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Kitty Stone

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Beschreibung

Sie flieht, um nicht umgebracht zu werden. Er ist ein Killer und versteckt sich vor dem Gesetz. Gerade erst geflohen vor ihrer Familie, scheint für Harper Jenkins der wohl widerlichste Truckstop im sogenannten Neuen Wilden Westen Amerikas die Endstation zu sein. Dort einem landesweit gesuchten Mörder über den Weg zu laufen, erweist sich schnell als eine der kleineren Herausforderungen - der örtliche Hillbilly-Clan hingegen als das ganz große Problem. Harper muss sich entscheiden, ob sie ihr Leben in die Hände eines Killers legen will. Malloy hingegen muss nicht nur seine Flucht vor den Dämonen seiner Vergangenheit fortsetzen, sondern auch noch mit dem unerwünschten Gepäck in Form der jungen Frau auf dem Rücksitz seines Motorrads fertigwerden. Mächtige Feinde, zwei Menschen und ein Schicksal. Danger & Desire - Ein dirty-romantic Roadtrip quer durch eine verdammt blutgetränkte Wüste.

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Danger & Desire

Tödliche Wüste

Kitty & Mike Stone

 

~~~

 

Sie flieht, um nicht umgebracht zu werden.

Er ist ein Killer und versteckt sich vor dem Gesetz.

 

Gerade erst geflohen vor ihrer Familie, scheint für Harper Jenkins der wohl widerlichste Truckstop im sogenannten Neuen Wilden Westen Amerikas die Endstation zu sein. Dort einem landesweit gesuchten Mörder über den Weg zu laufen, erweist sich schnell als eine der kleineren Herausforderungen - der örtliche Hillbilly-Clan hingegen als das ganz große Problem.

 

Harper muss sich entscheiden, ob sie ihr Leben in die Hände eines Killers legen will. Malloy hingegen muss nicht nur seine Flucht vor den Dämonen seiner Vergangenheit fortsetzen, sondern auch noch mit dem unerwünschten Gepäck in Form der jungen Frau auf dem Rücksitz seines Motorrads fertigwerden.

 

Mächtige Feinde, zwei Menschen und ein Schicksal. Danger & Desire - Ein dirty-romantic Roadtrip quer durch eine verdammt blutgetränkte Wüste.

 

 

 

 

 

 

Deutsche Originalausgabe, 1. Auflage 2018

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Impressum:

Kitty Stone & Mike Stone

Breslauer Str. 11, 35274 Kirchhain

 

© Februar 2018 Kitty Stone / Mike Stone

 

Alle Rechte vorbehalten!

Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der offiziellen Erlaubnis durch die Autoren.

 

Covergestaltung: Dream Design – Cover and Art, Inh. Renee Rott/ http://www.cover-and-art.de/

Bilder: AdobeStock_9379985 shutterstock.com / Depositphotos_16820867depositphotos.com

 

 

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Mad Dog Malloy

 

 

 

Der geballte Gestank traf mit brutaler Wucht auf meine Nase, sobald ich die Tür aufstieß. Er war wie eine massive Wand aus Widerwärtigkeit, die nicht erst darauf wartete, dass ich in sie hineinlief. Stattdessen stürzte sie sich auf mich, wie ein extrem angepisster Skunk. Komisch, dass es mich immer wieder überraschte, wie erbärmlich es in diesem Drecksloch roch. Nach all meinen Besuchen hätte man doch annehmen dürfen, ich wüsste zumindest, was mich erwartete. Mit Zimtgeruch rechnete ich auch wirklich nicht, denn trotz des niedlichen Namens war das Cinnamon Buns Diner ein abgefuckter Truckstop noch hinter dem Arsch der Welt und hatte höchstwahrscheinlich nie Gebäck im Angebot gehabt. Oder überhaupt genießbares Essen, was das anging.

Für einen Moment blieb ich reglos. Zu hoffen, dass meine Nase sich an den Schweiß und die sonstigen, übelkeiterregenden Ausdünstungen von Dutzenden ungewaschenen Kerlen gewöhnen würde, war unrealistisch. Aber ein Blick in die Runde war eine sinnvolle Vorsichtsmaßnahme und verschaffte mir eine winzige Galgenfrist. Auch wenn der Anblick der Trucker und vereinzelten Biker fürs Auge ungefähr so beleidigend war, wie ihr Gestank für meinen Geruchssinn.

Nur allzu deutlich zeigten die speckigen, schweißfleckigen Unterhemden und Shirts, woher ein Großteil der widerlichen Ausdünstungen stammte. Und leider waren es nicht nur die Trucker, die auf der langen Tour durch diesen gesetzlosen Teil des Mittleren Westen wenig Gelegenheit für Körperhygiene fanden. Der Inhaber, ein pockennarbiger Fettsack namens Pete, ging mit schlechtestem Beispiel voran. Auf seinem einst wohl mal weißen Unterhemd meinte ich Flecken zu entdecken, die ich von meinem letzten Besuch vor fast einem Monat noch kannte. Und der Penner hatte fließend Wasser. Das war immerhin einer der Gründe für meinen Besuch.

 

Die Erkenntnis, dass noch niemand mich angeschnauzt hatte, die verdammte Tür zu schließen, riss mich aus meiner Erstarrung. Normalerweise dauerte das keine zehn Sekunden. Heute war es anders. Und das lag eindeutig nicht daran, dass jemand die altersschwache Klimaanlage repariert hatte. Die rasselte unverändert laut vor sich hin und klang, als würde sie gleich aufgeben. Zugegeben, selbst eine neuwertige Anlage wäre mit mehr als zwei Dutzend Kerlen in einem kleinen Raum an einem der scheiß-heißen 360 Sonnentage in diesem Teil der Staaten überfordert gewesen. Aber das vorhandene Gerät versagte einfach auf ganzer Linie. Trotzdem kam mir nicht in den Sinn, meine Lederjacke auszuziehen. Ohne Seuchenschutzanzug in Reichweite war das dicke Leder mein einziger Schutz vor alldem, was sich seit Jahren auf der Inneneinrichtung sammelte. Wie ein Schwein zu schwitzen war da eindeutig das kleinere Übel.

Ohne mir die Mühe zu machen, meinen Widerwillen zu verbergen, trat ich ein und schaute kurz in die Runde. Offenbar war etwas im Gange, das die Aufmerksamkeit der Anwesenden von mir ablenkte. Etwas, das sie eher unterhielt, als eine Bedrohung darzustellen, denn niemand hatte die Hand an der Waffe, die von den meisten demonstrativ offen getragen wurde. Und wenn es keine Gefahr darstellte und sich kein Schwein Gedanken machte, konnte mir egal sein, was da im hinteren Teil des Raums vor sich ging. Zumal es sich um eine eindeutig weibliche, offenbar ansehnliche und vergleichsweise gepflegte Blondine drehte. Und Frauen brachten sogar noch mehr Scherereien, als ungefragte Einmischung es üblicherweise ohnehin schon tat.

 

»Bier. Flasche«, knurrte ich so übellaunig, wie ich mich in dieser Umgebung fühlte, nachdem ich unbehelligt den Tresen erreicht hatte.

»Malloy!«, keuchte Pete, der mich tatsächlich jetzt erst erkannte. Ich fand sehr zufriedenstellend, wie er kurz zurückzuckte und sich dann nervös über die wulstigen Lippen leckte, während seine Augen mehrmals hin und her huschten, als suche er nach einem Fluchtweg.

»Und ich muss an den Wasserhahn in deiner Küche«, fügte ich noch hinzu und stellte demonstrativ meinen Wasserkanister auf den Tresen.

»Äh … J-ja klar«, stammelte der Fettwanst. »Ich kann ihn für dich …«

»Fass mein Zeug an und ich brech dir die Finger«, grollte ich sofort und sah seiner Hand dabei zu, wie sie mitten in der Bewegung auf meinen Kanister zu erstarrte. »Hol das Bier, ich fülle meinen Kanister. Ich kenne den Weg.«

Er sah aus, als würde er kurz überlegen, mir zu widersprechen. Vielleicht so was wie, dass niemand etwas in seiner Küche zu suchen habe. Was ich vielleicht sogar akzeptiert hätte, wenn der Laden nicht auf die Liste der Seuchenschutzbehörde gehört hätte. Und zwar nicht für eine Kontrolle, sondern gleich zum Abfackeln. Ein Blick von mir belehrte ihn allerdings eines Besseren und sein Mund klappte wieder zu.

 

Bevor ich in die Küche des Truckstops eintrat, nahm ich einen tiefen Atemzug und stählte mich. Die Luft in diesem Raum mochte widerlich sein, aber ich hatte eine gewisse Ahnung, was mich erwartete und es war ganz bestimmt seit dem letzten Mal nicht besser geworden. Ich stand im Begriff, das Niemandsland voller misstrauischer, nicht freundlich gesinnter Menschen zu verlassen und Feindesland zu betreten. Ein Gebiet, auf das auch Pete keinen Anspruch erheben konnte. Nicht einmal der örtliche Taylor-Clan mit seiner Massenproduktion viel zu eng miteinander verwandter Missgeburten würde sich da rein wagen.

Schon der erste Schritt verursachte mir Übelkeit. Irgendwo unter der fettigen Schmiere war vermutlich ein Fliesenboden, aber das war nicht nachprüfbar. Jede Bewegung verursachte schmatzende Geräusche, die nur manchmal von einem Knirschen untermalt wurden, wenn ich einen Kakerlakenkadaver zertrat. Mir kam der Gedanke, dass es vermutlich diese Schmiere war, die das Ungeziefer davon abhielt, das ganze Gebäude zu übernehmen. Allerdings sah ich aus den Augenwinkeln auch nur zu deutlich, dass lediglich die Schwachen darin stecken blieben. Was sich bei meinem Anblick in dunkle Winkel verzog, waren vermutlich keine kleinen Ratten, denn die waren auch nicht blöd genug, sich hierher zu verirren.

Mein Ziel lag auf der anderen Seite des Raums. Es war ein Wasserhahn in der Wand, den Pete offenbar nicht benutzte. Als ich mich fragte, wie er sich überhaupt in diesem Dreck bewegen konnte, ohne angefallen zu werden, ergab sein schmutziger Zustand plötzlich einen gewissen Sinn. Vielleicht gab es so was wie ›selbst für Riesenkakerlaken zu dreckig‹. Ein Gefühl, als hätte ich mich in ein Minenfeld verirrt, überkam mich. Aber im Gegensatz zu meinem ersten, unfreiwilligen Ausflug in ein solches, hatte ich weniger Hoffnung, es auch wieder raus zu schaffen.

Als mir dann die angehaltene Luft ausging, wurde jedoch auch das zweitrangig. So flach der Atemzug durch den Mund auch sein mochte, er brachte doch den unverkennbaren Geschmack von Verwesung mit sich, den ich leider auch zu gut kannte. Ob es vergessene Burger-Patties waren, die da seit zwei oder drei Wochen vor sich hingammelten, oder ob sich doch Ratten hierher verirrt hatten, die auf einem kakerlakensicheren Fettfleck ohne Ausweg verhungert waren, konnte mir egal sein. Mir kam einfach nur die Galle hoch. Und mit ihr einige unerfreuliche Erinnerungen, die ich nur schwer unterdrücken konnte.

Flach atmend hielt ich inne und beschloss, dass ich das Risiko nicht eingehen wollte. Selbst das Wasser aus dem Wasserhahn war mir nicht mehr geheuer. Lieber klapperte ich für die nächsten Tage jede Wasserstelle in der Umgebung ab, als etwas zu trinken, was durch Leitungen in dieser abartigen Bruchbude geflossen war. Und wenn jemand mitbekam, wie ich vor einer Küche einen Rückzieher machte, und andeuten wollte, dass Mad Dog Malloy seinen Schneid verlor, würde ich ihn einfach durch die Küchentür schmeißen. Das sollte ausreichen, um die Sache zu klären.

 

Wieder zurück im Hauptraum wollte ich exakt drei Dinge - ein Bier, dann noch eins und danach weg von hier. Ob ich jemals wiederkommen würde, durfte stark bezweifelt werden. Kaltes Flaschenbier war einfach nicht Grund genug, dieses widerliche Loch aufzusuchen.

Pete war schlau genug, meinen Gesichtsausdruck richtig zu deuten und mir eine Flasche hinzustellen, kaum dass ich saß. Ich war stinksauer und der kleinste Hauch Selbstzufriedenheit wegen meines Rückzugs aus seiner Küche mit offensichtlich leerem Kanister hätte ihm mehr Ärger eingebracht, als er vertragen konnte. Ganz egal, wie die Konsequenzen ausgesehen hätten. Ich hatte den Beinamen Mad Dog schließlich nicht ohne Grund.

Da er sich so geschickt bedeckt hielt, wie die feige Ratte, die er nun einmal war, richtete sich mein Zorn gegen die absurd ausgelassene Stimmung unter den Gästen, die ohne Frage etwas mit der blonden Hauptattraktion des Tages zu tun haben musste. Ich wollte nicht wissen, was sie so lustig fanden. Ich wollte einfach nur jemandem wehtun. Und ich kam auch dahinter, weswegen ich mich so fühlte, während ich mich an meinem ersten Bier festhielt.

Es war der Verwesungsgestank gewesen, ging mir auf. Von allen Gerüchen, die ich je ertragen musste, war dieser mit den bittersten Momenten meines Lebens verknüpft, und die Erinnerungen daran zu unterdrücken, kostete mich viel zu viel Kraft. Mein Zorn gab mir diese Kraft, aber ich wusste auch, dass er mich wieder in Schwierigkeiten bringen würde, wenn ich mich nicht zusammenriss. Und da ich mich hier in der Gegend bereits vor den Konsequenzen meines letzten Wutausbruchs versteckte, wäre es eine sehr beschissene Idee gewesen, mich mit einem der alteingesessenen Einheimischen wie Pete anzulegen. Er mochte ja nicht beliebt sein, aber sein Drecksloch von Lokal diente auch dem Taylor-Clan und anderen Ansässigen als Treffpunkt, für den es kaum eine Alternative gab. Also zog ich die Schultern hoch, packte die Flasche fester und unterdrückte das Bedürfnis, jemandem wehzutun. Und das wäre auch beinahe gut gegangen. Beinahe …

 

»Würd‘ ich nich‘ machen, Püppi«, hörte ich zu nahe und zu eindeutig in meine Richtung gesprochen in meinem Rücken. »Der fickt dich mit’m Messer. Bei mir ist’s nur ‘n Blowjob alle 50 Meilen.«

»Aber …«, hörte ich ein Stimmchen schluchzen. »Bitte … Warum seid ihr alle so grausam?«

»Grausam is‘ der da«, erwiderte der Kerl, der seinem Sitzplatz zufolge ein rattengesichtiger Trucker sein musste, den ich nicht öfter als zwei oder dreimal gesehen hatte. »Ist ‘n Frauenmörder. Bist besser bei mir dran, Schnecke.«

Während sie ein ersticktes Geräusch machte, verlor ich den Kampf mit meiner Selbstbeherrschung. Mein abruptes Aufstehen ließ das Mädchen erschrocken quietschen. Dieser Laut erregte wiederum die Aufmerksamkeit der anderen Anwesenden und mir wurde klar, dass die folgende, angespannte Stille mir galt. Jeder wollte wissen, was ich nun tun würde. Die Aufmerksamkeit war mir allerdings herzlich egal.

»Er hat recht«, presste ich hervor, ohne sie anzusehen. »Aber er weiß verfickt noch mal nicht, wann man die Fresse halten sollte.« Um meinen Punkt zu unterstreichen, rammte ich den Kopf des Truckers mit der Hand nach vorne auf seinen Tisch, bevor er überhaupt kapierte, dass ich gar nicht wirklich an dem Mädchen interessiert war. Zu hören, wie seine Nase und vermutlich einige der wenigen, noch intakten Zähne in seinem Mund brachen, war überaus befriedigend. Es nahm genug inneren Druck raus, dass ich der Kleinen dann doch noch einen Rat mitgeben konnte: »Und du kapierst besser schnell, dass dein Stolz der geringste Preis für ein Ticket hier raus ist. Wenn dir noch einer die Tour für ein paar Blowjobs anbietet, schlag ein. Billiger wird’s nicht.«

 

Abgesehen von ihrem Zurückweichen vor meinen wütenden Worten bekam ich nichts von ihrer Reaktion mit, weil ich das gar nicht wollte. Ich hatte keine Lust auf einen flehenden Blick oder was auch immer. Mochte ja sein, dass sie an ihrer Misere nicht selbst schuld war. Aber ebenso gut konnte es ihr auch recht geschehen. So oder so - nicht mein Zirkus, nicht mein verfickter Affe. Ich hatte mich schon weit genug aus dem Fenster gelehnt, auch wenn es mir dabei gar nicht um sie gegangen war. Ja, dabei würde ich bleiben.

Bevor sie sich also zu einer Antwort aufraffen konnte, packte ich meinen Kanister und legte Pete einen Fünfer auf den Tresen. Dann stapfte ich nach draußen, wo ich mir auf dem Weg zu meinem Bike Zeit ließ und versuchte, im Staub die Reste dieser abartigen Küche von meinen Stiefelsohlen zu schaben. Mehr Trödelei war aber nicht drin. Ich musste hier weg, bevor ich jemanden umbrachte oder den Laden selbst abfackelte. Raus auf die Straße und nicht mehr zurückblicken.

Was ein toller Plan war und auch fast geklappt hätte. Ich war sogar schon eine Meile die Straße runter, bevor mir der Pick-up begegnete, in dem ich die Visagen von drei Halbstarken des Taylor-Clans identifizierte. Einer davon ausgerechnet der Bastard Jesse, der meiner ganz persönlichen Meinung nach sogar noch schlimmer war, als mein nicht unbegründeter Ruf mich aussehen ließ. Und der Wagen fuhr ganz sicher nicht in die Gegenrichtung, ohne zumindest einen Zwischenstopp beim Truckstop einzulegen.

 

Nein, es war egal. Es ging mich nichts an und ich würde mich nicht einmischen. Die Kleine konnte schon mit einem der Trucker auf dem Weg zu seinem Bock sein, wenn sie schlau war. Und ich war verfickt noch mal nicht ihr Babysitter. Wenn sie sich von den Taylors schnappen ließ, war das ihr Problem. Ich beschleunigte wieder, nachdem ich in Gedanken vergessen hatte, Gas zu geben.

Und je weiter ich von da wegkam, desto weniger spielte es ja auch eine Rolle. Wenn das Mädchen so dumm war, sich nicht schnell eine Mitfahrgelegenheit gesucht zu haben, waren die Taylor-Missgeburten mittlerweile eingetroffen und würden sie sich schnappen. Wer sollte sie auch daran hindern oder auch nur hindern wollen? Sie war ja zimperlich genug gewesen. Und ohne Gegenleistung bekam man hier im Neuen Wilden Westen nun einmal nichts. Daran konnte ich auch nichts ändern, also gab ich wieder Gas, nachdem ich fast zum Stehen gekommen war.

Und dann … hielt ich an, fluchte laut und ausgiebig und drehte das verfickte Motorrad, um den Weg zurückzufahren, den ich gekommen war. Denn mir ging dieser gottverdammte Verwesungsgeruch nicht aus dem Sinn und ich wusste, dass von der dummen, kleinen Pute hier in der Wüste nicht lange etwas übrig bleiben würde, das verwesen konnte, nachdem Taylor mit ihr fertig war. Niemand würde ihren verrottenden Leichnam in einem scheiß Sumpfloch finden, selbst wenn es jemanden gab, der nicht aufhören würde, sie zu suchen. Weil die Kojoten nämlich nichts zu finden übrig lassen würden. Und daher würde auch niemand losziehen und es der Drecksbande heimzahlen, selbst wenn es einen Idioten gab, der sein Leben für brutale Rache wegwerfen wollte, nachdem er vermasselt hatte, einen Tod zu verhindern. Und außerdem - was hatte ich schon zu verlieren?

 

Harper

 

 

 

Geschockt schaute ich auf den Tisch, auf dem sich langsam das Blut ausbreitete. Hatte ich eben noch gedacht, dass der Tag nicht noch schlimmer werden konnte, so hatte mich dieser Truckstop eines Besseren belehrt. Seit heute Morgen, seitdem ich bei diesem Trucker eingestiegen war, lief alles aus dem Ruder. Aber was sollte ich verdammt noch mal tun? Mein letztes Geld war für einen Kaffee draufgegangen und ich konnte mir kein Busticket leisten. Und ich besaß zu wenige kriminelle Energie, als dass ich mich in einen solchen ungesehen hätte hineinschmuggeln können. Stattdessen hatte ich ihm nachgesehen und mich entschieden, zu Fuß weiter zu gehen.

Und nun war ich hier. Rausgeschmissen aus dem Truck, weil ich dem schmierigen Fahrer keinen hatte blasen wollen. Die ganze Zeit hatte ich seine Hand von meinem Bein gepflückt und irgendwann war ihm der Geduldsfaden gerissen. Er war noch nicht mal auf den Platz vor dem Diner gefahren, sondern hatte nur kurz am Straßenrand gehalten, die Tür geöffnet und mich mit einem Stoß in den Staub befördert. Jetzt saß ich hier fest.

Die Typen hier drinnen waren sogar noch schlimmer als der Trucker, der mich rausgeworfen hatte. Vielleicht hätte ich ihm … Aber das half mir jetzt auch nicht weiter. Als der Mann, den der Kerl mit der jetzt gebrochenen Nase zuvor als Frauenmörder bezeichnet hatte, nach draußen gegangen war, hatte ich allen Willen aufbringen müssen, um ihm nicht hinterherzurennen. Dabei hätte es mich abschrecken müssen, denn wenn das wirklich einer war, der Frauen umbrachte, war er wohl die am wenigsten geeignete Mitfahrgelegenheit. Und doch hatte er sich von den anderen hier unterschieden. Dreckig wurde man automatisch auf dieser Route, das hatte ich an meiner eigenen Kleidung festgestellt, aber er war nicht halb so schmutzig wie diese widerlichen Kerle hier.

Ich hatte die Chance vertan und überlegte, ob ich noch weiter jemanden anbettelte, der mich mitnahm, oder ob ich einfach, wie heute früh, zu Fuß weiter lief. Die Eingangstür wurde aufgestoßen und prallte mit lautem Knall gegen die Wand. Sofort war die Stimmung im Diner angespannt und ich bemerkte, wie einige der Männer ihre Hände zu ihren Hosen und unter die Jacken wandern ließen. Wenn ich nicht schon die ganze Zeit geschwitzt hätte ohne Ende, wäre mir jetzt auf jeden Fall der Schweiß vor Angst ausgebrochen. In eine Schießerei verwickelt zu werden war das Letzte, was ich wollte.

»Hey Jesse«, rief der Typ hinter dem Tresen den Neuankömmlingen zu. Sofort entspannte sich die Lage im Raum und leises Gemurmel war zu hören. Die Tür wurde mit einem unsanften Tritt in ihre ursprüngliche Position befördert und das Innere lag wieder im schummrigen Licht da. Der Rauch brannte mir in den Augen und ich verwischte noch das allerletzte bisschen Wimperntusche, als ich mit der Hand darüber fuhr.

»Was’n hier passiert«, grunzte einer der hereinkommenden Kerle. Es waren drei und sie passten zu dem Rest der abgefuckten Gäste. Wie es schien, waren sie außerdem bekannt.

»Malloy«, rief einer vom Nachbartisch, zog geräuschvoll die Spucke hoch und rotzte auf den Boden.

Ich schluckte und versuchte, die aufkommende Übelkeit in den Griff zu bekommen. Die ganze Zeit, die ich hier schon im Laden war, rang ich damit, dass ich mich nicht in hohem Bogen übergab.

»Hey, wer is’n die?« Besagter Jesse hatte mich entdeckt und auch seine Begleiter wandten mir daraufhin den Kopf zu. Einer von ihnen pfiff durch die Zähne.

»Was ‘ne geile Schnalle.« Jesse kam näher und grinste mich breit an. Dabei entblößte er eine Reihe von gelben Zähnen. Direkt vor mir blieb er stehen. »Wer bist’n du, Süße?« Dabei zog er das Wort Süße extra in die Länge und streckte seine Hand nach mir aus.

Reflexartig wich ich zurück, quietschte auf und machte wieder einen Satz nach vorn, als mir in den Hintern gekniffen wurde.

»So stürmisch«, lachte Jesse dreckig und hielt mich fest. Er umfing mich mit seinen Armen und ließ seine Hände auf meinen Hintern klatschen. Seine Finger bohrten sich in meine Hüften und zogen mich mit einem Ruck gegen seinen Unterleib.

»Bitte nicht«, bettelte ich und versuchte mit meinen Händen an seiner Brust, ihn nach hinten zu schieben.

Er legte den Kopf in den Nacken und lachte. »Habt ihr gehört, ihr dreckigen Bastarde? Die Schlampe hat bitte gesagt.«

Die Männer fielen in sein Lachen ein, das abrupt endete. Wütend blitzte er mich an. »Bitch, wenn Jesse was will, dann bekommt er das, comprende?«

»Bitte, lassen Sie mich doch gehen«, flehte ich, was die anderen Männer nur noch mehr lachen und ihr Bier über die Tische prusten ließ.

»Lass mich überlegen«, seine Finger zwickten mir unangenehm ins Fleisch. »Nope.«

Er hielt mich wie in einem Schraubstock gefangen und ich bekam kaum noch Luft. Grinsend kam er mit seinem Gesicht meinem näher und ließ laut schmatzend seine Zunge herausschnellen.

Angewidert versuchte ich mich wegzudrehen, was sich schnell als aussichtsloses Unterfangen herausstellte. Ich musste hilflos über mich ergehen lassen, dass er über meine Wange leckte und dabei eine nasse Spur hinterließ. Fauliger Atem schlug mir entgegen, als er sich meinem Mund näherte. Noch weiter konnte ich meinen Kopf nicht wegdrehen und seine Zunge schlängelte über meine Lippen.

»Stell dich nicht so an, Bitch.« Er drängte seine Zunge zwischen meine fest zusammen gepressten Lippen.

Ich wimmerte und der eklige Geschmack, der sich nun in meinem Mund ausbreitete, ließ mich würgen. Er stieß mir seine Zunge fast in den Hals und mehr als ein »Mmmh«, bekam ich als Protest nicht mehr heraus. Seine Hände waren überall an meinem Körper. Immer wieder kniff er mich und dann vergrub er seine Finger in meinen Haaren. Er presste mich fest an sich, seine Zunge wühlte in meinem Mund herum und ich kriegte Panik, weil ich kaum noch Luft bekam. Egal wie sehr ich mich in seinen Armen wand, er war einfach stärker. Als er seine Hand an der Seite auf meine Brust schob, erwachte der letzte Funke von Überlebensinstinkt. Ich hatte nicht vor zu ersticken, aber auch nicht, mich vergewaltigen zu lassen. Aus einem Impuls heraus biss ich ihm in die Zunge und sofort breitete sich ein metallener Geschmack aus.

Mit einem Brüllen sprang er nach hinten und spuckte Blut auf den Boden. »Spinnst du? Du Fotze, du«, tobte Jesse und versetzte mir eine schallende Ohrfeige, die meinen Kopf zur Seite schnellen ließ. »Dir werd ich Manieren beibringen«, brüllte er und stieß mich nach hinten.

Ich taumelte rückwärts und ruderte mit den Armen, aber das Gleichgewicht zu halten war schier unmöglich. Ich fiel nach hinten und landete mehr als unsanft auf meinem Hintern. Meine Wange brannte und ein pochender Schmerz breitete sich augenblicklich in meinem Po aus.

Die Männer johlten. Stühle wurden gerückt, fielen polternd um. Das Schauspiel wollte sich wohl keiner entgehen lassen. Tränen brannten in meinen Augen. Ein Tritt traf mich unerwartet von der Seite.

»Harry, verpiss dich. Die Bitch gehört mir und meinen Brüdern«, grollte Jesse und er und die anderen zwei scharten sich um mich.

Die erste Träne rann mir über die Wange. »Es tut mir leid«, wimmerte ich.

»Ich kann dich nicht hören!« Er hielt sich eine Hand hinters Ohr und tat, als ob er lauschte.

»Ich wollte das nicht«, wiederholte ich lauter und schniefte.

»Ach, sieh mal einer an. Das haste dir aber wohl zu spät überlegt. Du dreckige Misthure hast mir fast die Zunge abgebissen.«

»Alter, die weiß nicht mit wem sie sich angelegt hat«, grölte einer der Brüder. »Zeig‘s der Kleinen.«

Jesse hockte sich vor mich. Ängstlich sah ich ihn an.

»Kleinen, verwöhnten Schlampen zeigen wir sehr gerne, wie sie sich zu benehmen haben.«

»Fick sie«, wurden Stimmen laut und ich schluckte ängstlich. Hätte ich doch einfach dem Trucker einen geblasen. Jetzt war es zu spät für diese Erkenntnis und ich konnte nur hoffen, dass nicht alle über mich herfielen.

»Ihr Arschgeigen, das hättet ihr wohl gerne.« Jesse sprang auf und verpasste mir mit seinem Stiefel einen Tritt, sodass ich zur Seite gefallen wäre, wenn ich mich nicht abgefangen hätte. Im gleichen Augenblick durchfuhr meine Hand ein stechender Schmerz und ich jaulte laut auf. Derbes Gelächter. Der Mistkerl hatte auf meine Hand getreten und ergötzte sich an meinem Wehlaut.

»Schau ‘se dir an. Jetzt isse ganz kleinlaut, die Schlampe«, grunzte einer der Brüder und spuckte mir ins Gesicht.

Angeekelt hätte ich mir am liebsten die Rotze weggewischt, aber einerseits tat mir meine Hand höllisch weh und andererseits hatte ich Schiss, dass diese Geste sofort Gewalt nach sich ziehen würde. Die Stimmung war aufgeheizt und ich hatte keine Ahnung, wie ich dem entkommen sollte. Viel zu spät war es, sich eine Mitfahrgelegenheit zu suchen. Ich konnte nur hoffen, dass die Typen irgendwann das Interesse an mir verloren.

»Boah Alter, was sieht das geil aus. Die dreckige, kleine Hure fickbereit auf‘m Boden.«

Neben mir hörte ich schwere Stiefel näher kommen. »Jesse, komm schon, nur mal nen bisschen Spaß.«

»Ich sagte, verpiss dich, Harry.«

»Ma-an, nur mal die Kleine anwichsen.«

Oh mein Gott. Mein Kopf flog nach oben und ich starrte die Männer an. Hämisch grinsend verzog Jesse das Gesicht. »Du impotentes Arschloch, du bekommst doch eh keinen mehr hoch.«

»Klar«, rülpste Harry und fummelte an seiner Hose rum. Leider hatte der Kerl es wirklich irgendwann geschafft, die Knöpfe zu öffnen und seinen Penis rauszuholen.

»Watt’n schlaffes Ding«, frotzelte Jesse.

»Wart’s ab.«

Noch immer war mein Blick starr auf seinen kleinen, schrumpeligen Schwanz gerichtet, den er in die Hand nahm und anfing zu reiben. Am liebsten wäre ich aufgesprungen und laut schreiend geflohen. Aber wie weit würde ich kommen? Somit saß ich auf diesem siffigen Boden und schaute von unten aus zu, wie der Typ versuchte, sich einen runterzuholen.

»Mir kommt’s gleich«, vermeldete er nach kurzer Zeit, wobei sein Ding nicht wirklich größer geworden war. »Ahhh«, stöhnte er und kurz darauf ergoss sich eine warme Flüssigkeit auf mich.

Ich schloss schnell die Augen, presste die Lippen fest aufeinander und hielt die Luft an.

»Schau die Sau an, der pisst.«

Die Menge grölte. Die Brüder vor mir schlugen sich feixend auf die Oberschenkel und schienen die Leistung des Mannes zu feiern. Ich wusste nicht, was für mich schlimmer war. Angepinkelt zu werden, oder wenn er wirklich auf mich gewichst hätte. Beides war Demütigung pur und die Tränen, die ich verzweifelt versucht hatte zu unterdrücken, bahnten sich ihren Weg hinaus.

»Geile Show«, riefen die Gäste des Truckstops durcheinander.

»Ich will die Schlampe auch anpinkeln«, meldete sich einer der Brüder und fummelte sein Ding aus der Hose.

Ich zog den Kopf ein, als er mir direkt auf die Haare pisste. Während sich der Urin unter lautem Beifall über mich ergoss, betete ich, dass sie endlich von mir abließen. Als dann der zweite seine Hose öffnete, die stinkende Brühe über mich fließen ließ und sich einen Spaß daraus machte, dass er direkt meine Brüste treffen konnte, liefen mir die Tränen ungehindert übers Gesicht.

»Hört bitte auf«, weinte ich leise, was den Männern nur noch lauteres Lachen und Gejohle entlockte.

»Hört, hört«, grinste Jesse und schubste mich mit seinem Stiefel an der Schulter nach hinten. »Da bettelt se, die Fotze. Pass mal auf, was ich davon halte.« Er griff sich an die Hose, doch bevor er sie öffnen konnte, krachte es hinter ihnen laut. Holz splitterte und etwas Schweres polterte zu Boden, unmittelbar gefolgt von zerberstendem Glas. Verstörtes Gemurmel war zu hören, als die Gaffer sich zur Seite schoben.

Jesse und seine Brüder hatten sich zu der Geräuschquelle herumgedreht. »Malloy, was willst’n hier? Ärger machen?«

»Die Kleine«, knurrte eine Stimme, bei der ich leise aufschluchzte.

»Vorhin wollst’se auch nich«, grunzte der alte Harry und schlurfte zur Bar.

»Scheiße Mann, vergiss es. Die gehört uns. Hast wohl Pech gehabt.«

»Der Baseballschläger gehört auch euch. Hier hast du ihn wieder.«

Ich hörte den Schläger durch die Luft sausen und ein unfassbar widerwärtiges Geräusch, als er auftraf. Jesse sackte stöhnend und würgend neben mir zu Boden. Augenblicklich hob sich auch mir der Magen und ich kotzte in die Pisslache.

»Du verblödetes Arschloch«, heulte Jesse auf. »Dafür zahlst du.«

Wieder hörte ich das Geräusch, welches auch noch das letzte bisschen Mageninhalt hinausbeförderte. Schwere Schritte näherten sich mir und dann kamen schwarze Bikerstiefel in mein Sichtfeld. Auf einem von ihnen lag das Ende von etwas, das wie ein Tischbein aussah. Unsanft wurde ich auf die Füße gezogen, bevor ich mir einen Reim darauf machen konnte.

»Geh«, zischte mir der Fremde zu. »Sieh zu, dass du Land gewinnst.«

Er stieß mich von sich und in Richtung des Ausganges. Ich wagte einen Blick durch die tränenverhangenen Augen zurück. Der Mann stand breitbeinig und mit unbewegter Miene über dem am Boden liegenden Jesse. Mit einem Baseballschläger klopfte er sich in die Hand. Als er ihn hochschwang machte ich, dass ich weiterkam. Keiner der Kerle stellte sich mir in den Weg. Viel zu gebannt starrten sie auf die sich bietende Szene. Ich war vergessen. Und ich sah zu, dass ich das ausnutzte.

Als ich durch die Tür stolperte, erwartete mich gleißendes Sonnenlicht. Die Hitze, die mich hier empfing, schien sich kaum von der im Inneren des Diners zu unterscheiden. Nur die Luftqualität war etwas besser und gierig atmete ich ein. Meine Augen brannten und ich hatte einen widerlichen Geschmack im Mund. Mein Selbsterhaltungstrieb erwachte endlich und ich sah mich auf dem Parkplatz um. Bikes, Pick-ups und noch mehr Trucks parkten hier, allerdings war kein Mensch zu sehen. Wahrscheinlich hielten sich im Moment alle drin auf, um die Schlägerei und das Knochenbrechen anzufeuern. Und außerdem würde ich sowieso zu keinem, der gerade meine Demütigung erlebt hatte, in den Wagen steigen. Kurzentschlossen wählte ich die einzige Variante, die mir noch übrig blieb. Ich setzte einen Fuß vor den anderen.

 

Mad Dog Malloy

 

 

 

Die kurze Atempause nach meinem überstürzten Eingreifen, in der sich das Mädchen aus dem Staub machte, gab mir genug Zeit, eine kleine Zwischenbilanz zu ziehen. Vor mir lag Jesse Taylor, dessen Solarplexus ich wohl leider mit dem Kopf des Baseballschlägers knapp verfehlt hatte, denn er spuckte noch immer Töne, auch wenn er fast gekotzt hätte. Zu beiden Seiten leicht hinter ihm standen seine sogenannten Brüder. Den Bulligen links kannte ich als Bubba, das Pferdegesicht auf der anderen Seite hatte mir noch niemand vorgestellt. Er sah allerdings auch nicht viel heller drein, als der wirklich schon schmerzhaft zurückgebliebene Bubba.

Ob sie nun wirklich Brüder der Missgeburt auf dem Boden waren, gegen den sich eine Klapperschlange wie ein Ausbund an Gutmütigkeit ausnahm, spielte keine große Rolle. Ich bezweifelte es jedoch. Natürlich waren angeblich alle der wohl über zwanzig offiziellen Kinder des alten Taylor von seiner Ehefrau, aber es war ein offenes Geheimnis, dass jede seiner älteren Töchter und alle seine Schwestern mindestens einmal von ihm schwanger gewesen waren. Bei Jesse durfte man allerdings anzweifeln, dass er der ungebrochen inzestuösen Familienlinie entsprang, die mehr und mehr sabbernde Schwachsinnige hervorbrachte. Er war … schlau. Und verdammt bösartig. Deswegen musste ich ihm ja auch zuerst das Maul stopfen.

Bevor ich das allerdings vollendete, gestattete ich mir einen lautlosen Fluch. Ich hatte mich gerade mit Anlauf in einen gewaltigen Haufen Scheiße katapultiert und es würde drastische Konsequenzen haben, wie ich mich aufführte. Und all das für ein Mädchen, das mir verflucht noch mal scheißegal sein sollte. War sie aber nicht. Spätestens seit ich sie in einer Pfütze aus Pisse und Erbrochenem auf dem Boden hatte sitzen sehen, war es keine Option mehr, sich abzuwenden und die Sache zu vergessen.

So unvernünftig das sein mochte, es machte mich stinksauer. Selbst wenn sie die größte Bitch der Weltgeschichte wäre, hätte sie das hier nicht verdient. Umso schlimmer, dass ich mich verpisst hatte, statt es von vorneherein zu verhindern. Aber das war vollendete Vergangenheit und half mir nicht dabei, die kleine Herausforderung mit einem Raum voller Kerle zu lösen, die mich nicht gerade als Freund betrachteten. Lange würden sie nicht mehr atemlos starren, sondern sich womöglich auf ihre leichte Überzahl besinnen und ebenso dumme Entscheidungen treffen, wie ich es heute schon getan hatte.

 

Zum Glück lief mein Timer ab, bevor es einem der Idioten einfiel, die Initiative an sich reißen zu wollen. Als ich sicher sein konnte, dass die Kleine auch wirklich aus der Schusslinie war, konnte ich mich endlich voll und ganz auf alles konzentrieren, was vor mir lag. Teils buchstäblich, was ich gern vertiefen wollte.

Jesse, der noch immer nach Luft schnappte, war sichtlich bemüht, sich eine wirklich gesalzene Drohung auszudenken, mit der er mich beehren wollte. Bevor er soweit war, deutete ich plötzlich mit dem Schläger auf ihn und lenkte so die Aufmerksamkeit aller auf dieses polierte Stück Hartholz. Meinen Tritt mit dem Stiefelabsatz mitten in die Fresse des Scheißhaufens auf dem Boden sah so offenbar niemand kommen.

Natürlich ging danach ein Ruck durch alle Anwesenden. Bei einem signalisierte dieser, dass ihm die Lichter ausgegangen waren. Die anderen erschraken, aber sie spannten sich auch an und machten sich für mehr Gewalt bereit. Keiner von ihnen behielt dabei allerdings irgendeine Form von Überblick. Ob sie Erfahrung mit Kneipenschlägereien hatten oder nicht, sie waren alle Einzelkämpfer, keine Teamspieler. Und ich hoffte, das würde gepaart mit ihrer Feigheit für mich arbeiten.

 

»Keiner von euch hat mit der Sache was zu tun«, sagte ich betont ruhig zu der Seite des Raums, auf der die meisten Trucker standen, und senkte dabei den Schläger wieder. Während sie sich das unmerkliche Bisschen entspannten, auf das ich hoffte, wandelte ich die Abwärtsbewegung allerdings in einem Aufwärtsschwung um und knallte das Ende des Baseballschlägers so hart von unten gegen das Kinn von Bubba Taylors Inzuchtbruder, dass der Kiefer deutlich hörbar brach. Das unvermeidliche Schmerzgeheul blieb allerdings aus, sodass ich angemessen sicher sein konnte, ihn von der Liste der Hindernisse streichen zu können.

»Das reicht!«, schnarrte Pete von seinem Tresen aus und hob eine alte, aber erstaunlich gepflegt aussehende Schrotflinte ins Blickfeld. »Malloy, du irres Arsch…«

Glücklicherweise kam es nicht unerwartet. Mir war klar, dass die Kakerlake Pete zuerst riskieren würde, aus der Schlägerei eine Schießerei zu machen. Es war sein Laden und in gewisser Weise erlaubte ihm das einen Spielraum, wo alle anderen sehr vorsichtig sein mussten, wenn es um Eskalationen ging. Dass er zudem allein mich ins Ziel fassen würde, war ebenso leicht vorherzusehen gewesen. Ich war schließlich der Einzige hier, dem man einen Mord auch von vorne zutraute und nicht nur von hinten in einer Neumondnacht.

Ein besonderer und unerwarteter Glücksfall war bei alledem nur, dass sich der Penner noch langsamer bewegte, als ich zu hoffen gewagt hätte. Er war tatsächlich so ungeschickt und lahm, dass ich nicht den Baseballschläger warf, sondern das Tischbein, das ich mit einer raschen Bewegung von meinem Fuß in die Luft beförderte und ergriff. Jedem anderen gegenüber wäre das Wahnsinn gewesen, aber ich konnte den Vorteil einer handlichen Waffe wie dem Schläger wirklich gebrauchen, also ging ich das Risiko ein. Und auch wenn ich ganz sicher kein Experte in Sachen Keulenwurf war, traf das Ding ihn doch der Länge nach mitten im Gesicht. Dem Blut nach zu urteilen, das richtig spritzte, war seine Nase mehr als nur hinüber. Viel wichtiger war jedoch, dass er aus dem Bild kippte und ich die Flinte klappernd auf dem Boden aufschlagen hörte.

 

»Noch jemand?«, setzte ich sofort nach und sah mich um, während ich demonstrativ die Hand an das Halfter mit der schweren Pistole an meinem Oberschenkel legte. Natürlich ließ ich dabei Bubba nicht aus den Augen, aber wenn man sagen konnte, ich würde einen der Taylors irgendwie kennen, war er es. Und er hatte eindeutig nicht vergessen, dass ich ihm bei unserer letzten Auseinandersetzung buchstäblich den Schädel eingeschlagen hatte, so wie er sich den Hinterkopf rieb, während er ratlos auf die Bescherung um sich herum glotzte.

Meine Frage war an all die anderen gerichtet, die sich beeilten, ihre eigenen Hände möglichst deutlich von ihren Waffen fernzuhalten. Bislang war dies eine Schlägerei und egal wie überlegen sie sich alle noch gerade eben gefühlt hatten, eine Schießerei verlief niemals wie geplant. So was vermied man um jeden Preis, wenn man nicht völlig verblödet war. Vor allem nicht eine Weltreise vom nächsten Arzt entfernt, der sich auch mit Menschen auskannte.

»Dachte ich mir«, brummte ich und wandte mich dem letzten, noch stehenden Taylor im Raum zu. »Wer noch, Bubba?«

»Ähh …«, machte der und blinzelte hektisch, während er versuchte, den Sinn der Frage zu enträtseln.

»Wer hat noch mitgemischt?«, verdeutlichte ich. »Wer hat das Mädchen sonst noch angepisst oder angefasst?«

Als dem stiernackigen Volltrottel aufging, was ich meinte, huschte sein Blick sofort zu einem älteren Fettsack am Tresen hinüber, von dem ich wusste, dass er aus der Gegend war. Dann setzte Bubba jedoch eine sture Miene auf und verschränkte sogar die Arme. »Ich verpfeif kein‘n, Mad Dog«, behauptete er.

»Wie geht’s dem Kopf?«, erkundigte ich mich schlicht.

»Uh … G-geht so.«

»Und Mary-Sue?«, bohrte ich weiter. »Wie geht’s der?«

»Du lässt Suey in Frieden!«, donnerte er sofort und machte einen drohenden Schritt auf mich zu, während er die Arme hochbrachte. »Du hast’s versprochen!« Seine sicherlich nicht besonders keusche Liebe zu seiner älteren Schwester war eindeutig noch immer ein wunder Punkt und seine Angst, ich könne sie umbringen wollen, schien ebenfalls noch vorhanden zu sein.

»Sag mir, was ich wissen will, und ich halte mein Versprechen«, grollte ich drohend.

»Mann, du blöde Arsch-Sau«, schnappte er und schien mir fast den Tränen nah. »Harry hat sie angepisst.« Er deutete auf den Kerl an der Bar. »War überhaupt seine Idee mit dem Pissen. Und Jesse hat mir zugenickt, nachdem Earl …«

»Interessiert mich ‘nen Scheiß«, unterbrach ich ihn. »Wer noch?«

»Keiner sonst«, erwiderte er so spontan und verwirrt, dass ich ihm glauben konnte.

»Okay. Dann …«

»Nich‘ auf’n Kopf, Malloy, bitte«, sagte Bubba, bevor ich ihn auffordern konnte, sich runterzubeugen. »Ich werd jedes Mal blöder, wenn‘s auf die Rübe geht.«

So absurd das auch sein mochte, irgendwie ergab es einen Sinn. Und irgendwie … tat mir der Bastard fast sowas wie leid. »Ich müsste dir was brechen und du schleppst mir trotzdem die beiden Missgeburten raus und fährst sie nach Hause«, warnte ich.

Statt einer Antwort streckte er mir einfach den Arm hin, als wäre es nichts. In einem Anfall von Gnade zimmerte ich mit dem Baseballschläger von der Seite zu und begnügte mich damit, ihm vermutlich die Rippen angebrochen zu haben. Jedenfalls rasselte er nicht bei seinem Aufschrei, während er umkippte und sich die Seite hielt, also war seine Lunge höchstwahrscheinlich unverletzt. Hätte ich ihm stattdessen den Arm gebrochen, wäre er bei der Familie und in dieser Gegend nämlich zum Krüppel geworden.

 

»Was’n dein Problem, Malloy?«, fragte mich der Kerl namens Harry, dem ich mich nun zuwandte. Offenbar hatte er die Gunst der Stunde genutzt und sich an Petes Biervorrat bedient. Ebenso offensichtlich war er schon zuvor nicht mehr nüchtern gewesen. Ich musste ihm zugestehen, dass er an diesem Tag zumindest eine gute Idee gehabt hatte. Schnaubend griff ich mir ebenfalls eine der Bierflaschen aus dem Kühler.

»Jetzt gerade? Du«, gab ich zurück.

»Was jetzt? Mädchenkiller oder Beschützerer?«, nuschelte er und schien zu hoffen, mich damit aus der Reserve zu locken. Was er damit erreichte, war allerdings nur, dass der Groschen auch bei den wenigen Anwesenden fiel, die noch nicht eins und eins zusammengezählt hatten. Mad Dog Malloy - Mad Dog, der Mädchenkiller. Selbst nach Jahren erinnerte sich offenbar jeder an die landesweiten Schlagzeilen, die mein Fall gemacht hatte. Wie erwartet bemühte sich aber auch jeder, seine Verblüffung möglichst zu verbergen. Und damit war mir mehr geholfen als geschadet.

»Was, wenn ich drauf bestehe, hier der einzige Psychopath zu sein?«, schlug ich vor.

»Pech gehabt, würd‘ ich sagen«, kicherte der Alte mit Blick auf die herumliegenden und in einem Fall stöhnenden Taylors. »Und jetzt? Schlägste mich zusamm’n?«

»Irgendwas sagt mir, dass dir das ziemlich schnuppe ist.«

»Richtig geraten«, keckerte er bösartig. »Ich hab …«

Was auch immer er sagen wollte, es blieb ihm im Hals stecken, als ich seinen Kopf packte und auf den Tresen knallte. Mehr als ein Röcheln brachte er nicht zustande, obwohl ich auch ihm eindeutig die Nase gebrochen hatte. Zähne zum Ausschlagen waren anscheinend keine mehr vorhanden gewesen.

»Spielt keine Rolle«, knurrte ich und trat ihn von seinem Sitzplatz, während er sich stöhnend an den Kopf griff. »Hier geht’s ums Prinzip.«

 

Auf einen weiteren Tritt verzichtete ich, denn ich hatte so eine Ahnung, dass ich ihn damit umbringen mochte. Was vielleicht keinen gewaltigen Unterschied mehr machte, aber doch noch einen spürbaren. Wie die Dinge standen, würde ich den Taylor Clan nun im Nacken haben. Jesse würde diese Sache nicht auf sich beruhen lassen. Seit er mich zum ersten Mal gesehen hatte, wurmte es ihn, sich den Teich mit einem größeren Fisch teilen zu müssen. Und nun hatte er einen Grund, den sein Alter wohl akzeptieren würde.

Ob ich obendrein die örtlichen Cops am Arsch hatte, die sowieso dem Clan gehörten, war nebensächlich. Es waren weder besonders viele, noch waren sie auch nur in der Nähe von kompetent. Bei einem Todesfall würden sie dennoch keine Hilfe anfordern, denn das tat man hier nicht. Nur bei einem regelrechten Massaker würde sich die Aufmerksamkeit des FBI nicht vermeiden lassen. Was der einzige Grund war, aus dem Jesse Taylor noch lebte.

Ich hatte ansonsten sowieso nicht vor, in der Gegend zu bleiben. Nicht mit einem ganzen Hillbilly-Clan im Nacken. Wohin ich gehen sollte, war keine Frage für jetzt. Nun spielte nur eine Rolle, mir allzu viel Aufmerksamkeit von Seiten der Ordnungshüter zu ersparen, auf deren Liste der Meistgesuchten ich bereits stand. Und ein wenig Zeit zu gewinnen, bis diese Sache vor Ort ihre Wellen schlug. Bubba mit seinen Brüdern nach Hause zu schicken, würde deren Familie natürlich auf den Plan rufen, aber ich hoffte, Jesse würde ein oder zwei Tage Ruhe brauchen. Blieb nur noch, mir übereifrige Trucker vom Leib zu halten, die zu sehr an eine Belohnung für mein Ergreifen - tot oder lebendig - dachten und zu wenig daran, dass ich Augen im Hinterkopf hatte.

»Sieht so aus, als gäbe es Freibier auf meine Rechnung«, sagte ich daher, als ich mein Bier getrunken hatte. »Ich würde keinem raten, es auszuschlagen.«

 

Ich hätte mir wohl keine Gedanken machen müssen. Niemand machte auch nur Anstalten, meinen Aufbruch von der Tür des Truckstops aus zu beobachten, nachdem ich gegangen war. Trucker waren eben besonders dann erfolgreich im Geschäft, wenn sie keine zu großen Risiken eingingen. Das machte sie vielleicht zu Opportunisten, aber nicht zu Helden.

Blieb die Frage, was ich war? Ein Held ganz sicher nicht. Das hatte ich schon reichlich unter Beweis gestellt. Aber war ich ein Feigling oder stand ich zu der Verantwortung, die ich mir durch meine Einmischung aufgeladen hatte?

Ein Blick auf die pralle Sonne, die selbst nachmittags noch die Luft zum Kochen brachte, beantwortete diese Frage. Wenn ich das Mädchen nicht fand und sie keiner aufgegabelt hatte - was in ihrem pissegetränkten, vollgekotzten Zustand praktisch ausgeschlossen war - hätte ich sie auch ihrem Schicksal mit der Taylor-Sippe überlassen können, denn dann war sie wahlweise Geierfutter oder Kojotenfraß. Wahrscheinlich aber ein wenig von beidem. Vermutlich würde sie zu Fuß nicht einmal bis zum Abend überstehen. Genau genommen musste ich damit rechnen, dass sie schon jetzt mit einem Hitzschlag am Straßenrand lag. Ich hatte also keine Zeit zu verlieren, wenn ich nicht noch ein weiteres Mal in meinem Leben auf ganzer Linie dabei versagen wollte, jemanden zu beschützen.

 

Harper

 

 

 

Ich war gefühlt Stunden unterwegs. Die Sonne knallte erbarmungslos auf mich herab und der Tag schien doch noch schlimmer zu werden, als er jetzt schon war. Die Straße zog sich endlos lang und der Asphalt flimmerte in der Hitze. Der Schweiß lief mir in Strömen über meinen Körper. Meine Kehle war ausgetrocknet und die Zunge klebte mir schwer am Gaumen. Wenn ich doch nicht abgehauen wäre, dann müsste ich mich nicht durch den Staub quälen. Denn Staub gab es hier genug und bei jedem Schritt wirbelte ich immer mehr davon auf.

Mein Kopf pochte und am liebsten hätte ich mich einfach hingesetzt und mich keinen Millimeter weiterbewegt. Nur die Angst, dass einer von den Kerlen hier vorbeikommen könnte, trieb mich weiter vorwärts. Je mehr Abstand ich zu dem Diner bekam, desto besser. Bisher hatte ich Glück gehabt, dass die Strecke nicht viel befahren war. Ich hätte heulen können, als hinter mir ein Motorengeräusch erklang und weit und breit es kein Versteck gab. Nur die Straße, viel Staub und einige verdorrte Büsche. Somit blieb mir nichts übrig, als stoisch weiter zu gehen. Ich starrte auf meine dreckigen Schuhspitzen und ließ die Haare als Vorhang an den Seiten meines Gesichts herabhängen.

Das Geräusch wurde lauter und kam schnell näher. Ich wusste nicht, ob ich froh sein sollte, dass es ein Motorrad war, oder nicht. Immerhin konnte man mich nicht in einen Truck oder auf einen Pick-up zerren. Wobei es wohl keinen Kerl abhalten würde, mich direkt am Straßenrand zu vergewaltigen und abzustechen.

Das Bike kam immer näher, bis es direkt neben mir war. Anstatt weiter zu fahren, hielt es meine Geschwindigkeit. Ich hatte es befürchtet. Warum sollte in dieser gottverlassenen Gegend jemand weiterfahren, wenn offensichtlich eine Frau am Straßenrand zu Fuß ging. Egal ob ausrauben oder ficken, die Gelegenheit präsentierte sich auf dem sprichwörtlichen Silbertablett.

Ich biss mir auf die Zunge, bis ich Blut schmeckte. Meine Nerven waren zum Zerreißen angespannt. Ein Schritt vor den anderen … nicht anschauen. Vielleicht verlor derjenige das Interesse.

»Aufsteigen.« Als die Stimme deutlich über das Motorengeräusch erklang, wäre ich fast vor Erleichterung in die Knie gegangen. Mein Kopf ruckte zur Seite und ich starrte den Mann auf dem Bike an. Ich brachte kein einziges Wort raus. Der Kerl hatte im Diner diesen Jesse niedergeschlagen und man hatte ihn den Mädchenkiller genannt. Zwar wirkte er im Sonnenlicht nicht wie ein Psychopath, aber was wusste ich schon davon? Ich hatte noch nicht einmal mitbekommen, wie meine feine Stiefmutter und mein Verlobter Dinge geplant hatten, mit denen ich ganz und gar nicht einverstanden gewesen war.

»Aufsteigen«, wiederholte er und riss mich aus meinen Gedanken.

Ich rieb meine schweißnassen Hände an meiner Jeans. »Aber«, krächzte ich und brach ab. Meine Stimme hörte sich wie ein Reibeisen an und meine Kehle brannte wie Feuer.

Er stellte den Motor aus. »Ich sag’s jetzt nur noch einmal … Aufsteigen«, grollte er und ich wich einen Schritt zurück.

Abwehrend hob ich die Hände. »Bitte Mister … ich … ich …« Alles um mich herum fing an, sich zu drehen. Ich stolperte zur Seite. Ich hörte noch, wie er einen lauten Fluch ausstieß und dann senkte sich Schwärze über mich.

 

***

 

Stechender Schmerz raste durch meinen Kopf. Augenblicklich hob sich mir der Magen und ich erbrach mich. Irgendjemand hatte einen Arm um meinen Bauch gelegt und hielt mich. Ich würgte und würgte, bis ich meinte, den Magen direkt ausgekotzt zu haben und ersticken zu müssen. Rasselnd holte ich Luft und doch gelangte nicht genug Sauerstoff in meine Lungen.

»Durch die Nase einatmen«, beruhigte mich eine Stimme, die wie durch Watte zu mir durchdrang. Irgendwie kam sie mir vertraut vor. Aber in meinem Kopf fühlte es sich an, als ob heiße Lava durch die Adern floss.

Wieder hob sich mir der Magen und nachdem einfach nichts mehr kam und meine Kehle brannte, holte mich endlich wieder die Dunkelheit zu sich.

 

***

 

Ein Glas wurde an meine Lippen gehalten. »Trink.« Flüssigkeit benetzte sie und ich öffnete langsam meine Lippen. Wasser lief in meinen Mund, ich versuchte zu trinken und verschluckte mich prompt. Meine Lungen und der Hals taten bei jedem Hustenstoß höllisch weh. Mit einem kühlen Tuch wurde mir über die Stirn, die Wangen und den Hals gestrichen. Langsam beruhigte ich mich. Ich hörte wie aus weiter Ferne Wasser in einer Schüssel und dann strich man mir mit einem feuchten Tuch über die Brust. Mein ganzer Körper schien in Flammen zu stehen, und einzig das kühle Tuch milderte diese Schmerzen ab. Die schützende Schwärze hüllte mich ein.

 

***

 

Stille. Und was wichtiger war, ich hatte nicht mehr das Gefühl, dass mir alles wehtat und schmerzte. Vorsichtig öffnete ich die Augen. Schummriges Licht empfing mich. Unter mir eine weiche Unterlage. Unter meinen Fingern spürte ich etwas, das sich wie eine Matratze anfühlte. Langsam gewöhnten sich meine Augen an die Lichtverhältnisse und ich starrte auf eine Holzdecke. So wie es aussah, war ich in einem Raum und lag auf einem Bett. So viel bekam ich mit meinem nur noch leicht pochenden Kopf zusammen. Auf meinem Körper lag eine leichte Decke oder ein leichtes Tuch. Da ich mich nicht traute, meinen Kopf zu bewegen, blickte ich nicht an mir herab. Allerdings brannte mein Körper nicht mehr. Dafür hatte ich unsagbaren Durst.

»Na, ausgeschlafen?«, erklang eine mittlerweile bekannte Stimme von der Seite. Kurz darauf erschien auch sein Gesicht in meinem Blickfeld. »Trink«, forderte er mich auf und hielt mir ein Glas an die Lippen. Langsam ließ er die kühle Flüssigkeit in meinen Mund laufen und ich trank gierig.

»Langsam.« Er nahm mir das Glas vom Mund. Dabei hätte ich einen ganzen Kanister voll Wasser trinken können, so einen Durst hatte ich. »Sonst kotzt du mir wieder alles auf die Schuhe.« In seiner Stimme klang Missbilligung mit. Oh Gott, hatte ich ihm tatsächlich …?

»Durst«, krächzte ich stattdessen.

»Okay, aber nur ‘nen kleinen Schluck.«

Er ließ mich immerhin mehr als einen Schluck trinken. Aber immer noch eine winzige Menge. Und ich merkte, dass mich diese kurze Wachphase und das Trinken richtig geschafft hatten. Mir fielen langsam die Augen zu, als mich eine Frage von ihm kurz aufschauen ließ. »Wie heißt du?«

»Harp-harmony.«

Er schnaubte und mir fielen endgültig die Augen zu.

 

***

 

Wieder empfing mich Stille. Diesmal hatte ich kaum Probleme, dass sich meine Augen an das Licht gewöhnten. Und wie es schien, waren alle Schmerzen weg. Noch nicht einmal das dumpfe Pochen im Kopf war mehr vorhanden. Dafür begrüßte mich keine Stimme. Entweder wartete er einfach still ab oder war nicht hier. Vorsichtig, weil ich weder dem Frieden in meinem Kopf, noch dem im Zimmer traute, drehte ich den Kopf nach links. Holzwand. Gut, von hier aus konnte sich keiner nähern. Langsam drehte ich den Kopf, um wieder nach oben und dann nach rechts schauen zu können. Einen grob gezimmerten Tisch, zwei Stühle, einige windschiefe Hängeschränke und einen alten, verrußten Ofen konnte ich auf den ersten Blick ausmachen. Blockhütte, schoss mir direkt durch den Kopf.

Noch immer fühlte ich keine Schmerzen und auch sonst ging es mir besser. Ich tastete mit den Händen über die dünne Decke und fuhr dann darunter. Ich keuchte auf, denn ich war darunter … nackt! Shit, der Typ hatte mich wer weiß wie lange nackt gesehen und noch viel schlimmer, er hatte, als ich ohnmächtig gewesen war, alles mit mir machen können.

Eine Tür wurde geöffnet und schwere Schritte erklangen. »Du hast nichts, was ich nicht schon gesehen hätte. Bisschen mager und zu kleine Titten, aber du bist ja auch noch ‘n Kind.«

Wenn ich nicht Angst gehabt hätte, dass ich sofort zusammenklappen würde, wäre ich empört vom Bett aufgesprungen. »Zu klein?! Ich bin kein Kind mehr«, fauchte ich stattdessen nur.

»Durst?«

Ich presste die Lippen aufeinander und sagte nichts mehr.

Er dagegen seufzte und kam zum Bett. Als er nach meinen Schultern griff, schrie ich auf. »Bitte, tu mir nichts!«

Er hob leicht meinen Oberkörper nach vorn, schüttelte das Kissen hinter mir auf und stopfte es unter meinen Kopf. »Weiber«, brummte er. »Nimm«. Er hielt mir ein Glas Wasser entgegen und ich nahm es vorsichtig. Meine Hand zitterte nicht nur vor Anstrengung, sondern auch weil mir meine Reaktion verdammt peinlich und kindisch vorkam. Diesmal achtete ich selbst darauf, dass ich in kleinen Schlucken trank und immer wieder eine Pause dabei einlegte.

»Hunger?«

Um eine bessere Reaktion bemüht, nickte ich. »Ja.«

Er nahm mir das Glas ab und reichte mir eine halbe Scheibe recht trockenes Brot. »Mach langsam.«

»Schon klar, deine Schuhe«, murmelte ich und biss ins Brot.

»Ich sehe, wir verstehen uns.«

Während ich die Scheibe Brot aß, setzte er sich an den Tisch. Er hatte die schwarze Lederjacke, die er eben noch getragen hatte, ausgezogen und über den anderen Stuhl gehängt. Ich kaute gründlich mein Essen und schaute ihm dabei zu, wie er Waffen auf dem Tisch ausbreitete. Ich kannte mich nicht wirklich damit aus, aber ich konnte auf jeden Fall erkennen, dass es Schusswaffen waren. Die Kleinere war ganz sicher eine Pistole. Kurz schluckte ich. Dabei war auch diese Reaktion total verblödet. Wenn er mich hätte umbringen wollen, dann hätte er es schon längst getan. Und schon gar nicht hätte er mich gepflegt. Vielleicht stand er aber auch darauf, Frauen zu quälen. Ich hielt mitten in der Bewegung inne, als er ein riesiges Messer … das war schon eine Machete oder was auch immer … hervorholte und vor sich auf den Tisch zu den anderen Waffen legte. Er nahm ein Tuch zur Hand und fing an, das Messer zu reinigen. Ich wusste nicht, welche der Fragen mich mehr beunruhigen sollte: Von welchem Schmutz befreite er es? Blut? Woher kam es überhaupt? Und vom wem?

Ich zerbrach mir einfach zu viel den Kopf. Bestimmt würde ein Sadist vorher nicht so nett zu mir sein. Nett? Nett war was anderes. Aber ja, er hätte erst gar nicht in die Bar zurückkommen müssen und am Wegesrand hätte er mich auch einfach liegenlassen können. Das Brot war gegessen und mein Magen fühlte sich nicht mehr ganz so flau an. Ganz im Gegenteil, meine Körperfunktionen kehrten zurück, denn ich musste dringend aufs Klo. Pinkeln. Ich rutschte nervös unter dem Laken hin und her und überlegte, wie ich das Problem lösen konnte.

»Was ist los?«

Der Mann hatte das Messer auf den Tisch zurückgelegt und schaut mich über diesen aufmerksam an.

»Ich … ich … Klo«, presste ich dann hervor.

Der Stuhl scharrte über den Boden, als er ihn nach hinten schob und aufstand. Er ergriff eine Schüssel und kam auf mich zu.

»Ich gehe nicht auf ... dieses Ding.«

»Du pinkelst mir nicht ins Bett«, murrte er und stellte die Schüssel weg. Dafür beugte er sich über mich und schob seine Arme unter meinen Körper.

»Oh … du kannst doch nicht …«

»Shush«, machte er und hob mich hoch.

Mein Kopf glühte, aber diesmal nicht mehr von der Sonne oder der Hitze. Gott, ich lag nackt in seinen Armen, da er das Laken beim Hochheben abgestreift hatte. Er trug mich zur anderen Seite des Raumes, wo er eine Tür öffnete. Bad konnte man dazu nicht wirklich sagen, aber es waren ein Klo und ein winziges Waschbecken vorhanden.

»Schaffst du das alleine?«

Und wenn ich ins Waschbecken pinkelte, ganz sicher sollte er nicht dabei sein! »Klar.«

Er stellte mich vor dem WC ab und wenn er mich nicht sofort an der Hüfte festgehalten hätte, wäre ich wohl kopfüber hineingefallen.

»Klar … aha.« Er drehte mich herum und bugsierte meinen Hintern auf die Kloschüssel.

Mein Gesicht machte sicherlich gerade einer reifen Tomate Konkurrenz. An Peinlichkeiten hatte ich jetzt wirklich alles mitgenommen, was ging. Nicht ganz! Denn er drehte sich einfach nur herum und blieb weiterhin vor mir stehen. So konnte ich nicht pinkeln.

»So kann ich nicht.« Ich war den Tränen nahe. Hatte ich mich je so hilflos gefühlt? Höchstwahrscheinlich im Diner, aber dort hatte ich kaum Zeit gehabt, über meine Situation nachzudenken.

Er seufzte und fing an zu pfeifen. Ich kannte die Melodie nicht, wobei es daran liegen konnte, dass er kaum einen Ton traf. Aber das war egal, denn es half. Ich konnte endlich meine Blase entspannen und den Urin laufen lassen. Ich griff zu dem Papier, wischte mich notdürftig ab. »Fertig.«

Ich traute mich nicht, ihn direkt anzusehen, während er mich vom Klo hochhob und wieder heraustrug. Stattdessen heftete ich meine Augen auf den Rand seines Shirts, wo ein paar Brusthaare hervorlugten. Als er mich zurück ins Bett legte und das Laken über mich zog, fühlte ich mich, als ob ich einen Marathon gelaufen war. Wollte ich in nächster Zeit fliehen, würde ich wohl noch nicht einmal bis zur Eingangstür kommen, während er noch ganz gemütlich seine Waffen auseinandernahm, säuberte, und wieder zusammensetzte. Dass ich kopflos von zuhause weggegangen war, forderte jetzt seinen Tribut.

 

***

 

Ich wachte auf und blickte diesmal nicht auf die Holzdecke, sondern Richtung Tisch. Das Laken hatte ich zwischen meine Beine geklemmt und vor meinem Bauch zusammengeknäult. Ich lag eingerollt im Bett. Er war nirgends zu sehen. Langsam richtete ich mich auf. Auch jetzt hatte ich keine Schmerzen und ganz so schwach fühlte ich mich nicht mehr. Vorsichtig brachte ich mich in eine aufrechte Position und ließ den Blick durchs gesamte Zimmer schweifen. Kein Mensch da und auch die Waffen lagen nicht mehr auf dem Tisch. Dafür standen dort ein Krug und ein Glas. Bestimmt Wasser. Und allein der Gedanke daran ließ mich meine Beine über den Bettrand schwingen. Die erste Hürde war genommen. Jetzt musste ich es nur noch dort zum Tisch schaffen. Das Aufstehen gestaltete sich gar nicht mal so schwer, aber als ich stand, merkte ich, wie unsicher ich noch auf den Beinen war.

Starr die Augen auf den Krug gerichtet drängte ich den Gedanken, mich einfach wieder aufs Bett fallen zu lassen, beiseite.

Ein Schritt … zwei Schritte … nur noch einen und ich hatte es geschafft. Als die Eingangstür aufgestoßen wurde, wirbelte ich herum und augenblicklich fing alles an, sich um mich zu drehen. Ich hörte einen unterdrückten Fluch, schnelle Schritte und bevor ich auf dem Boden aufschlug, hatten mich schon Arme aufgefangen.

 

 

Mad Dog Malloy

 

 

 

Es war ein recht guter, halber Tag gewesen. Keine Spur von der Taylor-Sippe oder überhaupt irgendwem in der näheren Umgebung, die man vom Felsen hinter dem Haus aus gut im Blick hatte. Noch war alles ruhig, auch wenn ich mich nicht der Illusion hingab, meine Aktion im Truckstop würde keine Konsequenzen nach sich ziehen. Vermutlich leckte Jesse Taylor noch seine Wunden. Oder er hatte wenigstens noch nicht seinen ganzen Familienclan aktiviert. Sonst hätte ich nämlich über Funk schon aufgeschnappt, dass etwas im Busch war.

Da die Kleine selig und ruhig in meinem Bett schlummerte und dabei ganz leise vor sich hin schnarchte, wagte ich einen kleinen Ausflug. Sie war ziemlich sicher außer Lebensgefahr, auch wenn ich in Kürze einen Freund mit weitaus mehr Erfahrung bei der Versorgung von Kranken dazu befragen wollte. Falls ich den alten Kojoten da draußen ausfindig machen konnte, hieß das. Jedenfalls sah es für den Moment gut aus und ich beschloss, einen ganz kleinen Jagdausflug zu machen. Frisches Fleisch würde nämlich nicht nur meine Konserven schonen, sondern dem Mädchen auch guttun. Ob ich sie davon überzeugen konnte, etwas zu essen, was einmal gelebt hatte, ignorierte ich vorläufig lieber.

Das Ergebnis meines kurzen Streifzugs bestärkte mich darin nur noch, denn wenn sie die zwei Eidechsen zu sehen bekam, würde sie mir sicherlich gleich wieder über die Schuhe kotzen. Lieber nahm ich die Viecher an Ort und Stelle aus, sodass die Kojoten und Geier sich um die Spurenbeseitigung kümmern konnten. Mit dem grob zerteilten Fleisch im Gepäck kehrte ich dann zurück und schnitt es vor der Hütte im Schatten des Felsüberhangs, der diese Unterkunft zu einem so guten Versteck machte, in noch kleinere Würfel. Erst dann trat ich wieder ein, den gusseisernen Kochtopf in einer Hand und meine Jacke in der anderen.

 

Vielleicht lag es daran, dass ich die Tür mit dem Fuß aufstoßen musste. Oder auch an meiner bloßen Existenz und den allgemeinen Umständen. Jedenfalls bekam sie einen sichtlichen Schreck, als sie mich hörte. Scheinbar hatte sie es auf die Beine geschafft und sich dem Wasser auf dem Tisch zugewandt. Das Wasser, das ich ihr ans Bett hatte stellen wollen. Offenbar war mir das entglitten. Gut gemacht, Malloy, wirklich erstklassig …

Jedenfalls fuhr sie herum und für einen kurzen Moment bewunderte ich das Muskelspiel in ihren sportlichen Schenkeln und die Art, wie ihre kleinen, festen Brüste trotz der Schnelligkeit der Bewegung nur leicht bebten. Dann fiel mir gleichzeitig auf, dass sie seltsamerweise nicht einmal das Betttuch umgelegt hatte und wie ihr die Knie nachgaben. Ohne auch nur die Zeit für ein herzhaftes ›Fuck‹ zu finden, ließ ich die Jacke fallen, sprang vor und fing sie mit einem Arm auf. Entweder war sie doch noch nicht aus dem Ärgsten raus oder es war ein Schwächeanfall nach einem Schrecken. Bedachte ich, was sie über mich gehört hatte und in welcher Situation sie steckte, war es ziemlich sicher Letzteres.