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Bluttrail der Besessenen Der Farmer Finch Gilroy hat seine Frau und seine Tochter durch einen Überfall abtrünniger Oglala-Sioux verloren. Seit diesem Tag hat er blutige Rache geschworen. Er hetzt sogar die Armee auf und versucht, einen Krieg anzuzetteln. Dan und Sky Oakland versuchen das sinnlose Töten zu verhindern. Sky Die Armee plant einen Feldzug gegen die Kiowa und Comanchen. Major Cole Sully hasst alle Indianer und möchte sie ausrotten. Ein Deserteur verrät Dan und Sky Oakland den Plan der Soldaten. Dennoch beginnt ein mörderischer Kampf, bei dem Vater und Sohn getrennt werden. Sky trifft wenig später eine junge Comanchin namens Sun, in die er sich verliebt. Hat diese Liebe in all dem Hass überhaupt eine Chance?
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Seitenzahl: 257
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In dieser Reihe bisher erschienen
4301 U. H. Wilken Lockruf der Wildnis
4302 U. H. Wilken Teufelsbrigade
4303 U. H. Wilken Die Feuertaufe
4304 U. H. Wilken Der weiße Büffel
4305 U. H. Wilken Das Aufgebot des Bösen
4306 U. H. Wilken Grausame Grenze
4307 U. H. Wilken Omaha-Marter
4308 U. H. Wilken Blutige Säbel
4309 U. H. Wilken Der Unbezwingbare
4310 U. H. Wilken California-Trail
4311 U. H. Wilken Berg der zornigen Götter
4312 U. H. Wilken Die Teuflischen
4313 U. H. Wilken In Todesgefahr
4314 U. H. Wilken Schwarzer Horizont
4315 U. H. Wilken Der Raubadler
4316 U. H. Wilken Trail aus Blut und Eisen
4317 U. H. Wilken Der Wolfskiller
4318 U. H. Wilken Nachtfalken
4319 U. H. Wilken Der Geheimbund
4320 U. H. Wilken Tödliche Tomahawks
4321 U. H. Wilken Minnesota
4322 U. H. Wilken Die Revolver-Lady
4323 U. H. Wilken Sterben am Washita
4324 U. H. Wilken Langmesser
4325 U. H. Wilken Der Bärentöter
4326 U. H. Wilken Manitoba
4327 U. H. Wilken Yellow River
4328 U. H. Wilken Land der Sioux
4329 U. H. Wilken Todesvögel
4330 U. H. Wilken Shinto
4331 U. H. Wilken Blutmond
4332 U. H. Wilken Der Skalphügel
4333 U. H. Wilken Todestrommeln
4334 U. H. Wilken Skalpjäger
4335 U. H. Wilken Fort Lincoln
4336 U. H. Wilken Sky
DAN OAKLAND STORY
BUCH 36
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Copyright © 2024 Blitz-Verlag, eine Marke der Silberscore Beteiligungs GmbH, Mühlsteig 10, A-6633 Biberwier
Redaktion: Alfred Wallon
Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati
Umschlaggestaltung: Mario Heyer
Satz: Gero Reimer
Alle Rechte vorbehalten.
www.Blitz-Verlag.de
ISBN: 978-3-689-84091-4
4336 vom 11.09.2024
Bluttrail der Besessenen
Sky
Anmerkung
Über den Autor
Bluttrail der Besessenen
Im prasselnden Regen krochen dunkle Gestalten auf das einsame Blockhaus zu. Sehnige Körper glitten über das vom Unwetter verwüstete Maisfeld. Im Haus bangten Frau und Tochter um Finch Gilroy.
„Mammy, ich fürchte mich so sehr“, klagte das kleine Mädchen.
„Sei ganz ruhig, Pat. Es ist nur der Sturm. Dad wird gleich zurück sein.“
Doch der Farmer Finch Gilroy lag bewusstlos im Stall. Und eben erreichten die ersten Indianer die Rückseite des Schuppens. Krähenfedern klebten in ihrem nassen, schwarzen Haar, dessen Strähnen starre, knochige Gesichter nur zum Teil verbargen. In dunklen Augen leuchtete Jagdfieber. Das Windrad über dem Brunnen splitterte im Sturm. Der Holzturm neigte sich zur Seite und stürzte um. Mit Urgewalt umtobten die Böen das Blockhaus.
Mutter und Tochter schmiegten sich ängstlich aneinander. Da riss eine Sturmbö die schwere Bohlentür auf. Im Fauchen des Windes klapperten die Töpfe im Wandregal. Regen trieb in den Raum.
„Finch!“ Der Ruf der Frau wurde vom Donner geschluckt. Grassoden lösten sich vom Dach. Die Wände des Blockhauses ächzten im Sturmgetose.
Starr vor Angst blickte die Frau in die auf den Hof niederzuckenden Blitze, die die großen Pfützen in bläulich-gelbes Licht tauchten.
Mehrere Gestalten kämpften sich durch die Windböen zum Haus. „Finch! Indianer!“
Wie aus weiter Ferne hörte der Farmer den Hilferuf seiner Frau. Stöhnend stemmte er sich auf die Knie, kroch durch die Spreu des Stalles und starrte noch immer benommen über den Hof. Was er sah, ließ ihn unbeweglich auf der Erde kauern. Indianer!
Wieder schrie seine Frau. Im Kamin des Blockhauses orgelte der Sturm im Aschenregen. Plötzlich sah die Frau zwei, drei geschmeidige Körper in der offenen Tür. Die Indianer schnellten auf sie zu, packten sie, entrissen ihren schützenden Armen die Tochter. Hocherhobene Tomahawks wurden von sehnigen Fäusten geführt. Frau und Kind sanken leblos neben den Kamin.
* * *
Wie ein waidwunder Bär taumelte Finch Gilroy über die Schwelle seines Hauses. Der Indianer, eben noch über die toten Körper gebeugt, wirbelte zur Seite. Die Faust mit dem blutigen Tomahawk zuckte in die Höhe. Die Streitaxt sollte den Schädel des Farmers spalten, doch Finch Gilroy war schneller! Er warf sich nach vorn und rammte die Schultern gegen die Beine des Indianers. Beide stürzten zu Boden. Der Tomahawk traf noch den Rücken des Farmers, doch die Schneide drang nicht durch die derbe Kleidung.
Gilroy lag auf dem Indianer, spürte den Kampfwillen des Gegners, sah in die weit aufgerissenen Augen, und legte seine großen Hände um den Hals des Indianers. Der Körper unter ihm bäumte sich auf. Die Hände des Indianers umklammerten seine Handgelenke. Verzweifelt versuchte der Indianer, den tödlichen Griff zu lösen. Doch Finch Gilroy hielt eisern fest. Mit den Daumen drückte er gegen den Kehlkopf des Indianers, dessen Körper plötzlich erschlaffte.
Ächzend kam Gilroy auf die Beine. „Myrna!“, schrie er. „Pat!“
Er rannte um den Tisch, wollte Frau und Tochter hochreißen, und erstarrte mitten in der Bewegung. Im bleichen Licht der Blitze sah er blutige Gesichter, bleiche Hände, im Todeskampf weit aufgerissene Augen.
Aufstöhnend wich er zurück. Mit einem Aufschrei warf er sich dann plötzlich herum und hastete zum Gewehrschrank, packte die Winchester, lud durch und stürzte zur offenen Tür.
Auf der Schwelle stand ein Indianer. Finch Gilroy schoss sofort. Der Indianer sank über die Türschwelle zurück und rollte in eine Pfütze. Reglos blieb er liegen. Rasend vor Wut stürzte Gilroy aus dem Haus. Er schrie und schoss blindwütig um sich.
Indianer hetzten durch den Regen. Mündungsfeuer flammten über den Hof, Kugeln jaulten durch den Sturm. Tomahawks zischten heran. Pfeile sirrten auf Gilroy zu, zerfetzten seinen Filzhut. Doch Finch Gilroy schien unverwundbar. Die Indianer hetzten immer näher heran, stießen wilde Schreie aus und trieben Gilroy vor sich her über den Hof. Wie ein gestelltes Tier wehrte er sich, feuerte unablässig und warf sich keuchend im Stall in Deckung.
Zwei Indianer tauchten vor dem Stall auf und wollten hereinspringen. Die Geschosse aus der Winchester rissen sie von den Beinen. Finch Gilroy schoss immer wieder, lud nach und schoss. Der Sturm ließ nach. Die Indianer versuchten immer wieder, den weißen Mann im Stall endlich niederzumachen. Doch sie schafften es einfach nicht, in den Stall einzudringen. Die Winchester hielt sie zurück.
In Finch Gilroy war in diesen Augenblicken nur noch ein Gefühl, Hass! Nur ein Wunsch beseelte den Verzweifelten: blutige Rache für den Tod von Frau und Tochter. Auf allen vieren kroch er durch den Stall. An seinem Kopfende richtete er sich auf und überprüfte die Halterung des Querbalkens, der die hintere Tür verschloss. Der Riegel war in Ordnung.
Zufrieden kroch Gilroy zurück und lud einmal mehr die Winchester nach. Aus dem Haus schimmerte es rot herüber. Die Indianer sammelten sich zum entscheidenden Angriff. Finch Gilroy kauerte im Stall und hielt die Winchester im Anschlag.
Er fürchtete den Tod nicht mehr. Ohne Frau und Kind erschien ihm das Leben sinnlos, aber er war bereit, bis zur letzten Patrone zu kämpfen. „Kommt, ihr verfluchten Hunde!“, brüllte er. „Kommt, damit ich euch zur Hölle schicken kann!“
Die Indianer griffen wieder an, als ob sie die grimmige Aufforderung verstanden hätten. Und Gilroy schoss auf alles, was sich bewegte. Indianer brachen vor dem Stall zusammen. Verwundete wälzten sich zur Seite. Geschmeidig setzten andere über die Toten hinweg und warfen sich gegen die schützende Stallwand.
Plötzlich hallte der Wolfsschrei durch das Toben des Unwetters. Es war ein schauriger, durchdringender Schrei. Die Indianer zuckten zusammen. Sie konnten nichts sehen, doch sie hörten wieder den wilden Schrei des Wolfes und dann schrilles Pferdegewieher.
Gilroy taumelte hoch und erreichte den offenen Stalleingang. Er schoss auf fliehende Indianer. Auf einmal sah er die beiden Reiter im Regendunst. Finch Gilroy schoss trotzdem, und die Reiter verschwanden in Sekundenschnelle. Schüsse peitschten durch das Unwetter. Pferde wieherten. Irgendwo rasten Ponys davon.
Immer wieder schoss Gilroy hinaus auf die Prärie. Er bemerkte nicht, wie der Mann um den Stall kroch. Urplötzlich sprang der Mann auf, warf sich gegen Gilroys Beine und riss ihn um. Der Farmer wehrte sich, schlug um sich, doch der Mann war stärker als er. Mit unbändiger Kraft zwang er Gilroy gegen die Boxenwand. „Verdammt! Ich bin ein Weißer, Mann!“
Finch Gilroy rutschte langsam an der Boxenwand herab. Mit zuckenden Händen griff er wieder zur Winchester. „Schluss jetzt!“, brüllte der große bullige Fremde.
Gilroy hörte ihn nicht. Vor dem Stall tauchte eine schlanke, geschmeidige Gestalt mit lang wallenden Haaren auf. „Indianer!“, schrie Gilroy und hob die Winchester.
Da wuchtete schon der Fuß des Fremden gegen die Waffe. Die Kugel fuhr durch das Stalldach. „Das ist mein Sohn!“, dröhnte die Stimme des Fremden durch das Unwetter.
Gilroy starrte aus trüben Augen den vermeintlichen Indianer an. Nass hing das schwarze Haar auf die Schultern. Ein braunes schmales Gesicht tauchte sekundenlang auf. Dann schnellte der junge Mann in den Stall und warf sich zur Seite.
„Alles in Ordnung, Dad?“
„Ja, mein Junge!“
Langsam ließ die Anspannung in Finch Gilroy nach. Er sträubte sich nicht, als der bullige Fremde ihm die Winchester aus den Händen wand. Geistesabwesend sah er zum Haus hinüber. „Myrna“, stöhnte er, „Pat ...“
„Ist jemand im Haus?“, wollte der Fremde wissen.
„Yeah“, stammelte Gilroy. „Meine Frau und das Kind.“
„Sieh nach, Sky!“
Der vermeintliche Indianer nickte und kämpfte sich durch die Böen zum Blockhaus hinüber.
„Wer seid ihr?“, flüsterte Finch Gilroy, ohne aufzu-blicken.
Der Fremde verstand ihn kaum. Er beugte sich über Gilroy und musterte das ausdruckslose Gesicht des Farmers. „Oakland“, antwortete er, „Dan Oakland.“
„Meine Frau!“, schrie Gilroy auf. „Meine Tochter!“
„Beruhigen Sie sich. Mein Sohn sieht nach.“
In Gilroys Gesicht zuckte kein Muskel. „Sie sind tot!“
In diesem Moment trat Sky aus dem Farmhaus. Geschmeidig arbeitete er sich durch Wind und Regen herüber zum Stall. Fragend blickte Dan Oakland den Sohn an, doch der schüttelte nur den Kopf. „Bleib hier, Sky!“
Mit wuchtigen Schritten überquerte Dan Oakland den Hof. Er sah die toten Indianer in den Pfützen, erreichte das Haus und trat ein. Bleiche, blutüberströmte Gesichter tauchten aus dem Dunkel, als der flackernde Schein des Kaminfeuers sie traf! Erschrocken verharrte Dan.
Nach langer Zeit näherten sich die Tritte derber Stiefel. Der Farmer schwankte in das Haus und sank vor den leblosen Körpern von Frau und Tochter schwer auf die Knie. Die klobigen Finger des Farmers zitterten, als er sacht über die Augenlider der Toten strich.
Gilroy sah und hörte nicht, was um ihn herum geschah. Er bemerkte nicht, wie der breitschultrige Trapper Holz in den Kamin warf, wie die Flammen hochleckten, nahm nicht wahr, dass Sky die Sattelpferde im Stall versorgte.
Dan Oakland berührte sanft Gilroys Schulter. „Wir machen das schon“, sagte er dunkel.
„Nein!“, ächzte Gilroy. „Rührt meine Frau und das Kind nicht an!“
Mühsam erhob er sich, starrte an Oakland und Sky vorbei in die Unwetternacht hinaus. Schwerfällig ging er zum Stall hinüber. Dort nahm er eine Schaufel und begann zu graben. Er hob ein tiefes Loch aus und breitete darin mehrere Decken aus. Dann kam er zurück, hob den Leichnam seiner Frau auf und trug ihn zum Stall hinüber.
„Wir müssen bei ihm bleiben, Sky.“
„Ja, Dad“, sagte Sky. „Es waren Ogla-Sioux. Alle Spuren deuten darauf hin.“
„Wir sind tagelang mit ihrem Häuptling geritten“, meinte Dan nachdenklich. „Aber Crazy Horse hat ohne Hass von den Weißen gesprochen. Ich glaub’ einfach nicht, dass seine Krieger für diesen Überfall verantwortlich sind, Sky!“
„Es waren Krieger von Crazy Horse, Dad. Ich habe einen von ihnen wiedererkannt.“
„Dann weiß Crazy Horse nichts davon, mein Junge. Wir werden es erfahren!“
Dan schwieg. Finch Gilroy kam herein und kniete vor seiner kleinen Tochter nieder. Tränen liefen über sein Gesicht. „Kleine liebe Pat“, sagte er mit seltsam hohler Stimme. „Mein armes kleines Mädchen. Ich bin schuld an deinem Tod, wie an dem von Mam. Ich bring’ dich jetzt zu ihr.“
Sky verharrte an der Tür. Im Stall legte Finch Gilroy den Leichnam seiner kleinen Tochter neben den der Frau und schlug die Decken zusammen. Dann schaufelte er Erde in das Grab. Der Regen prasselte monoton auf das Stalldach. Windböen fauchten um die Wände.
Behutsam glättete der Farmer den kleinen Grabhügel. Dann griff er zur Säge und begann, zwei Kreuze zu zimmern. Nach langer Zeit kehrte Finch Gilroy in das Blockhaus zurück und starrte in die Flammen im Kamin. „Drei Jahre“, flüsterte er. „Drei Jahre habe ich von früh bis spät geschuftet. Ich habe nur an eine bessere Zukunft gedacht. Was soll ich jetzt noch hier?“
Sky warf seinem Vater einen schnellen Blick zu und verließ das Haus. Er fürchtete, seine Anwesenheit würde den Farmer aufs Neue erregen. Immerhin war Skys Mutter eine Sioux, und Sioux hatten diese Farm überfallen.
Dan antwortete dem Farmer nicht. Es hatte wenig Sinn, Finch Gilroy jetzt zuzureden. Der Farmer musste zu sich selbst finden. Sprüche eines Fremden waren dabei keine Hilfe.
Draußen ging Sky ruhelos umher. Immer wieder sah er zum Farmerhaus. Endlich trat sein Vater vor die Tür und kam sofort auf ihn zu. „Finch Gilroy wird mit uns zum Fort reiten, Sky.“
„Er will hier alles aufgeben, Dad?“
„So sieht es aus, Sky. Und ich kann ihn verstehen. Hier wird er keine Ruhe finden. Jeder Gegenstand wird ihn an die tote Familie erinnern, ihn bis zur Selbstzerstörung peinigen.“
Es regnete kaum noch. Dunstwolken ballten sich über der Farm zusammen. Dan und Sky warteten im Stall. Lange blieb Gilroy allein im Haus. Endlich trat er heraus, und hinter ihm züngelten Flammen empor.
* * *
Vom Big Horn River wehte der feuchte Dunst in dicken Schwaden herüber und nässte die Palisaden des Forts. Erst vor zwei Jahren war das Fort erbaut worden, und schon sollte es wieder aufgegeben werden, denn nach dem Vertrag zwischen den Indianern und den Regierungsvertretern aus Washington sollte kein Soldat in unmittelbarer Nähe der indianischen Jagdgründe stationiert sein. Was im fernen Washington wirklich davon gehalten wurde, was Politiker und Militärs wirklich dachten, das war kaum zu durchschauen.
Knarrend glitten die Torflügel auf, als die drei Reiter näherkamen. Posten riefen vom Wachturm herunter, und Dan Oakland antwortete. Gleich darauf stiegen sie von den Pferden.
Kommandant des Forts war in diesen Tagen Captain J. J. Jenkins, von Freunden kurz J. J. genannt. Dan und sein Sohn zogen die Pferde unter das Vordach des Stalls. Sie beobachteten, wie Finch Gilroy sein ungesatteltes Pferd zur Kantine zerrte und hineinging.
Aus der Kantine fiel trübes Licht. Der dichte Dunst lag schwer auf dem großen Platz. In der Kommandantenbaracke brannten Lampen.
„Ich geh’ zum Kommandanten, Sky. Bleib’ bei den Pferden.“
Langsam schritt Dan zur Baracke. Gerade wollte er die Tür öffnen, als Captain Jenkins heraustrat. Beide stießen fast zusammen. Forschend betrachtete der Offizier den Trapper. „Wollten Sie zu mir?“
„Ja, Captain“, murmelte Dan und deutete zur Soldatenkantine hinüber. „Da drüben ist Finch Gilroy. Sioux haben seine Farm überfallen und seine Frau und Tochter getötet.“
„Sioux?“ Jenkins’ Gesicht zuckte und offenbarte sein Erschrecken. „Wir haben doch Frieden mit den Indianern! Jedenfalls jetzt noch!“
„Es waren nicht die Sioux vom großen Stamm, Captain. Es waren abtrünnige Oglala, die auf eigene Faust Krieg gegen die Weißen führen.“
„Woher wollen Sie das wissen, Trapper?“
„Die Sioux sind meine Freunde.“
Als Dan diese Antwort gab, betrachtete er genau das Gesicht des Offiziers und erwartete den Ausdruck der Abneigung und der Verachtung, doch Jenkins schien seine Freundschaft mit den Indianern nicht für ein Verbrechen an der Menschlichkeit zu halten.
„Sie müssten es wissen, nicht wahr?“, meinte Jenkins. „Wer sind Sie, Trapper?“
„Dan Oakland.“
„Ich glaube, ich habe von Ihnen schon gehört, Oakland. Man spricht unter den Offizieren nicht gut über Sie.“
„Vielleicht, weil ich nach Indianern rieche“, entgegnete Dan ruhig.
„Ja, schon möglich“, murmelte Jenkins und winkte ab. „Wie geht es Gilroy?“
„Er ist ziemlich fertig. Er hat die Farm aufgegeben.“
Jenkins atmete tief ein und straffte die Schultern. Das schwarze Haar hatte schon graue Strähnen. Wind und Wetter hatten das Gesicht gegerbt. Er war fast so groß wie Dan und wirkte dabei sehr schlank. „Ich rede mit ihm. Wer ist das Halbblut bei den Pferden?“
„Mein Sohn.“
„Sie sind wirklich ein Indianerfreund, Oakland. Es ist besser, wenn Sie mit Ihrem Sohn das Fort schnellstens verlassen. Hier gibt es Soldaten, die ihre Gefährten im Kampf gegen die Indianer verloren haben, Männer, die ihre Söhne im Indianerland begraben mussten, Soldaten, die ihr Leben lang Krüppel sein werden.“
„Ja, wir werden wieder reiten, Captain. Ich kann Ihnen versichern, dass Crazy Horse nicht für diesen Überfall verantwortlich ist. Mein Sohn und ich waren bei ihm während der ganzen Zeit.“
J. J. Jenkins betrachtete das raue Gesicht des Trappers, die sandfarbenen Haare, die grauen Augen, und er nickte und reichte Dan schließlich die Hand. „Ich will nichts anderes als Frieden in diesem Gebiet, Oakland. Sagen Sie das Crazy Horse. Was in meiner Macht steht, werde ich tun. Wenn ich aber von Colonel Custer den Befehl bekomme, gegen die Indianer vorzugehen, werde ich gehorchen.“
Jenkins berührte die Krempe des Kavalleriehuts und ging langsam zur Kantine hinüber. Nachdenklich blickte Dan ihm nach. Dieser Captain bemühte sich, nicht Gefühlen nachzugeben, sondern den klaren Blick zu bewahren und danach zu handeln.
Bevor Jenkins die Kantine erreichte, meldete einer der Posten auf dem Wachturm das Nahen einer Patrouille. „Sir, Lieutenant Beam kommt zurück!“
Jenkins blieb stehen. Prustend trabten die Pferde durch das Tor. An der Spitze der Patrouille ritt ein junger blonder Lieutenant. Der Lieutenant ließ absitzen. Dann kam er über den Platz und machte vor Jenkins eine Ehrenbezeigung.
„Patrouille vollständig zurück, Sir! Keine Berührung mit dem Feind gehabt!“
„Gut, Mister Beam, lassen Sie wegtreten.“ Als der Lieutenant zögerte, fragte Jenkins: „Ist noch was, Mister Beam?“
„Wir haben Spuren entdeckt, Sir! Unbeschlagene Hufe von Ponys. Indianerpferde! Die Sioux sind aus der Ebene gekommen. Sie ritten zu den Black Hills.“
Jenkins nickte und rieb sich das Kinn. „Sie können sich zurückziehen, Mister Beam. Und noch etwas, Lieutenant: Zurzeit sind die Sioux nicht auf dem Kriegspfad.“
„Sir!“ Beam wollte aufbegehren. „Nach der Dienstvorschrift ...“
„Ich weiß“, unterbrach Jenkins gelassen. „Aber ich will darüber keine Erörterung, Mister Beam.“
Der Captain betrat die Kantine. Er ging zur Theke, verharrte neben Finch Gilroy und bestellte ein kleines Glas Whiskey. Auf dem Platz stampften Hufe, klirrte Zaumzeug. Die Soldaten brachten ihre nassen und dampfenden Pferde in den Stall. Lieutenant Beam schritt steif in seine Unterkunft. Er sah nicht, wie Dan Oakland und Sky aufsaßen und anritten. Vor der Kantine zügelten sie die Pferde und blickten hinein. Gerade drehte Finch Gilroy sich steif um und starrte Captain Jenkins durchdringend an. Jenkins sagte irgendetwas, doch Gilroy reagierte nicht darauf.
Langsam ritten Dan und Sky aus dem Fort und in den grauen Dunst hinein. Nebelschleier trieben über den Big Horn River. Hinter ihnen wurde das Tor geschlossen. In der Kantine trank Gilroy den zehnten Whiskey.
„Hören Sie, Gilroy“, sagte Captain Jenkins gerade. „Mir ist es sehr wichtig, dass Sie zunächst nicht darüber sprechen. So schwer es Ihnen auch fallen mag, Sie müssen schweigen, denn ich brauche Zeit. Ich muss zu den Indianern reiten und mit ihnen reden! Der Tod Ihrer Familie ist schrecklich, und ich fühle mit Ihnen, Gilroy, aber gerade jetzt dürfen wir nicht die Nerven verlieren. Wir können hier keinen Krieg gebrauchen!“
Steif drehte Finch Gilroy den Kopf. Der Alkohol wirkte bereits; seine Augen waren glasig. Mit brüchiger Stimme antwortete er: „Ich bin kein Soldat, der Befehlen gehorcht.“
„Sie sind ein Weißer wie ich, Gilroy! Sie können doch nicht das Leben von Unschuldigen aufs Spiel setzen!“
„Warum denn nicht?“, schrie Gilroy. „Pat und meine Frau wurden grausam niedergemacht von Indianern! Erschlagen wurden sie mit Tomahawks! Und da soll ich an Frieden denken, Captain? Und stillhalten? Nein, niemals! Tun Sie, was Sie wollen, ich tu’ das, was ich tun muss!“
Die Soldaten in der Kantine horchten auf.
„Gilroy!“, beschwor Jenkins den Farmer. „Ich verstehe Sie ja, aber behalten Sie doch einen klaren Kopf!“
Gilroy trank. Hart stellte er das Glas zurück und starrte Jenkins düster an. „Gehen Sie zum Teufel!“, fauchte er.
Jenkins bewahrte die Haltung. Er gab dem Soldaten hinter dem Tresen einen Wink und verließ die Kantine. Nachdenklich suchte er sein Dienstzimmer auf.
Finch Gilroy verlangte eine weitere Flasche Whiskey.
„Tut mir leid, Mister“, sagte der Soldat. „Der Captain hat den Ausschank verboten.“
„Aah, so ist das!“, ächzte Gilroy. „Nun, dann werde ich das Fort verlassen. Ihr alle hört noch von mir!“
Schwankend ging er hinaus und erreichte sein Pferd. Stöhnend legte er die Hände auf den Pferderücken. Langsam senkte er den Kopf und presste das Gesicht gegen den warmen Körper des Tieres. Tränen traten aus seinen Augen. Er knirschte mit den Zähnen. „Nein“, flüsterte er. „Nein, ihr kriegt mich nicht weich!“
Er zog sich in den Sattel und ritt aus dem Fort. Draußen verließ er die Spur und trieb das Pferd in die Wildnis.
* * *
Grübelnd saß Captain J. J. Jenkins im Schein der blakenden Lampe. Er wusste nicht, wie lange er reglos am Tisch gesessen hatte, als Lieutenant Beam eintrat.
„Sir, ich habe gehört, dass die Gilroy Farm überfallen worden ist! Von Sioux! Ich bin bereit, sofort mit der Schwadron loszureiten!“
„Beruhigen Sie sich, Mister Beam.“
„Sir, die verdammten Indianer haben gemordet!“
Jenkins legte die Hände auf den Tisch und sah den jungen Offizier unruhig an.
„Was würden Sie an meiner Stelle tun, Mister Beam?“
„Eine Strafexpedition losschicken, Sir! Die verdammten Rothäute in die Enge treiben und es ihnen zeigen! Ja, ich würde sie jagen!“
„Das würde Krieg bedeuten, Mister Beam.“
„Und wenn schon, Sir! Wir haben die besseren Waffen! Wir können Verstärkung anfordern! Custer würde sie uns sofort geben. Vielleicht wird er sogar selber hierherkommen und ...“
„Mister Beam, glauben Sie im Ernst, ich melde diesen Vorfall sofort Custer und fordere Verstärkung an, um einen Rachefeldzug zu beginnen? Nein, Mister Beam!“
Entgeistert blickte Lieutenant Ted Beam den Captain an. „Sie wollen überhaupt nichts tun, Sir?“
„O doch, Mister Beam. Ich werde alles versuchen, damit es in diesem Gebiet ruhig bleibt.“
„Sir! Es war ein Überfall!“
„Ich weiß, Mister Beam. Doch es waren nicht Crazy Horses Oglala. Ein paar abtrünnige Indianer töteten eine Frau und ein wehrloses Kind, und dafür soll ich die Dörfer der Sioux angreifen und deren Frauen und Kinder niedermachen lassen? Nein, Mister Beam! Nur die Schul-digen müssen gefunden und bestraft werden!“
Der junge Offizier verfärbte sich. „Sir, ich verstehe nicht!“, flüsterte er. „Ich muss mich verhört haben.“
„Nein, verdammt noch mal!“ Wütend schlug Jenkins die Rechte auf den Tisch. „Sie haben genau richtig gehört, Mister Beam! Es wird keinen Rachefeldzug geben! Auch keine Strafexpedition! Ich will den Frieden nicht zerstören! Er wurde mühsam genug erreicht. Jahrelang wurden Verträge geschlossen und wieder gebrochen. Von uns, Mister Beam! Nicht von den Sioux! Jetzt habe ich das Kommando, und ich breche keinen Vertrag!“
„Dann, Sir“, flüsterte Beam mühsam, „bitte ich um meine Versetzung.“
„Sie sind närrisch, Mister Beam!“
J. J. Jenkins kam um den Tisch herum. Er atmete schwer. Seine Stimme klang versöhnlich, als er sagte: „Ich schätze Sie als guten Offizier, Mister Beam. Aber Sie haben noch nicht erlebt, wie schlimm Auseinandersetzungen zwischen uns und den Indianern sein können. Frieden, Mister Beam, ist viel schwerer zu bewahren, als Krieg zu führen. Nur die besten Männer können den Frieden wahren. Und darauf kommt es an, Mister Beam, auf nichts sonst!“
Beam presste die Lippen zusammen und schüttelte verständnislos den Kopf. „Ich darf mich abmelden, Sir.“
Beam hastete hinaus, und Jenkins blieb in der Tür stehen und sah zum Fluss hinüber. Hinter dem Dunst erhoben sich die Black Hills. Noch herrschte Frieden im Indianerland.
„Der Scout zu mir!“, rief Jenkins über den Platz. Wenig später kam ein Mann in Wildlederkleidung zur Kommandantenbaracke. Er meldete sich lässig. „Sie reiten zu Crazy Horse“, bestimmte Jenkins.
* * *
Nicht weit vom Fort flackerte unter regennassen Bäumen ein Feuer und erhellte mit rotem Schein den Lagerplatz. Zischend verdampften die Tropfen über der Glut. Der graue Hauch zog in die Baumkronen und war im Dunst nicht mehr zu sehen. Gebeugt und schweigend saß Dan Oakland am Feuer. Sky merkte seinem Vater an, dass ihn etwas bewegte, ihm Sorgen bereitete.
„Crazy Horse wird die Abtrünnigen bestimmt finden, Dad.“
Dan blickte auf. Ein Lächeln huschte über das raue Gesicht. Er wusste, dass Sky ihn aufmuntern wollte; dabei war sein Sohn ebenso besorgt. Verdruss braute sich über dem Indianerland zusammen. Sie brauchten miteinander darüber nicht zu sprechen. Sie spürten das nahende Unheil, und nur Klugheit und Kaltblütigkeit konnten ein Drama verhindern.
Plötzlich hörten sie den Hufschlag eines Pferdes. Gedankenschnell trat Sky das Feuer aus. Der Rauch verwehte. Im Nu standen Dan und sein Sohn neben den gesattelten Pferden. Horchend verharrten sie unter den tropfnassen Bäumen und hatten die Hand auf die weichen Nüstern der Pferde gelegt. Das Schnauben eines der Pferde konnte sie verraten.
Langsam kam das Hufgetrappel näher. Der Reiter trieb sein Tier durch die grauen Schwaden des Nebels, der die Bäume wie ein Schleier umgab. Nasse Zweige streiften den Reiter. Blätter raschelten, Äste knackten. Der eiserne Dan und sein Sohn standen völlig reglos. Die Pferde gaben keinen Laut von sich. Der schwache Wind kam von dorther, wo der unbekannte Reiter entlang zog. Der Mann konnte unmöglich den im Dunst über den Baumkronen verwehenden Rauchgeruch wahrnehmen.
Fragend blickte Sky seinen Vater an. Dan nickte scheinbar gleichmütig. Sofort griff Sky zum Gewehr. Sie warteten angespannt. Der Reiter verhielt plötzlich. Es war unwahrscheinlich, dass er Dan und Sky bemerkt hatte. Sekunden der tiefsten Stille vergingen.
Der Mann witterte. Vielleicht hatte er irgendetwas wahrgenommen, das mit Dan und seinem Jungen nichts zu tun hatte. In diesem Waldgebiet konnte sich eine ganze Armee verbergen. Hinter jedem Baum konnte ein Oglala lauern.
Dan duckte sich und glitt unter die Bäume. Seine Bewegungen waren voller Kraft. Niemand traute diesem großen und schweren Mann solch katzenhaft geschmeidige Bewegungen zu. Er schmiegte sich abseits des Lagerplatzes gegen einen Baumstamm und spähte über die kleine Lichtung.
Im Regendunst tauchte der Reiter auf. Es war der Scout aus dem Fort. Ein sicherlich erfahrener Mann, der die Gefahr nicht unterschätzte und genau wusste, was ihn erwartete, wenn er in die Hände der Indianer fiel. Das feuchte Gras dämpfte den Hufschlag. Der Scout folgte dem Pfad durch das Dickicht nahe am Fluss und verschwand langsam.
Jäh stand Sky neben Dan. „Hast du ihn erkannt, Dad?“
„Ja, der Scout aus dem Fort. Wahrscheinlich ist er unterwegs zu Crazy Horse.“
„Er wird es allein vielleicht nicht schaffen, den Häuptling dazu zu bringen, nach den Abtrünnigen zu suchen, Dad. Wir könnten ihm helfen, findest du nicht?“
Dan lächelte. „Worauf warten wir noch, mein Junge? Los, auf die Gäule!“
Sie wollten zurücklaufen, doch in diesem Moment hörten sie erneut Hufschlag. Die Welt schien klein geworden zu sein. Vielleicht wurde der Scout verfolgt. Jedenfalls kam der andere Reiter aus derselben Richtung und nahm den gleichen Weg. Er zog vorbei. Dabei gab er sich Mühe, leise zu sein. Gebeugt saß er im Sattel. Das Gewehr lag in der Armbeuge. Regen tropfte vom Hut. Wie ein Spuk war er verschwunden.
„Dad“, raunte Sky unruhig. „War das nicht Finch Gilroy?“
„Yeah, Sky. Der Hass treibt ihn durch die Wildnis. Ich möchte nicht in seiner Haut stecken! Er hat keine Familie mehr, kein Zuhause, keine Aufgabe, nur seinen Groll.“
Sie liefen zu den Pferden, schwangen sich in die klammen Sättel und ritten an. Vorsichtig folgten sie Gilroy, der auf der Spur des Scouts ritt. Vielleicht war Gilroy dem Scout schon seit dem Fort auf den Fersen. Es war durchaus denkbar, dass Gilroy mit Hilfe des Scouts das Lager der Oglala Sioux finden wollte. Doch kannte Gilroy den Scout überhaupt? Konnte er von seinem Auftrag erfahren haben?
Über dem Big Horn River lag die Stille. Weder der Scout noch Finch Gilroy wussten, dass sie verfolgt wurden. Es war schwierig, den beiden Männern zu folgen. Weggabelungen tauchten auf. Hier zog sonst immer das Wild aus verschiedenen Richtungen zum Fluss hinunter.
Sky stieg ab und suchte den Boden nach Spuren ab. Sie verloren Zeit. Inzwischen war der Scout schon ein ganzes Stück weitergeritten. Er hörte nichts. Er sah nicht die Gestalten im tiefen Schatten der Bäume. Urplötzlich peitschte ein Schuss auf. Dumpf tönte das Echo durch die Nebelwand. Schrill wieherte das Pferd des Scouts, scheute und jagte vom Pfad.
Pfeile schnellten durch die Nebel. Knochige Gestalten, bemalt mit Kriegsfarben, erschienen zwischen den Bäumen. Der Scout lag am Boden. Zitternd wälzte er sich herum und versuchte, die Waffe aus dem Holster zu ziehen. Er hatte schon nicht mehr die Kraft dazu.
Stöhnend rollte er auf die Seite. Indianer huschten davon. Zweige wippten und schlugen hinter ihnen zusammen. Die Indianer skalpierten ihn nicht. Sie mussten wissen, dass er noch lebte! Irgendetwas hielt sie davon ab, ihn mit dem Tomahawk zu töten.
Auf einmal raste ein Reiter heran. Gilroy! Und wieder sirrten die Pfeile und suchten nach einem Opfer. Das schwerfällige Pferd des Farmers rutschte über den feuchten Boden gegen einen Baum. Aufbrüllend flog Gilroy vom Pferd. Geistesgegenwärtig rannte er weg, sah nicht den Scout, entdeckte aber ein lediges Sattelpferd, zerrte sich hinauf und jagte weiter. Dabei schoss er um sich, als hätte er den Verstand verloren.
Sein Pferd lief hinterher, durchbrach das Unterholz und tobte an mehreren Indianern vorbei. Die Schüsse des Farmers trieben die Indianer in die Flucht. Ein Weißer, der so närrisch um sich schoss, konnte nicht allein sein. Die abtrünnigen Oglala befürchteten, von der Kavallerie umstellt zu werden. Sie flohen. Totenstille umgab den Scout.
Nach einer Weile kamen zwei Männer zu Fuß heran. Sie gingen geduckt und hatten die Gewehre angehoben. Nebelfetzen umgaben sie. Schon kniete der eiserne Dan nieder und stützte den Kopf des Scouts. Er sah sofort, dass das Leben unaufhaltsam aus dem Körper des Mannes wich und er ihm nicht mehr helfen konnte.
„Ich wollte zu Crazy Horse“, stöhnte der Scout. „Zu spät jetzt. Der Captain will den Frieden!“
„Bleib ruhig liegen. Wer hat auf dich geschossen?“
Der Scout konnte nicht mehr antworten. Tot lag er auf dem Pfad. Sky kam heran und hielt einen Pfeil in der Hand, den er aus einem Baum gepellt hatte. „Oglala“, sagte er dumpf.
„Der Scout wurde von einer Kugel getroffen, Sky. Möglich, dass Finch Gilroy auf ihn geschossen hat. Eigentlich kann ich es nicht glauben. Die Indianer haben ihm zwar die Lebensaufgabe genommen, aber deshalb wird er doch nicht gleich zum Totschläger. Nein, Sky. Gilroy ist noch kein hemmungsloser Killer.“ Ächzend richtete Dan sich auf.
Sky warf den Pfeil weg und horchte. „Die Indianer sind verschwunden, Dad. Soll ich den Scout zum Fort bringen?“
„Nein. Wir haben nicht viel Zeit. Begrabe ihn. Ich will versuchen, Finch Gilroy einzuholen. Du kommst dann sofort nach, mein Junge!“
Dan rannte zurück und erreichte die Mulde, wo sie die Pferde zurückgelassen hatten. Er schwang sich in den Sattel und ritt zu seinem Sohn. Dort ließ er Skys Pferd zurück und machte sich auf den Weg.
Nach einer Viertelmeile stieß er auf das Pferd des Farmers. Es stand nahe am Fluss. Gilroy benutzte das schnelle Pferd des Scouts. Was immer im Halbdunkel unter den Bäumen geschehen war, die Wahrheit würde Dan so schnell nicht erfahren. Dan suchte sorgfältig die Umgebung nach Spuren ab. Er fand Gilroys Fährte und folgte ihr. Die Spur führte in den Big Horn River und war fortan nicht mehr zu verfolgen.
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