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Auf dem Spielplatz war Eddie immer Tiffanys Beschützer, auf der Uni ihr Rivale um die besten Noten. Und neuerdings unterrichtet er in derselben Schule wie sie! Fast, als würde das Schicksal unbedingt wollen, dass sie sich endlich nach all den Jahren ineinander verlieben …
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IMPRESSUM
Zwei füreinander gemacht erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© 2017 by Marie Rydzynski-Ferrarella Originaltitel: „Meant to Be Mine“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BIANCA EXTRA, Band 73 Übersetzung: Anna-Pia Kerber
Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A., Roman Rybalko / Getty Images
Veröffentlicht im ePub Format in 07/2023
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751522014
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
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Tiffany Lee bekam leuchtende Augen, als sie ihn sah.
Sie war zwar erst vier Jahre alt, aber schon ein sehr entschlossenes Mädchen. In diesem Augenblick hörte sie nur auf ihr Herz – und ihr Herz gehörte bedingungslos Monty. Monty – das hatte er geantwortet, als sie endlich den Mut aufbrachte, ihn nach seinem Namen zu fragen.
Monty.
Seine Familie war erst vor wenigen Monaten in das Haus am Ende der Straße gezogen, aber bereits in dieser kurzen Zeit war Tiffany zu dem Entschluss gekommen, dass sie ihn eines Tages heiraten würde.
„Los jetzt, Tiffany, sonst kommen deine Schwestern zu spät zur Schule“, mahnte ihre Mutter streng.
Sie hatte mit Absicht auf der Treppe vor dem Haus herumgetrödelt, um Monty die Gelegenheit zu geben, sie einzuholen, denn er und seine Schwestern besuchten dieselbe Schule.
„Ich komme mit den Knöpfen nicht zurecht“, redete sie sich heraus und tat so, als würde sie sich mit den Verschlüssen ihrer Jacke abmühen. Es war ein kühler Frühlingsmorgen, und sie musste das Jäckchen wieder öffnen, weil sie die Knöpfe in der falschen Reihenfolge geschlossen hatte.
Das brachte ihr einen ungeduldigen Blick ein. Wenn es um Pünktlichkeit ging, kannte ihre Mutter kein Pardon. Überhaupt legte sie größten Wert auf Ordnung und Regeln. Ohne Regeln, behauptete sie immer, könne man nicht ordentlich groß werden.
„Du brauchst die Jacke nicht zuzumachen, es ist warm genug“, wies Mei-Li ihre jüngste Tochter an. „Lass sie einfach offen. Komm jetzt!“
„Ich helfe dir“, meldete sich plötzlich eine Stimme. Sie gehörte dem Jungen, der ihr Herz gestohlen hatte. „Es wird nicht lange dauern“, versprach er.
Bewegungslos verharrte sie auf der Treppe und wagte kaum zu atmen, während seine Hände die Knöpfe an ihrem Jäckchen schlossen. Sie kam sich vor wie eine Prinzessin – und er war ihr Prinz.
Eines Tages, dachte sie wieder, werde ich ihn heiraten.
„Lass dir Zeit, Liebes“, erklärte Theresa Manetti. Sie musterte ihr Gegenüber aufmerksam. Die elegant gekleidete Frau asiatischer Herkunft wirkte würdevoll und nervös zugleich, und ihr war anzusehen, dass ihr etwas Wichtiges auf dem Herzen lag.
„Ich habe den gesamten Nachmittag Zeit“, versicherte Theresa – auch wenn das alles andere als der Wahrheit entsprach. Als erfolgreiche Firmenchefin eines Catering-Services war buchstäblich jede Minute in Theresas Leben verplant, doch sie wollte der Frau nicht das Gefühl geben, unter Druck zu stehen.
Seit über zwölf Jahren leitete die preisgekrönte Chefköchin ihr Unternehmen mit wachsamen Augen, aber für ihre Freundin – Mrs. Mei-Li Lee – nahm sie sich gerne eine kleine Auszeit.
Davon abgesehen, wusste sie bereits, worum Mei-Li sie bitten würde. Denn neben dem Catering-Service beschäftigte sie sich noch mit anderen, ebenso wichtigen, wenn auch delikateren Projekten. Gemeinsam mit ihren langjährigen Freundinnen Maizie Sommers und Cecilia Parnell hatte sie es sich nämlich zur Aufgabe gemacht, Menschen zusammenzubringen.
Das Verkuppeln war für sie mehr als ein Hobby – sie betrachtete es als ihre Berufung. Maizie betrieb es neben ihrem Maklerbüro, und Cecilia tat es neben ihrer erfolgreichen Reinigungsfirma.
Keine der drei Frauen nahm für diese besonderen Projekte Geld. Für sie war es Belohnung genug zu sehen, wie zwei einsame Seelen mit ihrer Hilfe zusammenkamen – und schließlich das Glück fanden.
Es war fast wie Magie. Manchmal bedurfte es bloß eines kleinen Schubses in die richtige Richtung, um die potenziellen Paare aufeinander aufmerksam zu machen.
„Vielleicht bin ich bloß selbstsüchtig“, überlegte Mei-Li. Sie hielt ein Taschentuch in den Händen und drehte es so fest zusammen, dass es am Ende wie ein kleiner, weißer Korkenzieher aussah.
„Du?“, spottete Theresa gutmütig. „Ich kenne dich sehr gut, Mei-Li. Du bist einer der selbstlosesten Menschen, die ich kenne.“
„Aber meine anderen Töchter sind bereits alle verheiratet“, fuhr die zierliche Frau fort und meinte damit ihre vier älteren Töchter. „Zwei haben schon Kinder und Jennifer erwartet das erste Baby. Vier von fünf – das sollte jeder Mutter genügen, oder nicht?“ Ihre dunklen Augen wandten sich suchend an ihre Freundin.
Trotz des unterschiedlichen kulturellen Hintergrunds konnte Theresa sich sehr gut ausmalen, was in Mei-Li vorging.
„Du bist nicht selbstsüchtig, Mei-Li. Du bist einfach eine Mutter. Mütter wünschen sich, dass alle ihre Kinder glücklich sind. Dass sie jemanden finden, der sie liebt und den sie lieben. Das ist nur natürlich“, versicherte Theresa.
Mei-Li seufzte, zweifellos sehr erleichtert über den Zuspruch. Doch dann gab sie zu bedenken: „Tiffany wäre so wütend, wenn sie erfahren würde, dass ich mich einmische.“
Theresa langte über ihren Schreibtisch und legte die Hand auf Mei-Lis Hand. „Sie wird es niemals erfahren“, versicherte sie mit einem wissenden Lächeln.
Mei-Li blickte skeptisch. „Aber wie sollen wir dann …“
„Glaub mir, wir machen das nicht zum ersten Mal. Du kannst uns vertrauen.“ Ihr Lächeln wurde weiter. „Wenn wir etwas arrangieren, dann sieht es immer so aus, als hätte der Zufall seine Hände im Spiel gehabt. Oder das Glück“, fügte sie mit einem Zwinkern hinzu. „Meine eigenen beiden Kinder wären entsetzt, wenn sie wüssten, dass ich es war, die die Menschen in ihr Leben gelenkt hat, die sie letztendlich geheiratet haben.“
Sie neigte den Kopf. „Wenn Tiffany nicht weiß, dass du oder jemand anders sich eingemischt hat, wird sie viel unbefangener und offener sein. Sonst würde sie sich dagegen wehren, und jede Mühe wäre umsonst. Oder würde sogar das Gegenteil bewirken.“
Mei-Li seufzte erneut. „Ich nehme an, da hast du recht.“
Theresa lächelte unbeirrt und verkniff sich ein Natürlich habe ich recht. In Herzensangelegenheiten war alles zulässig. Wie das alte Sprichwort schon sagt: In der Liebe und im Krieg ist alles erlaubt. Vor allem in der Liebe – das hatte sie damals von Maizie gelernt.
„So. Und damit wir die richtige Wahl treffen, brauche ich jetzt noch einige Informationen über deine Jüngste.“
Mei-Li entspannte sich ein wenig. „Alles, was du wissen willst“, erklärte sie bereitwillig.
„Schön.“ Theresa griff nach einem altmodischen Notizbuch und einem Kugelschreiber. „Wenn alles glatt läuft – und davon gehe ich aus –, sollte Tiffany noch vor Weihnachten verlobt sein. Wenn nicht sogar verheiratet.“
Der Ausdruck auf Mei-Lis Gesicht verriet nun eine unbändige, freudige Erregung.
Theresa selbst konnte es kaum erwarten, die erforderlichen Infos zusammenzutragen und den Stein ins Rollen zu bringen. Gleich heute Abend würde sie sich mit Maizie und Cilia treffen, um das Projekt anzugehen.
Ein Projekt, das die Liebe in Tiffany Lees Leben zaubern würde.
„Haben Sie einen Augenblick Zeit, Ms. Sommers?“
Es war eine tiefe, angenehme Stimme, die sich an der Tür zu Maizie Sommers Maklerbüro bemerkbar machte. Maizie erkannte sie, ohne aufblicken zu müssen. Sie war vertieft in das Formulieren einer Werbeanzeige für ein Grundstück, das sie neu erworben hatte.
Gerade war sie dabei, die Vorzüge des Anwesens in leuchtenden Farben zu beschreiben. Sie hob die Hand und bat so um Zeit, ihren Gedanken ausführen und zu Papier bringen zu können.
Schließlich hob sie den Blick. Wie erwartet stand dort Eduardo Montoya, der gut aussehende junge Mann, den sie bereits an einige ihrer Kunden weiterempfohlen hatte. Als Hand- und Heimwerker hatte er sich als wahrer Alleskönner erwiesen und erledigte kleinere Reparaturen und Umbaumaßnahmen zu jedermanns größter Zufriedenheit.
Er blieb in einem höflichen Abstand zu ihrem Schreibtisch stehen und wartete, bis sie ihre Papiere geordnet hatte.
Maizie kam nicht umhin, ihn einmal von Kopf bis Fuß zu mustern. Eduardo Montoya musste der Traum einer jeden jungen Frau sein.
„Für Sie, Eddie, habe ich alle Zeit der Welt.“ Sie legte den Stift nieder und lächelte ihm zu. Sie wusste bereits, was sein Anliegen war, doch es war besser, das für sich zu behalten und so zu tun, als sei sie überrascht über das, was er ihr mitzuteilen hatte.
„Aber wegen des neuen Auftrags hätten Sie doch nicht extra hier vorbeizukommen brauchen. Die Dame wünscht sich einige Veränderungen in ihrem Badezimmer. Die Details hatte ich auf Ihren Anrufbeantworter gesprochen.“
Er nickte. Eine Strähne seines dichten, mitternachtsschwarzen Haares fiel in seine Stirn. „Ich weiß, ich habe ihn abgehört. Ich bin wirklich dankbar für den neuen Auftrag. Und dankbar für jede Empfehlung, die Sie für mich gegeben haben.“
„Ich habe Sie empfohlen, weil Sie ausgezeichnete Arbeit leisten“, betonte Maizie.
Sie lächelte ihn aufmunternd an. „Allerdings höre ich da ein leises ‚Aber‘ heraus.“
Er erwiderte das Lächeln – auf eine Art, bei der wohl jede junge Frau dahingeschmolzen wäre. Maizie fragte sich zum wiederholten Mal, warum der Mann mit achtundzwanzig Jahren noch nicht in festen Händen war.
Aus seinem Blick sprach eine freudige Erregung. Ob es mit der neuen Stelle zu tun hatte, die er am kommenden Montag antreten würde?
Eine Stelle, von der Maizie nicht nur bereits wusste – sie hatte sogar maßgeblich dazu beigetragen hatte, dass er sie bekam.
Auch wenn der junge Mann davon natürlich nichts wissen durfte.
Geduldig wartete Maizie darauf, dass er sein Anliegen hervorbrachte. Allerdings musste sie nicht lange warten. „Deswegen bin ich gekommen. Ich wollte es Ihnen persönlich sagen.“
Maizie versuchte, offen und arglos zu wirken. Seit neun Monaten kannte sie nun Eddie Montoya. Eine Bekannte hatte ihn damals empfohlen, als Maizie jemanden für kleine Betonierarbeiten an ihrer Veranda brauchte und ihr früherer Handwerker in Rente gegangen und weggezogen war.
Wie sich herausgestellt hatte, konnte Eddie nicht nur Steine verlegen, er hatte auch ein Händchen für Innen- und Außengestaltung und einen guten Blick für Details, außerdem arbeitete er stets exakt und zügig.
Maizie war so überzeugt von seiner Arbeitsmoral und seinem Können, dass sie ihn sehr gerne an jeden Kunden weiterempfahl, der einen Umbau plante oder an dessen Haus Reparaturen fällig wurden.
Irgendwann hatte sie von ihm erfahren, dass Eddies verstorbener Vater ein Baugeschäft hatte. Das Haus, in dem Eddie mit seinen beiden Schwestern groß geworden war und in dem seine Mutter immer noch lebte, hatte er gebaut.
„Setzen Sie sich doch“, bat Maizie und deutete auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch.
Der junge Mann war mindestens einen Meter achtzig groß und von athletischer Statur. Er nahm Platz, räusperte sich und sagte dann: „Nun, Ms. Sommers, Sie sind so nett zu mir gewesen, und ich wollte Ihnen nicht das Gefühl geben, dass ich Sie nun einfach hängen lasse.“
„Lassen Sie mich denn einfach hängen?“, hakte Maizie nach.
Sie begann sich zu fragen, ob ihr Plan wirklich so reibungslos funktionieren würde, wie sie sich ausgemalt hatte. Vor zwei Tagen hatte sie Theresa und Cilia getroffen, um das neue Projekt anzugehen.
Und in dem Moment, in dem Theresa ihr ein Foto von Tiffany Lee gezeigt hatte, hatte etwas in Maizies Kopf Klick! gemacht.
Es gab auch noch andere potenzielle Kandidaten, aber Maizies Gedanken waren wieder und wieder zu Eddie geflogen. Es war, als könne sie die beiden bereits zusammen sehen – und die Kinder, die die beiden haben würden.
Sie war so angetan von der Vorstellung, dass sie auch ihre beiden Freundinnen rasch davon überzeugen konnte.
Nun saß er vor ihr und machte einen so ernsten Eindruck, dass Maizie ihren hübschen Plan beinahe sich in Luft auflösen sah.
„Nicht direkt“, begann er. „Nun, Sie wissen, dass ich eigentlich kein Handwerker bin.“ Das hatte er bereits gleich am ersten Tag gesagt, als sie ihn kennengelernt hatte.
„Ja, das weiß ich. Aber Sie können sehr gut so tun, als ob Sie einer wären“, erwiderte sie lächelnd.
Maizie hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, über jeden Menschen, der für oder mit ihr arbeitete, Erkundigungen einzuholen. So auch über Eduardo Montoya.
Er war eigentlich Grundschullehrer, und so, wie sie ihn einmal im Umgang mit einigen Kindern erlebt hatte, glaubte sie sofort, dass er etwas von diesem Job verstand.
Allerdings waren in dem Schulbezirk, in dem er gearbeitet hatte, drastische finanzielle Kürzungen vorgenommen worden, und er hatte seine Stelle verloren.
Offenbar hatte er sich einige Zeit mit Aushilfsstunden in anderen Schulen über Wasser gehalten, bevor er darauf gekommen war, sein Hobby – oder seine zweite Berufung, wie Maizie fand – zu Geld zu machen.
Seither übernahm er vielseitige Aufgaben. Auch die, die anderen Handwerkern ungelegen kamen oder vor denen man sich gerne drückte.
Er war Single und musste weder eine Familie versorgen noch ein Haus abbezahlen, sondern lediglich für Miete und Lebenshaltungskosten aufkommen. Doch er hatte es sich zum Ziel gesetzt, das Darlehen für sein Studium so schnell wie möglich zurückzuzahlen.
Maizie kannte junge Leute, die sich über den immensen Schuldenberg, den ihre Ausbildung verursacht hatte, kaum weiter den Kopf zerbrachen, doch Eddie war anders. Er mochte keine Schulden und übernahm zuverlässig jeden einzelnen Auftrag, den sie ihm vermittelte – auch wenn das bedeutete, dass er sieben Tage die Woche schuften musste.
„Es sieht so aus, als würde ich eine Stelle an der neuen Grundschule in Bedford bekommen.“ Seine Stimme verriet freudige Erregung und zugleich Skepsis. Ganz so, als könne er es selbst noch nicht recht glauben.
Maizie tat ihr Bestes, um überrascht und erfreut auszusehen. „Das ist ja wunderbar!“ In Wahrheit hatte sie höchstselbst die Finger im Spiel gehabt, damit Eddies Bewerbung in die richtigen Hände kam.
Die Grundschule wurde erst vergangenen Herbst eröffnet und hatte seither Dutzende Bewerbungen von Lehrern erhalten. Dank Maizies zahlreicher Kontakte war es ihr gelungen, eine Empfehlung abzugeben, woraufhin man Eddies Bewerbung besonders genau ins Auge gefasst hatte.
Die Schulleiterin Ada Walters war eine ehemalige Klientin von Maizie. Und Klienten, denen sie einmal ein Haus verkauft hatte, blieb Maizie für gewöhnlich freundschaftlich verbunden.
„Es ist wirklich erstaunlich“, gab Eddie zu bedenken. „Offenbar wurde die Stelle so schnell frei, weil eine Lehrerin Mutter geworden ist – einen Monat früher als erwartet.“
Für einen Moment verblasste Maizies Lächeln. Davon hatte sie noch gar nichts gehört. „Nun, solange es Mutter und Kind gut geht, sind das doch gute Neuigkeiten …“
„Oh, das tut es“, verkündete Eddie mit neuem Elan. Es war, als würde er sich darüber freuen, der Überbringer der frohen Botschaft zu sein. „Mutter und Kind sind wohlauf.“
Maizie hob die Braue. „Sie kennen die Mutter?“
Er schüttelte den Kopf. „Überhaupt nicht. Aber ich habe mich bei der Schulleitung nach ihr erkundigt.“
„Sie sind wirklich ein ungewöhnlicher junger Mann“, stellte Maizie fest. Insgeheim war sie höchst zufrieden mit der Wahl, die sie für Mei-Lis Tochter getroffen hatte. „Den meisten Männern wäre es wohl egal, wie es ihrer Vorgängerin geht.“
Eddie winkte ab. „Ich bin mit meiner Mutter und zwei älteren Schwestern aufgewachsen. Wenn ich mich nicht anständig benommen hätte, hätten sie mir den Hals rumgedreht“, erklärte er bescheiden.
Maizie behielt gerne die Kontrolle über das Geschehen. Den ersten Coup hatte sie tadellos gelandet. Doch der zweite Geniestreich war noch lange nicht in trockenen Tüchern – und sie wäre wirklich enttäuscht, wenn dieser nicht auch gelingen sollte.
„Heißt das, dass Sie den Badezimmerauftrag ausschlagen müssen, Eddie?“, fragte sie behutsam.
Ihn das Badezimmer erneuern zu lassen wäre der perfekte Auftakt gewesen. Sollte dieses Projekt nun nicht zustande kommen, würde er Mei-Lis Tochter zwar spätestens in der Schule über den Weg laufen.
Aber anders wäre es spannender.
„Nein, nein“, zerstreute Eddie ihre Bedenken sofort. „Ich möchte diesen Auftrag natürlich noch ausführen. Ich muss ihn eben schnell erledigen. Am besten fange ich gleich morgen früh an, dann sollte ich Sonntagabend damit fertig sein. Allerdings konnte ich bisher noch keinen Kostenvoranschlag aufstellen.“
So einen Mann gibt’s wirklich nur einmal auf der Welt, dachte Maizie.
„Das hört sich gut an“, stimmte sie zu und versuchte, ihre diebische Freude zu verbergen.
„Und keine Bange wegen des Kostenvoranschlags. Die Mutter der Hausbesitzerin möchte die Rechnung übernehmen, als verfrühtes Geburtstagsgeschenk. Solange die Kosten nicht explodieren, ist ihr alles recht. Und ich weiß, wie Sie arbeiten, Eddie. Es hat sich am Ende noch nie jemand bei mir beschwert.“
Sie schenkte ihm jenes strahlende Lächeln, das all ihre Klienten dazu brachte, ihr unwillkürlich zu vertrauen. „Es ist zwar schade, dass ich Sie als Handwerker verliere, Eddie, aber immerhin ist es für einen guten Zweck. Ich bin sicher, Lehrer sein ist Ihre wahre Berufung.“
„Danke, Ms. Sommers.“ Mit einem Mal wirkte er beinahe schüchtern. „Und Sie werden mich nicht verlieren. Nicht ganz, meine ich. An den Wochenenden würde ich gerne weiterhin Aufträge annehmen. Das Studiendarlehen ist schließlich noch lange nicht abbezahlt. Und solange die Kunden nichts dagegen haben, dass ich bei ihnen am Wochenende Lärm mache, würde ich gerne damit weitermachen.“
Maizie lachte. Dieses Goldstück war sich überhaupt nicht bewusst, was es wirklich wert war. „Wenn man sich überlegt, welche Arbeit Sie zu welchem Preis leisten, würden sich Ihre Auftraggeber auch noch bedanken, wenn Sie um Mitternacht kämen.“
Dann lehnte sie sich in ihrem schweren Bürostuhl zurück und sah ihn für einen Moment nachdenklich an. „Nun, ich darf also Ms. Lee mitteilen, dass Sie ganz sicher morgen mit dem Auftrag anfangen?“
Sein Lächeln schien das gesamte Büro zu erhellen. „Absolut.“
Maizie klatschte in die Hände. „Wundervoll!“
Eddies Blick verharrte auf dem Zettel, den er von Maizie erhalten hatte.
Genauer: auf dem Namen, den sie zu der Adresse und der Telefonnummer vermerkt hatte.
In den beiden vergangenen, ereignisreichen Tagen war es ihm nicht aufgefallen, doch jetzt rief der Name eine ganz besondere Erinnerung wach.
Tiffany Lee.
Aber das war nicht möglich. Es konnte sich hier nicht ausgerechnet um die Tiffany Lee handeln. Immerhin waren weder Vor- noch Nachname besonders außergewöhnlich. Bei Google oder Facebook hätten sie unzählige Treffer ergeben.
Ganz sicher war dies nicht die spezielle, streitlustige Tiffany, mit der er es auf dem College zu tun gehabt hatte.
Und die Tiffany, in die er mit fünf Jahren verknallt gewesen war. Lange, bevor sie sich in eine so ehrgeizige Nervensäge verwandelt hatte.
Denk einfach nicht daran, sagte er sich, als er den Wagen vor dem unauffälligen Haus seiner neuen Kundin parkte. Konzentriere dich auf den Job, erledige ihn so schnell wie möglich und bereite dich dann auf die neue Stelle vor.
Er sprang nicht gerne unvorbereitet ins kalte Wasser, daher hatte er sich bereits eine Namensliste seiner neuen Schüler geben lassen, inklusive des Lehrplans und der Themen, die es in diesem Schuljahr noch zu bearbeiten galt.
Für ihn waren das mehr als nur Namen auf einer Liste. Er wollte ein guter Lehrer sein. Jemand, dem man nicht nur gerne zuhören, sondern sich auch anvertrauen würde, wenn man Probleme hatte.
Mehr noch, er wollte, dass seine Schüler ihr volles Potenzial ausschöpften.
Das hatte damals auch jemand für ihn getan. Seine Klassenlehrerin in der fünften Klasse, Miss Nocton, hatte ihm den Kopf zurechtgerückt, sonst wäre er der großspurige, rotzfreche Maulheld geblieben, der er mit elf Jahren war. Und wäre dadurch vielleicht irgendwann im Knast gelandet, so wie ein paar Jungs aus seiner ehemaligen Nachbarschaft.
Aber Miss Nocton – eine mürrisch dreinblickende Frau mit puritanischer Strenge – hatte nachhaltig seine Wissbegierde geweckt, indem sie ihn immer wieder herausforderte.
Jedes Mal, wenn er glaubte, schon alles gegeben zu haben, war sie der Meinung, er könne noch besser sein. Und hatte ihn so zu Höchstleistungen angetrieben.
Natürlich hatten seine Mutter und seine Schwestern auch dazu beigetragen, dass aus ihm ein vernünftiger Mann geworden war. Doch der ausschlaggebende Grund war die Beharrlichkeit dieser sachlichen Lehrerin.
Bis heute wünschte er sich, sie wäre stolz auf ihn, auch wenn sie nicht mehr da war.
Eddie atmete tief ein. Dann mal los, sagte er sich.
Er straffte die Schultern, ging auf die Haustür zu und drückte auf den Klingelknopf.