Camino Inglés - Christian Hottas - E-Book

Camino Inglés E-Book

Christian Hottas

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Beschreibung

Der Camino Inglés von Ferrol nach Santiago de Compostela ist mit 119 Kilometern der kürzeste aller spanischen Jakobswege. Mit dieser überschaubaren Länge eignet er sich hervorragend zum Schnupper-Pilgern und zum Einstieg in die Jakobspilger-Szene. Und mit seinem Zielpunkt an der Kathedrale ist er gleichzeitig ein vollständiger spanischer Camino und berechtigt zur Erlangung der Pilgerurkunde (Campostela). In den letzten Jahren entwickelte sich der Camino Inglés daher von einem relativen Geheimtipp zu einem der - nach dem Camino Francés und dem Caminho Português - populärsten Pilgerwege.

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INHALTSVERZEICHNIS

Prolog

Der Camino Inglés

Planungsphase

Ausrüstung

18. Oktober 2018: Packen

19. Oktober 2018 – Anreise nach Ferrol

20. Oktober 2018 – von Ferrol nach Pontedeume

21. Oktober 2018 – von Pontedeume nach Presedo

22. Oktober 2018 – von Presedo nach Sigüeiro

23. Oktober 2018 – von Sigüeiro nach Santiago

23. Oktober 2018 – in Santiago de Compostela

24. Oktober 2018 – Heimreise

Rückblick & persönliches Fazit

Packliste

Physische Vorbereitung & medizinische Tipps

Unsere Etappen in der Übersicht

Übliche Etappen auf dem Camino Inglés

Herbergsregeln in den öffentlichen Refugios

Nützliche Links

Nachtrag 2022 zu Hunde-freundlichen Quartieren

Über den Autor

Weitere Pilger-Erlebnisberichte des Autors

Entstehungsgeschichte dieses Buches

PROLOG

Das Thema Jakobswege fasziniert mich bereits seit mindestens zwanzig Jahren. Irgendwann vor der Jahrtausendwende las ich die ersten Berichte über den Camino Francés. Konkret erinnere ich mich an einen Reisebericht auf der Website der seit 2007 nicht mehr existierenden Airline Hapag Lloyd. Damals hatte ein Pilger einen HLX-Hinflug nach Pamplona gebucht, war nach Santiago de Compostela gepilgert und von dort wieder nach Hause geflogen.

So waren mir einige der Orte und Sehenswürdigkeiten entlang des Camino Frances also bereits bekannt, als ich 2006 auf Hape Kerkelings Buch „Ich bin dann mal weg“ stieß. Ich weiß nicht mehr genau, ob mich damals seine locker-flapsige Art der Darstellung, die Streckenbeschreibung oder die Menschen, denen er begegnet war und die er so lebhaft schilderte, am meisten faszinierte. Jedenfalls war mein Interesse sofort wieder aufgeflackert, und so las ich sein Buch gleich noch ein zweites Mal, diesmal jedoch zu jedem seiner Tages-Berichte zuvor das entsprechende Segment auch in Raimund Joos’ Pilgerführer (Outdoor-Verlag Conrad Stein).

Doch auch 2006 war an eine Realisierung meiner noch wenig konkreten Jakobsweg-Pläne nicht zu denken:

Aber ich beschäftigte mich in der Folgezeit weiter mit dem Thema und entdeckte als Alternative für mich den Caminho Portugues, dessen südlicher Teil zwischen Lissabon und Porto noch nicht wieder erschlossen und markiert war. Der nördliche Teil ab Porto erschien mir aber dafür umso reizvoller, war er mit seinen nur 235 Kilometer auch nicht länger als meine damals längste jährliche Non-Stopp-Laufstrecke des „Grand Union Canal Race“ von Birmingham nach London. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich versuchte, eine Lücke von 7-10 Tagen in meinem Laufkalender zu finden. Aber die Nebensaison der Caminos ist halt stets die Hauptsaison der Ultramarathon- und Marathonläufe, und so passte es nie…

Im Mai/Juni 2017 hatte es mich – ausgelöst durch Hape Kerkelings Hörbuch, das ich auf dem Hin- und Rückweg zum Rennsteiglauf im Auto hörte – erneut gepackt. Diesmal kaufte ich mir nicht nur jede Menge Literatur – Pilgerführer, Reiseberichte, Bildbände und sogar wissenschaftliche Literatur – über die Jakobswege, sondern auch Kartenmaterial. Und ich entdeckte für mich den Camino Inglés.

Der Camino Inglés, so erkannte ich sehr schnell, würde mich nur wenige Tage Abwesenheit von meiner Arztpraxis und damit nur wenige unbezahlte Urlaubstage kosten. Egal ob mit oder ohne anschließenden Weg nach Finisterre und Muxía, erschien er mir zudem als eine wunderbare Option, um herauszufinden, ob das Pilgern auf den Jakobswegen wirklich etwas für mich ist.

Ein Zeitraum im Oktober 2017 war schnell ausgewählt. Unklar war nur noch die Anreise: per Auto von Hamburg nach Frankfurt Hahn und von dort mit Ryan Air per Flieger nach Santiago oder rund 100 Euro teurer direkt ab Hamburg per Flieger via Palma de Mallorca mit Air Berlin. Bei Version 1 hätte ich gerne einen meiner besten Freunde mitgenommen, der aber keine Zeit hatte. Version 2 dagegen erledigte sich ziemlich schnell durch Air Berlins Insolvenzverfahren und den nachfolgenden raschen Absturz der Airline.

Im August 2018 kam der nächste Impetus diesmal von Christine. Christine ist seit mehr als zehn Jahren eine sehr enge Lauffreundin, dazu einer meiner drei besten Freunde und inzwischen auch meine Lebensgefährtin. Auch sie hatte die Idee der Jakobswege seit langem im Visier, und so hatten wir in den Jahren zuvor so manchen Laufkilometer mit Gesprächen zu diesem Thema absolviert.

Doch diesmal nahm unser jetzt gemeinsames Thema schnell Fahrt auf: Wir identifizierten beide die zweite Oktober-Hälfte als noch nicht verplante Lücke in unseren Laufkalendern. Und am 20. August teilte Christine mir mit, dass sie für uns beide Lufthansa-Flüge für den 19. bzw. 24. Oktober gebucht habe. Bei einem Preis von 186,86 € p. P. habe sie einfach nicht widerstehen können.

Bingo!

DER CAMINO INGLÉS

Der Camino Inglés ist mit 74 bzw. 119 Kilometern der kürzeste aller spanischen Jakobswege. Er beginnt einerseits in A Coruña, andererseits in Ferrol, wobei sich beide Anfangsstücke bei As Travesas – kurz vor Bruma – treffen. Seinen Namen verdankt dieser Weg den englischen Pilgern, die nicht alle nur über den Ärmelkanal übersetzten und von der Bretagne aus durch Frankreich und Spanien kamen, sondern die teils per Schiff gleich direkt an der spanischen Nordküste anlandeten.

Insgesamt ist der Camino Inglés 2018 noch ziemlich unterbewertet, was auch daran liegen mag, dass die 74 km kurze Strecke nicht zur Erlangung einer Compostela (Pilgerurkunde) berechtigt. Denn dafür muss man entweder die letzten 100 Kilometer zu Fuß oder die letzten 200 Kilometer per Fahrrad bzw. per Pferd zurückgelegt haben.

Aber auch die offiziell 119 Kilometer (de facto eher 112-113 Kilometer) lange Strecke von Ferrol nach Santiago de Compostela wird erst in den letzten Jahren mehr und mehr von den Pilgern „entdeckt“, eignet sie sich doch hervorragend zum „Schnupperpilgern“.

Zum einen muss man nicht gleich mehrere Wochen unterwegs sein, um erfolgreich in Santiago de Compostela anzukommen. Und zum zweiten lässt sich auf dieser überschaubaren Distanz gut austesten, ob das „Ambiente“ und die Infrastruktur eines Caminos – physisch, mental und spirituell – etwas für den Pilger in spe ist. Und zum dritten ist der Camino Inglés lange nicht so überlaufen wie der „große“ Camino Francés auf seinen letzten 112 km ab Sarria.

In den offiziellen Pilgerstatistiken waren – laut Raimund Joos – für den Camino Inglés im Jahr 2000 gerade einmal 98 Pilger vermerkt, 2013 dann jedoch bereits 4.404 und 2017 schon 11.321 Pilger.

Im Jahr 2021 gingen nach offizieller Statistik – trotz der Pandemie-bedingten Einschränkungen – 10.855 Pilger den Camino Inglés, was knapp einem Fünftel der 55.163 Pilger ab Sarria auf dem Camino Francés bzw. einem Neuntel aller 97.101 Pilger auf dem Camino Francés entspricht.

PLANUNGSPHASE

Die gebuchten Flüge am 19. und 24. Oktober lassen uns also zwischendurch vier Tage Pilgerzeit für den Camino Inglés. Dessen 119 Kilometer werden zwar in den meisten Pilgerbeschreibungen und Pilgerführern in 78 Tagesetappen aufgeteilt, doch angesichts unserer langjährigen Erfahrungen auf Lauf- und Marschdistanzen von 100 und mehr Kilometern sollten uns – so hoffen wir – auch Tagesetappen von 30 bis 40 Kilometern nicht überfordern.

Glücklicherweise ist im Mai 2018 gerade die zweite, stark aktualisierte und erweiterte Neuauflage des Outdoor-Pilgerführers „Camino Inglés“ von Raimund Joos erschienen. Diese beschreibt vor allem eine neue Pilgerherberge in Presedo, die das Mitteldrittel dieses Wegs deutlich entschärft und uns eine neue, bessere Zeiteinteilung erlaubt.

Zügig buchen wir bereits am 20. und 21. August 2018 im Web unsere Quartiere in Ferrol (19.10., Ende des Anreisetags) und in Sigüeiro (22.10., Ende der 3. Tagesetappe). An den beiden Tagen dazwischen werden wir – je nach Tagesform und Verfügbarkeit – in Pilgerherbergen einkehren.

Für unseren letzten Abend (23.10.) in Santiago de Compostela reservieren wir dann am 20. September ein kleines, privates Hotel ca. 450 Meter vor der Kathedrale, direkt neben unserem Weg dorthin. So haben wir im Prinzip sogar die Option, kurz vor dem Ende unserer kleinen Pilgertour unser Gepäck im Hotel zu deponieren und die letzten Meter zum Ziel unserer Reise unbelastet zu genießen.

Einen Teil unserer Pilgerausrüstung, zum Beispiel die Rucksäcke, testen wir bereits am 14.-15. September 2018 im Rahmen des XV Przejście Dookoła Kotliny Jeleniogórskiej, einem 137 km langen Marsch mit 5.500 Höhenmetern in Schlesien, den wir nach 2015 und 2016 zum dritten Mal gemeinsam finishen.

Parallel dazu studieren wir die zahlreichen Bücher in meinem Bestand mit Reiseberichten und Packlisten, die uns für unseren Kurz-Pilgertrip wichtig erscheinen.

AUSRÜSTUNG

Da unsere kurze Pilgerreise auf dem Camino Inglés für uns ja erst einmal eine Art „Schnupper-Pilgern“ sein soll und wir ja auch nur wenige Tage bzw. eine überschaubar kurze Wegstrecke auf dem Camino unterwegs sein werden, ist es uns von Anfang an wichtig, möglichst viel von unserer „normalen“ Ausrüstung unserer Ultramarathon-Läufe bzw. -Märsche zu nutzen und nur wenige neue Essentials hinzuzukaufen.

Wichtigstes Teil unserer Ausrüstung sind natürlich unsere Pilgerpässe, die „Credenciales del Peregrino“, die Christine am Dienstag, dem 25. September, in der Sprechstunde des Pilgerbüros der Hauptkirche St. Jacobi hier in Hamburg ausstellen lässt. Beide enthalten bereits die ersten beiden Stempel, einen für unsere „Entsendung“ auf den Camino und einen für unsere Anwesenheit in St. Jacobi. Interessanterweise macht Christine dort im Pilgerbüro den Eindruck, als sei sie eine erfahrene und routinierte Pilgerin, was sie dann erst einmal korrigieren muss. Natürlich pilgern wir beide zum ersten Mal, nur halt mit dem Hintergrund, dass die uns bevorstehenden Distanzen für uns nicht neu sind und keine Herausforderung darstellen.

Am 27. September treffen auch die online bestellten zusammenklappbaren Walkingstöcke, der ultraleichte Reise- und Schlafsack-Inlett und der Spork, eine Kombination aus Messer, Gabel und Löffel, hier ein.

Die Walkingstöcke sind eigentlich mehr für meine nächsten profilierten 100-Kilometer-Distanzen im kommenden Jahr gedacht, aber der Camino Inglés fungiert hier zumindest als willkommener Anlass, meine Ausrüstung ein wenig zu ergänzen.

Am 4. Oktober, immerhin bereits 15 Tage vor unserer Anreise, trifft dann auch der online bestellte „Kleiner Pilgersprachführer – Spanisch und mehr für den Jakobsweg“ von Raimund Joos ein. Vom selben Autor besitzen wir – wie bereits erwähnt – den Pilgerführer „Camino Inglés“ aus dem Conrad Stein Verlag. Christine liest sich ihrerseits gerade – das war eine Empfehlung des Pilgerbüros St. Jacobi – durch den Pilgerführer aus dem Rother Verlag und hat sich zudem den Pilgerführer von Andrea Ilchmann „Camino Inglés für Bauchfüßler“ gekauft.

So langsam ist unsere Ausrüstung komplett. Aktuell planen wir jedenfalls keine weiteren Einkäufe.

Letztendlich bleiben die Walkingstöcke zu Hause, während das Schlafsack-Inlett, der Spork und der Pilgersprachführer zwar mit, aber nicht zum Einsatz kommen.

Schaufensterauslage eines Pilgerladens in Ferrol

18. OKTOBER 2018 PACKEN

Der Vorabend unserer Anreise zu unserem ersten Camino gestaltet sich sowohl für Christine als auch für mich ungeplant stressig. Eigentlich hatten wir beide beabsichtigt, unsere Ausrüstung in der letzten Woche vor der Abreise in Ruhe bereit zu stellen, das Gesamtgewicht zu überprüfen und dann rechtzeitig und stressfrei alles in unsere Rucksäcke zu packen.

Stattdessen fangen wir beide erst am Vorabend unseres Abflugs mit dem Packen an – eine Situation, die wir zwar von unseren Läufen und Märschen her kennen, aber ebenso auch hassen.

Ich rufe mir also am Abend des 18. Oktober im Computer eine meiner Lauf-Packlisten auf, krame die dort aufgeführten Ausrüstungsgegenstände zusammen und gruppiere sie auf der Patientenliege im Labor meiner Arztpraxis. Hinzu kommen noch ein 900 g leichter Schlafsack und der dünne Innen-Schlafsack, den ich neulich gekauft habe.

Da die Wetterprognose für die kommenden Tage nur Sonne und Temperaturen über 20 °C verspricht, reduziere ich mein Regen-Outfit auf eine Regenjacke, eine Regenhose und – für nur leichte Regenschauer – zwei dünne je 65 g leichte Folienponchos.