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Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. »Guten Morgen, Frau Brandner.« Clara ignorierte den Gruß und blickte an Martin Brunner vorbei, als existiere er überhaupt nicht. Mit gemessenen Schritten ging sie an ihm vorüber zum Büro ihres Vaters und öffnete die Tür, ohne anzuklopfen. Der junge Mann hinter ihr zuckte die Schultern und folgte der Tochter des Chefs. »Guten Morgen, Vater«, sagte Clara und setzte sich an den großen Konferenztisch, auf dem Kaffee und belegte Semmeln bereitstanden. Martin begrüßte Max Brandner und setzte sich Clara gegenüber. Der Inhaber und leitende Direktor der ›Brandner KG‹. nahm am Kopfende Platz. Vor ihm lag ein Ordner, den er aufschlug. Max Brandner war sechsundfünfzig Jahre alt, er verkörperte den Typus des allgegenwärtigen Chefs, der sich auch nicht zu schade war, selbst einmal mit Hand anzulegen, wenn Not am Mann war. Aus kleinsten Anfängen hatte er sich hochgearbeitet und aus der ehemals mittelständischen Firma ein internationales Unternehmen der Elektronikindustrie gemacht, das wichtige Bauteile für die Navigationsgeräte von Flugzeugen und Schiffen herstellte. Max war die Gutmütigkeit in Person, konnte aber auch mal lospoltern, wenn ihm etwas gegen den Strich ging. Mit seinen eins achtzig und der Figur eines Preisboxers verstand er es, ohne viele Worte, sich Respekt zu verschaffen. Seit seine Frau viel zu früh verstorben war, kümmerte er sich nur noch um sein Unternehmen, geheiratet hatte er nie wieder. Indes hatte er doch noch eine große Liebe außer der Firma, und das war seine Tochter Clara, die das Ebenbild ihrer Mutter war. Dies war vermutlich auch der Grund, warum der Vater bei der Tochter vieles hatte durchgehen lassen. Von einer ungeliebten Kinderfrau großgezogen, hatte Clara schon früh gelernt, sich durchzusetzen. Nach dem Abitur hatte sie in den Vereinigten Staaten studiert und ihren Abschluss mit Auszeichnung gemacht. Die Vierundzwanzigjährige hatte nicht nur die Anmut und Schönheit der Mutter geerbt, sondern auch das Temperament ihres Vaters.
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Seitenzahl: 117
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»Guten Morgen, Frau Brandner.«
Clara ignorierte den Gruß und blickte an Martin Brunner vorbei, als existiere er überhaupt nicht. Mit gemessenen Schritten ging sie an ihm vorüber zum Büro ihres Vaters und öffnete die Tür, ohne anzuklopfen.
Der junge Mann hinter ihr zuckte die Schultern und folgte der Tochter des Chefs.
»Guten Morgen, Vater«, sagte Clara und setzte sich an den großen Konferenztisch, auf dem Kaffee und belegte Semmeln bereitstanden.
Martin begrüßte Max Brandner und setzte sich Clara gegenüber. Der Inhaber und leitende Direktor der ›Brandner KG‹. nahm am Kopfende Platz. Vor ihm lag ein Ordner, den er aufschlug.
Max Brandner war sechsundfünfzig Jahre alt, er verkörperte den Typus des allgegenwärtigen Chefs, der sich auch nicht zu schade war, selbst einmal mit Hand anzulegen, wenn Not am Mann war. Aus kleinsten Anfängen hatte er sich hochgearbeitet und aus der ehemals mittelständischen Firma ein internationales Unternehmen der Elektronikindustrie gemacht, das wichtige Bauteile für die Navigationsgeräte von Flugzeugen und Schiffen herstellte. Max war die Gutmütigkeit in Person, konnte aber auch mal lospoltern, wenn ihm etwas gegen den Strich ging. Mit seinen eins achtzig und der Figur eines Preisboxers verstand er es, ohne viele Worte, sich Respekt zu verschaffen. Seit seine Frau viel zu früh verstorben war, kümmerte er sich nur noch um sein Unternehmen, geheiratet hatte er nie wieder.
Indes hatte er doch noch eine große Liebe außer der Firma, und das war seine Tochter Clara, die das Ebenbild ihrer Mutter war. Dies war vermutlich auch der Grund, warum der Vater bei der Tochter vieles hatte durchgehen lassen. Von einer ungeliebten Kinderfrau großgezogen, hatte Clara schon früh gelernt, sich durchzusetzen. Nach dem Abitur hatte sie in den Vereinigten Staaten studiert und ihren Abschluss mit Auszeichnung gemacht. Die Vierundzwanzigjährige hatte nicht nur die Anmut und Schönheit der Mutter geerbt, sondern auch das Temperament ihres Vaters. Wenn es jemand darauf anlegte, sich mit ihr in die Haare zu kriegen, dann konnte derjenige sich auf etwas gefasst machen.
Clara hatte für ihren Vater und für sich Kaffee eingeschenkt, die Tasse vor Martin Brunner übersah sie – absichtlich …
Eine vierte Tasse stand vor einem leeren Stuhl, es wurde also noch jemand erwartete. Trotzdem wollte sie endlich beginnen, Clara hatte noch andere Termine, die nicht verschoben werden konnten.
Der stellvertretende Direktor der ›Brandner KG‹ hingegen lächelte in sich hinein und nahm die Kaffeekanne selbst in die Hand. Clara frohlockte insgeheim, dass es ihr wieder einmal gelungen war, ihm zu zeigen, wie sehr sie diesen Mann verachtete. Sie fuhr sich durch die schulterlangen blonden Haare, reckte das Kinn vor und blickte ihren Vater fragend an.
»Gibt es einen besonderen Grund für diese kurzfristig einberufene Sitzung?«, wollte sie wissen. »Du warst letzte Nacht nicht daheim …«
Es gab in der Firma eine kleine Wohnung, in der der Chef manchmal übernachtete, wenn es erforderlich war. Sie war entsprechend eingerichtet, und der Kleiderschrank enthielt alles Nötige, damit Max sich jederzeit umziehen konnte.
Max Brandner holte tief Luft und stieß sie in einem langen Zug wieder aus. Es klang wie ein unendlich tiefer Seufzer.
»Allerdings«, nickte er und tippte auf den Ordner. »Ich habe gestern Abend noch die neuesten Zahlen bekommen und bin sie mit Hubert durchgegangen.«
Er schaute ungeduldig auf die Uhr über der Tür und runzelte die Stirn.
»Wo bleibt er eigentlich? Er müsste doch längst hier sein!«
»Was ist denn mit den Zahlen?«, fragte Clara, den warnenden Blick Martin Brunners ignorierend.
Ihr Vater mochte es gar nicht, wenn eine Sitzung eröffnet wurde und nicht alle anwesend waren, die daran teilnehmen mussten. Hubert Reitmüller gehörte in seiner Funktion als Steuerberater unbedingt dazu. Indes kam Max Brandner nicht mehr dazu, die Frage seiner Tochter überhaupt zu registrieren, denn die Tür schwang auf und Hubert kam herein, die unvermeidliche, übergroße schwarze Aktentasche in der linken Hand. Ohne sie war er praktisch aufgeschmissen, denn die Tasche enthielt sein ganzes Büro, obgleich er natürlich auch ein richtiges hatte.
»Gut, dass du da bist«, nickte Max ihm zu.
Sie kannten sich seit Jugendtagen, und Hubert genoss sein uneingeschränktes Vertrauen. Außer der ›Brandner KG‹ betreute er nur noch zwei kleinere Firmen in steuerrechtlichen Fragen, und war ansonsten ganz und gar für den Freund da.
Hubert hatte in die Runde gegrüßt und Platz genommen.
»Hast du sie schon informiert?«, fragte er den Firmenchef.
Der schüttelte den Kopf.
»Ich wollt’ warten, bis du da bist.«
»Gut«, nickte der Steuerberater, »dann will ich Clara und Martin mal ins Bild setzen.«
Hubert und der stellvertretende Direktor duzten sich seit geraumer Zeit, beide schätzten des anderen Fähigkeiten und Zuverlässigkeit.
»Also«, begann der Steuerberater, der auch Claras Patenonkel war, »Max und ich sind gestern Abend, ach, was sage ich, die halbe Nacht, die aktuellen Zahlen durchgegangen.«
Er deutete mit dem Finger auf den Ordner vor Max Brandner.
»Und was soll ich sagen?«, fuhr er fort. »Es sieht schwarz aus, so schwarz, wie die Zahlen rot sind, die wir schreiben!«
*
Das war ein Schock. Mit so einer Ankündigung hatte weder Clara, noch Martin gerechnet.
Der stellvertretende Direktor fand als Erster seine Fassung wieder.
»Was genau heißt das?«, fragte Martin Brunner.
Hubert Reitmüller räusperte sich.
»Nun ja, wir müssen kurzfristig Geld beschaffen«, antwortete er. »Sonst können wir die notwendigen Investitionen nicht tätigen, und nicht nur das Geschäft mit der amerikanischen Raumfahrtbehörde platzt, auch das Abkommen mit der Deutschen Gesellschaft für Luftfahrt und die Entwicklung der neuen Navigationssoftware für die Schiffe der Bundesmarine sind gefährdet.«
»Mit anderen Worten, wir können den Laden dichtmachen, wenn es uns nicht gelingt, binnen vier Wochen zehn Millionen Euro aufzubringen«, brachte Max es auf den Punkt.
»Moment mal«, wandte Clara ein. »Was ist mit den Banken? Schließlich sind wir nicht irgendwer!«
Sie hatte hektische rote Flecken in ihrem hübschen Gesicht. Ein untrügliches Zeichen dafür, wie aufgeregt sie war.
Ihr Vater schüttelte den Kopf.
»Vergiss die Banken«, sagte Max Brandner. »Die Zeiten sind vorbei, in denen die mit dem Geld nur so um sich geworfen haben. Die internationale Finanzkrise ist noch lange nicht vorbei, auch wenn viele Leute das nicht wahrhaben wollen.«
»Wir hatten vergangene Nacht – besser gesagt, in den frühen Morgenstunden – ein Gespräch mit Walter Hinze, von unserer Hausbank«, ergänzte der Steuerberater. »Er hat rundheraus abgelehnt. Die andere Bank, mit der wir noch zusammenarbeiten, fordert im Gegenzug als Sicherheit für das Darlehen eine hohe Beteiligung an der ›Brandner KG‹, aber es bleibt immer noch ein Risiko für uns.«
»Vielleicht hätte man den Börsengang doch nicht verschieben sollen«, bemerkte Martin Brunner. »Dann wäre jetzt genug Kapital vorhanden.«
Das war ein wunder Punkt, den er jetzt ansprach. Vor einem halben Jahr, Martin hatte gerade die Position des stellvertretenden Direktors eingenommen, bestand der Plan, das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln und an die Börse zu bringen. Nach langer Überlegung hatte Max Bruckner dann aber doch davon Abstand genommen.
»Über verschüttete Milch soll man net klagen«, winkte der Chef ab. »Das hilft uns nämlich kein Stück weiter.«
»Was würde uns denn helfen?«, überlegte Clara laut. »Ein privater Investor zum Beispiel!«
Sie schaute Beifall heischend zu den Männern – Martin Brunner ausgenommen.
Ihr Vater zeigte eine eher skeptische Miene, Hubert Reitmüller zuckte die Schultern.
»Mir fallen auf Anhieb ein Dutzend Leute ein, die infrage kämen«, sagte er. »Aber bei der gegenwärtigen Finanzlage sitzen sie alle auf ihrem Geld, wie die Glucke auf ihren Eiern.«
»Einer nicht …«
Alle Blicke, selbst der von Clara, richteten sich auf Martin Brunner.
»Wen meinst du?«, fragte Hubert.
»Den reichen Onkel aus Amerika«, grinste Martin in Claras Richtung.
»Sehr witzig!«, gab sie giftig zurück.
»Kinder, lasst doch das Geplänkel«, sagte ihr Vater. »Dazu ist die Lage viel zu ernst.«
»Selbstverständlich.«
Martin hatte sich aufrecht hingesetzt und rückte seine Krawatte zurecht. Er hatte ungefähr dieselbe Größe wie sein Chef, war aber weitaus schlanker. An seiner durchtrainierten Figur konnte man unschwer erkennen, dass er viel Sport trieb. Tennis, Laufen und Reiten gehörten zu seinen Leidenschaften. Er hatte ein markantes Gesicht, in dem aber hin und wieder jungenhafter Schalk aufblitze.
Keine Frage, bei Frauen hatte Martin Brunner durchaus Schlag, nur bei einer nicht …
»Im Ernst«, fuhr er fort, »es gibt da möglicherweise tatsächlich jemanden, der uns aus der Patsche helfen könnte.«
Wieder blickten ihn alle an.
»Nun los, raus mit der Sprache!«, rief Hubert Reitmüller gespannt. »Von wem ist die Rede?«
»Von William Miller«, erwiderte Martin. »Ich bin sicher, der Name ist in der Runde nicht unbekannt.«
Max Brandner nickte.
»Der Milliardär aus den Staaten«, meinte Hubert. »Da hast’ ja wirklich recht, mit dem reichen Onkel aus Amerika – bloß, unser Onkel ist er net.«
»Dafür aber einer, der überall auf der Welt investiert«, hielt Martin Brunner dagegen. »Ich glaube, es gibt kein Land, in dem Mr Miller nicht irgendein Geschäft betreibt. Und im Moment befindet er sich gerade auf Europareise.«
Die beiden Männer am Tisch wurden hellhörig, Clara hingegen schaute Martin kopfschüttelnd an.
»Und den wollen Sie um Geld angehen?«
Sie stand auf.
»Tut mir leid, aber für diesen Unsinn ist mir meine Zeit zu schade«, setzte sie hinzu. »Außerdem habe ich dringende Termine, ich komme ohnehin schon zu spät, wenn ich mich net beeile. Vater, Onkel Hubert, ihr entschuldigt mich?«
Ohne eine Antwort abzuwarten verließ sie den Raum. Martin schaute ihr hinterher.
Und ich liebe sie trotzdem, dachte er.
*
Die Konferenz wurde ohne Ergebnis abgebrochen. Hubert Reitmüller sollte sich in Asien umhören, die dortigen Finanzmärkte lockten mit günstigen Krediten auch immer mehr Kunden aus Europa an.
Martin Brunner war an seinen Schreibtisch gegangen und hatte die Korrespondenz erledigt. Am Nachmittag stand noch ein Termin mit einem Kunden an, ansonsten hatte er an diesem Vormittag nicht viel zu tun und Zeit noch einmal mit dem Steuerberater der Firma zu sprechen. Sie trafen sich in der Mittagspause in einem kleinen Bistro, unweit vom Stachus.
»Was wäre daran verkehrt, mit William Miller Kontakt aufzunehmen?«, fragte der stellvertretende Direktor der ›Brandner KG‹ geradewegs. »Der Mann ist so reich, den interessiert es überhaupt nicht, ob seine Einlage zehn oder zwanzig Prozent Rendite bringt. Er investiert einfach aus Spaß an der Freud’.«
»Ehrlich gesagt, denk’ ich an nix andres, seit du es zur Sprache gebracht hast«, gestand Hubert Reitmüller.
»Dann siehst du auch eine reelle Chance für uns?«
Der Steuerberater hob die Hand.
»Gemach. Erst einmal müssen wir einen Plan ausarbeiten, wie wir mit dem Mann ins Gespräch kommen können. Es dürfte ja wohl kein Problem sein, herauszufinden, wo Mr Miller sich gerade aufhält.«
Martin grinste.
»Im Moment spielt er gerade in London Golf«, erklärte er.
Hubert sah ihn verblüfft an.
»Woher weißt du das?«
»Von meinem Zahnarzt«, lachte Martin Brunner. »Genauer gesagt, aus einer Zeitschrift in seinem Wartezimmer. Ich hatte gestern einen Termin. Manchmal ist es doch ganz interessant, wenn man in diesen bunten Blättern schmökert.«
»Ach, und in so einem Blatt stand, dass Mr Miller sich gerade in London aufhält?«
»Genau. Der gute Mann ist ein Nachkomme englischer Auswanderer«, erzählte Martin. »Der Legende nach sind seine Urahnen mit der ›Mayflower‹ in Amerika gelandet, und jetzt wandelt Mr Miller auf den Spuren seiner Familiengeschichte. England und der Kontinent sind seine Ziele. In drei Tagen wird er in ›Good old Germany‹ sein. Genauer gesagt landet er hier in München und fährt weiter ins Wachnertal, wo er im Landhotel ›Ransingerhof‹ für drei Wochen eine Luxussuite bewohnen wird.«
Hubert Reitmüller strich sich nachdenklich über das Kinn. Das Essen vor ihm auf dem Tisch schien er vollkommen vergessen zu haben – indes handelte es sich um einen Salatteller. Der konnte nicht kalt werden, er war es ja ohnehin.
»Das ist wirklich interessant«, sagte er. »Was glaubst du, wie man mit ihm in Kontakt kommen könnte?«
»Darüber denke ich den ganzen Vormittag nach«, erwiderte Martin. »Seit mir in der Besprechung dieser Artikel eingefallen ist, zerbreche ich mir den Kopf, wie wir es am besten anstellen, ihm ein Angebot zu machen. Eigentlich wäre es am einfachsten, man macht so ganz ›zufällig‹ seine Bekanntschaft, wenn du verstehst, was ich meine …«
Der Steuerberater schmunzelte.
»Ich bin ja net auf den Kopf gefallen. Und wer, meinst du, sollte es tun?«
Martin Brunner richtete sich auf. Er hatte ebenfalls einen Salatteller vor sich stehen und legte die Gabel ab, mit der er eben eine Tomatenscheibe aufgespießt hatte.
»Das ist der springende Punkt«, entgegnete er. »Du weißt, dass ich sofort fahren würde. Dumm ist nur, dass Mr Miller eine sehr eigenartige Vorstellung vom Familienleben hat. So reiche Leute müssen wohl irgendwelche Marotten haben. Er jedenfalls legt großen Wert darauf, dass seine Geschäftspartner ein geregeltes Familienleben führen, Single sind ihm ein Gräuel. Er hat sogar schon Geschäfte platzen lassen, als er herausfand, dass die Partner nicht verheiratet sind. Er selbst ist verwitwet, hat aber in den Staaten drüben sieben Kinder, samt ihren Familien. Also, um zum Punkt zu kommen, damit er in die Firma investiert, muss Max heiraten!«
Hubert sah ihn verblüfft an.
»Du spinnst! Versuch mal, ihm das klarzumachen. Ich red’ mir seit vierzehn Jahren den Mund fusslig, dass er endlich wieder heiraten soll und stoße auf Granit. Seiner Ilse ist er treu, auch über den Tod hinaus!«
»Schade«, murmelte Martin und nahm die Gabel wieder auf. »Das wäre vielleicht die Rettung gewesen.«
Hubert sah ihn nachdenklich an.
»Moment mal«, sagte der Steuerberater, »so schnell werfe ich die Flinte net ins Korn. Was ist denn mit dir?«
Der junge Direktor schüttelte den Kopf.
»Ich bin seit einer Ewigkeit solo«, antwortete Martin. »Nicht einmal den Schatten eines weiblichen Wesens findest du in meiner Nähe.«
»Dann leih dir eine Frau aus!«, rief Hubert Reitmüller. »Tu’s für die Firma!«
Er hatte flehentlich die Hände gefaltet.
»Na ja, war nur ein Scherz«, setzte er hinzu.
»Gar kein schlechter Gedanke«, sagte Martin, dem plötzlich eine Idee gekommen war.
»Wie …?«
»Das mit der Frau. Ich brauche jemanden, der da mitspielt. Es muss ja nur für eine Woche oder so sein, dann ist William Miller wieder in Amerika, und wir sind gerettet.«
Hubert wirkte wieder nachdenklich.
»Du meinst also wirklich, wir sollten ihm was – vorspielen?«
»Ja«, nickte Brunner nachdrücklich.
»Unmöglich«, schüttelte der Steuerberater den Kopf. »Da spielt Max niemals mit.«