Das Mädchen mit rotem Hut - René Sommer - E-Book

Das Mädchen mit rotem Hut E-Book

René Sommer

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Beschreibung

Zeit vergeht. Und vergeht doch nicht. Sie fließt und kreist um kreiert spielerische Momente, spiegelt und visualisiert alltägliche Virtualität und reale Nützlichkeiten. Sie ist ein Faltwerk gleich einem Origami, das sich nach und nach entfaltet, um geschrieben zu werden. Mit dem Auftreten zahlreicher Figuren, die stets mit einem Hallo in Szene treten, verhält sich René Sommers Erzählweise im vorliegenden Prosaband wie ein literarisches Avatarenspiel, in dem sich die Figuren selber in virtuellen Zeitmontagen mit dem fiktionalen Esprit einbringen, dass sie zu ihrer eigenen Zeit kommen und gehen, willkürlich am Geschehen partizipieren und immer auch eigene Interessen an der Realisierung einer smarten Spur befreiter Realität haben. Ob sie die Sprache wörtlich nehmen, verwandeln oder so verstehen, wie es ihnen passt, scheint ihnen überlassen. Was die poetologischen Zufälligkeiten und Gelegenheiten schildern, entfaltet sich ganz beiläufig zu einem Lehrstück über Konstruktionszyklen banalen Handelns und eines fluktuierenden chatartigen Szenenspiels.

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Seitenzahl: 150

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Zuletzt erschienen (edition jeu-littéraire):

Das Popcorn und die Vögel. Kurzgeschichten. ISBN: 9783-7448-6475-6

Woanderswoher. Roman. ISBN: 978-3-7460-8082-6

Inhalt

Ein Moment bei den Bäumen

Musik hat Zukunft

Hoch

Die Antwort steckt im Zitronenkuchen

Ein Pik Ass kommt selten allein

Die Albino-Fledermaus

Gelb wie ein Turm aus Plastikbananen

Die Coladose klappt auf

Die unersetzliche Milch

Das erwartete Versprechen

Jeder verdient eine zweite Chance

Es ist unmöglich die Landung vorherzusagen

An Bord der Yacht sieht alles hell aus

Das Mädchen mit rotem Hut

Das Erntelied

Mit dem Pfeil dem Bogen

Das perfekte Versteck

Wie klingt Wasser

Das gibt es sonst nur im Kino

Leicht gefunden

Der pink Grashüpfer

Notenköpfe mit Knöpfen

Duett für 2 Katzen

Noch nie hörten so viele eine Gans

Das große Los

Ein Moment bei den Bäumen

Das Wasser glitzert. Warm und seidig ist die Luft. Johann Sebastian Huch schaut sich neugierig um. Eine knorrige Eiche knarrt, krallt sich in den bizarren Fels. Eine Frau tigert mit federnden Schritten über die Pflastersteine den See entlang.

- Hallo, ich bin Elina Malik.

Sie hat offene Haare und blassrote Lippen.

- Kannst du beim Gehen nur jeden zweiten Pflasterstein mit dem Fuß berühren?

Huch verlängert seine Schritte.

- Ich denke, das kann ich.

Elina guckt schelmisch hinter dem Haar hervor.

- Kannst du dich auch in einen Käfer verwandeln?

Er breitet die Arme aus.

- Das würde ich lieber auf später verschieben.

Ein Mann albert rum und macht einen Luftsprung.

- Hallo, ich bin Maximilian Handy.

Er trägt neue Jeans, Lederschuhe und einen Wollpullover.

- Hoffentlich störe ich nicht, aber ich kann jederzeit ein Käfer werden.

Elina federt in den Knien.

- Du bist sehr begabt.

Handy verlagert sein Gewicht von einem Fuß auf den andern.

- Ich liebe Verwandlungen. Das ist alles.

Er legt sich auf den Rücken, zappelt mit den Armen und Beinen.

- Jemand muss mich erlösen. Ich brauche eine Prinzessin.

Eine Frau tanzt versunken über den Uferweg.

- Hallo, ich bin Chiara Bille.

Sie trägt eine Strickjacke und ein mit Silberfäden durchwirktes T-Shirt.

- Kann ich etwas für dich tun?

Handy reibt sich mit beiden Händen übers Gesicht.

- Ja sicher, aber nur, wenn du eine Prinzessin bist.

Ein Hauch von Stolz lässt ihre Wangen erglimmen.

- Jeder sagt, dass ich eine Prinzessin bin.

Er atmet tief.

- Gut, das überzeugt mich.

Chiara geht zu einem sandigen Pfad.

- Dann steh auf und komm mit.

Sie wendet sich an Elina und Huch.

- Seid ihr auch dabei?

Elina hält den Kopf vorgestreckt.

- Es scheint, dass Maximilian nicht gehen kann.

Handy springt auf die Füße.

- Doch, doch, mit einer Prinzessin kann ich sehr gut gehen.

Sie klopft Huch auf die Schulter.

- Und ich kann mit dir wie auf Wolken gehen.

Huch lenkt seinen Blick auf den sandigen Pfad.

- Mich nimmt wunder, wo er hinführt.

Tiefe Furchen haben sich in den Weg eingegraben. Er steigt durch die Felsen in die Höhe, wird enger, steiler.

Zwischen 2 Felsen klemmt ein riesiges Schneckenhaus.

Chiara blinkert mit den Augen.

- Da musst du rein.

Handy reibt sich an der Nase.

- Darf ich dazu etwas sagen?

Er kniet vor den Eingang.

- Ich bin ein Käfer, keine Schnecke.

Elina gibt ihm einen Schubs.

- Kriech rein. Sei kein Spielverderber.

Handy reibt die Hände.

- Kommst du mit?

Sie lacht hellauf.

- Ja sicher, wir sind alle dabei.

Huchs Blick schweift in die Ferne ab.

- Ich komme etwas später, möchte zuerst die Felsen erkunden.

Elina dringt mit Handy ins Schneckenhaus.

- Ah, du interessierst dich für Felsen.

Chiara zwinkert Huch zu.

- Das hast du gut gemacht. Wenn sich 2 miteinander verkriechen, darf man sie nicht stören.

Sie deutet auf ein Schneckenhaus, das weiter oben auf einer Felsplatte liegt.

- Gehen wir da hinein?

Seine Hand ruht für einen kurzen Moment auf der Stirn.

- Ich habe den ganzen Tag noch nicht nachgedacht, ob ich in ein Schneckenhaus möchte.

Ein Mann trippelt tänzelnd um die Felsen.

- Hallo, ich bin Oskar Caban.

Er trägt Jeans, hat kurze Haare und große Augen.

- Es muss jetzt Schneckenhauszeit sein. Ich kann es kaum erwarten.

Chiara klopft ihm begütigend auf die Schulter.

- Du wirst bestimmt jemanden finden.

Caban hält ihre Hand.

- Schon geschehen! Ich habe dich gefunden.

Sie deutet auf Huch.

- Ich gehe mit ihm ins Schneckenhaus.

Caban moduliert die Stimme anders.

- Das kannst du nachher immer noch tun. Ich möchte nur ganz schnell mit dir rein.

Chiara sieht Huch in die Augen.

- Ich zeige Oskar das Schneckenhaus von innen. Es dauert nur kurze Zeit.

Er betrachtet die Landschaft.

- Ist gut. Ich sehe mich ein bisschen um.

Chiara und Caban verschwinden im Schneckenhaus.

- Bis bald!

Huch spaziert durch die Felsen, gerät in eine goldgelbe, karge Steinwüste.

Eine Frau stapft den Serpentinenweg hinauf.

- Hallo, ich bin Carlotta Berndorf.

Sie trägt ein hoch geschlossenes Paillettenkleid und hat einen Zauberwürfel in der Hand.

- Kannst du das Rätsel des Zauberwürfels lösen?

Carlotta dreht an den Steinen, aus welchen der Würfel besteht.

- Möglichst schnell sollten alle Oberflächen eine einheitliche Farbe haben.

Huch verschränkt die Arme.

- Womöglich kannst du das besser als ich.

Sie steckt die Sonnenbrille ins Haar.

- Wie kommst du darauf?

Seine Augen blitzen.

- Du hast den Würfel bereits in der Hand.

Ein Mann läuft über den Weg.

- Hallo, ich bin Emil Barker.

Er trägt ein Polohemd, hat eine kleine Brille auf der Nase.

- Ich löse das Rätsel bei jeder Gelegenheit. Darf ich es euch zeigen?

Carlotta wirft ihm den Würfel zu.

- Ich bin gespannt. Fang ihn!

Seine Hand verfehlt ihn knapp.

- Hoppla! Im Fangen bin ich nicht so geschickt.

Sie läuft dem Würfel nach.

- Hinterher! Wir dürfen ihn nicht aus den Augen verlieren.

Barker versucht, ihr zu folgen.

- Ich bin kein Sportler.

Huch öffnet leicht die Lippen, als würde er ganz tief durchatmen.

- Seid vorsichtig im abschüssigen Hang.

Eine Frau schreitet quer durch die Steinwüste.

- Hallo, ich bin Ronja Lichtenegger.

Sie hat dunkles Haar und freundliche Augen.

- Kannst du die Geräusche von Lastwagen imitieren?

Seine rechte Augenbraue geht hoch.

- Es gibt verschiedene Lastwagen. Da müsste ich genau hinhören und herausfinden, was sich mit der Stimme machen lässt.

Ein Mann tollt über die Steine.

- Hallo, ich bin Jakob Danka.

Er trägt ein eisweißes Hemd, eine fallschirmweiße Hose und eine gleißend weiße Brille.

- Ich kenne einen Elefanten, der die Geräusche imitieren kann.

Ronja sieht ihn unverwandt an.

- Wo ist er?

Danka dreht sich.

- Ich führe euch gern hin.

Er verschwindet im Wald.

Ronja eilt hinterher.

- He, warte auf uns!

Danka guckt hinter einem Stamm hervor.

- Es gibt Worte, die ich nicht mag. Warten, zum Beispiel, höre ich gar nicht gern.

Huch lässt den Blick schweifen.

- Mir gefällt es, im Wald innezuhalten. Da kann ich in aller Ruhe die Bäume anschauen.

Ronja wirft einen streunenden Blick nach vorn.

- Ja, das sind stattliche Bäume. Aber eigentlich würde ich jetzt gern erleben, wie der Elefant die Geräusche imitiert.

Sie hört in der Ferne einen Lastwagenmotor starten.

- Was hat denn der Lastwagen im Wald verloren?

Danka weitet die Arme.

- Sehen wir nach!

Auf einer Lichtung steht ein riesiger Elefant, streckt den Rüssel, ahmt das Anfahren eines Lastwagens nach.

Danka klatscht in die Hände.

- Ein wunderbarer Imitator, nicht wahr?

Der Elefant imitiert das Rückwärtsfahren mitsamt dem schrillen Piepton als Warngeräusch.

Ronja wendet sich an Huch.

- Ich möchte schreien vor Freude. Hast du eine Kamera?

Er lehnt gegen einen Baum.

- Denkst du an eine besondere Kamera?

Sie flattert mit den Armen.

- Nein, irgendeine, die den Ton gut einfängt.

Dankas Stimme kippt leicht über.

- Holen wir doch meine Kamera!

Er rennt los.

Ronja blickt Huch an.

- Kommst du mit?

Er legt sich ins Moos.

- Nein, ich betrachte lieber die Bäume.

Musik hat Zukunft

Durch einen wild verwachsenen Wald tappt Huch. Er muss sich ducken und verbiegen, um durchs Dickicht zu kommen. Knackend gibt das Gestrüpp unter den Füßen nach. Eine Mimose klappt ihre Blätter zusammen, dreht den Stiel von der Berührung weg.

Eine Frau springt über eine Wurzel.

- Hallo, ich bin Rosalie Rüb.

Sie trägt eine grüne Schleife im Haar und hat eine Walze mit 5 vorspringenden Ringen.

- Hast du Farbe?

Huch beugt sich leicht nach vorne.

- Denkst du an eine bestimmte Farbe?

Ein Mann nähert sich mit langsam schlurfendem Gang.

- Hallo, ich bin Julian Casa.

Er ist frisch gekämmt, trägt ein neues T-Shirt und eine gut sitzende Hose. Er hat einen Kübel mit ameisenschwarzer Farbe und einen breiten Pinsel.

- Möchtet ihr etwas von mir?

Rosalie hebt den Deckel vom Kübel.

- Die Farbe und der Pinsel gefallen mir.

Casa stellt den Kübel ab und drückt ihr den Pinsel in die Hand.

- Ja, dann wünsche ich dir viel Spaß beim Malen.

Er wendet sich mit leicht nach vorn geneigtem Oberkörper zum Gehen.

- Der Pinsel eignet sich hervorragend zum Streichen der Wände.

Sie reckt den Kopf in die Höhe.

- Ich will keine Wand anmalen. Ich brauche eine Scheibe.

Casa entfernt sich.

- Ich hole dir eine.

Sie ruft ihm nach.

- Warte, eine Scheibe ist rasch gefunden.

Das Echo ihres Rufs verhallt.

Eine Frau bewegt sich so schnell durch den Wald, als hätte sie wenig Zeit.

- Hallo, ich bin Nina Penny.

Sie trägt eine kaffeeschwarze Schürze und hat eine Scheibe unter dem Arm.

- Was hast du vor?

Rosalie deutet auf die Scheibe.

- Ich würde sie gern mit Farbe bestreichen.

Ninas Augenbraue zuckt.

- Das kann ich auch tun. Darf ich deinen Pinsel verwenden?

Rosalie zeigt auf Huch und lacht.

- Ich sehe dich an.

Sie wirft einen prüfenden Blick auf ihn.

- Sicher hast du große Lust am Malen.

Er legt die Hände ineinander.

- Ich sehe erst mal zu, wie es geht.

Sie gibt Nina den Pinsel.

- Reden wir nicht lang drum rum. Starten wir.

Nina streicht die Scheibe an.

- Diese Farbe riecht fein.

Rosalie fährt Huch über den Arm.

- Kannst du einen Bogen Papier besorgen?

Er verschränkt die Arme auf dem Rücken.

- Wie groß sollte er sein?

Ein Mann kommt mit stolz geducktem Gang.

- Hallo, ich bin Theo May.

Er trägt eine hermelinweiße Weste und hat einen gerollten Bogen in der Hand.

- Wie findest du das Format?

Rosalie geht zu einer Felsplatte.

- Es hat Format. Ich würde es gern ansehen.

May rollt den Bogen aus, beschwert die Ecken mit Steinen.

- Ja, es ist ein Format mit Format.

Rosalie gibt Huch die Walze mit den 5 vorspringenden Ringen.

- Möchtest du sie einfärben?

Er streicht über die Ringe.

- Wie meinst du das?

Nina nimmt ihm die Walze ab.

- Das ist ganz einfach. Du fährst mit der Walze über die bemalte Scheibe.

Sie führt es vor.

- Dann nehmen die Ringe die Farbe an.

May hebt fragend die Brauen.

- Darf ich zeigen, was weiter geschieht?

Er lässt sich die Walze aushändigen, rollt sie über das Papier.

- Die Ringe zeichnen Notenlinien.

Rosalie legt Huch die Hand auf die Schulter.

- Wir lassen die Farbe kurz an der Sonne trocknen. Und schon kannst du anfangen zu komponieren.

Er streicht mit dem Zeigefinger über die Oberlippe.

- Was würdet ihr an meiner Stelle komponieren?

Nina hebt die Hände auf Schulterhöhe.

- Ich höre lieber Musik, habe selber noch nie komponiert.

May zieht die Nasenlöcher leicht zusammen.

- Komponieren kann ganz schön anstrengend sein. Weißt du, warum?

Rosalie schiebt die Unterlippe vor.

- Weil man da jede Note einzeln malen muss.

Eine Frau streckt den Kopf aus dem Dickicht.

- Hallo, ich bin Franziska Moris.

Ihre Haare fallen über die Schultern. Sie hat ein grobgeschnitztes Holzkrokodil in der Hand.

- Wer kann hier einen Song komponieren?

Nina deutet auf Huch.

- Wir hätten gern einen Song von ihm.

Franziska legt das Krokodil auf die Scheibe.

- Schreibst du einen Krokodilsong?

May hebt das Krokodil schnell auf.

- Vorsicht! Die Farbe ist nass.

Er überreicht es Huch.

- Nimm es in die Hand. Es ist ungeheuer inspirierend.

Rosalie fragt mit nach hinten geneigtem Kopf: - Du meinst: transpirierend?

May atmet durch einen kleinen Spalt hörbar aus.

- Verlass dich auf mein Sprachgefühl. Transpirierend ist etwas ganz Anderes. Du transpirierst zum Beispiel vor dem Duschen.

Nina fasst sich an den Hals.

- Vor dem Duschen? Wieso denn?

Er tritt von einem Bein aufs andere.

- Weil du sonst gar nicht duschen musst.

Huch stellt das Krokodil aufs Notenblatt. Die Schuppen des Panzers drucken notenähnliche Zeichen.

- Oh, ich habe ein bisschen vor mich hingeträumt.

Er hebt es schnell wieder auf.

- Das Notenblatt ist ruiniert.

Franziska reißt die Hand hoch.

- Sag das nicht! Das ist ein Song.

Rosalie schaut vergnügt aus.

- Ich habe gar nicht gewusst, dass du so schnell komponieren kannst.

Huch legt die Hand über die Schläfe.

- Es war ein Versehen.

Nina wackelt mit ihrem Kopf.

- Ich hätte das nicht gekonnt, wäre auch nie auf die Idee gekommen.

May ist verwirrt.

- Die Frage ist nur: Wer kann diese Noten spielen?

Ein Mann tanzt aus dem Wald.

- Hallo, ich bin Tim Tamm.

Er hat kurze Haare, eine dunkle Sonnenbrille, die Kappe in den Nacken zurückgeschoben.

- Mit einem Ballon kann man wunderbar Musik machen.

Habt ihr das gewusst?

Franziska wippt mit dem Fuß.

- Das würde ich gern hören.

Tamm zieht einen Ballon aus der Tasche.

- Wer bläst ihn auf?

Rosalie nickt lächelnd.

- Gib mir den Ballon. Ich habe einen langen Schnauf.

Sie bläst den Ballon auf, drückt das Ventil mit 2 Fingern zu.

- Ich muss kurz niesen. Kannst du den Ballon halten?

Huch nimmt ihr den Ballon ab.

- Ich weiß nicht, ob ich das Ventil so gut zudrücken kann wie du.

Tatsächlich entweicht Luft mit einem dudelsackähnlichen Pfeifen. Bei der kleinsten Bewegung der Finger verändert sich die Tonhöhe.

Nina steht der Mund offen.

- Du spielst den Krokodilsong wunderbar.

Mays Ohren leuchten im Gegenlicht.

- Wir genießen es.

Franziska scheint die Sonne ins Gesicht.

- Wir brauchen mehr Publikum.

Tim schleicht geduckt durchs Unterholz.

- Ich trommle alle Leute zusammen, die ich kenne.

Rosalie folgt ihm.

- Aber du hast ja gar keine Trommel.

Nina läuft in den Wald.

- Ich hole meine Trommel, bin gleich zurück.

May trippelt mit winzigen, aber sicheren Schritten davon.

- Ich kenne eine Menge Leute, die deinen Krokodilsong mögen.

Franziska rennt davon.

- Spiel ruhig weiter. Ich lade meine Nachbarn ein. Sie haben noch nie einen Komponisten gesehen.

Huch blickt sich nach allen Seiten um, hört das Knacken, das leiser werdende Tappen der Schritte. Die Luft ist aus dem Ballon entwichen.

Eine Frau läuft aus dem Schatten der Bäume.

- Hallo, ich bin Zoe Ballard.

Sie trägt einen dunkelrot schimmernden Rock.

- Brauchst du mehr Publikum?

Huch schlägt die Augenlider nieder.

- Die Luft ist ausgegangen.

Zoe nimmt ihm den Ballon aus der Hand.

- Ich blase ihn gleich wieder auf.

Um seinen Mundwinkel zuckt links ein feines Lächeln.

- Das ist gut. Dann kannst du Musik machen.

Sie wispert in sein Ohr.

- Ich kann keine Noten lesen.

Hoch

Unter hohen Bäumen betrachtet Huch das Leben der Ameisen.

Eine Frau grüßt mit schalkhaften Augen.

- Hallo, ich bin Linda Piel.

Sie trägt einen Mantel und Lackschuhe.

- Ich fotografiere für eine Illustrierte, in welcher Träume gedeutet werden.

Huch spreizt den Ellbogen ab.

- Ich weiß nicht, was ich sagen soll.

Linda spielt mit ihrer Kamera.

- Erzähl mir einfach einen Traum.

Ein Mann geht, als würde er einen Rucksack voll Steine tragen.

- Hallo, ich bin Karl Block.

Er hat einen hohen Hemdkragen und steife Manschetten.

- Ich habe etwas Seltsames geträumt.

Linda blickt nachdenklich.

- Was denn?

Block dreht sich einmal um die eigene Achse.

- Ich bin auf eine Insel geraten, die in den Wolken schwebt.

Neben den hohen Bäumen landet ein fliegender Wal, öffnet das Maul.

Eine Frau steigt aus.

- Hallo, ich bin Amalia Zabel.

Sie trägt ein Kleid aus Ballonseide.

- Wollt ihr fliegen oder bleibt ihr lieber mit beiden Füßen auf dem Boden?

Linda schiebt die Hand über die Brust.

- Ich würde gern zu einer Insel fliegen, die in den Wolken schwebt.

Amalia faltet die Hände über dem Bauch.

- Steig ein. Dort fliegen wir hin.

Sie blickt in die Runde.

- Gibt es weitere Wünsche?

Block hält den Kopf schräg.

- Ich möchte natürlich auch diese Insel besuchen. Ich habe nämlich davon geträumt.

Amalia schlägt die Augen auf.

- Ich gratuliere uns. Dann haben wir ja ein gemeinsames Ziel.

Sie sagt mit einem charmanten Augenzwinkern zu Huch.

- Wenn ich „wir“ sage, meine ich „wir“.

Huch lässt die Arme locker baumeln.

- Ich bleibe lieber auf dem Boden.

Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht.

- Wir alle bleiben lieber auf dem Boden. Aber manchmal erlauben wir uns eine Ausnahme. Es ist nur ein kurzer Flug.

Und es macht mir viel mehr Spaß, wenn du dabei bist.

Linda und Karl nehmen Huch in die Mitte.

- Uns macht es auch mehr Spaß.

Huch schiebt die Unterlippe vor.

- Wieso denn?

Amalia tippt ihm auf die Schulter.

- 3 Menschen können zusammen eine hübsche Gruppe bilden. Aber zu viert unterwegs sein, das ist doch etwas ganz Anderes.

Huch steigt mit ihnen in den Walbauch.

- Bist du sicher?

Amalia führt ihn vor einen bankartigen dunkelrot-lila Samtsessel.

- Es besteht keinerlei Zweifel.

Er setzt sich.

- Zu Fuß komme ich wohl kaum auf die Insel.

Sie nimmt neben ihm Platz, schmiegt sich an ihn.

- Nein. Es ist besser, im Wal hinzufliegen als immer nur von der Insel zu träumen.

Huch lehnt entspannt in den Sessel.

- Das war Karl. Er hat von der Insel geträumt.

Block sitzt neben Linda.

- Nun ja, den Schlaf braucht es für eine gute Gesundheit.

Und da träumt man eben.

Der Wal schließt das Maul, hebt ab, steigt durch die Wolken auf. Gegen den Dunst zeichnet sich der Umriss einer kleinen Insel ab. Darüber breitet sich der tiefblaue Himmel.