Klosterdreieck Ratzeburg - Rehna - Zarrentin - Christian Hottas - E-Book

Klosterdreieck Ratzeburg - Rehna - Zarrentin E-Book

Christian Hottas

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Beschreibung

Das Klosterdreieck ist ein recht junger und - zu Unrecht - noch weitgehend unbekannter Pilgerweg, der die ehemaligen Klöster in Ratzeburg, Rehna und Zarrentin miteinander verbindet und dabei nicht nur den Schaalsee umrundet, sondern auch zweimal die einstige innerdeutsche Grenze quert. Dabei wird der Fuß- oder auch Radpilger immer wieder mit den Folgen der deutschen Teilung 1945 konfrontiert. Zu diesem knapp 100 Kilometer langen Weg, den ich gemeinsam mit meinem Hund Kito im April und nochmals im Juni 2024 ging, gibt es bislang kaum detaillierte Informationen. So ist dieser Bericht über unsere Pilgereindrücke und Erlebnisse der erste seiner Art und auch das erste Buch überhaupt zu diesem Weg. Neben praktischen Tipps zu Unterkünften und Infrastruktur bietet dieses Büchlein zudem Hintergrundinformationen zur Geschichte der drei Klöster und der vielen Dörfer und Orte am Weg.

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INHALTSVERZEICHNIS

Streckenkarte

Einleitung

Entstehungsgeschichte des Klosterdreiecks als Pilgerweg

Ratzeburg

Rehna

Zarrentin

Geschichtliche Bezüge der drei Orte bzw. Klöster

Offizielle Streckenbeschreibungen:

Mönch-Ernestus-Weg von Ratzeburg nach Rehna (32,5 km)

Nonnenweg von Rehna nach Zarrentin (34,5 km)

Bischofsweg von Zarrentin nach Ratzeburg (ca. 24,5 km)

Eigene Pilgerberichte:

21.04.2024 – Tag 1: von Ratzeburg nach Rehna (32,5 km)

22.04.2024 – Tag 2: von Rehna nach Zarrentin (36,9 km)

23.04.2024 – Tag 3: von Zarrentin nach Ratzeburg (26,9 km)

14.06.2024: von Rehna nach Kneese Dorf (19,1 km)

15.06.2024: von Kneese Dorf nach Zarrentin (26,6 km)

Sinnvolle andere Etappeneinteilungen

Geführte Pilgerangebote

Unterkünfte

Weitere Informationen

Rückblick & Fazit

Über den Autor

Erlebnis-/Pilgerberichte des Autors

EINLEITUNG

Das Klosterdreieck Ratzeburg – Rehna – Zarrentin fiel mir erstmals im Mai 2022 auf den Internetseiten „Pilgern im Norden“ der Nordkirche Hamburg bzw. Mecklenburg-Vorpommern auf. Damals wie heute waren bzw. sind die im Web verfügbaren Informationen sehr spärlich, so dass dieser sehr reizvolle Pilgerweg im Osten meines Wohnortes Hamburg sehr lange ein Schattendasein in meinen Pilgerplanungen führte.

Dabei bleibt es auch bis Mitte April 2024. Da sind unser Hund und mein stetiger Begleiter Kito und ich eigentlich als Pilger von Bielefeld nach Aachen unterwegs. Die Abschnitte von Zuhause in Hamburg nach Kloster Mariensee und von dort nach Bielefeld waren wir bereits 2022 bzw. 2023 gegangen. Bis zum Ende des Ostwestfälischen Jakobswegs in Soest ist 2024 alles super. Aber auf dem Jakobsweg von Corvey nach Aachen, den wir dann ab Soest gehen, erwischt uns an Tag 4 sechs Kilometer vor Werl ein heftiges Unwetter mit orkanartigem Wind, Starkregen, Hagel und Gewitter und dies alles bei einstelligen Plusgraden. Und als es am Dienstag andauernd weiterregnet und Kito versucht, in jedem Hauseingang Schutz zu suchen, beschließe ich, abzubrechen und mit der Bahn heimzufahren. Die letzten neun Tagesetappen dieses Wegs werden wir irgendwann bei besserem Wetter gehen.

Da aber das Wetter im Norden in den nachfolgenden Tagen besser werden soll, kommt plötzlich das Klosterdreieck wieder ins Spiel. Meine Vorbereitung ist denkbar kurz: Ich sichte rasch meine archivierten Informationen und recherchiere den Rest nach.

In Rehna gibt es seit 2022 eine Pilgerherberge, in der wir am Sonntag, dem 21.04.2024, übernachten können, und auch Pastor Jürgen Meister in Zarrentin, in dessen Gemeindehaus die folgende Nacht geplant ist, gibt uns spontan „grünes Licht“.

Also werden Kito und ich am Sonntagmorgen per Auto nach Ratzeburg fahren und von dort mit kleinem Gepäck für nur drei Tage starten. Der Rucksack ist noch halb gepackt, und für nur drei Tage benötigen wir beide nicht viel.

Gute Markierungen auf dem Nonnenweg zwischen Rehna und Zarrentin

ENTSTEHUNGSGESCHICHTE DES KLOSTERDREIECKS ALS PILGERWEG

Das Klosterdreieck auf den mittelalterlichen Spuren des Mönchs Ernestus (dem das Kloster Rehna seine Entstehung zu verdanken hat), mit dem Nonnenweg und dem Bischofsweg konnte in seiner aktuellen Form erst nach der Wiedervereinigung realisiert werden. Schließlich kreuzt die Strecke doch mehrfach die einstige innerdeutsche Grenze

Offenkundig war die Gründung des Klostervereins Rehna e.V. im Jahr 1998 die Initialzündung für die Entstehung dieses Pilgerwegs, der keine historischen Wurzeln hat.

Primär engagiert sich der Klosterverein seit 1998 für den Erhalt und eine vielfältige, zeitgemäße Nutzung der Klosteranlage Rehna. Mit viel Einsatz und Enthusiasmus wurde zunächst der ungenutzte Kreuzgang entrümpelt und dort ein Museum eingerichtet, wurde die Kirche auch an den Wochenenden geöffnet und wurde ein ehemaliger Kohleschuppen zur Kloster- und Stadtinformation ausgebaut. So entstand nach und nach ein zentral gelegener Anlaufpunkt und Veranstaltungsort.

Seit 1999 gibt es das Klosterfestival, das alle zwei Jahre – 2023 bereits zum 13. Mal – Urlauber und Einheimische zu Kunst, Theater, Tanz, Gaukelei und mehr einlädt. Und 2004 wurde der Klostergarten mit einer Fülle von Heilpflanzen, Blumen und Kräutern in der Tradition Hildegards von Bingen neu angelegt.

Zwischen 2004 und 2007 (Informationen zur Planung, Realisierung und feierlicher Eröffnung sind im Web nicht zu finden) entstand als erster Teil des Pilgerwegs der Mönch-Ernestus-Weg zwischen Ratzeburg und Rehna. Der Nonnenweg von Rehna nach Zarrentin und der Bischofsweg von Zarrentin nach Ratzeburg folgten später.

Bei meiner ersten Recherche ergab ein Anruf am 8. Juni 2022 in der Kloster- und Stadtinformation Rehna, dass es „aktuell noch keine Pilgerpässe“, Pilgerurkunden oder Pilgerunterkünfte in Gemeindehäusern gäbe. Diese Punkte seien bislang alle noch in der Planung.

Knapp zwei Jahre später, am 18. April 2024, gibt es zwar immer noch keine eigenen Pilgerpässe, Pilgerurkunden oder Stempelstellen, aber immerhin seit 2022 eine Pilgerherberge in Rehna.

Übrigens: Die Schreibweisen „Klosterdreieck“ und „Kloster-Dreieck“ werden auch in offiziellen Texten nebeneinander verwendet. Ich habe mich, nachdem ich zunächst ebenfalls beide Versionen verwendet hatte, nachträglich für die Variante „Klosterdreieck“ entschieden und meinen Text entsprechend vereinheitlicht.

RATZEBURG

Ratzeburgs Geschichte ist lang, interessant und äußerst kompliziert. Das liegt unter anderem auch daran, dass Ratzeburg als Bischofsstadt eine Zeitlang Hauptstadt des Hochstifts Ratzeburg, also eines Fürstbistums, war.

Die Anfänge der Stadt gehen auf das früheste 11. Jahrhundert zurück. Der ursprüngliche Ortsname Racesburg verweist auf den Polaben-Fürsten Ratibor (Ratse). Die Christianisierung der damals slawischen Stadt gelang erst im dritten Anlauf. Die Gründung der Stadt und des Bistums erfolgte 1154 durch den sächsischen Herzog Heinrich den Löwen.

Als ersten Bischof setzte Heinrich den Abt des Prämonstratenserstifts Unserer lieben Frauen in Magdeburg, Evermond, ein. Papst Hadrian IV. bestätigte 1156 die Neugründung des Bistums.

In der Zeit von 1230 bis 1648 war das Bistum Ratzeburg Hochstift (also Fürstbistum), womit der jeweilige Ratzeburger Bischof als Reichsfürst agierte. Im Westfälischen Frieden von 1648 (also nach der Reformation) wurde das Hochstift dann zum Fürstentum Ratzeburg umgewandelt und dem Haus Mecklenburg zugesprochen, das bereits die letzten Administratoren des Hochstifts gestellt hatte. Bei der Teilung des Herzogtums Mecklenburg gelangte es in den Besitz des (Teil-)Herzogtums Mecklenburg-Strelitz. Damit erlangte auch diese jüngere Linie des Hauses Mecklenburg Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat.

Im Gegensatz zum Hochstift und zum Domhof Ratzeburg gehörte die Stadt Ratzeburg territorial zum Herzogtum Sachsen-Lauenburg (ab 1815 Herzogtum Lauenburg, ab 1865 preußische Provinz Lauenburg). Erst mit dem Groß-Hamburg-Gesetz 1937 wurden alle Flächen in Lauenburg zusammengeführt.

Der Ratzeburger Dom wurde von Heinrich dem Löwen als Bischofskirche gestiftet und ist der älteste der vier sogenannten „Löwendome“ (die anderen drei sind in Schwerin, Lübeck und Braunschweig). Die Grundsteinlegung erfolgt am 11. August 1154. Die Bauarbeiten am Chor begannen 1160. Vollendet wurde der Dom 1220. Nachfolgend (von 1251 bis 1300) wurden noch der Kreuzgang und das Kapitelhaus der Prämonstratenser-Domherren angebaut und 1380 schließlich die sogenannte Lauenburger Kapelle.

Entsprechend der religiösen Herkunft des ersten Ratzeburger Bischofs, war auch das Domkapitel auf die Besonderheiten des Prämonstratenser-Ordens ausgerichtet, der ein Priester- und kein Mönchs-Orden ist und der der Augustinus-Regel folgt.

Dabei war die Anzahl der Domherren zunächst auf den Propst sowie zwölf Kanoniker (Priester) limitiert, später auf maximal 25, von denen 16 Priester und je vier Diakone und Subdiakone sein sollten. Diese Zahl wurde jedoch nur kurz erreicht. Meist waren es 14 bis 16 Domherren, von denen die meisten den adligen Familien Mecklenburgs und Lauenburgs entstammten.

Domhof Ratzeburg, nicht genordete Karte von 1706, Pierre Joseph du Plat, Quelle: Wikipedia

Ratzeburger Dom

Braunschweiger Löwe am Ratzeburger Dom

Das Domkloster wurde 1504, also nach 254 Jahren, geschlossen, als das Domkapitel den Prämonstratenser-Orden verließ. Die nächsten 341 Jahre, bis 1845, wurden die Gebäude dann als humanistischchristliches Gymnasium genutzt und bis 1849 als Lauenburgische Gelehrtenschule. Letztere zog 1849 in das heutige Rathausgebäude um.

Die Nutzung während der folgenden einhundert Jahre konnte ich nicht eruieren.

Von 1950 bis 1972 war hier die evangelische Heimvolksschule untergebracht und von 1972 bis 1974 die Spätaussiedlerschule des Diakonischen Werks Rendsburg. Von 1977 bis 1979 dienten die Gebäude als Freizeitheim der Domgemeinde für Bildung und Meditation, danach bis 1989 wieder als evangelisches Domkloster. Seit 1990 ist hier das Pastoralkolleg sowie das Prediger- und Studienseminar der Nordelbischen Kirche (jetzt Evangelisch-lutherische Kirche in Norddeutschland, kurz: Nordkirche) beheimatet.

im Kreuzgang des Domklosters

REHNA

Rehna wurde um 1150 von Siedlern aus dem hessischen Rhena gegründet. Die erste Kirche des Ortes wird bereits um 1230 im Ratzeburger Zehntregister aufgeführt, das die damals zum Bistum Ratzeburgs gehörenden Ortschaften, nach Kirchspielen geordnet, auflistet. Diese Zuordnung galt jedoch nur kirchenrechtlich. Territorial gehörte Rehna nie zum Hochstift Ratzeburg bzw. dem nachfolgenden Fürstentum Ratzeburg (als Teilgebiet des Herzogtums Mecklenburg-Strelitz), sondern zum Herzogtum Mecklenburg(-Schwerin) und war bis 1918 als Landstadt im Landtag der Städte Mecklenburgs vertreten.

Im Jahr 1230 wählt der Mönch Ernestus Rehna aus, um hier ein Nonnenkloster zu gründen. Das genaue Gründungsjahr dieses Klosters ist nicht belegt und liegt zwischen 1230 und 1236. Das Kloster gehörte kirchlich zum Bistum Ratzeburg, das seinerseits – ebenso wie die Bistümer Schwerin und Lübeck – dem Erzbistum Bremen unterstellt war. Territorial lag es indessen in Mecklenburg.

Erster gesicherter Beleg ist die feierliche Bestätigung des Klosters durch den Ratzeburger Bischof Ludolf I. vom 26. Dezember 1237. Es war der Gottesmutter Maria sowie der bereits kurz nach ihrem Tod 1231 heiliggesprochenen Elisabeth von Thüringen geweiht.