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Der Autor dieses Textes blickt auf eine mehr als 25 jährige Dialogarbeit -vor allem mit Christ*innen -zurück. Neben diesen praktischen Erfahrungen spielt aber auch das Verhältnis der eigenen Religion bei der Begegnung zwischen Muslim*innen und Christ*innen eine wichtige Rolle. Was sagen die islamischen Quellen zu Jesus, zur Bibel und zum Christentum? Sind Christen, obwohl sie der Koran als „Leute der Schrift“ bezeichnet nun Gläubige oder Ungläubige, wie manche Muslime behaupten?
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Veröffentlichungsjahr: 2020
In der Stammwurzel „nasara“ trägt das Wort die Bedeutung „helfen, beistehen“. Im II. Stamm „nassara“ („zum Christen machen, christianisieren“). Im V. Stamm „tanassara“ („Christ werden“).
Nasrânî (Pl. Nasâra) bedeutet „Christ“ und Nasrânîya ist die Bezeichnung für das „Christentum“.
Außerdem werden von der Wortwurzel n-s-r folgende Bedeutungen abgeleitet:
An-Nusairîya: Bezeichnung für die extrem-schiitischen Nusairier (auch in der Bedeutung von „kleine Christen“).Tansîr: Taufe.Ansâr: Bezeichnung für „die Helfer“ aus Medina.An-Nâsira: Nazareth.Nâsirî: Nazarener.
Der Ursprung der arabischen Bezeichnung „Nasâra“ wird muslimischerseits auf zwei Quellen zurückgeführt:
Der Prophetengefährte Ibn Abbâs meint, dass der Begriff von der Stadt Nazareth kommt, aus der Jesus stammt.Des Weiteren wird der Begriff auf zwei Verse im Koran zurückgeführt, in denen Jesus spricht: »Wer sind meine Helfer zu Gott (man ansârî ilâ Allâh)? Die Jünger sagten: Wir sind die Helfer Gottes (nahnu ansârullâh). Wir glauben an ihn. Bezeuge, dass wir (ihm) ergeben sind (wasch-had biannâ muslimûn)«. (3:52, 61:14)Vgl. Schahristânî, Muhammad b. Abd al-Karîm asch-: Al-Milal wan-Nihal. Beirut, o.J., S. 244
Aber auch in der Bibel lassen sich Stellen finden, in denen Jesus als „der Nazarener“ bezeichnet wird (vgl. Mat 2:23, 26:71; Mar 14:67; Apg 2:22). Siehe zu 2:23 bei Matthäus auch: Jes 11:1, 53:2; Jer 23:5; Sach 3:8.
In der westlichen Religionswissenschaft glaubt man, dass der Begriff etwas mit den Judenchristen (Selbstbezeichnung: „Ebioniten“) zu tun haben könnte, die auch „Nazoräer“ (d.h. die Anhänger des Nazareners) genannt wurden (vgl. Hauschild, Wolf-Dieter: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte. Band 1: Alte Kirche und Mittelalter. Gütersloh 1995, S. 65).
Ein zentrales Problem bei der Erforschung des arabischen Christentums ist das Fehlen einer in der Bevölkerung verankerten Literatur. Die vorhandenen ältesten Schriften sind in Griechisch gefasst. Eine Literatur in arabischer Schrift entstand erst im 7. Jh.
Im Folgenden soll gezeigt werden, welches Christentum vor und um die Entstehungszeit des Islam auf der arabischen Halbinsel wirkte. Dazu werden erst die Einflüsse in Nordarabien (im byzantinischen und sassanidischen Einflussgebiet) dann in Südarabien (unter abessinischem Einfluss) erörtert, um anschließend christlichen Einflüssen im Hidjaz (arabische Halbinsel) nachzugehen.
a) Nordarabien
In den Ländern um die arabische Halbinsel herum (im Norden Byzanz, im Osten Persien und im Westen Abessinien) hatte das Christentum bereits seit mehreren Jahrhunderten Fuß gefasst. In der römischen Provinz ARABIA gab es eine starke christliche Bevölkerung, deren Hauptstadt Bosrâ war. Zu Chalkedon (451) wurde die Zugehörigkeit dieser Provinz zum Patriarchat Antiochia anerkannt. Sie kam erst nach dem Sieg des arabischen Heeres am Jarmuk (26.08.636) unter islamische Herrschaft.