Der Bergpfarrer 104 – Heimatroman - Toni Waidacher - E-Book

Der Bergpfarrer 104 – Heimatroman E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 10 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jun"Liebling, du ißt einfach zu wenig", schüttelte Gerti Rheimann tadelnd den Kopf. Wolfgang Pahlinger ahnte nichts Gutes, als der Wagen auf den Hof fuhr. Der Mann, der ausstieg, war ihm nicht unbekannt. In den letzten Wochen war Franz Reiter mehrmals auf den Berghof gekommen, um die Forderung der Bank einzutreiben. Immer vergeblich, denn bei dem Bauern gab es nichts zu holen. Bei seinem letzten Besuch hatte der Gerichtsvollzieher dann die Zwangsräumung angedroht. Diesem Verfahren waren etliche Pfändungsversuche vorangegangen, und als diese nicht fruchteten, hatte die Bank den jungen Bauern verklagt.

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Der Bergpfarrer –104–

Der unbeugsame Bergbauer

Wolfgang, ich stehe auf deiner Seite!

Roman von Toni Waidacher

Wolfgang Pahlinger ahnte nichts Gutes, als der Wagen auf den Hof fuhr. Der Mann, der ausstieg, war ihm nicht unbekannt. In den letzten Wochen war Franz Reiter mehrmals auf den Berghof gekommen, um die Forderung der Bank einzutreiben. Immer vergeblich, denn bei dem Bauern gab es nichts zu holen. Bei seinem letzten Besuch hatte der Gerichtsvollzieher dann die Zwangsräumung angedroht. Diesem Verfahren waren etliche Pfändungsversuche vorangegangen, und als diese nicht fruchteten, hatte die Bank den jungen Bauern verklagt. Das Gericht entschied zu Gunsten der Gläubigerin, und Wolfgang Pahlinger wurde aufgefordert, den Hof, der seit über drei Generationen im Familienbesitz war und nun der Bank gehörte, zu räumen.

War Franz Reiter die anderen Male immer alleine hergekommen, so folgte heute seinem Pkw ein großer Möbelwagen. Der Gerichtsvollzieher stieg aus und kam auf das Haus zu. Wolfgang stand am Fenster und wartete ab. Die Haustür hatte er abgesperrt, und in seiner rechten Hand hielt er die Jagdflinte, die er vom Vater geerbt hatte.

Es klopfte. Einmal, zweimal. Dann ein drittes Mal, energischer. Der Bauer vernahm die Stimme des Vollstreckungsbeamten.

»Herr Pahlinger, öffnen Sie! Ich weiß, daß Sie da drinnen sind.«

Ein Zucken ging über das markante Gesicht des Bauern. Wolfgang Pahlinger war achtundzwanzig Jahre alt. Er hatte strohblondes Haar, eine schlanke Gestalt und Hände, die zupacken konnten. Trotzdem hatte ihm diese Kraft nicht helfen können, den Hof zu erhalten. Die allgemeine schlechte wirtschaftliche Lage, zwei aufeinander folgende Mißernten und nicht zuletzt ein Feuer, das die große Scheune in Schutt und Asche legte, hatten den Niedergang beschleunigt. Ohnehin hatte das Erbe von Anfang an unter keinem guten Stern gestanden. Als Wolfgangs Vater starb, hinterließ er dem Sohn nicht nur den Hof, sondern auch eine ganze Menge Schulden, die zu tilgen fast unmöglich gewesen war. Den größten Posten beanspruchte die Hausbank des Pahlingerbauern, und so dauerte es kaum zwei Jahre, bis Wolfgang feststellen mußte, daß er pleite war.

Einsehen wollte er es indes nicht, sondern kämpfte mit allen Mitteln um den Erhalt des Hofes, schuftete von früh bis spät und gönnte sich selbst nichts.

Doch alles vergebens. Als zwei Jahre hintereinander die Ernte schlecht ausfiel und dann auch noch das Feuer, ausgelöst durch einen Blitzschlag, ausbrach, da konnte es keine Rettung mehr geben. Wolfgang bemühte sich zwar in Gesprächen mit der Bank, einen weiteren Aufschub, einen Kredit sogar, zu bekommen, doch man winkte nur ab. Zu schlecht waren die Prognosen, die Wirtschaftsberater und Unternehmensfachleute ihm bescheinigten. Die Bank hatte Angst um ihr Geld und wollte deshalb den Hof zwangsversteigern lassen, um somit wenigstens einen Teil zurückzubekommen.

Der Gerichtsvollzieher hämmerte gegen die Tür. Wolfgang Pahlinger schob die Gardine einen Spalt zurück und lugte hindurch. Vor dem großen Wagen standen zwei muskelbepackte Möbelträger und warteten ab, was geschehen würde. Für sie war es nicht das erste Mal, daß sie eine Wohnung oder ein Haus zwangsräumten. Wolfgang ahnte, daß er gegen die beiden nicht würde ankommen können. Er öffnete das Fenster und schob den Lauf seiner Flinte hindurch.

»Verschwindet von meinem Grund und Boden!« rief er mit scharfer Stimme.

Franz Reiter war, als das Fenster geöffnet wurde, einen Schritt zurückgetreten. Mit Schrecken sah er den Gewehrlauf auf sich gerichtet.

»Machen S’ keine Dummheiten, Herr Pahlinger«, sagte er und versuchte, seiner Stimme einen ruhigen Klang zu geben. »Die Räumung ist gerichtlich angeordnet. Sie machen sich strafbar, wenn Sie sich ihr widersetzen.«

»Verschwinden sollt ihr, hab’ ich gesagt!« rief der Bauer zurück. »Aber plötzlich, sonst kracht’s!«

Er zielte nach oben und drückte den Abzug, Der Knall ließ die Männer draußen zusammenzucken, und die beiden Möbelträger brachten sich rasch hinter ihrem Lkw in Deckung.

»Herr Pahlinger, sind Sie wahnsinnig geworden?« rief Franz Reiter aufgeregt. »Ich bringe Sie zur Anzeige. Dafür gehen S’ ins Gefängnis!«

Er erlebte es immer wieder, daß die Leute sich widersetzten, wenn sie ihre Wohnung räumen sollten, und manchmal kam es auch zu tätlichen Übergriffen. Zu manchen Terminen nahm der Gerichtsvollzieher die Polizei mit, immer dann, wenn er ahnte, was da auf ihn zukommen könnte. Heute, wurde ihm klar, hätte er besser daran getan, nicht auf diesen Schutz zu verzichten.

»Das ist mir wurscht«, brüllte Wolfgang Pahlinger auf die Androhung der Gefängnisstrafe. »Ich zähl’ bis drei, dann seid ihr verschwunden, oder es wird ernst. Bitter­ernst!«

Er zählte laut, nicht zu schnell, aber auch nicht zu langsam. Bei Zwei saßen die Möbelpacker schon in ihrem Wagen und ließen den Motor an, bei Drei krachte ein neuer Schuß, und die Kugel schlug in die hohe Kastanie ein, die vor dem Haus stand. Es regnete Blätter und Äste, und Franz Reiter sprang fluchend in sein Auto.

»Das wird ein Nachspiel haben, Herr Pahlinger«, rief er wütend. »Verlassen S’ sich drauf!«

*

Der Gerichtsvollzieher war allerdings nicht weit gefahren. Er hielt wieder an und stieg aus, dann winkte er den Männern zu, die mit dem Möbelwagen an ihm vorbei wollten.

»Warten S’, noch ist die Sache hier net zu Ende«, sagte er grimmig und klopfte auf seine Aktentasche. »Hier drinnen ist ein gerichtlicher Räumungsbeschluß, und der wird durchgesetzt.«

Der Fahrer blickte ihn skeptisch an.

»Glauben S’ wirklich, daß Sie da was ausrichten können?« fragte er. »Der Kerl schießt uns über den Haufen, wenn wir noch mal auf den Hof fahren.«

Franz Reiter schüttelte den Kopf.

»Noch ist net aller Tage Abend«, entgegnete er und griff in seine Jackentasche. »Es gibt da einen Menschen, auf den wird der Pahlinger hören.«

Er hatte sein Handy herausgeholt und wählte die Nummer des Pfarrhauses in St. Johann. Vor ein paar Wochen hatte er mit dem Geistlichen gesprochen, als es darum ging, daß Wolfgang Pahlinger in absehbarer Zeit seinen Hof würde räumen müssen. Pfarrer Trenker hatte ihm seinerzeit angeboten, zu vermitteln, wenn es dabei zu Schwierigkeiten kommen würde.

Am besten bringt Hochwürden gleich seinen Bruder mit, dachte er, während er auf das Klingeln lauschte.

Es dauerte eine Weile, bis sich am anderen Ende jemand meldete.

»Grüß Gott, Hochwürden«, sagte der Gerichtsvollzieher aufgeregt. »Franz Reiter hier. Sie erinnern sich? – Ja, genau. Bitte, Hochwürden, könnten S’ zum Pahlingerhof kommen? Der Bauer spielt verrückt. Er hat sogar schon auf uns geschossen…!«

Sebastian Trenker war gerade im Pfarrgarten beschäftigt gewesen, als das Telefon klingelte. Seine Haushälterin hatte an diesem Morgen einen Termin bei Dr. Wiesinger, und darum dauerte es einen Moment, ehe er im Arbeitszimmer war. Als der Bergpfarrer jetzt diese Nachricht vernahm, erschrak er.

»Um Himmels willen!« entfuhr es ihm. »Ja, Herr Reiter, ich komm’ sofort. Bin schon unterwegs.«

»Bringen S’ gleich Ihren Bruder mit«, rief der Gerichtsvollzieher noch. »Ich laß den Kerl nämlich verhaften.«

Sebastian antwortete nicht mehr darauf. Er legte den Hörer auf die Gabel und band die grüne Gartenschürze ab, die er während der Arbeit getragen hatte. Dann schlüpfte er in seine Jacke und eilte hinaus.

Ist der Bursche denn von allen guten Geistern verlassen? fragte er sich, während er zu seinem Auto lief und einstieg. Schießt wie wild mit dem Gewehr in der Gegend umher!

So schnell es der Verkehr zuließ, fuhr er zu dem Berghof, der unterhalb des Koglermassivs lag, und erreichte ihn knapp zehn Minuten später. Schon von weitem sah er den Möbelwagen und die Männer, die davorstanden.

»Gut, daß Sie da sind, Hochwürden«, begrüßte Franz Reiter den Geistlichen. »Ist Ihr Bruder net mitgekommen?«

»Ich denk’, daß wir die Angelegenheit auch ohne polizeilichen Schutz regeln können.« Sebastian schüttelte den Kopf. »Lassen S’ mich erst mal mit dem Wolfgang alleine reden.«

Er ließ die Männer stehen und ging auf den Hof. Von dem Bauern war nichts zu sehen, aber Sebastian ahnte, daß Wolfgang Pahlinger noch immer hinter der Gardine stand und nach draußen schaute.

Er klopfte an die Tür.

»Ich bin’s, Wolfgang, Pfarrer Trenker«, rief er, obwohl er wußte, daß der ihn längst gesehen hatte. »Mach’ auf!«

Der Schlüssel wurde herumgedreht und die Tür aufgezogen. Bleich und unrasiert stand Wolfgang vor ihm und schaute Sebastian mit versteinertem Gesicht an. Die Flinte hielt er immer noch in den Händen, doch der Lauf zeigte nach unten.

»Mich bringt hier keiner raus«, drohte er. »Nur als Leich’!«

»Mach’ keinen Blödsinn«, erwiderte der Bergpfarrer unerschrocken und griff nach der Flinte. »Gib her.«

Ohne Widerstand ließ der Bauer sich das Gewehr abnehmen. Sebastian schob ihn beiseite und trat ein. Die beiden Männer sahen sich einen Moment schweigend an, dann schüttelte der Geistliche den Kopf.

»So geht’s net, Wolfgang«, sagte er. »Das ist keine Lösung, und du bringst dich durch dein Verhalten nur noch in größere Schwierigkeiten, als du ohnehin schon hast.«

Der junge Bauer stand mit hängenden Schultern da. In seinem Gesicht zuckte es.

»Noch schwieriger kann’s ja net mehr werden«, antwortete er.

Sebastian hatte das Gewehr auf den Tisch gelegt. Dieser Raum war an Sonntagen immer der Mittelpunkt des Hauses gewesen. Generationen von Bauern hatten hier gesessen und gefeiert. Würden die alten Möbel erzählen können, was sie schon alles gesehen hatten – die Geschichten würden nie enden.

»Der Herr Reiter tut nur seine Pflicht«, sagte er. »Daß es so gekommen ist, dafür kann er nix.«

»Ich aber auch net«, begehrte Wolfgang auf. »Ich hab’ doch alles versucht, um den Hof zu erhalten. Tag und Nacht geschuftet hab’ ich. Was kann ich für die Mißernten? Was kann ich für das Feuer?«

»Nix«, gab der Geistliche zu. »Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände. Aber mit Gewalt ist da keine Lösung zu erreichen.«

Der Bauer hob hilflos die Arme.

»Was soll ich denn noch tun?« rief er. »Angefleht hab’ ich die Leute auf der Bank. Auf Knien bin ich gelegen, um einen Aufschub zu erreichen, einen neuen Kredit sogar, damit’s weitergehen kann. Aber die Herren in ihren Anzügen und Krawatten, was haben die getan?«

Sebastian nickte. Er hatte das ganze Drama ja hautnah miterlebt. Mehr als einmal war er mit Wolfgang Pahlinger auf die Bank gegangen, in der Hoffnung, daß er vielleicht etwas für den Bauern erreichen könne.

Doch die Hoffnung war vergebens gewesen.

Natürlich war man höflich gewesen, hatte sie in das Hinterzimmer gebeten und Kaffee angeboten. Doch bei den anschließenden Verhandlungen waren sie knallhart geblieben und hatten kein Entgegenkommen gezeigt.

Natürlich hatte Sebastian Trenker es nicht so ohne weiteres hinnehmen wollen, daß der Pahlingerhof unter den Hammer kam. Aber hier waren ihm die Hände gebunden gewesen. Als er jetzt, von dem Gerichtsvollzieher alarmiert, zum Hof hinaufgefahren war, da war ihm ein Gedanke gekommen, wie eine Zwangsversteigerung vielleicht doch noch verhindert werden könnte.

Es war eher ein Gedankenblitz gewesen, der ihn durchzuckte, doch jetzt nahm die Idee immer mehr Gestalt an. Einfach würde es freilich nicht werden. Zunächst mußte Franz Reiter einem Aufschub zustimmen, und ob er das unter diesen Umständen noch tat, war eine andere Frage.

Und dann würde Sebastian Trenker mit einem Mann sprechen müssen, dem er einmal einen großen Gefallen getan hatte, an dessen Dankbarkeit appellieren.

Gerne tat er es nicht, eine Schuldpflicht einfordern. Wenn der gute Hirte von St. Johann half, dann tat er es, ohne dafür Dankbarkeit zu erwarten.

Doch in diesem besonderen Fall würde er um eine Gegenleistung bitten müssen.

*

»Hör zu«, sagte er zu dem jungen Bauern. »Ich red’ noch mal mit dem Herrn Reiter und bitte ihn um einen Aufschub. Und wir beide fahren morgen vielleicht schon in die Stadt. Ich sag’ dir deswegen heut’ abend noch Bescheid. Aber bis dahin bleibst’ vernünftig und läßt vor allem die Finger von dem Gewehr. Hast’ mich verstanden?«

Wolfgang Pahlinger nickte.

»Ja, aber wie soll’s denn weitergehen?« wollte er wissen. »Selbst wenn der Reiter einen Aufschub gewährt, davon hab’ ich morgen oder übermorgen das Geld auch net.«

»Glaubst’, das weiß ich net selbst? Deshalb fahren wir ja in die Stadt. Aber jetzt laß mich erst mal mit dem Mann da draußen reden. Und vielleicht wär’s ganz gut, wenn du dich nachher bei ihm entschuldigst.«

Der Bauer nickte stumm.

Sebastian ging nach draußen. Der Gerichtsvollzieher und die beiden Möbelpacker sahen ihm erwartungsvoll entgegen. Allerdings war Franz Reiter von dem Vorschlag des Geistlichen nicht begeistert.

»Wo denken Sie hin, Hochwürden?« fragte er. »Wie soll ich das meinem Auftraggeber gegenüber rechtfertigen? Ich hab’ eine klare, richterliche Anweisung, und die muß ich ausführen. Überhaupt – wenn’s dem Herrn Pahlinger net gelungen ist, im letzten Vierteljahr das Geld aufzutreiben, wie will er das jetzt in einer Woche schaffen?«

Er schüttelte den Kopf.

»Außerdem hab’ ich gar keinen Grund, mich ihm gegenüber kulant zu verhalten. Net nach dem Vorfall vorhin.«

»Ich weiß, daß ich da einiges von Ihnen verlange«, erwiderte Sebastian. »Aber ich weiß auch, daß Sie da einigen Spielraum haben, was die Durchsetzung der Zwangsräumung anbelangt. Ich bitt’ Sie, geben S’ Ihrem Herzen einen Stoß. Der Herr Pahlinger wird sich auch bei Ihnen entschuldigen.«

»Das ist ja wohl auch das mindeste, was ich erwarten kann«, meinte der Gerichtsvollzieher, jetzt schon nicht mehr ganz so abweisend.

»Ich will mich ja net einmischen«, meldete sich der Fahrer des Möbelwagens zu Wort. »Aber je länger wir hier stehen, um so teurer wird’s…«

»Genau«, nickte Franz Reiter. »Und das muß auch noch geklärt werden. Wenn ich die beiden Männer jetzt wieder nach Haus’ schick’, wer bezahlt das dann?«

Sebastian holte tief Luft.

»Schicken S’ die Rechnung an mich«, sagte er und sah den Gerichtsvollzieher an. »Noch etwas, Herr Reiter, ich garantier’ Ihnen, daß Wolfgang Pahlinger seinen Hof freiwillig räumen wird, wenn’s net gelingt, das Geld innerhalb der nächsten Woche zu beschaffen. Dafür steh’ ich mit meinem Wort.«

»Also schön«, seufzte der geplagte Mann. »Ich hab’ schon heut’ morgen beim Aufstehen gewußt, daß das kein guter Tag wird.«

Er drehte sich zu den Möbelpackern um.

»Meine Herren, Sie haben’s gehört. Heut’ wird net geräumt.«

Die beiden Männer stiegen kopfschüttelnd in ihren Wagen und fuhren los. Franz Reiter sah Sebastian an.

»Na, dann mal los, in die Höhle des Löwen.«

Der erwies sich als recht zahm. Als der Geistliche und der Gerichtsvollzieher über den Hof kamen, öffnete Wolfgang Pahlinger die Haustür und kam heraus. Verlegen wischte er sich die Hände an der Hose ab.

»Es… es tut mir leid«, stammelte er.

Franz Reiter sah ihn böse an.

»Ihnen ist hoffentlich klar, daß Sie sich strafbar gemacht haben«, sagte er. »Danken S’ Pfarrer Trenker, daß ich vorerst von einer Anzeige abseh’.«

Der junge Bauer nickte.

Franz Reiter klappte seine Aktentasche auf und zog die Unterlagen heraus. Er öffnete den Ordner und schrieb etwas mit seinem Kugelschreiber hinein.

»Heut’ ist der…«

Er schaute auf seine Armbanduhr, die offensichtlich eine Kalenderanzeige besaß.

»Der sechzehnte. Ich verschieb’ die Zwangsräumung um eine Woche. Wenn ich bis zum dreiundzwanzigsten nix von Ihnen gehört hab’, steh’ ich also nächsten Montag wieder hier vor der Tür, und dann wird geräumt!«

Die letzten Worte hatte er mit deutlichem Nachdruck gesagt. Er reichte Wolfgang Pahlinger eine Kopie und steckte den Ordner in die Tasche zurück.

»Also, bis dann«, nickte er den beiden Männern zu und verließ das Haus.