Der Bergpfarrer 122 – Heimatroman - Toni Waidacher - E-Book

Der Bergpfarrer 122 – Heimatroman E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer Sebastian Trenker hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit gut 13 Jahren, hat sich in ihren Themen dynamisch weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Unter anderem gingen auch bereits zwei Spielfilme im ZDF mit je etwa 6 Millionen Zuschauern daraus hervor. Maren Bergstetter schob die vollbeladene Schubkarre aus dem Stall und rollte sie über den Hof zum Misthaufen, der neben der großen Scheune angelegt war. Über den Bergen ging gerade erst die Sonne auf, die Kühe, eben gemolken, trotteten auf die Weide, und Branko, der Hofhund, lief aufgeregt zwischen ihnen hin und her. Die junge, hübsche Bäuerin leerte die Schubkarre und schob sie in den Stall zurück. Ärgerlich warf sie einen Blick auf die Uhr. Dann ging sie kopfschüttelnd aus dem Stall, zum Haus hinüber. Dort öffnete sich im selben Moment die Tür, und ein Madl trat heraus.

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Der Bergpfarrer –122–

Florian, unser rettender Engel?

Roman von Toni Waidacher

Maren Bergstetter schob die vollbeladene Schubkarre aus dem Stall und rollte sie über den Hof zum Misthaufen, der neben der großen Scheune angelegt war.

Über den Bergen ging gerade erst die Sonne auf, die Kühe, eben gemolken, trotteten auf die Weide, und Branko, der Hofhund, lief aufgeregt zwischen ihnen hin und her.

Die junge, hübsche Bäuerin leerte die Schubkarre und schob sie in den Stall zurück. Ärgerlich warf sie einen Blick auf die Uhr. Dann ging sie kopfschüttelnd aus dem Stall, zum Haus hinüber. Dort öffnete sich im selben Moment die Tür, und ein Madl trat heraus.

»Entschuldige«, gähnte Anna. »Ich hab’ verschlafen.«

Maren sah ihre Schwester an. In ihrem Blick stand ein deutlicher Vorwurf.

»Das ist ja nix Neues«, sagte sie. »Jetzt brauchst’ auch net mehr zu kommen. Die Arbeit ist getan.«

Anna Bergstetter senkte schuldbewußt den Kopf. Dennoch regte sich Trotz in ihr.

»Mensch, reg’ dich doch net so auf«, rief sie. »Kann doch mal passieren, daß man sich verquatscht und dabei die Zeit vergißt.«

»Nur, daß es bei dir ein Dauerzustand ist«, entgegnete Maren. »Du amüsierst dich, und die ganze Arbeit bleibt an mir hängen. Kümmere dich wenigstens um das Frühstück.«

Anna zog einen Schmollmund und trollte sich. Maren betrat hinter ihr das Bauernhaus. Während die jüngere Schwester in die Küche ging, drückte die Ältere die Tür zur Schlafkammer der Mutter auf.

»Habt ihr euch schon wieder gestritten?« fragte Katie Bergstetter.

Die Bäuerin saß angezogen auf der Bettkante. Sie sah krank aus, obwohl ihr körperlich nichts fehlte. Die Seele sei es, hatte Dr. Wiesinger gesagt. Auch wenn Josef Bergstetter schon seit zwei Jahren unter der Erde lag, seinen Tod hatte die Witwe nie verwunden.

»Was war denn?« hakte die Bäuerin nach.

Maren zuckte die Schultern.

»Was soll schon gewesen sein«, erwiderte sie. »Ist doch ewig dieselbe Leier. Die Anna ist einfach nur faul und denkt nur an ihr Vergnügen.«

Ihre Mutter, eine hagere Frau von fünfundfünfzig Jahren, mit grauen Haaren und einem schon zerfurchten Gesicht, richtete sich mühsam auf.

»Sie ist doch noch jung«, meinte sie begütigend. »Du mußt Geduld mit ihr haben. Die Anna ist kein schlechtes Madl. Sie braucht eben die Abwechslung und ein bissel Spaß.«

Marens Blick fiel auf den großen Spiegel, der neben dem Schrank hing. Sie sah sich selbst darin. Eine junge, schlanke Frau, die blonden Haare noch unter einem Kopftuch verborgen, ein hübsches Gesicht und Augen, die strahlten, wenn ihre Besitzerin lachte.

Doch das kam selten vor.

Und ich, dachte Maren mit einem Anflug von Bitterkeit, brauch ich keine Abwechslung und ein bissel Vergnügen?

Sie richtete das Bettzeug her.

»Ich gönn’ ihr ja ihren Spaß«, sagte sie leise. »Aber Anna ist alt genug, um Verantwortung zu übernehmen, und es geht nun einmal net anders, als daß sie auch auf dem Hof mit anpackt. Schwer genug ist’s ohnehin für uns.«

»Du hast ja recht«, nickte ihre Mutter und strich sich das Haar glatt. »Wenn der Vater noch leben würd’, dann wär’ alles anders.«

Sie schluchzte und zog ein Taschentuch hervor.

Maren nahm sie in die Arme.

»Da, wo er jetzt ist, da hat er’s besser«, sagte sie tröstend. »Da hat er keine Schmerzen mehr, und ich bin sicher, daß er auf uns herabschaut und immer bei uns ist.«

Sie schob ihre Mutter aus der Schlafkammer.

»Anna wird das Frühstück wohl fertig haben. Geh’ schon mal in die Küche, ich komm’ gleich nach.«

Sie ging in die Kammer zurück und öffnete das Fenster. Dann ordnete sie das Nachthemd ihrer Mutter, rückte hier etwas gerade, stellte dort etwas zurecht und nickte schließlich zufrieden.

Ja, wenn der Vater noch leben tät’, dachte sie, der würde der Anna net alles durchgehen lassen. Die Flausen würd’ er ihr austreiben.

Sie schaute auf das Doppelbett, dessen rechte Hälfte seit dem Tode des Bauern leer war, und jetzt füllten sich auch ihre Augen mit Tränen.

Doch sie kämpfte sie tapfer nieder.

Du darfst net weinen! Du mußt stark sein, für die Mutter und für die Anna!

Dies sagte sie sich seit zwei Jahren, und doch wünschte sie sich, manchmal auch schwach sein zu dürfen. Richtig weinen zu können und sich danach befreit fühlen dürfen.

Maren gab sich einen Ruck und ging hinaus. Sie lief die Treppe hinauf und schlüpfte ins Bad. Schnell wusch sie sich Gesicht und Hände, bürstete die schulterlangen Haare durch und schaute sich dabei kritisch im Spiegel an.

Vielleicht sollt’ ich sie doch abschneiden lassen, überlegte sie dabei.

Die langen Haare waren bei der Arbeit auf dem Hof einfach nur lästig. Entweder mußten sie unter dem Kopftuch versteckt oder zu Zöpfen geflochten und dann hochgesteckt werden. Schon öfter hatte sie mit dem Gedanken gespielt, sich eine schicke Kurzhaarfrisur zuzulegen, doch das hatte Wolfgang nicht gewollt, und sie verzichtete ihm zuliebe darauf. Jetzt, wo es zwischen ihnen aus war und sie niemanden zu fragen brauchte, schien diesem Schritt nichts mehr im Wege zu stehen.

Maren seufzte, als sie an Wolfgang Brauer dachte, und sie spürte wieder diesen tiefen Schmerz.

Doch auch dieser Herzschmerz währte nur kurz.

»Zum Teufel mit ihm«, murmelte sie, ärgerlich über sich selbst, weil sie ihn nicht aus ihren Gedanken verbannen konnte. »Ich brauch’ keinen Mann. Höchstens einen zum Arbeiten.«

Sie verließ das Bad und lief die Treppe hinunter. In der Diele roch es nach gebratenem Speck und Eiern.

Wenigstens das kann sie, die Anna, dachte sie mit einem Anflug von Galgenhumor. Aber sonst ist sie zu nix nütze.

*

»Maren, der Traktor springt net an«, kam Anna schimpfend in die Küche gelaufen. »So was Blödes! Ich muß doch aufs Feld. Was machen wir denn jetzt?«

Die ältere Schwester trocknete sich seufzend die Hände an einem Tuch ab.

»Mach mal weiter hier.« Sie deutete sie auf die Kartoffeln, die sie gerade schälen wollte. »Ich schau’s mir an.«

Auf dem Bergstetterhof herrschte eine strenge Arbeitsreglung; die jüngere Anna hatte nie große Lust verspürt, sich um die landwirtschaftlichen Dinge zu kümmern. Statt dessen arbeitete sie lieber im Haus – zwar mehr schlecht als recht, aber immerhin – und überließ es Maren, die Felder zu pflügen, zu säen und später zu ernten. Um dem entgegen zu wirken, hatte die Ältere bestimmt, daß die Schwestern abwechselnd im Haus und auf dem Hof arbeiteten. Heute war eigentlich Anna an der Reihe, und Maren argwöhnte, daß sie sich das mit dem Traktor nur ausgedacht hatte, um sich vor der Feldarbeit zu drücken.

Doch als sie selber hinter dem Lenkrad saß und versuchte, den Motor zu starten, gab er keinen Mucks von sich.

Verstimmt kletterte sie wieder hinunter und öffnete die Klappe.

Hab’ ich ihr wohl unrecht getan, dachte sie dabei, während sie Schrauben, Ventile und Leitungen überprüfte.

Vergebens, sie fand den Fehler nicht auf Anhieb und ahnte, daß es ein langer Vormittag werden würde, ehe sie zum Feld hinausfahren konnten. Maren ging in die Scheune und holte den Werkzeugkasten.

»Eigentlich kein Wunder«, murmelte sie, als sie wieder vor dem Traktor stand. »Ist ja schon ein Oldtimer. Wir können von Glück sagen, daß er seinen Geist noch net ganz aufgegeben hat.«

Ärgerlich über den Zeitverlust, machte sie sich an die Arbeit. Zwei Stunden später kam Anna hinzu.

»Will er immer noch net?« fragte sie.

Maren, die auf einem Tritt stand, um besser an den Motor heranzukommen, schüttelte unwillig den Kopf.

»Was fragst’ denn? Das siehst’ doch selbst.«

Anna umrundete den Traktor. Der Vater hatte ihn vor zwanzig Jahren gekauft, da war sie noch nicht einmal geboren. Sie erinnerte sich, wie sie und Maren als Kinder mit aufs Feld gefahren waren. Abwechselnd durfte eine von ihnen beim Vater auf dem Schoß sitzen und lenken.

Himmel, war das lang’ her!

Maren schimpfte etwas Unverständliches.

»Sollen wir net jemanden zu Hilfe holen?« fragte Anna.

Die Schwester sprang vom Tritt.

»Und wer soll das bezahlen?« fragte sie zurück. »Das Geld ist ohnehin knapp. Da können wir uns eine teure Reparatur gar net leisten.«

»Und was ist mit – Wolfgang?« meinte die Jüngere.

Maren sah sie mit funkelnden Augen an.

»Erwähn’ diesen Namen nie wieder!« rief sie.

»Jetzt stell’ dich net so an!« explodierte Anna. »Du brichst dir schon keinen Zacken aus der Krone, wenn du ihn anrufst und um Hilfe bittest. Wolfgang hätte das hier im Handumdrehen erledigt. Warum mußtest du auch mit ihm Schluß machen? Jetzt haben wir überhaupt niemanden mehr, wenn mal was kaputt geht.«

Im nächsten Moment hätte sie sich am liebsten auf die Zunge gebissen und die Worte ungesagt gelassen. Sie wußte doch, wie empfindlich Maren darauf reagierte, wenn jemand von ihrem Exfreund sprach. Anna war nicht sicher, ob die Schwester überhaupt schon über die Trennung hinweg war. Ihre Zimmer lagen nebeneinander, und so manches Mal, wenn Anna spät in der Nacht nach Hause gekommen war, glaubte sie, Maren in ihrem Bett weinen zu hören.

Die Ältere reagierte indes nicht auf den Vorwurf.

»Was macht Mutter?« wollte sie statt dessen wissen.

»Die sitzt in der Küche und schaut die Wand an«, erwiderte die Jüngere achselzuckend.

Maren schüttelte den Kopf.

So ging es einfach nicht mehr weiter. Gewiß war es schwer, den geliebten Mann, Vater ihrer Kinder und Ernährer der Familie zu verlieren. Aber ihre Mutter gab sich buchstäblich auf. Irgendwas mußte geschehen, um das zu ändern, sonst würde Katie Bergstetter bald neben ihrem Mann auf dem Friedhof liegen.

»Wie weit ist denn das Essen?« fragte sie.

»Wird pünktlich fertig sein.«

Maren nickte.

»Ich hoff’, daß ich’s bis dahin fertig hab’«, sagte sie. »Dann kannst’ aufs Feld hinaus, und ich kümm’re mich um Mutter. Paß du derweil ein bissel auf sie auf.«

Anna nickte und ging ins Haus zurück, während ihre Schwester wieder auf den Tritt kletterte.

Hat sie wirklich recht, überlegte Maren, während sie an einer Schraube hantierte, die sich partout nicht lösen lassen wollte, hätt’ ich net mit ihm Schluß machen sollen?

Wolfgang Brauer, ein stattlicher Mann, Ende zwanzig. Er sah gut aus, war ein begnadeter Tänzer und hatte sich vom Automechaniker zum Generalvertreter einer Firma für Landmaschinen hochgearbeitet. Sie hatten sich vor einem Jahr kennengelernt, als Maren eine Fachausstellung für Landwirte besuchte. Aus einem anfänglichen Flirt war mehr geworden, und Wolfgang war öfter auf dem Bergstetterhof zu finden als in seinem Haus in der Stadt.

Maren hielt inne und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Ganz deutlich stand sein Bild vor ihr, das markante Gesicht, das jungenhafte Lächeln, das er manchmal zeigte und das sie bei ihrem ersten Gespräch so in seinen Bann gezogen hatte.

Auf dem Hof hatte Wolfgang die Maschinen in Schuß gehalten. Ihm war klar, daß Maren und ihre Familie sich keine neuen würden kaufen können, selbst wenn er auf seine Provision verzichtete. Also hatte er immer wieder zum Werkzeugkasten gegriffen und den Schaden repariert. Doch irgendwann schien er davon die Nase voll zu haben. Maren bemerkte es an seinem Verhalten, wenn er wieder mal beim Ölwechsel war, einen Luftfilter austauschte oder eine neue Anhängerkupplung eingebaut werden mußte. Eines Tages rückte er schließlich mit der Sprache heraus…

Es war ein schöner Abend gewesen. Wolfgang hatte sie ausgeführt. Nach einem Kinobesuch gingen sie in ein Lokal, tranken etwas und unterhielten sich.

»Glaubst’ wirklich, daß das alles noch Sinn hat?« fragte er, als sie sagte, es dürfe, obwohl sie den Abend genieße, nicht so spät werden, weil sie am nächsten Morgen wieder früh raus mußte.

Sie hatte ihn verständnislos angesehen.

»Wie meinst du das?«

Er zuckte die Schultern.

»Na ja, schau doch mal«, sagte er, »der Hof, die ganze Arbeit, dazu noch mit den veralteten Maschinen –, das ist doch net alles, was du dir vom Leben erträumst, oder?«

Er nahm ihre Hand und hielt sie fest.

»Maren«, fuhr er eindringlich fort, »heirat’ mich. Wir verkaufen den Hof und mit dem Geld können wir eure Mutter in ein gutes Altenheim bringen. Da hat sie ihre Pflege und andere Menschen, die sie von ihren trüben Gedanken ablenken. Die Anna hat ohnehin keine Lust zur Landwirtschaft, sie könnt’ eine Ausbildung machen, in einem Beruf, in dem sie wirklich Freude hat. Und wir zwei, wir werden ein schönes Leben haben. Ich verdien’ genug, um eine Familie ernähren zu können. Selbst ein Haus ist schon da.«

Wolfgang sah ihr tief in die Augen.

»Bitte, Maren, werd’ meine Frau«, sagte er inständig.

Bestimmt wäre jede andere Frau über solch einen Heiratsantrag glücklich gewesen. Doch nicht Maren Bergstetter. Sie schüttelte den Kopf.

»Das kannst’ net von mir verlangen, Wolfgang«, erwiderte sie mit tonloser Stimme. »Den Hof verkaufen, die Mutter ins Heim abschieben –, wo denkst du hin?«

»Sei doch vernünftig«, bat er. »Um den Hof wieder auf Vordermann zu bringen, bräuchtet ihr mindestens eine halbe Million. Ein neuer Traktor ist net unter hundertfünfzigtausend zu haben, ein Mähdrescher kostet doppelt soviel. Woher willst’ denn das Geld nehmen?«

Mit einem Mal war der Abend nicht mehr so schön, wie er begonnen hatte. Maren wußte ja, daß Wolfgang mit seinen Argumenten recht hatte, aber sie würde es niemals übers Herz bringen, den Hof zu verkaufen und die Mutter im Altenheim wohnen zu lassen. Lieber verzichtete sie auf alles andere und wenn es ihr noch so schwerfiel.

»Auch auf mich?« fragte Wolfgang mit schwerer Stimme, nachdem sie es ihm erklärt hatte.

»Ja«, antwortete Maren nach einer Weile, auch wenn ihr das Herz dabei blutete.

Es war noch nicht gleich vorüber. Aber diese Aussprache bedeutete den Anfang vom Ende. Wolfgang versuchte immer wieder, sie zu überzeugen. So lange, bis Maren ihm den Laufpaß gab. Sie war es leid, seine ewigen Bitten und Vorhaltungen zu hören. Es war bitter und tat unheimlich weh. Aber sie wußte keinen anderen Ausweg.

*

»Ist das wieder eine Hitze heut’«, stöhnte Max Trenker, als er die Küche des Pfarrhauses betrat.

Wie gewöhnlich war der Bruder des Bergpfarrers zum Mittagessen herübergekommen. Max, der als Polizist für Ruhe und Ordnung in St. Johann sorgte, bewohnte zwar zwei große Zimmer über dem Revier, aber das hielt ihn nicht davon ab, sich weiter von Sophie Tappert lukullisch verwöhnen zu lassen.

»Was gibt’s denn Gutes?« fragte er.

Im Gegensatz zu sonst konnte er nämlich nicht dem Essensduft entnehmen, was die Haushälterin auftischen wollte –, es roch heute gar nicht.

»Setzen S’ sich nur«, erwiderte Sophie Tappert. »Ich bin gleich soweit.«

Auf dem Tisch lagen außer Suppenlöffel auch Messer und Gabeln. Max war irritiert. Er konnte sich beim besten Willen nicht denken, was es zu essen geben sollte. Aber er setzte sich und schaute der Haushälterin zu, die eben mit einer Schüssel aus der Speisekammer kam.

»Ist mein Bruder noch net da?« erkundigte er sich. »Die Sitzung des Gemeinderats kann doch net so lang’ dauern.«

»Heut’ geht’s doch um ein brisantes Thema«, erklärte Sophie. »Hochwürden hat gesagt, ich soll net mit dem Essen auf ihn warten.«

»Also, jetzt spannen S’ mich net länger auf die Folter«, sagte Max ungeduldig. »Was haben S’ denn nun gekocht?«