“
Die Rechnungen sind gar nicht mein Problem, dachte sie und bat im Stillen ihr ungeborenes Baby um Verzeihung. Finanziell brauchte sie sich keine Sorgen zu machen. Doch selbst wenn es so wäre, sie würde einen Weg finden, um für sich und das Kind zu sorgen. Sie wollte dieses Kind, wollte es im Arm halten, das Zeugnis einer Liebe, von der sie in ihrer Naivität geglaubt hatte, sie sei vollkommen. Sie wollte dieses Baby mehr als alles auf der Welt, denn zweifellos stand es für das, was an ihrer Beziehung zu Jackson gut und richtig gewesen war.
Auf jeden Fall war es das Beste, was Jackson, dieser Mistkerl, jemals vollbracht hatte.
Jackson war ihr Problem. Jackson mit seiner nonchalanten Art, in ihrem Leben aufzutauchen und zu verschwinden, wie es ihm gerade gefiel. Jackson, der sie nie wirklich geliebt hatte, sonst wäre er bei ihr geblieben.
Mallory nahm den Stapel aus seiner Hand und versuchte, gelassen zu bleiben. As fiel ihr schwer, den Mann nicht wütend anzustarren, der ihr das Gefühl gegeben hatte, sie zu lieben, und der dann plötzlich ohne ein Wort, ohne eine Nachricht zu hinterlassen, verschwunden war. Sieben Monate kein Brief, kein Anruf – nichts. Nicht ein einziges Mal hatte er versucht, Kontakt mit ihr aufzunehmen, hatte er sie gefragt, wie es ihr ging.
Nicht etwa, dass sie es ihm gesagt hätte. Aber es hätte ihr doch eine gewisse Befriedigung verschafft, den Telefonhörer auf die Gabel zu werfen oder einen zerrissenen Brief an ihn zurückzuschicken.
Jackson erhob sich, während Mallory immer noch auf dem Boden kniete, die Papiere krampfhaft an sich gedrückt. Schweigend reichte er ihr die Hand.
Sie nahm sie nicht sofort. Wenn es irgendeine andere Möglichkeit gegeben hätte aufzustehen, sie hätte sie genutzt. Sie wollte nichts, aber auch gar nichts mehr, mit ihm zu tun haben.
Doch die Schwangerschaft war von Anfang an nicht leicht für sie gewesen. Mittlerweile war sie im neunten Monat, und morgens in Hosen und Schuhe zu kommen war noch das geringste Problem.
Mit einem Seufzer musste Mallory sich eingestehen, dass es ihr ohne Hilfe nicht gelingen würde aufzustehen. Alle ihre Kollegen waren entweder in der Mittagspause oder unterwegs zu Besichtigungsterminen.
Sie war in der Klemme. Entweder nahm sie Jacksons Hand, oder sie würde weiterhin auf dem Boden kauern. Ihr Rücken begann schon wieder wehzutun.
Sie spähte zur Tür. Vielleicht kam ja gerade jemand. Aber die Tür öffnete sich nicht.
Widerwillig nahm sie schließlich Jacksons Hand, deren lange, sensible Finger sie so bewundert hatte. Mit seinen männlich schönen Händen hatte er ihren Körper zu neuem Leben erweckt.
Für den Bruchteil einer Sekunde wusste Jackson nicht, ob Mallory seine Hilfe annehmen oder ihn zu sich auf den Boden ziehen wollte. Er musste sich mit seinem ganzen Gewicht gegen sie stemmen, um nicht umzufallen.
So schwer sah sie gar nicht aus. So stark aber auch nicht.
„Danke“, sagte Mallory eisig und wandte sich von ihm ab.
Jackson betrachtete sie nachdenklich. Sein Stolz ließ ihm keine Ruhe, und er folgte ihr zu ihrem Schreibtisch in einer Ecke des Raums.
„Wenn es nicht von mir ist, von wem ist es dann?“
Mallory war schon immer sehr eigensinnig gewesen. Vielleicht genauso eigensinnig wie er. Es würde ihr ähnlich sehen, ihm die Antwort zu verweigern. Aber er musste es wissen.
Wieder musterte er sie schweigend. Das Kind konnte nur von ihm sein. Er hatte sie vor sieben Monaten verlassen. Das entsprach ungefähr der Dauer ihrer Schwangerschaft.
Man sollte meinen, dass jede Frau in dieser langen Zeit aus seinen Gedanken verschwunden wäre. Warum hatte er dennoch nicht aufhören können, an sie zu denken? Warum ließ sie ihm keine Ruhe? Warum begehrte er sie immer noch?
Und warum belog sie ihn jetzt?
Aber er wusste doch, dass sie es nicht tat. Mallory konnte ebenso wenig lügen, wie er häuslich werden konnte.
Jackson blickte Mallory so eindringlich in die Augen, als könnte er ihr auf den Grund der Seele sehen. Nur ihre Dickköpfigkeit bewahrte sie davor, vor ihm zurückzuweichen. Sie hatte seinen intensiven Blick geliebt. Seine intensive Art. Oh, sie hatte alles an ihm geliebt, selbst seine Fehler.
Aber damals war sie noch jung und dumm gewesen. In der Zwischenzeit war nicht nur ein Baby in ihr gewachsen. Sie war insgesamt reifer geworden.
„Du glaubst wohl, du bist das einzige Mannsbild unter der Sonne?“, fauchte sie ihn an. „Ich versichere dir, Jackson Cain, es gibt mindestens noch einen von deiner Spezies, den ich mindestens genauso aufregend und attraktiv finde, wie ich dich einmal gefunden habe.“
Ihre Worte waren wie Faustschläge. Jacksons Blick verdüsterte sich. „Wen?“
„Was gibt dir das Recht, nach so langer Zeit einfach hier aufzutauchen und persönliche Fragen zu stellen? Ich habe dich doch überhaupt nicht mehr interessiert, erinnerst du dich?“
„Wer ist es?“, wiederholte er. Er beugte sich über den Tisch, und seine Stimme klang jetzt noch dunkler. „Wer ist der Vater des Kindes, Mallory?“
Sie legte schützend die Hand auf ihren Bauch. Jackson gegenüber eine Geschichte erfinden zu müssen, darauf war sie nicht vorbereitet.
Mallory dachte fieberhaft nach. An der Wand hinter Jackson hing eine Sammlung kleiner Fotos mit den Namen von allen Angestellten der Firma Gateway Immobilien. In ihrer Verzweiflung setzte Mallory einfach zwei davon zusammen.
„Steven. Steven Mitchell.“ Trotzig hob sie das Kinn. „Aber was geht es dich eigentlich an, wer der Vater meines Kindes ist?“
Jackson hätte Mallory am liebsten bei den Schultern gepackt und geschüttelt. Stattdessen schob er nur die Hände noch tiefer in seine Hosentaschen.
„Weil ich glaube, dass du lügst.“ Er klang überzeugter, als er sich fühlte.
Nur mit aller Willenskraft gelang es Mallory, die Tränen der Wut zu unterdrücken. Mit einer heftigen Bewegung warf sie den Papierstapel auf ihren Schreibtisch. Ihre Augen schossen Blitze.
„Ich soll lügen?“, zischte sie. „Du glaubst, dass ich lüge?“
Der ganze im Lauf von sieben Monaten in ihr aufgestaute Zorn entlud sich jetzt. Wie eine sprungbereite Raubkatze ging Mallory um den Tisch herum auf Jackson zu.
„Ich bin nicht diejenige, die etwas vortäuscht, Jackson. Du bist es!“
Jackson hatte keine Ahnung, wovon sie redete. Wann hatte er sie jemals belogen? Er konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern. Bis auf ein einziges Mal hatte er seine Worte sogar immer mit besonderer Bedachtsamkeit gewählt. Das war schließlich sein Metier.
Er blickte auf die zornbebende Gestalt vor sich. „Ich bin Schriftsteller, Mallory. Es ist mein Beruf, Dinge zu erfinden.“
War es auch sein Beruf, ihr gegenüber Dinge zu erfinden? Mallory spürte einen heftigen Schmerz im ganzen Körper. Sie ignorierte ihn. Wofür hielt Jackson sie eigentlich? „Auch mir gegenüber?“
Was meinte sie nur damit? Jetzt packte er sie doch bei den Schultern, wenn er sie auch nicht schüttelte. Es war nicht einfach, aber er beherrschte sich. „Hör zu, was willst du damit …“
Mallory riss sich von ihm los. „Nun, ich habe dir vertraut – jedem deiner Worte.“ Ich darf ihm nicht zeigen, wie verletzt ich bin, rief sie sich zur Ordnung. Sie musste unbedingt Haltung bewahren, und ihr Blick war kühl, als sie hinzufügte: „Aber das ist jetzt nicht mehr wichtig.“
Entschlossen trat sie von ihm weg. Um nichts in der Welt würde sie ihm die Genugtuung gewähren und sagen, dass das Baby von ihm war. Nicht, nachdem er sie so schmählich im Stich gelassen hatte.
Nun, jetzt war sie nicht mehr allein. Sie hatte ihr Baby. Das würde ihre Familie sein. Ihre Welt. Sie brauchte keinen Mann, der sich nicht an seine Worte hielt, auch wenn er es nicht direkt ausgesprochen hatte, sondern ihr seine Ablehnung eher durch Taten und Gefühle gezeigt hatte. Wenn der Gedanke ihn verletzte, dass sie ihn leicht und schnell durch einen anderen ersetzt hatte, um so besser.
Jackson wäre am liebsten gegangen, um nichts mehr mit all dem zu tun zu haben. Andererseits konnte er nicht gehen, ohne vorher die Wahrheit zu wissen.
„Was ist denn jetzt wichtig?“ Er folgte Mallory zum Aktenschrank.
Mit einem Knall schob sie die Schublade wieder zu, die sie gerade geöffnet hatte. Oh, verflixt, warum kam denn niemand von den anderen zurück? Dann müsste er aufhören, sie so anzuschreien.
„Wichtig ist jetzt, dass ich ein anderes Leben lebe.“
„Offensichtlich“, entgegnete Jackson. Wieder betrachtete er Mallorys gerundeten Leib. Verdammt, warum drehe ich mich nicht einfach um und gehe? fragte er sich.
Weil er nicht konnte.
Er war nach New York gegangen, um zu fliehen – um sich von Mallory zu befreien. Es hatte nicht funktioniert. Er war in Gedanken immer bei ihr gewesen, trotz der großen Entfernung und des Schweigens, das er sich selbst auferlegt hatte. Es war alles vergeblich gewesen.
Schließlich war er zu dem Schluss gekommen, dass die Sehnsucht nach Mallory sich niemals von allein legen würde. Genauso gut könnte er gegen Windmühlen kämpfen. Wie sehr er es auch versuchte, immer gab es etwas, das ihn an sie erinnerte. Sie war ihm zu stark unter die Haut gegangen, um ihr Bild einfach aus seinem Kopf bannen zu können.
Vier Monate waren sie zusammen gewesen. Vier Monate voller Leidenschaft und intensiver Gefühle, bis er Angst bekommen hatte, von ihrer Beziehung völlig vereinnahmt zu werden und seine Kreativität zu verlieren. Da hatte er Mallory verlassen. Besser gesagt, er war geflohen, „um sich zu schützen und seinen Freiraum zu bewahren“, wie er es ausgedrückt hätte.
Es hatte nicht funktioniert. Sie hatte ihn bis in seine Träume verfolgt.
Deshalb war er zu Mallory zurückgekehrt, aber nur kurzfristig, um sich davon zu überzeugen, dass sie schließlich doch nur eine Frau aus Fleisch und Blut war, kein Mythos, keine Göttin, und ganz bestimmt nichts, das mehr Bedeutung für ihn gewinnen könnte als sein Selbstverständnis als Schriftsteller.
Er war zurückgekehrt, um sie noch einmal zu sehen und dann wieder sein früheres Leben weiterzuleben.
Jetzt konnte er sehen, was für ein Narr er gewesen war. Während er nachts stundenlang wach gelegen und nur an sie gedacht hatte, unfähig, sich für andere Frauen zu interessieren, sosehr sie ihm auch schmeichelten, war Mallory die ganze Zeit über mit einem anderen Mann zusammen gewesen, hatte mit ihm geschlafen und war von ihm schwanger geworden.
Während er sich nach ihr gesehnt hatte, war sie mit einem gewissen Steven Mitchell ins Bett gegangen. Allein der Name verursachte ihm einen bitteren Geschmack im Mund.
Jackson war drauf und dran, die Beherrschung zu verlieren, aber Mallory war selbst so voller Zorn und Bitterkeit, dass sie es gar nicht merkte. Außerdem hatte sie mittlerweile so starke Schmerzen, dass sie die kaum noch ignorieren und kaum noch vernünftig denken konnte.
„Wag es nicht, mich so anzusehen, Jackson Cain!“
Wusste sie denn nicht, dass er nahe daran war, sie zu erwürgen? „Und wie sehe ich dich an?“
Wenn sie stärker gewesen wäre, hätte sie jetzt mit den Fäusten auf ihn eingeschlagen. Doch was konnte sie tun? Sie fühlte sich plötzlich schrecklich schwach. „Als ob du mich steinigen wolltest“, antwortete sie. Er öffnete den Mund, aber sie ließ ihn nicht zu Wort kommen. Sie war noch nicht fertig mit ihm.
Du wirst niemals fertig mit ihm sein, sagte ihr eine innere Stimme. Sie unterdrückte sie und fuhr fort: „Du hast mich verlassen, erinnerst du dich? Weil du mit deiner Arbeit besser vorankommen wolltest und ich dir dabei im Weg war!“
Ob er auch nur im entferntesten ahnte, wie weh ihr das getan hatte? Sie hatte ihn immer so akzeptiert, wie er war. Sie hätte nie gewollt, dass er sich wegen ihr änderte.
Dennoch war er gegangen.
„Was hätte ich danach wohl tun sollen? Nachts allein zu Hause sitzen und deine Bücher lesen?“ Letzteres hatte sie zwar nicht getan, aber sie war nachts allein gewesen und hatte sich dafür verwünscht, dass sie nicht aufhören konnte, an ihn zu denken.
Ein paar seiner Bücher zu zerreißen hatte ihr keine Erleichterung gebracht. Nichts hatte geholfen, bis sie entdeckte, dass sie schwanger war. Dann hatte sie Zuflucht darin gesucht, für sich und das Baby die Zukunft zu planen.
Jackson fühlte sich mehr und mehr wie ein Narr. Auf jeden Fall war es närrisch gewesen, sich über eine so lange Zeit mit jeder Faser seines Körpers nach ihr zu sehnen.
„Falls ja, hast du jedenfalls nicht sehr lange gelesen.“ Er sah Mallory an, als wollte er sie für ihre Schwangerschaft verfluchen. „Wie lange hast du gebraucht, um über mich hinwegzukommen? Einen Tag? Eine Woche? Eine Stunde?“
Empört hob Mallory den Kopf. Was für ein Recht hatte er, sich wie ein verschmähter Liebhaber aufzuführen?
„Es gibt noch keine Maßeinheit, die klein genug wäre. Aber man arbeitet daran.“ Ihre Augen wurden schmal, als sie den Blick auf seine Brust richtete. „Ich würde vorschlagen, dein Herz als Maßstab zu verwenden.“
Jackson schien sie mit seinem Blick zu durchbohren. „Warum bietest du nicht dein Herz an? Oder ist da gar nichts mehr vorhanden? Ist es verschwunden, genau wie deine Treue?“ Verflucht! Nie hätte er geahnt, dass es so schrecklich sein könnte, sie sich mit einem anderen vorzustellen. Aber es tat weh, höllisch weh!
„Treue?“ Mallory starrte ihn ungläubig an. „Zu wem? Zu einem Mann, der einen erst in die Arme nimmt und sagt, man bedeute ihm so viel – und der dann verschwindet?“
Jackson erinnerte sich. Es war ein Augenblick der Schwäche gewesen, anders hatte er sich das nicht erklären können. Jedenfalls hatte er das nicht sagen wollen – und bestimmt nicht laut.
Dass es ihm dennoch entschlüpft war, rechtfertigte aber nicht ihr Verhalten. „Wie lange hast du gewartet?“, beharrte er. War da schon die ganze Zeit vorher ein anderer gewesen? Er musste es wissen. „Wie lange?“
Mallory wollte ihm eine weitere Lüge entgegenschleudern, doch der Schmerz wurde plötzlich so stechend, dass es ihr den Atem nahm. Sie riss die Augen auf und keuchte.
Innerhalb von Sekunden hatte sich ihr Streit in Luft aufgelöst. Mallory war kreidebleich geworden. Sie schwankte und wäre zu Boden gesunken, hätte Jackson sie nicht gerade noch rechtzeitig festgehalten.
„Mallory, was ist los mit dir?“ Er packte sie noch etwas fester um die Schultern.
Sie wollte ihn abschütteln, wollte aus eigener Kraft stehen, fühlte sich jedoch viel zu benommen dazu. „Ich weiß nicht. Ich …“ Nach Atem ringend brach sie ab.
Jackson sah sich suchend um. War denn niemand hier, der helfen konnte? Früher, wenn er Mallory zum Mittagessen abholte, war ihm das Büro immer so überfüllt erschienen. Vorsichtig führte er Mallory zu einem Stuhl. „Ich glaube, du solltest dich besser hinsetzen.“
Mallory verschwamm alles vor Augen. Sie versuchte verzweifelt dagegen anzukämpfen. Panik befiel sie, als sie daran dachte, dass sie ohnmächtig werden könnte. Nein, das würde sie nicht. Niemals! So weit durfte es nicht kommen, dass sie in Jacksons Armen ohnmächtig wurde.
Jackson verfiel normalerweise nicht schnell in Panik, aber er hatte noch nie eine Schwangere im Arm gehalten, die der Ohnmacht nahe war. Vielleicht sollte er den ärztlichen Notdienst anrufen. Vorsichtig ließ er Mallory mit einer Hand los, um nach dem Telefon auf ihrem Schreibtisch zu greifen.
Doch Mallory umklammerte sein Handgelenk und hielt ihn fest. „Jackson“, hauchte sie mit letzter Kraft.
Besorgt ließ er sich neben ihr auf die Knie. Sie war jetzt schweißüberströmt, und sacht strich er ihr eine feuchte Strähne aus der Stirn. „Was ist?“
Mallory fuhr sich mit der Zunge zitternd über die Lippen. „Das Baby kommt.“
Jackson starrte Mallory fassungslos an. „Was?“
Wenn das Wehenschmerzen sind, wird dieses Kind mein einziges bleiben, schwor sich Mallory in diesem Moment. Das möchte ich nicht noch einmal erleben.
„Bist du taub?“ Sie keuchte, und Schmerz und Angst nahmen ihr fast die Besinnung. „Das Baby kommt.“
Jackson versuchte, sein Handgelenk aus ihrer Umklammerung zu befreien, und war erstaunt, welche Anstrengung es ihn kostete. Mallory klammerte sich an ihn wie eine Ertrinkende an einen Rettungsring. Er ließ es erst einmal sein. „Du meinst, jetzt gleich?“
War er nicht mehr bei Verstand? „Nein, in einem Jahr. Natürlich jetzt!“ Mallory legte die andere Hand auf ihren Bauch, als könnte sie damit bewirken, dass das Baby noch ein bisschen länger dort blieb.
„Jetzt!“, schrie sie auf, als eine weitere heftige Wehe sie überkam.
Jackson starrte auf ihren Bauch, der sich unter Mallorys schweren Atemzügen deutlich hob und senkte. Nach der Heftigkeit ihres Schreis zu urteilen, hätte man meinen können, das Baby käme innerhalb der nächsten Sekunden. Er befreite sich nun doch aus ihrer festen Umklammerung, doch noch bevor er nach dem Telefon gegriffen hatte, hatte Mallory seine Hand wieder gepackt.
„Nein!“ Sie schrie fast genauso laut wie eben. „Du musst mich hinbringen … ins Krankenhaus.“ Sie durften keine Zeit mehr verlieren. Die Wehen kamen jetzt in sehr kurzen Abständen.
„Ja, ich wollte gerade einen Krankenwagen rufen.“
Heftig schüttelte Mallory den Kopf. Die Bewegung machte sie nur noch schwindliger, und verzweifelt versuchte sie, tief durchzuatmen und einen klaren Kopf zu bewahren. „Keine Zeit. Krankenhaus … hier.“ Jackson sah sie verständnislos an. Warum begriff er denn nicht? „Harris-Memorial“, stieß sie hervor.
Endlich verstand Jackson, was sie meinte. Das Harris-Memorial war das nächste Krankenhaus und keine drei Kilometer entfernt. Es würde sicher länger dauern, von dort einen Krankenwagen kommen zu lassen, als selbst dort hinzufahren.
„Ach so, ja natürlich. Ich fahre dich sofort hin.“
Jackson konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor in Panik verfallen zu sein. Aber jetzt spürte er zum ersten Mal, wie dieses Gefühl an seinen Nerven zerrte. Er musste Mallory zum Krankenhaus bringen. So schnell wie möglich.
Aber er war mit seiner Harley hierhergekommen. Das Motorrad, seine erste große Liebe, war in den letzten Monaten sein einziges Transportmittel gewesen, sehr zum Leidwesen seines Agenten. Für ihn war es völlig ausreichend, aber er konnte unmöglich eine Schwangere damit transportieren.
„Nur ruhig Blut. Das kriegen wir schon hin“, sagte er, nicht nur, um Mallory, sondern auch um sich selbst zu beruhigen. „Wir müssen aber dein Auto nehmen. Wo sind die Schlüssel?“
Mallory verzog das Gesicht zu einer Grimasse, die unter normalen Umständen als ironisches Grinsen zu erkennen gewesen wäre. „Du bist mit deinem Motorrad da, nicht wahr?“
„Ja.“
„In meiner Handtasche.“
Jackson begann, die Fächer ihres Schreibtisches zu durchsuchen. Als er sich zwischendurch nach Mallory umdrehte, sah er, dass sich ihre Augen unter einem weiteren Schmerzanfall weiteten, und er hörte sie laut stöhnen.
Beim nächsten Fach wurde er fündig. „Ich hab’ sie!“ Triumphierend hob er ihre Handtasche hoch. Wie schwer die war! Wie konnte sie nur mit einem solchen Gewicht an ihrer Schulter herumlaufen? Diese Tasche war ja dicker, als es sein Handgepäck auf dem Weg nach New York gewesen war. Er hatte seinen ganzen Besitz hier einlagern lassen.
Sogar mein Herz, dachte er nun.
Erneut drehte er sich zu Mallory. Selbst jetzt, da sie einem anderen gehörte, von dem sie sogar schwanger war, erschien sie ihm begehrenswerter als jede andere Frau, die ihm jemals in seinem Leben begegnet war.
Doch es war jetzt keine Zeit darüber nachzudenken. Mallory musste auf dem schnellsten Weg ins Krankenhaus. Er wühlte in ihrer Handtasche und fand endlich ihren Schlüsselbund. Sie begann wieder zu keuchen, und er fasste sie um die Schultern, aus Angst, sie würde ohnmächtig werden.
„Ist schon gut“, brachte Mallory atemlos heraus.
„Welcher ist es?“ Jackson hielt ihr den Schlüsselbund vor das Gesicht.
Mallory versuchte, den Blick auf die Schlüssel zu konzentrieren. Doch sie sahen plötzlich alle gleich aus, und es waren so viele. Einer für jede Immobilie, für deren Verkauf sie zuständig war.
Als sie schließlich auf einen der Schlüssel deutete, presste sie die Lippen zusammen, weil gerade die nächste Wehe kam.
„De… der da ist es“, stammelte sie dann. „Bi… bitte, Jackson, beeil dich.“ Sie wusste, es klang so jämmerlich flehentlich. Aber genau so fühlte sie sich. Sie flehte darum, dass dies bald vorüber sein möge, dass irgendjemand oder irgendetwas sie von diesem Schmerz befreite.
Jackson löste den Schlüssel vom Ring. Er wünschte, er hätte sich viel früher beeilt – und nicht sieben Monate gewartet, bevor er zu Mallory zurückkehrte. Dann hätte er sie nicht so vorgefunden, hochschwanger, von einem anderen.
Mit festem Griff umfasste er wieder ihre Schultern. „Kannst du aufstehen?“
Ihre Beine fühlten sich wie Gummi an, und Mallory schüttelte den Kopf. „Nein, ich …“
Jackson nahm sie einfach auf die Arme. Da hörte er, dass sich hinter ihm die Tür öffnete. Er wandte sich um und sah eine hochgewachsene, schlanke Blondine das Büro betreten. Besorgt richtete sie den Blick auf Mallory. Dann sah sie ihn an, der Mallory auf den Armen trug.
Marlene Travis kannte den Mann nicht. Aber das war jetzt nicht wichtig. Nur Mallory war wichtig. „Mallory, ist alles in Ordnung?“
„Nein, nichts ist in Ordnung. Sie bekommt ein Baby“, erwiderte Jackson, während er versuchte, an der Frau vorbei zur Tür zu kommen.
Marlene hielt ihm nun rasch die Tür auf. Sie selbst hatte vor drei Monaten das Gleiche durchgemacht, und ihr Kind war im Aufzug während eines Gewitters zur Welt gekommen. Sie folgte den beiden zum Parkplatz.
„Wie oft kommen die Wehen denn?“, fragte sie Mallory.
Mallory drückte sich, so gut sie konnte, in Jacksons Arme. „Ständig“, keuchte sie. Und da kam auch schon die Nächste.
Jackson spürte, dass Mallory sämtliche Muskeln anspannte. „Du lieber Himmel!“ Er seufzte leise und hielt sie fest umschlungen.
Normalerweise brauchen Erstgeborene eine ganze Weile, wenn sie auf die Welt kommen, dachte Marlene. Aber meins kam ja auch ganz schnell. Hoffentlich schafft Mallory es bis zur Klinik.
„Es wird alles gut“, rief sie ihr beruhigend zu. „Ich rufe die Klinik an und sage Dr. Pollack Bescheid, dass ihr kommt. Und jetzt beeilt euch. Schnell, schnell!“ Eilig rannte Marlene zurück ins Haus und ans Telefon.
Beeilt euch! Was glaubt sie denn, was ich hier tue? fragte sich Jackson aufgebracht. Und überhaupt, was tat er eigentlich hier? Wo, verdammt, war dieser Steven, wenn er gebraucht wurde?
Die Frage lag ihm auf der Zunge, aber er sprach sie nicht aus. Es war nicht der richtige Moment dafür.
Jackson öffnete die Wagentür und setzte Mallory so sanft wie möglich auf den Beifahrersitz. Die merkwürdigsten Dinge gingen ihm durch den Kopf, als er um den Wagen herumging und sich ans Steuer setzte.
„Du lässt dein Auto also immer noch unverschlossen“, bemerkte er.
„Ja.“ Warum muss er mir meine Vergesslichkeit ausgerechnet jetzt vorhalten? fragte sich Mallory. „Fahr schon los.“ Sie krümmte sich auf ihrem Sitz, und es wollte ihr nicht gelingen, den Sicherheitsgurt anzulegen. „Blutflecken gehen nicht mehr aus dem Polster.“
Jackson kümmerte sich um ihren Gurt und ließ das Schloss problemlos einrasten. „Jawohl, Ma’am.“
Mallory hätte ihn am liebsten geohrfeigt.
Jackson war nicht mehr daran gewöhnt, ein Auto zu steuern, aber er schaffte es in genau fünf Minuten bis zur Klinik. Erleichtert entdeckte er vor sich das hohe Gebäude. Endlich am Ziel.
Er sah zu Mallory hinüber. Krampfhaft hielt sie ihre Handtasche umklammert. Ihre Fingerknöchel waren weiß, fast so weiß wie ihr Gesicht, und er war zwischen Mitgefühl und Mitleid hin und her gerissen. Eifersucht war jetzt auf jeden Fall fehl am Platz.
„Soll ich Steven anrufen?“, fragte er.
Mallory blinzelte überrascht. „Wen?“
„Steven“, wiederholte er. „Deinen Freund“, fügte er hinzu, als sie immer noch nichts sagte. Es fiel ihm schwer, die Worte über die Lippen zu bringen.
Steven. Ach ja, erinnerte sich Mallory, der Vater des Kindes, den ich erfunden habe. Das hatte sie fast vergessen. Die letzten fünfzehn Minuten waren ihr wie eine Ewigkeit erschienen.
„Er ist nicht hier“, antwortete sie.
Jackson bog in die Krankenhauseinfahrt ein. „Offensichtlich.“
Denk nach, Mallory. Denk nach. Aber wie sollte sie einen klaren Gedanken fassen, wenn sie es vor Schmerzen kaum noch aushielt?
„Nein, er ist nicht hier in der Stadt. Ich …“ Ihr blieb keine Zeit für irgendwelche Ausflüchte. Der Schmerz war zu stark und überdeckte alles. Sie umklammerte Jacksons Handgelenk, kaum dass er den Wagen vor der Notaufnahme gebremst hatte. „Ich glaube, es kommt. Oh, Jackson, das Baby kommt.“
Jackson konnte ihre Panik förmlich fühlen, und er sprang aus dem Wagen und rannte zur Beifahrertür. „Nein, es kommt noch nicht. Nicht, bevor uns jemand zu Hilfe kommt“, sagte er entschieden. Sie hatten es geschafft. Ab jetzt würde Mallory die Hilfe erhalten, die sie brauchte. Und er würde sich nicht länger so völlig hilflos und nutzlos vorkommen.
Er hörte das Geräusch der automatischen Türen hinter sich. Im nächsten Moment standen Männer in Weiß neben ihm und drängten ihn zurück. Einer von ihnen schob eine fahrbare Bahre neben den Wagen.
Wer immer die blonde Frau im Büro war, sie hat Wort gehalten und die Klinik rechtzeitig informiert, dachte Jackson erleichtert. „Alles wird gut, Mallory. Hab keine Angst“, sagte er im Brustton der Überzeugung.
Doch Mallory hatte Angst. Sie hatte furchtbare Angst.
Vorsichtig wurde sie aus dem Auto auf die Bahre gehoben. Mallory blickte um sich – auf der Suche nach dem einen Gesicht, das sie jetzt unbedingt sehen musste.
„Jackson?“
Jackson schob sich zwischen die Pfleger und eine Schwester nach vorn und ergriff Mallorys Hand. Ihre Finger waren eiskalt. „Ich bin hier, Mal.“
Wahrscheinlich würde sie ihre Worte später bereuen. Aber später zählte nicht. Nicht jetzt, in diesem Moment. „Bleib bei mir.“
So sanft es ging, löste die Schwester Mallorys Hand aus Jacksons. „Ihr Mann kann gleich mitkommen“, sagte sie mit einem fröhlichen Lächeln. „Na kommen Sie schon, junger Mann. Mal schauen, was Sie da zustande gebracht haben.“ Sie zwinkerte ihm schelmisch zu, als sie Jackson am Arm packte, und bedeutete den Pflegern, die Bahre in das Gebäude zu schieben.
Jackson wollte protestieren, aber der Ausdruck in Mallorys Gesicht ließ ihn schweigen. Der Kerl, der seinen Platz eingenommen hatte, war nicht da. Sie aber brauchte jemanden – und so wie es aussah, war das Los auf ihn gefallen. Er hastete neben der Bahre her, während einer der Pfleger sie zu den Aufzügen am Ende des Ganges schob.
Den Blick an die Decke gerichtet, auf die endlosen Reihen von Lampen, die über ihr vorbeizogen, versuchte Mallory ihre Gedanken auf Jacksons unerwartete Wiederkehr zu konzentrieren. Auf alles, nur nicht auf den Schmerz, der sie zu verschlingen drohte. Es war alles vergebens.
Die Lämpchen an der Anzeigetafel blinkten, während der Aufzug, Stockwerk um Stockwerk, näherkam. Ich schaff’ es nicht, dachte Mallory. Das Baby wird gleich auf die Welt kommen – im Aufzug, genau wie bei Marlene.
„Das Baby kommt!“, schrie sie, als die nächste Wehe Besitz von ihr ergriff.
„Ja, Kind, ich weiß.“ Die Schwester beugte sich über sie und tätschelte ihr die Hand.
„Nein, ich muss schon pressen! Wirklich!“ Verstand sie denn keiner?
Über ihren Kopf hinweg tauschten die Schwester und der Pfleger einen vielsagenden Blick aus. Mallory glaubte zu wissen, was sie dachten. Sie hielten sie für hysterisch. Aber das war sie nicht. Sie spürte es doch, dass ihr Baby jetzt kam.
„Dr. Pollack ist bereits in der Klinik“, erklärte die Schwester. „Sobald sie Sie untersucht hat, werden wir entscheiden …“
Mallory warf den Kopf hin und her. Ihr dunkles Haar lag wie ein Fächer ausgebreitet auf dem schneeweißen Kissen. „Da ist nichts zu entscheiden. Es kommt jetzt schon.“
Außer ihnen war zwar niemand im Aufzug, aber es herrschte dennoch drangvolle Enge. Jackson zwängte sich neben die Schwester und nahm wieder Mallorys Hand. Hatten ihre Finger sich schon immer so zart und zerbrechlich angefühlt?
Er sah ihr fest in die Augen. „Mallory, hör mir zu“, sagte er und sprach betont langsam. „Warte auf die Ärztin.“
Typisch Mann, dachte Mallory. Er begreift überhaupt nichts. „Du darfst warten. Ich kann das nicht.“
Die Aufzugtür öffnete sich, und die Bahre wurde hinausgeschoben.
Jackson verschlang ihre Finger miteinander. „Du musst warten!“ Es war ein Befehl, keine Bitte. Denn er wollte auf keinen Fall, dass Mallory etwas geschah. „Die Ärztin wird in ein paar Minuten hier sein.“
„Ein paar Minuten … das ist aber zu lang.“
Die Schwester übernahm das Kommando. „Atmen Sie, so wie Sie es gelernt haben“, wies sie Mallory an. Dann nickte sie dem Pfleger zu, der daraufhin den Gang hinunterrannte, um Dr. Pollack zu holen. Die Schwester schob die Bahre in das Untersuchungszimmer der Entbindungsstation.
Mallory umklammerte Jacksons Hand, so fest sie konnte. „Aber ich muss doch schon pressen …“
„Du sollst atmen, Mallory, verdammt noch mal!“ Musste sie denn immer so eigensinnig sein? Sie wollten ihr doch nur helfen. „Los, fang an zu atmen!“
Den Blick auf Jacksons Gesicht geheftet, begann Mallory zu atmen, wie man es ihr im Geburtsvorbereitungskurs beigebracht hatte. Sie hatte diesen Kurs besucht, um für alles, was auf sie zukommen würde, gewappnet zu sein. Aber nichts in der Welt hatte sie auf das vorbereitet, was sie jetzt durchmachte.
Als der Schmerz wieder etwas nachließ, drang die Stimme der Schwester in ihr Bewusstsein.
„So, mein Kind, wir werden Sie jetzt von der Bahre auf das Bett schaffen.“ Sie forderte Jackson auf, sich neben sie ans Kopfende zu stellen, um Mallory mit ihm gemeinsam aufs Bett zu heben.
In dem Augenblick erschien der Pfleger. „Ich habe sie gefunden.“
Jackson sah eine hochgewachsene gut aussehende Frau durch die Tür eilen. Ihr blondes Haar war zu einem Knoten hochgesteckt, was ihre hohen Wangenknochen noch betonte. Ihr langer weißer Kittel wehte hinter hier her. Selbst dieser weite Kittel konnte nicht verbergen, dass sie ebenfalls schwanger war.
Er starrte sie an. „Sie sind die Ärztin?“
„Allerdings. Auch Ärzte sind Menschen.“ Dr. Pollack lächelte und wandte sich nun an Mallory. „Hallo, Ms Flannigan. Sind Sie bereit?“
„Und ob!“, stieß Mallory zwischen den Zähnen hervor.
„Na, wir wollen mal sehen.“ Die Ärztin nahm ein Paar Untersuchungshandschuhe aus dem Spender an der Wand und streifte sie sich über. Dabei blickte sie Mallory ruhig und aufmerksam ins Gesicht.
„Ich war selbst am Telefon, als Ihre Kollegin anrief“, sagte sie. „Es klang, als hätten Sie nicht mehr viel Zeit.“
„Bestimmt nicht“, flüsterte Mallory keuchend.
Dr. Pollack wusste mit einem Blick Bescheid. Sie deckte Mallory wieder zu und streifte sich die Handschuhe ab. „Der Muttermund ist vollständig geöffnet. Es kann losgehen“, erklärte sie. „Lassen Sie sie auf der Bahre liegen“, wies sie die Schwester an. „Und bringen Sie sie in den Kreißsaal. Der neue Erdenbürger wird bald da sein.“ Sie drückte Mallory beruhigend die Hand. „Bevor Sie es merken, ist es schon vorbei. Wir sehen uns gleich.“
Dr. Pollack wollte den Raum gerade verlassen, da bemerkte sie, dass Jackson wie angewurzelt dastand. Einmal, am Anfang der Schwangerschaft, war Mallory bei ihr in der Praxis in Tränen ausgebrochen und hatte ihr die ganze Geschichte erzählt und ihr ein Foto von Jackson gezeigt, das sie offenbar immer bei sich trug. Es war ihr damals nicht entgangen, wie schwer es Mallory gefallen war, soviel von sich preiszugeben. Denn Mallory Flannigan war eine stolze Frau, der es sicher wichtig war, immer ihre Würde zu bewahren.
In Wirklichkeit sieht er besser aus, dachte Dr. Pollack nun. Sehr viel besser sogar, und sie war froh, dass Jackson rechtzeitig zurückgekehrt war, um bei der Geburt seines Kindes dabei zu sein. Außerdem kannte sie ihre Patientin gut genug, um zu wissen, dass Mallory sich sehr viel besser fühlen würde, wenn er im Kreißsaal bei ihr wäre.
Sie blickte Jackson freundlich an. „Kommen Sie, ich zeige Ihnen, wo Sie sich umziehen können.“
Jackson trat unwillkürlich einen Schritt zurück. „Ich soll mich umziehen?“
„Für den Kreißsaal“, erklärte sie geduldig. „Was die Keimfreiheit dieses Raumes angeht, nehmen wir es sehr genau.“
Als er immer noch zögerte, hakte Dr. Pollack ihn unter und schob Jackson sanft, aber nachdrücklich aus dem Zimmer und in den Raum, der sich direkt neben dem Kreißsaal befand und in dem sich die werdenden Väter die klinisch grünen Hemden und Hosen überstreifen mussten.
Jackson wusste nicht weiter. Mallory im Untersuchungszimmer moralischen Beistand zu leisten anstelle des Mannes, der eigentlich hier sein sollte, war eine Sache. Aber es war etwas völlig anderes, auch im Kreißsaal dessen Platz einzunehmen.
Den Platz, der deiner hätte sein können, wenn du bei ihr geblieben wärst, dachte er schuldbewusst.
„Aber ich …“, begann Jackson hilflos.
„Sie sind gerade zur rechten Zeit gekommen, das freut mich für Sie beide.“ Dr. Pollack führte ihn zu den Schließfächern. Sie spürte Jacksons Widerstreben, aber sie wusste, wie sie werdende Väter behandeln musste. „Hier geht es lang.“
Es gab kein Entrinnen. Jackson fühlte sich wie auf dem Gang zur Guillotine.
Jackson hatte darüber geschrieben. Mehr als einmal. Und beim Schreiben hatte er sich stets vorgestellt, welche Empfindungen man dabei hatte. Er hatte geglaubt zu wissen, was für Gefühle in dem Moment entstanden. Aber jetzt musste er einsehen, dass seine Vorstellungen nicht einmal annähernd der Wirklichkeit entsprochen hatten.
Wie hätte er auch ahnen sollen, was man empfand, wenn man ein Kind Sekunden nach seiner Geburt im Arm hielt? Man musste es selbst erfahren haben.
Als die Hebamme ihm das schreiende kleine Bündel Mensch übergeben hatte, war es für ihn, als hielte er die Zukunft im Arm. Oder als wäre ein Stern vom Himmel gefallen und er hatte ihn aufgefangen und durfte ihn einen Augenblick in der Hand halten und bewundern.
Es war noch viel mehr als das. Es war unbeschreiblich. Er fand keine Worte.
Dabei war das Kind noch nicht einmal seins. Aber für diesen kurzen Augenblick konnte er so tun, als wäre es das. Konnte er glauben, dass Joshua sein Kind war. Seins und Mallorys.
Jackson sah hinüber zu Mallory. Ihre Blicke trafen sich und verschmolzen für einen Moment in stiller Einigkeit. Sie hatten kaum Zeit gehabt, sich im Kreißsaal zurechtzufinden, da war die Entbindung schon geschehen. Der Schmerz, die Angst und dann das Wunder der Geburt – all das war in wenigen Augenblicken vorbei gewesen.
Jetzt, eine Viertelstunde nachdem er sich die grünen Sachen übergezogen hatte, hielt Jackson Mallorys Sohn auf dem Arm.
Er schaute in das kleine verschrumpelte Gesicht. „Er sieht aus wie mein Großvater“, sagte er schmunzelnd.
Er musste tatsächlich an den alten Herrn denken, wie er am Frühstückstisch die Zeitung gelesen hatte und die Stirn dabei so stark in Falten legte, dass man hätte glauben können, die gedruckten Zeilen seien unlesbar.
Lächelnd nickte Dr. Pollack Mallory zu. „Das war eine der schnellsten Geburten, die ich jemals erlebt habe. Sie haben Ihre Sache wirklich gut gemacht.“ Sie dachte an ihre eigene bevorstehende Niederkunft. „Ich kann nur hoffen, dass es bei mir auch so gut klappt.“
Was Dr. Pollack nicht aussprach, war, dass sie wünschte, der Vater ihres Kindes würde ihr auch so zur Seite stehen, wie Jackson es bei Mallory getan hatte. Aber sie war eine nüchtern denkende Frau und gab sich keinen unrealistischen Träumereien hin.
Doch auch wenn sie ihre Schwangerschaft nicht geplant hatte, war sie vollauf bereit und reif genug, die Konsequenzen zu tragen. Es gab heutzutage viele alleinerziehende Mütter. Sie würde eben auch eine sein.
Wie stolz er aussieht, dachte sie. Hinter ihm stand die Hebamme und wartete geduldig, dass er ihr das Baby wieder in den Arm legte.
Dr. Pollack stieß Jackson sanft an. Er blickte überrascht auf. Für einen Moment hatte er völlig vergessen gehabt, dass sich außer ihm und dem kleinen Wesen noch mehr Menschen im Raum befanden.
„Ich glaube, wir müssen den jungen Mann etwas herrichten“, sagte Dr. Pollack. „Damit er sich nachher bei seinen Kollegen im Säuglingszimmer sehen lassen kann.“
Mallory streckte bedauernd die Hand nach dem kleinen Füßchen aus, das unter Jacksons Arm hervorlugte, als wollte sie sich von dem Baby nicht trennen.
„Keine Sorge“, beruhigte Dr. Pollack sie. „Es dauert nicht lange, dann haben Sie ihn wieder.“
Mallory konnte nur stumm nicken. Sie war zu erschöpft und zu aufgewühlt, um jetzt zu sprechen.
Sie hatte einen Sohn.
Mehr noch, sie durfte sehen, wie Jackson ihr gemeinsames Kind im Arm hielt. Davon hatte sie nie zu träumen gewagt, und sie hätte nicht sagen können, ob die Tropfen an ihren Wimpern Tränen oder Schweißperlen waren. Sie wusste nur, dass sie weit jenseits des Zustandes war, den man gemeinhin als überwältigt bezeichnet.
„Er sieht so zerbrechlich aus.“ Behutsam übergab Jackson das Baby wieder der Hebamme. Das Baby war ihm so leicht und zart wie eine Feder erschienen, und doch hinterließ die Abwesenheit des kleinen Körperchens ein geradezu schmerzliches Gefühl der Leere.
„Das wirkt nur so. Er wird rasch größer, Sie werden sehen.“
Das Baby stieß einen überraschend kräftigen Schrei aus, als die Hebamme ihn nun aus dem Kreißsaal trug.
Dr. Pollack lachte leise. „Ein lebhaftes Kerlchen. Sie werden wahrscheinlich alle Hände voll mit ihm zu tun haben.“
Sie sah auf die Uhr. Es war schon fast zwei. Zu spät für ein schnelles Mittagessen. „Nun, ich muss mich jetzt verabschieden. Es warten noch andere Patientinnen auf mich und Kinder, die auf die Welt kommen wollen. Aber ich werde heute Abend noch einmal nach Ihnen sehen.“
Dr. Pollack ging, und Jackson hielt die Schwingtür auf, als das Bett mit Mallory nun aus dem Kreißsaal geschoben wurde.
Und jetzt? Es war einer der seltenen Momente in Jackson Cains Leben, in dem er nicht recht wusste, was er mit sich anfangen sollte. Als er wieder neben Mallorys Bett herlief, wollte er ihre Hand halten, um irgendwie seine Verbundenheit mit Mallory in diesem wunderbaren Augenblick auszudrücken. Doch er beherrschte sich. Er hatte nicht das Recht dazu. Das gebührte einem anderen.
Sein Blick traf sich mit Mallorys, und er sprach die Worte aus, die ihm als erstes in den Sinn kamen. „Ich glaube, die Ärztin denkt, es ist mein Kind.“
Mallory war viel zu müde, um darüber zu diskutieren oder um weitere Lügen zu erfinden. Dazu würde später noch genug Zeit sein, wenn sie wieder einen klaren Kopf hatte.
„Ein verzeihlicher Fehler“, murmelte sie. Alles war ein Fehler, dachte sie schläfrig. Jackson zu lieben war ein Fehler … Nein, das war es nicht. Sie hatte einen Sohn von ihm, einen wunderschönen kleinen Sohn. Gleichgültig, was noch zwischen Jackson und ihr geschehen war, Joshuas Entstehen konnte kein Fehler gewesen sein.
Mit diesem Gedanken schlief Mallory ein.
Jackson stand vor der Doppeltür – und fühlte sich wie ausgeschlossen. Dahinter befand sich das Erholungszimmer. Und Mallory. Die Schwester hatte ihm versprochen, dass Mallory innerhalb einer Stunde auf ihr Zimmer gebracht werden würde. Er hatte seine Schuldigkeit getan. Er konnte gehen. Er war frei und konnte wieder nach New York zurückkehren.
Doch er wollte bleiben.
Es gab eigentlich keinen Grund dazu. Aber er wollte noch bleiben.
Er schob die Hände in die Hosentaschen und ging langsam den Gang hinunter zu den Aufzügen.
Er wusste nicht recht, was er als nächstes tun sollte. Zu viele Gefühle tobten in seinem Innern. Er hatte noch nicht einmal ein Hotelzimmer. Mallory zu sehen war seine erste Priorität gewesen, als er hier in Newport Beach angekommen war.
Nun, da er Mallory gesehen hatte, war plötzlich nichts mehr wie vorher.
Ein selbstironisches Lächeln spielte um seine Lippen, als er den Fahrstuhlknopf drückte. Mallory hatte schon immer eine so verwirrende und starke Wirkung auf ihn gehabt. Er hatte die Gesellschaft attraktiver Frauen stets genossen. Aber es war für ihn nie mehr gewesen als ein netter Zeitvertreib. Bei einer Frau zu bleiben war nie seine Sache gewesen. Niemals würde er sich auf eine monogame Beziehung einlassen, nur um den Schein zu wahren. Er würde sich nicht lebendig begraben lassen in der leeren Hülle einer anfangs lebendigen, aber später erloschenen Liebe. Für seine Eltern mochte das richtig gewesen sein. Aber für ihn wäre es das niemals.
Und dann war Mallory in sein Leben getreten, und all die sorgfältig ausgearbeiteten Regeln, die er sich selbst gesetzt hatte, schienen keine Bedeutung mehr gehabt zu haben. Als er sich dann endlich dazu gezwungen hatte, Mallory aus Gründen der Selbsterhaltung zu verlassen, hatte er sich dazu gratuliert, es gerade noch rechtzeitig geschafft zu haben.
Hatte er es geschafft?
Schon damals hatte ihm dieser Sieg ein ungutes Gefühl verursacht. Jetzt erschien er ihm gar nicht mehr als Sieg.
Einen Kaffee, das war es, was er jetzt brauchte.
Jackson fand die Cafeteria im Kellergeschoss. Er kaufte sich einen Becher des schwarzen Gebräus und ein Stück Kuchen und setzte sich an einen Tisch etwas abseits in einer Ecke. Er brauchte einfach ein wenig Zeit, um nachzudenken. Vielleicht würde der Kaffee seinen Kopf wieder klarer machen.
Drei Tassen später, der Kuchen lag immer noch unberührt auf dem Teller, war Jackson sich über seine Gefühle kein bisschen klarer geworden. Zum ersten Mal in seinem Leben sah er sich mit einer Seite seiner selbst konfrontiert, die er gar nicht mochte. Er war eifersüchtig. Auf Steven. Die Eifersucht wuchs in ihm wie ein Geschwür, und er hatte nicht die geringste Ahnung, was er dagegen tun sollte.
Ich bin selbst schuld, sagte er sich und schob die Kaffeebecher und den Kuchenteller von sich weg. Hätte ich sie nicht verlassen, wäre all das nicht passiert. Aber als er sie verließ, hatte er geglaubt, es sei für immer. Wie hätte er wissen sollen, dass die Liebe zu Mallory ihn süchtig nach mehr machen würde? Es war unmöglich vorauszusehen gewesen, dass die Erinnerung an die heißen, lustvollen Nächte ihn wieder zu ihr hinziehen würde wie Sirenengesang.
Jetzt war er zurückgekehrt, nur um zu sehen, wie sie das Kind eines anderen zur Welt brachte.
Die Stuhlbeine schrammten über den Boden, als Jackson abrupt aufstand. Es war nicht zu erwarten gewesen, dass Mallory sich still in eine Ecke zurückziehen und nach ihm verzehren würde wie ein liebeskranker Teenager. Das hätte nicht ihrem Stil entsprochen. Mallory war kein sentimentales kleines Mädchen, sondern eine junge attraktive Frau voller Lebenskraft und Lebenslust, und sie hatte das Recht darauf, ihr Leben zu leben.
Aber hatte sie es denn so verdammt schnell tun müssen?
Jackson betrat den Aufzug und drückte den Knopf für das Erdgeschoss. Es gab noch einiges zu klären, bevor er nach New York zurückkehren konnte.
Nur ganz langsam wachte Mallory auf. Sie hatte das Gefühl, als würde ihr ganzer Körper schmerzen. Waren das die Wehen? Kam das Baby? Halt nein, ihr Baby war doch schon da, oder?
Oder war alles nur ein Traum gewesen? Das Baby, Jacksons Wiederkehr, war es nur ein Traum gewesen, wie so viele Träume zuvor?
Die Augen noch geschlossen, tastete Mallory über ihren Bauch. Er war flach, zumindest flacher. Also hatte sie ihr Baby schon bekommen. Es war kein Traum. Sie hatte einen Sohn.
Joshua.
War er hier, bei ihr im Zimmer? Hatten sie ihn schon zu ihr zurückgebracht?
Mallory zwang sich, die Augen zu öffnen. Angestrengt versuchte sie, ihre Umgebung wahrzunehmen. Eigentlich müsste sie sich in einem Krankenhauszimmer befinden, aber dieser Raum erschien ihr dafür viel zu groß und zu wohnlich, eher wie ein Gästezimmer in einem Privathaus.
Mallory war völlig desorientiert.
Wo war sie? Und wie lange hatte sie geschlafen?
Verwirrt stützte sie sich auf die Ellbogen und wollte sich aufsetzen. Da fühlte sie eine Hand auf ihrem Arm.
„Keine Panik.“
Ihr Herz pochte wild. Jackson war bei ihr.
„Jackson.“ Ihn zu sehen machte sie wieder ganz schwindelig. Warum musste er zurückkommen und sie so aufregen? Sie war doch über ihn hinweg. Es war vorbei.
Die Art, wie Mallory seinen Namen flüsterte, berührte Jackson noch immer genauso wie früher. „Ja, ich bin’s.“ Lächelnd nahm er ihre Hand. Mallory sah immer noch blass aus. Ob das normal war? „Wie fühlst du dich?“
„Schwach.“ Um so mehr, als er ihre Hand hielt. Sie entzog sie ihm und sah sich um. „Wo bin ich?“
Jackson schob seinen Stuhl näher heran. Er hatte schon über eine halbe Stunde hier gesessen, ihren Schlaf bewacht und darüber nachdenken wollen, was er ihr antworten würde. Stattdessen war es ihm nur noch bewusst geworden, wie viele Fragen er an sie hatte.
„In der Klinik“, erwiderte er.
„Aber dieses Zimmer …“
Das Privatzimmer war um die Hälfte größer als die anderen Zimmer, aber bei dem Preis, den er dafür zahlte, war das auch angemessen.
„Keine Sorge, es ist alles bezahlt.“ Es war das Mindeste, was er für sie hatte tun können. „Betrachte es als mein Geburtstagsgeschenk für das Baby. Ich dachte, du und er, ihr seid vielleicht lieber allein.“
Mallory wollte sich Jackson nicht zu Dank verpflichtet fühlen. Aber sie vergaß nicht, dass sie ihm ihren Sohn verdankte, den sie von ganzem Herzen lieben und für den sie sorgen wollte. „Das ist sehr nett von dir.“
Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Wahrscheinlich sah sie schrecklich aus, und es war ihr nun ein bisschen peinlich, dass Jackson bei der Geburt dabei gewesen war. Aber sie hatte jemanden gebraucht, und er war für sie da gewesen.
„Du hättest bei der Entbindung eigentlich nicht dabeibleiben müssen.“ Sie sah ihm in die Augen. „Danke.“
Jackson zuckte mit den Schultern. Dankbarkeit von anderen machte ihn immer verlegen. „Ich hatte kaum die Wahl. Deine Ärztin hat mich praktisch in den Kreißsaal zitiert. Ist sie immer so resolut?“
Und ich habe geglaubt, er hätte es aus eigenem Antrieb getan, dachte Mallory enttäuscht und senkte den Blick. „Sie hat dich eben für den Vater gehalten und wahrscheinlich geglaubt, du bräuchtest ein bisschen Ermutigung.“
Sie hoffte inständig, dass Dr. Pollack ihm nichts von ihrem Gefühlsausbruch zu Beginn ihrer Schwangerschaft erzählt hatte. Es war ein Augenblick der Schwäche gewesen, denn normalerweise war sie sehr zurückhaltend und sprach nicht über persönliche Dinge. Aber die Nachricht, dass sie schwanger war, kurz nachdem Jackson sie von einem Tag auf den anderen verlassen hatte, hatte sie so getroffen, dass sie sich völlig schutzlos und verletzbar gefühlt hatte.
Niemals sollte Jackson erfahren, dass Joshua sein Sohn war, auch wenn sie immer noch heimlich von ihm träumte. Vor allem wollte sie nicht, dass er sich verpflichtet fühlte, für sie zu sorgen. Sie wollte nichts mehr von ihm, es sei denn, er gab es ihr freiwillig.
Durch sein Fortgehen hatte er klar zum Ausdruck gebracht, dass er nicht der Typ war, der bindende Verpflichtungen eingehen wollte. Wenn er wüsste, dass das Baby von ihm war, würde er die finanzielle Verantwortung sicher übernehmen und für den Jungen sorgen, dank seiner Erbschaft und seinem Einkommen als Bestsellerautor stand er sich ja auch sehr gut, aber er würde ganz bestimmt nicht seinen Lebensstil ändern.
Sie wollte nichts von seinem Geld. Sie war in jeder Hinsicht durchaus fähig, selbst für ihr Kind zu sorgen. Sie wollte Jacksons Liebe, und die war er nicht bereit zu geben. Niemals würde er sie heiraten. Seine Freiheit bedeutete ihm mehr als alles andere. Das hatte er ihr deutlich gezeigt.
Außerdem würde es Joshua nur völlig durcheinanderbringen, einen Vater zu haben, der nach Lust und Laune aus seinem Leben verschwand und wieder hereinplatzte.
So wie Jackson jetzt ihr Leben wieder völlig durcheinandergebracht hatte.
Jackson hatte geglaubt, seine Eifersucht unter Kontrolle gebracht zu haben. Aber nun war sie plötzlich wieder da, und genauso stark wie zuvor.
Nur mit Mühe hielt er sich im Zaum. „Wo wir gerade von Joshuas Vater reden, sagst du mir jetzt, wo Steven ist? Unser Gespräch wurde an dem Punkt ziemlich abrupt unterbrochen.“
Mallory rutschte tiefer unter die Decke. „Warum willst du das denn wissen?“
Glaubte sie etwa, er würde den Mann belästigen? Dachte sie so niedrig von ihm? „Keine Angst, ich will ihm nichts tun. Ich dachte nur, dass du ihn vielleicht benachrichtigen möchtest.“ Er blickte auf das Telefon neben dem Bett. „Ich könnte ihn für dich anrufen.“
Auf der Fahrt ins Krankenhaus hatte Mallory gedacht – und gehofft –, Jackson sei vielleicht ein bisschen eifersüchtig auf den Mann, den sie erfunden hatte, eifersüchtig auf die Gefühle, die sie diesem entgegenbrachte. Nun merkte sie, dass das nur Wunschdenken ihrerseits gewesen war. Anscheinend konnte er sie nicht schnell genug mit Steven zusammenbringen.
Er machte sich überhaupt nichts aus ihr. Aber das weißt du doch längst, sagte sie sich, und Bitterkeit stieg in ihr auf.
„Natürlich würde ich ihn gern benachrichtigen“, antwortete sie verärgert. „Aber das wird nicht möglich sein.“
Ihre Gedanken überschlugen sich. Verzweifelt suchte sie nach einer plausiblen Erklärung. Ursula fiel ihr ein. Ursula Sanchez war eine Arbeitskollegin. Sie hatte einmal ihre ganze Mittagspause darauf verwendet, Ursula zu trösten. Deren Mann war auf Geschäftsreise gegangen, und Ursula war außer sich gewesen, weil sie keine Möglichkeit gehabt hatte, ihn dort anzurufen.
„Es gibt dort kein Telefon“, verkündete Mallory fast triumphierend.
Jackson sah sie verwirrt und keineswegs überzeugt an. „Wo genau ist er denn?“
„In Alaska.“ Hoffentlich fragte er jetzt nicht, wo in Alaska. Denn sie konnte sich nicht an den Namen des Ortes erinnern, den Ursula genannt hatte.
Jackson hob amüsiert eine Braue. „Nach allem, was ich weiß, sind sie dort inzwischen ziemlich zivilisiert. Telefonleitungen haben sie seit mindestens eineinhalb Wochen.“
Mallory sah angestrengt auf ihre Bettdecke und strich sie nervös glatt. „Aber nicht da, wo er ist.“
Jackson fand, dass das, was sie sagte, irgendwie falsch klang. Oder war das nur Wunschdenken seinerseits? „Womit verdient dieser Steven eigentlich seinen Lebensunterhalt?“
„Er ist Maschinenbauingenieur.“ Aus Angst vor weiteren Fragen wählte Mallory die Flucht nach vorn. „Wozu willst du alles wissen?“
Sein Schulterzucken erschien ihr ein bisschen zu lässig. „Ich bin einfach nur neugierig, was das für ein Mann ist, der meinen Platz eingenommen hat.“
Mallory wollte auf gleicher Augenhöhe mit Jackson sein. Doch sie drückte so heftig den Hebel an ihrem Bett, dass das Kopfende nach oben schnellte, was ziemlich unangenehm war. Sie hätte jedoch nicht sagen können, welcher Schmerz größer war, ihr körperlicher oder ihr seelischer.
„Dieser Platz war bereits leer, als er kam. Du hast ihn selbst frei gemacht, erinnerst du dich?“ Sie versuchte, nicht bitter zu klingen, doch es gelang ihr nicht recht. „Wenn ich mich nicht sehr irre, konntest du ihn nicht schnell genug freigeben.“
Sie hatte völlig recht, und Jackson zuckte innerlich zusammen. „Lass uns nicht über Worte streiten. Ich wollte ja nur helfen.“ Es gelang ihm, einigermaßen unbeteiligt zu klingen, was im völligen Gegensatz zu seinen Gefühlen stand. „Bist du sicher, dass man Steven nicht erreichen kann?“
Trotzig hob Mallory das Kinn und erwiderte kühl: „Ganz sicher.“
Jackson konnte nicht anders. Er hasste diesen Mann, der sie an seiner Stelle in den Armen gehalten und geliebt hatte. Dabei war es ihm völlig gleichgültig, ob er damit ungerecht war. Er hatte noch nie in seinem Leben etwas bereut. Jetzt aber war er voller Reue, weil er Mallory verlassen hatte.
Den Blick aus dem Fenster gerichtet, bemühte er sich, mit seinen aufgewühlten Gefühlen fertig zu werden.
„Lebt ihr zusammen?“, fragte er leise.
Auf diese Frage war Mallory überhaupt nicht vorbereitet. „Nein. Ja.“ Verflixt! Offenbar musste sie eine komplette Legende zusammenstricken. Warum ging er nicht einfach und ließ sie in Ruhe? „Gewissermaßen.“
Die Sache kam Jackson immer merkwürdiger vor. „Ich habe es schon immer gemocht, wenn man sich die Antwort aussuchen kann“, erwiderte er amüsiert.
Jetzt lacht er mich auch noch aus! dachte Mallory aufgebracht. Zum Teufel mit ihm! „Ich bin nur ein bisschen durcheinander. Falls du es vergessen haben solltest, ich habe heute ein Kind bekommen. Ich hatte keine Zeit, mich auf ein … Verhör vorzubereiten.“
Jackson nahm ihre Hand, aber Mallory entzog sie ihm wieder. „Das ist ja gerade das Schöne an Verhören, sie kommen immer überraschend.“ Wenn das ein Verhör war, warf es allerdings mehr Fragen auf, als dass es welche beantwortete.
Mallory verschränkte die Arme vor der Brust. „Na schön. Dann habe ich jetzt ein paar Fragen an dich.“
Er lehnte sich zurück. Sein Ausdruck war für ihren Geschmack viel zu selbstsicher.
„Schieß los“, entgegnete er.
„Warum bist du überhaupt zurückgekommen?“ Und warum ausgerechnet jetzt?
Jackson wollte ihr sagen, dass er nur wegen ihr hier war, weil er sich Tag und Nacht nach ihr verzehrt hatte – und keinen Frieden gefunden hätte, bevor er sie nicht wiedersah. Aber das war gewesen, bevor er wusste, dass sie nun zu einem anderen gehörte. Ein Mann hatte seinen Stolz, auch wenn dieser schuld war an einem der größten Fehler, den er je begangen hatte.
„Ich brauche noch ein paar Informationen für einen Roman, den ich gerade schreibe. Er spielt hier an der Küste. Als ich anfing, Notizen zu machen, merkte ich, dass ich einige Erinnerungslücken habe.“ Diese Erklärung würde sie wohl akzeptieren. Sie stimmte ja auch zum Teil.
„Erinnerungslücken. Kein Wunder, wenn man so talentiert im Vergessen ist“, murmelte sie.
Er musste lachen. So kannte er sie. Aufgeweckt und schlagfertig. Deshalb liebte er sie ja so. Sie war kein Pflänzchen „Rühr mich nicht an“, sondern konnte ebenso austeilen wie einstecken. „Vielleicht. Auf jeden Fall brauche ich einen Platz, wo ich meine Siebensachen unterbringen kann.“ Er ließ es darauf ankommen und fuhr wie beiläufig fort: „Hast du was dagegen, wenn ich solange bei dir wohne?“
Mallory starrte ihn sprachlos an. Was brauchte er? Einen Platz für seine Siebensachen? Er könnte sich ein ganzes Hotel kaufen, wenn er wollte! Ach, ja, sie erinnerte sich jetzt, er hasst ja die künstliche Atmosphäre von Hotelzimmern. Aber das war noch lange kein Grund, sich deswegen bei ihr einzunisten.
„Ja, das habe ich.“ Glaubte er wirklich, er konnte einfach so bei ihr hereintanzen, als wäre nichts gewesen? Sie hatte ihm erklärt, dass sie eine neue Beziehung eingegangen war und ein Kind von einem anderen Mann hatte. Für wie unwiderstehlich hielt er sich denn? „Sag mal, Jackson, was verstehst du eigentlich unter Unverschämtheit? Denkst du etwa …“
Jackson hob eine Hand, um Mallorys Redefluss zu stoppen. „Hör mir erst einmal zu. Es wäre doch sehr praktisch. Du wirst jetzt, mit dem Baby, jede Unterstützung brauchen können.“
Das war ja wohl die Höhe! „Seit wann kannst du denn mit Kindern umgehen?“
Er sah sie unschuldig an. „Man wächst mit seinen Aufgaben“, erwiderte er schlagfertig. „Und zwei unerfahrene Leute sind immer noch besser als einer.“ Jackson wusste, wo er Mallory packen konnte. „Außerdem wirst du morgens sicher auch mal ausschlafen wollen …“ Sie war absolut kein Morgenmensch.