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Dies ist keine "Bauanleitung für die Erleuchtung". Erleuchtung wird gesehen als ein lebenslanger Prozess des spirituellen Reifens. Dieser Prozess betrifft jeden Menschen, auch jeden Christen. Doch setzen sich die Christen die Erleuchtung als Ziel? Streben die Christen Erleuchtung an? Wenn die Christen doch aufgefordert sind, jenem nachzufolgen, der als "das Licht der Welt" gesehen wird - wenn die Christen also aufgefordert sind, einem Erleuchteten nachzufolgen - wie sollen sie diesen Weg anders gehen als durch das Anstreben der Erleuchtung? Dies ist eine Sammlung von Texten, die eine Vision von einer neuen - und dabei uralten - christlichen Spiritualität aufrichten wollen. Seien wir wie "die fünf klugen Jungfrauen", die ihre Lampen mit Öl füllen! (Matthäus 25:1-12) Wer es wagt, die Gleichnisse der Bibel zu deuten, der begreift, dass eine kluge Jungfrau zu sein bedeutet, einen christlichen Weg zu gehen, der nach Erleuchtung strebt.
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Seitenzahl: 338
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– alle Bibelzitate, wenn nicht anders angegeben, laut Lutherbibel 1912 –
Vorwort
Erleuchtung ist Erlösung – Erleuchtung ist Heilung
Christliches Yoga
Eine neue Kultur der Erleuchtung
Mystisches Christentum
Der Weg des Dienens
Advaita
Männlichkeit ist Spiritualität!
Spiritualität und der Sinnhinter allen Erscheinungen
Erleuchtung ist Heilung
Rezension „Hoffnung auf ein krebsfreies Leben“
Erleuchtungsstreben – Gemeindeleben
Braucht der Christ eine Gemeinde?
Der Innere Weg in der Gemeinschaft
Die Mitte der Gesellschaft erneuern
Christen frei von Dogmen
Alle Ketten sprengen
Nachfolge als Lebensmodell?
Die wahre Vereinigung von West und Ost
Die Ziele der Transformation
Die Werkzeuge der Transformation
Der geistige Lehrer der Neuen Zeit
Die Gemeinde der Neuen Zeit
Die Erlöserkraft in jedem Menschen
Das Geschenk ist noch nicht ausgepackt
Das Geheimnis von Golgatha
Der heilige Gral und die heilige Lanze
Die Yeshua-Meditation
Heilung und Gesundheit
Intuitives Wissen
Die höchste Ernährung
Uneingeschränkt alt werden
Leben in der Fülle
Der große Kampf
Anhang
Buchempfehlungen
Nachweis der Texte
Gehet ein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis abführt; und ihrer sind viele, die darauf wandeln. Und die Pforte ist eng, und der Weg ist schmal, der zum Leben führt; und wenige sind ihrer, die ihn finden.
Matthäus 7:13-14
Ist es für einen Christen erlaubt, nach Erleuchtung zu streben? Ist es nicht für einen Christen vermessen, nach Erleuchtung zu streben? Ist Erleuchtung vielleicht sogar nur eine Nebelkerze, die der Teufel aufgestellt hat, um uns zu verführen? Andererseits:
Wenn Christus „das Licht der Welt“ ist…,
wenn Christus also selber ein Erleuchteter sein muss…,
wenn das wahre Christentum Nachfolge bedeutet…,
wenn wir also einem Erleuchteten nachfolgen…,
…bedeutet dann wahres Christentum nicht, nach Erleuchtung zu streben?
Ist es nicht der „breite Weg“, wenn das Christentum nur ein bloßes Glaubensbekenntnis ist? Wird das Christentum nicht erst dadurch zum „schmalen Weg“, indem wir nach einer „christlichen Erleuchtung“ streben? Die Kirche versucht einen Gegensatz aufzubauen zwischen dem „guten Weg“ des Strebens nach Erlösung durch Gnade und dem „satanischen Weg“ des Strebens nach Erleuchtung durch eigene Bemühung. Sie nennt das abfällig „Selbsterlösung“.
Hier sind verschiedene Texte aus jahrelangem Forschen und Ringen zum Thema zusammengefasst.
Im ersten Kapitel soll deutlich werden, dass wir sowohl für die Erlösung als auch für die Erleuchtung beides brauchen – Bemühung und Gnade. Letztendlich sind Erleuchtung und Erlösung eins, wie auch Erleuchtung und tiefe ganzheitliche Heilung eins sind. Berauben wir uns nicht der Heilkräfte des Christentums, wenn wir die Erleuchtung ausklammern?
Im zweiten Kapitel wird eingegangen auf den Zusammenhang zwischen einem spirituellen Christentum und der Erneuerung eines wahren christlichen Gemeindelebens.
Im drittel Kapitel wird eingegangen auf „die Erlöserkraft“ – ein Potential, das insbesondere mit dem christlichen Glauben verknüpft ist. Nur wer die wahre Bedeutung der Erlösertat auf Golgatha versteht, kann wirklich mit der Erlöserkraft arbeiten, sie in sich anfachen von einem kleinen Funken zu einem großen Feuer.
Wir sollen von Armleuchtern zu Kronleuchtern werden! Erleuchtung ist aber für die wenigsten Menschen ein plötzlicher Blitzeinschlag – wie es vor allem im Buddhismus suggeriert wird. Für die meisten Menschen geht es bei der Erleuchtung um einen lebenslangen Prozess. Wir „sammeln das Licht“ wie die 5 klugen Jungfrauen das Öl in ihren Lampen (Matthäus 25:1-9). Wer einmal anfängt, sich mit den Gleichnissen des Christentums ernsthaft zu befassen, der kann nicht umhin, sich endlich einzugestehen, dass Erleuchtung ein zentrales Thema auf dem christlichen Weg ist.
Mögen diese Texte eine Anregung sein, über das Christentum neu nachzudenken und seinen eigenen Weg der Nachfolge zu finden.
Strausberg, Donnerstag, 04.05.2023
Gestern Abend war ich wieder beim Yoga. Da habe ich festgestellt, dass ich gar nicht der einzige Mann im Raum bin: Siva und Buddha sind auch da. Als Statuen. Aber diese Frauen-Yoga-Stätte hat keine Statuen von Yoga-Lehrerinnen aufgestellt, sondern von Yoga-Lehrern. So ist ja auch der Gründer dieser Yoga-Richtung, der zum Abschluss ehrend erwähnt wurde, ein Mann: Swami Sivananda. Wenn ich das so auf mich wirken lasse, dann wird mir der Widerspruch offenbar: Das Yoga von Buddha, Siva und Sivananda hatte als Dreh- und Angelpunkt neben einer allumfassenden Lebens- und Gesundheitsschulung die Meditation. Alle Übungen zielten darauf ab, den Körper für die Meditation vorzubereiten und in der tiefen Meditation mystische Erfahrungen zu machen. In dieser Yoga-Stunde aber geht es um Körperwahrnehmung und zum Abschluss um eine Tiefenentspannung in liegender Haltung, nicht aber um eine Meditation in einem sitzenden Asana. Das wird weder als Übung angeboten, noch wird es thematisiert.
Früher hat mich das mal gestört, dass der eigentliche, ursprüngliche Sinn von Yoga in den westlichen Kursen verleugnet wird. Aber jetzt stört es mich nicht mehr. Jetzt gibt mir die Yoga-Stunde in der Gruppe genau das, was ich dort suche: Etwas Körperwahrnehmung, etwas Entspannung, und viele gute Anregungen für körperliche Übungen, die meine Muskulatur, meine Beweglichkeit und meine Koordination verbessern. Die tiefe Meditation kann ich alleine zuhause üben. Dafür brauche ich ja die Gruppe gar nicht.
Ich erkenne hier einen Unterschied zwischen einem männlichen und einem weiblichen Yoga: Der männliche Yoga ist auf die Erleuchtung ausgerichtet. Der weibliche Yoga ist ausgerichtet auf Wellness – auf Stärkung des Selbstwertgefühls, auf Verbindung mit dem eigenen Körper, auf Verbesserung der Gesundheit. Auf Wellness. Aber nicht auf Erleuchtung. Die Wurzeln dieses Yogas liegen bei Siva, Buddha und Sivananda, die Wurzeln liegen also beim Weg zur Erleuchtung. Mir scheint, es stimmt, was ich schon einmal gelesen habe: Die Frauen brauchen, um den Weg zur Erleuchtung zu finden, einen Mann, der ihnen vorangeht. Sicher können auch Frauen auf diesem Weg eigenständig werden. Wenn in diesem oder in einem vorigen Leben ihnen ein Mann das Vorbild gegeben hat. Warum findet in unseren Yoga-Kursen das nicht statt: dass der eigentliche Sinn des Yoga thematisiert wird? Vielleicht fühlen sich jetzt manche Frauen diskriminiert, aber ich glaube wirklich, der Grund ist, dass es in unserem westlichen Umfeld einfach zu wenig Männer gibt, die auf diesem Weg vorangehen.
Genau das ist mein Ziel: den Weg zur Erleuchtung zu gehen. Hier geht es nicht um Eitelkeit, ich will niemandem etwas beweisen. Darum geht es nicht. Es ist mein Ziel von frühester Jugend an. In unserer Kultur ist das natürlich so eine Sache: Auf dem christlichen Weg ist Erleuchtung verpönt. Und in der weiblich geprägten Yoga-Szene ist Erleuchtung kein Thema. Unsere Gesellschaft wäre aufgeklärt? Ja, biologisch schon. Aber in der spirituellen Aufklärung steht sie immer noch am Anfang.
Ich freue mich schon auf den nächsten Yoga-Kurs. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir drei Männer auch dabei sind ;-) …
Strausberg, Freitag, 05.05.2023
Das Thema „Erleuchtung“ darf in einer spirituell aufgeklärten Gesellschaft nicht mehr an den Rand gedrängt werden. Zurzeit ist es ein PfuiWort: bei den Bibelchristen, aber auch bei den „weltlichen Normalverbrauchern“. Beide lehnen „Erleuchtung“ ab, wie sie auch Spiritualität ablehnen. „Erleuchtung“ ist heutzutage nur ein Thema für Hinduisten, Buddhisten und alle Anhänger des Advaita – der Non-Dualität. „Erleuchtete“ geben „Satsang“: Sie lassen den Suchenden an ihrer Erleuchtung teilhaben, normalerweise gegen Eintritt. Mich widert diese Situation an. Da bin ich geprägt vom Christlichen:
„Umsonst habt ihr's empfangen, umsonst gebt es auch.“
Matthäus 10:8
Dieser Satz, den auch die „christlichen“ Berufspriester übersehen haben, widerspricht dem Ansatz, für spirituelle Unterweisung Geld zu nehmen. Diese Situation widert mich nicht nur an wegen diesem Geschäftsmodell, das die Erleuchtung zum Brotberuf degradiert. Diese Situation widert mich auch an wegen dieser Rollenzuweisung: Hier der Erleuchtete – dort die Unerleuchteten. Erleuchtung als ein Merkmal, das den Erleuchteten von den Mitmenschen unterscheidet. Sollte Erleuchtung den Erleuchteten nicht mehr in die Einheit führen?
Mir ist es egal, ob die modernen Gurus erleuchtet sind oder nicht. Ihre Rolle widert mich an. Das betrifft Sadhguru in Indien wie auch Om C. Parkin in Deutschland. Diese Lehrer-Attitüde von einem, der die Antwort auf alles hätte… Ich glaube, dass das destruktiv ist und nicht wirklich der Beitrag, den unsere Gesellschaft für ihr spirituelles Erwachen braucht.
Im Christentum heißt es,
“…einer ist euer Meister, Christus;
ihr aber seid alle Brüder“
(Matthäus 23:8)
und
„…also soll es unter euch nicht sein. Sondern welcher will groß werden unter euch, der soll euer Diener sein“
(Markus 10:43).
Ich glaube, wir brauchen eine gänzlich neue Kultur im Umgang mit der Erleuchtung. Ein wahrer Erleuchteter sieht das nicht als eine Rolle. Ein wahrer Erleuchteter bezeichnet sich nicht als einen solchen. Gleichzeitig sollte aber Erleuchtung ein Thema sein, über das gesprochen wird. Weil sie in einer spirituellen Gesellschaft das übergreifende Ziel ist. Wir sollten endlich lernen, auf Augenhöhe über das Thema Erleuchtung zu sprechen – nicht mehr nur in dieser nach meiner Auffassung völlig destruktiven Meister-Schüler-Konstellation. Dieser neuen Kultur im Umgang mit der Erleuchtung liegt auch ein anderes Verständnis von Erleuchtung zugrunde: Erleuchtung nicht als ein On-Off, als ein plötzliches Erlebnis, das alles ändert – eine Auffassung, die die Welt einteilt in Erleuchtete und Unerleuchtete. Sondern Erleuchtung als Prozess. Wir streben die Erleuchtung an und befinden uns in einem Prozess der Erleuchtung. Jeder hat Anteile der Erleuchtung, jeder befindet sich in einem Prozess der Erkenntnis und des Wachstums. Dieser Prozess ist auch niemals abgeschlossen. In einer spirituellen Gesellschaft wird Erleuchtung etwas Selbstverständliches: Nicht als etwas, das man HAT, sondern als einen Prozess, den jeder auf seine eigene Weise LEBT.
Zu sagen, für einen Christen wäre Erleuchtung nicht das Ziel, sondern Erlösung, ist lächerlich. Denn wenn wir uns als Nachfolger Jesu verstehen, dann wollen wir auch erleuchtet werden, wie er erleuchtet war. Schließlich war und ist er „das Licht der Welt“. Das ist christliche Glaubenslehre. Der angebliche Gegensatz bei den Bibelchristen zwischen Erleuchtung und Erlösung, zwischen „Selbsterlösung“ durch eigene Anstrengung und zwischen der „Gnade der Erlösung“ durch Glauben ist konstruiert und unbegründet. Natürlich bedarf ein Erleuchtungssuchender der Gnade, wie ein Erlösungssuchender der Arbeit an sich selbst bedarf. Wer nach Erleuchtung sucht, will erlöst werden. – Und wer nach Erlösung sucht, will nicht erleuchtet werden?
Erleuchtung sollte nicht mehr als ein Sonderweg für bestimmte Menschen gesehen werden, sondern als der Lebensprozess, in dem alle Menschen stehen. Etwas Selbstverständliches. Alle Menschen wollen Lebenserfolg, Glück im Leben und in der Liebe, Heilung. Wenn ich mir die verschiedenen Ratgeber zu diesen Themen anschaue – und meine eigenen bisherigen Erkenntnisse – so sehe ich, dass diese Themen alle mit der Erleuchtung zusammenhängen. Anders gesagt: Unsere wirtschaftliche Situation ist prekär, wir sind unzufrieden, gefrustet und krank – weil wir nicht erleuchtet sind! Und dann gehen „Erleuchtungssuchende“ zu Satsangs bei „Erleuchtungslehrern“ und wollen Erleuchtung finden! Als wenn Erleuchtung ein Sonderthema wäre…
Erleuchtung ist für mich ein Thema in diesem „Tagebuch einer Krebsheilung“, weil ich mehr und mehr erkenne, dass in der gelebten Spiritualität der zentrale Schlüssel zur Heilung liegt. Ich esse jeden Tag gesunden Salat mit Sprossen, ich halte meine Ruhezeiten ein, ich bewege mich viel und mache regelmäßig ein Wellness-Yoga. Das ist auch alles wichtig. Aber das Zentrale ist: mein Weg zur Erleuchtung. Die Krankheit gibt mir die Botschaft, dass ich meinen Weg zur Erleuchtung neu ausrichten muss. Das ist das Zentrale. Das andere ist Drumrum.
Die Erleuchtung wird in dieser Gesellschaft vom Alltagsleben abgetrennt. Nach meiner Wahrnehmung unterstützen die „Erleuchtungslehrer“ mit ihrem Satsang-Setting diese Abtrennung. Wir brauchen Erleuchtung aus ganz lebenspraktischen Gründen – aber nicht, um mit ihr Geld zu verdienen! Sondern um im Leben die richtigen Entscheidungen zu treffen, erleuchtete Entscheidungen. Das ist ein ganz anderer Ansatz als der der „Profi-Erleuchteten“. Wir sollten ihnen kein Geld mehr geben, sondern anstattdessen erkennen, dass der Keim der Erleuchtung in uns selbst liegt: der innere Christus. Dann tauschen wir uns auf Augenhöhe über unsere Erfahrungen aus.
Strausberg, Sonntag, 07.05.2023
Ich möchte eine neue Kultur der Erleuchtung. Aber die „Erleuchteten“, die sich in unserer heutigen Zeit anbieten, lehne ich ab. Das ist kein Gegensatz. Ich sehe die „Erleuchteten“, die erhöht über ihren Schülern sitzen und die Erleuchtung als Brotberuf betrachten, als die Bremser, als die, die noch an der alten Zeit festhalten. Wenn die neue Zeit kommt, das Zeitalter des Christus, dann werden sie wieder mit ihren Händen arbeiten müssen. Das Gefälle „Erleuchteter“ – „Unerleuchteter“ wird durch sie zementiert. Es ist das gleiche Gefälle wie zwischen Priester und Kirchengläubiger, zwischen Arzt und Patient. Für alles brauchen wir „Experten“. Für die Erleuchtung brauchen wir „Erleuchtungs-Experten“. Dieses Gefälle gehört der alten Zeit an.
Das neue Zeitalter ist das Zeitalter des Christus. Da Christus in jedem Menschen ist, ist es also das Zeitalter der Selbstermächtigung: Wir finden zum inneren Christus und lassen uns mehr und mehr von ihm leiten.
Im Zen-Buddhismus heißt es:
„Vor der Erleuchtung
Holz hacken und Wasser holen,
nach der Erleuchtung
Holz hacken und Wasser holen.“
Weder glaube ich, dass wahre Erleuchtete irgendeinen Drang haben, sich als Erleuchtete zu präsentieren. Noch glaube ich, dass der Mensch durch die Erleuchtung zu einer Erwerbstätigkeit untauglich wird. Das Erste, was man nach der Erleuchtung macht, die Rolle des Erleuchteten einzunehmen – ist das nicht fantasielos und destruktiv? Der wahre Erleuchtete lebt mitten unter den Menschen, hilft ihnen bei der Bohnenernte, beim Maurern und in der Krankenpflege.
Wenn er erleuchtete Entscheidungen trifft, wird er in seinem Leben erfolgreich sein, in seinem beruflichen und in seinem privaten Leben. Die Erleuchtung strahlt aus, von ganz alleine. Diese echt bescheuerte Rolle des „Erleuchteten“ brauchen wir dazu nicht. Wir Menschen lernen alle voneinander im Zusammenleben. Von einem anderen Menschen, der das Etikett „erleuchtet“ tragen muss, zu lernen, sich auf den Weg zu einem „Erleuchteten“ zu machen, macht in der alten Welt Sinn. In der neuen nicht mehr. Wenn Spiritualität nicht mehr als ein Sonderweg gilt, sondern als die Grundlage des Lebens, für alle Menschen, zu jeder Zeit. Alle Menschen können voneinander lernen.
Hört endlich auf, den Erleuchteten hinterherzulaufen! Fangt endlich an, der Erleuchtung hinterherzulaufen!
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Eine wahre Religionsauffassung sucht Gott im eigenen Inneren, wie es auch in der Bibel heißt:
„…das Reich Gottes ist inwendig in euch.“
Lukas 17:21
Eine Religionsauffassung, die man oft bei den Yogis im Osten antrifft, leitet daraus ein Leben ab, das sich von den Erscheinungen dieser Welt abkehrt – als Einsiedler in abgelegenen Hütten oder Höhlen zu wohnen, um sich nur noch Gebet und Meditation zu widmen. Die Legende vom Leben des Buddha bietet ein Beispiel: Er hat nicht nur seine Kameraden, seine Frau und den ganzen Hof verlassen, um zur Erleuchtung zu finden. Er hat auch alle Zirkel und Kreise der Erleuchtungssuchenden hinter sich gelassen und hat in der Einsamkeit unter dem Bodhi-Baum zu seinem Erleuchtungserlebnis gefunden.
Spirituell Suchende wollen oftmals solchen Vorbildern nacheifern. Manche westliche Sucher zieht es in die Einsamkeit des Himalaya, um dort einen „Erleuchteten“ zu finden. Manche Höhlen-Einsiedler machen wohl auch tatsächlich auf ihrem extremen Weg gewisse Fortschritte, entfalten Kräfte, gelangen zu einer tieferen Schau. Aber wie soll unsere Entwicklung vollständig sein, wenn wir uns von allen sozialen Erfahrungen absondern? Wie sollen wir in der Einsamkeit Kompetenzen entwickeln wie Verantwortungsgefühl oder Einfühlungsvermögen? Wie sollen wir in der Einsamkeit die Demut entwickeln, die entsteht, wenn in einem Konflikt mit einem Mitmenschen die Erkenntnis dämmert: „Der andere hat recht“? Wie sollen wir den Weg der Selbsterkenntnis gehen, der die eigenen Fehler und Schwächen freilegt und bearbeitet, wenn wir unseren besten Spiegel, den Mitmenschen, meiden?
Für einige wenige mag die Meditation in der Einsamkeit vielleicht wirklich der beste Weg sein. Doch auch die meisten Himalaya-Einsiedler gehen insgesamt nicht nur einen Weg der Absonderung: Sie sind Schüler bei einem Guru, inmitten einer Schülerschar. Die Absonderung in der Einsamkeit ist sehr oft nur eine Episode auf ihrem Weg. Eine konstruktive Episode – aber nur, wenn sie eingebettet ist in einen umfassenden Weg der Persönlichkeitsentwicklung. Für die meisten Menschen ist das Sich-Absondern, um die Erleuchtung zu finden, ein Irrtum. Man trennt zwischen Welt und Innenwelt, zwischen Außen und Innen. Eine integrierte, vollständige Erleuchtung ist nicht nur innere Erkenntnis, sondern auch äußere Transformation des ganzen Menschen.
Der christliche Weg bietet einen Weg der Transformation, der vor den Fallschlingen des Einsiedler-Daseins bewahrt und der den Menschen sicher dahin führt, seine Bestimmung zu erfüllen. Dem Nächsten dienen. Denn wenn Gott im eigenen Inneren ist, so ist er auch in jedem Menschen. Die Beziehungen zu den Mitmenschen geben uns eine genaue Aussage über unsere Beziehung zu Gott. Dem Nächsten dienen geht in jedem Beruf, nicht nur in den sozialen Berufen. Denn es ist eine Frage der inneren Einstellung, ob man seine Arbeit erledigt, nur um für sich selber Geld zu verdienen, oder ob man seine Arbeit erfüllt, um die Welt für die Mitmenschen ein Stück weit besser und schöner zu machen.
Gebet und Meditation stellen auf dem christlichen Weg einen Teil dar, nehmen jedoch nicht die meiste Zeit des Tages ein. Das „Bete und Arbeite“ führt zu einem inneren Erlebnis einer Gottesliebe, die nicht mehr die Welt ausschließt, sondern die die Welt umfasst und durchdringt.
Gut und Böse
Eine Schöpfung kann es nur zwischen zwei Polen geben. Aus der Korrespondenz zwischen diesen beiden Polen entstehen ihre vielfältigen Formen. Die beiden Pole der gottgeschaffenen himmlischen Schöpfung heißen Yin und Yang, oder auch Männlich und Weiblich, oder auch Positiv und Negativ. Dies ist in keiner Weise wertend gemeint, sondern es ist vollkommen klar, dass nur beide Pole gemeinsam sich zum runden Ganzen ergänzen. Beide Pole werden also gebraucht, beide Pole streben in jedem Menschen zur Entfaltung.
Etwas anderes ist es jedoch mit den Polen Gut und Böse in der gefallenen Schöpfung. Diese beiden Pole sind keinesfalls wertfrei gemeint, sondern sie sind der Inbegriff der Wertung. Denn nur in der Hinwendung zum Guten kann die gefallene Schöpfung wieder aufsteigen, ihre materielle Schwere transformiert werden und in ihren ursprünglichen geistigen Aggregatzustand überwechseln. Durch die Hinwendung zum Guten kann sich die gefallene Schöpfung wieder in den himmlischen Kosmos, aus der sie stammt, integrieren. Dies gilt für jede einzelne gefallene Seele, dies gilt aber auch für den ganzen Erdplaneten. Denn auch dieser ist in seiner materiellen Form nichts als kristallisierter Geist und wird somit wieder zu Geist werden und seinen Platz in seiner geistigen Galaxie wieder einnehmen.
Das Ziel der einzelnen gefallenen Seele ist demnach der Aufstieg und somit die Rückkehr in ihre geistige Heimat.
Nach der Lehre des Non-Dualismus ist das Ziel der einzelnen gefallenen Seele die Rückkehr ins Nirvana, also in den Zustand jenseits der Formen und Gestaltungen, in die große Leere, ins Ungeschaffene. Diese Seinsebene ist immer da, sie ist wie das Licht, das im Filmprojektor hinter dem Film denselben erst zum Leben erweckt. Das weiße formlose Licht im Filmprojektor ist immer da. Auch in der Schöpfung und als Mensch können wir zu diesem Licht finden, „Erleuchtung“ erlangen. Dieses Erlebnis der Erleuchtung löst jedoch die Schöpfung und das Geschöpf nicht auf. Der Mensch bleibt Mensch, ist nach wie vor in eine Welt gestellt, die er durch sein Handeln, sein Agieren und Interagieren gestaltet. Und das ist gut so. Denn welchen Sinn sollte die Schöpfung haben, wenn sie sich einfach wieder auflöste? Das tut sie nicht. Sie bleibt. Vielleicht zum Ärger und Verdruss der „Erleuchteten“, aber sie bleibt.
Es bleibt dem Menschen sein körperliches Dasein, seine Umwelt, sein unaufgeräumtes Leben. So ist also mit der „Erleuchtung“ der Prozess des Menschen nicht abgeschlossen. Es fehlt noch die Transformation. Die Transformation zum Himmelswesen, also der Aufstieg in die ursprüngliche Heimat des göttlichen Kindes und die Rückkehr des Kindes zu seinem Vater, die „Wieder-Vereinigung“, also die „Re-Ligion“. Es fehlt in der Lehre der Erleuchtung die Religion.
Diese Lehre ist nicht vollständig, sie liefert keine Antwort auf die Frage: Wozu ist die Schöpfung eigentlich geschaffen? Sie vertritt die Position, den Menschen auf diese Frage keine Antwort liefern zu müssen, weil sie die gesamte Schöpfung einfach als Illusion bezeichnet. Somit gibt es also auch keinen Schöpfer, der sich irgendetwas dabei gedacht haben könnte. Die Illusion spiele sich einzig und allein in dem einzelnen Menschen selbst ab, und der müsse sich lediglich von ihr befreien, dann sei alles vollbracht.
Muss denn da nicht dem spirituellen Sucher aufgehen, wie herzlos diese Lehre eigentlich ist? – Die ganze Schöpfung nur Illusion, ohne jeden Sinn?
Vom bloßen Kopfesverstand her mag diese Lehre vielleicht Sinn machen, wenn man mit seinen Fragen an dieser Stelle stehen bleibt. Jedoch den bohrenden Fragen eines Herzensdenkers, eines, der Herz und Kopf in sich vereinen kann, kann sie keine Antwort liefern:
Wozu bin ich geboren?
Wozu bin ich aufgewachsen?
Wozu arbeite ich?
Illusion???
Das kann nicht die einzige Antwort sein. Und was kann eine herzlose Lehre anderes sein als eine Verstandeslehre?
Hier ist ein Knoten, der aufzulösen ist. Denn, wie gesagt, die Lehre von der non-dualen Daseinsebene ist nicht falsch, sie beschreibt die Wirklichkeit. Doch in Bezug auf die Deutung der Schöpfung begeht sie in der Regel einen prinzipiellen Fehler: Sie wirft immer wieder die himmlische Schöpfung und die gefallene Schöpfung in einen Topf.
Die gefallene Dualität von Gut und Böse ist eben NICHT genauso wertfrei wie die himmlische Polarität von Yin und Yang.4