Dithmarscher Jakobsweg - Christian Hottas - E-Book

Dithmarscher Jakobsweg E-Book

Christian Hottas

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Beschreibung

Der im September 2013 wiedereröffnete Dithmarscher Jakobsweg ist die relativ unbekannte Westküstenroute der Via Jutlandica. Er beginnt an der Kreisgrenze zu Nordfriesland südlich von Friedrichstadt und führt über 117 Kilometer durch Dithmarschen bis nach Brunsbüttel. Er erschließt dem Pilger damit eine Region, deren Gren-zen seit den Zeiten Karls des Großen unverändert geblieben sind. Kurz vor Glückstadt erreicht er die Hauptroute der Via Jutlandica, die ihrerseits über Stade und Harsefeld Anschluss an die Via Baltica findet. Dieses Buch - das erste über diesen Jakobsweg - beschreibt meine Eindrücke und Erlebnisse aus dem Sommer 2022, als ich diesen Weg gemeinsam mit meinem Hund Kito ging.

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INHALTSVERZEICHNIS

Prolog

Dithmarscher Jakobsweg

Planungsphase

29. Juli 2022: Anreise & Friedrichstadt bis Hemme (Tag 1)

30. Juli 2022: Hemme bis Heide (Tag 2)

31. Juli 2022: Heide bis Meldorf (Tag 3)

12. August 2022: Meldorf bis St. Michaelisdonn (Tag 4)

16. August 2022: St. Michaelisdonn bis Brunsbüttel (Tag 5)

22. August 2022: St. Michaelisdonn bis Brunsbüttel (Tag 5.2)

23. August 2022: Brunsbüttel bis Glückstadt (dabei ab Stör-Sperrwerk auf der Hauptroute der Via Jutlandica, Tag 6)

27. August 2022: Glückstadt bis Stade (Anschluss-Stück der Via Jutlandica an die Via Baltica, Tag 7)

11. September 2022: Stade bis Harsefeld (Anschluss-Stück der Via Jutlandica an die Via Baltica, Tag 8) Rückblick

Pilgerunterkünfte auf Spenden-Basis

Informationen & Pilgerführer

Über den Autor

Weitere Pilgererlebnisberichte des Autors

Entstehungsgeschichte dieses Buches

Schafe stören Kito nicht, wenn er sich im Gras wälzen will.

PROLOG

2022 scheint ein ganz besonderes Jahr für uns zu werden. Zum einen bewegen wir – meine Partnerin Christine und ich – uns beruflich so langsam, aber sicher auf den Ruhestand zu. Und zum anderen entdecken wir zunehmend das Pilgern als neuen Lebensinhalt und neuen Lifestyle für uns.

Stets mit von der Partie ist dabei Kito. Unser inzwischen dreijähriger kleiner Pinscher-Mix, der Anfang Mai 2021 aus dem Tierschutz zu uns kam, ist schon lange ein wichtiges Familienmitglied und ein treuer, liebevoller und aufmerksamer Begleiter.

Im Juli 2021 hatte Kito seine ersten Pilgererfahrungen auf dem Wilsnacker Pilgerweg gesammelt.

Im Oktober 2021 begleitete er uns dann auf der Via Baltica von zu Hause bis nach Wildeshausen, Ende März 2022 von dort nach Vechta und schließlich im April / Mai 2022 weiter bis Osnabrück und dann auf dem Osnabrücker Jakobsweg via Münster und Dortmund bis nach Herdecke/Ruhr.

Diese Reise wollen wir ab Ende September 2022 fortsetzen und dann in etwa drei Wochen auf dem Osnabrücker Jakobsweg, dem Bergischen Jakobsweg und der Via Coloniensis bis nach Trier gehen und damit den deutschen Teil dieser Pilgerreise quasi abschließen.

Zuvor aber nutze ich das 9-Euro-Ticket-Angebot im Juni bis August, um gemeinsam mit Kito und an zwei Tagen auch mit Christine den Jacobusweg Lüneburger Heide von Hamburg (mit Auftaktstück von zu Hause) bis zum Kloster Mariensee zu pilgern.

Und im September 2022 steht zur Abwechslung auch einmal eine Pilgerreise nicht von Zuhause, sondern von der Ostsee nach Hause auf unserer Wunschliste.

DITHMARSCHER JAKOBSWEG

Das Pilgern aus religiösen Motiven – sei es nach Rom, Jerusalem, Santiago de Compostela, Aachen oder Wilsnack (um die fünf wichtigsten Pilgerziele vor der Einführung der Reformation zu nennen) – hat in Europa eine mindestens 1000 Jahre lange Tradition.

Das Jakobspilgern ist seit dem 11. Jahrhundert nachgewiesen, wobei die mittelalterlichen Pilger sich auf ihrem Weg nach Santiago zwangsläufig – mangels Alternativen – des Netzes der damaligen Handelsstraßen bedienten, an denen sich auch die benötigte Infrastruktur mit Herbergen und Verpflegungsstationen etabliert hatte und weiterhin etablierte.

Hinzu kamen Kirchen, Klöster und Städte, die sich an den Wegen der Jakobspilger ansiedelten und entwickelten.

Durch Entwicklungen in der damaligen christlichen Lehre von Heil und Erlösung und begünstigt durch die bessere Infrastruktur stiegen die Pilgerzahlen im 11. und 12. Jahrhundert passager erheblich an. Im 15. Jahrhundert folgte ein weiterer Pilgerboom durch die Einführung spezieller Gnadenjahre, in denen den Pilgern vollständiger Ablass ihrer Sünden versprochen wurde.

Genau hiergegen richtete sich dann die Kritik Martin Luthers gegen das Pilgerwesen, weshalb die Pilgerzahlen nach Einführung der Reformation, aber auch durch den 30-jährigen und den 80-jährigen Krieg im 16. und 17. Jahrhundert massiv abfielen.

Das Pilgern geriet zunehmend in Vergessenheit und erlebte erst nach dem Ende des 2. Weltkriegs nach und nach eine Renaissance. Im Jahr 1950 wurde in Paris die erste Jakobusgesellschaft zur wissenschaftlichen Erforschung des Jakobspilgerns gegründet. Wenig später entstanden erste Vereinigungen der „Freunde des Jakobsweges“.

Mit zunehmendem Kenntnisstand über die mittelalterlichen Alt- bzw. Handesstrassen konnten auch die einstigen Wege der Jakobspilger rekonstruiert werden.

Der Europarat verabschiedete 1987 seine „Deklaration von Santiago de Compostela“, in der die Wege der Jakobspilger in Europa zur ersten europäischen Kulturstraße erhoben wurden und die Behörden und Regierungen Europas aufgefordert wurde, diese „Pilgerstraßen nach Santiago de Compostela in ganz Europa zu identifizieren und zu kennzeichnen“.

Die Wege der Jakobspilger in Norddeutschland mit den beiden Hauptrouten Via Baltica von Usedom über Rostock, Lübeck, Hamburg und Bremen nach Osnabrück bzw. Münster und die Via Jutlandica von Frederikshavn über Viborg, Flensburg und Schleswig nach Glückstadt mit späterem Anschluss an die Via Baltica bei Harsefeld wurden erst ab 2005 wieder erarbeitet. Dazu hatte sich im selben Jahr der „Freundeskreis der Jakobswege in Norddeutschland“ gegründet. Zu diesem Zeitpunkt gab es in Süddeutschland sowie in Nordrhein-Westfalen bereits einige fertig markierte Jakobswege.

Der Dithmarscher Jakobsweg, der sich über weite Abschnitte an historischen Wegen wie dem Dellweg orientiert, wurde am 14. September 2013 wiedereröffnet, die Hauptroute der Via Jutlandica bereits am 20. Oktober 2007. Teilstücke der Via Baltica sowie des Birgittawegs gibt es ab April/Mai 2008. Die Via Scandinavica folgt im August 2010.

Der Dithmarscher Jakobsweg beginnt südlich von Friedrichstadt bzw. der Eiderbrücke direkt an der Kreisgrenze zwischen dem Kreis Nordfriesland und dem Kreis Dithmarschen und führt über Lunden, Heide und Meldorf bis nach Brunsbüttel, wo er an der Kreisgrenze zum Kreis Steinburg endet. In voller Länge von 117 Kilometern erstreckt er sich also innerhalb der Grenzen der Region, die seit den Zeiten Karls des Großen unverändert geblieben sind und auch heute noch die Kreisgrenzen sind.

Über den Elberadweg gibt es eine Anbindung des Dithmarscher Jakobswegs an die Hauptroute der Via Jutlandica am Stör-Sperrwerk bei Glückstadt, die ihrerseits dann zwischen Harsefeld und Zeven an die Via Baltica anbindet.

Wegzeichen des Dithmarscher Jakobswegs in Windbergen

PLANUNGSPHASE

Da meine Lebensgefährtin Christine am letzten Juli Wochenende 2022 gemeinsam mit ihrer Schwester per 9-Euro-Ticket verreisen will, haben unser Hund Kito und ich an diesem besagten Wochenende von Freitag bis Sonntag „freie Bahn“ für unsere Abenteuer.

Ab Mitte Juni 2022 waren wir beiden bereits auf dem Jacobusweg Lüneburger Heide von seinem Anfang in Hamburg aus sowie seinen Nebeneinstieg in Lüneburg bis zum Endpunkt in Kloster Mariensee unterwegs, wobei wir nur tageweise pilgerten und abends stets per 9-Euro-Ticket heimfuhren.

Um das 9-Euro-Ticket auch im August 2022 noch ausnutzen zu können, wählte ich als „Anschlussprojekt“ den Dithmarscher Jakobsweg – also die Westküstenroute der Via Jutlandica – aus. Dieser hat den Vorteil, dass wir – im Gegensatz zum Jacobusweg Lüneburger Heide – mehr oder weniger auf Hamburg zu oder schräg daran vorbei pilgern und unsere täglichen Anund Abreisen tendenziell kürzer werden.

Außerdem, so erfuhr ich im Juli am Fahrkartenschalter in Buchholz, sind in Schleswig-Holstein auch 9-Euro-Tickets für Hunde möglich. In Niedersachsen dagegen musste ich außerhalb des Hamburger Verkehrs-Verbunds HVV (also südlich von Soltau) für Kito stets Kinderfahrkarten lösen.

29. JULI 2022 ANREISE & FRIEDRICHSTADT BIS HEMME (TAG 1)

Verglichen mit Christine, die bereits um Viertel vor sechs aus dem Haus musste, können Kito und ich beinahe „ausschlafen“, denn wir müssen ja erst um halb acht in Richtung S-Bahnhof Poppenbüttel losgehen. Allerdings muss Kito auf dem Weg dorthin noch seine „morgendlichen Geschäfte“ erledigen, was aber zeitlich keine Probleme bringt.

Probleme bereitet dagegen der Fahrkarten-Automat in Poppenbüttel, der für Kitos 9-Euro-Ticket – in Schleswig-Holstein gibt es das ja für Hunde – keinen 10-Euro-Schein akzeptiert. So kaufen wir das Ticket später beim Umsteigen im Bahnhof Altona.

Der Schienenersatzverkehr zwischen Poppenbüttel und Ohlsdorf, der uns drei Wochen lang viel Zeit gekostet hat, ist seit heute null Uhr passé. Wir können mit der S 1 ohne Störung bis Altona durchfahren und dort in den RE 6 in Richtung Westerland (Sylt) umsteigen. Beide Züge sind von Anfang bis Ende pünktlich. Es ist fast alles perfekt.

„Fast“, denn ich bemerke relativ früh, dass ich Kitos Wasserflasche mit dem großen Deckel, aus dem er immer gerne trinkt, zwar vom kleinen Tagesrucksack abgemacht, aber nicht am großen Rucksack außen befestigt habe! Das bedeutet: Ich muss unterwegs eine neue Hundetrinkflasche auftreiben oder geschickt improvisieren.

In Heide haben wir – von 10:01 bis 11:01 Uhr – eine Stunde Aufenthalt. Diese benötigen wir, um uns im Gemeindehaus mit Küster Volker Nottelmann zu treffen und den Schlüssel für die dortige Pilgerunterkunft morgen Abend an uns zu nehmen. Morgen ist dort nämlich niemand verfügbar, der uns den Schlüssel überreichen und uns hereinlassen könnte.

Auf dem Weg dorthin versuche ich noch, Kitos Flasche irgendwo zu kaufen, habe aber leider keinen Erfolg. Und nach der Schlüsselübergabe und Einweisung in die Heider Pilgerunterkunft müssen wir dann auch schon wieder fix zurück zum Bahnhof.

Den erreichen wir rund fünf Minuten vor der Abfahrt des erneut pünktlichen Zugs, der uns dann 18 Minuten später am Bahnhof Friedrichstadt wieder entlässt.

Kito träumt im Zug nach Friedrichstadt von neuen Abenteuern.

Die Sonne scheint prächtig – fast zu prächtig – vom fast wolkenlosen Himmel, und das Thermometer zeigt bereits 24 °C (später werden es sogar 26 °C), als wir ins Zentrum des 1621 von holländischen Glaubensflüchtlingen gegründeten Städtchens pilgern.

Friedrichstadt wirkt in der Tat so, als befände man sich in den Niederlanden, und die Gastronomie und die Tourist-Information tun alles, um diesen Eindruck zu verstärken. Zugleich sind alle Informationen hier dreisprachig, allerdings nicht niederländisch, sondern deutsch, dänisch und englisch.

Kito und ich erkunden – auch auf der Suche nach einem ersten Pilgerstempel dieses Wegs – die evangelisch-lutherische St.-Christophorus-Kirche, die zwar offen und hübsch ist, aber eben keinen Pilgerstempel hat. Und das Gemeindehaus ist am Freitag-Mittag nicht mehr geöffnet.

Die auf der gegenüber liegenden (südlichen) Seite des Mittelburgwalls liegende Mennonitenkirche, die auch von der lutherisch dänischen Gemeinde mitgenutzt wird, ist nur über ein Museum zu betreten. An dessen Kassen bekommen wir immerhin schon einmal einen ersten kleinen Museumsstempel (aber halt keinen Pilgerstempel). Einen zweiten Nicht-Pilgerstempel erhalten wir in der Tourist-Information, in der man auch überrascht zu sein scheint, dass es seit 2013 – also immerhin bereits seit neun Jahren (!!!) und nicht erst seit neulich – den Dithmarscher Jakobsweg gibt.

Mennonitenkirche in Friedrichstadt

Ansonsten unterstützen wir Friedrichstadts Konjunktur mit einem Brötcheneinkauf beim Bäcker, einem Supermarktbesuch und einem zweiten Bäckereieinkauf, bei dem wir eine riesige Streuselschnecke kaufen. Letztere essen wir sogleich auf der Wiese vor dem Supermarkt, auf der Kito im Schatten gewartet hatte.

Er ist inzwischen ein sehr erfahrener und eingespielter Pilgerpartner und weiß oft sofort, was ich von ihm will oder ob und wann er irgendwo angeleint warten muss. Das erträgt er dann zwar ungern, aber stets geduldig und ohne die Passanten anzubellen.

Wir verlassen Friedrichstadt gegen 13 Uhr und erreichen bald die 1916 erbaute Eiderbrücke, hinter der – genau an der Kreisgrenze zwischen Nordfriesland und Dithmarschen der Dithmarscher Jakobsweg offiziell beginnt und wir genau dort auch unser erstes heutiges Pilgerwegzeichen entdecken.

Schon auf den ersten Metern haben wir jedoch ein neues Problem. Laut Outdoor-Pilgerführer, Wolfgang Mohrs Wegbeschreibung (mit Karten) und den eindeutigen Muschelzeichen biegt der Pilgerweg sogleich auf den Eiderdeich.

Im Outdoor-Büchlein steht dazu: „Die Pilgerroute führt rechts auf dem Eiderdeich weiter; der Zugang ist möglicherweise durch ein Gatter für auf dem Deich weidendes Vieh versperrt, das überwunden werden muss.“