Der Amboss der Sterne - Greg Bear - E-Book

Der Amboss der Sterne E-Book

Greg Bear

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Beschreibung

Rache!

Die Erde wurde von Außerirdischen vernichtet, und nur dank der Hilfe anderer Aliens konnte ein Teil der Menschheit überleben. Von ihren Rettern erhalten die Überlebenden den Auftrag, diejenigen zu finden, die für die Zerstörung ihres Planeten verantwortlich sind. An Bord der Dämmerungsgleiter macht sich eine Gruppe Menschen auf die Suche. Im System Leviathan werden sie schließlich fündig - doch einige der Planeten sind nur Projektionen, andere werden von friedliebenden Spezies bewohnt. Ist alles nur eine raffinierte Täuschung, um der Rache der Menschheit zu entkommen?

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GREG BEAR

DER AMBOSS DER STERNE

Für Dan Garrett,

Prolog

Am Ende der SCHMIEDE GOTTES ist die Erde tot, ermordet von sich fortpflanzenden, im Weltraum reisenden Maschinen. Ein paar tausend Menschen sind von anderen Robotern gerettet worden, Maschinen, die die Wohltäter geschickt haben, um primitive Welten und Zivilisationen vor den Zerstörungen durch Planeten tötende Sonden zu bewahren. Den Maschinen der Wohltäter ist es gelungen, diese mörderischen Sonden im Sonnensystem auszurotten. Aber erst nach völliger Zerstörung der Erde.

Die Menschen werden an Bord einer riesigen Zentralen Arche, während der Mars für ihre Besiedlung vorbereitet wird, vom Gesetz informiert, einem galaktischen Codex, der das Verhalten der Zivilisationen kontrolliert. Das Gesetz fordert, dass Zivilisationen, die sich selbst vermehrende Killermaschinen herstellen, mit Ausrottung bestraft werden. Die Menschen müssen diese Bestrafung ausführen, mit Hilfe der Wohltäter. Jüngere Bewohner der Zentralen Arche melden sich freiwillig; und ihre Reise beginnt.

ERSTERTEIL

MARTYSITZTVORNIM BUICKSEINES VATERS und fährt in der Dämmerung des Mittsommers über eine Autobahn in Oregon. Die Autobahn ist voller Wagen, und Regen glitzert auf der Straße. Graublauer Himmel, grellrote Schlusslichter, Reflexe auf feuchten dunkelblauen Fahrwegen, golden blitzende Verkehrszeichen, große Laster mit hellen Scheinwerfern und blitzenden Richtungsanzeigern, Scheibenwischer, die alles zu blendenden Streifen verschmieren, Regentropfen, in denen sich der Mikrokosmos spiegelt.

Er fühlt das glatte Fell und die Wärme seines Hundes Gauge, der zwischen die Sitze gedrängt ist. Seine Vorderpfoten und sein Kinn ruhen auf Martys Knie. Marty fragt: »Vater, ist der Weltraum leer?«

Arthur antwortet nicht. Es gibt keine Autobahnen mehr und keine Erde. Sein Vater ist mit der Arche aufgebrochen und inzwischen auf dem Mars, in ferner Zukunft.

Martin Gordon rührte sich und bemühte sich aufzuwachen. Er schwebte in seinem Netz, öffnete die Augen und entspannte die Fäuste. Eine einzelne salzige Träne, die aus der ruhigen, kühlen Luft in seinen Mund gesaugt wurde, geriet ihm in die Kehle. Er hustete und rappelte sich völlig wach. In der großen, hohen Kabine schlängelten sich Perlen und Ketten aus weißem Licht wie Reihen von Automobilen über die Wände.

Er drehte sich auf dem ihm plötzlich fremdartig erscheinenden Platz um. In dem Netz neben ihm schwebte eine Frau. Ihr dunkelbraunes Haar war fast schwarz, das Gesicht von Schlaf benommen; die nach oben gerichteten Augen öffneten sich, und die breiten Lippen lächelten. Sie fragte: »Geht es dir gut?«

Er sagte: »Ich denke, ja. Ich habe geträumt.« Martin hatte in letzter Zeit viel geträumt und noch mehr, seit er sich mit Theresa zusammengetan hatte. Er hatte von der Erde geträumt. Die Träume waren zugleich angenehm und verwirrend, während jeden Schlafs vier oder fünf.

»Wovon?«

»Von der Erde. Meinem Vater.«

Acht Jahre nach dem Tod der Erde hatten die Kinder die Zentrale Arche im Orbit um die Sonne verlassen; und ihre Reise auf dem Schiff des Gesetzes hatte begonnen.

Zwei Jahre nach der Abreise der Kinder, gemessen in Bordzeit der Arche, waren die Überlebenden der Erde, die zurückgeblieben waren, in Tiefschlaf versetzt worden.

Zwei Jahre für die Zentrale Arche hatten für die Kinder nur ein Jahr ausgemacht, während das Schiff des Gesetzes auf relativistische Geschwindigkeit beschleunigte. Jetzt, bei mehr als neunundneunzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit, verging die Zeit noch langsamer relativ zum äußeren Universum, sechseinhalb Tage für jedes Jahr, und Jahre waren auf jeden Fall ein archaisches Maß, gemessen an den Bahndaten einer Welt, die nicht mehr existierte.

Falls noch am Leben, hatten sich Martins Eltern und alle Überlebenden in der Arche inzwischen auf dem Mars angesiedelt nach fast drei Jahrhunderten ununterbrochenen Schlafes.

Für Martin und die Kinder waren nur fünf Jahre vergangen.

Theresa rückte in dem für eine Person bestimmten Netz näher an ihn heran und murmelte: »Immer dieser Faden«, und schlief wieder ein, was ihr immer so leicht fiel.

Martin schaute sie an, immer noch verwirrt durch die Dissonanz zwischen der in allen Dimensionen unendlich fernen Vergangenheit und dieser Frau, deren Brust sich gleichmäßig hob und senkte, wobei die Augen im Traum zuckten.

Der Faden, die Nabelschnur für alle Kinder, wurde nur im Tode zerschnitten.

»Bitte dunkel!«, sagte er, und die Lichtbänder wurden schwächer. Er wandte sich von Theresa ab, hustete noch einmal und sah hinter geschlossenen Augen rote Schlusslichter und mystisch blaue Fernstraßen.

Wenn die Fahrer nur gewusst hätten, wie schön dieser dichte Verkehr war, wie lieblich der Regen und wie wenige Dämmerungsabende ihnen noch blieben.

Das Schiff des Gesetzes war aus Erde hergestellt, geschmolzen und montiert aus den Fragmenten des Erdkörpers, eine Welt für sich, die ganz dicht an der Geschwindigkeit des Lichts fuhr, Hunderte von Jahren entfernt vom Staub und Schutt der Heimat.

Von den Kindern beim Beginn ihrer Reise Dämmerungsgleiter getauft, ähnelte das Schiff einer Schlange, die drei Eier verschlungen hat, und maß von Kopf bis Schwanz fünfhundert Meter. Jedes Ei, genannt Heimkugel, hatte einhundert Meter im Durchmesser. Zwischen den Heimkugeln, die wie Früchte in durch Hälse verbundenen Körben wirkten, enthielten in Vorratstanks die Reserven des Schiffs an flüchtigen Substanzen: Wasserstoff, Lithium, Helium, Stickstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff, sowie Nahrung und Brennstoff.

Die ersten beiden Heimkugeln gehörten den Kindern weite Räume, geteilt in eine Vielfalt von Kammern, die in Design und Größe flexibel waren.

Die Dämmerungsgleiter erinnerte Martin an einen großen plastischen Wohnkomplex, den seine Mutter in ihrem Haus in Oregon zusammengefügt hatte, zwei Hamster in einem Labyrinth aus gelben Kunststoffrohren, klare, mit Holzspänen belegte Kästen, einem zum Futtern und einen zum Schlafen, dazu ein Trainingsrad und etwas, das sein Vater als ›Modul für Ausflüge in die Ferne‹ bezeichnet hatte, eine Plastikkugel, in der ein Hamster aus dem Habitat herausrollen konnte, über die Fußböden und Teppiche und in Winkel hinein.

Die zweiundachtzig Kinder hatten noch mehr Platz im Verhältnis zu ihrer Anzahl. Es gab genügend Platz für jede Wendy oder jeden Lost Boy, um Dutzende von Quartieren in den Heimkugeln zu haben. Die meisten wählten einen Hauptwohnplatz und benutzten zwei oder drei weitere, wenn es sich gelegentlich ergab.

Das dritte, am weitesten hinten befindliche Ei enthielt Trainingszentren und Waffenlager. Die Hälse zwischen den Kugeln waren voller Leitungen und Rohre. An dem zweiten Hals waren Vorsprünge befestigt, die Martin für Teile des Schiffsantriebs zu halten beschlossen hatte. Wie diese Maschine funktionierte, oder wo sie sich auf dem Schiff befand, war nicht erklärt worden.

Es gab eine Menge Geheimnisse. Riesengroß aber leicht, bestand der größte Teil der Masse der Dämmerungsgleiter aus etwas, das die Roboter als Pseudomaterie bezeichneten. Diese hatte die Eigenschaften von Größe und Widerstandsfähigkeit gegenüber Druck, besaß aber keine Masse. Die Masse des Schiffs betrug ohne Treibstoff etwas mehr als zweitausendfünfhundert Tonnen.

Die Kinder trainierten mit Waffen, über deren innere Funktionsweise sie nahezu nichts wussten. Was sie nicht speziell wissen mussten, wurde ihnen nicht mitgeteilt.

Die Hälse wegen der gewundenen Rohre als Wurmröhren bezeichnet waren ideal für Gymnastik und Spiele; und dreißig Lost Boys und Wendys, zwei Katzen und drei Papageien lieferten sich sogar jetzt ein Scharmützel, wobei sie Ballen nasser Kleidungsstücke als Geschosse benutzten. Wasserfolien glitten hinter einem transparenten Feld an der Außenwand hinab. Schatten lagen tief und schwarz allenthalben in den Wurmräumen und boten noch mehr Versteckplätze.

Martin sah seinen Kameraden zu. Sie hätten Teil einer Straßenbande sein können, die in einer Stadt auf und ab tobte. Er sog ihre Schönheit und Harmonie ein und konzentrierte sich dabei auf einige ausgewählte Personen: Hans Eagle von den Raptors, ein Jahr älter als Martin und der Älteste im Schiff, mit Stupsnase, breiten Schultern, kurzen Beinen und kräftigen Armen, das blonde Haar kurz geschnitten und borstig, die Haut blass schimmernd; Paola Birdsong, klein und anmutig, mit langem schwarzen Haar, das in einen wedelnden langen Zopf geflochten war; Stephanie Wingfeather mit klugen grauen Augen, das Haar zu einem festen Knoten gebunden; Rosa Sequoia, groß, rothaarig, mit ihrer charakteristischen Miene verwirrter Konzentration.

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