Bergkristall 298 - Heimatroman - Maria Fernthaler - E-Book

Bergkristall 298 - Heimatroman E-Book

Maria Fernthaler

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Beschreibung

"Wirst du auf mich warten, Steffi?", fragt der Bruckner-Thomas und küsst sein geliebtes Madel ein letztes Mal. "Wirst du immer an mich denken?"
"Es wird nie einen anderen für mich geben, Thomas! Du darfst das nie vergessen. Ich zähl jeden Tag, bis du wiederkommst", verspricht Steffi Hirtreiter unter Tränen und mag den Geliebten kaum loslassen.
"Ich schreib dir jeden Tag!", verspricht Thomas noch. "Wenn der Winter kommt, bin ich zurück."

Doch auf den Winter folgt der Frühling und noch immer ist der fesche Bauernsohn, der jetzt unter die Filmleut gegangen ist, um viel Geld zu verdienen, nicht heimgekehrt. Wie sehr sein Madel leidet, scheint ihn nicht zu scheren. Briefe kommen schon lang keine mehr, und die schöne Hoftochter muss sich eingestehen, dass Thomas sie wohl vergessen hat. Damit ist auch ihr Versprechen wertlos - und Steffi trifft eine folgenschwere Entscheidung ...

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EPUB

Seitenzahl: 142

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Hoftochter in Gewissensnöten

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf/Bastei Verlag

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5693-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Hoftochter in Gewissensnöten

Packender Roman um das schönste Madel aus Leogang

Von Maria Fernthaler

„Wirst du auf mich warten, Steffi?“, fragt der Bruckner-Thomas und küsst sein geliebtes Madel ein letztes Mal. „Wirst du immer an mich denken?“

„Es wird nie einen anderen für mich geben, Thomas! Du darfst das nie vergessen. Ich zähl jeden Tag, bis du wiederkommst“, verspricht Steffi Hirtreiter unter Tränen und mag den Geliebten kaum loslassen.

„Ich schreib dir jeden Tag!“, verspricht Thomas noch. „Wenn der Winter kommt, bin ich zurück.“

Doch auf den Winter folgt der Frühling und noch immer ist der fesche Bauernsohn, der jetzt unter die Filmleut gegangen ist, um viel Geld zu verdienen, nicht heimgekehrt. Wie sehr sein Madel leidet, scheint ihn nicht zu scheren. Briefe kommen schon lang keine mehr, und die schöne Hoftochter muss sich eingestehen, dass Thomas sie wohl vergessen hat. Damit ist auch ihr Versprechen wertlos – und Steffi trifft eine folgenschwere Entscheidung …

Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen löste Thomas Bruckner das Kletterseil aus dem Haken und sprang den letzten Meter hinunter auf den Boden. Schweiß stand ihm auf der sonnengebräunten Stirn, voller Stolz ging sein Blick hinauf zum Gipfel des Birnhorns. Zum dritten Male in diesem Sommer hatte er den Berg im Alleingang bezwungen. Das Birnhorn galt auf seiner Rückseite als nicht ungefährlich, und mancher Bergsteiger hatte in den bizarren Felsen schon sein Leben lassen müssen.

Der Bursch nahm seinen Rucksack und verstaute Seil und Haken darin. Dann setzte er sich zum Verschnaufen auf den Boden und schaute immer wieder hinauf, wo das Gipfelkreuz im Sonnenlicht leuchtete.

Er liebte diesen Berg, an dem er schon als ganz junger Bursch seine ersten Klettertouren unternommen hatte. Mit sechzehn, siebzehn Jahren hatte ihn die Kletterleidenschaft gepackt und seitdem nicht mehr losgelassen – nicht gerade zur Freude seiner Eltern, der Bauersleute vom Brucknerhof unten in Leogang. Der lebensgefährliche Sport ihres ältesten Sohnes hatte sie schon so manche schlaflose Nacht gekostet.

„Komm gesund wieder, Bub“, murmelte die Mutter immer, wenn er in die Berge ging, nicht selten mit Tränen in den Augen.

Thomas wusste dann, dass sie wieder an seinen Großvater dachte, der bei einer Klettertour in den Dolomiten ums Leben gekommen war. Auf diesen Mann, der nur vierzig Jahre alt geworden war, führten sie seine Begeisterung für den Klettersport zurück. Thomas konnte die Angst der Eltern verstehen, aber aufgeben wollte er die Kletterei nicht, denn sein ganzes Herz hing daran. Damit hatte sich auch Steffi abfinden müssen.

Sie war die Tochter des reichen Hirtreiterbauern und seit einem guten Jahr sein Madel. Sie hatte nie versucht, ihn davon abzubringen, aber auch sie hatte Angst, wenn sie wusste, dass er zu einer neuen Tour aufbrechen wollte. Der Gedanke an das geliebte Madel ließ Thomas aufspringen. Wenn er sich beeilte, konnte er vor dem Abendessen noch schnell auf dem Hirtreiterhof vorbeischauen.

Dort deckte Stefanie Hirtreiter gerade den Kaffeetisch im Freien unter dem Schatten spendenden Birnbaum. Drückend schwül war es an diesem Juninachmittag, und ihr Blick ging immer wieder besorgt zum Himmel hinauf. Wenn nur kein Gewitter aufzog, denn Thomas hing in der Wand des Birnhorns. Sie hatte Angst um ihn, wie jedes Mal.

Aber Thomas hatte nie einen Zweifel daran gelassen, dass er die Kletterei nicht aufgeben konnte. Sie liebte ihn und hoffte, dass er seinen Sport etwas einschränken würde, wenn sie erst einmal verheiratet waren. Der Vater, der mit seiner dicken Zigarre im Mund an den Kaffeetisch kam, schien ihre Gedanken erraten zu haben.

„Du denkst wohl an den Thomas oben am Birnhorn?“ Rupert Hirtreiter war ein breitschultriger, vitaler Mann, dem man seine beinahe sechzig Jahre nicht ansah.

Das volle Haar war erst an den Schläfen grau und das gebräunte Gesicht glatt und markant. Ein gut aussehender Mann war er, und niemand konnte es verstehen, dass er nach dem frühen Tod seiner Bäuerin sich keine Frau mehr ins Haus geholt hatte. Nur ganz wenige gute Freunde wussten, dass er über den Verlust von Stefanies Mutter nie hinweggekommen war. Auch heute noch, nach über fünfzehn Jahren, grübelte er oft darüber nach, warum ihm das Schicksal die geliebte Frau so früh genommen hatte.

Zum Glück war die Tochter ihr Ebenbild geworden, genau wie sie hatte seine Anna in ihrer Jungmädchenzeit ausgesehen. Für Rupert Hirtreiter war Stefanie sein ganzer Lebensinhalt, und für ihn war sie das schönste Madel von Leogang. Und gewiss auch für den Bruckner-Thomas.

„Er wollte gegen fünf Uhr wieder unten sein“, erklärte Steffi und goss dem Vater Kaffee ein.

Den Guglhupf, der verführerisch duftete, hatte Mathilda, die Magd gebacken. Sie war nach Zell am See zu ihrer Schwester gefahren und wollte erst am Abend zurück sein. Rupert Hirtreiter hatte die fünfzigjährige Frau nach dem Tod der Bäuerin ins Haus geholt und diesen Entschluss niemals bereuen müssen. Für die damals fünfjährige Stefanie wurde sie zur Ersatzmutter, und sie führte seinen Hof im Sinne der Verstorbenen weiter.

„Wann habt ihr denn eigentlich das Heiraten im Sinn?“, fragte der Vater so nebenbei. „Gut ein Jahr seid ihr doch nun schon verliebt bis über beide Ohren.“ Er freute sich, dass Steffi bis zum Haaransatz errötete, und tätschelte ihr aufmunternd die Hand. „Ihr werdet doch schon darüber gesprochen haben, Madel? Der Thomas weiß doch längst, dass er einmal Bauer auf diesem Hof sein wird.“

Stefanie nickte und schnitt dem Vater ein zweites Stück Kuchen ab.

„Ja, Vater, das weiß er, und er freut sich auch schon darauf. Aber erstens denkst du doch noch net ans Aufhören, und zweitens wird er daheim gebraucht. Sein Vater ist immer ein bisserl kränklich und Bernd, der Bruder, erst siebzehn.“

„Aber heiraten könnt ihr doch trotzdem“, ließ der Vater nicht locker. „Er könnte doch dann ab und zu nach dem Rechten auf dem Brucknerhof schauen.“

„Vielleicht im nächsten Jahr, Vater. Ich bin noch keine zwanzig. Oder willst du mich gern loshaben?“ Sie lächelte, als sie in sein entsetztes Gesicht schaute.

„Du weißt, dass ich nur dein Glück will, Steffi. Und ich weiß, dass du den Thomas sehr gern hast. Er soll keine Scheu haben, weil ich der reiche Hirtreiter bin. Als Schwiegersohn war er mir vom ersten Tag an willkommen. Ich brauch einen Burschen, der einmal mein Erbe übernimmt. Und der Thomas kann zulangen! Freilich möcht ich noch net aufhören, obwohl ich das Alter schon ab und zu spüre. Aber auf die kleinen Wehwehchen geb ich net viel.“

„Du könntest dich ruhig mehr schonen, Vater“, meinte das Mädchen und war wieder ernst geworden. „Lang schon redest du davon, einen Knecht einzustellen. Warum schiebst du das immer wieder auf? Auch mit Thomas auf dem Hof wird ein dritter Mann gut gebraucht.“

Der Bauer wurde nachdenklich. Was Steffi sagte, stimmte. Schon mehr als einmal hatte er daran gedacht, sich einen Knecht zu suchen, einen tüchtigen jungen Burschen, der das ganze Jahr über mit zulangte. Denn auch im Winter gab es viel zu tun. Das Vieh musste versorgt werden, und das nahm viel Zeit in Anspruch.

„Wenn ich einen geeigneten Burschen finde, sage ich net nein, Steffi. Aber schau, kommt da net der Thomas den Hang heruntergelaufen?“

Steffi folgte seiner ausgestreckten Hand mit den Augen und erkannte tatsächlich den Liebsten, der mit großen Sprüngen über den letzten Hang heruntergelaufen kam. Da hielt sie nichts mehr auf ihrem Stuhl. Schnell gab sie dem Vater einen Kuss auf die Wange und lief dann Thomas über die Wiese entgegen.

Etwas wehmütig schaute Rupert Hirtreiter seiner Tochter nach. Am Anfang hatte es schon ein bisserl wehgetan, dass ihre Liebe nicht mehr ausschließlich ihm allein gehörte. Aber mit der Wahl ihres Liebsten hatte sie Geschmack bewiesen – und mit dem alten Brucknerbauern war der Hirtreiter schnell einig geworden. Zwar sollte Thomas als Älterer den elterlichen Hof übernehmen, doch war die Aussicht, Bauer auf dem Hirtreiterhof zu werden, zweifellos verlockend.

Und da war ja noch Bernd, der zweite Sohn, der ebenfalls mit Leib und Seele an dem bescheidenen Besitz hing. Als der sich bereit erklärt hatte, den Hof einmal zu übernehmen, da gab der alte Bruckner seinen Segen zu Thomas’ Verbindung mit Steffi. Richtig stolz war er sogar auf seinen Sohn, dass es ihm gelungen war, das Herz der wohlhabendsten Bauerntochter weit und breit zu erobern. Denn er selber hatte seinen Hof in all den Jahren nicht über den Rand der Mittelmäßigkeit hinausgebracht.

Die beiden Liebenden hielten sich umschlungen, als hätten sie sich Monate nicht gesehen. Thomas küsste den roten Mund, nach dem er sich den ganzen Tag über gesehnt hatte. Steffi streichelte mit beiden Händen sein Gesicht.

„Ich bin so froh, dass du heil wieder herunten bist.“

Er nahm ihre Hand und drückte sie gegen sein Herz. Es klopfte schnell und laut.

„Da schau her, wie ich gelaufen bin wegen dir. Weil ich oben auf dem Gipfel so große Sehnsucht nach dir gekriegt hab.“

Wieder küsste er sie, und dann gingen sie Hand in Hand auf den Hof zu. Der Bauer wurde begrüßt, und als Thomas den Kuchen sah, schnalzte er mit der Zunge.

„Das ist genau das Richtige für einen müden Bergsteiger“, meinte er und bedachte Steffi mit einem zärtlichen Blick, während sie ihm Kaffee einschenkte.

„Sie hat Angst um dich gehabt, Thomas“, sagte Rupert Hirtreiter. „Immer wieder hat sie hinaufgeschaut zu den Felsen, als könnte sie dich dort oben irgendwo erkennen.“

„Es braucht keiner Angst um mich zu haben, Rupert“, erwiderte Thomas lauter, als er wollte. „Ich bin vorsichtig und riskiere nichts. Aber nehmen lass ich mir diese Freude von niemandem.“

„Das brauchst du auch net, Thomas“, beruhigte der Bauer einlenkend, nachdem er den mahnenden Blick seiner Tochter gesehen hatte. „Nur denk ab und zu an deinen Großvater. Ich seh ihn heut noch vor mir, wie sie ihn aus Südtirol gebracht haben. Mit gebrochenem Genick – und daheim hat er Frau und drei Kinder gehabt.“

Thomas’ Gesicht verdüsterte sich.

„Davon wird zu Hause oft gesprochen“, sagte er, „aber es schreckt mich net ab. Heut ist die Ausrüstung viel besser als damals.“

Rupert Hirtreiter stand auf und ließ die jungen Leute allein. Steffi tat es leid, dass Thomas offenbar seine gute Laune verloren hatte. Sie legte ihre Hand auf die seine.

„Die älteren Leut machen sich halt Sorgen, Thomas! Und der Vater hat schon recht, ich auch. Aber ich würd nie etwas sagen zu dir, dass du es aufgeben sollst. Ich muss halt damit leben, so wie deine Großmutter auch, und hoffen, dass du immer wieder gesund herunterkommst zu mir.“

Er lachte wieder und fuhr mit seinen Händen in ihr dichtes Haar.

„Ich hab dich viel zu lieb, als dass ich etwas riskieren tät. Und jetzt reden wir nimmer davon! Begleitest du mich ein Stückerl auf dem Weg nach Hause?“

Da war Steffi gleich dabei. Sie sagte nur schnell dem Vater im Stall Bescheid, bevor sie sich auf den Weg machten. Und weil sie sich vor dem Brucknerhof immer noch nicht trennen konnten, ging sie noch mit hinein, um den Bauersleuten Grüß Gott zu sagen.

Die einfachen Brucknerleute bewunderten und liebten das hübsche Mädchen, das schon bald ihre Schwiegertochter werden sollte. Auch heute musste sich Steffi zu ihnen setzen, und die Bäuerin holte die Flasche mit dem Eierlikör, den das Mädchen so gerne trank. Sie musste vom Vater erzählen und von der Mathilda. Als Thomas für einen Augenblick die kleine Küche verlassen hatte, nahm die Brucknerbäuerin Steffis Hand in die ihre.

„Der Vater und ich hoffen, dass du den Thomas dazu bringst, dass er die Kletterei aufgibt. Wenn ihr erst verheiratet seid und Kinder habt, darf er nimmer sein Leben oben in den Felswänden riskieren.“

Steffi schaute in die Augen der Bäuerin, die so sehr denen von Thomas glichen. Bestimmt war sie in jungen Jahren eine sehr hübsche Frau gewesen mit dem schwarzen, von grauen Strähnen durchzogenen Haar und dem schmalen Gesicht.

„Mir wäre nix lieber, als wenn er aufhören tät“, sagte das Mädchen betrübt, „… aber du kennst deinen Buben besser als ich. Und lieber tät er vielleicht sogar mich aufgeben als seine Kraxelei.“

Erschrocken schaute Martha Bruckner das Mädchen an, dann schüttelte sie den Kopf.

„So was darfst du net sagen, Steffi! Der Thomas lässt dich doch gar nimmer aus den Augen. Erst gestern hat er mit dem Vater übers Heiraten gesprochen, und der hat gemeint, ihr sollt vielleicht noch ein Jahr warten. Dann wäre der Bernd volljährig und Thomas als Arbeitskraft zu ersetzen. Wäre dir das recht?“

Steffi dachte an den Vater, der den Schwiegersohn schon gern recht bald im Haus hätte. Aber es war schon so, wie sie ihm gesagt hatte. Thomas wurde auf dem Hof seiner Eltern noch gebraucht. Dem alten Bauern war anzusehen, dass es um seine Gesundheit nicht zum Besten stand.

„Freilich, ich kann ihn ja jeden Tag sehen. Aber dem Thomas die Kletterei ausreden, das wird niemand schaffen. Im Gegenteil, er wird böse, wenn man davon spricht.“

Die ältere Frau nickte und schaute auf ihre im Schoß gefalteten Hände. Steffi wusste, woran sie dachte, und Mitleid ergriff sie.

„Du darfst net immer an deinen verunglückten Schwiegervater denken, Brucknerin! Thomas hat mir versprochen, immer vorsichtig zu sein und nix zu riskieren. Und er wird sein Versprechen halten, da brauchst du dich net zu sorgen.“

„Es genügt ja ein falscher Tritt …“, erwiderte die Bäuerin mit feuchten Augen. „Aber hören wir auf mit dem Schwarzsehen, ich höre den Buben kommen.“

Thomas kehrte zusammen mit Bernd, dem jüngeren Bruder, in die Küche zurück. Der Jüngere war lang aufgeschossen und mager und hatte die hellen Augen und Haare des Vaters geerbt. Er begrüßte Steffi und konnte nicht verhindern, dass er rot dabei wurde. Sie gefiel auch ihm, er war gerade in dem Alter, in dem man sich zum ersten Male nach den Madeln umdrehte …

Für Steffi war es jetzt Zeit, heimzugehen. Die Magd würde schon im Haus sein, und sie konnte dem Vater beim Melken helfen. Das musste auch Thomas tun, und deswegen konnte er sie nicht mehr nach Hause bringen. Aber für einen Kuss in einem verstohlenen Winkel reichte es noch. Fest drückte er das Mädchen an sich.

„Behalt mich lieb, Steffi“, sagte er. „Wenn es die Zeit erlaubt, schaue ich morgen bei dir vorbei.“

Er schaute ihr nach, wie sie davonlief. Sakra, dachte er, ausgerechnet ich habe das Glück, dass sie mich gern hat, wo sie doch jeden Burschen im Dorf hätte haben können. Ich werde es ihr vergelten, indem ich sie lieb hab, ein Leben lang.

***

Große Aufregung herrschte plötzlich im kleinen Gebirgsdorf! Seit dem letzten Juniwochenende logierten Filmleute aus Wien im Hotel Krallerhof und hatten für gehörigen Wirbel gesorgt. Bald ging es von Haus zu Haus, dass in Leogang Szenen für einen Heimatfilm gedreht wurden.

Wer immer auch Zeit hatte, stand vor dem Hotel, um einen der Schauspieler zu sehen und überhaupt etwas von der Atmosphäre dieser so fremden Welt mitzubekommen. Die Kinder warteten geduldig mit ihren Autogrammbildern und waren selig, wenn ihre Bitten nach einer Unterschrift erfüllt wurden.

Peter Föhring, der Regisseur des Films, hatte Ärger, alle spürten es. An einem frühen Nachmittag waren die Aufnahmen am Fuße des Birnhorns abgebrochen worden, obwohl das Wetter geradezu göttlich war. Wolkenlos blauer Himmel spannte sich über die Gipfelkette, und die Wiesen und Wälder leuchteten im sattesten Grün. Die Schauspieler waren ins Hotel zurückgekehrt. Marion Hellwig, die Hauptdarstellerin, weinte, während Stefan Hiller, ihr Partner, und der Regisseur sich gegenseitig anschrien.

„Die Szenen in den Felsen am Seil stehen nicht im Drehbuch“, rief der gut aussehende dunkelhaarige Schauspieler immer wieder. „Ich denke doch nicht daran, wegen eines Films mein Leben aufs Spiel zu setzen.“

Peter Föhring schaute ihn aus schmalen Augen an.

„So müssten dich deine Verehrerinnen einmal erleben! Zu feige, ein paar Meter im Gebirge zu kraxeln. Zum Teufel, für was, meinst du, bekommst du deine nicht gerade niedrige Gage?“

Stefan Hiller setzte sich und zündete sich gelangweilt eine Zigarette an.

„Nicht, um mein Leben zu riskieren! Dann such dir einen anderen. Wenn du willst, fahre ich morgen ab.“

Der Regisseur tobte. „Das sagst du jetzt, wo der halbe Film abgedreht ist. Wer ersetzt mir denn das alles? Die Szene im Fels ist gut, ich kann sie nicht wegfallen lassen, und du bekommst alle Sicherheitsgarantien.“

Doch Stefan Hiller blieb bei seinem Nein. Marion Hellwig hatte sich nicht eingemischt, obwohl sie auf der Seite des Regisseurs stand. Bekanntere Schauspieler als Stefan Hiller verzichteten auf ein Double und drehten gefährlichere Szenen als die heute oben am Birnhorn gewesen wäre. Aber sie war klug genug, den Mund zu halten und es sich mit ihrem Partner nicht zu verderben.

Denn ein gut aussehender Bursche war dieser Stefan Hiller ja, und sie hätte nichts dagegen gehabt, wenn er ihr die Abende in diesem langweiligen Nest verschönt hätte. Im Augenblick schien er jedoch dazu keine Lust zu haben. Mit grimmiger Miene saß er in seinem Sessel und verfolgte den Regisseur mit giftigen Blicken.

Der Geschäftsführer des Hotels hatte den Streit mitbekommen, und er wusste Rat.