Das Rätsel einer Sommernacht - Patricia Vandenberg - E-Book

Das Rätsel einer Sommernacht E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Man konnte wahrhaftig nicht sagen, daß Fee Norden vergnügungssüchtig wäre, aber als sie die Einladung zum Sommernachtsball bei Konsul Jelling las, kam doch ein sehnsüchtiger kleiner Seufzer über ihre Lippen. »Was stöhnste denn, Mami?« fragte Felix. »Das heißt, warum stöhnst du«, wurde er von seinem älteren Bruder Danny berichtigt, »und außerdem hat Mami nicht gestöhnt, sondern bloß geseufzt. Das ist auch ein Unterschied.« »Sei nicht so pingelig«, meinte Felix, der sich jetzt mehr und mehr gegen den zwei Jahre Älteren zu behaupten versuchte, was ihm aber nicht leicht gemacht wurde, da Danny nun ja schon das Gymnasium besuchte. »Was steht denn in dem Brief, Mami?« erkundigte sich nun Anneka, die sich immer sehr diplomatisch verhielt, wenn die Brüder unterschiedlicher Ansicht waren, denn sie wollte nicht für einen Partei ergreifen. »Es ist eine Einladung zum Sommernachtsball bei Konsul Jelling«, erwiderte Fee. »Und du möchtest wohl gern hingehen?« fragte Anneka. »Eigentlich schon, aber Papi hat bestimmt keine Zeit oder auch keine Lust.« »Dann reden wir ihm mal ordentlich zu«, meinte Felix. »Ist doch bloß ein Stück weiter, und wir machen doch Lenni keine Scherereien.« »Und wir können auch mit auf die Zwillinge aufpassen«, sagte Anneka.

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Dr. Norden Bestseller – 302 –

Das Rätsel einer Sommernacht

Patricia Vandenberg

Man konnte wahrhaftig nicht sagen, daß Fee Norden vergnügungssüchtig wäre, aber als sie die Einladung zum Sommernachtsball bei Konsul Jelling las, kam doch ein sehnsüchtiger kleiner Seufzer über ihre Lippen.

»Was stöhnste denn, Mami?« fragte Felix.

»Das heißt, warum stöhnst du«, wurde er von seinem älteren Bruder Danny berichtigt, »und außerdem hat Mami nicht gestöhnt, sondern bloß geseufzt. Das ist auch ein Unterschied.«

»Sei nicht so pingelig«, meinte Felix, der sich jetzt mehr und mehr gegen den zwei Jahre Älteren zu behaupten versuchte, was ihm aber nicht leicht gemacht wurde, da Danny nun ja schon das Gymnasium besuchte.

»Was steht denn in dem Brief, Mami?« erkundigte sich nun Anneka, die sich immer sehr diplomatisch verhielt, wenn die Brüder unterschiedlicher Ansicht waren, denn sie wollte nicht für einen Partei ergreifen.

»Es ist eine Einladung zum Sommernachtsball bei Konsul Jelling«, erwiderte Fee.

»Und du möchtest wohl gern hingehen?« fragte Anneka.

»Eigentlich schon, aber Papi hat bestimmt keine Zeit oder auch keine Lust.«

»Dann reden wir ihm mal ordentlich zu«, meinte Felix. »Ist doch bloß ein Stück weiter, und wir machen doch Lenni keine Scherereien.«

»Und wir können auch mit auf die Zwillinge aufpassen«, sagte Anneka. »Dann kannst du endlich mal wieder dein tolles Kleid anziehen.«

»Wenn ich überhaupt noch hineinpasse«, sagte Fee.

»Und wenn ihr nicht kommt, sind sie bestimmt beleidigt«, meinte Anneka, »das sagen wir dem Papi auch.«

Doch zu Fees Überraschung bedurfte es gar keiner großen Überredungskunst, ihren Mann zum Mitgehen zu bewegen, und das machte sie direkt ein bißchen mißtrauisch, denn sie wußte ja, daß Lavinia Jelling sehr häufig in der Praxis erschien, und sie war eine sehr attraktive Frau.

»Guck nicht so schräg«, meinte Daniel mit einem hintergründigen Lächeln, »Madame Jelling hat mich gebeten, bei dieser Gelegenheit mal ganz nebenbei ihre Tochter und deren beinahe Verlobten unter die Lupe zu nehmen. Da sich dazu sonst wohl keine Gelegenheit bieten würde. Und da ich ja weiß, wie gern du mal wieder tanzen willst, bin ich natürlich dabei. Allein werde ich dich doch nicht gehen lassen, da bestimmt eine ganze Anzahl Prominenz anwesend sein wird und natürlich auch Männer, die gern mit einer schönen Frau flirten.«

»Kaum mit einer fünffachen Mutter«, erwiderte sie lachend.

»Das sieht man dir ja nicht an.«

»Aber ich würde es niemals leugnen. Sag lieber, was mit Jellings Tochter ist.«

»Sie scheint ein sehr exzentrisches Mädchen zu sein. Jedenfalls ist ihr Auserwählter Schauspieler, und wie Lavinia sagt, nicht mal mittelmäßig.«

»Mütter sind manchmal zu voreingenommen«, meinte Fee. »Und bei ihrer gesellschaftlichen Stellung hat sie vielleicht schon andere Pläne gemacht.«

»Wie alt ist sie überhaupt?« fragte Fee.

»Achtzehn. Sie war in England im Internat.«

»Und kommt gleich mit einem Schauspieler daher? Ein bißchen übertrieben ist das schon.«

»Sie hat ihn auf dem Flug kennengelernt, sagt Lavinia. Und sie hat erklärt, daß sie ihr Elternhaus verlassen und ihr großmütterliches Erbe verlangen würde, wenn man etwas gegen die Heirat einwenden würde.«

»Blind verliebt und taub dazu, so ist man mit siebzehn«, sagte Fee.

»Aber mit achtzehn ist man volljährig und braucht nicht mehr die Einwilligung der Eltern zu einer Heirat«, sagte Daniel ernst.

»Ich kann mir allerdings vorstellen, daß es Lavinia sehr unbehaglich zumute ist«, gab Fee zu.

»Und erst ihrem Mann. Sein Sohn aus erster Ehe geht auch eigene Wege.«

»Aber Patrick ist doch ein sehr ernst zu nehmender junger Mann«, sagte Fee.

»Aber mit seiner Friedensphilosophie bringt er seinen Vater in ganz schöne Schwierigkeiten.«

»Ich verstehe das nicht, schlimm wäre es doch, er wäre Terrorist«, sagte Fee, »so was passiert auch in den besten Familien. Oder er wäre ein Playboy, der in den neuerlichen Drogenskandal hineingezogen würde, wie auch einige mit klingenden Namen.«

»Jelling ist Diplomat, und für ihn lautet die Devise: Keine Skandale, kein Aufsehen, immer volle Diskretion.«

»Nun bin ich aber doppelt gespannt auf den Ball«, sagte Fee.

»Und Lavinia läßt herzlich darum bitten, daß du nichts Falsches denken sollst, wenn sie mir etwas mehr Aufmerksamkeit widmet, als üblich ist, aber sonst, meint sie, würde sie mich nicht nahe an Pamela heranbringen.«

Na, wenn das nicht nur eine Ausrede ist, dachte Fee, aber ich werde schon aufpassen, und vielleicht flirte ich ja auch mal?

*

Es war allerdings ein Mann anwesend, der schon einmal sehr gern mit ihr geflirtet hätte, der ein sehr interessanter Typ war und Fee sogar gefiel.

Der Filmregisseur Fernando Leone kam sofort auf Fee und Daniel zu, gab seiner großen Freude Ausdruck, sie hier zu treffen, küßte Fee beide Hände und erntete von Daniel dafür einen verweisenden Blick. Aber schon nahte Lavinia Jelling, und sie konnte man wahrhaftig nicht übersehen. Sie war ein Vollblutweib, rassig, temperamentvoll und unwiderstehlich, was auch Fee zugeben mußte, die von ihr umarmt wurde und hörte, wie bezaubernd sie wieder aussähe und welch ein beneidenswerter Mann Dr. Norden sei. Dabei warf sie Fernando Leone einen warnenden Blick zu, nahm aber Daniels Arm und schob ihn etwas weiter.

»Ich gebe es zu, daß Dr. Norden ein beneidenswerter Mann ist«, sagte Fernando, »aber die charmante Gastgeberin scheint auch eine ganz besondere Sympathie für ihn zu haben.«

»Was mich aber nicht hindert, an der Treue meines Mannes nicht den kleinsten Zweifel zu hegen«, sagte Fee.

»Er wäre töricht, wenn er ein Juwel aufs Spiel setzen würde«, sagte Fernando.

»Seien Sie unbesorgt, lieber Leone, er ist ein viel zu liebevoller Vater«, sagte sie lächelnd. »Wie geht es Ihnen? Wir haben uns lange nicht gesehen.«

»Bedauerlicherweise«, sagte er, »aber man sieht Sie ja so selten. Doch der Konsul naht und wird mir wohl nicht die Freude vergönnen, noch länger allein mit Ihnen zu plaudern. Aber es wird sich doch wohl Gelegenheit zu einem Tanz bieten?«

»Ich denke schon«, erwiderte sie, und schon war Percy Jelling da und begrüßte sie mit ehrlicher Freude. Aber Fernando Leone starrte plötzlich zum Ausgang, und er fuhr sich über die Augen, als leide er an Halluzinationen oder sähe einen Geist.

Aber es war ein schlankes, zierliches junges Mädchen in einem schlichten, fast sportlichen türkisfarbenen Seidenkleid. Das kastanienbraune Haar fiel glatt bis auf die Schultern, und es schien, als würde sie sich nur auf einen ganz bestimmten Punkt, auf eine Person konzentrieren, aber ganz gewiß nicht auf ihn, den berühmten Filmregisseur Leone.

Er sah, wie sie auf Lavinia zuging, die mit Dr. Norden gerade zu Pamela gestoßen war, die sehr forsch ihren Begleiter als Robin Parker vorgestellt hatte.

Er war genau der Typ, den Daniel Norden überhaupt nicht mochte, zu hübsch für einen Mann, blasiert und derart arrogant, als wäre er der King. Daniel konnte verstehen, daß Lavinia um ihre Tochter besorgt war.

Pamela war ein apartes Mädchen, aber sie wirkte durch einen frivolen Ausdruck nicht so anziehend wie ihre Mutter, obgleich sie ihr sonst sehr ähnlich sah.

Lavinia bewahrte noch Ruhe. Sie wirkte sehr beherrscht, stellte Dr. Norden vor und sagte gerade: »Da kommt ja auch Dad mit Frau Dr. Norden.«

»Wir wollen mit dir sprechen, Mami«, sagte Pamela, »wäre das nicht möglich?«

»Ausgerechnet heute abend, wir haben Gäste, Pam«, erwiderte Lavinia, aber da stand plötzlich die fremde junge Dame vor ihnen.

»Da ist ja der liebe Piet«, sagte sie heiser und sehr hastig.

Dr. Norden hatte den Eindruck, daß sie eher ängstlich wirkte in diesem Augenblick, aber er sah auch, daß Robin Parker blaß geworden war.

»Oder nennt man sich zur Abwechslung mal wieder Robin?«

In der Atempause, die folgte, fragte Pamela schrill: »Was erlauben Sie sich, wer sind Sie?«

»Das weiß Mr. Parker sehr genau«, erklärte die Fremde nun schon bedeutend ruhiger. »Möchtest du mich vorstellen, Piet?«

»Wie komme ich dazu, ich kenne Sie nicht«, sagte der stotternd. »Aber können wir uns nicht draußen unterhalten?«

»Das wollte ich auch vorschlagen«, sagte das junge Mädchen. Dann maß sie Pamela mit einem langen Blick. »Hoffentlich kann ich Sie noch vor einer entsetzlichen Dummheit bewahren.«

»Glaub ihr nicht, Pam, ich werde alles in Ordnung bringen, das ist eine Verrückte.«

»Ich werde die Polizei rufen!« zischte Pamela.

»Bitte nicht«, widersprach er, »bitte, kein Aufheben, das würde mir dein Vater nie verzeihen.«

Pamela warf den Kopf zurück. »Und was habe vielleicht ich zu verzeihen?« stieß sie hervor. »Wie heißen Sie überhaupt?« fauchte sie das Mädchen an.

Da sah Dr. Norden in zwei hellwache graublaue Augen, die ihn jetzt mit einem flüchtigen Blick streiften.

»Viola Donatus ist mein Name«, kam die Antwort, und dann nahm sie aus der Tasche einen Ausweis, den sie kurz herzeigte. Dr. Norden hatte ihn mit scharfem Blick erkannt. Er sagte jetzt aber nichts.

»Ich darf mich vorerst verabschieden«, sagte Robin Parker unsicher. »Es muß ein Irrtum vorliegen.«

Pamela war wie versteinert. Sie schaute so töricht drein, daß Lavinia sie am Arm packte und schüttelte.

»Daß nichts mit dem Burschen los ist, dachte ich mir gleich, aber daß du so dumm bist, und auf einen Kriminellen hereinfällst, schlägt dem Faß den Boden aus.«

»Erreg dich nicht, Lavinia«, ertönte da die Stimme des Konsuls, »wir können das später erörtern. Die Gäste wollen sich unterhalten, und wir wollen doch nicht auf dem Büfett sitzenbleiben.«

Er schien souverän, aber Fee hatte gespürt, wie er vor innerer Erregung zitterte.

Während er nun auf seine Frau und seine Tochter einsprach, sagte Fee zu ihrem Mann: »So habe ich mir dieses Fest doch nicht vorgestellt, aber ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht.«

»Sie hat einen Ausweis von CIA gezeigt«, sagte Daniel nachdenklich. »Ich möchte wissen, was hier gespielt wird. Ich muß mit Lavinia sprechen, du wirst das doch nicht falsch verstehen.«

»Nein, ich bin nur sehr verwirrt, ich sah gerade noch, wie Fernando ihnen nachging. Ist das nicht seltsam? Zumindest er hat alles mitbekommen.«

»Dann halt du dich an ihn«, sagte Daniel.

*

Fernando Leone tat alles instinktiv, vielleicht sogar in einem Zustand hypnotischer Einwirkung. Er meinte, seine Frau zu sehen, die vor zwanzig Jahren bei einem Hotelbrand ums Leben kam, seine angebetete Gilda, die so ausgesehen hatte wie jene fremde junge Frau.

Er wollte mit diesem Wesen sprechen, das ihm so unwirklich schien wie ein Geist aus einer fremden weiten Welt.

Er hatte gesehen, wie sie sprach, aber er hatte nichts gehört. Er sah sie mit Robin Parker gehen, von dem Lavinia zu ihm gesprochen, aber von dem als Schauspieler er noch nie etwas gehört hatte. Er hatte ihr auch versprochen, sich diesen jungen Mann anzuschauen, aber nun ging er mit diesem Wesen im wehenden Seidenkleid, das sie wie ein Schleier umspielte.

Es erschien Fernando so unwirklich, daß er sich über die Augen fuhr, aber er konnte das Bild nicht wegwischen. Er sah nun, wie sie beide in einen großen dunklen Wagen stiegen, der sofort davonfuhr.

Langsam ging er zurück, und er traf Fee Norden in der Halle. Verwirrt schaute er sie an.

»Sie ist weg«, sagte er geistesabwesend, »sie ist mit diesem Mann in ein Auto gestiegen. Wer ist sie?«

Fee spürte, daß er maßlos erregt war und sehr verwirrt. »Aber sie wußte, von wem er sprach, und sie hatte ja auch die Absicht, mit ihm über diese junge Fremde zu sprechen.

»Wer ist sie, ich muß es wissen«, sagte er tonlos. »Sie haben doch mit ihr gesprochen, Fee.«

»Nein, ich nicht, sie wollte nur etwas von diesem Parker. Sie sagte, sie heiße Viola Donatus. Sagt Ihnen dieser Name etwas, Fernando?«

Er schüttelte den Kopf. »Nein, nichts, aber sie sieht meiner Frau so ähnlich, so unendlich ähnlich, daß ich meinte, Gilda sei ins Leben zurückgekehrt.«

Seine Stimme bebte, und auf seinem Gesicht zeichnete sich eine so tiefe Erschütterung ab, daß Fee ein tiefes Mitgefühl erfaßte.

»Ihre Frau?« Fragend waren ihre Augen auf ihn gerichtet.

»Es denkt niemand mehr an sie. Sie starb vor zwanzig Jahren bei einem Hotelbrand. O Gott, diese Ähnlichkeit! Ich muß herausfinden, was es damit auf sich hat.«

»Bitte, beruhigen Sie sich jetzt«, sagte Fee. »Es wird sich schon herausstellen, was diese ganze Angelegenheit bedeutet. Jedenfalls scheint es, als würde Pamelas Freund auf mehrere Namen hören.«

Pamela brauchte jetzt ärztliche Hilfe. Der Schock wirkte nachhaltig, machte sich in einem Schüttelfrost bemerkbar und in einem verzweifelten Schluchzen. Angst und Scham bewegten sie.

»Ich will weg, weit weg«, flüsterte sie, als Dr. Norden beruhigend auf sie einsprach.

»Red jetzt nicht solchen Unsinn«, sagte Lavinia. »Davon geht die Welt nicht unter, aber wir sollten dieser jungen Dame wohl dankbar sein, daß sie dich vor einem noch größeren Reinfall bewahrt hat.«

»Sie verfolgt Robin. Ich habe sie schon in London gesehen, aber da blieb sie fern. Ich kann nicht glauben, was sie gesagt hat.«

Langsam wurde Pamela ruhiger, und Lavinia betrachtete ihre Tochter mit einem durchdringenden Blick.

»Es wird sich herausstellen, was die Wahrheit ist, aber ich denke, daß es an der Zeit wäre, uns reinen Wein einzuschenken, wann und wo du diesen Kerl wirklich kennengelernt hast. Es scheint ja so, als würde er sich eines falschen Namens bedienen. Nach einem Robin Parker habe ich mich erkundigt. Der soll so ein kleiner, unbedeutender Schauspieler sein.«

»Robin ist kein Schauspieler. Es ist nur eine Tarnung. Er ist in einer ganz wichtigen, geheimen Mission unterwegs, und darüber durfte er mir auch nichts sagen«, schluchzte Pamela wieder.

»Guter Gott, dir kann man anscheinend alles erzählen«, brauste Lavinia auf. »Hast du überhaupt keinen Verstand?«

Daniel Norden warf ihr einen warnenden Blick zu, denn nun wurde Pamela wieder von einem Schluchzen geschüttelt.

»Ich hole meinen Arztkoffer. Pamela braucht ein Beruhigungsmittel«, sagte er. »Bleiben Sie jetzt bei ihr.«

Lavinia nickte mechanisch. »Ich glaube es nicht, ich glaube es nicht«, jammerte Pamela.

»Du bist ein törichtes Mädchen«, erklärte Lavinia, »aber wir werden das schon klären. Denk jetzt mal vernünftig. Wenn er nichts zu fürchten hätte, hätte er sich doch anders benommen.«

»Er wollte doch bestimmt nur einen Skandal vermeiden«, flüsterte Pamela.

»Die junge Dame scheint es besser gewußt zu haben. Aber reden wir nicht mehr davon.«

Daniel Norden kam zurück. Er hatte draußen ein paar Worte mit Fee und Fernando gewechselt. Sie wollten später ausführlicher miteinander reden. Nun verabreichte er Pamela Beruhigungstropfen, die sie auch brav schluckte, und zu Lavinia sagte er, sie solle sich den Gästen widmen.

Das tat sie nur unter Zwang, denn ganz unbemerkt war der Zwischenfall doch nicht geblieben, wenn auch Percy Jelling neugierige Fragen damit beantwortet hatte, daß der Gast in einer wichtigen Angelegenheit weggerufen worden sei.

Er hatte sich dieses Fest auch anders vorgestellt, aber er war schon manchen noch schwierigeren Situationen gewachsen gewesen, und nun lockerte sich auch die Stimmung, und es wurde getanzt.

Fee und Fernando hatten sich in eine ruhige Ecke zurückgezogen und sich mit Champagner aufgemuntert.

Zum Tanzen wie auch zum Flirten war es Fernando nicht mehr zumute.

»Sie sieht genauso aus, wie Gilda aussah, als wir uns kennenlernten. Sie war zwanzig.« Sein Blick schweifte in die Ferne.

»Und Sie waren sicher nicht viel älter«, half ihm Fee weiter.

»Dreiundzwanzig. Sie stammte aus einer sehr vornehmen Familie. Ich war ein Habenichts. Ihre Eltern waren gegen die Heirat, aber wir ließen uns in Reno trauen. Dann bekam ich eine Chance, aber dazu mußte ich nach Südamerika. Es war nicht möglich, Gilda mitzunehmen, und sie wollte auch nicht. Ihr Vater war schwerkrank, und ihre Mutter wollte wohl eine Versöhnung herbeiführen.« Er machte eine kleine Pause. »Ich hatte so ein dumpfes Gefühl, daß sie uns auseinanderbringen wollten, aber das redete mir Gilda aus. Und dann war ich besessen davon, Karriere zu machen. Ich hatte Erfolg und stand nicht mehr als Habenichts da. Aber dann kam die Nachricht, daß Gilda bei dem Hotelbrand in Acapulco ums Leben gekommen sei. Ich weiß nicht, warum sie in Acapulco war, aber ich hatte von diesem Brand gehört. Und als ich nach Baltimore kam, fand ich mich an ihrem Grab wieder. Neben ihrem Vater war sie beerdigt worden.« Er versank wieder in Schweigen.

Fee schloß einen Augenblick die Augen. Das war gewiß kein Thema für ein Sommernachtsfest, aber sie lernte einen Fernando Leone kennen, der ihr ehrliches Mitgefühl erregte.

»Wie lange waren Sie verheiratet?« fragte sie. »Ich darf es doch fragen?«

»Nicht ganz zwei Jahre, und davon hatten wir uns mindestens acht Monate nicht gesehen. Ihre Mutter war dann auch sehr freundlich zu mir, aber ein Kontakt blieb nicht erhalten. Sie lebte nur noch ein paar Jahre.«

»Geschwister hatte Ihre Frau nicht?«

»Es war da wohl eine Schwester, aber ich habe sie nie kennengelernt. Gilda hat sich mit ihr wohl nicht verstanden. Mein Gott, es ist so lange her, und ich war damals auch noch jung und...« Er unterbrach sich wieder. »Das Leben ging eben weiter.«

»Aber sie haben nicht wieder geheiratet«, sagte Fee nachdenklich.

»Nein, kennengelernt habe ich genug Frauen, aber ich suchte Gilda, und ich fand sie nicht. Und heute sah ich sie, und sie lief wieder fort aus meinem Leben.«

»Sie sollten daran denken, daß dies Mädchen Ihre Tochter sein könnte, Fernando«, sagte Fee.

»Wenn ich doch wenigstens ein Kind hätte«, sagte er leise.

»Jetzt denken Sie so, aber damals – was hätten Sie mit einem Kind angefangen?«