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Sinnlicher Erotik-Roman mit expliziten Szenen, dominanten Liebhabern, widerspenstigen Frauen und einer Happy-End-Garantie! Die Vergangenheit ist ein Marathonläufer, dessen Durchhaltevermögen immer größer ist als dein eigenes. Du kannst so viel und so lange rennen, wie du willst. Entkommen wirst du ihr nicht. James ist mit seinem Job als Zak Suttons Chauffeur zufrieden. Zudem genießt er seine Freundschaft und sein uneingeschränktes Vertrauen. Dachte er. Doch nach einem Vorfall entfremden sich die beiden und Zak bestraft James, indem er ihn zum Fahrer einer reichen Lady degradiert. Doch Raffaela Silberbauer ist nicht die Tussi, für die sie sich ausgibt. Sie hat es faustdick hinter den Ohren und zieht James – ob er es will oder nicht – in einen privaten Rachefeldzug. Neben einer sexy Blondine muss er sich auch seiner Vergangenheit stellen. Denn die ein oder andere Leiche liegt dort begraben.
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Kitty Harper
Der Chauffeur: Ein indiskreter Auftrag
Über dieses Buch:
Die Vergangenheit ist ein Marathonläufer, dessen Durchhaltevermögen immer größer ist als dein eigenes. Du kannst so viel und so lange rennen, wie du willst. Entkommen wirst du ihr nicht.
James ist mit seinem Job als Zak Suttons Chauffeur zufrieden. Zudem genießt er seine Freundschaft und sein uneingeschränktes Vertrauen. Dachte er. Doch nach einem Vorfall entfremden sich die beiden und Zak bestraft James, indem er ihn zum Fahrer einer reichen Lady degradiert. Doch Raffaela Silberbauer ist nicht die Tussi, für die sie sich ausgibt. Sie hat es faustdick hinter den Ohren und zieht James – ob er es will oder nicht – in einen privaten Rachefeldzug. Neben einer sexy Blondine muss er sich auch seiner Vergangenheit stellen. Denn die ein oder andere Leiche liegt dort begraben.
Sinnlicher Erotik-Roman mit expliziten Szenen, dominanten Liebhabern, widerspenstigen Frauen und einer Happy-End-Garantie!
Kitty Harper ist das Pseudonym einer jungen Mutter, die gerne in sinnliche Erotik abtaucht, ohne dabei vulgär zu weden. Manchmal ein wenig SM, manchmal aber auch starke Frauen, die den Herren der Schöpfung zeigen, wo es langgeht. Kitty hofft, dass ihr genauso viel Spaß an ihren Geschichten habt, wie sie selbst.
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über die Adresse http://dnb.ddb.de abrufbar.
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3. Auflage, 2021
© 2019 Kitty Harper – alle Rechte vorbehalten.
c/o easy-shop
K. Mothes
Schloßstraße 20
06869 Coswig (Anhalt)
Email: [email protected]
Coverdesign by Kitty Harper // verwendete Fotos: Adobe Stockphotos, ©sakkmesterke, © Gizele
Korrektorat/ Lektorat: Lektorat Buchstabenpuzzle B. Karwatt, www.buchstabenpuzzle.de
Verwendete Schriftarten: Copperplate Gothic Bold, Edwardian Script ITC, Linux Libertine OTimes New Roman, Trajan Pro 3
6
Kapitel 18
23
36
64
78
89
101
115
125
142
164
181
200
222
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Leseempfehlungen261
Die Nacht ist kalt und klar. So kalt, dass mein Atem kleine Rauchwölkchen vor meinem Mund bildet, wenn ich ihn ausstoße. Und dabei ist noch nicht einmal November. Es ist ein entsetzlich frostiger Abend im Oktober und ich muss arbeiten. Ich seufze und ziehe die Hand aus der warmen Manteltasche, um einen kurzen Blick auf meine Armbanduhr zu werfen. Total altmodisch, ich weiß. Aber ich hänge an diesen alten Dingen und die Uhr hat meinem Großvater gehört. Er ist vor ein paar Jahren in einem Altersheim gestorben. Ich lache innerlich auf. Niemand hätte gedacht, dass er – gerade er! – im hohen Alter stirbt. Man hätte ihn für seine Taten am Galgen baumeln lassen sollen, aber es ist anders gekommen.
Ich bin davon überzeugt, dass ich nicht halb so viel Glück haben werde. Für meine Taten werde ich sterben, ob auf dem Stuhl oder durch die Giftspritze sei mal dahingestellt. Jeder Staat, der die ein oder andere Hinrichtungsmethode bevorzugt, hat ein Anrecht auf mich. Ich habe so viele Morde begangen, dass ich sie fast nicht mehr zählen kann.
Fröhliches Kinderlachen dringt an mein Ohr und ich verziehe das Gesicht. Und heute Nacht füge ich einen weiteren Toten dieser Liste hinzu – oder zwei.
Kapitel 1
Hass ist ein zu starkes Wort, um das auszudrücken, was ich für Zak Sutton empfinde. Verachtung trifft es vielleicht eher, aber das Gefühl, das sich dabei in meiner Brust ausbreitet, stimmt nicht annäherend mit der Realität überein. Zak Sutton hat mich betrogen, sich seinem Schwanz ergeben und einer Frau nachgestellt. Verdammte Scheiße, ich bin eifersüchtig. Und letztlich ist es meine Schuld. Ich hätte niemals fragen dürfen, dann wäre alles wie … vor ihr. Aber ich habe weder Vagina noch diesen unbändigen Willen, einen Wolf wie Sutton in die Knie zu zwingen. Nein, was ich gesucht und in ihm gefunden habe, war ein Alpha. Himmel, nein, ich bin kein Wolf. Wir befinden uns hier auch nicht in einem dieser perversen Gestaltwandler-Romanen, wo der Wolf die Jungfrau … lassen wir das.
Ernüchternd nehme ich einen letzten Zug und lasse den Stummel meiner Zigarette fallen. Ich rauche nicht, nur manchmal, wenn mir die Nerven flattern. Allein das ist schon nicht normal für mich. Ich bin kalt, abgebrüht und habs im Griff, das Nervenflattern. Nur heute bin ich ausnahmsweise nervös. Sie wird dir guttun, hat er gesagt. Du bist genau der Richtige für den Job, hat er mir zugeraunt. Sieh es als Geschenk für unsere gemeinsamen Jahre. Verdammt noch mal, ich wollte nicht abserviert und mit einem neuen Job abgespeist werden. Zornig vergrabe ich die Zähne in meiner Unterlippe, bis ich den metallischen Geschmack von Blut koste. Nein, ich wollte mitmachen, wollte sie teilen, so wie wir das manchmal gemacht haben. Früher. Bei Prostituierten. Nicht die Sorte Mädchen, die man sich für fünfzig Dollar auf der Straße aufgabelt, für Mr. Sutton nur das Beste. Und das hat er dann mit seinem Chauffeur geteilt. Ich grinse dreckig, als ich kurz in Erinnerungen schwelge. Nur die Rush, die wollte er nicht teilen und das hat er erst festgestellt, als ich bereits bis zum Anschlag zwischen ihren Lippen steckte. Böser Junge.
Ich seufze und trete den glimmenden Stängel aus. Also gut, neuer Job, neues Glück. Let’s Go!
Mir bleibt nichts anderes übrig, als zu warten. Genau das waren seine Anweisungen. Sie erwartet mich, sie kennt mich, sie weiß alles über mich. Und ich soll sie fahren. Ich bin genau der Richtige für den Job. Säuerlich presse ich die Lippen aufeinander und blicke die verglaste Front des riesigen Bürogebäudes hinauf. Suttons Eispalast. Dort oben gehöre ich eigentlich hin und er hat mich wie einen lästigen Köter abgeschoben. Als meine Augen die Front wieder hinunterwandern, bleiben sie an einer blonden Schönheit kleben, die gerade das Gebäude durch die Drehtür verlässt und mit raumgreifenden Schritten auf mich zusteuert. Die Nerzstola ist Anfang September völlig überzogen, draußen herrschen angenehme zweiundzwanzig Grad, aber wenn sie meint. Sie trägt ein kurzes goldenes Kleid, dazu farblich passende schwarze Pumps mit goldener Borte. Ihre langen, schlanken Beine stecken in schwarzen Netzstrümpfen. Das mir so was überhaupt auffällt. Ich schüttele das Bild ab, wie ich ihr diese hauchzarten Strümpfe von den Schenkeln schiebe und stoße mich von der Limousine ab, an deren Kotflügel ich meinen Hintern geparkt habe, trete einen Schritt vor und verschränke die Arme hinter dem Rücken. So wie man es von einem Chauffeur erwartet.
Sutton hat nicht viele Worte über sie verloren. Außer, dass es eine Frau ist, sie einen Fahrer mit gewissen Extras braucht und ich genau der Richtige für den Job bin. Ich rolle innerlich mit den Augen. Wie ich es hasse, wenn er meine Fähigkeiten hervorhebt. Na hoffentlich hat Sutton bei der Beschreibung meiner Vorzüge nicht nur über die Extras geschwärmt. Ich mache die Bonus-Jobs nämlich nicht mehr, seit … lassen wir das.
Sie hält vor mir an, lässt die Stola elegant schwingen und mustert mich von oben bis unten. Ich versuche, nicht zu verstohlen ihrem Blick zu folgen, aber ich registriere durchaus, wie sie länger als nötig unter meiner Gürtellinie verweilt. So so. Diese Vorzüge hat der Dreckskerl also auch angepriesen. Na ich hoffe für ihn, dass er die zusätzliche Ausstattung nicht in die Anwärterbeschreibung aufgenommen hat.
Als ihr Blick wieder an meinem Kinn hängen bleibt, öffnen sich ihre Lippen. Ich höre fast schon ihr Stöhnen, doch stattdessen taucht sie meine Libido in eiskaltes Wasser. »Sind Sie James?« Ihre Frage ist kalt, nüchtern, professionell. Okay, die Frau braucht keinen Lover, sie braucht nur einen Fahrer. Ich straffe mich und nicke, sehe auf die zierliche Person hinunter, die mir kaum in die Augen sehen kann. Wenn sie das wollte, müsste sie sich auf ihre niedlichen Zehenspitzen stellen. Aber das käme einer Schwäche gleich. Sie ist kein Püppchen, nicht von der Sorte Frau, die ich gerne flachlege. Nein, das Biest hat Mumm. Gefällt mir, aber auf eine andere Art. Nicht fürs Bett, aber als Boss durchaus tragbar. Jemandem, dem ich folgen kann, jemand, bei dem ich nicht zu viel denken muss. Denn denken … schmerzt.
»Ja, Ma’am«, antworte ich auf ihre Frage, kneife die Arschbacken zusammen und starre an ihr vorbei zum Eingang des Gebäudes. Nicht, weil ich noch einen weiteren Fahrgast erwarte, nein. Die Analogie mit einem Wolfsrudel kommt nicht von ungefähr. Wenn man sich einem Leitwolf unterordnet, sieht man ihm auch nicht in die Augen, nein, man bietet den Hals an und meidet den Blick, denn jeder Blickkontakt könnte als offene Konfrontation gewertet werden. Also sehe ich vorbei.
»Gut«, knurrt sie nach einer Weile und mustert mich erneut. »Tragen Sie keinen Smoking?«
Irritiert hebe ich eine Augenbraue. Smoking? Welcher Chauffeur trägt einen Smoking? Ihrer offensichtlich.
»Mir war nicht bewusst, dass ich einen benötige.«
Sie schnaubt unwillig und zupft mir eine Fussel vom Revers. »Immerhin ein Anzug. Wird schon gehen. Nächstes Mal – auch zum Anzug – bitte ein weißes Hemd. Sie mögen sich vielleicht wie ein Bad Boy fühlen und wie einer aussehen, James, aber Sie sind keiner. Sie sind mein Fahrer und als solcher haben Sie meinen Anweisungen zu folgen. Ist das klar?« Himmel, hat die Kleine Feuer. Würde eine andere Frau mir gegenüber einen solchen Ton anschlagen, würde ich sie über’s Knie legen. Bei ihr ist es … anders. Sie schüchtert mich keineswegs ein. Es ist eher so, dass es mich anmacht.
»Natürlich, Madame.« Ich neige den Kopf so, dass sie mein Grinsen nicht sehen kann.
»Madame? James, ich bin keine achtzehn mehr, aber auch keine achtzig und ganz bestimmt nicht Ihre Madame. Öffnen Sie mir die Tür und lassen Sie mich einsteigen. Oder kennen Sie Ihren Job nicht?« Wie soll ich sie denn nun ansprechen? Bei allem, was recht ist, sie kann mich nicht zurechtweisen und mir dann nicht sagen, was sie von mir erwartet. Gedankenlesen gehört nicht zur Basisausstattung eines Chauffeurs. Doch diese Frau wünscht es offensichtlich. Na wunderbar.
»Doch, Ma’am«, murre ich, erbost über mich selbst, weil ich zu lange gezögert habe. Ich öffne ihr die hintere Wagentür mit einer leichten Verbeugung. So, wie es sich gehört. Vielleicht ist der Bückling ein wenig zu tief, aber sie gefällt mir und ich möchte ihr gefallen. Und ganz flüchtig an ihrem Ausschnitt vorbei tauchen.
Als sie um mich herum geht, streift sie mit der Stola meine Wange und ich verziehe das Gesicht. Der Pelz ist nicht echt, nur eine billige Attrappe, dafür eine verdammt gute. Mir wäre es nicht aufgefallen, wenn sie mich nicht damit gestreift hätte. Ich sinniere noch über den Pelz nach, als sich ihre Hand um mein Kinn schließt und es anhebt, sodass ich ihr in die Augen sehen muss. Ich könnte ihrem Blick ausweichen, aber auch das wäre falsch. Sie will mich ansehen, also gebe ich ihrem Wunsch nach. »Und nenn mich nicht Ma’am. Wir werden verdammt viel Zeit miteinander verbringen. Mein Name ist Raffaela Silberbauer, du kannst mich Ms. Silberbauer nennen, wenn wir unter Menschen sind, aber privat bevorzuge ich Raffaela. Ist das klar?«
Raffaela? Das klingt wie ein italienischer Modeschöpfer … oder eine Edelnutte. Eine von der Sorte, die den Fahrer vorher vernascht, falls sie beim Kunden nicht auf Touren kommt. Hat er deshalb gesagt, der Job wäre genau der Richtige für mich? Weil … oh dieser verdammte Drecksack. Wenn ich nicht schon längst diesem Geschäft entsagt hätte, würde ich ihn umbringen. Und zwar ganz langsam. Ich kann langsam.
Ich schlucke hart und meine Libido meldet sich erneut zu Wort. Ich will schreien, dass ich nur der Fahrer bin, aber irgendetwas schnürt mir die Kehle zu und ich kann nur noch nicken, bevor sie lächelnd einsteigt.
»Danke, James.« Sie lächelt anzüglich und streicht sich zärtlich mit der Zunge über die volle Unterlippe, dass ich mir wünsche, es wäre meine Zunge. Und ihr Blick beschert mir eine Gänsehaut, als ob ich friere – weil sie mich nackt dastehen lässt.
Was zur Hölle ist das für ein Job?
»Ist James dein richtiger Name?«, fragt Raffaela, nachdem ich den Wagen auf den Highway gelenkt habe. Sie hat mir eine Adresse auf dem Land genannt. Das bedeutet, dass wir ein wenig unterwegs sein werden. Unwillkürlich spanne ich mich an. Zeit für Gespräche. Ich würde mich viel wohler fühlen, wenn sie mich siezen würde, aber mir steht es nicht zu, so etwas einzufordern. Schon weil ich Sutton nicht blamieren will. Oder doch? Vielleicht sollte ich den Dreckskerl sabottieren. Und dann ohne Job dastehen? Den einzigen Freund vor den Kopf stoßen, der mich nach allem, was passiert ist, aufgenommen hat? Der mich einer Edelnutte als Aufpasser vorgesetzt hat? Nein, ich weiß ja nicht, weshalb wir ins Bostoner Umland fahren. Wenn Sutton meint, sie braucht jemanden wie mich, dann führe ich den Job aus. Keine Ahnung, ob ich jetzt länger für sie arbeite oder ob das eine einmalige Sache ist.
»Nein, niemand heißt so. Nur Chauffeure«, füge ich abweisend hinzu und hoffe, dass sie nicht weiter nachfragen wird. Ich werde ihr meinen richtigen Namen ganz bestimmt nicht auf die Nase binden. Sie lacht perlend.
»Wie du willst. Dann nenne ich dich eben James. Ich wüsste gerne deinen richtigen Namen.«
»Das ist völlig belanglos. James reicht aus. Mr. Sutton hat mich immer James genannt.« Weil ich meinen richtigen Namen nicht mehr ertrage, deshalb. Mit ihm ist so viel Schmerz verbunden, dass ich mir lieber einen leihe. Auch das muss sie nicht wissen. Es ist nur ein Job. Nichts, was ich an mich heranlassen muss. Also auch kein Name.
Mir schwant zwar, dass da mehr ist. Aber ich bin nicht nur der Fahrer. Allein die Art, wie sie mich vorhin auf der Straße angesehen hat. Sutton traue ich durchaus zu, mich an eine stinkreiche Lady verschachert und ihr erzählt zu haben, dass der Chauffeur sich nicht nur darum kümmert, sie von A nach B zu bringen, sondern auch für ihre sexuelle Befriedigung zur Verfügung steht. Oder eben an eine Edelnutte zum Anheizen und beschützen. Nach Logan würde mich ein Racheakt dieses kleinen, widerlichen Sadisten nicht wundern. Oder es ist etwas völlig anderes.
Ich könnte stöhnen und ins Lenkrad beißen. Und weil ich die Ungewissheit nicht aushalte – und Vornamen eine seltsame Nähe erschaffen – frage ich sie kurzerhand. »Darf ich Sie etwas fragen, Raffaela?«
Sie beugt sich vor, legt ihre manikürten Fingernägel auf meine Schulter und drückt sie sanft. »Alles, was du möchtest.« Holla! Eine Freikarte!
»Wird das eine einmalige Sache oder stehe ich ab sofort in Ihren Diensten?« Ich blicke sie durch den Rückspiegel forschend an, kann den Augenkontakt aber nicht lange aufrechterhalten, da ich mich auf den Highway konzentrieren muss. Es dämmert.
»Der Job wird einige Tage oder Wochen in Anspruch nehmen. Sollten wir uns gut dabei arrangieren, steht einer weiteren Zusammenarbeit nichts im Weg.« Sie sieht aus dem Fenster und seufzt. Das klingt schon wieder nicht nach dem »Fahrer-Job«, den Sutton mir versprochen hat. Aber ich will nicht ahnungslos klingen, also nicke ich lediglich. Sie hat von »Zusammenarbeit« geredet. Nicht von »Angestelltem«. Das ist … seltsam. Wenn ich jetzt nach Details frage, kommt es genauso merkwürdig rüber. Muss ich annehmen, dass Sutton ihr gesagt hat, er würde mich einweihen. Was ist das für ein Job, verdammt! Ich kralle die Finger ins Lenkrad und konzentriere mich auf die Straße. Früher hatte ich auch keine Probleme, mich auf sich schnell ändernde Umstände einzustellen. Vielleicht meinte Sutton, es sei an der Zeit, diesen alten »James« wieder hervorzukitzeln. Okay, lassen wir es auf uns zukommen. Doch eine winzige Sache lässt mir keine Ruhe.
»Angestellter oder Partner?«, frage ich und beobachte sie im Rückspiegel. Raffaela dreht den Kopf und mustert mich.
»Angestellter, was die Bezahlung angeht, Partner bei der Ausführung. Sind alle deine Fragen nun beantwortet? Ich muss mich auf meine Rolle konzentrieren«, knurrt sie abweisend und sieht wieder aus dem Fenster. Rolle? Schauspielerin? Himmel, Sutton, ich bring dich um!
Ms. Silberbauer scheint sich in Bostons Umland auch ohne Fahrer und Navi gut zurechtzufinden. Ich kann das Ziel schon auf dem kleinen Display in der Mittelkonsole erkennen, da lenkt sie mich mit gezielten Anweisungen in eine Seitenstraße und lässt mich den Wagen anhalten. »Kurze Besprechung«, raunt sie und steigt aus, ohne auf mich zu warten. Ihr die Tür zu öffnen und beim Aussteigen behilflich zu sein, wäre eigentlich mein Job gewesen. Dass sie nicht darauf wartet, ist ein weiteres Indiz dafür, dass ich hier nicht den Chauffeur geben soll. Ich steige ebenfalls zügig aus, gehe um den Wagen herum und stelle mich beiläufig zu ihr. Ich will mir eine Zigarette anzünden, doch sie nimmt sie mir aus der Hand und steckt den unbenutzten Glimmstängel in die Brusttasche meiner Jacke. Dann glättet sie mein Revers und zupft nicht vorhandene Fussel vom Stoff. Der Anzug kommt frisch aus der Reinigung, unmöglich, dass sich auf der Fahrt Fussel darauf niedergelassen haben.
»Also, James. Ich nehme an, Sutton hat dich nicht gerade weitschweifig über den Charakter dieses Jobs unterrichtet?« Sie blickt zu mir auf und leckt sich die Lippen. Meine Augen weiten sich, obwohl ich kühl und abweisend reagieren will, lässt mich ihr Anblick nicht kalt.
»Könnte man so sagen, Ms. Silberbauer.« Ich verschränke die Hände hinter meinem Rücken und versteife mich unwillkürlich. Raffaela lässt ihre langen Finger über meine Schultern gleiten und schließt sie um meinen Nacken. Ihre Nähe verschlägt mir den Atem, die Krawatte schnürt mir den Hals zu und ich muss mich ziemlich beherrschen, ihrem sanften Druck nachzugeben. Scheiße, ich bin nur der Chauffeur!, will ich ihr zurufen, aber andererseits auch ein Mann. Und Ms. Silberbauer ist alles andere als unansehnlich.
Sie stellt sich auf die Zehenspitzen und bringt ihre Lippen an mein Ohr. »Also, zeig mir deine Waffen?« Ich schlucke hart. Ist das ein Codewort für eine schnelle Nummer in einer Seitenstraße? Ich bin vieles, aber sicher kein Kerl, der darauf steht, seinen Boss zu vögeln.
»Welche Waffe?«, krächze ich, kann aber nicht verhindern, dass mein Blick zu meinem Schritt gleitet.
Raffaelas Augen werden groß. »Oh bitte!«, ruft sie aus und lässt mich los. Sie tritt hastig ein paar Schritte zurück. »Nicht diese Art von Waffe!«
Ich atme erleichtert auf. Ein Fettnapf, aber immerhin kein so großer. »Na Gott sei Dank!«, keuche ich und bekomme wieder etwas Luft.
»Ich meine deine Kanone, dein Schießeisen, nicht dein …«, jetzt schweift ihr Blick zu meiner Mitte, »Ding … Sag mal, hat es dich grad angemacht, dass ich …?« Sie grinst verwegen und beißt sich auf die Unterlippe. »Es hat dich angemacht!«
Mein Ding pocht schmerzhaft, allerdings ist mir das vorhin nicht bewusst gewesen. Hastig wende ich mich ab und greife nach der Zigarette. »Nichts, ich bin nur dein Chauffeur. Ich habe keine Knarre. Wozu auch? Ich fahre dich nur!« Sie hat mich so aus dem Konzept gebracht, dass ich unabsichtlich ins Du gewechselt bin. Scheiße. Genau so sollte das nicht laufen. Ich wollte sie auf Distanz halten. Hat ja wunderbar funktioniert. Sie braucht nur einmal an mir rumtanzen und schon bröckelt die Selbstbeherrschung. Dagegen helfen auch acht Jahre bei Sutton nicht. Nur vom Zusehen wird man eben nicht der Eisprinz.
»Nur der Fahrer?«, schnaubt sie. »Was genau hat Sutton dir eigentlich erzählt, was ich mache?«
Ich blinzle sie über die Schulter hinweg an. »Nichts.«
Ihre Augenbrauen wandern entsetzt nach oben. »Nichts?«, wiederholt sie. »Na wunderbar. Ich hätte mir jeden beliebigen Typen für diesen Job aufgabeln können, aber Zak hat darauf bestanden, dass ich dich nehme. Warum zur Hölle hat er mir seinen Chauffeur aufgeschwatzt wie ein schmieriger Gebrauchtwagenhändler?«
Ich schmunzle. Weil er nicht wollte, dass sein Chauffeur seine Geliebte vögelt. Reiner Selbstschutz. »Keine Ahnung«, antworte ich und will mir endlich die Zigarette gönnen, doch Raffaela nimmt sie mir energisch aus der Hand, sodass meine Lippen ins Leere spitzen. »Nicht quarzen, ich mag es nicht, wenn du rauchst. Und jetzt küss mich!«
Was? Meine Lippen hängen noch in der Luft und versuchen, das nicht mehr vorhandene Mundstück der Zigarette zu greifen, als ich ihre weichen Lippen spüre, ihre forsche Zunge, wie sie mich erkundet, ihre Hände, wie sie sich um meinen Nacken schließen und mich näher ziehen. Ich ertappe mich dabei, wie ich in ihren Mund stöhne, wie meine Hände sich auf ihre Hüfte legen und sie näher an mich heranziehen. Dabei wandert eine auf ihren prallen Arsch und ich greife zu, während meine andere Hand sich in ihrem Haar vergräbt. Ich mag es nicht, wenn Frauen die Kontrolle übernehmen. Ich bin nicht ihr Spielzeug, und doch … Raffaela hat eine Art an sich, die es mich zulassen lässt. Ich mag es, wie diese kleine Person das Kommando übernimmt, doch nicht jetzt, nicht … beim Küssen oder im Bett. Das ist mein Revier.
Sanft ziehe ich ihren Kopf nach hinten, als sich unsere Lippen voneinander lösen und ich starre auf ihren glänzenden Mund, auf ihre leicht geöffneten Lider, hinter denen Lust und Verlangen flammt. Sie stöhnt und bietet mir ihren Hals an. Verführerisch, aber ich bin noch Herr meiner Sinne. »Was sollte das?«, knurre ich und beuge mich über sie, halte sie aber sicher, sodass sie zwar nachgeben muss, aber nicht fällt. Raffaela ist anschmiegsam, wie eine Wildkatze, die sich gerne einfangen lässt.
»Ich musste wissen, wie sich dein Kuss anfühlt und ob ich damit arbeiten kann. Und wie du reagierst, wenn du überrumpelt wirst.« Sie lächelt lüstern und beißt sich auf die Unterlippe.
»Und?«, hauche ich leise und küsse ihren Hals, einfach weil er so köstlich vor mir liegt und danach aussieht, als könnte er einen Kuss benötigen. Raffaela quiekt auf und versucht, mich wegzudrücken, aber ich bin stärker. Ein Lächeln umspielt meine Lippen. »Test bestanden?«
»Ja, ja, ja!«, keucht sie und stemmt ihre kleinen Hände gegen meinen Brustkorb. »Und jetzt lass mich los. Das war keine Einladung zum Straßenvögeln!«
»Nicht?«, frage ich amüsiert.
»Nein! Es ist für den Job, ja? Also sei brav und hör auf, deinen Boss vernaschen zu wollen. Du bist nur der Chauffeur, kapiert?«
Ich lasse sie los und trete zwei Schritte zurück. »Was denn nun? Chauffeur oder nicht?«
Ihre Finger gleiten fahrig durch ihr Haar. Etwas wackelig auf den Beinen streicht sie ihr Kleid glatt und wirft mir einen bitterbösen Blick zu, der meinen Schwanz heftig zucken lässt. Ruhe da unten, erst muss ich wissen, woran ich bin, bevor … Lassen wir das. Keine Küsse mit dem Boss.
Raffaela atmet tief durch. »Beides, ja und nein. Ich brauche dich als meinen Fahrer, als meinen Lover und im Notfall als meinen Beschützer. Ich muss mich auf dich verlassen können, dir absolut vertrauen können. Sutton meint, du könntest das.«
Ich verschränke die Arme vor der Brust und nicke. »Jeden x-beliebigen Typen von der Straße?«
Raffaela seufzt. »War nur so dahingesagt, entschuldige.«
Meine Mundwinkel zucken. »Und du bist der Boss?«
Sie lächelt, beißt sich auf die Unterlippe und kommt auf mich zu. »Macht dich das an?«
Ich zucke mit den Schultern. »Was für ein Job?«
Sie stellt sich auf die Zehenspitzen und streift mit der Zunge über meine Lippen. Ich schließe die Augen und inhaliere ihren betörenden Duft. »Einer für ganz böse Mädchen!« Ich muss lachen, dunkel, düster. Dass sie so ein Mädchen ist, hat sie bereits unter Beweis gestellt.
»Alles klar, ich bin dabei.«
Raffaela lässt sich zurücksinken und nickt. »Ich habe nichts anderes erwartet. Aber bevor wir fahren, brauchst du eine Kanone.«
»Keine Kanone. Ich mache alles, was du willst, aber ich werde auf niemanden mit einer Waffe zielen.«
Raffaela verschränkt schmollend die Arme vor der Brust. Jetzt sitzt sie neben mir und mustert mich von der Seite. »Kindheitstrauma?« Völlig undamenhaft.
Ich knurre düster. »So in etwa.«
»Was soll ich dann mit dir, wenn du nicht bereit bist, zu schießen?«
»Es gibt einhundert Methoden, einen Gegner auszuschalten, ohne ihm gleich eine Kugel in den Kopf zu jagen. Ich bin stark und in diversen Techniken bewandert. Wenn es dir nur darum geht, kriege ich das hin.«
Raffaela seufzt. »Und wenn ich dich mit einer Waffe brauche, weil im Notfall jemand bedroht werden muss?« Ich verkneife mir den Gedanken, dass jemand durchaus auch sie bedrohen könnte. Aber das spielt keine Rolle, weil ich sowieso keine Pistole tragen werde.
»Dann ist diese Waffe nicht geladen.«
»James!«, faucht so vorwurfsvoll. »Und wie sollen wir dann arbeiten?«
»Ich drücke keinen Abzug. Akzeptiere das, oder der Job ist gestorben«, knurre ich und sehe mich nach einer Möglichkeit zum Wenden um. »Ich kann dich auch gleich wieder zu Sutton fahren und du suchst dir halt doch einen Typen von der Straße.«
Raffaela seufzt. »Nein, dafür ist keine Zeit. Außerdem küsst du gut.«
Ich blinzle zu ihr rüber. »Schätzchen, was genau hast du«, sie sieht mich vorwurfsvoll an, »wir«, korrigiere ich mich, »was genau haben WIR vor?«
Sie legt ihre Hand auf meinen Oberschenkel, eindeutig zu weit oben, um noch als zufällige Berührung durchzugehen. »Das wirst du noch früh genug erfahren.«
Ich knurre ihre Hand an und bin mir plötzlich nicht mehr sicher, ob ich sie da weghaben oder doch weiter oben haben will. Himmel, dieses Mädchen. »Ich mag keine Überraschungen.«
Sie seufzt und nimmt ihre Hand weg. »Dann pfeif auf den Job. Halt an, lass mich aussteigen und ich mach’s alleine.«
»Nein.«
»Was nein? Nein zu dem Job oder nein zu meinem Vorschlag?« Sie rümpft ihr kleines Näschen und funkelt mich an. Dieser Ausdruck steht ihr erstaunlich gut und ich lasse zu, dass meine Mundwinkel sich kräuseln.
»Das, was du vorhast, ist offensichtlich gefährlich, oder?«
Sie nickt.
»Besteht die Möglichkeit, dass auf dich geschossen wird?«
»Nicht heute, aber die Wahrscheinlichkeit steigt, dass das, was ich tue, bleihaltige Luft nach sich ziehen könnte.« Sie lacht leise.
»Wohl zu viele Western gesehen? Bleihaltige Luft? Welches Mädchen sagt denn so was?«
»Eines, das Bud Spencer- und Terence Hill-Filme liebt.«
Ich pruste laut los. »Okay, okay. Auch wenn du wie eine Tussi aussiehst, bist du keine, was?«
»Nicht im Entferntesten. Also bist du dabei?«
»Bezahlt dich Sutton?«
Raffaela hebt eine Augenbraue und mustert mich. »Bezahlt er dich?«
»Keine Ahnung. Unsere Trennung war nicht einvernehmlich.«
»Er hat ne Neue, was?«
Ich knurre ihre Bemerkung weg und sie nickt meine Reaktion ab. »Jep, er hat ne Neue. Und du bist der Gehörnte.«
»Ich schlafe nicht …«
»Schon gut, du siehst mir auch überhaupt nicht schwul aus. Nein, Sutton bezahlt mich für das, was ich tue. Aber dieses Weichei will nicht, dass ich es alleine tue. Also hat er mir seinen …«, ihr Blick gleitet über meinen Körper, »Chauffeur als Aufpasser oder Fahrer oder … wofür auch immer ich ihn haben möchte mitgegeben.«
Meine Brauen ziehen sich zusammen. »Wofür auch immer du ihn haben möchtest?«, wiederhole ich stockend.
»Hey, seine Worte, nicht meine.«
»Ich bringe ihn um.«
Raffaela lacht perlend. »Oh bitte, lass mich zusehen! Ich will unbedingt dabei sein, wenn du dein Gelübde brichst.«
Diese Frau! »Es ist kein Gelübde, es ist nur eine Redensart, wenn man …« Ich halte inne und mustere sie eindringlich. Ihre Mundwinkel zucken und sie grinst mich begeistert an. »Machst du dich etwa über mich lustig?«
»Nur ein bisschen.« Sie deutet nach vorne und nickt. »Wir sind da. Park direkt vor dem Gebäude und gib den Schlüssel des Wagens ab, er wird geparkt werden. Außerdem werden wir erwartet. Ich heiße Raffaela Silberbauer und du …«
»Ich weiß, wie du heißt«, unterbreche ich sie.
»Nein, weißt du nicht. Aber für den Moment bin ich Raffaela Silberbauer. Ich bin eine milliardenschwere Immobilienerbin und du … bist käuflich, dumm und mein Spielzeug.«
»Ich bin nicht …«
»Doch, bist du. Für die da drinnen bist du James und massierst mir zum Einschlafen die Füße. Keine Sorge, ich stelle mich genauso dumm, wie du. Wir müssen harmlos wirken.«
»Wenn das unsere Tarnung ist, warum sollte ich dann eine Knarre tragen?«
Raffaela verdreht die Augen. »Damit du sie im Wagen lassen kannst, Dummerchen.« Sie tätschelt mir die Wange und ich blinzle verlegen. Bitte was?
»Ich bin nicht dein Schoßhund.«
»Heute schon, knurr mal böse für Mami!«
»Das macht dir Spaß, oder?«
»Und wie! Und jetzt park den Wagen und mach mir die Tür auf, wie es sich für einen Chauffeur gehört.«
»Normalerweise wäre ich alleine hier aufgetaucht, hätte die Lage sondiert und wäre später mit dem Typen von der Straße wiedergekommen, um Suttons Auftrag auszuführen.« Raffaela rollt mit den Augen. »Ich brauche keinen großen, starken männlichen Beschützer für diesen Job. Aber Mr. Sutton wollte mich nicht alleine gehen lassen, auch wenn es heute Abend absolut nicht gefährlich wird.« Sie hebt ein Schriftstück. »Ich habe nämlich eine Einladung.«
»Was genau tun wir hier?«, frage ich und betrachte die mächtige Eingangstür. Anders kann man das Ungetüm nicht bezeichnen. Sie ist groß, schwer und vermittelt den Eindruck, als würde sich der Besitzer dieses weitläufigen Gutes verschanzen. Als hätte er etwas zu beschützen, etwas sehr Wertvolles.
»Hübsch aussehen, mein Großer. Also lächle.« Sie rollt mit den Augen, als ich mir ein steifes Lächeln ins Gesicht zwinge. »Nicht so, freundlich. Du siehst aus, als wolltest du mich gleich anspringen.«
»Anspringen?« Meine Mundwinkel zucken. Raffaela schlägt mir gegen die Schulter. So wie sie sich anstrengt, sollte ich wohl etwas wanken. Ich tue ihr den Gefallen und verziehe schmerzerfüllt das Gesicht und halte mir die Schulter. Bei aller Ernsthaftigkeit der Situation, verleiht ihre Leichtigkeit dem ganzen Unterfangen eine spaßige Note. Mit ihr macht diese Angelegenheit irgendwie … Freude.
»Ernsthaft?« Okay, ich habe vielleicht etwas zu dick aufgetragen.
»Nee, aber ich dachte, es gefällt dir, wenn du mich verhauen kannst? Schließlich mime ich doch dein Spielzeug.«
Sie lacht. »Nicht nur meins.«
Alarmiert sehe ich sie an. Überraschungen, welcher Art auch immer, mag ich überhaupt nicht. Auch wenn ich relativ gut mit ungewohnten Situationen umgehen kann, heißt das nicht, dass ich vorher nicht gerne über alle Eventualitäten Bescheid wüsste. So, wie sich Raffaela gerade gibt, weiß sie genau, was auf uns – mich? – zukommt. Doch ich komme nicht mehr dazu, ihr eine Frage in diese Richtung zu stellen, denn die Haustür wird uns vor der Nase aufgerissen. Spielzeug? Himmel, nicht nur ihres? Wo bin ich hier nur gelandet?
»Sie wünschen?« Ein Butler, stilecht mit weißen Handschuhen und Frack stiert uns an, als wären wir das Haar in seiner Suppe. Ich starre finster zurück, weil es die einzige Reaktion ist, die ich auf eine so geringschätzige Musterung erwidern kann. Doch Raffaela ist Lady genug, um das Verhalten des Butlers an sich abperlen zu lassen.
»Ms. Silberbauer und Begleitung, bitte. Wir sind Gäste auf Mr. Burkes Party.« Was hat die Frau Eier. Nicht nur meine, ähm, nein, meine hat sie nicht. Ich schätzen, ihr Konter ist absolut höflich, formvollendet, und doch weist sie den dreisten Butler mit einer hoheitsvollen Miene in die Schranken, dass selbst Sutton den Schwanz einziehen würde.
»Sie wurden alleine angekündigt.« Und das weiß er, ohne auf eine Liste zu sehen. Bei der Größe des Hauses nehme ich an, kann es sich nur um eine Party eklatanten Ausmaßes handeln. Also nicht unter zwei-, dreihundert Personen. Deshalb also der Anzug und Raffaelas elegantes Kleid. Zumindest sie hat eine Einladung, während ich natürlich nicht erwartet wurde. Bin kurzfristig dazugestoßen … und habe grundsätzlich kein Problem, im Auto zu warten. Ich will schon einen Schritt zurückmachen, um mich galant zu verdrücken, aber sie hakt sich lässig bei mir unter. Die Geste wirkt so vertraut, als wären wir ein Pärchen. Mit gerunzelter Stirn blicke ich an meiner Seite herunter, hole tief Luft und nehme eine Haltung ein, die nicht ganz so steif wirkt.
Raffaela lächelt. »Mein Freund hat sich kurzfristig dazu entschlossen, mich zu begleiten.«
Der Butler stöhnt genervt. Mir ist sofort klar, dass er Überraschungen genauso verachtet wie ich. »Sie hätten sich ankündigen müssen. Ich werde Mr. Burke von dieser Angelegenheit unterrichten. Bitte kommen Sie. Sie können im Salon warten.« Der Butler nickt ihr zu und tritt einen Schritt zur Seite, um uns in die Villa zu bitten. Ein spitzer Schmerz durchzuckt mich, als sie mit dem Absatz ihres Pumps auf meinem Schuh steht. Empört sehe ich auf, will schon etwas erwidern. Doch mir bleibt die bissige Bemerkung auf halber Höhe im Hals stecken, als sie auf meinen Arm deutet. Was genau …? Raffaela verdreht die Augen und hakt sich kurzerhand selbst bei mir unter. Ach so, sie will, dass ich sie ins Haus führe. Ja warum sagt sie denn nichts? Ihre Nägel bohren sich so tief durch den Stoff meines Sakkos, dass ich das Gesicht verziehe und automatisch Haltung annehme. Diese Frau ist schlimmer als mein ehemaliger Feldwebel. Aber ich verstehe die Geste. Sie drückt meinen Arm nur so fest an ihre Seite, damit es aussieht, als ob ich sie führen würde. Was ich Trottel auch endlich tun sollte. Was ich natürlich auch getan hätte, wenn man mich ausführlich in die Rolle eingeführt und über diesen Auftrag informiert hätte. Wenn ich nicht ins kalte Wasser geworfen worden wäre, weil ich ja ach so gut mit ungewohnten Situationen umgehen kann. Himmel, ich bringe Sutton vielleicht wirklich um, wenn ich Raffaela endlich wieder losgeworden bin. Doch bevor ich diesen Mordversuch planen kann, gilt es, den Anweisungen meiner … Begleitung zu folgen. Und zu verdrängen, dass ich das nette Accessoire bin und nicht sie.
Als wir in die Eingangshalle treten, sehe ich mich hastig um. Fluchtwege auschecken und so. Man weiß ja nie, was dieses verrückte Frauenzimmer noch alles plant. Nicht, dass ich sie mir fix nach dem Aperitif über die Schulter werfen und türmen muss. In den Schuhen jedenfalls kann sie nicht rennen. Oder doch? Mich würde nicht wundern, wenn sie es tatsächlich hinbekäme.
Die Halle wird dominiert von dunkler Holzvertäfelung und gerahmten Bildern. Wo man auch hinsieht, überall Gemälde, dazu Marmorböden und Kronleuchter an der Decke. Wir sind so schnell von dem Butler in ein Wohnzimmer aus den 30er Jahren geführt worden, dass ich gar keine Chance hatte, den Eingangsbereich der Villa richtig zu mustern. Die Zeit reicht gerade noch, mir den Grundriss einzuprägen. Doch so viel habe ich mitbekommen: Hier schreit alles nach Geld. Sehr viel Geld.
»Bitte warten Sie im Salon. Ich werde Master Burke von Ihrer Ankunft unterrichten.« Der Butler neigt kurz den Oberkörper vor, bevor er verschwindet.
»Salon?«, murre ich, lasse die Hände in meinen Hosentaschen verschwinden.
»Wenn man reich ist, heißt so das Wohnzimmer. Aber nur das, in das man die Gäste zum Warten führt.« Raffaela lässt sich in einen Sessel sinken und schlägt elegant die Beine übereinander, während ich ans Fenster trete und einen Blick in den Innenhof werfe. Verdammt viele Zimmer und mindestens drei Stockwerke, um sich nach allen Regeln der Kunst zu verlaufen. Na wunderbar. Hoffen wir mal, dass Ms. Silberbauers Zunge spitz genug ist, um mich in diese Party reinzuquatschen.
»Du hättest mich auch im Auto warten lassen können. Immerhin sollte ich dich sowieso nur fahren.«
Raffaela hantiert mit ihrer Fuchsstola herum. »Zu langweilig. Und jetzt kein Wort darüber, diese Wände könnten Ohren haben.« Hastig wirbele ich auf dem Absatz herum. Als ob bei der Erwähnung einer Wanze gleich eine gut sichtbar von der Decke hängt. Natürlich ist dem nicht so und natürlich hat Raffaela recht. Ihr eindringlicher Blick vermittelt mir, dass ich lieber nichts mehr sagen sollte, was nicht auf meine Rolle passt. Ich bin ihr Spielzeug und sie hat mich nur für ihr Vergnügen mitgenommen.
»Wie du wünschst«, murre ich. Ihr eindringliches Kopfnicken zitiert mich an ihre Seite und so stelle ich mich seitlich neben den Sessel, verschränke die Arme hinter dem Rücken und warte. Wie ein Hündchen. Fehlen nur noch das Halsband und die Leine. Ich knurre meinen Ärger hinunter.
»Hör auf zu knurren, sonst kauf ich dir ein Halsband«, schmeichelt sie, ohne mich anzusehen.
»Ich bin nicht dein …«
»Brandon!