Black Knights Inc. - Gestohlene Wahrheit - Julie Ann Walker - E-Book

Black Knights Inc. - Gestohlene Wahrheit E-Book

Julie Ann Walker

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Beschreibung

Der Ex-Marine Nate Weller ist ein exzellenter Scharfschütze, nichts vermag, ihn aus der Ruhe zu bringen. Doch dann bittet die hübsche Ali Morgan ihn um Hilfe, weil sie glaubt, ins Visier einer internationalen Verbrecherorganisation geraten zu sein. Insgeheim ist Nate schon lange in Ali verliebt. Aber sie ist die Schwester seines besten Freundes, und er hat sich eigentlich geschworen, die Finger von ihr zu lassen ...

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JULIE ANN WALKER

Black Knights INC.

Gestohlene Wahrheit

Roman

Ins Deutsche übertragen

von Kerstin Fricke

Zu diesem Buch

Als Grigg Morgan in Syrien bei einem Anschlag ums Leben kommt, zieht das nicht nur seiner Schwester Ali, sondern auch seinem besten Freund Nate Weller den Boden unter den Füßen weg. In ihrer Trauer verbringen die beiden eine Nacht miteinander – ein Fehler, denn Nate hatte geschworen, sich von Ali fernzuhalten. Insgeheim ist er schon lange in sie verliebt, doch als kleine Schwester seines besten Freundes ist sie absolut tabu für ihn. Um Ali aus dem Kopf zu bekommen, stürzt sich der Ex-Marine in die Arbeit und zieht sich in das Hauptquartier der Black Knights Inc. zurück – nach außen hin ein High-End-Motorradladen, in Wirklichkeit eine geheime Eliteeinheit der amerikanischen Regierung. Als Ali jedoch kurz darauf bei ihm auftaucht und ihn um Hilfe bittet, geraten seine guten Vorsätze ins Wanken. Ali ist sich sicher, ins Visier einer internationalen Verbrecherorganisation geraten zu sein, doch nur Nate kann erahnen, in welcher Gefahr sie wirklich schwebt. Die Wahrheit über Griggs Tod und die Dateien, die er Ali kurz vorher zugespielt hatte, gefährden die nationale Sicherheit und machen Ali zum Staatsfeind Nr. 1. Nate ist der Einzige, der sie beschützen kann, und nimmt in Kauf, dass der Kampf um ihr Leben seine guten Vorsätze wieder ins Wanken bringt …

Für meinen wunderbaren Mann,

der nicht mal mit der Wimper gezuckt hat,

als die biedere Mathematikerin, die er geheiratet hat,

auf einmal die verrückte Idee hatte,

alles hinzuschmeißen und Romane zu schreiben.

Danke, mein Schatz, dass du mich unterstützt,

während ich meine Träume Wirklichkeit werden lasse …

Im Krieg gibt es keine unverletzten Soldaten.

José Narosky

Prolog

Jacksonville, North Carolina

Vor dem Haus der Morgans

Diese Schreie …

Er hatte beileibe schon eine Menge Mist im Leben miterlebt. Einen Großteil davon hatte er selbst verursacht, aber nur sehr wenig traf ihn derart, wie es diese Schreie taten. Diese seelenzerreißenden, durchdringenden Ausdrücke untröstlichen Leids.

Während sich Nate Weller, der den meisten innerhalb der Spezialeinheit schlicht als »Ghost« bekannt war, in den Jeep setzte, den ihm General Fuller bei seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten zur Verfügung gestellt hatte, fand er es irgendwie angemessen. Jedes laute Aufkreischen stellte gewissermaßen das Ausrufezeichen am Ende einer Mission dar, die von einem schlechten zum denkbar übelsten vorstellbaren Szenario geworden war, und ein herzzerreißender Schrei schien ihm irgendwie eine passende Untermalung des Endes zu sein, das das bemerkenswerte Leben seines besten Freundes gefunden hatte.

Grigg …

Großer Gott, war es wirklich erst zwei Wochen her, dass sie in Istanbul Raki getrunken hatten? Hatten sie die Grenze nach Syrien tatsächlich erst vor zwei Wochen überquert, um eine Auslöschung vorzunehmen?

Das war auch so eine Sache. »Auslöschung.« Himmel, was für ein Wort. Eine lächerliche, euphemistische Art zu sagen, dass man einem ahnungslosen Schweinehund, der das Pech hatte, auf der Abschussliste von Uncle Sam zu stehen, mit einer Mündungsgeschwindigkeit von knapp 800 Metern pro Sekunde eine heiße Bleikugel in den Schädel pustete.

Tja, in dem Schlamassel möchte wohl niemand stecken.

»Bring mich hier raus«, keuchte Alisa Morgan, als sie die Beifahrertür aufriss und sich auf den Sitz fallen ließ, wobei sie den Geruch nach Sonnenschein und Geißblatt mit in den Wagen brachte.

Irrsinnig angenehme Düfte, wenn man bedachte, dass Nates Tag im siebten Höllenkreis begonnen hatte und von da an immer schlimmer geworden war. Sollte nicht eher der schwefelige Geruch nach faulen Eiern in seiner Nase brennen?

Er warf der zarten Frau neben sich einen Blick zu. Sie saß wie erstarrt da und zitterte, weil sie sich so bemühte, ihre Trauer zu unterdrücken, und sein dummes Herz wurde weich, während es ihm die Kehle zuschnürte. So war es schon vom ersten Tag an gewesen, an dem er Ali, Griggs kleine Schwester, kennengelernt hatte.

Seine kleine Schwester.

Klein war sie schon damals nicht gewesen, sondern eher eine junge Frau mit ihren siebzehn Jahren. Und heute? Mehr als zwölf Jahre später? Mann, jetzt war sie ein Vollblutweib. Mit ihrem strahlend blonden Haar, den lebendigen, bernsteinfarbenen Augen und ihrem Gesicht konnte sie ihn in den Wahnsinn treiben. Oh Mann, dieses Gesicht war ein Hammer, es erinnerte ihn immer an eine Disney-Prinzessin. Und von ihrem Körper wollte er lieber gar nicht erst anfangen. Himmel noch mal.

Er wollte sie noch so sehr, wie er sie damals gewollt hatte. Vielleicht sogar noch mehr. Okay, definitiv mehr. Darum tobte in seinem Inneren ein ständiger Kampf, wenn sie sich ihm auch nur auf wenige Meter näherte, bei dem seine halsstarrige Libido gegen den gerade erst wieder angewachsenen Berg aus Reue-, Schuld- und Wutgefühlen ankämpfte, die ihn so sehr ermüdeten. Er war all das so unendlich leid.

»Was ist mit deiner Familie?«, murmelte er, da er Angst hatte, zu laut zu sprechen und sie, die sich gerade ein wenig unter Kontrolle hatte, aus der Fassung zu bringen. »Möchtest du bei ihr sein?«

Er sah über den winzigen grünen, gepflegten Rasenabschnitt zu dem kleinen, weißen Schindelhaus mit der dunkelroten Verkleidung und den dazu passenden Fensterläden. Himmel, sah es hier gemütlich aus. Alles war so sauber, so einfach und so heimelig. Wer hätte gedacht, dass die Menschen im Inneren gerade an den Nachwirkungen der Bombe zu leiden hatten, die er dort hatte platzen lassen?

Sie schüttelte den Kopf und starrte geradeaus durch die Windschutzscheibe, während sie die Nasenflügel blähte und versuchte, die Tränen zurückzuhalten, die sich in ihren Augen sammelten. »Sie wollen … oder brauchen … mich jetzt nicht. Ich erinnere sie nur daran, dass … dass …« Ihre Stimme versagte, und Nate musste sich zusammenreißen, um sich nicht umzudrehen und sie in die Arme zu nehmen.

Behalt deinen Schwanz unter Kontrolle, Kumpel. Wenn du meine kleine Schwester anrührst, bring ich dich um, hatte ihm Grigg an dem Tag zugeflüstert, an dem er Nate seine Familie vorgestellt und das Funkeln in dessen Augen bei Alis Anblick bemerkt hatte.

Tja, es war ihm nur leider so gut wie unmöglich, seinen Schwanz unter Kontrolle zu behalten, sobald sich Ali mit ihm im selben Raum befand, aber er hatte sie nie angerührt … und er war nicht gestorben. Grigg war es, der jetzt tot war …

Großer Gott.

»Sie wollen dich, Ali«, versicherte er ihr. »Sie brauchen dich.«

»Nein.« Sie schüttelte den Kopf und weigerte sich noch immer, ihn anzusehen, als würde der Damm, der all ihren Zorn und ihr Leid zurückhielt, endgültig einstürzen, sobald sie den Blickkontakt herstellte. »Sie waren schon immer vor allem füreinander da und haben in ihrer eigenen kleinen Welt gelebt, die sich nur um sie drehte. Das heißt aber nicht, dass sie mich oder Grigg nie geliebt hätten«, fügte sie hastig hinzu und wischte sich mit den Handrücken die Tränen weg, denen sie noch immer nicht freien Lauf lassen wollte. »Sie sind tolle Eltern, es ist nur so … Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll. Sie haben nur Augen füreinander. Aus diesem Grund stehen Grigg und ich uns auch so nahe …« Ihr linkes Augenlid zuckte ein wenig. »Standen uns so nahe … Himmel noch mal!« Ihre Stimme versagte, und das Mitgefühl überwältigte Nate beinahe und bewirkte, dass sich ihm die Kehle zuschnürte und sich jeder Atemzug anfühlte, als müsste er sich den Weg durch ein engmaschiges Netz bahnen.

Das war zu viel. Er konnte es nicht ertragen, sie anzusehen, während sie dermaßen mit sich rang. Ihre Qualen verstärkten den Druck seines eigenen Zorns und seiner Trauer so sehr, dass er nichts weiter tun konnte, als die Augen fest zuzupressen und sie gegen die Handrücken seiner angespannten Hände zu drücken. Seine Finger, die das Lenkrad fest packten, waren so taub und kalt wie der Eisblock, der sein Herz umklammerte und der sich vor beinahe einer Woche gebildet hatte, als er gezwungen worden war, das Undenkbare zu tun.

Ein Sturm blutiger Bilder sauste an seinem inneren Auge vorbei, doch es gelang ihm schnell, ihn wieder zu unterdrücken. Er konnte jetzt nicht daran denken. Er durfte es einfach nicht.

»Nate?« Er zuckte zusammen, als wäre auf ihn geschossen worden, als ihn ihre kalten Finger auf seinem Arm aus seinen brutalen Gedanken rissen. »Bring mich hier weg, ja? Dad … Er hat mich rausgeschickt. Ich glaube, er wollte nicht, dass ich Moms Zusammenbruch mit ansehen muss, und ich bilde mir ein, sie noch immer zu hören …« Die Worte schienen ihr in der Kehle festzustecken.

In diesem Augenblick wurde Nate klar, dass die schrecklichen Geräusche, die aus Carla Morgans Kehle gekommen waren, nicht nur ihn auf ewig heimsuchen würden. Jeder, der sie hatte hören können, würde es niemals vergessen.

Und, verdammt, er mochte Paul Morgan und schätzte ihn als guten und ehrlichen Mann, aber der Bastard sollte verflucht sein, weil er nicht erkennen wollte, dass seine einzige Tochter ebenfalls Trost brauchte. Nur weil Ali sich nichts anmerken ließ und sich weigerte, wie ihre Mutter zusammenzubrechen, bedeutete das noch lange nicht, dass sie im Inneren nicht ebenfalls völlig am Boden zerstört war. Er hasste den Mann auch dafür, dass er Nate in diese unerträgliche Lage gebracht hatte, in der er der Einzige war, der Ali trösten konnte, obwohl er doch der letzte Mensch auf der Welt sein sollte, dem diese Aufgabe zuteilwurde.

Er zögerte nur eine Sekunde, dann drehte er den Schlüssel im Schloss herum und fuhr los. Der Jeep brummte und rumpelte über die Straße, wobei er bei jeder kleinsten Erschütterung einen sengenden Schmerz in seinem verletzten Bein spürte. Militärfahrzeuge wurden nun mal nicht für eine bequeme Fahrt gebaut. Nein, sie sollten auf jedem nur denkbaren Untergrund fahren können, das war das Wichtigste. Dummerweise machten sie das durch mangelnden Komfort wieder wett, aber das stellte das geringste seiner Probleme dar. Mit seinem eigenen Schmerz konnte er fertigwerden, der ließ sich wie eine nervige Stechmücke beiseiteschieben. Schließlich war er längst daran gewöhnt. Dafür hatte er trainiert, und damit hatte er in den letzten fast fünfzehn Jahren oft genug leben müssen.

Doch Alis Schmerz war eine ganz und gar andere Sache.

Als er ihr einen kurzen Blick zuwarf, fühlte er sich, als hätte man ihm eine heiße eiserne Faust in den Magen gebohrt.

Sie weinte.

Endlich.

Nun, da sie vor ihren Eltern nicht mehr stark sein musste, ließ sie ihre Tränen endlich zu, und sie flossen in silbernen Strömen über ihre weichen Wangen. Ihre Brust bebte aufgrund ihres unermesslichen Schmerzes, doch ihr kam kein Laut mehr über die pfirsichfarbenen Lippen, nachdem sie die ersten abgehackten Schluchzer rasch unterdrückt hatte, als ob sie nicht so viele ihrer Emotionen nach außen dringen lassen könnte. Als ob sie noch immer vorsichtig, stark, widerstandsfähig sein müsste.

Doch das musste sie nicht. Nicht bei ihm. Aber er konnte ihr das einfach nicht sagen, weil es ihm selbst schmerzhaft die Kehle zuschnürte.

Er hätte das gnadenlose Schicksal am liebsten lauthals verflucht. Er wollte toben, schreien und um sich schlagen. Doch was hätte es genützt? Absolut gar nichts. Also schluckte er den harten Klumpen aus Trauer und Wut hinunter und fragte: »Soll ich dich irgendwo hinbringen?«

Sie wandte sich zu ihm um und sah ihn mit einem gequälten und verlorenen Blick in ihren großen Augen an. »Ja, okay.« Er nickte. »Ich wüsste da einen Ort.«

Nach zwanzig Minuten, in denen er durch die Hölle ging, während er ihr dabei zusehen musste, wie sie litt, mit sich rang und versuchte, nicht völlig die Kontrolle zu verlieren, was ihm ebenso wehgetan hätte wie ihr, lenkte er den Jeep auf eine schmale Küstenstraße und durch hohes, braunes Gras, bis er schließlich vor einem Holzzaun stehen blieb, der von all den Jahren, die er der Sonne und der salzigen Brise ausgesetzt war, ganz grau und brüchig aussah.

Es kam ihm in den Sinn, dass der Zaun und er sich durchaus ähnlich waren. Sie waren beide durch das, was sie tagtäglich durchmachten, derart in Mitleidenschaft gezogen worden, dass sie schließlich mitgenommen und vernarbt aussahen und ihrem eigenen Ich Jahre zuvor kaum noch ähnelten, aber trotz allem gaben sie nicht auf.

Na ja. Er hätte alles dafür gegeben, derjenige zu sein, von dem nichts als eine Urne voller feiner grauer Asche übrig geblieben war. Grigg war von ihnen beiden der bessere Mann gewesen. Doch das Schicksal war nicht nur gnadenlos, sondern auch dumm. Das war die einzige Erklärung, die ihm dafür einfallen wollte, dass er es aus dieser stinkenden, sandigen Hütte rausgeschafft hatte und Grigg nicht.

Er sah den Blick aus Griggs Augen in diesem letzten, finalen Moment wieder vor sich und wäre beinahe zusammengebrochen. Diese vertrauten braunen Augen … Darin hatte so viel Schmerz und Resignation gestanden, und dennoch schienen sie ihn anzuflehen …

Nein. Er schüttelte diese schaurige Erinnerung ab und blickte nach vorn.

Hinter dem schiefen, geisterhaften Zaun erstreckten sich sanfte, lange Dünen, die schließlich in einen mit Muscheln bedeckten Strand übergingen. Dahinter war der gewaltige graue Atlantik zu erkennen, darüber ein klarer blauer Himmel, und der heftige Wind wirbelte Schaumkronen auf die Wellen, die auf die Küste zurollten.

Es kam ihm falsch vor, dass es an einem solchen Tag so sonnig und so schön sein konnte. Hatte die Welt nicht gerade einen ihrer besten Männer verloren? Wieso weinte ihr geschmolzenes Herz da nicht?

Er schaltete den Motor aus und nahm die vertrauten Gerüche der Meeresluft und des von der Sonne erhitzten Sandes in sich auf. Doch diese Düfte konnten ihn nicht wie sonst beruhigen. An diesem Tag war das einfach nicht möglich. Vielleicht würde er nie wieder so empfinden. Zögerlich suchte er nach den richtigen Worten.

Ja, genau. Als gäbe es in dieser gottverdammten Situation irgendwelche Worte, die richtig waren.

»Ich werde dir jetzt nicht mit Plattitüden kommen, Ali«, brachte er schließlich heraus. »Er war der beste Mann, den ich je gekannt habe. Ich habe ihn wie einen Bruder geliebt.«

Das war ja wohl die Untertreibung des Jahrhunderts. Der Verlust von Grigg war für ihn etwa so, als hätte er einen Arm verloren. Es hatte Nate völlig aus dem Gleichgewicht geworfen. Mehr als einmal hatte er sich in der vergangenen Woche zu Grigg umgedreht, um ihm etwas zu erzählen, doch dann fiel ihm immer wieder erst viel zu spät ein, dass sein bester Freund nicht mehr da war.

Er vermutete, dass er an etwas Ähnlichem litt wie Menschen, die Phantomschmerzen spürten, nur, dass er keine Gliedmaßen, sondern einen Freund verloren hatte.

»Dann sag mir als ein Bruder, was passiert ist … was wirklich passiert ist«, flehte sie ihn an.

Sie war schon immer viel zu klug gewesen, als gut für sie war.

»Er ist bei einem Unfall umgekommen. Er hat den alten Benzintank eines unserer Motorräder gereinigt, als das Benzin an seinem Lappen durch einen Funken entzündet wurde, dann fiel er in ein Ölfass und ist verbrannt, bevor ihm jemand helfen konnte.« Die Lüge kam ihm problemlos über die Lippen, weil er sie oft genug geübt hatte, aber die Worte schienen seine Kehle zu verbrennen.

Dummerweise war das die einzige Erklärung, die er ihr in Bezug auf die letzten zehn Minuten ihres Bruders geben konnte, da die Wahrheit ein Geheimnis war, das die nationale Sicherheit gefährden konnte. Seiner Meinung nach ahnte Ali längst, dass Grigg die letzten mehr als drei Jahre nicht zusammen mit einigen Ex-Soldaten einer Spezialeinheit in Chicago verbracht hatte, um zusammen mit ihnen maßgeschneiderte Motorräder zu bauen, aber es stand ihm nicht zu, ihr die Wahrheit zu sagen. Und die Wahrheit war, dass Grigg Morgan noch immer für Uncle Sam gearbeitet hatte.

Er und Grigg waren nur aus dem Marine Corps ausgeschieden, um sich einer streng geheimen Gruppe aus »Beratern« anzuschließen und sich vor allem um Operationen zu kümmern, die der höchsten Geheimhaltungsstufe unterlagen. Über ihre Missionen wurde nie in den Nachrichten berichtet, und sie landeten auch nie in einem schicken kleinen Dossier auf dem Schreibtisch eines Bürohengstes. Sie führten die Geheimoperationen aus, und ihre wahren Identitäten waren nur einer sehr kleinen, ausgewählten Gruppe bekannt, deren Mitglieder hohe Positionen innerhalb der Regierung innehatten. Sehr hohe. Bis ganz an die Spitze.

Also nein. Er konnte ihr nicht sagen, was Grigg wirklich zugestoßen war. Und er hoffte sehr, dass sie es nie herausfinden würde.

Sie sah ihm ins Gesicht, musterte seine Miene, die er bewusst ausdruckslos hielt, und er sah sie hilflos an, während in ihr hilfloser Zorn aufstieg, der einem emotionalen Vulkan kurz vor dem Ausbruch glich. Bevor er sie aufhalten konnte, stürzte sie aus dem Wagen, sprang über den Zaun und rannte auf die Dünen zu, wobei ihr langes Haar hinter ihr im Wind flatterte und sie den Sand mit den Füßen aufwirbelte, der ihr in dicken Wolken um die schlanken nackten Beine wirbelte, um dann von Wind weggetragen zu werden.

Scheiße.

Er riss die Fahrertür auf und rannte ihr nach, während sein linkes Bein vor Schmerz zu zerspringen schien, ebenso wie die gottverdammten gebrochenen Rippen, die sich anfühlten, als würden sie sich gleich direkt in seine Lungenflügel bohren. Uff. Wenn er so weitermachte, musste er noch mal für ein paar Tage ins Krankenhaus. Das hätte ihm gerade noch gefehlt.

»Ali!«, brüllte er, biss die Zähne zusammen, um die Schmerzen zu unterdrücken, und lief mit einem ungleichmäßigen Humpeln hinter ihr her, das durch den weichen Sand unter seinen Stiefeln nur noch verstärkt wurde.

Sie drehte sich mit vor Schmerz und Trauer verzerrtem Gesicht zu ihm um und rammte ihm ihre winzige, geballte Faust genau in der Mitte gegen die Brust. Der Schmerz in seinem Inneren explodierte wie eine Splittergranate, und er ging auf die Knie. Das musste er tun, um nicht gleich tot umzufallen.

»Nate?« Ihr Zorn verwandelte sich in Schock, und sie kniete sich neben ihn auf den Sand. »Was …?« Bevor er überhaupt richtig wusste, was sie vorhatte, zog sie den Saum seines T-Shirts hoch und starrte seinen mitgenommenen Oberkörper an. Seine Rippen waren verbunden, aber der Rest von ihm sah aus, als hätte er sich zehn Runden lang mit einem Fleischwolf angelegt und verloren.

»Heilige Scheiße, Nate!« Er hätte trotz der wahnsinnigen Schmerzen beinahe gegrinst, doch sie hielten ihn wie ein wilder, unnachgiebiger Hund gepackt. Ali fluchte nie. Entweder war ihr das bereits in die Gene geschrieben worden oder sie hatte sich dazu verpflichtet, als sie die Arbeit als Kindergärtnerin begonnen hatte. »Was ist mit dir passiert?«

Er schüttelte den Kopf, denn mehr brachte er bei aller Liebe nicht zustande. Fast hatte er Angst, wie ein kleines Mädchen zu kreischen, wenn er nur den Mund öffnete.

»Nate!« Sie warf ihm die Arme um den Hals. Himmel, fühlte sich das gut an … und so falsch! »Sag es mir! Erzähl mir, was passiert ist. Sag mir, was Grigg wirklich zugestoßen ist!« Die letzten Worte hauchte sie ihm ins Ohr. Sie waren eine Bitte, ein herzergreifendes Flehen.

»Du weißt, dass ich das nicht kann, Ali.« Er spürte ihre heißen, salzigen Tränen an der Stelle, an der sie ihr Gesicht gegen seinen Hals drückte. Er roch in ihrem süßen Atem den Zitronentee, den sie getrunken hatte, kurz bevor er an die Tür ihres Elternhauses geklopft und ihr die Nachricht überbracht hatte, durch die ihre sichere, geschützte Welt aus den Fugen geraten war.

Das hier waren gleichzeitig seine süßeste Fantasie und sein schlimmster Albtraum. Ali, die süße, liebliche Ali. Sie war hier. Jetzt. Sie drückte sich an seine Brust.

Widerstrebend hob er die Arme, die vor Müdigkeit und Trauer zentnerschwer zu sein schienen. Wenn Grigg ihn jetzt sehen könnte, hätte er seine geliebte 1911-A1 genommen und ihm eine 45er direkt in seinen jämmerlichen Arsch gejagt. Aber diesen ganzen Schlamassel gäbe es ja auch gar nicht, wenn Grigg noch hier sein könnte. Niemand außer ihm konnte Ali jetzt trösten. Also zog er sie an sich – Himmel, roch ihr Haar gut – und besänftigte sie, während sie vor Trauer immer wieder schluchzte und zitterte, in heftigen, endlosen Wellen, die jenen glichen, die hinter ihnen an die Küste prallten.

Und dann küsste sie ihn …

1

Drei Monate später …

Sie hatte erneut dieses komische Gefühl.

Dieses seltsame, unheimliche Prickeln im Nacken, bei dem sie ihre Schultern reflexartig in Abwehrhaltung zusammenzog.

Sie wurde beobachtet.

Ali Morgan ging schneller. Ihre schwarzen Lackballerinas klapperten auf dem heißen Asphalt, während sie einen schnellen Blick über die Straße warf.

Nichts.

Nicht, dass das ungewöhnlich wäre. Sie sah ihn nur selten, den Mann, den sie langsam als ihren schwer fassbaren Schatten ansah. Aber irgendwie spürte sie, dass er da war … irgendwo …

Sie sah über die Schulter und musterte rasch die Gesichter der Passanten hinter sich. Nein. Dort war er auch nicht. Zwar war es ihr bisher nie möglich gewesen, ihn gründlich in Augenschein zu nehmen, aber die kurzen Blicke, die sie auf ihren flüchtigen Schatten erhascht hatte, entsprachen weder dem Mann mittleren Alters mit dem in braunes Papier gewickelten Baguette noch dem Typen im schwarz-gelben Rugbytrikot, der …

Himmel, wer hatte den denn heute Morgen so vor die Tür gehen lassen? Er sah aus wie eine riesige Hummel, und die Tatsache, dass er gerade ins Schaufenster eines Blumenladens sah, ließ sie ihre aufkeimende Angst für einen Augenblick vergessen. Sie unterdrückte ein Kichern. Dann stellten sich jedoch die feinen Härchen in ihrem Nacken wieder auf und warnten sie erneut, sodass ihr das Lachen in der Kehle erstarb, als hätte sie einen Klumpen Trockeneis geschluckt.

Unsinn. Vielleicht wurde sie ja wirklich verrückt.

In den letzten drei Monaten hatte sie das schon einige Male vermutet, denn Jacksonville war ja nicht gerade riesig, und so war es doch möglich, häufiger dieselben Gesichter zu sehen.

»Aber das ist doch gar nicht das wahre Problem, oder?«, murmelte sie leise.

Sie hatte das Gesicht ihres flüchtigen Schattens eigentlich nie richtig gesehen. Wenn ihr das gelungen wäre, wenn sie die Gelegenheit bekommen hätte, dem Mann tatsächlich in die Augen zu sehen, vielleicht würde sie sich dann nicht auf so unangenehme Weise verfolgt fühlen.

Auf einmal lief es ihr eiskalt den Rücken herunter, und sie bekam feuchte Handflächen. Die Griffe der Plastiktüten, in denen sie ihren Einkauf nach Hause trug, rutschten ihr langsam aus der Hand, und während sie fester zufasste, schob sie sich gleichzeitig die Handtasche etwas weiter die Schulter hinauf.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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