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Wer seinen Garten versteht, die höhere Ordnung darin begreift, der wird sowohl Erfüllung darin finden als auch mehr ernten können. Wie das geht, zeigt Wolf-Dieter Storl in diesem Buch über den Mikrokosmos Garten. Es ist eine umfassende, ganzheitliche Natur- und Gartenkunde, die planetare Einflüsse genauso beachtet wie Bodenbakterien und Düngersubstanzen. Storls Wissen reicht von den Erkenntnissen der Rosenkreuzer und Neuplatoniker über Erfahrungen der Indianer und Chinesen bis zur Weisheit des Paracelsus und Agrippa von Nettesheim. Daneben bietet der Selbstversorger praktische Hilfe, Tipps und Ratschläge aus der biodynamischen Gartenpraxis für alle Arbeiten rund ums Jahr. Vom Einfluss des Wetters über das richtige Kompostieren, die idealen Pflanzennachbarschaften und Fruchtfolgen, das Zusammenleben mit Insekten und Kleintieren und den Umgang mit Saatgut – Wolf-Dieter Storl teilt alle kleinen und großen Geheimnisse eines lebendigen Naturgartens mit Ihnen.
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Seitenzahl: 587
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WOLFDIETERSTORL
Gartenbau nach biologischen Naturgeheimnissen als Weg zur besseren Ernte
Gott segne mir den Mann
In seinem Garten dort! Wie zeitig fängt er an,
Ein lockres Bett dem Samen zu bereiten!
Kaum riss der März das Schneegewand
Dem Winter von den hagern Seiten,
Der stürmend floh und hinter sich aufs Land
Den Nebelschleier warf, der Fluss und Au
Und Berg in kaltes Grau
Versteckt, da geht er ohne Säumen,
Die Seele voll von Ernteträumen,
Und sät und hofft.
Johann Wolfgang von Goethe
Dieses Buch ist eine vollständig überarbeitete und erweiterte Neuausgabe des 1982 erstmals im Verlag Hermann Bauer, Freiburg i. Br., erschienenen Werks »Der Garten als Mikrokosmos«.
7. Auflage, 2022
© 2001
AT Verlag AG, Aarau und München
Gestaltung und Satz: AT Verlag, Aarau
Illustrationen: Sarah Winter, Hamburg
Fotos: Lisa Storl
ISBN E-Book 978-3-03902-197-0
Der AT Verlag wird vom Bundesamt für Kultur für die Jahre 2021–2024 unterstützt.
DER GARTEN AN DER HERMETISCHEN QUELLE
Die Erde wiederfinden
Arthur Hermes
Lehrjahre
ES WAR EINMAL …
Das naturverbundene, bäuerliche Bewusstsein
Klostergärten
Renaissance
Bauernregeln
Die Kalender
DIE NEUE LANDWIRTSCHAFT UND RUFER IN DER WÜSTE
Reformbewegungen
Rudolf Steiner
Organic Agriculture
Organische Landwirtschaft, biodynamische Landwirtschaft, Permakultur
ALTERTÜMLICHE BEGRIFFE
Die vier Elemente
Die ätherischen Kräfte
Die Prozesse: Sal, Mercurius, Sulphur
Mikrokosmos – Makrokosmos
Die Signaturenlehre
Transmutationen, werdender und vergehender Stoff
Die Stufen des Seins
Die Seelen und Geister der Pflanzen, Tiere und Steine
GOETHEANISTISCHE WISSENSCHAFT
Vom Sichtbaren zum unsichtbar Wahren
Imaginative Wahrnehmung
Die Urpflanze und die Eigenschaften des Lebendigen
EVOLUTION – INVOLUTION
Der Weg vom Makrokosmos zum Mikrokosmos
Pflanzenevolution
Giftpflanzen
Pflanzen als Ekstatiker
Arbor Inversus
DER IRDISCHE FAKTOR: DER BODEN
Die Phänomenologie des Bodens
Bodenreaktion und Anzeigerpflanzen
Wie entsteht der Boden?
Der lebendige Boden
Wie behandelt man den Boden richtig?
Bodenbedeckung (Mulch)
Gründüngung
Bodenwasser und Bodenluft
NÄHRSTOFFE UND DÜNGERSUBSTANZEN
Die stoffliche Zusammensetzung der Pflanzen
Die Hauptelemente und ihre Funktion im Pflanzenwachstum
Bodenuntersuchungen
KOSMISCHE EINFLÜSSE
Geozentrische Astronomie
Raum- und Zeiterscheinungen kosmischer Vorgänge
Der Tagesrhythmus
Mondrhythmen
Planetarische Rhythmen
Irdische Gestalten und ihre kosmischen Parameter
Planetensignaturen in der Pflanzenwelt
Praktische Beobachtungen
Der Sonnenzyklus in der Praxis
Mondzyklen in der Praxis
WIND UND WETTER: DIE ATMOSPHÄRISCHEN FAKTOREN
Wettervorhersage
Gartenarbeitskalender
Magische Wetterbeeinflussung
Das Kleinklima: Licht und Wärme
Nachtfröste
Winde und Lüfte
Wasser
Mulch und Bodenbedeckung
KOMPOST UND JAUCHE
Zusammensetzung des Kompostes
Kohlenstoff-Stickstoff-Verhältnis verschiedener Substanzen
Wo, wann und wie man den Komposthaufen anlegt
Spezialkomposte und Miste
Die heilige Kuh
Kräuterjauchen und flüssiger Dünger
Der Kompostierungsvorgang
Die vier Elemente im Kompost
Die Biografie eines Komposts
Menschliche Fäkalien
PFLANZENGEMEINSCHAFTEN, FRUCHTFOLGEN UND UNKRÄUTER
Primitive Gärten
Einige gute Pflanzennachbarschaften im Garten
Mischbeetkultur und Zwischenfruchtanbau
Fruchtfolgen
Familienzugehörigkeiten der Gemüsepflanzen
Seltene Gemüse
Nutzung von Sumpfland und Teichen
Unkräuter
Unkrautbekämpfung
Insekten und andere kleine Biester
Heilige Krabbeltiere
Was ist ein Insekt?
Das Insekt als Doppelgänger der Pflanze
Das Insekt als astrales Feuer
Der Krieg gegen die Kerbtiere
Die Gruppenseele des Gliederfüßlers
Nützliche Insekten
Praktischer Pflanzenschutz
Vögel, Kriechtiere und Säugetiere
Biologische Gifte und Präparate
Pilze, Viren und Bakterien
Die Schnecke und die Gartenökologie
Wühlmäuse lieben lernen
DER GARTENKALENDER
Das Jahr: Atemzug der Erdenseele
Der Arbeitskalender
PRÄPARATE, TINKTUREN UND ELIXIERE
Herstellung der biologisch-dynamischen Präparate
Wie kann man die Wirkungen verstehen?
Die Dosierung
Die Heilkräuter der Präparate
Der präparierte Kompost
Wie findet man neue Präparate?
Die gute Stunde
Wie erkennt man den Planeten in einer Pflanze?
GARTENPRODUKTE ALS NAHRUNGSMITTEL
Was ist Nahrung?
Nahrungsmittelreform
Wintergemüse und Wintersalat
Das Kochen
Die Hauptnahrungsmittel
Das Würzen
Aufbewahrung über den Winter
VERERBUNG, SAMEN UND SAATGUT
Die falschen Hoffnungen der Gentechnologie
Genetische Erosion
Die offizielle Meinung der etablierten Genetik
Die Sprache, die man mit Pflanzen spricht
Wie erhält man das Saatgut?
Die Aussaat
Das Aufbewahren von Saatgut
Keimfähigkeit
Bestäubung und Kreuzungen
ANHANG
Nachwort
Bibliografie
Register
Gärten bekommt man wie Kinder:
Beides sind Früchte der Liebe.
Max Mezger
Zurzeit schwimmt die Weltwirtschaft in Öl. Neue Quellen werden in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion und in Afrika erschlossen. Die Verschwendung kann weitergehen. In den Siebzigerjahren gab es die Ölkrise. Das Öl wurde knapp, und die Ökonomen gaben sich um die Weltwirtschaft besorgt. Plötzlich stand das boomende amerikanische Agrobusiness und überhaupt die auf fossilen Brennstoffen basierende, technokratische Landwirtschaft – trotz fantastischer Überschussproduktion – gar nicht mehr in einem so guten Licht da. Pestizide, Kunstdünger, Maschinenparks, Kühllagerung und die endlosen Transportwege in die Supermärkte wurden nicht nur als Umweltzerstörer, sondern auch als Energieverschwender erkannt. Die bange Frage kam auf: Wie soll sich die Menschheit in einigen Jahrzehnten ernähren, wenn es so weitergeht? Man suchte nach neuen Energiequellen und beauftragte Ethnologen und Kulturanthropologen, die unterschiedlichen Landwirtschaftssysteme unter die Lupe zu nehmen und bezüglich ihres Energieverbrauchs zu untersuchen. Die in diesem Zusammenhang erstellten »Energie-Input/-Output-Studien« hielten eine Überraschung bereit. Wenn man den Energie-Input (in Kilokalorien quantifiziert) mit dem Output verglich, zeigte sich, dass die industrialisierte Landwirtschaft bis zu zehnmal mehr Energie verbraucht, als sie erzeugt. Allein der Transport der Nahrungsmittel benötigt mehr Energie, als diese selbst enthalten. Am besten schnitt die traditionelle chinesische Landwirtschaft ab: Sie beruht vor allem auf einer effizienten, arbeitsintensiven gartenbauähnlichen Praxis. Durch hervorragende Nutzung der Sonnenenergie (Photosynthese) erzeugt sie zweieinhalbmal so viel Kalorien, wie sie verbraucht (Allaby/Allen 1974: 39).
Zu beantworten war auch die Frage, wie es mit der traditionellen europäischen Landwirtschaft steht. Um dies zu erforschen, verließ ich mein College in Oregon und machte mich auf den Weg ins Emmental in der Schweiz, zu einem Hof, auf dem man noch die Kühe von Hand melkte, mit dem Pferdegespann pflügte und eggte, das Gras meist noch mit der Sense mähte, wo im Winter das Holz im Wald geschlagen wurde und die Bäuerin noch ihr eigenes Brot im Holzofen backte, den Gemüsegarten und die Hühner von Hand besorgte. Auf diesem Hof lernte ich, was »chrampfe« und »dürehebe« bedeutet. Ich war Knecht, gerade so, wie es bei Gotthelf beschrieben wird, und meine Frau war Magd. So hart hatten wir noch nie gearbeitet, so gesund waren wir aber auch seit Langem nicht gewesen. Den in Zahlen umgerechneten Kalorienverbrauch – wie viel wurde gegessen, wie viel fraßen die Tiere, wie viel Strom und Sprit wurden verbraucht – notierte ich so sorgfältig wie möglich und verglich ihn mit dem Energiegewinn, der durch Holzfeuer und Landwirtschaftsprodukte erzeugt wurde.
Jeden Donnerstag zog ich Anzug und Schlips an und nahm den Zug nach Bern, um am Institut für Ethnologie eine Vorlesung zum Thema »Kulturökologie« zu halten. Für den Bauern hätte ich ebenso gut in ein Ufo steigen können; die Verwandlung passte einfach nicht in seine Auffassung der Realität. Sicherlich wussten auch die Studenten nicht, was sie von mir halten sollten, immer erschöpft von der harten Arbeit und nach Kuhdung riechend. Zur Erholung und Entspannung ging ich in die nächstgelegene Buchhandlung. Ich las zwar nichts, sondern blätterte nur wahllos in den Büchern. Ein charmanter Jungverleger, der dort arbeitete, sprach mich dabei an: »Sicherlich haben Sie ein interessantes Manuskript für meinen Verlag.« Nein, das hatte ich beileibe nicht! Für Schriftstellerei hatte ich sowieso keine Zeit. »Machen Sie doch einmal, was Ihnen wirklich Spaß macht!«, beschwor er mich das nächste Mal. Und da es mir inzwischen vor den trockenen Zahlentabellen der Input-Output-Studien grauste, begann ich über das zu schreiben, was mir mehr am Herzen lag: über naturnahes Gärtnern, wie ich es einige Jahre zuvor in einem biodynamischen Garten gelernt hatte; von dem Garten, in dem ich unverhofft ins Reich der Heinzelmännchen gestolpert war, wo die Natur meine Seele wieder mit Licht erfüllt hatte und wo die Beklemmung, das Gefühl der Entfremdung, das sich notwendigerweise durch die anerzogene kalte, objektive Sichtweise einstellt, von mir abgefallen war. Das Buch zu schreiben, war eine Entscheidung des Herzens, nicht des berechnenden Verstandes. Und so kam das Buch »Der Garten als Mikrokosmos« zustande, dessen aktualisierte Neuauflage hier vorliegt.
Als von einer Neuauflage die Rede war, wurde mir bewusst, wie viel Wasser inzwischen die Aare hinabgeflossen war. Im Gärtnern und in der Landwirtschaft haben Veränderungen stattgefunden, auf die es einzugehen gilt. Auch die mit Fremdwörtern gespickte akademische Spitzfindigkeit galt es abzulegen, ebenso wie das viel zu schwere, überflüssige, esoterisch-metaphysische Gepäck. Dazu gehört auch die Alchemie. So bildhaft und bunt die Alchemie auch ist, sie setzt voraus, dass die Schöpfung unvollkommen, mangelhaft und hilfsbedürftig ist. Es bedarf des Adepten, des Eingeweihten, der aus seinem überlegenen Wissen heraus die Natur verbessert, sie zur Vollendung führt. Dies schmeichelt nicht nur dem Ego, sondern ist auch ein Aufruf zur Manipulation, zum »Machen«. Begegnungen mit traditionellen Stämmen, deren Grundsatz es ist, in Harmonie mit der beseelten Natur zu leben, und das Studium der Weisheiten der Upanischaden haben in mir inzwischen die Überzeugung reifen lassen, dass die Natur keiner Verbesserung bedarf, keine noch so gut gemeinte Manipulierung braucht. Sie ist göttlich, ohne Fehler. Kosmische Weisheit durchflutet sie. Es ist unser Verstand, verdüstert durch egoistische Bedürfnisse, der mangelhaft ist und der Läuterung bedarf. Wenn wir still werden und der weisen Natur, der Göttin, lauschen, dann wird sie uns inspirieren, und wir werden das Richtige tun.
Noch immer gärtnere ich mit unverminderter Freude. Nur ist der Garten inzwischen – wie auch ich selbst – ein anderer geworden. Er ist wilder geworden. Noch immer messe ich die Beete für das Gemüse sorgfältig aus, pflanze und säe zur rechten Zeit, mulche im Sommer und streue die Holzasche aus dem Herd im Winter auf die schneebedeckten Beete. So ist es möglich, die Familie das ganze Jahr mit gutem, naturbelassenem Gemüse und Kartoffeln zu versorgen. Aber, wie gesagt, der Garten ist wilder geworden, seine Grenzen sind schwerer auszumachen. Er hat keinen Zaun, der ihn einhegt. Auf der einen Seite geht er unmittelbar in Sumpfland über. Da habe ich Rohrkolben und Wassernuss angebaut, da wuchern Bachehrenpreis, Wasserkresse und Sumpfweidenröschen, da schwimmt die grüne Wasserlinse – alles wertvolle Wildgemüse, die in einer Zeit denaturierter Lebensmittel wichtig sind; da habe ich Fieberklee, Helmkraut und Kalmus gepflanzt, wertvolle Heilmittel für jene, die der seelenlosen Apparatemedizin misstrauen; im Morast leben Frösche, Kröten, Salamander, die nachts mitunter im Garten spazieren gehen und das heilsame Naturgleichgewicht erhalten helfen. Gelegentlich singen sogar die Unken ihre zarten elfenhaften Lieder.
Erbsen schmecken gut und schonen den Boden.
Rund um den Garten wuchern die Brennnesseln, zwischendrin Haselsträucher, Obstbäume, Essigbäumchen – die Indianer brauten aus den sauren roten Beeren eine vorzügliche »Limonade« und aus der Rinde ein adstringierendes Wundheilmittel. Auch Himbeeren breiten sich aus, Topinampurhorste, Johannisbeeren, Elsbeeren, Brombeeren und andere Pflanzen, die man essen oder anders nutzen kann. Wo die Grenzen des Gartens sind, weiß ich nicht zu sagen. Der »Garten« verläuft sich in einer Wiese, die im Frühling blutreinigenden, entschlackenden Löwenzahn, Sauerampfer, Scharbockskraut, zarte Schafgarbenblätter, Wiesenschaumkraut und manch anderes Geschenk der Apotheke Gottes bereithält. Einige wenige Besucher stört es, dass sie nicht klar erkennen können, wo der Garten beginnt und wo er aufhört; und wenn sie denken, das sei unordentlich, dann sehen sie eben die »höhere Ordnung« nicht. Nicht ein nach unseren beschränkten Vorstellungen aufoktroyiertes Schema bezwingt hier die wilde Natur, sondern eine ihr eigene, innewohnende harmonische Gesetzmäßigkeit darf zur Geltung kommen.
»Kein Zaun? Wieso fressen die Rehe euren Garten nicht kahl? Zauberst du etwa?«, fragte ein Nachbar aus dem Tal. Nun, versicherte ich ihm, die Rehe mögen einfach nicht durch die hohen Brennnesseln laufen.
Natürlich lässt sich ein solcher »grenzüberschreitender« Garten nicht überall anlegen, sondern nur an einem abgelegenen Ort auf dem Land. Aber jeder kann, egal wo er wohnt, so naturnah und naturfreundlich wie möglich seinen Garten bestellen. Zum Glück gibt es inzwischen den Begriff »Permakultur«, mit dem man derartige wilde Gärten bezeichnen kann. Sogar in der Stadt ist solch verwegenes Gärtnern möglich.