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Vier weiße Federn Black Eyes, der Häuptling der Hunkpapa-Sioux, plant mit seinen Kriegern einen Überfall auf ein Eisenbahncamp. Als Belohnung soll er vier weiße Federn erhalten. Dan Oakland und sein Sohn versuchen, die Attacke zu verhindern, doch sie scheitern. Außerdem sind Crow-Indianer, Todfeinde der Hunkpapa, in der Gegend aufgetaucht. Die Lage spitzt sich zu. Trail aus Blut und Eisen Der Bürgerkrieg ist zu Ende, der Bau der Eisenbahn wird vorangetrieben. Doch mit der Eisenbahn kommen auch Verbrecher ins Land der Indianer. Einer von ihnen ist Lorne Blackman. Zusammen mit einer Horde Revolvermänner versucht er, die Bauarbeiten zu verzögern, um davon zu profitieren. Die Dakota-Indianer versuchen, die Siedlerzuströme einzudämmen. Dan Oakland und sein Sohn Sky stehen wieder zwischen den Fronten.
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Seitenzahl: 263
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Dan Oakland Story
In dieser Reihe bisher erschienen
4301 U. H. Wilken Lockruf der Wildnis
4302 U. H. Wilken Teufelsbrigade
4303 U. H. Wilken Die Feuertaufe
4304 U. H. Wilken Der weiße Büffel
4305 U. H. Wilken Das Aufgebot des Bösen
4306 U. H. Wilken Grausame Grenze
4307 U. H. Wilken Omaha-Marter
4308 U. H. Wilken Blutige Säbel
4309 U. H. Wilken Der Unbezwingbare
4310 U. H. Wilken California-Trail
4311 U. H. Wilken Berg der zornigen Götter
4312 U. H. Wilken Die Teuflischen
4313 U. H. Wilken In Todesgefahr
4314 U. H. Wilken Schwarzer Horizont
4315 U. H. Wilken Der Raubadler
4316 U. H. Wilken Trail aus Blut und Eisen
U. H. Wilken
Trail aus Blut und Eisen
Der Text wurde anhand der Originalmanuskripte des Autors sorgfältig überarbeitetet und um bisher unveröffentlichte Textpassagen ergänzt. Der Abdruck erfolgt mit ausdrücklicher Genehmigung von Detlef Wilken.
Dieses Buch enthält die Einzelromane:
Vier weiße Federn
Trail aus Blut und Eisen
Als Taschenbuch gehört dieser Roman zu unseren exklusiven Sammler-Editionen und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.Bei einer automatischen Belieferung gewähren wir Serien-Subskriptionsrabatt.Alle E-Books und Hörbücher sind zudem über alle bekannten Portale zu beziehen.© 2022 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Alfred WallonTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiUmschlaggestaltung: Mario HeyerVignette: Wiktoria Matynia/123RF.comSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-102-1
Laut hallte ein Wolfsschrei über Berg und Tal.
Ein Mann rief wie ein einsamer Wolf.
Dan Oakland.
Hoch oben auf dem Plateau am Rand der Prärie witterte ein Hunkpapa-Sioux-Indianer in den Wind. Er lächelte.
„Catch-the-Bear kommt.‟
Er kam mit seinem Sohn Sky aus den Tiefen der Wälder in den hellen Sonnenschein der Ebene.
Ein großer, bulliger Trapper in Wolfsfellkleidung mit einem gutmütigen Gesichtsausdruck, rauchgrauen Augen und harten Fäusten.
Neben ihm ritt schlank, sehnig und schwarzhaarig sein Sohn Sky, ein Halbblut. Rauschend schlug das Büffelfell auf Skys Schultern im Bergwind hin und her.
Freunde trafen Freunde.
Sie begrüßten einander und setzten sich an das Lagerfeuer, blickten hinaus auf die Prärie und sahen in rauchiger Ferne das Bahnbau-Camp der Union Pacific.
‟Sie bauen den Weg für das eiserne Pferd‟, sagte Black Eyes. Zwei weiße Federn wippten in seinem schwarzen Haar. „Sie wollen das eiserne Pferd in das Land der untergehenden Sonne bringen.‟
„Ja, mein Bruder Black Eyes, sie bauen den Schienenstrang nach Westen‟, sagte Dan Oakland, „und viele weiße Männer werden in das Land der Indianer kommen.‟
„Dann werden wir sie töten, Catch-the-Bear. Das Herz von Dakota schlägt stark und wird zu Stein werden, wenn die Bleichgesichter nach ihm trachten.‟
Viele Federn bewegten sich im heißen Wind. Die tapferen Hunkpapa-Krieger waren ausgezogen, das Stahlross des Weißen Mannes zu beobachten.
An diesem heißen Tag am Rand der Prärie sprach Black Eyes einen Schwur und hob feierlich die Hände in alle vier Himmelsrichtungen.
Rauchzeichen wallten in den Himmel.
Axtschläge störten die Stille der Wälder.
„Schluss für heute, Jungs.‟
Zwei Männer und ein Junge schleppten das letzte Brennholz zum Wagen. Geschmeidig glitt der Junge unter den Wagen und legte sich auf das Tragegestell zwischen den vier Rädern. Die Männer stiegen vorn auf, und der beladene Wagen rollte aus dem Schatten der Bäume hinaus in das weite Tal.
Jäh tauchten überall in der Runde Krähenindianer auf und hielten auf struppigen Ponys am Talrand.
Die knochigen Gesichter der Crow trugen die Farben des Krieges.
Stampfend standen die Ponys unter den Kriegern, die nur mit Lendenschurz und Mokassins bekleidet waren. Die langen Haare der Reiter und die Mähnen der Ponys flatterten im Wind.
Sehnige Fäuste hielten Gewehre, Lanzen und Tomahawks.
Jack Lordsburg zerrte an den Zügeln der Wagenpferde. Knarrend rollte der Wagen aus.
„Jack‟, stöhnte der Gehilfe, „das sind mehr als fünfzig Krieger.‟
„Ruhig bleiben, Matthew. Nur nicht durchdrehen
„Die bringen uns um.‟
„Abwarten, Matthew.‟ Steif drehte Jack Lordsburg sich auf dem Bock halb herum. „Ricky, bleib unter dem Wagen. Rühr dich nicht, was auch passiert. Hörst du, mein Junge?‟
„Ja, Dad‟, drang es gepresst unter dem Wagen hervor. Zitternd vor Furcht krümmte Ricky Lordsburg sich auf dem Tragegestell zusammen und starrte mit geweiteten Augen auf die Indianer.
„Vielleicht schaffen wir es‟, hoffte Jack Lordsburg leise. „Wir müssen ganz ruhig sein, Matthew.‟
„Ja, natürlich, ganz ruhig‟, ächzte der Gehilfe. „Großer Gott, ich habe Angst, Jack.‟
„Denkst du, ich hätte keine Angst?‟
Jeden Tag war Jack Lordsburg mit seinem Gehilfen Matthew und seinem Sohn Ricky in die Wildnis gefahren, hatte Brennholz in den Wäldern geschlagen und war dann mit der Fracht zum Camp der Union Pacific gefahren, wo das Holz knapp geworden war und die Schwellen- und Schienenleger Brennholz für ihre Lagerfeuer brauchten.
Immer war es gutgegangen.
Heute nicht.
Heute begegneten sie dem Tod auf vielen struppigen Ponys.
Sie hatten keine Chance.
Oder war das alles nur ein teuflischer Scherz der Crow, ein höllisches Spiel mit der Furcht der Weißen?
Mit flatternder Hand wollte der Gehilfe zum Gewehr greifen.
„Lass das, Matthew‟, krächzte Jack Lordsburg. „Willst du uns alle umbringen?‟
„Die Rothäute wollen uns doch umlegen und skalpieren.‟
„Vielleicht, Matthew. Du kannst aber mit deinem Gewehr nur ein paar von ihnen abschießen. Die anderen würden dich mit Kugeln, Pfeilen und Lanzen durchlöchern. Wir kommen hier nicht mehr raus. Uns bleibt nur übrig, abzuwarten. Wenn wir uns ganz ruhig verhalten, haben wir vielleicht eine Chance.‟
„Sie reiten an.‟
„Ruhig Blut. Reiß dich zusammen.‟
Steif hockten die beiden Männer auf dem Wagenbock. Reglos und angespannt lag der junge Ricky unter dem Wagen. Er sah, wie die Indianer näherkamen. Deutlich erkannte er, dass sie seinen Vater und den Gehilfen Matthew beobachteten. Sein Herz schlug schnell und hart. Die Angst begann ihn zu würgen.
Nur sehr langsam näherten sich die Indianer von allen Seiten dem Wagen der Holzfäller.
In der unheimlichen Stille waren nur das dumpfe Pochen der unbeschlagenen Hufe und das Prusten der Ponys zu hören.
Manche Ponys trugen einen Sattel, andere ein Sattelgestell, wieder andere nur eine Decke oder ein weiches Fell.
In den knochigen Gesichtern der Crow zuckte kein Muskel.
Plötzlich blieben sie alle stehen und starrten die beiden weißen Männer an. Mitten im Kreis der berittenen Krieger hielt ein narbenübersäter und grauhaariger alter Häuptling, flankiert von den Unterhäuptlingen seines Stammes.
„Old Hawk‟, flüsterte Jack Lordsburg. Er krampfte die schweißfeuchten Hände um die Zügelenden und starrte den alten Crow an.
Unvermittelt stieß Old Hawk ein Kichern aus. Alle Krieger lachten mit ihm. Schallendes Gelächter schlug über dem Wagen zusammen.
Matthew atmete flatternd aus und griente schwach.
Lordsburg behielt sein ausdrucksloses Gesicht.
Sein Sohn Ricky bebte am ganzen Körper. Für ihn war dieses Gelächter schrecklich.
Schlagartig brach das Gelächter ab.
Die Indianer ritten wieder an.
Der tödliche Kreis der Krieger wurde enger, die Reiter rückten allmählich zusammen. Staub schlug unter den Ponyhufen hoch und strich über die Grasnarbe.
Kriegsfarben bedeckten auch die bloße Brust der Krieger. Blauschwarz glänzten die langen glatten Haare. Der Geruch von Büffelfett wehte zum Wagen herüber.
Die Weißen wagten kaum mehr zu atmen.
Die Crow waren auf dem Kriegspfad.
Nun hatten sie den Wagen erreicht. Still saßen sie auf den Ponys. Alle blickten kalt auf die Bleichgesichter. Niemand entdeckte den vierzehnjährigen Jungen auf dem Gestell unter dem Wagen.
Zwei Krähenindianer ritten hart an den Wagen heran. Die Ockerfarbe auf den Gesichtern bröckelte bereits ab. Einer streckte die Hand aus und berührte das schüttere graue Haar Jack Lordsburgs.
Unter der Berührung der Indianerhand hielt Jack Lordsburg den Atem an.
Der Crow strich wie prüfend über das trockene Haar des Weißen. In seinen dunklen Augen erschien ein seltsamer Ausdruck, als würde er in die Ferne blicken und sich dabei überlegen, wie wohl dieser graue Haarschopf an seiner Skalplanze vor dem Wigwam aussehen würde.
Ein anderer Indianer berührte Matthews Gesicht, als wollte er es streicheln. Düsteres Schweigen herrschte in der Runde.
Langsam glitt die braungebrannte Hand des Indianers über Matthews Gesicht, erreichte das Kinn und fasste fest zu, zog Matthews Kopf herum und hielt das Kinn fest. Durchdringend starrte der Crow den Gehilfen an. Niemand sprach ein Wort.
Der junge Ricky rührte sich nicht. Er konnte von den Krähenindianern nur Beine und Lendenschurze sehen und die Spitzen der auf den Boden gerichteten Lanzen.
Matthew stöhnte.
„Ruhig‟, ächzte Jack Lordsburg, „um Gottes willen, bleib ruhig.‟
Er spürte die Hand des Indianers auf dem Kopf. Der Crow streckte den Zeigefinger aus und machte eine kreisrunde Bewegung um Lordsburgs Kopf. Dabei schrammte der Fingernagel über die Kopfhaut. Die Bewegung deutete das Skalpieren an.
Plötzlich lachten die Indianer laut auf. Wie verrückt umritten sie den Wagen und wirbelten mit den Ponys den Staub aus dem trockenen Gras auf. Immer wieder stießen sie spitze Schreie aus und lachten wie irre.
Steif und starr saßen Jack Lordsburg und sein Gehilfe Matthew auf dem Wagen. Darunter bangte Ricky um sein junges Leben.
Das Gelächter währte wohl eine Minute. Dann war es wieder totenstill. Alle Krieger hatten sich wieder um den Wagen zusammengerottet.
„Old Hawk, großer, tapferer Häuptling der Crow‟, sagte Lordsburg mühsam, „wir sind in Frieden gekommen, wir wollen in Frieden gehen.‟
Der ergraute Häuptling sah ihn düster an.
„Schweig, Bleichgesicht! Meine Späher haben dich beobachtet. Du hast die Bäume getötet und unser Holz geraubt. Diese Wälder gehören den Crow. Du hast uns bestohlen.‟
„Das habe ich nicht gewusst! Darauf gebe ich mein Wort. Ich ...‟
„Du lügst, Bleichgesicht‟, fauchte Old Hawk. „Du und alle anderen Bleichgesichter seid im Land der Crow. Ihr alle habt kein Recht, den Boden der Crow zu betreten und den Weg für das eiserne Pferd zu bauen. Meine alten Augen haben viel gesehen, Bleichgesicht. Das weite Land gehört nur dem roten Mann. Ihr Bleichgesichter seid wie Heuschrecken über unser Land hergefallen. Ihr zerstört das Gesicht der Erde und verjagt das Wild. Ihr tötet die Büffel und lasst das Fleisch in der Sonne faulen. Die Squaws und die Kinder der Crow aber müssen hungern.‟
„Aber ich habe nur Holz geschlagen, großer Häuptling.‟
„Du sagst es. Du hast die alten Bäume zum Bluten gebracht.‟
Die Situation wurde immer gefährlicher. Der Schweiß rann in Strömen über die Gesichter der beiden weißen Männer.
„Old Hawk hat die Stimme des Großen Geistes vernommen‟, sprach der ergraute Häuptling. „Der Große Geist hat gesagt, dass ein Krieg gut ist für die Crow.‟
Hart drängten die berittenen Indianer an den Wagen heran.
Ricky sah nur noch die Leiber der Ponys neben dem Wagen.
Plötzlich hörte er röchelnde Schreie.
Die Ponys wurden zurückgerissen. Jack Lordsburg und sein Gehilfe Matthew kippten vom Wagen. Beide waren von einer Lanze durchbohrt. Sie lebten noch, krümmten sich vor Schmerzen und zuckten im Todeskampf.
Ricky schlug die Fäuste vor das verzerrte Gesicht und biss hinein. Er sah, wie zwei Indianer von den Ponys sprangen und auf den Sterbenden niederknieten, wie sie die Messer ansetzten und die beiden Männer skalpierten.
Vor Entsetzen wurde Ricky fast ohnmächtig.
Er durfte nicht schreien, er musste die furchtbare Qual stumm ertragen.
Er sah, wie die beiden Crow ihre Tomahawks anhoben und die beiden skalpierten Männer erschlugen.
Sie waren sofort tot.
Mit blutigen Skalpen saßen die beiden Indianer auf und stießen einen triumphierenden Kriegsschrei aus.
Die mörderische Meute raste durch das Tal. Die Krähenfedern bogen sich im Reitwind auf den Köpfen der Indianer.
Ricky musste sich übergeben.
Zitternd lag er unter dem Wagen und wagte sich nicht hervor.
Die Crow hatten die Wagenpferde mitgenommen.
Vor Ricky lagen erschlagen sein Vater und der junge Matthew.
Nach einer Ewigkeit der tausend Ängste kroch Ricky Lordsburg unter dem Wagen hervor. Er konnte die Gesichter der Toten kaum erkennen, sie waren mit verkrustetem Blut bedeckt.
Stöhnend lief Ricky durch das Tal.
Er wollte das Camp der Union Pacific erreichen, eines der vielen Camps am Schienenstrang nach Westen.
Plötzlich hörte er schrille Rufe und schlagende Hufe, starrte zurück und sah fünf Crow zu Pferde heranjagen.
Der Junge rannte um sein Leben.
Doch die Crow holten ihn ein, umschwärmten ihn und krallten die Hände in seine Kleidung. Sie rissen ihm alles vom Leib, bis er nackt vor ihnen durch die Wildnis hetzte.
Schließlich schlugen sie ihn nieder.
Sie zerrten ihn hoch, warfen ihn auf ein Pony und ritten mit ihm davon.
Ricky Lordsburg hatte den blutigen Überfall überlebt.
Längst waren die Rauchzeichen auf dem hohen Plateau verweht.
Catch-the-Bear Daniel Oakland stand neben Black Eyes, dem Hunkpapa-Häuptling. Sky hielt sich im Hintergrund in der Runde der Indianer auf.
„Die Hunkpapa werden nicht still zusehen, wie die Bleichgesichter den eisernen Weg legen‟, sagte der Häuptling ernst. „Wir werden die Bleichgesichter berühren.‟
Dan Oakland wandte sich dem Häuptling zu und nahm den Blick vom fernen Camp.
„Die Weißen wissen nichts vom Leben der Indianer und von ihren Sitten, Black Eyes. Wenn ihr sie berührt, werden sie vorsorglich auf euch schießen.‟
Black Eyes lächelte.
„So soll es sein, Catch-the-Bear. Dadurch werden die tapferen Hunkpapa noch erfahrener und geachteter.‟
„Sie sind es schon, Black Eyes, und du weißt es. Warum also willst du, dass deine Krieger zum Camp schleichen?‟
„Mein weißer Bruder hat mir gesagt, dass er mit seinem Sohn zum Camp reiten will.‟
„Ich möchte erst wissen, warum du deine Krieger in Gefahr bringen willst, Black Eyes.‟
Rot glühte der Sonnenball im Westen. Aus den Wäldern stiegen Nebel auf.
Black Eyes legte die Rechte auf Dan Oaklands Schulter.
„Die Hunkpapa sind aus Dakota gekommen, um das eiserne Pferd zu sehen. Die Hunkpapa werden viel zu erzählen haben an den Lagerfeuern von Paha Sapa. Sie sollen nicht ohne Kampf zurückkehren. Wer sehr tapfer war, wird vier weiße Federn im Haar tragen.‟
Vier weiße Federn.
Daran dachte Dan, als er mit seinem Sohn abwärts ritt und über die weite Prärie zog.
Vier weiße Federn, das bedeutete höchste Tapferkeit. Jede einzelne weiße Feder war schon allein eine hohe Auszeichnung, ein indianischer Orden. Nur an der Spitze war die Feder bräunlich gefärbt, etwas grau und von einem schwachen bläulichen Glanz.
Es gab einen heiligen Ritus der Adlerfedern.
Jeder Sioux-Indianer war ehrgeizig und strebte nach diesen weißen Federn. Keiner durfte sich diese Federn selbst ins Haar stecken.
Der Ehrgeiz war schon für manchen Hunkpapa tödlich geworden.
Dan Oakland machte sich Gedanken darum und sprach darüber mit seinem Sohn.
„Man wird auf sie schießen, Sky. Man wird die Hunkpapa töten oder schwer verwunden. Man wird vielleicht ein paar von ihnen gefangen nehmen und aufknüpfen. Wir können aber Black Eyes und seine Krieger nicht von ihrem Vorhaben abbringen.‟
„Willst du nur zusehen, Vater?‟
Dan blickte in das schmale Indianergesicht seines Sohnes.
„Ich weiß noch nicht, Sky. Wirklich, ich weiß nicht, wie ich die Hunkpapa überreden soll. Für sie ist es ein kriegerisches Spiel, mehr nicht, denn sie wollen ja nicht die Weißen töten, sie wollen sie berühren und dann verschwinden. Das ist gefährlicher, als die Weißen zu töten. Denn ein lebender Weißer kann hinterherfeuern.‟
Sky nickte und schwieg.
Er wusste, dass dieses Berühren eines Gegners als eine besondere Tapferkeit gewertet wurde. Alle tapferen Taten waren bei den Sioux in eine Wertigkeitsfolge gebracht. Erst an neunter Stelle rangierte dabei übrigens das Skalpieren eines Gegners.
Langsam ritten sie zum Camp.
Die Sonne sank. Graue Schwaden wallten über die Prärie.
An diesem Abend geschah weitab von der Prärie ein blutiger Zwischenfall.
Drei weiße Männer lebten als Jäger in den Bergen und Wäldern. Sie hatten sich eine Blockhütte und einen Stall gebaut. Alles sah wie eine kleine Farm aus und war es auch.
Die Männer waren im Blockhaus.
Einer dieser Männer hieß Gavin Belafonte. Er war jung und ein französischer Kanadier. Doch er streifte schon lange mit den beiden Gefährten über die Prärien und durch Wälder im amerikanischen Westen.
Er lachte viel und machte gern Späße.
An diesem Abend sollte ihm das Lachen für immer vergehen.
Noch saß er mit den beiden Partnern im Blockhaus. Das Talglicht warf seinen zuckenden Schein auf die Gesichter der Männer und auf Gavin Belafontes blond-schwarzes Haar. Seine Haarfarbe war so ungewöhnlich, dass selbst der ruhigste Indianer auf den Gedanken kommen musste, diesen Skalp zu erbeuten.
Alles begann harmlos, gar nicht kriegerisch.
Zwei Hunkpapa schlichen durch die tiefen Schattenfelder der Bäume und bewegten sich lautlos durch die Dunstschwaden.
Es waren junge Indianer, die noch keine Feder trugen.
Sie hatten Herdrauch gerochen. Nun erblickten sie Blockhaus und Stall.
Trüber Lichtschein fiel durch Ritzen aus einem kleinen verhangenen Fenster.
Die beiden Hunkpapa-Jünglinge lächelten und stießen sich an, schlichen weiter und erreichten den kleinen Stangenkorral, in dem die drei Pferde der Wildtöter und Pelztierjäger standen.
Eigentlich wollten sie gar keine Pferde erbeuten.
Der Zufall hatte sie hierhergeführt. Nun, da sie einmal hier waren, erinnerten sie sich, wie gut Hühnereier schmeckten.
Lautlos glitten sie am Korral entlang und erreichten den Stall. Sie hörten die Stimmen der Weißen im Blockhaus. Im Stall raschelte Gefieder.
Die Jünglinge waren mit Gewehren bewaffnet. Das waren alte Kentucky Rifles mit doppeltem Lauf.
Vorsichtig öffneten sie die Stalltür und schlichen hinein. Sie sahen mehrere Hühner auf der Stange hocken. Der Hahn richtete gereizt den Kamm auf.
Die Hunkpapa-Indianer dachten an keine große Gefahr.
Vorsichtig traten sie an die Nester heran, langten hinein und nahmen die Hühnereier heraus.
Dann ging alles sehr schnell.
Aus dem Spaß wurde blutiger Ernst.
Der Hahn machte plötzlich Spektakel. Erschrocken hasteten die beiden Indianer aus dem Stall.
Schon trat einer der weißen Jäger aus der Blockhütte mit seinem Gewehr. Er sah im Dunst die beiden Indianer wie Schatten und feuerte.
Eine Kugel traf den Kopf des Indianers. Schrecklich war die Wirkung dieser Kugel, die abgeplattet war und einem Dum-Dum-Geschoss ähnelte.
Noch während der eine Hunkpapa stürzte, schoss der andere zurück. Er handelte instinktiv.
Der Weiße wurde zurückgestoßen, knallte gegen die Wand des Blockhauses und brach zusammen.
Geduckt hetzte der zweite Mann hervor und schoss auf den Indianer. Die Kugeln aus dem Doppellauf trafen und zerrissen den Hunkpapa auf dem Hof. Doch in den letzten Sekunden seines Lebens konnte er noch einmal abdrücken.
Der zweite Weiße fiel tot um.
Da warf sich Gavin Belafonte aus dem Blockhaus, rollte über den kleinen Hof und rutschte auf dem Bauch herum, schoss auf die beiden liegenden Indianer. Dann lag er still im kalten Sand.
Laut durchhallte das Echo der Schüsse die hereinbrechende Nacht. Nur langsam verebbte es im Tal oberhalb des Blockhauses. Die Pferde im Korral standen still. Sie waren an den scharfen Knall von Schüssen gewöhnt. Im Stall rumorte das Federvieh.
Gavin Belafonte wusste nicht, dass nur zwei Hunkpapa gekommen waren; er glaubte an einen Überfall, kroch schnell in den Schlagschatten des Stalls.
Das Echo erstarb mit geisterhaftem Raunen in der Nacht. Wind kam auf und fuhr durch die Baumkronen, trieb Nebelfetzen über den Hof und ließ Staubwirbel tanzen.
Knarrend bewegte sich die Tür des Blockhauses hin und her. Im Haus erlosch das Talglicht.
Gavin Belafonte harrte lange aus.
Schließlich kroch er davon und blieb dem Blockhaus während der ganzen Nacht fern. Erst im Morgengrauen kam er zurück und starrte auf die Toten.
Belafonte begann, die Indianer zu hassen.
Er verscharrte die Hunkpapa, begrub die Partner. Er trauerte um die Gefährten.
Nur wegen ein paar Hühnereiern waren vier Menschen gestorben.
Der raue Trapper ritt mit seinem schlanken Halbblutsohn durch die Morgenröte und blickte forschend auf das Camp am Schienenstrang.
Abseits der Zelte und Bretterhütten hielten sie an.
Weit vorn polterten Schwellen auf die Prärie, und schwitzende, keuchende Männer legten Schienen auf die Schwellen.
Im Camp sah alles öde, schmutzig und grau aus.
„Bleib hier, Sky. Halte mir den Rücken frei.‟
Sky nickte.
Langsam ritt Dan in das Camp. Sein Schatten glitt vor ihm über den zerwühlten Boden der Straße. Überall sah Dan Holzschilder über den Eingängen der größeren Hütten, die Ställen ähnelten. Das waren die Saloons und Bars des Camps.
Genau um diese Zeit kam Gavin Belafonte aus der Bergwildnis und zog über die Prärie.
Dan zügelte sein Pferd am Straßenrand und blickte umher. Im Camp war es noch ruhig; die Männer, die ihre Nachtschicht hinter sich hatten, schliefen tief und fest vor Erschöpfung.
Dan hatte nicht lesen und schreiben gelernt. Aber buchstabieren konnte er doch. Es war ihm sozusagen auf der Straße angeflogen. So konnte er die Aufschrift über der Tür der größten Hütte entziffern.
Darauf stand „Remember to Angie‟. Das bedeutete: Jeder sollte sich an Angie erinnern. Ein seltsamer Name für einen Saloon.
Dan saß ab und bekam den Staub ins Gesicht, den ein hemdsärmeliger Mann aus dem Saloon kehrte.
„Wir haben noch dicht, Mann.‟
„Ich will auch nicht rein‟, antwortete Dan lächelnd und zeigte auf das Holzschild. „Warum das?‟
Der Mann mit der Schürze und dem einst weißen Hemd stützte sich auf den Besen und grinste.
„Du bist wohl neu hier, wie?‟
„Ja, taufrisch.‟
„Na, schön. Dieser Saloon gehört Angie, der schönsten Frau am Schienenweg der Union Pacific. Es gibt keine, die ihr gleichkommt. Sie kann singen und tanzen wie eine Göttin. Darum wird sich jeder an Angie erinnern.‟
„Dann komme ich später noch mal‟, versicherte Dan lächelnd, saß auf und ritt zu seinem Sohn, der draußen vor dem Camp im feuchten Gras hockte und die Rifle bereithielt.
„Da soll es die schönste Frau des Westens geben, Sky. Das will ich mir mal ansehen.‟
„Du wirst doch wohl nicht ...‟ Sky sprach die Vermutung nicht aus.
„Nein‟, wehrte Dan ab, „damit ist es vorbei, mein Junge. Ich werde keine Squaw mehr heimführen. Ich habe das Indianerland und die Wildnis, sie genügen mir.‟
Aus heiseren Kehlen brüllten Männer durcheinander, schoben sich um die Brettertische und Baumstümpfe, Eimer und Kisten, lachten, grölten und fluchten.
Langsam trat Dan Oakland ein.
Er glitt sofort von der Schwingtür zur Seite und drückte den Rücken gegen die Wand.
Der Saloon war brechend voll. Hier betranken sich die Bahnbauarbeiter der letzten Schicht, hier wurde gespielt, betrogen und gelogen, geprahlt und geschimpft.
Dan erblickte ein paar Animiermädchen zwischen den primitiven Tischen und hörte den Knall eines Schusses. Sofort wurden alle Männer still und wandten sich dem Tresen zu.
Musiker begannen zu spielen. Eine langbeinige schlanke Frau mit langen braunen Haaren tanzte auf dem Tresen zum heißen Rhythmus der Musik.
Das war Angie.
Wirklich, man würde sich immer wieder an diese Frau erinnern. Sie war schön und verführerisch. Sie sang mit rauchiger Stimme die alten Lieder des Westens.
Alle Männer waren vom Tresen zurückgewichen, bis auf einen Mann, der völlig in Schwarz gekleidet war. In seiner Nähe entdeckte Dan mehrere Burschen mit harten Gesichtszügen und Colts in tiefhängenden Halftern.
Der Mann hatte eine Leibgarde und war wohl mächtig und reich. Er rauchte eine Zigarre und lächelte leutselig.
Angie schien nur für ihn zu tanzen.
Dan Oakland schob sich an der Wand weiter und stieß einen Mann an.
„Wer ist das da am Tresen?‟
„Chucho Mannix. Lauf ihm nicht über den Weg, Trapper. Chucho Mannix gibt sich als Ehrenmann, aber mit dem möchte ich nichts zu tun haben.‟
„Sind das seine Revolverschwinger?‟
„Ja. Sagt dir das genug?‟
Dan nickte und ging hinaus.
Vor ihm auf der Straße rollten Wagen und Karren vorbei.
Abgezehrte Farbige räumten den Abfall beiseite.
Dieses Camp war wie die meisten: Wild, gefährlich und böse. Hierher wollten die Hunkpapa-Indianer kommen und ihre bleichgesichtigen Gegner berühren.
Das konnte nicht gutgehen.
Catch-the-Bear Dan Oakland hatte genug gesehen. Er erreichte sein angeleintes Pferd, löste den Zügel und stieg in den Sattel.
Langsam ritt er durch das Camp.
Sky wartete. Der wüste Lärm auf den Straßen übertönte alles andere.
So hörte Sky auch nicht den näherkommenden Hufschlag von drei Pferden.
Gavin Belafonte näherte sich mit den beiden ledigen Pferden und entdeckte den jungen schlanken Mann. Weil Sky wie ein Indianer aussah, zog Belafonte sein Gewehr und lud durch.
Krachend verließ der Schuss den Lauf.
Das heiße Blei fauchte an Sky vorbei.
Sky ließ sich gedankenschnell fallen.
Sein Gewehr steckte im Scabbard neben dem Sattel. Er kam nicht heran. Reglos lag er im Gras.
Belafonte ritt näher, starrte düster auf Sky und zischte: „Verdammte Rothaut!‟
Sky stellte sich tot.
Als Gavin Belafonte nach dem schleifenden Zügel greifen wollte, wich Skys Pferd aus.
Fluchend verzichtete Belafonte und ritt in das Camp hinein.
Langsam kam Sky aus dem Gras wieder hoch. Es war zu spät, um nach dem Gewehr zu greifen. Schon tauchte Gavin Belafonte in der Menge unter und begegnete Dan Oakland.
Beide sahen sich nur kurz an.
Dan erreichte seinen Sohn und blickte auf Skys angespanntes Gesicht. Er brauchte nicht erst zu fragen, ob etwas Unerfreuliches geschehen war.
Leise berichtete Sky.
„Nein, mein Junge‟, entgegnete Dan ernst, „vergiss diesen Kerl. Wir müssen zurück zu Black Eyes. Der Kerl hasst alles, was nach einem Indianer aussieht. Das ist doch nichts Neues für uns.‟
„Wenn er noch einmal auf mich schießen sollte, töte ich ihn‟, erklärte Sky. „Er hat geglaubt, dass er mich erwischt hätte.‟
„Komm, Sky.‟
Sie ritten über die Ebene davon, hin zu dem riesigen Plateau.
Dan war in Gedanken versunken. Immer wieder musste er erleben, wie stur der Hass der Weißen auf die Indianer war. Immer wieder geriet Sky in Gefahr, als Indianer unter Feuer genommen zu werden.
Wo gab es denn eigentlich noch Frieden und Stille?
„Ruf deine Krieger zusammen, Black Eyes, und zieh mit ihnen zurück nach Dakota‟, sagte Dan eindringlich. „Sonst wird mancher tapfere Krieger sterben. Die Weißen sind schießwütig.‟
Black Eyes jedoch lächelte.
„Dann wird es eine besondere Tapferkeit bedeuten, die Bleichgesichter zu berühren.‟
Die Sonne stand schon tief im Westen. Auf dem Plateau lag noch der goldene Sonnenschein. Weit dehnte sich die Prärie nach Westen und Süden hin aus; im Norden und in östlicher Richtung bedeckten riesige Wälder die Täler und Bergflanken.
Dan Oakland wusste, dass er den Häuptling nicht umstimmen würde. Tugenden der Sioux seit eh und je waren nicht umsonst Tapferkeit, Mut und Stolz.
„Du willst die Bleichgesichter berühren‟, versuchte Dan es dennoch behutsam ein letztes Mal.
„Das ist die Mutprobe‟, erklärte Black Eyes mit einem eher verzeihenden Lächeln. „Doch diesen höchsten Grad der Tapferkeit können Bleichgesichter wohl nicht begreifen. Sie haben ja die Büchsen erfunden, die den Feind auch in großer Entfernung noch treffen. Und sie bauen den Großen Donner, den sie Kanonen nennen, der ein Lager vernichten kann, das sie gar nicht sehen. Du bist ein Weißer, Catch-the-Bear. Der rote Mann weiß um deinen Mut. Ich kann dich also nicht kränken, wenn ich sage, die Bleichgesichter sind Feiglinge. Denn sonst würden sie nicht Waffen für den Hinterhalt bauen.‟
Dan Oakland hatte einen Einwand.
„Du selbst, Black Eyes, benutzt die Feuerwaffen.‟
Wieder spielte dieses nachsichtige Lächeln um die Lippen des Häuptlings.
„Pah, Beutewaffen, ihr Gebrauch wird uns doch aufgezwungen. Das ändert nichts an unserem alten Gesetz: Den Feind berühren ist ein Zeichen von höchster Tapferkeit‟, sagte Black Eyes. „Wer diese Probe bestanden hat, darf vier weiße Federn tragen.‟
Dan sah, dass Black Eyes zwei weiße Federn im Haar trug.
„Ich muss die vier weißen Federn erringen‟, gestand der Häuptling. „Unserem Stamm stehen schwere Zeiten bevor. Es gibt bei uns Häuptlinge, die zu müde geworden sind, um noch kämpfen und siegen zu können. Und wieder andere sind zu unbesonnen und werden unser Volk in das sichere Verderben führen. Ich kann mich aber nur gegen alle durchsetzen, wenn ich vier weiße Federn tragen darf. Sie werden den Ängstlichen Mut machen und die Heißsporne zum Gehorsam zwingen.‟
Black Eyes schwieg einen Augenblick, um dann fortzufahren: „Nun, wer die vier weißen Federn erringen will, muss sich einen Gegner aussuchen, den alle für sehr gefährlich halten. Ihn muss er mit den einfachsten Waffen angehen: Mit Messer und Tomahawk. Er muss sich anschleichen. Und wenn er vor ihm steht, muss er ihn berühren, ganz leicht, mit offener Hand, mit einem Finger. Und wenn dann der Gegner aufmerksam wird, muss er ihn besiegen. Sein Sieg ist kostbar und edel. Er darf die vier weißen Federn tragen.‟
Dan Oakland sah den Häuptling lange an. Er war beeindruckt von so viel Edelsinn, aber auch erschrocken über so viel Naivität. Wie sollte er diese Männer vor den Feinden warnen, denen sie sich tollkühn entgegenwerfen wollten?
Black Eyes bemerkte die Ergriffenheit Oaklands und hielt sie für Bewunderung und Anerkennung. Er nahm die Zügel in die Hände und sagte freundlich: „Black Eyes bittet Catch-the-Bear, mit seinem Sohn Sky hierzubleiben. Wir werden jetzt aufbrechen. Vier weiße Federn werden mein Haupt zieren, wenn ich in die Black Hills zurückkehre.‟
Ernst und still standen Dan und Sky auf dem Bergkegel und blickten den davonziehenden Hunkpapa nach. Die Sioux-Indianer ritten auf den Ponys in die Abenddämmerung und verschwanden als Schemen auf der Prärie.
„Sky, wir müssen was unternehmen, aber frag mich nicht was. Ich weiß es nicht, Ich weiß nur, dass es zu blutigen Kämpfen kommen wird.‟
„Black Eyes will es so, Dad.‟
„Aber er will doch nicht sterben, Sky.‟
Das heilige Feuer der Sioux glimmte im Windschatten hoher Felsen. Reglos hockte ein Hunkpapa am Feuer auf dem Plateau und bewachte es.
Sterne funkelten am Indianerhimmel.
Der Hunkpapa blickte starr in die Glut und sah nicht zu den Oaklands hinüber, die langsam ihre Pferde über den Pfad in die Tiefe führten.
Von den Bergkuppen im Nordosten wehte das Kläffen der Kojoten herüber. Manchmal heulten auch umherstreifende Wölfe den Mond an. Die Kojoten streunten auf die Prärie, doch die Wölfe blieben im Gebirge.
Dan erreichte mit seinem Sohn den Fuß des mächtigen Berges. Hier stiegen sie auf die Pferde.
Sie wollten den Hunkpapa zum Camp folgen.
Einsam saß der Indianer am Feuer.
Schemenhafte Gestalten huschten über die Felsklippen heran.
Crow.
Ewige Feindschaft herrschte zwischen Sioux und Crow, und nur ein kluger, weiser Hunkpapa im fernen Dakota konnte vielleicht die Crow dazu bewegen, zu den Sieben Ratsfeuern der Siouxstämme zu kommen: Sitting Bull.
Die Krähenindianer entdeckten das heilige Feuer und den Wachposten, gaben sich Zeichen und schlichen näher.
Der Hunkpapa saß gebeugt wie ein alter Mann vor der roten Glut. Nun langte er nach dem geweihten Holz. Dabei drehte er den Oberkörper ein wenig herum.
Er entdeckte die Crow und stieß einen gellenden Wutschrei aus.
Schrille Kriegsschreie der Crow waren die Antwort.
Fauchend schnellte der Hunkpapa herum und packte das Gewehr. Beim ersten Schrei vom Plateau zerrten unten am Fuß des Berges Dan Oakland und sein Sohn die Pferde herum und trieben sie auf den steilen Pfad zurück.
Unterwegs ließen sie die Pferde in der sicheren Deckung einer Felsengruppe zurück und stürmten bergan.
Oben auf dem Plateau sirrten Pfeile und trafen den Hunkpapa in Arm und Bein.
Er knickte etwas ein und stand gebeugt.
Aus dem Lauf seines Gewehrs schlug Mündungsfeuer.
Blei stieß drei Crow tot zurück.
Der Hunkpapa kämpfte um sein Leben und für das heilige Feuer. Wieder trafen ihn Pfeile.
Er sank auf die Knie und schoss.
Doch er konnte die Crow nicht abwehren.
Geduckt raste ein Krähenindianer heran, erreichte den Hunkpapa und holte mit dem Tomahawk aus. Mit zerschmettertem Schädel fiel der Hunkpapa zu Boden.
Triumphschreie schrillten Dan und Sky entgegen.
Beide waren Brüder der Sioux, beide hatten schon erbittert gegen Crow gekämpft. Nun griffen sie in das blutige Geschehen ein.
Schon wollten zwei Crow das Feuer der Sioux ausstampfen, als Schüsse herüberpeitschten und beide Indianer schwer verwundeten. Stöhnend taumelten sie aus dem Feuerschein und schleppten sich davon. Die anderen Crow hatten sich Dan und Sky zugewandt. Sie schossen mit Pfeil und Bogen. Starke Lanzen fuhren mit einem Heulgeräusch durch die Luft, knallten gegen die Felsen und zersplitterten.
Wieder wollten zwei Crow das Feuer ersticken.
„Sky!‟
Die Oaklands legten an und feuerten gleichzeitig. Beide Krähenindianer rollten mit schlenkernden Bewegungen über die abfallende Terrasse des mächtigen Berges und stürzten in die dunkel gähnende Tiefe. Irgendwo dort unten zwischen den Laubbäumen und Fichten schlugen die Körper auf.
Keuchend stürmte der bullige Dan Oakland aufwärts. Sein Sohn schnellte voller Kraft hinterher. Schon hatten sie die oberen Felsen erreicht und warfen sich in Deckung.
Schnell luden sie nach, während die Crow näherkamen.
Wieder knallten Lanzen gegen Felsen, wieder sirrten Pfeile über den Trapper und seinen Sohn.
Das heilige Siouxfeuer brannte noch.
Die Crow stürmten heran, hasteten auseinander und sprangen auf die Felsen, mitten in das Gewehrfeuer der Oaklands hinein.
Sie stürzten zurück und rollten abwärts.
Mehrere Indianer flüchteten. Einer der Crow verließ die Gruppe und hetzte zum Feuer.