Der Bergpfarrer 393 – Heimatroman - Toni Waidacher - E-Book

Der Bergpfarrer 393 – Heimatroman E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 10 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Unter anderem gingen auch mehrere Spielfilme im ZDF mit Millionen Zuschauern daraus hervor. Der Altknecht vom Birknerhof klopfte an die Tür der Kammer, in der sein junger Kollege schlief. "Tobias, aufsteh'n!" Xaver Gerlach wartete eine halbe Minute ab, ehe er erneut anklopfte, diesmal härter, lauter. "Bist' schwerhörig?", rief er ungeduldig. "Jetzt aber raus aus den Federn, die Küh' warten!" "Ja, ich komm ja gleich", antwortete Tobias Bachmann endlich. Xaver wartete noch einen Moment, bis er es hinter der Tür rumoren hörte – ein sicheres Zeichen dafür, dass der junge Knecht tatsächlich aufgestanden war – dann schlurfte er nach draußen.

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Der Bergpfarrer –393–

Die Ruhe vor dem Sturm

Wem kann man noch vertrauen?

Roman von Toni Waidacher

Der Altknecht vom Birknerhof klopfte an die Tür der Kammer, in der sein junger Kollege schlief. »Tobias, aufsteh’n!« Xaver Gerlach wartete eine halbe Minute ab, ehe er erneut anklopfte, diesmal härter, lauter. »Bist’ schwerhörig?«, rief er ungeduldig. »Jetzt aber raus aus den Federn, die Küh’ warten!«

»Ja, ich komm ja gleich«, antwortete Tobias Bachmann endlich.

Xaver wartete noch einen Moment, bis er es hinter der Tür rumoren hörte – ein sicheres Zeichen dafür, dass der junge Knecht tatsächlich aufgestanden war – dann schlurfte er nach draußen.

Dunst hing noch über dem Gesindehaus, in den frühen Stunden des anbrechenden Tages hatte es überraschender Weise ein heftiges Gewitter gegeben, riesige Pfützen auf dem Hof zeugten noch davon. Jetzt war die Feuchtigkeit noch deutlich zu spüren, und erst langsam setzen sich die Sonnenstrahlen gegen den Nebel durch, der über diesem Teil des Wachnertales lag.

Der Birknerhof stand an der Wetterscheide, während es hier regnete, herrschte in St. Johann und zum ›Höllenbruch‹ hin strahlender Sonnenschein, oder umgekehrt.

Xaver schob die Tür zum Stall auf, die Kühe muhten, ihre Euter waren prallgefüllt, und warteten darauf, gemolken zu werden.

Tobias kam endlich auch herein, er sah übernächtigt aus.

»Was ist denn mit dir los?«, fragte der ältere Kollege.

Der junge Knecht winkte ab. »Hab die halbe Nacht kein Auge zugetan«, antwortete er. »Erst am Morgen bin ich eingeschlafen.«

Xaver blickte ihn an. »Bist deswegen noch mal mit dem Motorradel los?«, wollte er wissen.

Tobias schrak zusammen. Hatte Xaver ihn etwa beobachtet? Und wenn ja, was wusste er?

»Hm«, brummte er. »Danach hab ich mich wieder hingelegt, und dann ging’s.« Was Besseres war ihm auf die Schnelle nicht eingefallen.

Der Altknecht gab sich mit dieser Antwort zufrieden und schloss die Melkschläuche an. Schweigend arbeiteten die beiden Männer nebeneinander. Sie waren ein eingespieltes Team, jeder Handgriff saß.

Indes war Tobias Bachmann an diesem Morgen doch nicht so ganz bei der Sache – das schlechte Gewissen plagte ihn. War er zu weit gegangen? Er redete sich ein, dass er es für Katja getan hätte, damit dieser Kerl endlich wieder von hier, und damit aus ihrem Leben, verschwinden würde.

Doch im Nachhinein fragte er sich, ob er wirklich die Konsequenzen seines Handelns bedacht hatte?

Brandstiftung, darauf stand Gefängnis!

Angstvoll und mit klopfendem Herzen hatte der junge Knecht nach seinem nächtlichen Ausflug im Bett gelegen und darauf gewartet, dass die Feuersirene erklingen würde. Als der Alarm ausblieb, war Tobias dann irgendwann doch eingeschlafen. Der Lindnerhof war unbewohnt und lag ein Stück von der Bergstraße entfernt.

Wer also hätte das Feuer entdecken sollen?

Während Tobias die Milchbehälter zur Hofeinfahrt schob, fütterte Xaver die Kühe. Dabei machte er sich so seine Gedanken. Er hatte nicht schlafen können und war gegen Morgen aufgestanden und hatte das Fenster öffnen wollen, um frische Luft hereinzulassen. Überrascht hatte er dabei gesehen, wie Tobias sein Motorrad über den Hof schob, ganz so, als ob niemand mitbekommen sollte, dass er davonfuhr. Erst nachdem er ein Stück die Bergstraße hinunter war, musste er die Maschine angelassen haben, denn es war kein Motorengeräusch zu hören gewesen.

Was mochte er vorhaben? Wohin wollte er? Dass der junge Knecht keine heimliche Liebschaft hatte, davon war Xaver Gerlach überzeugt. Zum einen wusste er, dass Tobias in Katja verliebt war, die Tochter ihres Bauern, also schied ein anderes Madel wohl aus. Und selbst, wenn – dann wäre es für ein Stelldichein viel zu spät gewesen. Nein, der Bursche hatte etwas vor, von dem niemand etwas wissen sollte, davon war der Altknecht überzeugt. Doch was?

Xaver hatte noch lange am Fenster gestanden und darüber nachgegrübelt, was diese nächtliche Aktion seines jungen Kollegen zu bedeuten hatte, und so sah er auch, wie Tobias, genauso heimlichtuerisch, still und leise, auf den Hof zurückkehrte, wie er ihn verlassen hatte.

Irgendetwas stimmte da nicht! Xaver fragte sich, ob er jemals in Erfahrung bringen würde, was es war.

Im Westen zuckte es hell am Horizont, und dann ging wenig später ein Unwetter über dem Birknerhof nieder, wie es der Altknecht ewig nicht mehr erlebt hatte, mit Sturm, Regen und sogar Hagel. Blitze zuckten und Donner krachte, als sollte das Ende der Welt eingeläutet werden. Es dauerte eine Weile, bis an Schlaf überhaupt zu denken war.

*

Und noch jemandem saß diese unruhige Nacht noch schwer in den Knochen.

»Na, das sieht ja nach einem Riesenkater aus«, spottete der ältere Kollege am Frühstückstisch.

Der junge Bauarbeiter brummte nur und setzte sich kommentarlos dazu.

Der Vorarbeiter blickte ihn an. »Warst du gestern in der Kreisstadt, oder wo hast du dir die Nacht um die Ohren geschlagen?«, wollte er wissen.

Der junge Mann schrak zusammen. Hatte man ihn etwa beobachtet? »Hm«, brummte er nur ausweichend. »War mit 'm Madel unterwegs.«

»Pass bloß auf, dass dich die Burschen hier nicht vermöbeln, die verstehen da keinen Spaß«, sorgte sich der Ältere. »Ich will keinen Ärger auf der Baustelle!«

Der Jüngere biss sich auf die Lippen. ›Wenn du wüsstest‹, dachte er, ›wär ich gestern nicht ›auf Abwegen‹ gewesen, hätt'st du heut keine Baustelle mehr ...‹ Aber der junge Bauarbeiter hielt schön den Mund – schließlich konnte er schlecht rechtfertigen, dass er sich nachts in fremden Scheunen herumtrieb. War auch eine Schnapsidee gewesen, mit dem Madel ausgerechnet auf den Hof, den er gerade renovierte, zu fahren. Aber etwas Gutes hatte es ja doch gehabt ... Scheinbar zerknirscht, schüttelte er den Kopf. »Kommt nicht wieder vor ...«

*

Nach der morgendlichen Arbeit gingen die beiden Knechte ins Bauernhaus, wo bereits das Frühstück auf sie wartete.

›Die Burgl schaut krank aus‹, überlegte Tobias, ›und schuld daran, war nur dieser Kerl, der einfach daherkam und den alten, jahrelang verwaisten Lindnerhof renovieren ließ. Aber das war es nicht allein, was der Bäuerin solchen Kummer machte, dass sie kaum noch schlafen konnte, schwerer wog die Tatsache, dass der Bursche Katja den Kopf so verdreht hatte, dass sie sich mit den Eltern überworfen hatte und ausgezogen war!‹

»Jemand muss rauf, zum Bergwald«, erklärte Franz Birkner, »schau’n, ob das Unwetter heut Nacht großen Schaden angerichtet hat.«

Tobias nickte schnell. »Mach’ ich«, erklärte er. »Ich fahr gleich nach dem Frühstück los. Einverstanden?« Die Frage war an Xaver gerichtet.

Der Altknecht nickte.

»Gut«, sagte der Bauer zu ihm, »dann könntest du dich ja um den Zaun an der oberen Weide kümmern.«

Wieder nickte Xaver Gerlach und schaute dann nachdenklich zu Tobias, der ihm gegenüber saß.

Was hatte der Bursche bloß angestellt?

Dass etwas geschehen war, das sogar die Polizei auf den Plan rief, wusste Xaver, als Max Trenker am Vormittag auf den Hof gefahren kam…

*

Während in den frühen Morgenstunden ein Unwetter über dem westlichen Teil des Wachnertals niederging, war Sebastian Trenker, mit Katja Birkner und Stefan Lindner, zu einer Bergtour aufgebrochen.

Hier, im Osten des Wachnertals, merkte man nichts von dem, was sich auf der anderen Seite abspielte, lediglich an dem fernen Leuchten am Horizont, war zu erkennen, dass es dort ein Gewitter gab.

Der gute Hirte von St. Johann und das Madel hatten Stefan Lindner an der Pension Stubler abgeholt und waren zunächst durch den ›Höllenbruch‹ zur ›Hohen Riest‹ gewandert, von wo aus die einzelnen Wege zu den Almen abzweigten. Für die meisten geführten Gruppen, war die Kandereralm das Ziel, weil dort oben noch Sennenwirtschaft betrieben wurde. Die Wanderer wurden mit Essen und Trinken bewirtet, und Franz Thurecker stellte einen Bergkäse her, der weit über die Grenzen des Wachnertals hinaus berühmt war.

Auch für Sebastian und seine beiden Begleiter war die Alm das Ziel gewesen, doch anders, als die professionellen Bergführer, ging der Geistliche eine andere Tour, die zwar nicht ganz so bequem war, wie Sebastian immer wieder erklärte, auf der man aber viel mehr zu sehen bekam und hübschere Motive zum Fotografieren fand.

Pünktlich zur Mittagszeit waren sie den Hügel hinuntergestiegen, in dessen Grund die Almhütte lag.

Die Bauerntochter war ganz begeistert gewesen, dass sich hier oben kaum etwas verändert hatte, seit sie die Kandererhütte das letzte Mal besucht hatte, und sie begrüßte Franz Thurecker herzlich.

Sebastian war aufgefallen, dass der alte Senn Stefan aufmerksam gemustert hatte, als er ihm seinen Begleiter vorstellte. Indes dachte sich der Bergpfarrer nichts weiter dabei. Es kamen jedes Jahr unzählige Wanderer herauf, und da konnte es schon mal vorkommen, dass Franz glaubte, ein bekanntes Gesicht zu entdecken.

Sie hatten auf der Terrasse Platz genommen und sich, unter den großen, bunten Sonnenschirmen sitzend, schmecken lassen, was der Senner ihnen auftischte.

Von den Käs'spatzen war Stefan Lindner ganz begeistert gewesen und erklärte, dass sie genauso lecker waren wie in seiner Heimat – dem Allgäu.

Nach dem Essen machten Katja und der junge Mann einen Spaziergang über die Alm und bewunderten die herrliche Aussicht, während der Geistliche sitzen blieb und sich mit einem Bergführer unterhielt, dessen Gruppe sich zerstreut hatte, um noch ein paar Schnappschüsse zu machen, bevor es zurück ins Tal ging.

Überrascht blickte Sebastian auf, als Franz an die Terrasse kam und ihm zuwinkte.

»Hochwürden, Telefon! Max!«, rief er herauf.

Der Bergpfarrer stieg hinunter und folgte ihm in die Hütte. Vermutlich hatte sein Bruder gar nicht erst versucht, ihn auf dem Handy zu erreichen, weil er wusste, dass Mobiltelefone hier oben nur sehr schlechten oder gar keinen Empfang hatten. Indes war er alarmiert, Max würde ihn kaum während einer Bergtour angerufen haben, wenn er dazu nicht einen gewichtigen Grund hatte.

Das Telefon befand sich im Schankraum der Hütte, gleich am Tresen, der Hörer lag daneben.

Sebastian nahm ihn auf. »Max, was ist passiert?«, fragte er, voller dunkler Ahnung.

»Ich komm grad vom Lindnerhof«, antwortete der Polizist. »Dort hat’s heut Nacht ein Feuer gegeben.«

»Was sagst’ da? Ein Feuer?«

»Ganz richtig.«

»Aber wie konnte das gescheh’n?«, hakte der Geistliche nach. »Der Hof ist doch noch unbewohnt.«

Er hörte seinen Bruder tief Luft holen.

»Wir können eine Brandstiftung net ausschließen«, erklärte Max. »Die Spurensicherung hat entsprechende Hinweise gefunden.«

»Brandstiftung! Ist der Schaden groß?«

»Er hält sich in Grenzen. Offenbar wurde das Feuer an zwei Stellen gelegt, im Haus und in der Scheune. Im Haus sind die Flammen erstickt, das Material, das angezündet worden ist, hat net richtig brennen wollen, und in der Scheune hat vermutlich der Regen das Feuer gelöscht.« Max erzählte weiter, dass der Schaden von den Arbeitern entdeckt worden war, die gerade den Hof renovierten.

»Ich hab mich umgehört, auf dem Birknerhof hat niemand was von dem Feuer mitbekommen«, setzte er hinzu. »Und die andren Nachbarn wohnen zu weit entfernt, als dass sie etwas hätten sehen oder hören können. Aber freilich werd ich sie auch noch befragen.«

»Vielen Dank, dass du Bescheid gesagt hast«, bedankte sich der Bergpfarrer. »ich informiere gleich den Stefan, und dann machen wir uns umgehend auf den Heimweg.«

Nachdenklich verließ er die Hütte und kehrte zur Terrasse zurück. Sebastian war erschüttert, es gehörte schon eine Menge Hass zu solch einer Tat.

Wer mochte wohl dahinterstecken?

In erster Linie waren wohl all jene verdächtig, die davon betroffen waren, dass der junge Lindner den Hof renovieren ließ und wieder bewirtschaften wollte – also Franz Birkner und seine Nachbarn…

Indes war der gute Hirte von St. Johann weit davon entfernt, einen dieser Männer öffentlich zu verdächtigen, solange nicht feststand, wer wirklich für die Tat verantwortlich war.

Katja Birkner und Stefan Lindner saßen bereits wieder am Tisch, der Geistliche setzte sich zu ihnen und berichtete, was geschehen war.

Stefan schaute ihn bestürzt an, während das Madel entsetzt die Hände vor den Mund schlug und in Tränen ausbrach.

»Brandstiftung«, fragte Stefan ungläubig, »ist das sicher? Ich meine, das Feuer kann doch auch durch alle möglichen Umstände ausgebrochen sein. Es gab doch ein Gewitter.«

Sebastian freute sich, dass der Bursche nicht sofort seine Nachbarn verdächtigte, sondern auch andere Möglichkeiten in Betracht zog. Dennoch schüttelte er den Kopf. »Es spricht alles dafür, dass das Feuer net zufällig ausgebrochen ist. Wir können aber von Glück sagen, dass der Schaden sich in Grenzen hält.«

Er schlug vor, ins Tal abzusteigen und sofort zum Lindnerhof zu fahren.

Doch ehe sie aufbrechen konnten, kam Franz Thurecker zu ihnen und schaute den jungen Mann wieder so nachdenklich an, wie bei der Begrüßung.

»Sag mal«, wandte er sich an Stefan, »deinen Nachnamen kenn ich net. Heißt du Lindner oder Angerer?«

»Äh…, Lindner… Meine Mutter war eine geborene Angerer. Warum fragst’?«

Ein Lächeln huschte über das Gesicht des alten Senners. »Weil ich deine Eltern gekannt hab«, antwortete er leise.

Sebastian beugte sich interessiert vor. »Dann ist dein Vater Andreas Lindner, der Bruder von Josef?«

Stefan nickte. »Ja, kannten Sie auch meine Eltern?«

»Flüchtig.« Der Bergpfarrer lehnte sich zurück und ließ nachdenklich seinen Blick schweifen. »Ich war damals Vikar in St. Johann«, erzählte er, »was auf den Höfen, vor allem auf denen, die am andren Ende des Tales steh’n, vorging, davon hab ich nur wenig mitbekommen, aber ich weiß, dass der Hof, der jetzt dir gehört, von zwei Brüdern bewirtschaftet wurde.« Er schüttelte den Kopf über sich selbst, als habe er eine Nachlässigkeit begangen. »Ich hab dich längst schon fragen wollen, wie du an den Hof gekommen bist«, setzte Sebastian hinzu, »ob du ihn geerbt oder gekauft hast, und ob die Namensgleichheit bloß ein Zufall ist?«

»Dein Vater und deine Mutter, sie sind damals fortgegangen, net wahr?«, warf Franz ein und schaute den Geistlichen an. »Sie müssen nämlich wissen, ich war mit dem Sepp Zeit seines Lebens befreundet und hab die ganze Geschichte hautnah miterlebt.«

»Welche Geschichte?«, fragte Sebastian.

»Die Geschichte von der Liebe zweier Brüder, für eine Frau«, antwortete der Senner.

*

»Die Maria Angerer war ein hübsches junges Madel«, erzählte der Thurecker-Franz. »Sie stammte aus einem Dorf in der Nähe von Garmisch und hatte beide Eltern verloren…« Der Alte senkte den Kopf. »Eine traurige Geschichte war’s«, fuhr er fort. »Der Johann Angerer hatte den Hof vom Vater geerbt, aber leider net das Händchen, ihn erfolgreich zu bewirtschaften. Binnen fünf Jahren war er pleite, und der Angererhof wurde zwangsversteigert, heut steht dort eine Wurstfabrik… Johann und seine Frau, sie hieß Magda, verdingten sich als Knecht und Magd bei einem Bauern, und kamen nie mehr auf einen grünen Zweig. Die Zwangsversteigerung hatte längst net genug erbracht, um die ganzen Schulden zu decken, und so zahlten die beiden bis an ihr Lebensende daran ab.

Maria, ihre Tochter, tat nach dem Tode der Eltern das einzig richtige und schlug das Erbe aus, anderenfalls hätte sie nämlich auch die restlichen Schulden geerbt. Sie ging dann aus Garmisch fort. Auf dem Lindnerhof fand sie eine Anstellung als Magd.

Andreas und Josef Lindner, er war der Ältere – hatten den Hof gemeinsam geerbt. Ihr Vater hatte bestimmt, dass sie ihn auch zusammen bewirtschaften sollten. Hätte der Josef nämlich den Andreas auszahlen müssen, wär’s der wirtschaftliche Ruin für ihn gewesen.