Bergkristall 306 - Heimatroman - Maria Fernthaler - E-Book

Bergkristall 306 - Heimatroman E-Book

Maria Fernthaler

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Beschreibung

"Ich hab mit dir zu reden, Bauer. Ich möcht kündigen!"

Blass und mit dunklen Ringen unter den Augen steht die fesche Hofer-Marianne vor ihrem Brotherrn Georg Moosrainer. Erstaunt blickt der junge Bauer vom Birkenhof von seiner Schreibarbeit auf. Nur wenige Wochen hat das Madel ihm als Magd gedient, hat den Lohn bitter nötig, um den kranken Großvater daheim zu versorgen, und jetzt will sie plötzlich fort?

Ja, der Gedanke fortzugehen, tut Marianne furchtbar weh, denn sie hat sich unsterblich in den jungen Bauer verliebt. Aber noch viel schmerzlicher ist das Wissen, dass Georg schon in wenigen Wochen die aparte Münchnerin Susanne heiraten wird, eine Frau, der ein einfaches Dorfmädchen niemals wird das Wasser reichen können. Und der Bauer scheint glücklich zu sein. Diesem Glück darf Marianne nicht im Wege stehen, lieber verzichtet sie auf das eigene.
Mit Tränen in den Augen geht sie an diesem Tag vom Birkenhof - aber ihr Herz, das lässt sie zurück ...

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Seitenzahl: 145

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Ihr Herz blieb auf dem Birkenhof

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Wolf/Bastei Verlag

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6194-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Ihr Herz blieb auf dem Birkenhof

Wenn ein Mädchen aus Liebe verzichtet

Von Maria Fernthaler

„Ich hab mit dir zu reden, Bauer. Ich möcht kündigen!“

Blass und mit dunklen Ringen unter den Augen steht die fesche Hofer-Marianne vor ihrem Brotherrn Georg Moosrainer. Erstaunt blickt der junge Bauer vom Birkenhof von seiner Schreibarbeit auf. Nur wenige Wochen hat das Madel ihm als Magd gedient, hat den Lohn bitter nötig, um den kranken Großvater daheim zu versorgen, und jetzt will sie plötzlich fort?

Ja, der Gedanke fortzugehen, tut Marianne furchtbar weh, denn sie hat sich unsterblich in den jungen Bauer verliebt. Aber noch viel schmerzlicher ist das Wissen, dass Georg schon in wenigen Wochen die aparte Münchnerin Susanne heiraten wird, eine Frau, der ein einfaches Dorfmädchen niemals wird das Wasser reichen können. Und der Bauer scheint glücklich zu sein. Diesem Glück darf Marianne nicht im Wege stehen, lieber verzichtet sie auf das eigene.

Mit Tränen in den Augen geht sie an diesem Tag vom Birkenhof – aber ihr Herz, das lässt sie zurück …

Durch die grünen Tannenzweige schien die Nachmittagssonne auf den kleinen Gebirgsfriedhof. Der Mann, der einsam vor einem der Gräber kniete, war allein hier. Niemand aus dem Dorf hatte um diese Stunde Zeit, ein Grab zu besuchen. Das war dem jungen Herrn vom Birkenhof recht. Nichts hasste er mehr als die neugierigen Blicke, die man ihm immer noch zuwarf, obwohl alles schon über ein Jahr her war.

Er hatte sich im Glück gewähnt. Nicht nur, dass ihm sein Vater den schönsten Hof weit und breit übergeben hatte, nein, viel größer noch waren sein Stolz und seine Freude, als er die schöne Magda vom Krönerbauern zum Altar führen konnte.

Zwei Jahre voller Glück und Liebe waren ihnen geschenkt, bevor das Entsetzliche geschah. Sie hatten sich ein Kind gewünscht, von ganzem Herzen. Der Arzt hatte gemeint, sie sollten noch etwas warten, weil Magda gar so zart war. Aber sie hatte nicht auf ihn gehört.

„Wirst sehen, Schatzl, dass er unrecht hat. Ich bin gesund und kräftig und werde dir mindestens fünf Kinder schenken“, hatte sie gesagt, und Georg hatte nachgegeben. Als es so weit war, weinte die junge Bäuerin vor Glück und Freude. Doch schon nach den ersten Monaten ging es ihr immer schlechter.

Der Arzt gab ihnen den dringenden Rat, im Krankenhaus das Ungeborene entfernen zu lassen, weil sonst das Leben der Mutter gefährdet sein würde. Und wieder konnte Magda ihren Georg vom Gegenteil überzeugen. Was hätte er nicht alles getan aus blinder Liebe. Als die junge Bäuerin dann endlich einsah, dass der Arzt recht hatte, war es zu spät.

Sie brachte einen gesunden Buben zur Welt, aber sie konnte ihn nicht mehr sehen. Aus ihrer Ohnmacht erwachte sie nicht mehr.

Eine ganze Nacht lang lag Georg auf den Knien vor ihrem Bett und hielt ihre kalten Hände. Schließlich musste man ihn mit Gewalt fortschaffen.

Ein trockenes Schluchzen schüttelte den Mann, der jetzt eine rote Rose auf das Grab legte.

„Warum, Magda, warum?“, flüsterte er und wusste doch, dass er nie eine Antwort auf diese Frage bekommen würde.

Es war kein Tag vergangen, an dem er nicht hier oben war. Manchmal trug er seinen kleinen Sohn, den Peter, auf dem Arm, um ihm das Grab der Mutter zu zeigen. Doch der Kleine sah ihn nur mit großen dunklen Augen an. Er konnte noch nicht verstehen, warum der Vater immer traurig war und niemals lachte.

Georg Moosrainer stand auf und ging dann gebeugt wie ein alter Mann den Weg zum Birkenhof zurück.

Dort saß man gerade bei der Vesper. Der Platz des jungen Bauern war leer. Alle vermieden es, den Stuhl anzusehen, wusste doch ein jeder, wo Georg sich immer um diese Stunde aufhielt.

Rosl, eine Magd, die schon eine Ewigkeit auf dem Birkenhof diente, hatte den kleinen Peter auf dem Arm und fütterte ihn. Der Kleine klatschte begeistert in die Hände. Er war seiner verstorbenen Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten. Dieselben dunklen, fast schwarzen Augen, das Grübchen im Kinn und die dunklen lockigen Haare.

Der alte Birkenhof-Bauer, der seit dem Tod seiner Schwiegertochter wieder auf dem Hof lebte, sah voller Liebe auf sein Enkelkind. Der Kleine war der Einzige, der das Leben noch lebenswert machte nach all dem Traurigen, das sie erlebt hatten.

Jetzt ging die Tür auf, und der junge Bauer betrat die Küche. Sofort begann der kleine Peter zu juchzen und wollte zu seinem Vater. Der nahm ihn auch sogleich auf den Arm und drückte den kleinen Körper an sich.

„Mein Schatzl“, flüsterte er und setzte sich mit ihm auf die Ofenbank.

Die anderen waren aufgestanden. Noch war lange nicht Feierabend. Das Heu musste noch eingebracht werden.

Der alte Bauer sah seinem Sohn zu, der den Buben herzte. Er war froh, dass dem Georg wenigstens das Kind geblieben war, sonst hätte er womöglich gar nimmer leben wollen.

Wieder ging die Tür auf, und Michl, der Postbote, kam herein. Mit einem riesigen Taschentuch wischte er sich den Schweiß von der Stirn.

„Herrgott, ist das eine Hitz“, stöhnte er und nahm dankbar ein Glas Bier, das Rosl ihm reichte.

Dann zog er einen schmalen Brief aus der Tasche. „So viel ich auf dem Absender lesen kann, kommt der Brief aus München.“ Er reichte ihn dem Bauern.

„Der ist net für mich, der gehört dem Georg.“

Der sah erstaunt auf und setzte den Kleinen neben sich.

„Für mich? Aus München? Da kennen wir doch keinen Menschen!“

Er riss den Umschlag auf. Es waren nur wenige Zeilen, gut leserlich geschrieben:

Lieber Georg!

Du wirst erstaunt sein, heute von mir zu hören. Wahrscheinlich kannst du dich gar nicht mehr an mich erinnern. Ich bin Susanne Kröner, eine Cousine deiner verstorbenen Frau. Wir haben uns nur ein einziges Mal bei eurer Hochzeit gesehen. Es tut mir leid, dass ich nicht zu Magdas Beerdigung kommen konnte, aber ich war im Ausland und erfuhr erst hinterher von dem Schrecklichen.

Nun möchte ich dich und vor allem den Kleinen sehen. Wäre es dir recht, wenn ich für ein paar Tage auf den Hof komme? Von München ist er in anderthalb Stunden mit dem Wagen zu erreichen. Wenn ja, dann gib mir bitte bald Antwort.

Deine Susanne.

Ein kleines Lächeln lag um Georgs Lippen. „Deine Susanne.“ Wie das klang! Nur sehr undeutlich konnte er sich an sie erinnern. Aber trotzdem wusste er noch, wie verblüfft er damals gewesen war, als er sie gesehen hatte. Sie schien Magda wie aus dem Gesicht geschnitten zu sein, nur war sie einige Jahre jünger.

Er hielt dem Vater den Brief hin. „Da, lies und sag, was ich tun soll.“

Auch der Alte schmunzelte. Der Brief zeigte schon das Temperament, das in dieser Susanne stecken musste. Er war dafür, dass Georg sie einlud. Ein wenig Abwechslung tat ihm gut, und die würde er bei der jungen Dame aus der Stadt sicher finden.

Er nickte. „Schreib ihr, sie soll kommen. Platz haben wir ja genug auf dem Hof.“

Georg legte den Brief beiseite. Wenn nichts dazwischenkam, würde er ihr am Abend antworten.

Michl hatte sich inzwischen ausreichend erfrischt, um den Rückweg ins Dorf antreten zu können. Er schlug Georg, mit dem er auf der Schulbank gesessen hatte, auf die Schulter.

„Wird Zeit, dass du dich wieder sehen lässt im Dorf. Unser Stammtisch besteht nach wie vor. Die anderen täten sich bestimmt freuen.“

Georg lächelte traurig. „Sei mir net bös, Michl, aber für so was ist mir net zumut. Außerdem bin ich viel zu müd am Abend“, fügte er ausweichend hinzu.

Michl dachte sich seinen Teil. Aber er wollte den Freund nicht drängen.

„Wenn’s dir einmal zu einsam wird, denk daran, was ich dir gesagt hab. Dein Platz ist bei uns immer noch frei!“

An diese Worte musste Georg denken, als er nach Einbruch der Dämmerung über die Wiesen ging. Jeden Abend denselben Weg, wie damals mit Magda. Wie die Kinder waren sie um die Wette über die Felder gelaufen, und zur Belohnung gab es jedes Mal einen Kuss.

Seit einem Jahr ging er nun allein, und nicht selten geschah es dann, dass ihn die Verzweiflung wieder übermannte, dass er die Hände zu Fäusten ballte und sich auflehnen wollte gegen das grausame Schicksal. Würde dieser Schmerz jemals nachlassen?

Mit langsamen Schritten ging der junge Bauer zum Hof zurück. Der Brief war ihm eingefallen. Er wollte der jungen Verwandten heute noch eine Antwort schreiben.

***

Susanne Kröner kauerte missmutig vor dem Fernseher. Seitdem ihr die Mutter verboten hatte, am Abend auszugehen, langweilte sie sich zu Tode.

Aber eigentlich hatte Mama ja recht! Nun war sie schon zum zweiten Mal mit Pauken und Trompeten durch ihr Examen gerasselt, und das nur, weil sie alles andere im Kopf hatte als ihre Lehrbücher. Sie sollte Innenarchitektin werden, wie ihr Vater selig, das war der sehnlichste Wunsch der Mutter. Leider fehlte Susanne dazu jegliche Lust.

Frau Kröner war aus Kaltenbrunn. Aber seit sie vor vielen Jahren ihres Mannes wegen von zu Hause weggegangen war, hatte sie ihre Heimat nie wiedergesehen. Ihr Bruder, der jetzt den Hof übernommen hatte, war stur, ebenso, wie es der Vater zu Lebzeiten gewesen war. Er hatte ihr diese Verbindung nicht verzeihen können.

Vor wenigen Jahren nun war Susannes Vater tödlich verunglückt. Seitdem lebten die beiden Frauen in einer gemütlichen Zweizimmerwohnung am Rande Münchens. Der Vater hatte genug Geld hinterlassen, dass das Mädchen studieren konnte.

Nun aber war sie zum zweiten Mal bei einem gar nicht so schweren Examen durchgefallen, und das nicht zuletzt wegen eines jungen Mannes namens Markus.

Er war ein paar Jahre älter als sie und Medizinstudent. Sie hatten sich auf einem Faschingsfest kennengelernt und waren seitdem unzertrennlich. Susannes Mutter hatte nichts dagegen, solange der Lerneifer ihrer Einzigen dadurch nicht beeinträchtigt wurde.

Doch das war nun der Fall, und seitdem hatte Susanne Ausgehverbot – solange, bis sich die Noten wieder gebessert hatten. Da sie es aber in einer Stadt wie München nicht aushielt, Abend für Abend daheim zu sitzen, hatte die Mutter beschlossen, sie aufs Land zu schicken.

Zum Bruder konnte sie sie nicht geben, aber da war Magdas Mann, der jetzt allein auf dem Hof lebte. Er war damals sehr freundlich zu Susanne gewesen. Sicher würde er sie für einige Zeit aufnehmen. Und bei dem stillen, in sich gekehrten Georg würde sie nicht auf dumme Gedanken kommen.

So hatte sie Susanne veranlasst, ihm zu schreiben. Heute war die Antwort gekommen. Ein Zimmer für sie stünde bereit. Und deswegen saß das Mädchen jetzt so lustlos in ihrem Sessel. Morgen in aller Frühe würde sie abreisen, ohne Markus noch einmal gesehen zu haben.

Würde er auf sie warten? Hier, wo es die schönsten Mädchen gab? Sie war sich nicht so sicher, immerhin war er ein sehr gut aussehender junger Mann. Sie warf den Kopf mit den schulterlangen Haaren in den Nacken. Sie würde es ihm schon zeigen. Schon damals bei der Hochzeit ihrer Cousine waren ihr die Blicke der Burschen gefolgt. Sicher war es auch auf so einem Dorf ganz lustig!

Stirnrunzelnd sah ihr die Mutter über die Schulter. „Mir wäre lieber, du würdest mehr Bücher einpacken, Susi. So viel Kleider, das ist doch Unsinn!“

Das Mädchen lächelte vielsagend. „Wer weiß, Mama, vielleicht finde ich da den Mann fürs Leben.“

Frau Kröner holte Luft. „Also, wenn du das glaubst, dann bleib lieber da. Den Bauernburschen den Kopf verdrehen, das lohnt sich net. Wo du doch hier ganz andere Chancen hast!“

Jetzt lachte Susanne hellauf. „Wenn du Markus meinst, Mutter, dann hast du allerdings recht. Aber glaubst du wirklich, der hat nur Augen für mich? Ein Mann wie er kann an jedem Finger ein Mädchen haben!“

Besorgt schaute die Mutter sie an. „Das soll doch net etwa heißen, dass ihr nicht mehr zusammen seid? Er war doch sehr verliebt in dich!“

Mit den Fingerspitzen fuhr Susanne den Ausschnitt ihres Kleides nach. „Wer weiß, das geht schneller, als man denkt. Und schließlich leben wir in München, wo es viele hübsche Mädchen gibt.“

Frau Kröner dachte sich ihren Teil. Ihre Susanne konnte es mit jeder anderen aufnehmen, groß und schlank wie sie war. Das fast blauschwarze Haar fiel ihr locker über die Schultern, die Augen waren groß und dunkel. Schon etliche Männer hatten sich in die Zwanzigjährige verliebt. Aber für sie hatte es bisher nur Markus gegeben. Darum verstand Frau Kröner nicht, was Susannes Worte bedeuten sollten. Aber die beiden waren jung, vielleicht hatten sie einen kleinen Streit gehabt. Das würde sich schon wieder geben. Sie hielt Markus Benrath für einen sehr tüchtigen jungen Mann und hätte ihn als Schwiegersohn willkommen geheißen.

Aber erst musste Susanne ihr Studium durchstehen. Da blieb sie hart.

Sie gab ihrer Tochter einen Kuss auf die Wange.

„Jetzt fährst du erst einmal nach Kaltenbrunn. Eine kleine Trennung hat noch keiner Liebe geschadet. Und sicher hat dein Markus dann große Sehnsucht nach dir.“

Der junge Medizinstudent rief an diesem Abend noch an, um sich von Susanne zu verabschieden. Sie freute sich, dass sie in seiner Stimme eine Spur von Traurigkeit heraushörte.

„Vergiss mich nicht bei all den hübschen Dorfjünglingen“, scherzte er.

„Ich werde tun, was ich kann. Als Bäuerin würde ich mich aber net schlecht machen“, gab sie zurück.

Es blieb eine Weile still. Und was er dann sagte, ließ ihr Herz lauter schlagen. „Ich finde, zur Arztfrau eignest du dich mehr.“

Er hatte es ganz sachlich gesagt, doch zum ersten Mal. Sie schluckte.

„Dann auf bald, Markus.“

„Auf bald. Vergiss nicht, tüchtig zu lernen. Und denke daran, was ich dir gerade gesagt habe.“ Er hängte auf.

Susanne stand, den Hörer noch in der Hand, mit leuchtenden Augen da. Auf einmal fuhr sie wieder gar nicht so gerne weg. Sie hatte plötzlich große Sehnsucht nach ihm. Aber sie kam ja bald wieder, und dann musste er ihr das, was er heute gesagt hatte, ganz langsam wiederholen. Das hatte ja fast so geklungen wie ein Heiratsantrag!

***

Die Bauern von Kaltenbrunn sahen dem offenen Sportwagen mit dem hübschen Mädchen am Steuer staunend nach, der jetzt zum Birkenhof abbog. Grad war’s ihnen, als wäre die verstorbene Birkenhof-Bäuerin im Wagen gesessen. Dass es so eine Ähnlichkeit gab!

Auf dem Hof angekommen, fuhr Susanne den Wagen unter den schattigen Birnbaum und band ihr Kopftuch ab. Dann blickte sie sich suchend um und trat schließlich in den Hausflur. Aus der Küche hörte sie Stimmen und klopfte zögernd an die Tür.

„Herein“, rief eine tiefe Stimme.

Mehrere Augenpaare sahen das Mädchen staunend an. Der alte Birkenhof-Bauer musste zweimal hinschauen. Aber das war doch …, narrte ihn denn ein Spuk? Sein Mund wurde ganz trocken.

Susanne lachte verlegen. „Ich bin Susanne Kröner. Der Georg hat mir geschrieben, dass ich erwartet werde.“

Jetzt hatte sich der alte Mann umständlich erhoben, während Rosl und die Knechte die Fremde immer noch mit großen Augen ansahen.

„Sei net bös, dass wir so überrascht sind, Madel. Aber du siehst aus …“, er fuhr sich über die Augen, „… du siehst aus wie unsere Magda selig.“

Susanne nickte betreten. „Ja, ich hab schon immer eine große Ähnlichkeit mit ihr gehabt, hat meine Mutter gesagt. Meinst du, dass das dem Georg was ausmacht? Wo ist er denn überhaupt?“

„Oben auf dem Friedhof. Jeden Tag um dieselbe Zeit. Wenn du ihm entgegengehen willst?“

Sie nickte. „Ja, ein Stückerl Weg zu Fuß kann mir nicht schaden nach der Autofahrt.“ Sie nickte allen freundlich zu und ging hinaus.

Der Bauer schüttelte den Kopf, während er ihr nachsah, bis sie hinter den Obstbäumen verschwunden war.

„So eine Ähnlichkeit, das gibt es doch gar net! Ob das gut ist für den Georg? Mir ist, als bringe das Madel kein Glück ins Haus.“

Rosl hatte ähnliche Gedanken. „Der arme Bauer! Jetzt denkt er sicher noch mehr an sein Unglück.“ Und fest drückte sie den kleinen Peter an sich.

Wie immer war Georg auch heute bei glühender Hitze hinaufgestiegen zum Grab. Und wie immer trug er eine frisch geschnittene Rose in der Hand. Magda selbst hatte sie kurz nach ihrer Hochzeit im Garten gepflanzt, und sie wurden Jahr für Jahr immer prachtvoller.

Auch heute war er wieder allein mit der Natur und seiner Trauer. Gewaltsam musste er sich losreißen von seinen quälenden Gedanken, schließlich wurde heute wurde auf dem Hof Besuch erwartet.

Als er die kleine Friedhofspforte hinter sich geschlossen hatte, hielt er die Hand vor die Augen. Gleichzeitig wurde ihm heiß und kalt. Die Frau, die vor ihm stand, war … Er klammerte sich an dem schmiedeeisernen Gitter fest.

„Magda“, stieß er fassungslos hervor, und noch einmal: „Magda!“

Susanne lächelte ihn unsicher an und streckte ihm ihre Hand hin.

„Sei mir nicht böse, wenn ich dich erschreckt hab, Georg. Ich bin Susanne Kröner.“

Ein kleines Lächeln lag auf seinen Lippen, während er ihre Hand hielt.

„Du bist also Susanne! Ich hätt dich nimmer wiedererkannt. Damals schon hast du meiner Magda sehr ähnlich gesehen, aber heut …“ Er verstummte.

„Es tut mir sehr leid, dass du so viel Schreckliches hast erleben müssen“, sagte sie, und während sie sprach, stellte er fest, dass sie sich doch von Magda unterschied. Sie war größer und schlanker, die Augen schienen bei ihr noch dunkler zu sein. Aber sie war ja auch um einiges jünger.