Dark Sunny - Pit Vogt - E-Book

Dark Sunny E-Book

Pit Vogt

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Beschreibung

Tod, Vampire, Geister, all das sind die Mächte der Düsternis. Düstere Seiten gibt es überall, sogar auf dem Mond oder auf dem Mars, wo Sunny ja schon gewesen ist. In jedem Fall findet sich der aufgeweckte Junge in einer Welt von Erscheinungen, Unwirklichem und Geisterhaftem wieder. Ein Abenteuer jagt das andere und man fragt sich, ob der aufgeweckte mutige Held für alle Schwierigkeiten eine Lösung findet. Als dann auch noch der Teufel persönlich auftaucht, scheint es fast, die Welt ginge unter. Und alle Zeichen stehen letztlich auf Krieg! Doch Sunny wäre ganz sicher nicht Sunny, wenn ihm nicht irgendein Weg in den Sinn käme. Schließlich ist er ja nicht ganz so allein, denn auch für ihn gibt es Unfassbares, Merkwürdiges. Und genau das ist es, was letztlich nicht von seiner Seite weicht. Ein gehöriges Maß Kampfeslust und eine Prise Witz gehören für ihn immer mit dazu. Tja, man muss eben an sich glauben, wissen, was man will und etwas wagen, dann wird ganz bestimmt schon jede totbringende Düsternis weichen, oder?

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Inhaltsverzeichnis

Unheimliche Masken

Piraten

Der Tote

Das verhexte Klassenzimmer

Der Vampir

Der Drache

Die schwarze Frau

Der Teufel

Wirbelsturm

Die Teufelswelle

Das keltische Geheimnis

Der vermisste Mann

Gruselnacht

Tauchgang

Die Katastrophe

Leuchtender Bär

Gruselhaus

Die Erscheinung

Mumien

Der Kobold

Der Gruselladen

Der Nebel

Die Magd des Teufels

Die geheimnisvolle Frau

Dämonen

Der Geistersee

Die Nebelbrücke

Der Hexenwald

Der Geist

Der Fluch von Hollywood

Die gespenstische Klinik

Der Wolf von Hollywood

Halloween

Giftfässer

Das seltsame Licht

Phobos und die fernen Quasare

Raben

Die Vorahnung

Im Bermudadreieck

Ein unglaubliches Märchen 1

Ein unglaubliches Märchen 2

Das Grauen

Funkspruch aus dem Jenseits

Der Geist von Bens Point

Die weiße Frau von Hollywood

Der chinesische Geist

Der Geist vom Theater

Lift des Todes

Runen

Das geheimnisvolle Nordlicht

Der Geist aus der Vergangenheit

Der verhexte Teleprompter

Der weiße Hai

Der Geisterjäger

Das unheimliche Brummen

Der Geist in der North-Gower-Street

Der Todes-Bus

Dark Sunny 1

Dark Sunny 2

Dark Sunny 3 – Gammastrahlen

Dark Sunny 4 – Das „Schwarze Loch“

Grusel in Beverly Hills

Noch ein „Schwarzes Loch“

Höllenort

Die unheimliche Kerze

Der unheimliche Wald

Area 51 – Die Reise

Area 51 – Die Singularität

Krieg – Die Bedrohung

Der geheimnisvolle Schrein

Das Grabmal

Unheimliche Masken

Eines Tages kam Sunnys Mami freudestrahlend ins Zimmer und meinte, dass Sunny zu einem Maskenfest eingeladen sei. In einem bekannten Kinotheater würde es ein Fest für all die verdienstvollen Menschen geben, welche im letzten Jahr einen Stern auf dem Hollywood-Boulevard bekommen hatten oder zumindest daran beteiligt waren. Das war wohl die schönste Nachricht, die unser kleiner Sunny je erhalten hatte. Endlich durfte er sich mal mit all den vielen anderen großen Stars und Sternchen unterhalten, die er sonst doch nur aus dem Fernsehen oder vom Kino her kannte. Natürlich hatte er schon einmal einige gesehen, besser gesagt, deren lange schwarze Limousinen. Doch so richtig angefasst hatte er noch keinen. Und so fieberte er regelrecht diesem faszinierenden Ereignis entgegen. Der Tag kam und Sunny hatte von seiner Mami eine wunderschöne bunte Maske bekommen. Damit konnte er nun zum Fest. Selbstverständlich ging die Mami mit dorthin, denn sie wollte ihren kleinen Sohn keinesfalls unbeaufsichtigt lassen. Sie wusste, dass der ständig zu neuen Streichen aufgelegt war. Und glücklicherweise war Mrs. Simms nicht dabei, denn mit seiner Maske würde sich Sunny noch viel sicherer und gezwungener bewegen. Unzählige Menschen standen vor dem Eingang des großen Theaters. Und alle waren maskiert. Die märchenhaftesten Masken konnte Sunny sehen. Und plötzlich fiel ihm ein, dass er auf diese Weise keinen der großen Stars zu Gesicht bekommen würde. Ein wenig traurig schlenderte er mit seinen schicken Sachen, die ihm die Mami noch vor wenigen Tagen gekauft hatte, über den roten Teppich. Natürlich fühlte er sich dort wie ein großer Star und er war ja auch einer, denn er hatte ja den wunderschönen Stern da draußen auf dem „Walk-of-Fame“ erhalten. Doch wie sollte er sich wie ein richtiger Star fühlen, wenn er keinen von den vielen berühmten Leuten neben ihm wirklich erkannte. Nicht einmal ihn selbst konnte man erkennen und die Zeitungsleute konnten nicht über ihn schreiben.

Mit seiner Mami schritt er in das Theater und bekam sogleich einen wunderschön gedeckten Tisch zugewiesen. Allerdings nahm keiner Notiz von ihm und seiner Begleitung. Als er seine Mami daraufhin ansprach, tröstete die ihn nur. Sie meinte, dass es doch gar nicht so wichtig sei, ob man einen großen Star nun erkannte oder nicht. Wichtig sei nur, dass man überhaupt eingeladen wurde und dass man auch an Sunny gedacht hatte. Und er sollte doch so viel Selbstbewusstsein haben, dass er wissen müsste, wie großartig er war. Sunny wusste das zwar genau, doch er hätte schon recht gern einen dieser umjubelten TV-Größen gesehen. Aber was nicht sein sollte, dass sollte halt nicht sein. Schließlich wurde Musik gespielt und einige der maskierten Leute tanzten miteinander auf dem Parkett vor der Bühne. Sunny schaute zu seiner Mami, die sich mit einer fremden Frau unterhielt und sprang von seinem Stuhl. Er hatte kein Interesse an den tristen und langweiligen Gesprächen. Er wollte es doch noch einmal versuchen, einen echten Star zu finden. Vielleicht gelang das ja, wenn er irgendjemandem die Maske vom Gesicht zog? Möglicherweise verbarg sich darunter ja einer der ganz großen Stars. Er mogelte sich unter die Tanzenden und tat so, als würde er sich mit ihnen amüsieren. Doch plötzlich hüpfe er hoch und zog einer Dame die Maske vom Gesicht. Die war zunächst sprachlos über Sunnys Tat. Doch dann lachte sie über den kleinen Mann und Sunny schaute enttäuscht in das Gesicht der unbekannten Frau. Er fragte sie, wer sie wohl sei, erhoffte sich wohl einen Namen, den er kannte. Doch die Dame lachte gleich noch viel lauter und meinte, dass sie nur die Toilettenfrau des Theaters sei. Nein, die konnte unmöglich ein großer Star sein. Und so trottete er weiter. Als er schließlich einem Mann die Maske vom Gesicht zog, hob der ihn hoch und fragte ihn, warum er das getan habe. Sunny druckste herum und wusste vor lauter Aufregung gar nicht, was er sagen sollte. Schnell antwortete er, dass er einen großen TV-Star suchte. Doch der fremde Mann lachte Sunny frech ins Gesicht und sagte dann, dass er nur ein Beleuchter des großen Theaters sei. Dann stellte er den kleinen Sunny wieder auf den Boden der Tatsachen zurück und widmete sich seiner Tanzpartnerin. Sunny wurde langsam ärgerlich. Sollten zu dieser Veranstaltung etwa nur solch unbekannte Leute eingeladen sein? Hieß es nicht, dass verdienstvolle Menschen an diesem Nachmittag erscheinen sollten? Sunny verstand die Welt nicht mehr und wollte noch ein letztes Mal sein vermeintliches Glück ausprobieren. Und so schlich er sich an eine besonders schick aussehende Dame heran. Er war sich ganz sicher, dass sich hinter dieser vornehmen Garderobe auch ein ebenso toller Star verbergen musste. Und, hast Du nicht gesehen, zog er auch ihr die Maske vom Gesicht. Die Dame bekam einen gehörigen Schrecken, denn damit hatte sie nun wahrlich nicht gerechnet. Sie starrte Sunny an und fragte ihn irritiert, was das sollte. Sunny, der längst bemerkt hatte, dass er auch diese Dame nicht kannte, wollte sich zunächst schweigend davonstehlen, fragte allerdings dann doch noch einmal nach, wer sie sei.

Die Dame antworte ihm, dass sie eine Visagistin sein, die den Schauspielern und den TV-Stars die Gesichter schminkte. Sunny fand das spannend und er fragte gleich nach, wem sie wohl schon das Gesicht geschminkt hatte. Da winkte die Dame nur ab und meinte, dass es schon so viele seien, dass sie sich an jeden einzelnen gar nicht mehr erinnern konnte. Und vermutlich wollte sie das auch gar nicht mehr, denn ein Kellner erschien und brachte ihr etwas Köstliches zu essen. Die Dame setzte sich ihre Maske wieder auf und wünschte Sunny noch einen schönen Tag. Der zog enttäuscht davon und wäre wohl bald aus dem Theater gelaufen, wenn da nicht plötzlich ein seltsamer Mann in einem schwarzen Anzug vor ihm gestanden hätte. Der versperrte ihm den Weg und beugte sich zu ihm herab. Als er schließlich seine Maske vom Gesicht nahm, erschrak Sunny fürchterlich. Denn vor ihm stand niemand anders als sein Papa. „Ich denke, Du bist im Himmel“, rief Sunny erstaunt. Doch der Papa legte den Zeigefinger auf Sunnys Lippen und meinte dann: „Nicht so laut. Die Mami darf mich doch nicht sehen.“ Sunny schaute sich nach allen Seiten um und bemerkte, dass sie ganz allein auf dem roten Teppich am Ausgang standen. Er fragte seinen Papa, warum er nicht mal mit ins Theater kommen wollte. Doch Papa winkte nur ab und sagte, dass er ja eigentlich nur kurz nach seinem kleinen Sohn schauen wollte. Sunny wurde ganz traurig und erzählte dem Papa dann, dass er noch keinen einzigen Star entdeckt hatte. Er habe den Leuten sogar die Masken von ihren Gesichtern gezogen, weil er endlich jemand ganz Großes sehen wollte. Doch es waren keine TV-Stars darunter. Wie konnte das nur möglich sein? Der Papa konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und antwortete dann: „Ach Sunny, nicht nur TV-Stars sind verdienstvolle Menschen. Auch die Leute, die im Hintergrund tätig sind, haben ein Lob verdient. Denn ohne die Toilettenfrau und ohne die Maskenbildnerin, aber auch ohne einen Beleuchter würde es wohl weder eine TV-Show noch einen Actionfilm im Kino geben. Es sind alle irgendwie Stars. Und sehr viele Menschen verstecken ihr Gesicht hinter Masken, nur, um nicht erkannt zu werden. Doch alle sind Stars, irgendwie. Und Du bist auch einer, ein ganz großer sogar, denn Du hast diesem kleinen Mädchen damals das Leben gerettet.“ Sunny schaute seinen Papa mit großen Augen an. Und plötzlich wusste er, was der meinte. Er verstand, dass es viele Menschen waren, die an einem Film oder einer TV-Show mitwirkten. Nicht alle konnte Sunny sehen. Nur ging es ohne diese Menschen nicht. Er war glücklich, dass ihm sein Papa das mal richtig erklärt hatte. Aber wo war er plötzlich hin. Sunny schaute sich nach allen Seiten um. Da sah er einen Mann im schwarzen Anzug, der gerade das Theater verlassen wollte und rannte hinter ihm her. „Papa, Papa“, rief er laut. Doch als sich der Mann umdrehte und seine Maske vom Gesicht nahm, war es gar nicht der Papa, sondern ein Fremder. Da schaute Sunny zum Himmel und wusste, dass sein Papa ihn nun wieder verlassen hatte. Sicher hatte er im Himmel viele wichtige Aufgaben zu erledigen. Doch Sunny wusste, dass der Papa von dort oben genau auf seinen kleinen Sohn aufpasste, sonst wäre er ja nicht auch zum Maskenfest gekommen. Und fröhlich pfeifend ging er zu seiner Mami zurück. Die hatte schon Ausschau nach ihm gehalten und ahnte bereits, dass er mal wieder irgendetwas ausheckte. Doch Sunny tat unschuldig, denn er war glücklich, dass er seinen Papa wieder getroffen hatte. Und er war froh, dass er nun einer Erkenntnis reicher geworden war. Alle Menschen sind wichtig, denn es kommt auf jeden Einzelnen an. Und darum sind auch alle Menschen Stars. Und mache von ihnen bekommen wie er einen großen tollen Stern auf dem Hollywood-Boulevard. Sunny schaute sich stolz um und irgendjemand winkte ihm unter den vielen maskierten Leuten um ihn herum zu. Es war ein Mann mit einem schwarzen Anzug und einer Engelsmaske im Gesicht.

Piraten

Der kleine Sunny wollte mal so ein richtig spannendes Abenteuer erleben. Denn der Unterricht bei Mrs. Simms wurde jeden Tag langweiliger und auch der Stern auf dem Hollywood-Boulevard konnte das alles nicht mehr toppen. So dachte Sunny jeden Tag darüber nach, wie er all die aufregenden Abenteuer erleben konnte, die er von seinen Actionfilmen her kannte. Nur gab es Zuhause eben nicht so viele Möglichkeiten, ein solches Abenteuer erleben zu können. Denn auch seine Mami passte gut auf ihren kleinen Sohn auf. Eines Tages jedoch schien Sunnys Wunsch in Erfüllung zu gehen. Als er so über den Sunset-Boulevard stolzierte, bemerkte er plötzlich zwei maskierte Männer. Sie kamen geradewegs aus einer Bank heraus gestürmt. Sunny ahnte, dass die beiden nichts Gutes im Schilde führten. Doch irgendwie fand er das total spannend und er lief ihnen genau in die Arme. Gleichzeitig kam ein Polizist aus dem Gebäude gerannt. Er rief andauernd, dass sie sofort stehenbleiben sollten. Und schließlich feuerte er einen Schuss aus seiner Waffe ab. Sunny erschrak natürlich fürchterlich. Doch die beiden Gauner ließen sich nicht einmal davon beeindrucken. Allerdings blieben sie erst einmal stehen. Vermutlich wussten sie nicht so genau, ob der Polizist wirklich ernst machen würde. Eine Ewigkeit verging und der Polizist forderte die beiden auf, sich sofort zu ergeben. Sie hoben ihre Arme und Sunny fand das alles mächtig interessant. Und ohne es zu bemerken näherte er sich vor lauter Neugierde mehr und mehr dem Geschehen. Plötzlich schnappte einer der Täter Sunny am Kragen und hielt ihm seinen Revolver an den Kopf. Sunny erschrak fürchterlich, und der Polizist konnte gar nichts weiter tun. Er rief immer wieder, dass er Sunny loslassen möge. Doch der dachte gar nicht daran. Er zerrte Sunny ins Fahrzeug und schließlich rasten sie los. Sunny hockte genau zwischen den beiden Räubern und konnte sich nicht mehr befreien. Das Fahrzeug preschte durch die Straßen und machte dabei derart gefährliche Sätze, dass es von einer Straßenseite auf die andere kippte. Sunny konnte überhaupt nicht mehr „Um Hilfe“ rufen, denn er starrte wie gebannt auf die Straße. Er sah, wie die anderen Fahrzeuge den verrückten Gaunern platzmachten und zur Seite fuhren. Glücklicherweise kamen sie heil aus der Stadt. Sunny blickte durch die Heckscheibe, doch ein Polizeiwagen schien ihnen nicht zu folgen. Nun wurde es ihm wohl doch zu brenzlig. Aber er traute sich vor lauter Angst kein Wort zu sagen. Die beiden jedoch schienen keine Notiz von dem kleinen Sunny zu nehmen. Sie wollten ihn wohl nur als Geisel benutzen, damit ihnen nichts passierte. So langsam beruhigte sich Sunny, denn er wusste, dass er nichts tun konnte. Und die anfängliche Angst wich einer gewissen Portion Abenteuerlust. War es nicht genau das, was er all die letzten Tage so sehnlich gesucht hatte? Er atmete tief durch und hoffte auf ein spannendes Abenteuer. Seine Wünsche schienen an diesem Tage wirklich allesamt erhört zu werden, denn die Fahrt dauerte ewig. Die beiden Gauner wurden nicht müde und schon gar nicht schwach, ihre merkwürdige Tour bis zuletzt durchzuziehen. Irgendwann erreichten sie das Meer. Dort fuhren sie ein wenig herum, bis sie zu einer Anlegestelle gelangten. Irgendwie war alles genauestens geplant, denn die beiden tuschelten so etwas, wie: „Da vorn, da ist es! Nichts wie aufs Schiff und los!“ Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Sunny seine vermeintliche Coolness spielen lassen. Aber nun, wo es aufs Meer hinausging, verließ ihn sein Mut. Er wusste ja nicht so genau, was dort draußen mit ihm geschehen würde. Immerhin war er nutzlos für die Gauner geworden – oder vielleicht doch nicht? Die Gauner hielten den Wagen an und drängten Sunny, mit ihnen auszusteigen. Widerwillig quetschte sich Sunny aus dem Wagen und wurde schließlich von einem der Gauner über die Gangway aufs Schiff geschubst. Nun musste er also doch mit ihnen fahren. Er befürchtete bereits das Schlimmste. Was würden die Gauner mit ihm anstellen, wenn sie auf hoher See wären? Würden sie ihn vielleicht ins Wasser und damit den Haien zum Fraß vorwerfen? Sunny bekam eine Gänsehaut. So spannend hatte er sich sein Abenteuer nun auch wieder nicht vorgestellt. Aber was sollte er tun?

Ihm blieb weiter nichts übrig, als den Befehlen der Gauner zu gehorchen. Und die hatten in diesem Moment eine Menge mit sich selbst zu tun. Als die das Fahrzeug verlassen hatten, schoben sie es einfach bis zur Kaimauer. Der Geländewagen rollte langsam weiter und fiel schließlich platschend ins Wasser. Mit Schaudern beobachtete Sunny das Geschehen. Würden diese Ganoven am Ende mit ihm ebenso verfahren? Doch sie nahmen ihn mit aufs Schiff und sperrten ihn zunächst in eine übel riechende enge Kajüte. Sunny hörte nur noch, wie von außen abgeschlossen wurde. An der Wand entdeckte er ein Bullauge. Er schaute hinaus, doch das Schiff hatte bereits abgelegt. Und schon nach kurzer Zeit befanden sie sich auf hoher See. Nun schien alles zu spät zu sein. Er befand sich in der Gewalt von Gaunern und es gab keine Möglichkeit, von dem Schiff zu entfliehen. Müde von den Anstrengungen der letzten Stunden legte er sich auf die Pritsche, die an der Kabinenwand stand. Sie war hart und unbequem, aber sie reichte aus, um ein wenig auszuruhen. Zu essen gab es nichts, nur in der Ecke stand eine halbvolle Wasserflasche. Sollte er daraus trinken? Er hatte zwar großen Durst, doch er wusste nicht, ob sich wirklich einwandfreies Wasser in der Flasche befand. Als der Durst immer stärker wurde, nahm er die Flasche und benetzte seine Lippen damit. Dann wartete er kurz ab und es geschah nichts. Also war das Wasser auch in Ordnung und Sunny trank die Flasche leer. Dann wollte er sich zurück auf die unbequeme Pritsche legen und entdeckte plötzlich einen Revolver, der darunter lag. Er hob ihn auf und dachte nach. Sollte er sich damit den Weg freischießen? Aber was wäre, wenn das Ding gar nicht funktionierte? Er stellte sich ans Bullauge und drückte ab! Ein gellender Schuss löste sich und weit oben über dem Schiff erstrahlte hell eine leuchtendrote Kugel. Im gleichen Augenblick wurde die Kajüten-Tür aufgerissen. Einer der Gauner kam hereingestürmt und schnappte sich Sunny. Er zog ihn unsanft hinter sich her und Sunny hatte große Mühe, Schritt zu halten. Schließlich kamen sie auf Deck. Dort war bereits die Hölle los. Der andere Gauner sprang aufgeregt und laut brüllend auf dem Deck herum. Irgendetwas musste geschehen sein. Nur was? Sunny schaute aufs Meer hinaus und bemerkte nicht weit vom Schiff entfernt ein kleines Boot. Darin saßen vier Männer in seltsamer Kleidung. Ihre zerrissenen und schwarzweiß gestreiften Shirts ließ tatsächlich auf Piraten schließen. Sunny starrte entsetzt zu den beiden Gaunern. Die schossen abwechselnd in Richtung des Bootes. Doch es war ganz seltsam, die Insassen des kleinen Bootes zeigten keinerlei Regung. Sie steuerten geradewegs auf das Schiff zu und nichts konnte sie aufhalten. Die Gauner auf dem Schiff hingegen waren außer sich. Sie schienen irritiert und auch ängstlich. Einer der beiden rief laut: „Bleibt sofort stehen, sonst erschießen wir den Kleinen! Los, stehenbleiben und umkehren!“ Mit diesen Worten ergriff er Sunny am Kragen und hielt ihm seine Waffe an die Schläfe. Sunny war mehr als nur mulmig zumute. Denn das Boot kam näher und näher und die vier Männer darin bewegten sich nicht. Sie hielten auch nicht an oder kehrten wieder um, wie es die Gauner von ihnen verlangten. Sunny glaubte schon, in den nächsten Minuten erschossen zu werden. Doch die Gauner ließen ihn am Leben. Sie hatten vor irgendetwas große Angst. Der Gauner, der Sunny am Kragen hielt, ließ ihn wieder los und schubste ihn unter eines der Rettungsboote. Sunny stieß sich böse am Kopf und bekam eine dicke Beule. Doch das störte ihn nicht so sehr wie die vier Männer, die unablässig auf das Schiff zu steuerten. Schließlich waren sie angekommen und ein Enterhaken fiel aufs Deck. An dem daran befindlichen Seil kletterte einer nach dem anderen hinauf. Die beiden Gauner waren derart überrumpelt, dass sie zu einer offenstehenden Tür rannten. Bei ihrer Flucht schossen die immer wieder auf die Männer. Einer der vier wurde in die Brust getroffen und Blut quoll durch sein gestreiftes Shirt. Sunny wollte laut um Hilfe schreien, da erstarrte er. Denn der getroffene Mann legte seine Hand auf die stark blutende Wunde und als er sie wieder wegnahm, war weder Blut noch ein Einschussloch zu erkennen. Als der Gauner, der auf ihn geschossen hatte, das sah, verschwand er schnellstens hinter der Kajüten-Tür. Sunny hörte nur noch, wie dieser die Tür von innen verriegelte. Dann wurde es ruhig. Die vier Männer liefen schweigend übers Deck und schauten sich um. Dann erblickten sie Sunny. Und der schloss seine Augen.

Für ihn schienen der Tag und wohl auch sein Leben gelaufen. Im Geiste hörte er schon die Schüsse, die ihn schließlich ins Jenseits beförderten. Doch es blieb still. Der größte der vier Männer, ein stämmiger Seebär mit langen schwarzen Haaren und einer schwarzen Binde über dem rechten Auge näherte sich Sunny. Der kniff noch immer seine Augen zusammen und wartete auf die Hinrichtung. Doch dann sprach ihn der Seebär an: „Na Kleiner! Da hast Du noch mal Glück gehabt. Die beiden hätten Dich sonst noch, wer weiß wohin befördert. Also komm, jetzt geht’s wieder heim.“ Sunny glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Hatte er sich auch wirklich nicht verhört? Ließen ihn die vier Männer allen Ernstes am Leben? Dann waren sie wohl keine Piraten. Die vier lachten laut und der Seebär reichte Sunny seine Hand, mit der er ihn schließlich unterm Rettungsboot hervorzog. Dann meinte er, dass die beiden Gauner die eigentlichen Piraten seien, die schon lange von der Polizei gesucht wurden. Nur Sunny war es zu verdanken, dass man auf das Schiff aufmerksam wurde. Hätte der nicht die Leuchtkugel abgeschossen, wären die beiden Gauner vermutlich geflohen. Schließlich fanden die vier Männer die beiden Gauner und fesselten sie an die Reling. Die waren total verwirrt und stießen eine Menge böser Flüche aus. Doch es nutzte ihnen nichts mehr. Sie konnten nicht mehr fliehen. Dennoch war sich Sunny nicht so ganz sicher, wer die vier Männer wirklich waren. Sie hatten ja auch nicht vorgestellt. Gehörten sie zur Polizei oder waren sie Detektive? Aber was war da vorhin mit einem der Männer geschehen, als er angeschossen wurde? Wie konnte er die Wunde so schnell heilen? Waren die vier vielleicht sogar Zauberer oder gar Geister? Der Seebär bemerkte Sunnys Unsicherheit und versuchte, ihn zu beruhigen. Er meinte, dass sie über besondere Fähigkeiten verfügten, die sonst kein normaler Mensch besaß. Mehr aber verriet er nicht und er wies die anderen an, das Schiff zum Hafen zurück zu bringen. Unterwegs kam ihnen ein Küstenwachschiff entgegen. Nach einem kurzen Hin- und Her kamen die Polizisten schließlich an Bord. Dort nahmen sie die beiden an der Reling festgebundenen Gauner fest. Es hieß, dass man sie schon lange gesucht hätte und sie jedes Mal fliehen konnten. Doch von den vier Männern fehlte plötzlich jede Spur. Sunny berichtete in allen Einzelheiten, was sich zugetragen hatte. Als er von den vier Männern erzählte, wunderten sie die Polizisten. Sie untersuchten das gesamte Schiff, fanden bis auf einen seltsamen Schlüsselanhänger jedoch nichts. Im Hafen wurde Sunny schon von seiner aufgeregten Mami empfangen. Sie hatte längst bemerkt, dass ihrem Sohn etwas zugestoßen sein musste. Und als man dann schließlich von dem Banküberfall berichtete, wusste sie sofort, wo sich Sunny aufhielt. Der allerdings lief mit stolz geschwellter Brust die Gangway des Schiffes herunter und ließ sich von den Journalisten fotografieren. Er wusste, dass schon am nächsten Tag ganz Hollywood von ihm und seiner Heldentat erfahren würde. So schilderte er die vier Männer in den schwärzesten Farben und der verantwortliche Redakteur war sich am Ende nicht mehr so ganz sicher, ob es sich hier um die Wahrheit oder doch nur um gut gesponnenes Seemannsgarn handelte. Der Artikel erschien dennoch am nächsten Tag. Selbst Mrs. Simms musste zugestehen, dass ihr Unterricht nicht einmal halb so spannend war, wie das, was Sunny da erlebt hatte. Und der nutzte die Gelegenheit, um vor seiner verdutzten Lehrerin zu prahlen. Als auch Sunnys Mami den Artikel in der Zeitung las, stutzte sie. Denn nicht nur Sunnys Bild und sein äußerst interessanter Bericht von Piraten und Geistern war dort zu lesen. Nein, die Polizei stellte auch eine Fundsache vor. Es war ein seltsamer Schlüsselanhänger, den einer der vier Retter, welche die beiden Gauner zur Strecke brachten, verloren haben musste. Es war ein Schlüsselanhänger mit einem großen handgeschmiedeten Fisch daran. Auf dem Fisch war ein Name eingraviert: Sunny! Der Mami stockte der Atem, kein Zweifel, es war hundertprozentig der Schlüsselanhänger ihres Mannes, von Sunnys Papa, der vor einigen Jahren verstorben war.

Der Tote

Der kleine Sunny wollte seiner Lehrerin Mrs. Simms mal wieder einen richtigen Streich spielen. Er wusste nur nicht so genau, was es sein sollte. Und deswegen schwänzte er einfach die Schule und stellte sich krank. Seine Mami, die genau wusste, wenn ihr kleiner Sohn simulierte, ließ sich jedoch nicht auf dessen Spielchen ein und wollte ihn schnellstens zur Schule schicken. Dazu rief sie bei Mrs. Simms an, um dort bekannt zu geben, dass Sunny doch noch käme. Rätselhafterweise war auch Mrs. Simms noch nicht in der Schule. Sunny frohlockte schon, nun doch einen Tag schulfrei zu bekommen. Und so war es dann auch. Man teilte der Mami mit, dass sich Mrs. Simms noch nicht gemeldet habe und leider auch keine Vertretung für diesen Tag aufzutreiben sei. Vor lauter Freude sprang Sunny in die Luft und wusste gar nicht so schnell, wie er diesen Tag nun verbringen sollte. Da es ein wirklich schöner Tag war, zog er sich seine Jacke über und ging hinaus. Die Mami erinnerte ihn daran, nicht ewig draußen zu bleiben und Sunny versprach, noch vor dem Abend daheim zu sein. Fröhlich und guter Dinge sprang er die Straßen entlang und wollte noch in den Supermarkt, um sich dort mit reichlich Schokolade einzudecken. Als er wieder aus dem Supermarkt kam, brach er sich ein großes Stück von seiner Schokolade ab und wollte in Richtung der Hollywood-Hills davon flitzen. Unterwegs kam er an einem großen Haus vorbei, in dessen Garten sich ein ebenso großer Swimmingpool befand. Sunny war von Natur aus sehr neugierig und wollte sich unbedingt den Pool ansehen. Schnell stellte er fest, dass das große Haus leer stand. Umso leichter gelang es ihm, über den niedrigen Zaun zu klettern und unbemerkt durch den Garten zu schleichen. Immer wieder schaute er sich nach allen Seiten um. Hatte ihn vielleicht doch jemand bemerkt? Als er plötzlich Stimmen hörte, versteckte er sich schnell hinter einem dichten Busch. Ein fremder Mann in einem Lederanzug rannte an seinem Versteck vorbei. Sunny erschrak. Hoffentlich hatte ihn der Fremde nicht bemerkt. Doch als der verschwunden war, blieb es ruhig. Sunny wunderte sich – wo blieb die zweite Person – er hatte doch mehrere Stimmen gehört. Er schaute in Richtung des Swimmingpools und sah nur noch, wie sich die Hecke bewegte, die das Grundstück vom Nachbargrundstück trennte. Dann wurde es still, sehr still. Dummerweise veränderte sich nun auch noch das Wetter. Eine dicke Regenwolke schob sich vor die Sonne und der Wind verfing sich in den rauschenden Bäumen. Sunny hockte noch immer hinter seinem Busch und so langsam wurde es ihm kalt und ungemütlich. Sollte er doch lieber wieder nach Hause zu seiner Mami gehen? Mit einem Unwetter war schließlich auch nicht zu spaßen und er musste mal ganz dringend. Ein seltsames Knacken beunruhigte ihn. Kam dieser fremde Mann etwa wieder zurück? Das Knacken hörte nicht auf und Sunny versuchte, von seinem Versteck aus irgendetwas zu erkennen. Doch es war nur die Haustür, die der Wind hin und her bewegte und dabei dieses Geräusch verursachte. Sicher gab es in dem Haus auch eine Toilette. Und weil er es einfach nicht mehr aushielt, verließ er seine Deckung und schlich zum Haus. Niemand kam ihm entgegen und auch der fremde Mann schien nicht mehr zurückzukommen. Auf leisen Sohlen betrat Sunny das Haus und stellte erleichtert fest, dass alle Zimmer verlassen und ausgeräumt waren. Schnell fand er eine Toilette und erledigte das, was nun am nötigsten war. Als er fertig war, schaute er kurz aus dem Fenster. Von diesem Punkt aus hatte er einen fabelhaften Blick in den Garten. Der machte einen verwilderten und ungepflegten Eindruck. Dazwischen entdeckte Sunny wieder diesen Swimmingpool. Der Wind hatte die Wasseroberfläche stark aufgewühlt, sodass er gar nicht mehr so toll aussah wie eben noch. Doch halt, was war das, schwamm da nicht jemand im Wasser? Sunny versuchte, Genaueres zu erkennen. Und er war sich sicher, dass sich irgendjemand im Wasser befand. Vorsichtig öffnete er das Fenster und augenblicklich drückte der Sturm das Fenster weit auf. Sunny erschrak, denn überall im Haus begann es plötzlich verdächtig zu knacken und zu poltern. Der einsetzende Regen peitschte gegen die Hauswand und in Sunnys Gesicht. Es war sehr schwer, den Pool noch zu erkennen. Doch noch immer schwamm jemand im Pool.

Und plötzlich erkannte Sunny eine Hand, die aus dem Wasser ragte. Doch es rief niemand, die Person trieb wie tot im Wasser. Sunny beschlich ein merkwürdiges Gefühl. Denn das Wetter wurde immer schlechter und nun donnerte es auch noch ohrenbetäubend laut. Blitze zuckten und tauchten den Pool in ein geisterhaftes Licht. Immer wieder fielen die Schatten der umstehenden Bäume auf das aufgepeitschte Wasser des Pools. Und immer wieder sah Sunny die Hand, die aus dem Wasser ragte. Die Person wäre doch längst aus dem Wasser gekommen, denn bei diesem Wetter blieb doch niemand in einem Swimmingpool. Außerdem entdeckte Sunny plötzlich einen dunklen Fleck auf der Wasseroberfläche. Kein Zweifel, das mussten die Haare der fremden Person sein! Sunny packte die eiskalte Angst. Er hatte nur noch einen Gedanken: raus hier! Und er rannte durch das Haus bis zur Tür. Die schlug der Wind noch immer auf und zu, und Sunny sprang hinaus in den Regen und rannte davon. Der Regen und der Sturm setzten ihm arg zu und schon bald war er bis auf die Haut durchnässt. Doch er rannte und rannte bis er schließlich bei seiner Mami daheim eintraf. Die hatte sich bereits am Fenster postiert und hielt schon Ausschau nach ihrem kleinen Ausreißer. Als der schließlich um die Ecke bog, öffnete sie sofort die Tür und Sunny rannte in ihre Arme. „Halt, halt, kleiner Mann! Warum kommst Du denn jetzt erst? Bei dem Wetter solltest Du doch eigentlich sofort heimkommen.“ Sunny hatte in diesem Moment überhaupt keinen Nerv für die Belehrungen seiner Mami. Noch vollkommen außer Pust stammelte er etwas von dem leerstehenden Haus und der Person, die leblos im Wasser schwamm. Die Mami wurde einfach nicht schlau aus Sunnys Gestotter. Sie zog ihm die tropfend nasse Jacke aus und schickte ihn schnellstens unter die Dusche. Als er wieder zurückkam und ein wenig ruhiger geworden war, berichtete er der Mami von seinem schier unglaublichen Erlebnis. Die Mami schaute ihren Sohn misstrauisch von der Seite an. Sie kannte Sunnys Hang zum Übertreiben nur zu genau. Doch als dieser einfach nicht mehr aufhörte, von der leblosen Person im Pool und von diesem davonrennenden fremden Mann zu erzählen, glaubte sie ihm schließlich die Geschichte. Sie spürte, wie aufgeregt ihr Sunny war, doch sie wusste auch, dass er wohl nur auf ein solch spannendes Abenteuer gewartet zu haben schien. Trotzdem fiel ihr auf, dass in genau dieser Straße, in welcher Sunny dieses gruselige Erlebnis hatte, auch seine Lehrerin Mrs. Simms wohnte. Gab es da etwa einen Zusammenhang zwischen dem Fehlen der Lehrerin und Sunnys Beobachtungen? Die Mami war sich nicht so ganz sicher, ob sie die Polizei rufen- oder erst einmal abwarten sollte. Zu wage erschien ihr Sunnys Schilderung und zu abenteuerlustig kannte sie ihren Sohn. So rief sie noch einmal in der Schule an. Doch Mrs. Simms hatte sich noch immer nicht gemeldet. Von Sunnys Beobachtungen schilderte sie zunächst nichts. Unterdessen wurde das Unwetter draußen immer heftiger. Der Sturm rüttelte an den Fenstern und der Regen klatschte derart heftig gegen die Scheiben, dass die Mami schon Angst hatte, sie könnten bersten. Doch es dauerte gar nicht mehr lange, da verzog sich das Gewitter und die Sonne strahlte, als sei nichts gewesen. Die Mami fand, dass es an der Zeit wäre, etwas zu unternehmen. Sie rief bei der Polizei an und schilderte Sunnys Beobachtungen in dem leerstehenden Haus. Die Beamten wollten sich sofort überzeugen und baten die Mami, zusammen mit Sunny mit ihnen zu fahren, damit sie das Haus besser finden konnten. Das kam Sunny wie gerufen, denn nun hatte er endlich genau das, was er seit Tagen vergeblich gesucht hatte, ein neues Abendteuer. Und ein unglaublich spannendes obendrein! Es dauerte nicht lange, bis zwei Polizeibeamte bei ihnen eintrafen. Sunny stand schon fertig angekleidet vor der Tür und wartete auf den Abmarschbefehl. Und dieser ließ auch gar nicht mehr lange auf sich warten. Die Mami zog sich ihren Mantel über und die beiden verließen das Haus. Ganz stolz stieg Sunny in das Polizeiauto ein und schaute noch einmal, ob es auch die Nachbarschaft bemerkte. Leider jedoch war niemand zu sehen und Sunnys anfänglicher Stolz wich einer gewissen Abgeklärtheit. Trotzdem erwachte er im Polizeiauto zu ganz neuer Abenteuerlust und äußerte seinen Verdacht, dass Mrs. Simms möglicherweise Opfer eines Verbrechens geworden sein könnte. Er beschrieb den Swimmingpool wie das sagenumwobene Loch Ness und die leblose Person darin wie das gleichnamige Ungeheuer. Die Polizeibeamten schauten sich schweigend an und grinsten ein wenig. Die Mami hingegen zwickte Sunny ins Bein. Denn sie konnte seine maßlosen Übertreibungen kaum noch ertragen. Als sie schließlich vor dem Haus eintrafen, rief Sunny sofort: „Halt, hier ist es! Ich weiß es ganz genau!“ Das Fahrzeug hielt an und alle stiegen aus. Einer der Polizisten zog seinen Revolver aus dem Futteral und schlich sich an den Vorgarten heran. Da sich nichts rührte, kamen nun auch die anderen hinterher. Der zweite Polizist sicherte den Weg und Sunny schaute gespannt auf das, was da geschah. Er sah schon ein riesiges zähnefletschendes Monster hinter den Büschen hervorspringen. Im Maul des Monsters sah er Mrs. Simms, die lautstark um Hilfe rief. Zunächst schauten sich die Polizisten im Haus um. Doch dort schien sich niemand aufzuhalten. Dann gingen sie in den Garten und kamen endlich an den Pool. Plötzlich jedoch hörte Sunny ein lautes Lachen. Zunächst glaubte er, der seltsame fremde Mann sei gekommen und würde sich freuen, nun die nächsten Leute im Pool ertränken zu können. Doch weit gefehlt! Die Polizeibeamten standen am Pool und hielten sich ihre Bäuche. Dann zeigten sie auf die Wasseroberfläche und forderten Sunny auf, ebenfalls dort hin zu schauen. Als Sunny am Pool stand und ins Wasser starrte, glaubte er, augenblicklich vor Scham in den Erdboden versinken zu müssen. Denn nichts anders als eine nackte Schaufensterpuppe schwamm da drin. Und der dunkle Fleck, den Sunny gesehen hatte, war ihre Perücke, die neben ihr im Wasser trieb. Einer der Polizisten ergriff einen langen Stock, der neben dem Pool herumlag und zog die Puppe an den Rand des Pools. „Na“, rief er laut und schaute Sunny ganz komisch an, „wollen wir die Leiche heben oder noch ein bisschen schwimmen lassen?“ Sunny war das alles mehr als peinlich und er hoffte inständig, dass dieser Vorfall nie an die Öffentlichkeit geriet. Doch noch etwas ganz anderes bemerkte er. Im Nachbargrundstück, welches man gut einsehen konnte, erkannte er Mrs. Simms. Die lag in einem Liegestuhl in der Sonne und ließ es sich gut gehen. Sunny hatte genug! So schnell wie möglich wollte er das Grundstück verlassen. So hatte er sich wirklich noch nie blamiert. Mrs. Simms schien ihn bemerkt zu haben und sprang auf. So schnell sie konnte, rannte sie in ihr Haus zurück und zeigte sich nicht mehr. Sunny aber hatte plötzlich eine Idee. Denn Mrs. Simms würde, wenn sie in die Schule zurückkäme, sofort von Sunny und der Polizei im Nachbargrundstück erzählen. Dann wäre Sunny geliefert und für alle Ewigkeiten unmöglich gemacht. Das durfte unter keinen Umständen geschehen. So gab er vor, nicht mit den Beamten und der Mami mitzufahren. Er log, dass er heimlaufen würde, weil das Wetter ja noch einmal so schön geworden sei. In Wirklichkeit aber ging er zum Haus von Mrs. Simms und stellte sie zur Rede. Der war das Ganze mehr als peinlich. Ausgerechnet Sunny hatte sie entlarvt. Doch Sunny tat so, als würde er ihr Geheimnis für sich bewahren. Es sei denn, sie würde niemanden in seiner Schule von ihm und der Polizei im Nachbargrundstück berichten. Mrs. Simms versprach hoch und heilig, kein Sterbenswörtchen von ihren Beobachtungen zum Besten zu geben und Sunny sprang, ein freches Lied summend, heim zu seiner Mami. Am nächsten Tag jedoch kam Mrs. Simms erneut nicht zur Schule. Und wieder wusste niemand, wo sie sich befand und warum sie sich nicht meldete. Sunny konnte sich das nicht erklären, denn eigentlich war sie ja von ihm enttarnt worden und es machte keinen Sinn, noch einen Tag unentschuldigt zu fehlen. Er musste dieser Sache auf den Grund gehen. Vielleicht hatte dieser fremde Mann etwas mit alledem zu tun? Als Sunny am Nachmittag bei Mrs. Simms klingelte, öffnete keiner. Sunny verstand das nicht und machte sich große Sorgen um seine Lehrerin. Ob ihr am Ende nun doch etwas zugestoßen war? Als er am Nachbargrundstück vorüber lief, hörte er verdächtige Stimmen. Irgendwie hörte sich eine der Stimmen an wie die von Mrs. Simms. Und weil Sunny so neugierig war, schlich er sich auf das Grundstück und wollte wissen, was sich dort tat. Im Swimmingpool entdeckte er zwei Personen. Sie planschten im Wasser und lachten laut. Und Sunny glaubte nicht, was er da sah.

Im Pool stand Mrs. Simms mit einem fremden Mann – die beiden küssten sich – und es war der fremde Mann, den Sunny neulich aus dem Grundstück rennen sah.

Das verhexte Klassenzimmer

Es war ein furchtbarer Morgen. Sunny hatte schlecht geschlafen und draußen regnete es in Strömen. Eigentlich wäre er an diesem Morgen viel lieber in seinem Bettchen geblieben, doch seine Mami drängte ihn, sich zu beeilen. Sie musste an diesem Tag etwas eher in die Agentur und hatte das Frühstück schon fertig auf dem Tisch stehen. Sunny ging nichts von der Hand, sogar unter der Dusche dauerte an diesem Morgen länger als sonst. Er fühlte sich wie gerädert, doch es half nichts, er musste in die Schule. Als er dort eintraf, sah er noch keinen seiner Mitschüler. Nicht einmal Mrs. Simms war zu sehen, wo sie doch immer die erste in der Schule war. Sunny schritt durch das leere Schulgebäude und wunderte sich, dass er auch auf dem Gang niemanden antraf. War etwa Sonntag oder fiel die Schule an diesem Tage aus? In Sunny kamen erste Zweifel auf und so trottete er in sein Klassenzimmer. Die Tür ließ sich nur schwer öffnen und quietschte bedenklich. Sunny trat ein und blieb wie erstarrt stehen. Das, was da vor ihm lag, war kein Klassenzimmer. Es war eine Kneipe, ein Saloon! Dort, wo sonst die Tafel stand, befand sich ein Tresen. Und die Sitzbänke waren Tische, an denen merkwürdig gekleidete Männer saßen. Überall liefen leicht bekleidete Damen herum und verteilten bis an den Rand gefüllte Biergläser. Es war ein Gegröle, dass sich Sunny erst einmal die Ohren zuhielt. Er wusste nicht so recht ob er träumte oder ob das, was er da sah, der Realität entsprach. Und wo blieb eigentlich Mrs. Simms? Einer der betrunkenen Männer entdeckte Sunny und rief: „Schaut Euch den kleinen Jungen dort an! Der hat sich wohl verlaufen!“ Der Trunkenbold stand von seinem Stuhl auf und torkelte bedenklich auf den kleinen Sunny zu. Der betrachtete sich den vermeintlichen Trunkenbold und musste grinsen. Denn der Mann trug einen breitkrempigen Westernhut und sah irgendwie aus wie ein Cowboy. Und jetzt fiel es Sunny auf. Alle Männer in diesem Zimmer waren wie Cowboys gekleidet. Es war ganz seltsam und Sunny konnte sich das alles beim besten Willen nicht erklären. Der Cowboy stand vor Sunny und lachte laut. Sunny fühlte sich nicht sonderlich gut und er wünschte sich wie noch nie, dass endlich die Tür aufging und Mrs. Simms herein stürmte. Doch nichts geschah. Weder kam Mrs. Simms noch irgendein anderer Schüler ins Zimmer. Der Cowboy wunderte sich über die seltsame Kleidung, die Sunny trug. Er fand sie albern und unpassend. Doch Sunny schaute ihn nur mit großen Augen an und der betrunkene Cowboy setzte sich schließlich wieder an seinen Tisch. Sunny drehte sich um, wollte schnellstens wieder hinausgehen. Doch die Tür war verschwunden. Nirgends konnte er sie entdecken. Was ging hier nur vor? Wurde vielleicht ein Film in seiner Schule gedreht? In Hollywood war so etwas nicht unmöglich. Doch als er den vermeintlichen Barkeeper danach fragte, starrte der ihn nur verständnislos an und meinte dann, dass kleine Jungs nicht in eine Bar gehörten. Er schickte Sunny weg. Doch der wusste ja gar nicht, wohin er gehen sollte. Eine Tür gab es nicht und die Leute in dem sonderbaren Saloon verhielten sich auch so eigenartig. Immer wieder warfen sie Sunny einen merkwürdigen Blick zu, als ob sie ihm irgendetwas mitteilen wollten. Doch als Sunny sie danach fragte, wandten sie sich von ihm ab und schwiegen. Langsam bekam es Sunny mit der Angst zu tun. Ein eiskalter Wind fegte durch den Saloon, doch die Gäste maßen dem Ganzen keinerlei Bedeutung zu. Was in aller Welt ging in diesem Zimmer vor? Sunny setzte sich an einen Tisch und eine der leicht bekleideten Damen erschien und fragte ihn, was er trinken wollte. Sunny wollte eine Limonade und die Dame ging zum Tresen, um die Limonade zu holen. Der Barkeeper schaute immer wieder zu Sunny und zog ein ernstes Gesicht. Sunny wurde es langsam unheimlich zumute. Als ihm die Dame die Limonade auf den Tisch stellte, wagte er noch einen letzten Versuch. Er fragte die Dame, wo er sich befand und wieso hier keine Schule mehr war. Doch die Dame starrte ihn mit ernstem Gesicht an und schüttelte nur mit ihrem Kopf. Es bedeutete wohl so viel, dass er keine Fragen mehr stellen sollte. Schweigend zog sich die Dame zurück. Sunny trank die Limonade und dachte nach, was er tun könnte.

Auf dem Tisch entdeckte er eine alte Tageszeitung. Er nahm sie zur Hand und las das Datum: 26. März 1861. Das konnte doch unmöglich sein! Wie kam diese alte Tageszeitung auf den Tisch. Sie sah auch noch so neu und ungebraucht aus. Es gab keinen Zweifel, Sunny schien sich aus irgendeinem unerfindlichen Grunde im Jahre 1861 aufzuhalten. Draußen vor dem Fenster zog ein heftiges Gewitter auf. Blitze zuckten und der vom Wind gepeitschte Regen klatschte gegen die Scheiben. Der laute Donner erschütterte das ganze Haus, doch das schien niemanden in dem Saloon zu stören. Das Gejohle wurde immer lauter und die Männer tranken ohne Unterlass. Sunny saß auf seinem Stuhl und beobachtete fassungslos das gruselige Treiben. Irgendetwas stimmte an alledem nicht. Plötzlich hatte er eine Idee. Vielleicht schaffte er es ja, durchs Fenster aus dem Raum fliehen zu können. Vorsichtig erhob er sich von seinem Stuhl und schlich entlang der Wand bis zu einem der hinteren Fenster. Niemand nahm Notiz von seinem Handeln und Sunny konnte unbemerkt das Fenster öffnen. Draußen tobte das Unwetter, doch wenn er fliehen wollte blieb ihm keine Wahl! Er konnte nur diesen einen Weg nutzen. Entschlossen kletterte er auf das Fensterbrett und sprang! Noch einmal zuckte ein greller Blitz vom Himmel, dann fand sich Sunny auf einer grünen Wiese wieder. Verstört starrte er zum Himmel. Doch der war blau und wolkenlos. Kein Gewitter, keine Blitze, kein Saloon, nichts. Dafür vernahm er lautes Sirenengeheul. Und nach wenigen Minuten rasten mehrere Feuerwehrautos an ihm vorbei. Was war nur geschehen? Er schaute auf seine Armbanduhr, es war noch immer früh am Morgen und er müsste eigentlich in die Schule gehen. Doch da kam ihm bereits Mrs. Simms entgegen. Schon von weitem rief sie laut: „Du brauchst heute nicht zur Schule zu gehen. Es hat gebrannt. Unser Klassenzimmer ist total zerstört.“ Später erfuhr Sunny die ganze Wahrheit. Am frühen Morgen hatte ein Kurzschluss einen Brand in der Schule ausgelöst. Sein Klassenzimmer brannte dabei völlig aus. Wäre er ins Klassenzimmer gegangen, wäre er vermutlich nicht mehr lebendig herausgekommen, denn er war ja an diesem Morgen zeitiger als sonst unterwegs. Es hätte ihm niemand helfen können. Glücklicherweise war niemandem etwas geschehen. Und schon am nächsten Tag konnte der Unterricht in einem anderen Klassenzimmer fortgesetzt werden. Sunny war erleichtert, dass es allen gut ging. Dennoch war er sehr verunsichert über das, was er erlebt hatte. Und hatte er wirklich etwas erlebt? Oder hatte er sich das alles nur eingebildet? War er erschrocken über den plötzlichen Brand, sodass er sich das Märchen von dem Saloon nur eingebildet hatte? Er wusste es nicht und schob das Ganze ins Reich seiner manchmal etwas überschwänglichen Fantasie. Als er daheim seine Jacke auszog, fiel eine merkwürdige Zeitung aus deren Innentasche. Sunny hob sie auf und las einen Artikel, den er einfach nicht glauben konnte: „Am heutigen 26. März 1861 wurde der Saloon durch einen Brand total zerstört.“

Der Vampir

Es war eine Nacht voller Ungewissheit und Schrecken. Der kleine Sunny aus Hollywood lag in seinem Bettchen und konnte einfach nicht einschlafen. Er wusste nicht, warum er so durcheinander und so unruhig war. Und als er aufstand, um sich ein Glas Mineralwasser zu holen, schaute er sich ständig und in allen Räumen um. Überall vermutete er Geister und grässliche Monster. Seine Mami war für zwei Tage zur Großmutter nach San Diego gefahren. Denn es ging der Großmutter nicht gut und sie brauchte ein wenig Hilfe. Weil Sunny aber zur Schule musste, blieb er für die zwei Tage allein. Und eigentlich störte ihn das auch nicht, denn er hatte ja viel zu tun. Allein schon die Schularbeiten, die ihm Mrs. Simms aufgab, hatten es in sich. Irgendwie schien sie wohl zu spüren, dass Sunny allein zu Hause war. Was für ein Horror. Es war einfach kein Fertigwerden und obwohl ihm seine Mami das Essen schon vorgekocht hatte, schaffte er es einfach nicht, wie sonst auf dem Hollywood-Boulevard herumzuspringen und den lieben langen Tag nur Unsinn anzustellen. Ach, wenn doch die Mami bald wieder zurückkäme. In dieser Nacht nun schien sich alles zuzuspitzen. Sunny irrte durchs Haus und kam einfach nicht zur Ruhe. Merkwürdige Schreie, die sich anhörten wie die Laute von Fledermäusen drangen an seine Ohren. Er fürchtete sich wirklich sehr. Und als er schließlich in der Küche eine große Fledermaus an der Decke hängen sah, wollte er schon davonrennen. Doch plötzlich rief jemand hinter ihm: „Nein, bleib! Geh nicht weg!“ Zu Tode erschrocken fuhr Sunny herum und blickte entgeistert in das bleiche Gesicht eines Jungen, der wohl genauso alt schien wie er selbst war. Nur trug er einen schwarzen Umhang und sah aus, als hätte er schon seit Monaten nichts mehr gegessen. Seine Augen lagen ausdruckslos in den tiefen Augenhöhlen und waren doch so starr, dass Sunny gar nicht glaubte, dass dieser Junge zu ihm gesprochen haben sollte. Er fragte den Fremden: „Wie kommst Du hier rein? Es ist doch alles abgeschlossen.“ Der Junge meinte, dass er angeblich durchs Fenster gekommen sei und dringend Sunnys Unterstützung benötigte. Erst jetzt bemerkte Sunny, dass der Junge blaue Lippen hatte. Und er fragte ihn schnell, ob er sich nicht wohl fühlte, ob er krank sei. Doch der Junge stöhnte nur leise und sagte dann: „Nein, ich bin ein Vampir und fliege sonst als Fledermaus durch die Nacht. Nun aber brauche ich etwas zu trinken, denn ich habe großen Durst.“ Sunny starrte den Jungen entsetzt an. Hatte er sich auch nicht verhört – stand da vor ihm tatsächlich ein Vampir, ein blutsaugendes Monster? Aber so etwas gab es doch eigentlich nur in seinen Monsterfilmen. Was sollte diese Maskerade? Als der fremde Junge schließlich sagte, dass er Igor hieß, musste Sunny sogar schon wieder lachen und stellte sich ebenfalls vor. Er konnte das alles irgendwie gar nicht recht glauben, meinte noch immer, dieser fremde Junge scherzte nur mit ihm. Wer war dieser vermeintliche Igor wirklich? Er holte sich das Mineralwasser, weswegen er eigentlich in die Küche gegangen war und fragte Igor, ob er auch ein wenig Wasser haben wollte. Der schüttelte nur mit seinem Kopf. Dann sagte er: „Hast Du nicht eine Maus oder etwas Ähnliches?“ Sunny schaute Igor verdutzt an. Was wollte Igor mit einer Maus? Doch dann fiel ihm ein, dass ein Vampir ja Blut trank und eine Maus wäre ja genau das Richtige für ihn. Doch er konnte weder mit einer Maus noch mit einem anderen Tier dienen. Igor wurde ganz traurig und ließ sich kraftlos auf den Küchenstuhl hinter sich plumpsen. Er weinte und schluchzte, dass es Sunny auch schon ganz traurig ums Herze wurde. Wie konnte er dem verzweifelten Jungen nur helfen? „Trinkst Du auch Himbeersaft? Der ist doch auch rot“ fragte er Igor. Der glaubte im ersten Moment, Sunny würde ihn veralbern. Himbeersaft war doch nun wirklich nicht das, was er suchte. Doch obwohl er Sunnys Frage verneinte, stellte der ihm ein Glas mit kühler Himbeerlimonade auf den Tisch. Igor beäugte den Saft misstrauisch von allen Seiten und nippte dann ein wenig am Glas. Plötzlich presste er seine Augen zusammen und rief laut: „Igitt, was ist denn das? Nein, also so etwas trinke ich nicht. Das ist ja furchtbar“, Sunny wusste sich nun auch keinen Rat mehr und schlug vor, hinauszugehen. Gemeinsam könnten sie dort nach einer Maus suchen. Igor war einverstanden und schien sich zu freuen, dass ihm nun jemand half. Sunny musste sich nur noch umziehen, dann zogen sie los. Draußen war es kühl, nur der Vollmond beleuchtete die Landschaft und tauchte die Landschaft in ein gespenstisches Licht. Von überallher ertönte das gruselige Rufen der Fledermäuse und Igor blieb stehen. „Hörst Du das? In dieser Vollmondnacht sind dutzende Vampire auf der Jagd.“ Sunny hörte die sonderbaren Rufe sehr wohl und er fürchtete sich davor. Nie wäre er allein aus dem Haus gegangen, wenn seine Mami nicht daheim war. Aber diesmal schien alles anders zu sein. Die beiden liefen durch die Straßen, doch nirgends fanden sie das, was Igor suchte. Enttäuscht wollten sie ihre Suche schon abbrechen, da piepste es neben den beiden.

Igor wurde sofort aufmerksam und fiel auf die Knie, um nach dem verdächtigen Tier zu suchen, welches dieses Piepsen verursacht hatte. „Das war eine Maus“, zischte er. Sunny hingegen fand Igors Verhalten mittlerweile mehr als wunderlich. Niemand würde ihm glauben, dass er mitten in der Nacht mit einem Vampir nach einer Maus jagte. Mrs. Simms würde ihn vermutlich schief angucken, wenn er davon erzählte. Als Igor keinen Erfolg mit der vermeintlichen Maus hatte, liefen die beiden weiter. Der Vollmond wurde immer heller, so schien es Sunny und dutzende Fledermäuse flatterten durch die Nacht. „Warum helfen Dir denn die anderen Fledermäuse nicht“, wollte Sunny von Igor wissen. Igor wusste darauf keine Antwort, denn jeder Vampir musste allein zusehen, wie er sich am Leben hielt. Trotzdem gefiel ihm dieser Zustand auch nicht so recht und traurig sagte er zu Sunny: „Ach, ich wäre auch lieber ein ganz normaler kleiner Junge, der mit seiner Mami durch den sonnigen Tag spazieren könnte. Aber die schwarze Zauberin hat mich einst in einen Vampir verwandelt, weil ich nicht artig war. Und Eltern habe ich keine mehr. Die sind schon recht früh gestorben. Jetzt bin ich so allein.“ Sunny fand das alles sehr traurig und wollte Igor trösten. Er wollte wissen, wie man die schwarze Zauberin finden könnte, damit sie den Zauber wieder rückgängig machte. Doch Igor schüttelte nur seinen Kopf und meinte, dass das nicht ginge. Denn die schwarze Zauberin lebte irgendwo in den Bergen in einer Höhle. Die zu finden, würde ganz sicher bis zum Morgen dauern. Doch sobald es hell wurde, verwandelte er sich wieder in eine Fledermaus und alles wäre vorbei. Sunny hingegen war kein Freund von endloser Trauer. Seine Neugierde war geweckt und er wollte unbedingt die Höhle der schwarzen Zauberin finden. Igor war mutlos und schwer von Sunnys Idee zu überzeugen. Da half es nichts, die beiden mussten einfach weiterziehen und suchen. Sie liefen bis zu den Hollywood-Hills. Als sie sich verschnauften, fiel Sunny die seltsame Felsenhöhle ein, in welcher er damals nach dem Täter, der die Hollywoodsterne beschädigte, gesucht hatte. Diese Höhle kam ihm damals schon sehr merkwürdig vor. Er war sich plötzlich sicher, dass dort und nur da die schwarze Zauberin lebte. Nur, wo befand sich diese Höhle? Da vernahm er plötzlich ein Miauen neben sich. Und da fiel ihm alles wieder ein: die Höhle hinter den Buchstaben des Schriftzuges von Hollywood und die Katze, die aus der Höhle, die sich dahinter befand, gerannt kam. Ja, das musste diese Katze sein, denn sie befanden sich ja unmittelbar vor den Hollywood-Hills. Er wandte sich seinem neuen Freund Igor zu und deutete dann mit dem Zeigefinger auf den Hollywood-Schriftzug: „Dort hinauf müssen wir, denn dort ist die Höhle, wo ganz bestimmt die schwarze Zauberin lebt“ Igor verzog sein Gesicht. So weit wollte er gar nicht mehr gehen. Andererseits war ihm klar, dass er diesen Weg gehen musste, wenn er den bösen Zauber endlich verlieren wollte. Und so kletterten die beiden den mühsamen Weg hinauf. Schweißgebadet und atemlos erreichten sie die riesigen Buchstaben: Hollywood, und Igor hielt sich an einem der Buchstaben fest. Sunny hingegen drängte zum Weiterlaufen, denn die Nacht dauerte ja nicht ewig und im Morgengrauen wären Mühen umsonst gewesen. Igor verstand das und so liefen sie weiter. Und plötzlich war auch die Katze wieder neben ihnen. Sie fauchte und zischte ganz furchteinflößend. Offenbar schien es ihr gar nicht recht, dass jemand zur Höhle wollte. Sie sprang durch die feuchte Wiese und die beiden kleinen Jungen brauchten nur ihrem Fauchen zu folgen, um die Höhle zu finden. Schließlich rief Sunny laut: „Hier ist es! Wir sind da!“ Die beiden standen vor dem schwarzen Schlund, der wohl der Eingang der Höhle sein musste und verschnauften noch einmal. Igor schien wie verwandelt. Er hatte plötzlich Mut bekommen und fühlte sich gar nicht mehr so schwach. Sunny fiel ein, dass er seit einiger Zeit für alle Fälle den Stummel einer Weihnachtskerze und ein altes Feuerzeug, was er mal von seinem Papa geschenkt bekam, in der Hosentasche mit sich führte. Er zündete die Kerze an und das warme Licht der kleinen Kerze erfüllte die dunkle Höhle derart magisch, dass sich die schwarze Katze ängstlich hinter einem Felsvorsprung verbarg. Die beiden Jungen hingegen betraten mutig die Höhle und liefen den steinigen Weg, bis er nicht mehr weiterführte. Sunny hielt die Kerze ganz dicht an die Felsen und entdeckte einen roten Kreis. Die Katze sprang aufgeregt an der Felsenwand empor und verschwand schließlich in der Wand. Da wussten die Jungen, dass sie an der richtigen Stelle angekommen waren. Sunny hielt seine Hand auf den Kreis und plötzlich begann der Fels laut zu knarren und zu knirschen. Die beiden sprangen erschrocken zurück. Doch es bestand keine Gefahr, denn der Fels teilte sich nur und gab den Blick in einen großen, mit Fackeln erleuchteten Raum frei. „Das ist das Schloss der schwarzen Zauberin“, rief Igor. Sunny hielt sich der Kerze vors Gesicht und die beiden betraten den Raum. Hinter sich verschloss sich der Fels laut knirschend wieder und die beiden schienen gefangen zu sein. Sunny ließ sich aber nicht beirren und hielt die Weihnachtskerze vor sein Gesicht. Plötzlich stand eine schwarz gekleidete Frau vor ihnen und keifte: „Schert Euch fort! Ihr seid unbefugt in mein Reich eingedrungen! Ich werde Euch in wilde Kater verwandeln!“

Doch Sunny hörte gar nicht auf das, was die böse Frau da von sich gab und rief ganz laut: „Du wirst uns nicht abhalten! Du wirst nun den Vampir in einen Menschen zurück verwandeln! Und zwar jetzt“ Die Zauberin lachte schrill und schrie: „Niemals werde ich das tun, niemals!“ Doch Sunny lachte ebenfalls. Er spürte eine unbändige Kraft, die vermutlich von der kleinen Weihnachtskerze auszugehen schien. Entschlossen und furchtlos hielt er die Kerze der Zauberin entgegen. Die wich entsetzt zurück und schrie laut: „Fort damit! Weiche von mir, nimm die Kerze da weg!“ Doch Sunny bekam nun so richtig Lust, mit der bösen Zauberin zu spielen. Er hielt die Kerze nach oben und wieder nach unten und schließlich der schwarzen Zauberin genau vor die Nase. Die schrie noch einmal auf und verschwand in einem funkensprühenden Feuerball. Dann wurde es still, auch die schwarze Katze war verschwunden. Der Fels öffnete sich und begann in allen Farben zu funkeln. Sunny lachte und sang ein Lied. Er hatte wohl gar nicht bemerkt, dass sein Freund Igor scheinbar leblos am Boden lag. Als Sunny das bemerkte, sprang er auf Igor zu und rief: „Igor, was ist mit Dir! Machdoch die Augen auf!“ Doch Igor rührte sich einfach nicht. Als Sunny mit der kleinen Kerze Igors Gesicht anleuchtete, öffnete der endlich seine Augen und flüsterte: „Was ist mit mir? Ich war wohl ohnmächtig. Alles ist so anders. Ich glaub, der böse Zauber ist von mir gewichen.“ Und er begann, mit seinen Händen seinen Körper abzutasten. Vorsichtig und noch recht zaghaft stand er auf und lehnte sich an die Felswand. Sunny wusste nicht, ob er Igor helfen sollte. Doch Igor begann plötzlich laut zu lachen und rief immerfort: „Hurra, ich bin frei, endlich frei! Ich bin kein Vampir mehr! Die schwarze Zauberin ist besiegt und ich bin wieder ein Junge wie Du!“ Da fielen sich die beiden Jungen um den Hals und waren glücklich, dass alles so gut geklappt hatte. Sunny hielt die kleine Weihnachtskerze noch immer in einer Hand und meinte dann, dass sie wieder zurück gehen müssten. Das warme Licht der wundersamen Kerze leuchtete ihnen den Weg zurück und Sunny war stolz, dass die Kerze seines Papas ihnen so geholfen hatte. Außerdem hatte er ja nun einen richtig tollen Freund gefunden. Nachdem sein kleiner Hund Sternchen gestorben war, kam Igor wie gerufen. Und die beiden kletterten den Berg hinab und liefen frohgemutes in die Stadt zurück. Gemeinsam und mit dem Licht der kleinen Weihnachtskerze haben sie das Böse besiegen können. Und als die beiden wieder in Sunnys Haus angekommen waren, legten sie sich hundemüde in Sunnys Bettchen und schliefen sofort ein. Nur der Wind bewegte die Gardine vor dem offen stehenden Fenster ganz sachte hin und her. Der Vollmond leuchtete und aus der Ferne waren die Rufe von Fledermäusen zu hören. Aber das störte die beiden Jungen nicht mehr. Die waren längst in ihrer eigenen Traumwelt versunken. Die kleine Weihnachtskerze stand auf Sunnys Schreibtisch und leuchtete noch eine Weile. Da kam plötzlich jemand ins Zimmer und deckte die beiden Jungen zu, damit sie nicht froren. Dann löschte er die kleine Kerze und flüsterte leise: „Schlaf gut Igor, und auch Du, mein kleiner Sohn.“

Der Drache

Der kleine Sunny aus Hollywood war an diesem wunderschönen Tag mit seinem Fahrrad bis zum Silver-Lake gefahren. Vom Silver-Lake-Boulevard aus hatte er einen fabelhaften Blick über den See. Nur leider konnte er sich ja nicht ans Ufer legen, denn überall standen Zäune. Aber das machte auch gar nichts aus, denn er radelte einfach auf dem Weg entlang des Zauns und schon begann er zu träumen. Hier würde er mit seiner Mami so gern leben. Doch die vielen Häuser, die er so sah, waren sicherlich viel zu teuer. Und dort, wo sie jetzt lebten, war es ja auch schön. Als er so fuhr und sich vorstellte, wie er aus einer herrschaftlichen Villa ans Ufer des Sees trat, rannte plötzlich ein Mann an ihm vorbei. Er hatte eine Waffe in der Hand und schoss andauernd wie wild um sich. Sunny bekam einen gehörigen Schreck und sprang von seinem Rad. Gerade an diesem See, inmitten dieser einzigartigen Ruhe, plötzlich so ein Theater, damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Sein Traum zerplatzte wie eine Seifenblase im Wind und er musste sich erst einmal in Sicherheit bringen. Er warf sein Fahrrad auf den Boden und legte sich dicht an den Drahtzaun. Der Mann schoss noch immer um sich und aus der Ferne vernahm Sunny das laute Geheul dutzender Polizeisirenen. Schon nach wenigen Sekunden rasten drei Polizeiwagen an ihm vorbei. Offenbar war der Mann ein Gauner. Aber was war geschehen, dass er so verrückt um sich schoss. Sunny konnte sich das alles nicht erklären und wollte auch nicht ewig im Sand liegen bleiben. Vorsichtig hob er seinen Kopf und schaute, ob die Luft rein war. Von dem seltsamen Mann war plötzlich nichts mehr zu sehen. Nur die drei Polizeiwagen standen nicht weit entfernt von Sunny auf der Straße. Es war die Neugierde, die Sunny aufs Fahrrad steigen ließ und bis zu den Polizeiwagen trieb. Dort fragte er einen der Beamten, was geschehen sei. Der Polizist staunte über den kleinen Sunny, der sich trotz des noch immer nicht geschnappten Gauners mit seinem Fahrrad bis zum See wagte. Doch er erklärte Sunny gern, was da los war: „Eine Bank wurde überfallen und der Räuber ist mit etlichen Millionen Dollar entkommen. Du solltest aber nicht hier sein, sondern lieber wieder nach Hause fahren. Das ist einfach sicherer, weil der Täter noch nicht gefasst wurde.“ Sunny hatte alles andere vor, als nach Hause zu fahren. Denn nun wurde es ja gerade erst so richtig spannend. Und für Sunny war das ein ganz neues Abenteuer, welches sich da auftat. Und so erzählte er dem Polizisten von seiner Beobachtung, dass der Gauner mit einer Waffe an ihm vorüber gerannt sei und wild herumgeballert habe. Der Beamte sorgte sich sehr um Sunnys Sicherheit und wollte ihn selbst heimbringen. Doch Sunny gab scheinheilig vor, sofort mit seinem Fahrrad nach Hause zu fahren. Er stieg auf seinen Drahtesel und trat kräftig in die Pedale. Er fuhr die Straße entlang,