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Das Leben ist ein Abenteuer! Die beschwingte Komödie »Das kleine Haus am Ende der Welt« von Bestseller-Autorin Steffi von Wolff als eBook bei dotbooks. Britt liebt Luxus, Kreditkarten ohne Limit und die Metropolen dieser Welt. Aber statt mit ihrer besten Freundin zum Shoppen nach New York zu jetten, muss sie für die nächsten drei Monate das Haus ihrer Tante hüten – und das liegt in der tiefsten Provinz. Als wäre das nicht schon schlimm genug, sieht sich Britt noch dazu unerwartet mit dem Privatzoo ihrer Tante konfrontiert: vom vergnügten Flusspferd namens Emil bis zum schwangeren Opossum-Dame. Kann das gut gehen? Natürlich nicht! Und dass der knackige Tierarzt Julian nur Augen für die kunterbunte Menagerie zu haben scheint, hilft Britt auch nicht wirklich weiter … Herrlich verrückt und immer wieder überraschend: Ein Feelgood-Roman voller bissigem Humor! Jetzt als eBook kaufen und genießen: die freche Komödie »Das kleine Haus am Ende der Welt« von Bestseller-Autorin Steffi von Wolff. Wer liest, hat mehr vom Leben! dotbooks – der eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 289
Über dieses Buch:
Britt liebt Luxus, Kreditkarten ohne Limit und die Metropolen dieser Welt. Aber statt mit ihrer besten Freundin zum Shoppen nach New York zu jetten, muss sie für die nächsten drei Monate das Haus ihrer Tante hüten – und das liegt in der tiefsten Provinz. Als wäre das nicht schon schlimm genug, sieht sich Britt noch dazu unerwartet mit dem Privatzoo ihrer Tante konfrontiert: vom vergnügten Flusspferd namens Emil bis zum schwangeren Opossum-Dame. Kann das gut gehen? Natürlich nicht! Und dass der knackige Tierarzt Julian nur Augen für die kunterbunte Menagerie zu haben scheint, hilft Britt auch nicht wirklich weiter …
Über die Autorin:
Steffi von Wolff, geboren 1966 in Hessen, war Reporterin, Redakteurin und Moderatorin bei verschiedenen Radiosendern. Heute arbeitet sie freiberuflich für Zeitungen und Magazine wie »Bild am Sonntag« und »Brigitte«, ist als Roman- und Sachbuch-Autorin erfolgreich und wird von vielen Fans als »Comedyqueen« gefeiert. Steffi von Wolff lebt mit ihrem Mann in Hamburg.
Die Autorin im Internet: www.steffivonwolff.dewww.facebook.com/steffivonwolff.autorin
Steffi von Wolff veröffentlichte bei dotbooks bereits die Romane »Aufgetakelt«, »Das kleine Appartement des Glücks«, »Das kleine Hotel an der Nordsee« und »Das kleine Haus am Ende der Welt« sowie die Kurzgeschichten-Sammelbände »ANGEMACHT und andere prickelnde Geschichte« und »AUSGEPACKT und andere Weihnachtsgeschichten«. Eine andere Seite ihres Könnens zeigt Steffi von Wolff unter ihrem Pseudonym Rebecca Stephan im ebenso einfühlsamen wie bewegenden Roman »Zwei halbe Leben«.
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eBook-Neuausgabe April 2019
Dieses Buch erschien bereits 2012 unter dem Titel Ausgelacht im Rowohlt Verlag.
Copyright © der Originalausgabe 2012 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg
Copyright © der Neuausgabe 2019 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design, München, unter Verwendung von Bildmotiven von shutterstock/Elena Elisseeva, Africa Studio und Andrei Zveghintev
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ts)
ISBN 978-3-96148-345-7
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Steffi von Wolff
Das kleine Haus am Ende der Welt
Roman
dotbooks.
Für meine guten Freunde Karin und Udo Kintler und für meine Heimatstadt Bad Nauheim.
»Das kriegen wir schon wieder hin«, sagte der freundliche Mann in der Autowerkstatt und zwinkerte Britt zu. »Wir haben bis jetzt immer noch alles hingekriegt.«
»Wie schön.« Britt nickte. »Und wie lange wird das dauern?«
»Morgen Nachmittag können Sie den Wagen wieder abholen.«
»Und wann morgen Nachmittag? Ein Nachmittag ist lang.« Britt strich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und wühlte in ihrer Tasche herum, weil sie ihren Labello suchte.
»Halb fünf.« Der Mechaniker tippte an seine Schirmmütze.
»Das geht nicht.« Britt hatte den Labello gefunden und schraubte ihn auf. »Das Auto muss früher fertig sein.«
»Tut mir leid«, sagte der Mechaniker. »Aber das kriegen wir schwer hin.«
»Dann darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass ich Britt Wildenburg bin.« Britt legte den Labello zurück in die Tasche, nachdem sie sich damit die Lippen einbalsamiert hatte.
Nun sah der Mann ratlos aus. »Ja und? Ein schöner Name, aber was ...«
»Guter Mann, mein Vater ist Gerhard Wildenburg. Klingelt es jetzt?«
»Nein.«
»Dann sind Sie entweder dement oder dumm. Oder beides«, schlussfolgerte Britt. »Also, entweder ist mein Auto morgen um drei fertig, oder ich werde meinem Vater sagen, dass er seinen Fuhrpark in Zukunft woanders warten lassen soll.«
»Aber ...«
»Kein Aber. Und jetzt rufen Sie mir ein Taxi.«
»Da vorn ist eine Bushaltestelle.«
Britt drehte sich zu dem Mann um. »Ich fahre nie Bus.«
***
»Was für eine arrogante Zicke«, sagte Ingo zu sich selbst und stiefelte in die Werkstatt zurück. »Der gehört mal so richtig der Arsch versohlt.«
»Wem denn?«
Ingo schaute auf. »Na, dem Früchtchen da, die hat gerade ihren Wagen zur Inspektion gebracht.«
»Ach die.« Der Meister grinste. »Die kleine Wildenburg. Ist mit den Jahren immer schlimmer geworden mit ihr. Ich sag's ja immer, Geld verdirbt den Charakter. Aber ihr Vater, der ist nett.«
»Mag schon sein«, sagte Ingo. »Trotzdem hat sie mir gedroht.«
»Dann gehört ihr erst recht der Arsch versohlt. Aber vielleicht übernimmt das ja jemand anderes für uns.«
»Dein Wort in Gottes Ohr.«
***
»Einen Latte macchiato und den Salat Nizza.« Britt lehnte sich zurück und schaute aus dem Fenster. Ihre beste Freundin Nana müsste bald da sein. Sie trafen sich fast jeden Tag, und das seit der Kindergartenzeit. Nana wohnte mit ihrer Mutter gegenüber in einer fast so schönen Villa wie Britt. Davon mal abgesehen gab es in Bogenhausen so gut wie keine hässlichen Häuser. Und alle waren schön groß.
Und Größe war Britt gewöhnt. In jeder Hinsicht.
Britt war vor kurzem zwanzig geworden, die Schule war fertig, und nun wartete sie auf einen Studienplatz, das aber auch nur, weil ihre Eltern der Meinung waren, sie solle etwas Anständiges lernen.
»Falls du glaubst, dass das Leben nur aus Party besteht, hast du dich getäuscht, mein Schatz«, hatte Britts Vater zu ihr gesagt, und ihre Mutter hatte genickt.
Ihre Eltern hatten Geld, keine Frage, aber sie lagen beide nicht auf der faulen Haut, wie Britt es gern zu tun pflegte. Britts Eltern hatten eine Firma für Werbeartikel, die hervorragend lief Geld war mehr als genug da.
Und Britt – nun ja, Britt hatte noch nichts Richtiges auf die Beine gestellt, außer ihr Abitur zu machen.
»Wenn du BWL studierst und dann eine Ausbildung bei mir machst, also so von der Pike auf, dann spricht nichts dagegen, dass du eines Tages dazu in der Lage sein wirst, die Firma zu übernehmen«, war Gerhard Wildenburgs Meinung. »Aber einfach so rumgammeln und nichts tun, das kommt mir nicht in die Tüte, da kannst du dir einen anderen suchen.«
»Papa!«, hatte Britt sich aufgeregt. »Immerhin habe ich das zweitbeste Abi der Schule gemacht.«
»Das ist ja auch prima.« Er hatte ihr auf die Schulter geklopft. »Aber nun muss es weitergehen.«
»Und wie?«
»Dir stehen alle Türen offen. Also mach was draus.«
Aus Trotz hatte Britt sich nicht für ein Betriebswirtschaftsstudium entschieden, sondern für das der Medizin, obwohl sie davon genauso wenig hielt wie von allen anderen Studiengängen der Welt. Ihr Leben gefiel ihr so, wie es war. Außerdem war sie der kruden Ansicht, dass es doch genügte, wenn andere arbeiteten.
Nana hatte es da besser. Sie wohnte mit ihrer Mutter, einer durchaus erfolgreichen Schmuckdesignerin, zusammen, und es gab keinen Mann, der ihnen reinredete, denn einen Vater gab es nicht. Nana war von ihrer Mutter alleine großgezogen worden. Manchmal beneidete Britt die Freundin, denn Nana konnte machen, was sie wollte, auch nach dem Abi. Deswegen würde Nana erst mal für ein paar Monate in die USA fliegen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Und sie, Britt, musste sich um ihre Zukunft kümmern, dabei wäre sie zu gern mit Nana geflogen. Denn den lieben Gott einen guten Mann sein lassen, das konnte sie mindestens genauso gut wie ihre Freundin, die gerade eben das Café betrat – wie immer etwas hektisch, das iPhone in der einen, eine teure Tasche in der anderen Hand.
»Nächste Woche geht's endlich los«, begrüßte sie Britt. »Ich hab schon tausend Leute mobilisiert, erinnerst du dich noch an diesen durchgeknallten Typen, den wir im P1 kennengelernt haben? Dieser Fotograf mit den langen schwarzen Haaren?«
»Natürlich erinnere ich mich«, sagte Britt. »Er hatte sie nicht mehr alle.«
»Deswegen war er mir ja so sympathisch. Und jetzt wohnt dieser Tim in New York und kennt die ganze Szene. Er meinte, er würde mir alle wichtigen Leute vorstellen, und jeden Abend gibt es Party!«
»Nana, dieser Tim hat uns erzählt, dass er Vogelspinnen und Kakerlaken sammelt und gerne Insekten isst.« Britt konnte es nicht fassen.
»Eben, eben.« Nanas Augen glänzten voller Vorfreude. »Das wird ein irres Erlebnis.«
Die Bedienung kam und brachte Britts Salat. Nana bestellte eine Tomatensuppe und beobachtete dann, wie Britt die Blätter klein schnitt.
»Und jetzt stell dir vor, da wären Maden drin«, sagte sie fröhlich.
Britt ließ die Gabel sinken. »Das will ich mir aber gar nicht vorstellen.«
»Doch, tu's einfach. Tim meinte, Maden schmecken gar nicht so schlecht. Außerdem – wenn man Hunger hat, isst man alles. Kannst du dich noch an diesen Film erinnern, in dem das Flugzeug mit einer, ich glaube, Footballmannschaft in den Anden abgestürzt ist? ›Überleben‹ hieß der glaub ich.« Sie senkte die Stimme mit einem wohligen Gruseln. »Die haben da ihre eigenen Kollegen aufgegessen.«
»Hör sofort auf, Nana. Außerdem war das ein Film.«
»Ja, klar. Aber nach wahren Begebenheiten.«
»Sag mal, hast du was getrunken?«
»Ich trinke nie Alkohol.« Nana schüttelte den Kopf. »Schade eigentlich, aber er schmeckt mir einfach nicht.«
»Dafür kannst du ja dann Kakerlaken essen«, schlussfolgerte Britt und zwang sich, nicht nachzuschauen, ob sich in ihrem Salat vielleicht irgendwo eine Nacktschnecke versteckt hielt.
»Tim meinte, in Thailand wäre das ganz normal, also Insekten essen. Da gibt es zum Beispiel Ameisensalat und Bambusmaden und Ähnliches – das ist da wie ein Snack, als würde man Salzstangen essen. Tim meinte auch, dass Heuschrecken und Grashüpfer gut schmecken. Denen zieht man da einfach die Flügel und die Beine ab, dann zerkaut man sie. Oder riesige Wanzen und Skorpione – man kann das ganze Ding aufessen. Aber am besten müssen diese aufgespießten Babyfrösche sein, die man komplett verspeisen kann. Ach, ich freue mich so. Da sind auch überall total viele Proteine drin. Und Proteine sind gesund. Wenn ich wiederkomme, bin ich bestimmt ein neuer Mensch.«
Zum ersten Mal war Britt froh, doch nicht nach New York zu müssen. Vielleicht war es einfach sicherer, hierzubleiben.
Ganz bestimmt war es das. Außerdem wusste sie nicht, warum Nana ein neuer Mensch sein wollte. Sie gefiel ihr so, wie sie war.
Aber Nana musste wissen, was sie tat.
Britt wusste auch, was sie tun musste. Sich um einen verdammten Studienplatz kümmern. Darauf hatte sie noch weniger Lust, als auf Maden oder Skorpione zu verspeisen.
***
»Ich habe aber keine Lust, nach Frankfurt zu gehen«, nörgelte Britt herum und knallte die Gabel auf den Teller. »Wenn, will ich hier studieren.«
»Es geht nicht immer darum, was du willst.« Gerhard Wildenburg hatte langsam die Nase voll, und man merkte ihm das an. Seine Tochter ging ihm zunehmend auf die Nerven. »Das ist eine neue Stadt, du bist mal weg von hier, das wird dir guttun.« Er und seine Frau Nora hatten Britt gerade klargemacht, dass ihr sorgenfreies Leben in München demnächst unterbrochen werden würde. Sie hielten es für besser, wenn Britt mal aus ihrer Umgebung rauskam und lernte, auf eigenen Füßen zu stehen.
»Vielleicht ist es zu lange nur darum gegangen«, fügte ihre Mutter hinzu, die auch keine Lust auf diese sinnfreien Diskussionen hatte. »Frankfurt ist mal was anderes und ...«
»Danke, Mama, ich weiß auch, dass Frankfurt was anderes als München ist«, unterbrach Britt sie und merkte, dass sie vor Aufregung schon wieder Locken bekam. Das war immer so, regte sie sich auf, fingen die blonden Haare an, sich zu kräuseln.
»Schluss mit der Diskussion. Davon abgesehen war es doch deine Entscheidung. Ich habe dir gleich gesagt, du sollst bei mir ...«
»Ja, ja, ja.« Britt stocherte in ihrem Gemüse herum. »Ich weiß, ich weiß, du hast gesagt, du hast gesagt. Du gehst mir auf den Keks mit deiner Besserwisserei.«
»Jetzt reicht es mir aber.« Gerhard stand auf. »Du willst studieren, und jetzt ziehst du das durch. Und zwar in Frankfurt. Das ist mein letztes Wort.«
»Und wenn nicht?«
»Dann kannst du sehen, wo du bleibst. Hier jedenfalls nicht.«
Fassungslos starrte Britt ihren Vater an.
»Aber Papi ...«
Papi war schon aufgestanden und hatte den Raum verlassen.
»Übrigens ist ein Brief für dich gekommen.« Nora schob ihr den Umschlag hin.
»Ein Brief? Wer schreibt denn heute noch Briefe?«
»Tante Dora aus Bad Nauheim natürlich. Sie schreibt doch immer Briefe.«
»Ach.« Britt riss das Papier auf und starrte auf die Sütterlinschrift, mit der ihre Groß- und Patentante den Brief geschrieben hatte. Zum Glück konnte sie das lesen, weil Dora immer so schrieb. »Ich liebe diese Schrift, und du solltest sie auch lernen«, hatte Dora immer gesagt, die gern an Traditionen festhielt. Also hatte sie Britt Sütterlin beigebracht. Britt hatte zwar nicht gewusst, was sie damit anfangen sollte, aber sie hatte sie gelernt.
»Oh nein«, sagte Britt zwei Minuten später.
»Was ist?«, fragte Nora neugierig.
»Tante Dora hat bei einem Preisausschreiben gewonnen.«
»Ach, das freut mich aber! Was ist es denn?«
»Eine Weltreise. Drei Monate.«
»Was?«
»Ja. Wie grauenhaft.«
»Was ist denn daran grauenhaft. Freu dich doch für sie.«
»Hier!« Britt reichte Nora den Brief und stieß dabei ein Wasserglas um. »Lies am besten selbst.«
Was Nora dann auch tat.
»Tja.« Nachdem sie fertig gelesen hatte, zuckte sie mit den Schultern. »Da musst du wohl durch.«
»Nur über meine Leiche.«
»Das kannst du nicht machen, Britt. Tante Dora ist die beste Patentante, die man sich nur wünschen kann. Sie ist verlässlicher als deine Oma, die alles vergisst. Sie hat weder einen einzigen Geburtstag vergessen noch Weihnachten, Ostern und was weiß ich. Sogar an deinen Namenstag hat sie gedacht und dir Geschenke gemacht. Bei jeder guten Note hast du etwas von ihr bekommen. Und als du klein warst, weißt du noch, wie gern du zu ihr in die Wetterau gefahren bist? Oma hat immer vergessen, dich einzuladen, aber Tante Dora nie.« Tante Dora war die Schwester von Britts Oma, also der Mutter von Britts Mutter. So halt irgendwie. Britt kam damit immer ein wenig durcheinander.
»Mama, da war ich drei oder vier.«
»Du bist auch noch gern hingefahren, als du zehn oder zwölf warst.«
»Das ist trotzdem Ewigkeiten her. Und ich war seitdem nicht mehr da.«
»Sie scheint aber sonst niemanden zu haben.« Nora stellte die Teller zusammen. »Ich finde, das ist das Mindeste, was du jetzt für sie tun kannst.«
»Aber das Studium ...«
»... fängt erst im Oktober an. Das sind noch fast vier Monate. Abgesehen davon kannst du ja dann auch ein paar Mal nach Frankfurt fahren und dich schon mal ein bisschen umsehen. Nach einer Wohnung zum Beispiel. Das sind gerade mal vierzig Kilometer.«
»Bad Nauheim.« Britt sprach die beiden Worte so aus, als handele es sich um eine ansteckende Krankheit. »Das ist tiefste Provinz.«
»Es ist eine Kleinstadt«, wurde sie von ihrer Mutter korrigiert.
»Da gibt es gar nichts«, sagte Britt.
»Da gibt es sehr viel.«
»Wahrscheinlich noch Tante-Emma-Läden.«
»Als ich Dora im letzten Jahr besucht habe, gab es da sogar Supermärkte und Tankstellen, stell dir vor. Auch Ärzte haben sich dort niedergelassen.«
»Bad Nauheim ist ja auch eine Kurstadt. Natürlich gibt's da Ärzte. Und ganz viele Kurgäste, die sich abends volllaufen lassen und in so Tanzcafés herumhängen und sich Kurschatten suchen. Ekelhaft.«
»Da musst du ja nicht hingehen.«
»Wo soll man denn da sonst hingehen?« Britt war sauer. »Davon mal ganz abgesehen hatte ich zu Tieren noch nie ein gutes Verhältnis, und Angst vor Hunden habe ich auch.«
»Es ist ein Hund, er ist halb blind und wird dir ganz bestimmt nichts tun.«
»Kann nicht eine Nachbarin auf den halb blinden Hund aufpassen und die Blumen gießen?«
»Herrje, Britt, du hast doch Zeit. Warum sagst du nicht einfach ja?«
»Bad Nauheim ...«
»Also?«
»Von mir aus.« Britt stand auf und verließ türenknallend den Raum.
»Ich kann mir ja schon mal T-Shirts mit Strassbesatz kaufen«, rief sie ihrer Mutter noch zu.
Die schüttelte nur den Kopf.
»Kannst du nicht einen entzündeten Blinddarm vortäuschen?«, fragte Nana entsetzt, nachdem Britt ihr am Telefon von Tante Doras Bitte erzählt hatte.
»Meine Mutter hat sie schon angerufen und ihr gesagt, dass ich total gern komme«, sagte Britt, die immer noch sauer war. »Jetzt kann ich drei Monate in diesem Kurbad wohnen, wo sie sich wahrscheinlich noch in grunzenden Lauten verständigen. Ich kotze gleich.«
»Na ja, so schlimm wird es jetzt auch nicht sein.« Nana kicherte. »Falls du einen Lendenschurz tragen solltest, mach bitte Fotos und schick sie mir. Ich schick dir auch welche vom Shopping in der Park Avenue. Wann fährst du?«
»Übermorgen.«
»Schon! Tante Dora schien sich ja sehr sicher zu sein, dass du zusagst. Dann treffen wir uns morgen noch mal. Es könnte ja das letzte Mal sein«, kicherte Nana.
Nach ungefähr acht Stunden im Stau auf der Autobahn passierte Britt endlich das Ortsschild, auf dem Bad Nauheim – Kurstadt mit Herz stand.
»Na prima«, nuschelte Britt vor sich hin, während sie am Friedhof vorbei Richtung Innenstadt fuhr. Tante Dora wohnte in einer kleinen Straße direkt am Kurpark und hatte Britt schon am Telefon davon vorgeschwärmt, wie süß die Enten und Schwäne am Großen Teich um Futter bettelten.
»Es gibt im Teich auch große Karpfen«, war es weitergegangen. »Die wollen natürlich auch Brotstückchen. Ach, du wirst dich wohl fühlen.«
Britt, die sich etwas Besseres vorstellen konnte, als Karpfen mit Brot zu füttern, hatte genickt, obwohl die Tante das ja gar nicht sehen konnte.
»Ich mache dann einen Kartoffelsalat«, brüllte Tante Dora, die schon immer so laut geredet hatte. »Mit Würstchen. Das hast du doch als Kind immer so gerne gegessen. Und du bist doch bestimmt hungrig von der langen Fahrt.«
Nachdem sie noch »Fahr aber bloß vorsichtig« und »Mach zwischendurch Pausen und vertrete dir die Beine, das ist wichtig« und »Telefoniere während der Fahrt nicht mit diesem kleinen Ding, das jetzt alle haben« gerufen hatte, konnte Britt endlich auflegen.
Während sie nun die Parkstraße hinauffuhr, musste sie feststellen, dass es in der Tat Geschäfte gab. Zwar nicht so eindrucksvolle wie in München, aber immerhin. Aber wer wusste schon, was da verkauft wurde. Möglicherweise waren hier gerade Schlaghosen aus den Siebzigern modern. Und im Kino, wenn es denn eins gab, lief E.T., der Außerirdische.
In der Auguste-Viktoria-Straße hielt Britt schließlich an, wuchtete ihre Koffer aus dem Auto und schloss es ab. Sie blieb noch einmal kurz stehen, atmete tief durch, hatte das Gefühl, Dung oder so was zu riechen und ging dann zu dem Haus ihrer Tante.
›Neunzig Tage‹, dachte sie. ›Neunzig Tage muss ich jetzt hier bleiben. Wieso tu ich mir das an?‹
Tante Dora brüllte natürlich sofort los, nachdem sie die Tür geöffnet hatte. Für ihre knapp achtzig Jahre sah sie tipptopp aus, die Haare waren zwar grau, aber sehr gepflegt, und sie trug ein hellblaues Kostüm, das gut zu ihren stahlblauen Augen passte. Tante Dora war fit wie ein Turnschuh und strotzte vor Energie.
»Ach Kind, ach Kind, ist das schön, ist das schön. Komm rein, zieh deine Jacke aus, setz dich hin, oder nein, erst zeig ich dir die Wohnung. Komm, komm, hast du Durst? Der Kartoffelsalat ist fertig, ich habe Speckwürfel reingemacht und Zwiebeln natürlich und Gurken, und ich habe schöne Bockwürstchen gekauft, und nachher gibt's einen Schokoladenpudding mit Vanillesoße, den hast du doch als Kind schon so gerne gegessen.«
»Ich bin doch kein Kind mehr, Tante Dora. Ich bin schon zwanzig.« Mit Mühe konnte Britt sich aus der Umarmung ihrer Tante lösen, die an ihr hing wie eine Klette und sie gar nicht wieder loslassen wollte.
»Schon zwanzig, was redest du denn da? Als ich zwanzig war, da hatte ich ständig Hunger, aber wirklich ununterbrochen.« Dora zog Britt durch den Flur und blieb dann stehen.
»Das ist die Diele«, sagte sie stolz.
Britt blieb ebenfalls stehen, und zwar fassungslos. »Du meinst, das war die Diele«, sagte sie nur.
»Hat Nora dir denn nicht gesagt, dass es hier im Haus ein wenig drunter und drüber geht?« Tante Dora hüpfte fröhlich auf und ab. »Die ganzen alten Leitungen kommen unter Putz, da muss ja alles aufgestemmt werden. Gestern haben die Arbeiter angefangen, es ist ein Höllenlärm. Valentino ist deswegen schon ganz außer sich und die anderen auch.«
Britt starrte auf die kahlen Wände. »Wer ist Valentino, und wer sind die anderen? Nachbarn?«, wollte sie dann wissen.
»Nein, nein. Valentino ist ein Opossum«, erklärte Tante Dora eifrig. »Ein reizender kleiner Zeitgenosse. Gehört zur Gattung der Beutelratten.«
»Was?«, kreischte Britt.
»Ja, da staunst du. Ich konnte es auch erst nicht glauben. Valentino sieht nämlich gar nicht aus wie eine Ratte, sondern eher ... na ja, wie ein Opossum halt. Valentino ist momentan mit Herta liiert, und Herta ist trächtig. Hübsch, oder?«
Britt wurde schwarz vor Augen. »Es hieß, dass ich auf einen Hund aufpassen und Blumen gießen soll. Von einem Opossum hat mir keiner was gesagt. Du auch nicht, Tante Dora.«
»Nein? Darin hab ich das wohl vergessen. Aber einen Hund gibt es natürlich unter anderem auch.«
Nun bekam Britt Atemprobleme. »Was genau bedeutet unter anderem?«
Dora sah sie an. »Unter anderem heißt unter anderem. Wie der Begriff es schon sagt. Es gibt unter anderem auch einen Hund. Und eine Blindschleiche. Sie heißt Gertrud. Süß, was? Was ist nun? Möchtest du etwas essen oder erst weiter die Wohnung besichtigen?«
Eine Stunde später wünschte Britt sich, dass sie keine Tante hätte. Wenn man es genau nahm, wünschte sie sich, dass es überhaupt keine Verwandten gäbe.
Das war alles nicht zu fassen.
Sie war in einem Horrorfilm gelandet.
»Mit Helfried musst du behutsam umgehen«, sagte Tante Dora, während sie Britt die dritte Portion Kartoffelsalat aufzwang. »Hier, nimm noch eine Bockwurst. Also, mit Helfried ist das so eine Sache. Er hat es in jungen Jahren sehr schwer gehabt.«
Britt, die sich mittlerweile Notizen machte, schaute auf. »Wer ist jetzt gleich noch mal Helfried?«
»Eine der Schlangen. Helfried war als Kind mal längere Zeit in einen Kühlschrank eingesperrt, seitdem leidet er unter Platzangst. Ihm ist auch ständig kalt.«
Britt notierte: Helfried, Schlange, Kühlschrank, traumatisches Erlebnis, friert leicht, und überflog das, was sie schon geschrieben hatte.
Elisabeth, ebenfalls Schlange, eine Ringelnatter, hat Angst vor Artgenossen, deswegen fernhalten von Bernhard und Luzifer. Mag kein direktes Sonnenlicht und hasst es, wenn man ihr Terrarium sauber macht, weil sie sich dann bedroht fühlt.
Mechthild und Larissa, Wasserschildkröten, darf man nicht mit Fritz, dem Jungwels, zusammen schwimmen lassen, weil es dann Mord und Totschlag gibt. Fritz wiederum braucht ein spezielles Antibiotikum, weil Mechthild ihm kürzlich aus heiterem Himmel ein Stück Kieme weggebissen hat.
Und so ging es auf zwei Seiten weiter. Es waren leider nicht nur kleine Tiere, es waren auch größere wie zum Beispiel Emil, das Zwergflusspferd, dabei. Emil wohnte im angrenzenden Garten und hatte dort einen eigenen Tümpel, den er nach Leibeskräften verteidigte. Noch nicht mal die Vogelspinnen trauten sich, es mit Emil aufzunehmen. Emil betrachtete sich als Gott. Und er ließ das auch total raushängen, davon konnte sich Britt selbst überzeugen.
Zwar sagte sie immer wieder »Ich dachte, es sei nur ein Hund«, gab es dann aber irgendwann auf. Es gab ja auch einen Hund. Den Namen hatte Britt sich noch nicht merken können, weil es ja auch Schlangen, Opossums, Welse, Schildkröten, ein kleines Nilpferd und möglicherweise noch weiß der Himmel alles gab.
Die blöden Schlangen würden sowieso nicht auf irgendwelche Namen hören, denn Schlangen waren ja bekanntlich taub.
»Es wird dir hier gut gefallen«, wurde Tante Dora nicht müde zu versichern. »Die Bad Nauheimer sind so nett. Und wenn du abends mal unter junge Leute willst, dann gehst du in den ›Schober‹.«
»Was ist das?«, fragte Britt.
»Das ist ein Szene-Treff«, sagte die Tante, die stolz darauf war, so ein Wort zu kennen. »Dort trifft sich die Jugend. Dort trinkt man Bier, Äppler und unterhält sich, das habe ich mir zumindest sagen lassen.«
»Was ist denn Äppler?«
Tante Dora sah nun so aus, als hätte Britt gefragt, was eine Tasche sei. »Na, Apfelwein«, kam es dann. »Das ist doch das hessische Nationalgetränk. Wo wir gerade dabei sind, erinnerst du dich noch an Handkäs' mit Musik und Grüner Soße?«
»Nein.«
»Nein? Dann mache ich Handkäs', wenn ich wieder da bin. Den kann ich mindestens genauso gut wie Kartoffelsalat.«
»Wann fährst du denn eigentlich los?«
»Morgen. Du bringst mich doch zum Flughafen?«
»Sicher bringe ich dich.«
»Und jetzt gibt es Kuchen. Ich habe extra einen Frankfurter Kranz für dich gemacht. Mit viel Buttercreme. Den hast du als Kind schon so gerne gegessen.«
›Eins ist gut‹, dachte Britt. ›Morgen ist sie weg, und ich muss mir nicht länger das fette Zeug reinziehen.‹ Nach vier Wochen bei Tante Dora würde sie wahrscheinlich aussehen wie eine adipöse Mittvierzigerin und sich somit gut in das Allgemeinbild der Kurstadt mit Herz einfügen. Aber den morgigen Tag würde sie schon noch überstehen.
Und dann würde endlich Ruhe einkehren.
Britt beschloss, diese drei Monate mit halbgeschlossenen Augen durchzustehen, jeden Tag wie ein Gefängnisinsasse abzustreichen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, beispielsweise darauf, in Frankfurt eine Wohnung zu suchen und die Innenstadt ein wenig unsicher zu machen. In diesen »Schober« würde sie auf gar keinen Fall gehen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit waren dort sowieso gegen 19 Uhr schon alle betrunken und würden herumkrakeelen.
Sie, Britt Wildenburg, würde den Mob meiden, wo es nur ging.
Außerdem hatte sie ja auch noch die ganzen Tiere am Hals.
Die Zeit würde schon rumgehen. Und niemand würde ihr Undankbarkeit oder etwas anderes vorwerfen können.
Abends ging sie zum ersten Mal alleine mit dem Hund raus.
»Du musst ihn ja kennenlernen«, war Tante Doras Meinung. »Ab morgen wirst du alleine zurechtkommen müssen.«
»So schwierig wird es schon nicht sein.« Britt nahm die Leine und stiefelte davon, beziehungsweise wurde mitgerissen.
»Otto ist sehr wild«, rief ihr die Tante überflüssigerweise hinterher. Wenigstens wusste sie jetzt den Namen.
Während Britt die Straße entlanggezerrt wurde, hoffte sie, dass ihr niemand begegnen würde, was aber leider nicht der Fall war.
»Hallo.« Vor ihr stand eine junge Frau in ihrem Alter und lächelte sie freundlich an.
»Hallo.« Otto sprang an der Frau hoch, und Britt musste aufpassen, nicht in zwei Teile gerissen zu werden.
»Du bist bestimmt die Britt, die bei der Dora wohnt.«
»Ich bin nicht die Britt, ich heiße Britt, und ich wohne nicht bei der Dora, sondern bei Dora«, korrigierte sie ihr Gegenüber.
»Das sagt man hier so. Ich bin die Moni. Willkommen in Bad Nauheim.«
»Danke, die Moni. Ich konnte es kaum erwarten herzukommen.«
»Wir waren alle schon ganz gespannt«, erzählte die Moni fröhlich. »Weil du ja aus München kommst.«
Britt lächelte die Moni hoheitsvoll an. »Das glaube ich, dass ihr das aufregend findet. Immerhin ist München eine richtige Stadt.«
»Bad Nauheim aber auch«, verteidigte die Moni ihre Heimat. »Also ich will hier gar nicht weg. Das heißt, ich will immer wieder hierher zurückkommen. Ich mag es hier. Natürlich will ich woanders studieren, aber letztendlich liebe ich Bad Nauheim.«
»So wie du aussiehst, bleibt dir auch nicht viel anderes übrig als wieder hierher zurückzukommen«, kommentierte Britt Monis Aussage.
»Wie bitte?«, fragte die.
»Hör mal, um ganz ehrlich zu sein: Ich habe überhaupt keine Lust, hier mit irgendjemandem zu reden oder Bekanntschaften zu schließen. Das ist mir alles eine Nummer zu klein und zu ... simpel gestrickt. Du weißt doch, was simpel ist?«
»Sag mal, spinnst du? Wie arrogant bist du denn?« Die Moni konnte es gar nicht fassen. »Falls es dich interessiert, meine Mutter hat extra einen Willkommenskuchen für dich gebacken, und wir wollten dich zum Kaffee einladen, wenn deine Tante weg ist.«
»Lass gut sein, die Moni«, sagte Britt schnippisch. »Esst euren Kuchen mal schön allein. Davon abgesehen mag ich Kaffeekränzchen nicht besonders. Die sind nämlich nur dazu da, dass man andere ausquetscht, uni später über sie zu lästern.«
Die Moni glotzte Britt fassungslos an. »Seid ihr in Bayern alle so?«
»Ich kann nur für München sprechen«, sagte Britt. »Und in München sind – zumindest in der Gegend, aus der ich komme – in der Tat alle so. Weltoffen, gebildet, charakterlich gefestigt und intelligent. Ein großer Unterschied zu Bad Nauheim, denke ich mal.«
»Ich habe Abitur«, sagte die Moni.
»Ja und«, sagte Britt. »Das heißt gar nichts. Ein Abitur in Bad Nauheim bedeutet wahrscheinlich genauso viel, als wenn in München jemand eine Friseurlehre abbricht.«
»Was willst du damit sagen?«
»Das, was ich gesagt habe.«
»Du bist eine voll arrogante Zicke.«
»Gern geschehen«, sagte Britt. »Leider kann ich nicht gleichfalls sagen, das wäre zu viel des Guten.«
Dann ging sie einfach weiter und ließ die Moni stehen.
»Na warte«, sagte die Moni leise zu sich selbst. »Na warte!«
»Hat Otto sein Geschäftchen gemacht?«, fragte Tante Dora besorgt. »Er hat so Probleme mit der Verdauung. Das ist bei Terriern oft so.«
»Ich weiß es nicht«, sagte Britt, die bis eben von Otto durch sämtliche Straßen und Parks gezerrt worden war. Irgendwann hatte sie ihn von der Leine gelassen, weil sie um ihren Arm fürchtete. Daraufhin war Otto in den Büschen verschwunden. Die Kraft, ihm hinterherzulaufen, um zu überprüfen, ob er sein dämliches Geschäft gemacht hatte, war ihr abhandengekommen. Außerdem konnte sie das Brimborium, das um Tiere gemacht wurde, nicht verstehen.
»Darauf musst du aber achten«, sagte Tante Dora im Oberlehrerinnenton. »Und vor allen Dingen musst du diese kleinen Beutelchen mitnehmen, die hast du eben vergessen, und die Geschäfte drin sammeln. Wir wollen ja nicht, dass irgendwelche Leute in das Groß der Hunde treten.«
»Nein, Tante Dora«, sagte Britt und freute sich darauf, heute Abend den ersten Strich im Kalender machen zu können.
»Es ist total ekelhaft, dass manche Leute es nicht einsehen, das wegzumachen«, echauffierte sich Tante Dora. »Wir ziehen doch auch, wenn wir auf Toilette waren. Hast du Hunger?«
»Nein danke. Ich bin noch satt von vorhin.«
»Papperlapapp, das bisschen. Du bist doch jung und noch im Wachstum, du brauchst Vitamine. Hier, nimm ein Stück kalten Braten. Möchtest du fernsehen? Ich muss nämlich noch packen. Ach, was bin ich aufgeregt. Und Britt, das Wichtigste muss ich dir noch sagen, schau mal, was ich hier habe.« Triumphierend hielt Tante Dora etwas in die Höhe.
»Weißt du, was das ist, weißt du es?«
»Du fuchtelst ja so herum«, sagte Britt.
»Ein Mobiltelefon«, rief Tante Dora voller Enthusiasmus. »Damit kann mir nichts mehr passieren.«
»Ist dir denn schon mal etwas passiert?«
»Das nicht«, sagte Tante Dora und drückte auf dem Handy herum. »Aber angenommen, ich befinde mich gerade in Afrika auf einer Safari in der Serengeti und habe den Anschluss an meine Gruppe verloren, irre orientierungslos umher und habe kein Wasser mehr, weiß nicht mehr, wo ich bin, und eventuell taucht dann auch noch ein Tiger auf, der schlechte Laune hat. Dann kann ich ruck, zuck mit dem Handy Hilfe rufen.«
»Erstens mal gibt es keine Tiger in Afrika, die leben in Indien«, sagte Britt. »Und zweitens, wenn du gar nicht weißt, wo du bist, wohin sollst du dann die Hilfe bestellen? Davon abgesehen weiß ich nicht, ob du mit dem Handy überhaupt Empfang hast in der Serengeti«, sagte Britt. »Ich denke nicht, dass da Funkmasten und so sind. Ich glaube, die verständigen sich da noch mit Walkie-Talkies. Ich würde wegen des Empfangs noch mal nachfragen.«
»Was ist Empfang?«, fragte Tante Dora.
Britt nahm sich nun doch ein Stück Schweinebraten. Sie brauchte Kraft.
»Das ist aber groß hier. Wo sind denn die Flugzeuge?«, fragte Tante Dora aufgeregt. »Und der Boden ist schön. Da klackern die Absätze so hübsch.«
»Hier sind noch keine Flugzeuge. Die stehen draußen«, sagte Britt genervt und versuchte, den Rollwagen einigermaßen gerade vor sich herzuschieben. »Außerdem wird es gleich noch Ärger geben. Du hast viel zu viel Gepäck dabei. Es sind nur zwanzig Kilo erlaubt, wie ich schon sagte.«
»Das ist anmaßend«, war Tante Doras Meinung. »Die können einem doch nicht vorschreiben, wie viel man mitnehmen darf. Schon gar nicht, wenn man gewonnen hat. Wo kämen wir denn da hin? Die Würde des Menschen ist unantastbar, das wird doch immer gesagt. Da können die mir doch jetzt nicht mit zwanzig Kilo für drei Monate kommen.«
»Auch im Ausland gibt es Waschmaschinen. Wenn jeder so viel mitnähme, wie er wollte, wäre irgendwann kein Platz mehr für die Passagiere im Flugzeug«, versuchte Britt zu erklären, während sie einen langen Gang entlangrollte. »Lass uns mal da auf dieses Förderband gehen. Dann müssen wir nicht laufen.«
»Das ist ja lustig«, sagte Tante Dora. »Das ist ja wie eine Rolltreppe ohne Treppe. Da hat wirklich jemand mitgedacht. Es gibt ja auch Leute mit Wasser in den Gelenken oder Gicht oder einer anderen Gehbehinderung. Die Wege hier scheinen aber auch wirklich sehr lang zu sein.«
»Der Frankfurter Flughafen ist ja auch der größte Deutschlands.«
»Warum?«
»Das weiß ich auch nicht«, sagte Britt. »Aber es ist so.«
»Wieso wollen denn die anderen Städte nicht, dass ihr Flughafen der größte ist?«, fragte Tante Dora unbeirrt weiter. »Ist es nicht so, dass jeder den größten haben will?«
»Das ist bei Männern vielleicht so«, sagte Britt. »Aber nicht bei Flughäfen.«
Wie sollte sie die zwei Stunden nur durchstehen, bis Tante Dora endlich in dieser Maschine saß?
»Warum gibt es eigentlich nur in Großstädten Flughäfen? Es wäre doch praktisch, wenn zum Beispiel Bad Nauheim auch einen hätte. Dann hätten wir nicht so weit fahren brauchen. Denken die auch mal an die Umwelt?«
***
Britt saß in ihrem Wagen und fuhr in Richtung Autobahn. Nach einer ewig langen Diskussion mit der netten Dame am Abfertigungsschalter hatte sich Tante Dora letztendlich dazu überreden lassen, Britt drei ihrer sieben Koffer wieder mitzugeben, selbstverständlich erst, nachdem sie alle Koffer geöffnet und die Kleidung umsortiert hatte.
»Ich brauche definitiv genügend Sonnencreme«, hatte Tante Dora herumlamentiert. »Im Ausland ist die bestimmt entweder zu teuer, oder es gibt gar keine, beispielsweise in der Südsee, weil da niemand Sonnencreme nimmt. Ich möchte in meinem Alter nicht noch Hautkrebs kriegen. Weißt du, wie schlimm Hautkrebs ist? Ein befreundeter Landwirt, der immer ohne Sonnenschutz aufs Feld raus ist, hatte Hautkrebs, mehr muss ich wohl nicht sagen. Er kann sich jetzt die Radieschen von unten anschauen.«
»Das tut mir leid«, hatte Britt gesagt und den anderen genervt Wartenden entschuldigend zugelächelt.
»Um ihn ist es nicht schade. Er war ein Idiot.« Tante Dora hatte ihre komplette Unterwäsche auf dem Flughafenboden verteilt. »Ich habe mir Strapse gekauft. Wie findest du sie?« Sie hielt die Strapse hoch, sodass alle sie sehen konnten.
»Tante Dora, bitte. Hier sind Leute.«
»Natürlich sind hier Leute. Das sehe ich auch. Was ist denn verwerflich daran, Strapse zu besitzen? Viele Leute haben welche. Warum also nicht ich?«
»In deinem Alter ...«