Der Spiegel des Dharma mit Ergänzungen - Geshe Kelsang Gyatso - E-Book

Der Spiegel des Dharma mit Ergänzungen E-Book

Geshe Kelsang Gyatso

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Beschreibung

Dieses Buch "Der Spiegel des Dharma mit Ergänzungen" - Dharma sind die Lehren erleuchteter Wesen – ist ein praktischer Ratgeber, wie wir unsere täglichen Probleme des unkontrollierten Verlangens, der Wut und Unwissenheit lösen können und wie wir unserem menschlichen Leben Sinn geben. Der Autor, der Ehrwürdige Geshe Kelsang Gyatso Rinpoche, ist ein international bekannter Meditationsmeister und Gelehrter. In diesem Buch erläutert er in Form praktischer Anleitungen den vollständigen Pfad zur Erleuchtung, auf der Grundlage seiner tiefen Erfahrung, die er durch ein Leben in Meditation gewonnen hat. "In der Spiegel des Dharma mit Ergänzungen können wir die Sonne des höchsten Glücks der Erleuchtung sehen und finden. Wie sehr sind wir vom Glück begünstigt!" Geshe Kelsang Gyatso Rinpoche Dieser praktische Leitfaden enthält: -Essenzielle Einsichten in den ´Rat aus dem Herzen Je Tsongkhapas´, genannt ´Die drei Hauptaspekte des Pfades zur Erleuchtung´. -Wie wir mit dem Gebet ´Bitte an den Herren aller Überlieferungslinien´ über alle Stufen des Pfades sowohl von Sutra als auch Tantra nachdenken und meditieren können. -Wie wir uns in der Meditationspraxis von Avalokiteshvara, dem Buddha des Mitgefühls, schulen. -Eine besondere Darstellung der Übung der Stufen des Pfades zur Erleuchtung, bekannt als Lamrim.

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Über den Autor

Der Ehrwürdige Geshe Kelsang Gyatso Rinpoche ist ein vollkommen verwirklichter Meditationsmeister und international anerkannter Lehrer des Buddhismus, der den Weg für die Einführung des modernen Buddhismus in unsere heutige Gesellschaft ebnete. Er ist der Autor von 23 hochangesehenen Büchern, die die alte Weisheit des Buddhismus in vollkommener Weise in unsere moderne Welt übertragen. Des Weiteren ist er der Gründer von über 1.200 Zentren und Gruppen des Kadampa Buddhismus auf der ganzen Welt.

Mehr auf www.tharpa.com/de

Der Spiegel des Dharma

Empfohlene Reihenfolge für Anfänger, in der die Bücher des Ehrwürdigen Geshe Kelsang Gyatso Rinpoche studiert oder gelesen werden sollten:

Wie wir unser Leben verwandeln

Wie wir den Geist verstehen

Freudvoller Weg

Der Spiegel des Dharma mit Ergänzungen

Das neue Herz der Weisheit

Moderner Buddhismus

Tantrische Ebenen und Pfade

Führer ins Dakiniland

Essenz des Vajrayana

Die mündlichen Anleitungen des Mahamudra

Große Schatzkammer der Verdienste

Acht Schritte zum Glück – Neuausgabe

Einführung in den Buddhismus

Wie wir unsere menschlichen Probleme lösen

Sinnvoll zu betrachten

Das Bodhisattva Gelübde

Allumfassendes Mitgefühl

Das neue Meditationshandbuch

Sinnvoll leben, freudvoll sterben

Ozean von Nektar

Herzjuwel

Das klare Licht der Glückseligkeit

Mahamudra Tantra

Dieses Buch wurde unter der Schirmherrschaft des

Internationalen Tempelprojekts der NKT-IKBU

veröffentlicht und der Verkaufserlös ist

durch diesen Fonds für das Wohl der Allgemeinheit bestimmt.

Eingetragen unter VR 33517 B

EHRWÜRDIGER GESHE KELSANG GYATSO RINPOCHE

Der Spiegel des Dharma

mit Ergänzungen

WIE WIR DEN WIRKLICHEN SINN DES MENSCHLICHEN LEBENS FINDEN

THARPA VERLAG

Originaltitel: The Mirror of Dharma With Additions

2. Auflage 2019

Alle Rechte vorbehalten.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. 

Jede Reproduktion ist unzulässig, außer zur Verwendung kurzer Passagen für privates Studium, Forschung und Buchbesprechungen.

Herausgeber:

Tharpa Verlag Deutschland, ein Teil des 

Dipankara Kadampa Meditationszentrum e. V. (VR 33517 B)

Chausseestraße 108

10115 Berlin

Der Tharpa Verlag hat überall auf der Welt Niederlassungen und Tharpa Bücher werden in den gängigsten Sprachen veröffentlicht.

Kontaktadressen siehe hier.

© Deutsche Übersetzung Ehrwürdiger Geshe Kelsang Gyatso Rinpoche und Neue Kadampa Tradition – Internationale Union des Kadampa Buddhismus 2018

Gestaltung des Einbands: © NKT-IKBU 2018

Titelbilder: © Korpithas/Faenkova Elena/Shutterstock.com

ISBN 978-3-947058-23-5

ISBN ePub 978-3-947058-14-3

ISBN Kindle 978-3-947058-15-0

Satz: Tharpa Verlag Deutschland

Inhaltsverzeichnis
Titelseite
Abbildungen
TEIL EINS: Schulung in Kontemplation
Einleitung
Essenzielle Einsichten in Die drei Hauptaspekte des Pfades zur Erleuchtung
Wer ist Je Tsongkhapa?
Die eigentliche Erläuterung der essenziellen Einsicht in Die drei Hauptaspekte des Pfades zur Erleuchtung
Bitte an den Herrn aller Überlieferungslinien
Essenzielle Einsichten in die Avalokiteshvara Sadhana: Gebete und Bitten an den Buddha des Mitgefühls
TEIL ZWEI: Schulung in Meditation
Was ist Meditation?
Meditation einer Person anfänglicher Ausrichtung
Meditation über die Kostbarkeit unseres menschlichen Lebens
Meditation über den Tod
Meditation über die Gefahr niederer Wiedergeburt
Meditation über Zufluchtnahme
Meditation über Karma
Meditation einer Person mittlerer Ausrichtung
Meditation über Entsagung
Meditation über unseren Entschluss, unsere Unwissenheit des Festhaltens am Selbst, die Wurzel samsarischer Wiedergeburt, zu erkennen, zu verringern und aufzugeben
Meditation über unseren Entschluss, den eigentlichen Pfad zur Befreiung zu üben, die drei höheren Schulungen
Meditation über unseren Entschluss, wahre Beendigungen zu erlangen
Meditation einer Person großer Ausrichtung
Meditation über Wertschätzung aller Lebewesen
Meditation über allumfassendes Mitgefühl
Meditation über das höchste gute Herz, Bodhichitta
Meditation über unseren Entschluss und unser Versprechen, aufrichtig die sechs Vollkommenheiten zu üben
Schulung in Meditation über Leerheit
Meditation, uns auf unseren spirituellen Meister zu verlassen
Widmung
Anhang I - Der Urtext Die drei Hauptaspekte des Pfades zur Erleuchtung vom Weisheitsbuddha Je Tsongkhapa
Anhang II - Befreiendes Gebet
Anhang III - Avalokiteshvara Sadhana: Gebete und Bitten an den Buddha des Mitgefühls
Anhang IV - Gebete für die Meditation
Anhang V - Der glückselige Pfad: Die zusammengefasste Selbsterzeugungssadhana von Vajrayogini
Anhang VI - Die elf Yogas von Vajrayogini
Anhang VII - Die neue Essenz des Vajrayana: Die Selbsterzeugungspraxis des Heruka Körpermandalas, eine Anleitung der mündlichen Ganden Überlieferungslinie
Anhang VIII - Darbringung an den spirituellen Meister: Eine besondere Art und Weise, uns auf unseren spirituellen Meister zu verlassen
Anhang IX - Die Hunderte von Gottheiten des Freudvollen Landes gemäß Höchstem Yoga Tantra: Der Guru Yoga von Je Tsongkhapa als eine vorbereitende Übung für Mahamudra
Glossar
Bibliografie
Studienprogramme des Kadampa Buddhismus
Tharpa Niederlassungen weltweit
Leseempfehlungen
So finden Sie Ihr nächstgelegenes Kadampa Meditationszentrum

Abbildungen

Buddha Shakyamuni

Je Tsongkhapa

Guru Sumati Buddha Heruka

Avalokiteshvara

Hände in der Meditationshaltung

Spiegel des Dharma

Sonne, die die Wolken vertreibt

Dorjechang Kelsang Gyatso Rinpoche(eingefügt auf Bitte vertrauensvoller Schüler)

Avalokiteshvara

Buddha Shakyamuni

Buddha Vajradharma

Vajrayogini

Tantrische Verpflichtungsgegenstände

Vajrasattva Vater und Mutter

Zwölfarmiger Heruka

Nada und HUM

Zweiarmiger Heruka

Lama Losang Tubwang Dorjechang

Dorjechang Kelsang Gyatso Rinpoche

TEIL EINS

Einleitung

Die Erklärung, die in diesem Kapitel gegeben wird, wird all jenen von großem Nutzen sein, welche die sehr tiefgründigen und gesegneten Anleitungen üben möchten, die in den folgenden Kapiteln vorgestellt werden. Das Thema dieses Buches ist, wie wir Buddhas Lehren, oder Dharma, in die Praxis umsetzen.

Der erste Punkt, über den wir nachdenken sollten, lautet: «Warum müssen wir Buddhas Lehren üben?» Die Antwort ist sehr einfach: Weil wir die ganze Zeit glücklich sein möchten und uns diesen Wunsch nur erfüllen können, indem wir Buddhas Lehren in die Praxis umsetzen. Deshalb müssen wir Buddhas Lehren, Dharma, aufrichtig und rein üben.

Obwohl wir normalerweise die ganze Zeit glücklich sein möchten, sogar während wir schlafen, wissen wir nicht, wie wir das anstellen. Würde uns jemand fragen, wie das geht, so hätten wir keine klare Antwort. Haben Sie eine? Einige sagen vielleicht: «Ich werde jederzeit glücklich sein, wenn ich reich bin, einen guten Ruf genieße und mit dem Menschen, den ich begehre, eine Beziehung haben kann.» Es tut mir sehr leid, aber das stimmt nicht! Wir können sehen, dass Menschen, die alle diese Dinge haben, auch sehr unglücklich sind und viele Probleme haben. Viele Reiche und jene in hoher Stellung erleben großes Leiden und viele Gefahren. Wir sehen und hören davon ständig in den Nachrichten.

Wir sollten auch wissen, dass wir zwar glücklich sein mögen, wenn wir zum Beispiel unseren Urlaub genießen. Doch dieses Vergnügen ist kein wirkliches Glück, sondern lediglich eine Verringerung unserer vorherigen Probleme. Wäre das Glück, das wir erleben, wenn wir Urlaub machen, wirkliches Glück, so würde daraus folgen, dass der Urlaub selbst eine wirkliche Ursache des Glücks ist. Das ist aber nicht der Fall, denn wir wissen, dass auch ein Urlaub viele Probleme verursachen kann. Dies können wir auf andere Vergnügen übertragen wie Essen, Trinken und Sex. Wäre zum Beispiel das Glück, das wir durch Essen erleben, wirkliches Glück, so würde daraus folgen, dass Essen an sich eine wirkliche Ursache des Glücks ist. Wäre dem so, dann würde unser Glück immer größer werden, je mehr wir unaufhörlich essen würden. Tatsächlich ist jedoch das Gegenteil der Fall. Hierdurch können wir verstehen, dass niemand in dieser unreinen Welt wirkliches Glück und wirkliche Freiheit erlebt. Das ist so, weil ein jeder Glück in den falschen Objekten sucht und weil jeder die Probleme des unkontrollierten Begehrens und der Unwissenheit erlebt.

Der einzige Weg, uns und andere jederzeit glücklich machen zu können, ist, Buddhas Lehren umzusetzen. Das ist so, weil Glück von einem friedvollen Geist abhängt. Durch das Umsetzen der Lehren Buddhas können wir jederzeit einen friedvollen Geist entwickeln und bewahren, sodass wir jederzeit glücklich sein werden: Ganz gleich, ob unsere äußeren Bedingungen gut sind oder schlecht, wenn wir die ganze Zeit einen friedvollen Geist bewahren, werden wir die ganze Zeit glücklich sein.

Wir sollten wissen, dass wir im Augenblick ein menschliches Leben haben und dem Buddhadharma begegnet sind. Indem wir Buddhas Lehren in die Praxis umsetzen, haben wir die Gelegenheit, in diesem Leben und Leben für Leben jederzeit einen friedvollen Geist zu bewahren. Dies ist eine wundervolle und kostbare Gelegenheit, die wir niemals verschwenden sollten. Mit diesem Verständnis sollten wir uns ermutigen, Buddhas Lehren, Dharma, aufrichtig und rein zu praktizieren. In dieser Weise sollten wir uns auf den spirituellen Pfad führen, der uns in diesem Leben und Leben für Leben großen Sinn schenkt. Nur Buddhas Lehren, Dharma, sind die wirkliche Methode, uns und andere jederzeit glücklich zu machen, nicht nur in diesem Leben, sondern auch in zahllosen zukünftigen Leben. Deshalb sind sie die Quelle allen Glücks.

Wir sollten auch denken: «Warum muss ich mich um meine zukünftigen Leben kümmern?» Wir müssen uns um unsere zukünftigen Leben kümmern, da das Glück und die Freiheit unserer zukünftigen Leben wichtiger sind als jene dieses Lebens. Unser gegenwärtiges Leben ist bloß ein einziges Leben. Würden wir heute sterben, so wäre es heute zu Ende, doch unsere zukünftigen Leben sind zahllos und endlos. Wir wissen, dass sich die meisten Menschen nur um dieses Leben, nicht aber um zukünftige Leben kümmern, und deshalb vernachlässigen sie das Glück und die Freiheit ihrer zahllosen zukünftigen Leben. Das ist so, weil sie die Existenz zukünftiger Leben nicht verstehen.

Würden wir die Natur und Funktion unseres Geistes richtig verstehen, würden wir die Existenz unserer zukünftigen Leben klar erkennen. Wir sagen oft «mein Geist, mein Geist». Wenn uns aber jemand fragen würde: «Was ist dein Geist?», dann hätten wir keine richtige Antwort. Das ist so, weil wir die Natur und Funktion unseres Geistes nicht richtig verstehen. Der Geist ist von Natur aus etwas, das leer wie Raum ist, und dem immer Form, Gestalt und Farbe fehlt. Der Geist ist nicht eigentlich Raum, denn erzeugter Raum hat Gestalt und Farbe. Tagsüber kann er hell sein und nachts dunkel. Der Geist aber hat weder Gestalt noch Farbe.

Der Geist ist leer, aber es ist nicht richtig zu sagen, dass der Geist Leerheit ist. Was ist der Unterschied zwischen Leere und Leerheit? Leerheit hat im Buddhismus eine große Bedeutung. Sie ist die wirkliche Natur der Dinge und ein sehr tiefgründiges und bedeutsames Objekt. Wenn wir Leerheit direkt verwirklichen, werden wir dauerhaft von allen Leiden dieses Lebens und unserer zahllosen zukünftigen Leben befreit sein. Nichts hat eine größere Bedeutung. Deshalb ist Leerheit ein sehr bedeutsames Objekt, wohingegen Leere lediglich leer ist – sie hat keine besondere Bedeutung.

Nun folgt eine ergänzende Erläuterung. Wir sollten wissen, dass Leerheit und Selbstlosigkeit synonym sind. Selbstlosigkeit wird in zwei eingeteilt: (1) Selbstlosigkeit von Personen, (2) Selbstlosigkeit von Phänomenen. Beispiele für die Selbstlosigkeit von Personen sind die bloße Abwesen­heit unseres Selbst, das wir normalerweise sehen, und die bloße Abwesenheit von anderen Personen, die wir norma­ler­weise sehen. Ein Beispiel für die Selbstlosigkeit von Phänomenen ist die bloße Abwesenheit anderer Phäno­mene, die wir normalerweise sehen. In Leitfaden zum Mittleren Weg sagt der große Gelehrte Chandrakirti: «Yogis verneinen das Selbst.» In diesem Kontext verneinen Yogis unser Selbst, das wir normalerweise sehen, unser Ich, das wir normalerweise sehen, andere Personen, die wir normaler­weise sehen und alle Phänomene, die wir normalerweise sehen. Das Objekt der Verneinung der Leerheit oder Selbstlosigkeit, das Chandrakirti hier erwähnt, ist subtiler als in anderen Erläuterungen dieses Themas und sehr tiefgründig. Chandrakirti sagt auch, dass Buddha die zwei Selbstlosigkeiten – die Selbstlosigkeit von Personen und die Selbstlosigkeit von Phänomenen – erklärt hat, um Lebewesen dauerhaft vom Leiden zu befreien. Wenn wir diese Themen ausführlich oder genau studieren, sollten wir geduldig und geschickt sein und nie zulassen, dass wir verwirrter werden, was zu Hindernissen führen wird. 

Deshalb ist Leerheit ein sehr bedeutsames Objekt, wohingegen Leere lediglich leer ist – sie hat keine besondere Bedeutung. Wenn wir also sagen, der Geist sei leer, meinen wir damit, dass ihm immer Form, Gestalt und Farbe fehlen. Und wenn wir sagen, der Raum sei leer, meinen wir damit, dass ihm behindernder Kontakt fehlt. Und wenn wir sagen: «Mein Geldbeutel ist leer», dann heißt das, dass im Geldbeutel kein Geld ist. Somit verstehen wir, dass Leere und Leerheit sehr unterschiedliche Bedeutungen haben.

Die Funktion des Geistes ist, Objekte wahrzunehmen oder zu verstehen. Normalerweise sagen wir: «Ich sehe dies und das», weil unser Geist das Objekt sieht. Da unser Geist Dinge versteht, sagen wir: «Ich verstehe.» Somit sind unsere Wahr­nehmung und unser Verständnis der Objekte Funktionen unseres Geistes. Ohne Geist haben wir keine Kraft, Objekte wahrzunehmen und zu verstehen.

Eine weitere Hauptfunktion des Geistes ist, Dinge zuzuschreiben. Ohne einen Namen können Dinge nicht existieren. Namen werden vom Geist zugeschrieben, indem er denkt: «Dies ist dies.» Deshalb existieren Dinge nur, weil der Geist sie zuschreibt. Hierdurch können wir verstehen, dass alles, sogar die Welt, vom Geist erschaffen ist. Es gibt keinen anderen Schöpfer als den Geist. Diese Wahrheit ist nicht schwer zu verstehen, wenn wir dies mit einem positiven Geist untersuchen.

Kurz gesagt ist der Geist somit etwas, dessen Natur leer wie Raum ist, dem immer Form, Gestalt und Farbe fehlt und dessen Funktion es ist, Objekte wahrzunehmen oder zu verstehen. Indem wir die Natur und Funktion des Geistes richtig verstehen, können wir begreifen, dass unser Geist vollkommen verschieden ist von unserem Körper, und dies beweist, dass nach unserem Tod unser Geist nicht endet, selbst wenn unser Körper dies tut. Der Geist verlässt den Körper und geht zum nächsten Leben, so wie ein Vogel sein Nest verlässt und zu einem anderen fliegt. Oder wenn wir zum Beispiel während des Schlafes träumen, bleibt unser Körper im Bett liegen, während unser Geist zur Traumwelt geht und so viele unterschiedliche Traumobjekte sieht und erlebt. Dies zeigt, dass unser Körper in dieser Welt bleibt, wenn wir sterben, unser Geist jedoch in sein nächstes Leben geht und wie im Traum so viele unterschiedliche Dinge seines nächsten Lebens sieht und erfährt. Mit diesem Verständnis werden wir an der Existenz zukünftiger Leben keinerlei Zweifel haben. 

Gleich nach unserem Tod werden wir einen neuen Körper haben, den Körper eines Zwischenzustandswesens, das ein Lebewesen zwischen seinem vergangenen Leben und seiner nächsten Wiedergeburt ist. Im Allgemeinen beträgt die Lebensspanne der Zwischenzustandswesen nur neunundvierzig Tage. Innerhalb dieser Zeit werden sie als Mensch, Gott oder Halbgott, oder in den niederen Bereichen als Tier, hungriger Geist oder Höllenwesen wiedergeboren. Wenn wir als ein Mensch geboren werden, müssen wir menschliches Leiden erleben, und wenn wir als ein Tier geboren werden, müssen wir tierisches Leiden erleben und so weiter.

Wir sollten wissen, dass wir als Mensch in dieser Welt wiedergeboren wurden, da wir in unseren früheren Leben verunreinigte tugendhafte Handlungen begangen haben, die dazu führten, dass wir in dieser unreinen Welt als Mensch geboren wurden. Deshalb sind wir hier. Niemand hat uns in diese Welt geschickt, indem er sagte: «Du sollst in die Welt der Menschen gehen und dort leben.» In gleicher Weise werden Tiere in ihrem eigenen Bereich als Tier wiedergeboren, weil sie in ihren früheren Leben nichttugendhafte Handlungen begangen haben, die die Hauptursache dafür waren, diese Wiedergeburt anzunehmen.

Niemand hat die Macht oder Autorität, den Lebewesen zu sagen: «Du sollst in den menschlichen Bereich gehen, den Tierbereich, den Höllenbereich oder den Götterbereich.» Wir alle nehmen aufgrund unserer früheren Handlungen, oder Karma, die wir seit anfangsloser Zeit angesammelt haben, unterschiedliche Wiedergeburten an und erleben unterschiedliche Leiden.

Buddha gab ausführliche Erklärungen, durch die wir die Verbindung verstehen können zwischen unseren Handlungen in vergangenen Leben, die entweder tugendhaft oder nichttugendhaft waren, und unseren Erfahrungen in diesem Leben, die entweder Glück oder Leiden sind.

Um diese Verbindung zu beweisen, führte Buddha ebenfalls viele Beispiele an. Einst lebte ein Mann namens Shri Datta, der viele äußerst negative Handlungen beging. Später, als er alt war, bat Shri Datta Buddha, ihm Ordination zu gewähren. Um Ordination zu empfangen, heißt es, benötigen wir zumindest ein klein wenig tugendhaftes Potenzial in unserem Geisteskontinuum, das eine Ursache für Befreiung ist, den dauerhaften inneren Frieden, der «Nirvana» genannt wird. Doch als Buddhas hellsichtige Schüler Shri Datta prüften, konnten sie kein einziges derartiges Potenzial finden und erklärten ihn für die Ordination ungeeignet. Diese Schüler konnten jedoch nicht die subtilen Potenziale sehen, die nur von erleuchteten Wesen gesehen werden. Als Buddha in Shri Dattas dunklen Geist schaute, sah er ein winziges Potenzial für Tugend. Er erklärte seinen Schülern: «Vor vielen Äonen war Shri Datta eine Fliege, die auf etwas Pferdedung in der Nähe des Stupas eines Buddha landete. Es regnete stark und das Wasser trug den Dung mit der Fliege um den Stupa herum. Obwohl die Fliege keine Absicht hatte, den Stupa zu umrunden, erhielt sie dennoch allein durch den Anblick des Stupa Buddhas Segnungen, und diese hinterließen in ihrem Geist ein tugendhaftes Potenzial, um Befreiung zu erlangen.» Dann gewährte Buddha ihm die Ordination. Infolgedessen nahm Shri Dattas positives Potenzial zu und er erlangte noch im gleichen Leben Befreiung.

In den Lamrim Anleitungen heißt es, dass allein der Anblick eines Bilds von Buddha in unserem Geist ein Poten­zial oder eine geistige Prägung hinterlässt, die eine Ursache der Erleuchtung ist. Das ist so, weil Buddhas vollkommen rein sind, jenseits des Kreislaufs unreinen Lebens, Samsara. Dieses Potenzial ist innerhalb unseres unreinen Geistes. Obwohl das Gefäß, unser Geist, unrein ist, ist sein Inhalt, das Potenzial, das allein vom Anblick eines Bild­s von Buddha stammt, immer rein. Dieses Potenzial wird für uns von großer Bedeutung sein, wie uns die Geschichte von Shri Datta zeigt. 

Eine andere Frage, die wir uns stellen müssen, ist: «Warum brauchen wir dauerhafte Befreiung von Leiden?» Das ist so, weil eine vorübergehende Befreiung von einem besonderen Leiden nicht reicht, selbst Tiere erleben eine solche Befreiung. Im Moment sind wir vielleicht frei von körperlichem Leiden und geistigem Schmerz, doch ist dies nur vorübergehend. Später in diesem Leben und in unseren zahllosen zukünftigen Leben werden wir endlos immer wieder unerträgliches körperliches Leiden und geistigen Schmerz erleben müssen. Deshalb besteht kein Zweifel daran, dass wir dauerhafte Befreiung von all den Leiden dieses Lebens und unserer zahllosen zukünftigen Leben erlangen müssen. Im Buddhismus wird diese dauerhafte Befreiung «Nirvana» genannt. Wir können diese Befreiung nur erreichen, indem wir Buddhas Lehren umsetzen, insbesondere Buddhas Lehren über Selbstlosigkeit, oder Leerheit. Leerheit wird im Wesentlichen in Teil Zwei dieses Buches, im Kapitel Schulung in Meditation über Leerheit erläutert. Eine ausführliche Erklärung findet sich im Buch Moderner Buddhismus.

Buddhas Lehren, oder Dharma, sind die praktische Methode, um den wirklichen Sinn menschlichen Lebens zu finden. Da Dharma sehr tiefgründig ist, sollten wir, wenn wir Dharma Bücher lesen, immer wieder über ihre Bedeutung nachdenken, bis sie unser Herz berührt. Dies ist für jeden sehr wichtig.

Nun folgen einige ergänzende Erläuterungen. Erstens müssen wir in Bezug auf Der Spiegel des Dharma die Seg­nungen der Übertragung dieses Buches erhalten. Dies wird das Tor zur Praxis dieser Anleitungen öffnen und uns die Gelegenheit geben, Der Spiegel des Dharma zu üben. Zweitens sollten wir, wenn wir die Übertragungssegnungen erhalten haben, fortwährend starkes Vertrauen in sowohl die Lehren als auch die Lehrer aufrechterhalten. Und zwar deshalb, weil Vertrauen in die Dharma Lehren und Lehrer der Ursprung der Dharma Verwirklichungen ist. Durch dieses Vertrauen entwickeln wir die Absicht Dharma zu üben, aufgrund dieser Absicht bemühen wir uns in unserer Übung, mit Bemühen können wir Dharma Verwirklichungen vollenden und durch Dharma Verwirklichungen können wir unsere eigenen Wünsche sowie die Wünsche anderer erfüllen. Wir alle möchten zu jeder Zeit glücklich sein. Dieser Wunsch wird nur erfüllt, indem wir Dharma Verwirklichungen erlangen. Drittens müssen wir die eigentliche Schulung, die Schulung in Kontemplation – Teil Eins dieses Buches – und die Schulung in Meditation – Teil Zwei dieses Buches –, aufrichtig üben.

Der Sinn der Schulung in Kontemplation ist, dass die Bedeutung der Anleitungen unser Herz berührt, sodass wir mühelos in der Schulung in Meditation voranschreiten können. Üben wir unsere Schulung in Kontemplation nicht aufrichtig, wird unser Dharma Verständnis rein intellektuell bleiben. Dadurch wird es keine Kraft haben, unsere täglichen Probleme des unkontrollierten Begehrens, oder Anhaftung, der Wut, der Unwissenheit und der anderen Verblendungen zu lösen. Indem wir dies verstehen, sollten wir uns stark bemühen, uns aufrichtig in Kontemplation zu schulen.

Wie schulen wir uns in Kontemplation? Entsprechend dem Buch Der Spiegel des Dharma sollten wir uns zuerst in den Anleitungen schulen, die in der Einleitung dieses Buches, dem ersten Kapitel, dargelegt sind. Ich möchte vorschlagen, dass wir all diese Anleitungen auswendig lernen. Dann sollten wir die Anleitungen geistig, nicht mündlich, wiederholen, während wir uns immer wieder beständig auf ihre Bedeutung konzentrieren. Wenn wir auf dieser Grundlage über die Anleitungen nachdenken, die in den verbleibenden Kapiteln dargelegt sind, werden unser Verständnis und unsere Erfahrung der Bedeutung dieser Kapitel klarer und stärker, sodass die ganze Bedeutung dieser Anleitungen, Der Spiegel des Dharma, unser Herz berührt. In dieser Weise werden wir die Verwirklichungen dieser kostbaren Anleitungen vollenden. 

Ihr, die die Gelegenheit habt, die kostbaren Anleitungen des Buches Der Spiegel des Dharma zu üben, fasst bitte den starken Entschluss: «Ich werde durch meine aufrichtige Übung dieser mündlichen Anleitung Der Spiegel des Dharma, die von Lehrern stammt, die Emanationen aller Buddhas der zehn Richtungen sind, alle Buddhas der zehn Richtungen erfreuen.»

An dieser Stelle sollten wir über die Bedeutung des letzten Verses von Die drei Hauptaspekte des Pfades zur Erleuchtung nachdenken, dem Rat aus Je Tsongkhapas Herzen:

Wenn du in dieser Weise die wesentlichen Punkte

Der drei Hauptaspekte des Pfades richtig verwirklicht hast,

Mein Lieber/meine Liebe, zieh dich ins Einzelretreat zurück, erzeuge und bewahre starkes Bemühen

Und vollende schnell das endgültige Ziel.

Die Bedeutung dieser Worte ist folgende. Hinsichtlich der ersten Zeile gibt es zwei wesentliche Punkte: der eine ist, die drei Hauptaspekte des Pfades richtig zu verwirklichen und Erfahrung in ihnen zu erlangen, und der zweite ist, die Vereinigung von Erscheinung und Leerheit richtig zu verwirklichen und Erfahrung in ihr zu erlangen. Je Tsongkhapa rät uns: «Mit diesen beiden wesentlichen Punkten solltest du dich in ein Retreat zurückziehen, starkes Bemühen frei von Faulheit entwickeln und aufrechterhalten und in dieser Weise wirst du schnell das letztendliche Ziel erreichen.»

Essenzielle Einsichten in Die drei Hauptaspekte des Pfades zur Erleuchtung

Je Tsongkhapa gab die Anleitungen der Drei Hauptaspekte des Pfades zur Erleuchtung als Rat aus seinem Herzen. Ich werde einen essenziellen Kommentar zu diesen Anleitungen geben.

WER IST JE TSONGKHAPA? 

Vom Standpunkt gewöhnlicher Erscheinung war Je Tsong­khapa ein tibetischer buddhistischer Meister und Gelehrter sowie der Gründer der Neuen Kadampa Über­lieferungs­linie. Der indische buddhistische Meister Atisha gründete die Kadampa Überlieferungslinie im Allgemeinen und Je Tsongkhapa gründete die Neue Kadampa Über­lieferungs­linie im Besonderen. Beide Über­lieferungs­linien sind die eigentliche Essenz der Lehren Buddhas und sind äußerst geeignet für Menschen dieses modernen Zeitalters.

 In Wahrheit ist Je Tsongkhapa eine Emanation von Buddha Shakyamuni, dem Gründer des Buddhismus. Buddha strahlt sich als Je Tsongkhapa aus, um seine reinen Sutra und Tantra Lehren im Allgemeinen und Höchstes Yoga Tantra im Besonderen in der ganzen Welt zu verbreiten. Im Kapitel «Vorhersage» des Sutra König der Anleitungen sagte Buddha Je Tsongkhapa voraus. Er nannte Je Tsongkhapas tatsächlichen Namen Losang Dragpa, Sumati Kirti in Sanskrit, und den Namen des Klosters Ganden, das Je Tsongkhapa unweit von Lhasa gründete, und erklärte, wie Losang Dragpa Buddhas Lehren von Sutra und Tantra klarstellen würde, um Menschen davor zu bewahren, fehlerhaften Sichtweisen zu folgen. Diese Vorhersage weist darauf hin, dass sich in Wahrheit Buddha selbst als Je Tsongkhapa ausstrahlt, um seine Lehre in der ganzen Welt zu verbreiten.

In der Ganden Emanationsschrift sagte der Weisheits­buddha Manjushri: 

Tsongkhapa, Kronjuwel der Gelehrten vom Lande des Schnees,

Du bist Buddha Shakyamuni und Vajradhara, Quelle aller Erlangungen,

Avalokiteshvara, Schatz des nichtbeobachtbaren Mitgefühls,

Manjushri, erhabene, makellose Weisheit,

Und Vajrapani, Zerstörer der Scharen von Maras.

O ehrwürdiger Guru Buddha, Vereinigung aller Drei Juwelen,

Mit Körper, Rede und Geist ersuche ich Dich mit Respekt:

Bitte gewähre Deine Segnungen, damit ich und andere zur Reife und Befreiung gelangen,

Und gewähre die allgemeinen und höchsten Erlangungen.

Dieses Bittgebet an Je Tsongkhapa beweist, dass Je Tsong­khapa die Manifestation von Buddha Shakyamuni, Buddha Vajradhara, Avalokiteshvara, dem Buddha des Mitgefühls, Manjushri, dem Buddha der Weisheit, und Vajrapani, dem Buddha der Kraft ist. Dies wiederum beweist, dass er die Manifestation aller Buddhas ist. Deshalb werden wir sehr schnell Erleuchtung erlangen, wenn wir uns aufrichtig auf Je Tsongkhapa verlassen und seine mündlichen Anleitungen mit starkem Vertrauen umsetzen. Der große Praktizierende Gyalwa Ensäpa und viele seiner Anhänger erlangten innerhalb von drei Jahren Erleuchtung, indem sie die mündlichen Anleitungen Je Tsongkhapas aufrichtig übten. Das ist ein Wunder!

Viele Gelehrte haben gesagt, dass die Kraft der Segnungen Je Tsongkhapas und seine geschickten Methoden, Prakti­zierende zum Zustand der Erleuchtung zu führen, im Vergleich zu allen anderen Buddhas unerreicht sind. Wir sollten uns glücklich schätzen, der Lehre Je Tsongkhapas begegnet zu sein und die Gelegenheit zu haben, die mündlichen Anleitungen dieses kostbaren Gurus, der die Synthese aller Buddhas ist, zu hören und umzusetzen.

DIE EIGENTLICHE ERLÄUTERUNG DER ESSENZIELLEN EINSICHTEN IN DIE DREI HAUPTASPEKTE DES PFADES ZUR ERLEUCHTUNG

Im Urtext sagt Je Tsongkhapa: 

Ich werde, so gut ich es kann,

Die essenzielle Bedeutung der Lehren aller Buddhas [Entsagung] erklären,

Den Hauptpfad der Bodhisattvas, die Mitgefühl für alle Lebewesen haben [Bodhichitta],

Und den endgültigen Pfad der von Glück Begünstigten, die Befreiung suchen [die richtige Sicht der Leerheit].

Du solltest nicht an weltlichen Vergnügen haften,

Sondern danach streben, den wirklichen Sinn des menschlichen Lebens zu finden, 

Indem du die Anleitungen hörst und übst, die hier gegeben werden, 

Die alle früheren Buddhas voller Freude geübt haben.

Auf dieser Stufe erzeugen wir, indem wir über die Bedeu­tung dieser Verse nachdenken, ein Gefühl von Glück, dass wir diese kostbaren Anleitungen und den Rat aus Je Tsong­khapas Herzen erhalten haben, und wir fassen den starken Entschluss, diese Anleitungen in die Praxis umzusetzen.

Wir sollten wissen, dass es in dieser unreinen Welt über­haupt kein wirkliches Glück gibt. Das Glück, das aus weltlichem Vergnügen kommt, ist kein wirkliches Glück, sondern lediglich eine Verringerung unserer vorherigen Probleme. Indem wir dies verstehen, sollten wir einen aufrichtigen Wunsch entwickeln, das höchste Glück der Erleuchtung zu erlangen, was der wirkliche Sinn menschlichen Lebens ist. Nur wir Menschen können das erreichen. In dem Moment, in dem wir Erleuchtung erlangen, werden wir die Fähigkeit haben, jedem einzelnen Lebewesen jeden Tag durch unsere Segnungen und unsere zahllosen Emanationen zu helfen. Erleuchtung ist das innere Licht der Weisheit, das dauerhaft frei von allen fehlerhaften Erscheinungen ist und dessen Funktion es ist, jedem einzelnen Lebewesen jeden Tag geistigen Frieden, die Quelle des Glücks, zu gewähren. Die Methode, Erleuchtung zu erlangen, ist Entsagung, Bodhichitta und die richtige Sicht der Leerheit, welche die Pfade zur Erleuchtung sind, bekannt als die «drei Hauptaspekte des Pfades zur Erleuchtung».

ENTSAGUNG

Entsagung bedeutet nicht, dass wir unsere Familie und Freunde aufgeben und uns von Menschen absondern. Im Buddhismus ist Entsagung ein Teil der Weisheit – einer Weisheit, die uns sehr ermutigt, uns dauerhaft von niederer Wiedergeburt zu befreien, von einer Wiedergeburt im Kreislauf unreinen Lebens, Samsara, oder von einer Wiedergeburt, in der wir einen Geist der Selbstwertschätzung haben. Wir benötigen diese Weisheit, die uns auf den richtigen Pfad führt, um den wirklichen Sinn eines menschlichen Lebens zu finden.

In der zweiten Zeile des ersten Verses des Urtextes heißt es, dass Entsagung «die essenzielle Bedeutung der Lehren aller Buddhas» ist. Wie ist dies zu verstehen? Im Tantra, das die Namen Manjushris zum Ausdruck bringt sagte Buddha, dass, obwohl es Entsagungen der drei Pfade gibt, das endgültige Ergebnis nur eins ist. Die Entsagungen der drei Pfade sind: die Entsagung, die spontan wünscht, uns selbst dauerhaft von niederer Wiedergeburt zu befreien, die Entsagung, die spontan wünscht, uns dauerhaft von samsarischer Wiedergeburt zu befreien, und die Entsagung, die spontan wünscht, uns dauerhaft von einer Wiedergeburt zu befreien, in der wir Selbstwertschätzung besitzen. Die erste Entsagung ist die Entsagung des Pfades einer Person anfänglicher Ausrichtung, die zweite ist die Entsagung des Pfades einer Person mittlerer Ausrichtung und die dritte ist die Entsagung des Pfades einer Person großer Ausrichtung. Dies beweist, dass Entsagung sowohl am Anfang sehr wichtig ist, als auch um voranzuschreiten und um den Pfad zur Erleuchtung zu beenden, was wiederum beweist, dass Entsagung die essenzielle Bedeutung der Lehren aller Buddhas ist. Obwohl es die Entsagungen der drei Pfade gibt, ist das endgültige Ergebnis nur eins, die Erlangung der Erleuchtung.

WIE WIR REINE ENTSAGUNG ENTWICKELN

Im Urtext heißt es:

Die Anhaftung an die Erfüllung deiner eigenen Wünsche, unkontrolliertes Begehren, 

Ist die Hauptursache all deiner eigenen Probleme und Leiden 

Und ohne zuerst Entsagung zu entwickeln, gibt es keine Methode, sie aufzugeben.

Deshalb solltest du dich stark bemühen, reine Entsagung zu entwickeln und zu bewahren.

Wenn du durch tägliche Schulung die spontanen Gedanken entwickelst:

«Ich könnte heute sterben» und «Ein kostbares menschliches Leben ist so selten», 

Und du über die Wahrheit von Karma meditierst und die Leiden des Kreislaufs unreinen Lebens, Samsara,

Wird deine Anhaftung an weltliche Vergnügen aufhören.

Wenn in dieser Weise unkontrolliertes Begehren nach weltlichen Vergnügen

Nicht einmal für einen Moment entsteht,

Sondern Tag und Nacht ein Geist entsteht, der sich nach Befreiung, Nirvana, sehnt,

Dann wird zu dieser Zeit reine Entsagung erzeugt.

Die Erklärung im Urtext, wie wir reine Entsagung erzeugen, ist dieselbe wie sie von Je Tsongkhapa in seinen Lamrim Lehren erläutert wurde, und auch ich erkläre dies ausführlich im Buch Moderner Buddhismus. Beruhend auf mündlichen Anleitungen können wir auch das Folgende üben. Wir stellen uns vor und denken:

Heute, als ein Mensch, genieße ich menschliche Bedingungen und heute Nacht lege ich mich als Mensch schlafen. Doch während des Schlafes hört meine Atmung aufgrund von Karma und anderen Bedingungen vollständig auf. Morgen dann werde ich, anstatt als Mensch aufzuwachen, an einen Ort gelangen, der von Feuer durchdrungen ist, und mein Körper wird untrennbar vom Feuer sein. Ich bin in der Hölle wiedergeboren, wo ich für Millionen von Jahren unerträglichen Schmerz erleben werde.

Indem wir über diese Vorstellung, die aus unserer Weisheit kommt, immer wieder nachdenken, werden wir uns vor einer samsarischen Wiedergeburt im Allgemeinen fürchten und vor einer niederen Wiedergeburt im Besonderen. Diese Furcht ist Entsagung, die aus unserer Weisheit stammt. Wir meditieren fortwährend über diese Entsagung, bis wir diese Furcht Tag und Nacht bewahren, ohne sie jemals zu vergessen. Zu diesem Zeitpunkt haben wir reine Entsagung, oder Entsagung des Pfades, entwickelt. Pfad ist in diesem Zusammenhang ein spiritueller Pfad oder eine spirituelle Verwirklichung. Wie effektiv diese Meditation ist, hängt von unserem Potenzial für spirituelle Verwirklichungen ab.

BODHICHITTA

«Bodhi» bedeutet Erleuchtung und «chitta» bedeutet Geist. Bodhi­chitta ist ein Geist, der sich spontan wünscht Erleuch­tung zu erlangen, um jedem einzelnen Lebewesen jeden Tag zu helfen. Er ist das Tor, durch das wir den Pfad zur Erleuch­tung betreten, und das höchste gute Herz der Söhne und Töchter der Eroberer Buddhas, die auch «Bodhi­sattvas» genannt werden. Sie alle werden bald Buddhas sein, erleuch­tete Wesen. Wir sollten ihrem Vorbild folgen. In dem Moment, in dem wir Bodhi­­chitta entwickeln, werden wir ein Sohn oder eine Tochter der Buddhas und werden bald ein Buddha sein. Wie wunderbar!

WIE WIR DEN KOSTBAREN GEIST DES BODHICHITTA ERZEUGEN

Im Urtext heißt es:

Wird diese Entsagung jedoch nicht 

Durch den mitfühlenden Geist des Bodhichitta aufrechterhalten,

Wird sie keine Ursache für das unübertroffene Glück, Erleuchtung, sein.

Deshalb musst du dich bemühen, den kostbaren Geist des Bodhichitta zu erzeugen.

Indem wir über die Bedeutung dieses Verses nachdenken, fassen wir, beruhend auf den folgenden Versen, den Entschluss, uns zu bemühen, diesen kostbaren Geist des Bodhi­chitta zu erzeugen:

Von der Strömung der vier mächtigen Flüsse [Geburt, Altern, Krankheit und Tod] mitgerissen,

Eng gefesselt durch die Ketten des Karmas, die so schwer zu lösen sind,

Gefangen im eisernen Netz des Festhaltens am Selbst,

Vollständig umhüllt von der pechschwarzen Dunkelheit der Unwissenheit,

Eine Wiedergeburt nach der anderen im grenzenlosen Samsara annehmend

Und unaufhörlich gepeinigt von den drei Leiden [schmerzhafte Gefühle, sich veränderndes Leiden und durchdringendes Leiden]:

Indem du über den Zustand deiner Mütter, aller Lebewesen, in Umständen wie diesen nachdenkst,

Erzeuge den höchsten Geist, Bodhichitta. 

In dieser Übung gibt es fünf Stufen der Kontemplation und Meditation. Zuerst erkennen wir klar, dass alle Lebe­wesen unsere Mütter sind. In Zusammengefasstes Sutra der Vollkommenheit der Weisheit sagt Buddha: «Du solltest alle Lebe­wesen als deine Mütter oder Väter erkennen und ihnen immer mit liebevoller Güte und Mitgefühl helfen.» Wir sollten uns diesen Rat zu Herzen nehmen.

Aufgrund unserer sich ändernden Wiedergeburten erkennen wir einander nicht und deswegen glauben wir, dass es viele Feinde und zahllose Fremde gibt. Dies ist ein Irrglaube und Unwissenheit. In Wahrheit sind alle Lebewesen unsere Mütter. In unseren zahllosen früheren Leben nahmen wir zahllose Wiedergeburten an. In jeder einzelnen dieser Wieder­geburten hatten wir eine Mutter und deshalb hatten wir zahllose Mütter. Wo sind alle diese zahllosen Mütter jetzt? Es sind all die Lebewesen, die heute leben. Indem wir dies verstehen und so denken, erkennen wir aus tiefem Herzen, dass alle Lebewesen unsere gütigen Mütter sind, und wir wert­schätzen sie, indem wir glauben: «Sie sind wichtiger als ich, da ich nur eine einzige Person bin.» 

Mit dieser wertschätzenden Liebe für alle Lebewesen führen wir die folgende Übung aus. Auf der ersten Stufe überlegen wir und denken tief nach, wie zahllose Mutter­lebewesen den Kreislauf der Leiden von Geburt, Krankheit, Altern und Tod fortwährend erfahren, Leben für Leben, ohne Ende. Wir sollten uns an die ausführliche Erklärung im Buch Moderner Buddhismus erinnern. Dann erzeugen wir einen starken Wunsch, sie alle dauerhaft von diesem Leiden zu befreien. Dieser Wunsch ist Mitgefühl für alle Lebewesen. Um diesen Wunsch zu erfüllen, fassen wir den festen Entschluss, Erleuchtung zu erlangen. Dieser Entschluss ist der mitfühlende Geist des Bodhichitta. Dann meditieren wir fortwährend über diesen Entschluss, bis wir unseren Entschluss Tag und Nacht aufrechterhalten, ohne ihn jemals zu vergessen.

Auf der zweiten Stufe überlegen wir, wie alle Mutter­lebewesen durch die Ketten des Karmas eng gefesselt sind – die nichttugendhaften Handlungen, die sie aus Anhaftung, Wut oder Unwissenheit begangen haben und die dazu führen, dass sie nie frei von Leiden und Problemen sind. Wir erzeugen den aufrichtigen Wunsch - der Mitgefühl ist -, sie alle dauerhaft von diesen Ketten zu befreien. Um diesen Wunsch zu erfüllen, fassen wir den festen Entschluss, Erleuchtung zu erlangen. Dieser Entschluss ist Bodhichitta. Wir meditieren dann fortwährend über diesen Entschluss, bis wir unseren Entschluss Tag und Nacht aufrechterhalten, ohne ihn jemals zu vergessen.

Auf der dritten Stufe heißt es im Urtext, dass Lebewesen im eisernen Netz der Unwissenheit des Festhaltens am Selbst gefangen sind. In diesem Zusammenhang wird das Festhalten am Selbst als ein Geist definiert, der irrtümlicherweise glaubt, dass wir und andere, die wir normalerweise sehen oder wahrnehmen, tatsächlich existieren. Wir sollten immer wieder über die Bedeutung dieser Definition nachdenken, bis wir klar unsere Unwissenheit des Festhaltens am Selbst erkennen, die immer in unserem Herzen weilt und deren Funktion es ist, unseren geistigen Frieden und unser Glück zu zerstören. Mit dieser Erkenntnis überlegen wir, dass jedes einzelne Lebewesen im eisernen Netz der Unwissenheit des Festhalten am Selbst gefangen ist und deshalb niemand irgendein echtes Glück besitzt. Das ist so, da ihr geistiger Frieden, die Quelle des Glücks, immer durch ihre Unwissenheit des Festhaltens am Selbst zerstört wird, die immer in ihrem Herzen weilt. Indem wir dies verstehen und in dieser Weise denken, entwickeln wir einen aufrichtigen Wunsch, allen Lebewesen, die unsere Mütter sind, reines Glück zu schenken. Um diesen Wunsch zu erfüllen, fassen wir den festen Entschluss, Erleuchtung zu erlangen. Dieser Entschluss ist Bodhichitta. Wir meditieren fortwährend über diesen Entschluss, bis wir unseren Entschluss Tag und Nacht aufrechterhalten, ohne ihn jemals zu vergessen.

Auf der vierten Stufe überlegen wir, dass Lebewesen, obwohl sich jedes einzelne von ihnen wünscht, die ganze Zeit glücklich zu sein und dauerhaft von jedem Problem und Leiden frei zu sein, nicht wissen, wie sie das tun sollen. Das ist so, weil ihr Geist, tief bedeckt durch die dichte Dunkelheit der Unwissenheit, die wirkliche Natur der Dinge nicht versteht. Was auch immer sie sehen oder wahrnehmen, ist eine fehlerhafte Erscheinung, eine Halluzination. Indem wir dies verstehen und in dieser Weise denken, entwickeln wir einen aufrichtigen Wunsch, alle Lebewesen dauerhaft von Unwissenheit zu befreien, von einem Geist, der irrtümlicherweise glaubt, dass die Dinge, die wir normalerweise sehen, tatsächlich existieren. Um diesen Wunsch zu erfüllen, fassen wir einen festen Entschluss, Erleuchtung zu erlangen. Dieser Entschluss ist Bodhichitta. Wir meditieren fortwährend über diesen Entschluss, bis wir unseren Entschluss Tag und Nacht aufrechterhalten, ohne ihn jemals zu vergessen.

Auf der fünften Stufe überlegen wir, wie jedes einzelne Lebe­wesen Leben für Leben in Samsara, dem end­losen Kreis­lauf unreinen Lebens, wandert und die Leiden schmerzhafter Gefühle, sich verändernden Leidens und durch­dringenden Leidens erlebt, wie es ausführlich in den Büchern Freudvoller Weg und Große Schatzkammer der Ver­dienste erklärt wird. Indem wir immer wieder darüber nachdenken, entwickeln wir einen aufrichtigen Wunsch, sie alle dauerhaft von diesem Leiden zu befreien. Um diesen Wunsch zu erfüllen, fassen wir den festen Entschluss, Erleuch­tung zu erlangen. Dieser Entschluss ist Bodhichitta. Wir meditieren fortwährend über diesen Entschluss, bis wir unseren Entschluss Tag und Nacht aufrechterhalten, ohne ihn jemals zu vergessen.

Die Bedeutung dieser Erklärungen zu den Kontemplationen und Meditationen über Entsagung und Bodhichitta ist sehr klar. Dennoch haben wir normalerweise das Problem, dass unser Verständnis rein intellektuell bleibt und unser Herz nicht berührt, und deswegen erreichen wir nichts. Was wir wirklich brauchen, ist eine tiefe Erfahrung in diesen Kontemplationen und Meditationen. Mit dieser müssen wir unseren Geist verändern, zuerst in Entsagung, dann in Wertschätzung für alle Lebewesen, dann in Mitgefühl für alle Lebewesen und dann in Bodhichitta. Dies ist der Rat aus dem Herzen Je Tsongkhapas.

DIE RICHTIGE SICHT DER LEERHEIT

Die Weisheit, die glaubt, dass die Dinge oder Phänomene, die wir normalerweise sehen oder wahrnehmen, nicht existieren, ist die richtige Sicht der Leerheit. Da das Objekt dieser Weisheit Leerheit ist, die bloße Abwesenheit der Dinge oder Phänomene, die wir normalerweise sehen oder wahrnehmen, wird diese Weisheit die «richtige Sicht der Leerheit» genannt. Nur diese Sicht ist die richtige Sicht, durch die wir dauerhafte Befreiung von Leiden und Unwissenheit erlangen können.