Dein Lächeln ist ein Bumerang - Josef Krämer - E-Book

Dein Lächeln ist ein Bumerang E-Book

Josef Krämer

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Beschreibung

Sich selber besser verstehen lernen und sich danach zu verhalten und zu handeln, das ist die Botschaft dieses Büchleins. Dabei soll der Leser Erkenntnisse der Psychologie und der Religion für sein Leben nutzen. Es geht dabei um die Tugenden, die den Menschen auszeichnen. Sie sind ihm immanent, wie durch die Schöpfung allen Geschöpfen und Dingen Werte mitgegeben sind, die es aufzudecken, zu wecken, zu stärken, zu entwickeln und herauszubilden gilt. Tugenden sind universell und damit ein verbindendes Element über Relgionen, Ethien und Gruppen hinweg. Wir sollten uns die Welt genau ansehen und versuchen, sie in ihrer Ganzheit zu erfassen. In allem steckt mehr, als der erste Eindruck vermuten lässt. Das gilt auch für uns selbst als Menschen und Teil der Natur. Je mehr uns das gelingt, umso reicher wird unsere Sicht der Welt und die Voraussetzungen unseres Handelns erlangen größere Substanz. Tugend hat mit "taugen" zu tun. Tugenden wollen uns tauglich machen für unsere Zeit. Neben den sachlichen Kapiteln gehören eine Menge unterhaltender Fallbeispiele zum Buchinhalt.

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Wer seine Talente als Gaben betrachtet und

nicht als Aufgaben, ist ihrer nicht wert.

Josef Krämer

Blicke in dein Inneres!

Da drinnen ist eine Quelle des Guten,

die niemals aufhört zu sprudeln,

wenn du nicht aufhörst nachzugraben!

Mark Aurel

Die großen Tugenden machen einen Menschen

bewundernswert, die kleinen Fehler machen

ihn liebenswert.

Pearl S.Buck

Leben glückt dann, wenn der Mensch die

Möglichkeiten verwirklicht, die in ihm

angelegt sind.

Aristoteles

Wir können uns unser Leben selber gestalten,

weil wir als Geschöpfe Gottes alle

Voraussetzungen dazu besitzen. Einzig der

Einfluss anderer Menschen und die von ihnen

als Gesellschaft geschaffenen Umstände

können unsere Entwicklung fördern oder

behindern.

Josef Krämer

Inhalt

Auf ein Wort

Der Mensch dachte, und Gott lachte

Für das Glück programmiert

Die Tugenden in der Psychologie

Der Sinn der Lebens

Tagesgeschenk

Das gute Herz

Kardinaltugenden

Klugheit

Gerechtigkeit

Tapferkeit

Besonnenheit

Liebe

Glaube

Hoffnung

Fallbeispiele

Mein Weg zum Glück

Die kurze Geschichte der Meryl Streep

Engel der Kinder

Nurse Sally

Lumambo

Perfektion ist alles

Betragen: sehr gut

Staff Sergeant John Webster

Dorothea

Rita und Addi

Ein Mann namens Hans

Heiter bis wolkig

Der Musiker

Vote for President

Richtig leben

Das Leben genießen

Seine Berufung leben

Zufall?

Verhaltensanalysen

Achtsamkeit

Beziehungsfähigkeit

Kreativität

Heiterkeit

Gewaltlosigkeit

Begeisterung

Toleranz

Inhalt

Literaturliste

Auf ein Wort

"Dein Lächeln ist ein Bumerang". Dieser Titel könnte den Begriff Lächeln auch mit vielen anderen Begriffen austauschen, die sich auf unser Verhalten beziehen, eben mit Tugenden die Welt zu gestalten. Die Menschen sind auf Kommunikation, auf Miteinander angelegt. Gott hat ihnen in der Schöpfung mitgegeben, was sie brauchen, um die Welt kreativ mitgestalten zu können. Somit sind die Tugenden Fundamente zum Glück.

Alles, was wir tun, alles, was wir geben, kommt zu uns zurück. Es addiert sich, es multipliziert sich und es potenziert sich. Das bezieht sich auch auf die uns als Menschen immanenten Tugenden, die so Basis und Potential zur Gestaltung des Lebens und der Welt für jeden von uns bedeuten.

So wirst du philosophische, psychologische und religiöse Bezüge zu den Tugenden in meinem Buch finden. Dabei stelle ich gewiss keinen Anspruch darauf, alles vollständig erfasst zu haben, sondern bin zunächst für mich selbst in das Thema hinein gestiegen, habe viel dazu in Seminaren gehört und Bücher gelesen und mir Gedanken darüber gemacht, die ich mit dir teilen möchte.

Josef Krämer

Der Mensch dachte und Gott lachte

Der Baum isst selbst nicht seine süßen Früchte,

es trinkt der Fluss nicht seine eignen Fluten,

und für sich selber regnet nicht die Wolke:

Zum Nutzen andrer dient die Kraft des Guten.

Spruchweisheit aus Indien

Eigentlich habe ich es immer schon im Leben bemerkt: es gibt viel mehr gute Menschen als böse. Meine Frau meint dazu allerdings, sie wünsche mir, dass mir meine Meinung bis zum Lebensende erhalten bleiben möge. Das ist schade, denn ich bin in der Lage, das Gegenteil zu beweisen. Lest einfach weiter!

Sicher hast du schon einmal von der interessanten Theorie gehört, dass ein Schmetterling, der in deinem Garten mit den Flügeln schlägt, damit eine Reihe von Ereignissen in Gang setzen kann, die in einem anderen Teil der Welt einen Hurrikan verursachen. Man nennt das den "butterfly effect". Ich kann mir so etwas lebhaft vorstellen, wenn ich bedenke, wie viele Menschen mich im Leben beeinflusst, verändert oder gar geprägt haben, ohne es zu wissen. Uns geht es allen so, dass wir unseren Alltag leben ohne darüber nachzudenken, welche weit greifenden Einflüsse unser einfaches Tun auf die Welt haben kann oder gehabt hat. Dabei meine ich nicht die Eltern oder Lehrer, von denen man ein Einwirken auf andere erwartet, sondern die Menschen, denen man rein zufällig begegnet, die sich aber unauslöschlich in unser Bewusstsein eingraben. Das gilt sowohl für positive als auch negative Ereignisse, Handlungen oder Worte, wobei ich meine, dass die guten überwiegen. Wenn ich überlege, muss ich allerdings sagen, dass beider Effekte sich positiv auf das eigene Tun auswirken. Man lernt auch Gutes vom schlechten Beispiel. Jeder weiß im Grunde seines Herzens, was gut und was böse ist. Er weiß es einfach, es ist sein Ge-Wissen.

Vielleicht hängt es damit zusammen, dass Menschen besonders dann gut sind, wenn man es von ihnen erwartet.

Ich denke da an meinen ersten Aufenthalt nach dem Krieg im Ausland. Das war 1949. Ich habe damals für eine Illustrierte geschrieben und war mit meinem Freund Bruno in Sizilien unterwegs. Wir hatten unsere Habseligkeiten in zwei oliv farbenen amerikanischen Seesäcken verstaut, die uns bei unseren Unternehmungen reichlich lästig waren. So hatten wir es uns zur Gewohnheit gemacht, in einer Ortschaft ein markantes Haus auszusuchen, um es später wieder finden zu können, an die Tür zu klopfen oder über einen oft abenteuerlichen Mechanismus die Hausglocke zu betätigen und die fremde Frau oder den Mann zu bitten, unser Gepäck zu verwahren. Das bescherte uns manche ungläubige und erstaunte, jedoch meistens freundliche Reaktion. Nie hatte etwas von unseren Kleidungsstücken gefehlt. Einmal waren unsere Hemden und die Unterwäsche sogar gewaschen und gebügelt. Nie waren wir also auf einen Menschen gestoßen der dachte: "Wie blöd kann man nur sein, sein Hab und Gut aus der Hand zu geben. Das kann ich gut gebrauchen."

Sage mir niemand, dass sei Zufall gewesen. Natürlich waren das auch Menschen mit vielen Fehlern, wie jeder seine Macken hat, so wie du und ich. Aber wir setzten ihre Ehrlichkeit so sehr voraus, dass sie nicht anders konnten. Sie kamen gar nicht auf die Idee, anders zu handeln, als erwartet. Niemand von ihnen wird sich meiner erinnern, aber ihre Ehrlichkeit hat ein Leben lang diesen "butterfly effect" bei mir ausgelöst, der mich immer noch nach der Devise handeln lässt: "Lieber einmal übers Ohr gehauen, als allen Menschen zu misstrauen!"

Der Busfahrer in England, an den ich gerade denke, hat bei mir bereits eine Aura, denn er hatte so einen herrlich freundlich-lustigen Ton in der Stimme als er zu mir sagte: "You better sit down, chap, before you will be shot through the windscreen when I stop!" (Setz dich lieber hin, alter Junge, bevor es dich durch die Windschutzscheibe schießt, wenn ich bremse.) Seitdem fahre ich nicht nur sicherer mit Bussen, weil ich mich schnellstmöglich hinsetze, sondern habe ein spezielles Verhältnis zu Busfahrern und grüße sie freundlich, wenn ich in so ein Gefährt einsteige. Damit handele ich mir manchen erstaunten Blick ein, aber auch manche freundliche Erwiderung. Niemand weiß, dass ein englischer Busfahrer vor mindestens 50 Jahren diesen butterfly effect bewirkt hat. Ich habe nichts dazu beigetragen, das hat er ganz allein fertig gebracht, ohne es zu wissen. Wenn man bedenkt, mit wie vielen Menschen so ein Busfahrer zusammen kommt, haben wir es hier mit einem absoluten Schneeballsystem zu tun.

Denke nie schlecht von Menschen! Ich werde ein peinliches Erlebnis im Leben nie vergessen, als ich in Kroatien unterwegs war. Es war in den frühen 70er Jahren, als das Land noch zu Jugoslawien gehörte. Wir schritten auf der Insel Solta durch kilometerlange Felder mit Rebstöcken und herrlichen Trauben, bevor wir an einem einsamen Hof den Türklopfer betätigten und nach Weintrauben fragten. Der jungen Frau stand das Staunen in den Augen, ein fremdes junges Paar zu sehen, was damals noch keineswegs in diesem sozialistischen Land üblich war, und zum anderen Trauben kaufen zu wollen, nach denen man nur im Vorübergehen zu greifen brauchte. Sie nannte einen Betrag für die Dolden herrlich ausschauender Trauben, die sie uns brachte. Ich meinte meinen Unwillen kundtun zu müssen, die Forderung sei unverschämt hoch, so gut ich das mit meinem damals spärlichen Serbokroatisch zustande bringen konnte. Der Ausdruck ihrer schönen dunklen Augen wechselte zu traurig. Die Dinare waren damals riesige große Scheine, von denen ich einen zum Bezahlen nutzte. Ich erhielt unglaublich viel Kleingeld zurück, das ich achtlos einsteckte. Als wir später nachzählten, stellten wir fest, dass wir nur einen sehr kleinen Betrag gezahlt und ich mich garantiert verhört hatte, als sie die Zahlsumme nannte. Ich schäme mich heute noch. Der butterfly effect ist, dass ich nie mehr jemand unterstellt habe, schon gar nicht in Kroatien, mich übervorteilen zu wollen. Ich lasse mir fremde Währung, wie zuletzt in Marokko in den Sukhs von Agadir, auf die Hand zählen und wette, noch nie betrogen worden zu sein.

Das sind ganz banale Bespiele zum Untermauern meiner Theorie, die sich beliebig fortführen lassen. Sicher kannst du auch über solche Impulse erzählen, die bleibenden Einfluss in deinem Leben hinterlassen haben.

Wie kann das aber sein, dass dieser positive Effekt so stark zu sein scheint und immer wieder durchschlägt?

Die Erkenntnis traf mich wie ein Blitz, obwohl meine Einstellung nach meiner Lebenserfahrung das immer schon wissen ließ: Da muss etwas grundlegend Gutes in den Menschen wirken! Und dann kam ich dahinter: da wirkt Gottes Liebe! Es ist das Verlangen nach totaler Harmonie im Universum.

Die einfachste Lösung ist oft die schwierigste. Glaube mir, wenn du meinem Gedankengang folgst, wirst du erstaunliche Entdeckungen für dein tägliches Leben machen und in allen Bereichen davon profitieren.

Wir sollen glücklich sein. Uns ist die Freiheit geschenkt, die Schöpfung zu erfahren und zu erleben und eigene Entscheidungen zu treffen. Die Liebe, die wir in allem, was geschaffen ist, erkennen, ist ohne Grenzen. Sie ist auch in uns Menschen als Tugenden angelegt. Sie sind die Fundamente zum Glück des Menschen und sie wirken auf dem Weg zum Guten wie die Dome, die man darauf bauen kann. Sie sind nicht so sehr Mittel zum Glück, als Teil des Glücks.

Eine andere Metapher: Die Dunkelheit hat absolut keine Chance gegen das Licht. Hier eine kleine Geschichte dazu:

Licht ist Hoffnungl

Ende der 40er Jahre waren mein Freund Bruno und ich als Studenten in Sizilien unterwegs, per Autostop versteht sich. Es gab noch keine Autobahnen, weil es keine oder kaum Autos gab. Im Innern der Insel erkannte man sie schon von weitem an der sie begleitenden weißen Staubwolke vor dem stahlblauen Himmel und konnte sich auf sie einstellen, die Hand heben und um einen Lift bitten. Es waren meistens offene Kleinlastwagen, vorwiegend mit Olivenölfässern oder Weincontainern beladen, am Steuer, daneben oder auf der Ladefläche saßen unrasierte, abenteuerlich aussehende Männer. Sie hielten immer an und schauten grimmig. Erst die Einleitung "Sei tedeski" (Wir sind Deutsche) zauberte ein Lächeln in ihre Gesichter und garantierte eine vergnügliche Fahrt, auch mit einem Umweg oder einer Einladung in ein Haus, in dem unsere Anwesenheit dann ein Erdbeben an Gastfreundlichkeit auslöste.

Wir hatten die Nacht im Tempel von Segesta verbracht, einem gut erhaltenen dorischen Säulenkoloss ohne Dach, der mit den Überresten eines Theaters einsam in den kahlen Bergen Trapanis auf dem 410m hohen Monte Varvaro lag, weitab von jeder Besiedlung. Zweieinhalb Jahrtausende hatte der Tempel überdauert, um anscheinend nun von Milliarden von Kellerasseln und einer winzigen Ameisenrasse zerfressen zu werden. Wir hatten uns nur gegen sie schützen können, indem wir einen Ring von Marmelade und zerquetschten Weintrauben um unsere Schlafsäcke gezogen hatten, der sie tatsächlich abhielt, uns anzuknabbern.

Den Morgen hatten wir mit der Erkundung all der Trümmer einer untergegangenen Stadt verbracht, und ich deklamierte im griechischen Theater den Advice of Polonius von Shakespeare, weil mir kein anderer Text einfiel, den ich auch nur annähernd dramatisch in das Halbrund der steinernen Sitzreihen schmettern konnte, an deren Spitze Bruno saß und jedes Wort verstehen konnte, das von der vorzüglichen Akustik zu ihm getragen wurde.

Als wir am frühen Abend unsere Seesäcke schnappten und zur Straße aufbrachen, um noch vor der Dunkelheit an die Küste nach Selinunte zu gelangen, hatte sich unbeachtet von uns, eine riesige Wolkenbank aufgebaut, die immer schwärzer und bedrohlicher auf uns zukam. Es war zuerst eine unheimliche Stille eingekehrt und sogar die Grillen hatten ihr Zirpen eingestellt. Dann brach unvermittelt ein Sturmwind los und umwirbelte uns mit Tonnen von Staub. Wir konnten zeitweise nicht die Hand vor unseren Augen sehen, als auch noch zuckende Blitze mit gleich darauf donnerndem, infernalischem Getöse auf uns zukamen, wie die Einschläge einer Bombenreihe, wie ich sie im Krieg erlebt hatte. Prasselnd setzte der Regen ein, der wie aus Kübeln gekippt auf uns einschlug.

Ich weiß nicht, wie wir in die Schäferhütte finden konnten. Wir waren wohl einfach hineingestolpert in diesen Unterschlupf, abgedeckt von ein paar Baumstämmen mit Steinplatten zwischen zwei Felssteinen. Am Boden lag ein Geflecht aus Holz und Gras, mit dem wir den Eingang versperrten.

In der hintersten Ecke, in die wir uns geflüchtet hatten, war es so dunkel, wie in einem Sack. Hier schien sogar das Steindach dicht genug, sich der Wasserflut zu erwehren, die im vorderen Bereich der Hütte zwischen dem steinernen Schutz durchsickerte und den Boden überschwemmte. Wie ein flacher Bach floss das Wasser, dem abschüssigen Felsen folgend, unter der Flechtwand her nach draußen.

Vollkommen durchnässt, vor der plötzlichen Kälte bibbernd und verängstigt, kauerten wir in der äußersten Ecke. Es war dunkel um uns her. Nur beim Zucken der Blitze erhellte sich unsere Umgebung für Bruchteile von Sekunden.

Die Zeit wurde zur Ewigkeit. Dann, fast ebenso plötzlich, wie über uns hereingebrochen, verstummte der Donner und hinterließ uns ohne die Blitzlichter der absoluten Dunkelheit.

Die Nacht hatte uns überfallen und mit ihr ein seltsames Gefühl der Verlorenheit. Das Prasseln des Regens hatte seine Aggressivität verloren. Auch das drohende Grollen des in der Ferne abklingenden Donners hatte aufgehört, uns zu schrecken.

Da ertastet Bruno in seinem Seesack eine Streichholzschachtel und entzündet ein Streichholz.

Für einen kurzen Augenblick brennt das Licht. Ein Funke Hoffnung erfüllt plötzlich den Raum. Doch schnell verlischt die kleine Flamme. Es ist, als verlösche mit ihr auch die Hoffnung und ginge verloren.

Ich hatte schon vorher im Feuerwerk der Blitze an der Seite einige Kerzenstummel auf einem Steintisch gesehen. Ein zweites Mal leuchtet die kleine Flamme durch die Dunkelheit. Bruno gelingt es, eine Kerze zu entzünden. Die Flamme flackert, aber sie wird beständig. Die Lichtquelle wird zum Mittelpunkt der Hütte und neues Leben durchströmt uns. Es wird hell.

Mit einem Mal ist die Richtung klar. Die Lage hat sich schlagartig verändert. Sicherheit statt Bangen. Orientierung statt Verlorenheit. Was der kleine Lichtstrahl bewirkt hat! Licht als Wegweiser, dem man nur zu folgen braucht. Du gehst den sicheren Weg, wenn du dem Licht folgst. Licht ist der Sieger über alles, was dunkel ist.

Das Licht gibt also Orientierung für uns und für andere, die es sehen. Dieses Verfahren ist ganz einfach, denn du brauchst nur so zu werden, wie Gott dich haben möchte, wie er dich gedacht hat. Dazu hat er dir alles Notwendige mitgegeben. Es liegt an dir, was du daraus machst. Natürlich hat er da einige Erwartungen: Wenn du deinem Sohn ein Geschenk machst, bist du auch betrübt, wenn er es nicht pfleglich behandelt.

Erkenne, was du im Kern deines Wesens bist, und dann werde es! Wenn man auch die Tugend an sich unterschiedlich definieren kann, so ist ihr Ziel dennoch dasselbe: Glück für den Einzelnen und daraus Glück für die Gemeinschaft.

Tugenden? Versuchen wir mal noch näher dahinter zu kommen. Vielleicht sollte ich lieber die Psychologie zu Hilfe nehmen und über Verhalten sprechen. Doch was nutzt Verhalten ohne Werte und was sind Tugenden wert, die nicht in Verhalten münden? Über Tugend nachzudenken, das klingt ein bisschen altmodisch. Oder ist es vielmehr so, dass jede Generation aufs Neue begreifen muss, dass ein auskömmliches, gesellschaftliches Miteinander ohne Kenntnis und Beherzigung von Tugenden nicht gelingen kann? Vielleicht hat sich nur die Begrifflichkeit gewandelt aber nicht der Inhalt. Wenn mein Urenkel sagt, es sei cool, dass sein Freund ihm aus der Patsche geholfen hat, so ist das die Anerkennung seines Handelns und damit die Bewunderung für die Tugend der Hilfsbereitschaft. Tugenden sind cool – warum denn nicht?

Lasst es uns herausfinden. Herausfinden heißt nicht zu einem Schluss kommen, denn würden wir das behaupten, wären wir nicht mehr tugendhaft. Wenn wir annehmen, an einem Endpunkt angekommen zu sein, ist unser Denken auf dem Weg zum Grab. Ein wacher Geist ist ein forschender Geist, und dazu bedarf es der Hilfe der Tugenden. Eine Erkenntnis darf kein Schluss sein, sondern ein neuer Anfang. Es wird, hoffentlich, später klar, was ich damit meine.

Irgendwie scheint es schwer begreifbar zu sein, was Tugenden eigentlich sind. Zu sehr hat sich das momentan verbreitete Verständnis von ihnen von ihrem wahren Wesen entfernt. Ob wir gegen etwas oder für etwas sind, auch um eventuell etwas Gutes zu bewirken, so bemühen wir uns darum, zu einem Ergebnis, am besten zum Erfolg zu kommen. Dafür setzen wir eine Menge Energie ein, die jedoch mindestens teilweise auf dem Weg zu einem Ziel verpufft. Jede unserer Verhaltensweisen setzt bereits im Vorfeld Milliarden von Hirnreaktionen in Gang, die unserem Denken oft enorme Leistungen abfordern. Handeln wir aber aus den Tugenden heraus, so geschieht das mühelos aus unserem Potential. Tugend ist dem Menschen immanent, wie durch die Schöpfung allen Geschöpfen und allen Dingen Werte mitgegeben sind, die es aufzudecken gilt. Unabhängig von Ethnien, Religionen und Rassen verfügen alle Menschen über einen Grundstock an guten Eigenschaften, der ihnen als Hauch Gottes bei der Schöpfung mitgegeben wird. Das unterscheidet sie von den übrigen Geschöpfen und macht sie erst zu den Menschen, die mit diesem Potential wuchern können, um so zu werden, wie Gott sie sich vorgestellt hat.

Wir sollten uns grundsätzlich die von Gott geschaffenen Dinge genau ansehen und versuchen, sie in ihrer von ihm gedachten Ganzheit zu erfassen. Denn sie sind von ihm vor-gebildet und vor-geformt und können durch unsere Erkenntnis der Wirklichkeit nachgeformt werden. Das gilt auch für uns selbst als Menschen und Teil der Natur. Je mehr uns das gelingt, um so reicher wird unsere Sicht der Welt und die Voraussetzungen unseres Handelns erlangen größere Substanz. Die Welt ändert sich in dem Sinne, dass wir immer mehr Gott in ihr erkennen. Alles, was wir dazu brauchen ist in Gottes Schöpfung vorhanden, wir müssen es erkennen und kreativ nutzen.

Ich könnte mir schon vorstellen, wie amüsiert Gott sein mag, sieht er die krampfhaften Versuche der Menschen, hinter das Geheimnis seiner Schöpfung zu kommen. Im Grunde zielen alle Wissenschaften in diese Richtung. Dabei sind die so genannten Erfindungen, Teilergebnisse auf verschiedenen Gebieten, indem sie einfache Erkenntnisse nutzen und umsetzen. Sie beruhen auf Naturgesetzen, die in der Schöpfung längst hervorragend funktionieren. So meine ich beispielsweise auch, dass es keine Erfindungen im Sinne von absolut neu gibt. Es ist schon wunderbar, was Menschen alles im Lauf der Geschichte herausgefunden haben. Doch genau hingeschaut sind das Dinge und Vorgänge, die in der Schöpfung alle für uns bereitet sind, wir müssen sie nur rechtzeitig entdecken. Diese Erkenntnis hat im Moment wieder besondere Aktualität im Zusammenhang mit der Ökologie und der Kernkraft. Menschlicher Geist hat die zurzeit genutzten Energiemodelle aus der Vielzahl der in der Schöpfung enthaltenen Möglichkeiten entdeckt, erkannt und aktiviert. Sie sind jedoch in vielfacher Hinsicht ineffektiv. Einmal sind sie nicht imstande allen Menschen ein lebenswürdiges Dasein zu schaffen und außerdem erweisen sie sich auf Dauer und Intensität als zerstörerisch.

Nun sollte man die bereits erzielten Ergebnisse der Wissenschaften nicht gering achten. Vor allem auf dem technischen Sektor gibt es manchen Erfolg, aber sonst besteht meines Erachtens noch genügend Nachholbedarf. Die Kreation geistiger Ideen in der Menschheitsgeschichte ist zwar auch beträchtlich, doch die praktische Umsetzung lässt zu wünschen übrig. Würden alle technischen wie auch geistigen schöpferischen Ideen der Menschen, die bereits existieren auch angewendet, brauchte sicher kein Mensch mehr auf der Welt zu hungern.

Wenn wir der bisherigen Entwicklung folgen, können wir davon ausgehen, dass in Gottes Schöpfungsplan die Lösung der anstehenden Probleme der Menschen bereits angelegt ist, die es zu entdecken gilt. Ich glaube, dass er alles für uns als Menschen bereitgestellt hat, aus dieser Welt eine humane zu machen. Die Tugenden gehören übrigens dazu. Wir haben die freie Entscheidung, welchen Weg wir gehen wollen. Um es mit anderen Worten noch einmal zu betonen: Ich bin sicher, wenn wir der bisherigen Entwicklung folgen, können wir davon ausgehen, dass in Gottes Schöpfungsplan die Lösung der anstehenden Probleme vorhanden ist und entdeckt werden will. Genau so sind die Tugenden als dem Menschen spezifische Verhaltensvoraussetzungen durch die Schöpfung als Potential in uns vorhanden, um uns dabei zu helfen. Tugend hat mit „taugen“ zu tun. Die Tugenden wollen uns tauglich, brauchbar machen für unser Leben. Pieper nennt sie: „das Richtigsein des Menschen.“

Gehe mit mir ein Stück Wegs und teile mit mir die Überlegungen. Wir befinden uns dabei in guter Gesellschaft, denn bereits über Jahrtausende haben Menschen in dieser Richtung gedacht. Bei konsequenter Anwendung vieler dieser Erkenntnisse jedoch, könnte die Welt anders aussehen, humaner und lebenswerter für alle.

Doch wir sind auf dem Wege. Wenn wir realisieren, welches großzügige Geschenk, welche liebevolle Starthilfe für unser Leben Gott mit den Tugenden in uns angelegt hat, öffnen sich ganz von selbst die Wege, die uns aktiv an Gottes Schöpfungsplan mitwirken lassen. Unsere Gedanken und Überzeugungen können unsere Handlungen zum Guten oder Bösen tendieren lassen. Grundsätzlich jedoch sind wir durch die Tugenden "positiv programmiert". Das Böse hat in der Schöpfung so oder so keine dauerhafte Chance, so wie die Dunkelheit keine Chance gegen das Licht hat. Das Böse ist immer nur die Negation oder die Abwesenheit des Guten. Ist das Gute einmal da, wird es wachsen wie das Senfkorn im Gleichnis Jesu. So sind in der Schöpfung die Tugenden als Potential des Guten in allen Menschen auf der Erde verankert.

"Gott denkt, und Welten erscheinen", das ist Schöpfung. Der Mensch denkt, und seine Welt erscheint. Jeder von uns ist der Schöpfer seiner Welt, entstehend aus menschlichem Geist, dem der Geist Gottes innewohnt. Weil aber die Welt aus den Gedanken des Menschen entsteht, sind auch seine Ideen vonnöten, die heilsam und inspirierend für die Menschheit wirken. Gott hat das dafür Notwendige im Menschen angelegt. Es liegt an uns, in seinem Sinne in der Welt zu wirken.