Sinnvoll leben – freudvoll sterben - Geshe Kelsang Gyatso - E-Book

Sinnvoll leben – freudvoll sterben E-Book

Geshe Kelsang Gyatso

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Beschreibung

Weil wir leben, müssen wir sterben. Das weiß jeder. Doch sehr wenige von uns können sich mit diesem Gedanken anfreunden. Dieses inspirierende Buch ermutigt uns zu einem glücklichen und sinnvollen Leben. Es hilft uns, uns auf den Tod vorzubereiten und andere während des Sterbens zu begleiten. In dieser Weise müssen wir uns weder vor dem Tod fürchten noch ihn verleugnen. Und so wird er für uns zu einer positiven, lebendigen Erfahrung. "Es gibt nichts, was kostbarer ist als unser menschliches Leben. Als Mensch geboren zu sein, gibt uns die immense Freiheit, fast alles zu erreichen, wonach wir streben. Weil wir so viel Freiheit haben, müssen wir uns fragen, wie wir unser Leben am sinnvollsten nutzen können. Was wird uns wirklich glücklich machen? Was wird für andere von größtem Nutzen sein? Und wenn dieses Leben zu Ende ist, was wird und dann helfen?" Geshe Kelsang Gyatso Rinpoche

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Der vom Tharpa Verlag erzielte Erlös aus dem Verkauf dieses Buches fließt gemäß den Richtlinien in Ein Geldhandbuch in den Internationalen Tempelprojekt Fond

GESHE KELSANG GYATSO

Sinnvoll leben, freudvoll sterben

DIE TIEFGRÜNDIGE ÜBUNG DER BEWUSSTSEINSÜBERTRAGUNG

Originaltitel: Living Meaningfully, Dying Joyfully

© Geshe Kelsang Gyatso und Manjushri Centre 1999

Alle Rechte vorbehalten.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. 

Jede Reproduktion ist unzulässig, außer zur Verwendung kurzer Passagen für privates Studium, Forschung und Buchbesprechungen.

Herausgeber:

Tharpa Verlag Deutschland, ein Teil des 

Dipankara Kadampa Meditationszentrum e. V. (VR 33517 B)

Chausseestraße 108

10115 Berlin

© Deutsche Übersetzung Geshe Kelsang Gyatso und Neue Kadampa Tradition – Internationale Union des Kadampa Buddhismus 2014

Satz: Tharpa Verlag Deutschland

ISBN 978-3-908543-28-2

ISBN ePub 978-3-908543-99-2

Inhalt
Abbildungen
Danksagung
Einführung
ERSTER TEIL: Powa zum eigenen Wohl und zum Wohle anderer praktizieren
Die vorbereitenden Übungen
Schulung in Powa Meditation
Powa zum Zeitpunkt des Todes praktizieren
Tod, Zwischenzustand und Wiedergeburt
Wie wir den Sterbenden und denen, die gestorben sind, helfen
ZWEITER TEIL: Die fünf Kräfte in die Powa Praxis einbinden
Motivation und Vertrautheit
Schulung in Tugend
Reinigung und Gebet
Anhang I - Die zusammengefasste Bedeutung des Textes
Anhang II - Sadhanas
Befreiendes Gebet
Der Pfad ins Reine Land
Die Powa Zeremonie
Der Pfad des Mitgefühls für Verstorbene
Der Pfad des Mitgefühls für Sterbende
Tiefempfundene Gebete
Mahayana Bekenntnissutra
Glossar
Bibliografie
Bücher
Sadhanas und andere Broschüren
Studienprogramme des Kadampa Buddhismus
Tharpa Niederlassungen weltweit
Leseempfehlungen

 Abbildungen

Buddha Shakyamuni

Buddha Vollständiger Unterwerfer mit der Essenz des Vajras

Buddha Juwel des strahlenden Lichtes 

Buddha Machtvoller König der Nagas

Buddha Anführer der Helden 

Buddha Glorreiche Freude

Buddha Juwelenfeuer

Buddha Juwelenmondlicht 

Buddha Sinnvoll zu betrachten

Buddha Juwelenmond

Buddha Der Makellose 

Buddha Gewährer von Ruhm

Buddha Der Reine

Buddha Mit Reinheit Verwandelnder 

Buddha Wassergottheit

Buddha Gott der Wassergottheiten

Buddha Glorreiche Vortrefflichkeit

Buddha Glorreiches Sandelholz

Buddha Endlose Pracht

Buddha Glorreiches Licht

Buddha Glorreicher frei von Leiden

Buddha Sohn ohne Verlangen 

Buddha Glorreiche Blume

Buddha Klares Wissen durch Genießen reinen Strahlens

Buddha Klares Wissen durch Genießen des Lotosstrahlens

Buddha Glorreicher Reichtum

Buddha Glorreiche Achtsamkeit

Buddha Glorreicher Name großartigen Ruhmes

Buddha König des Siegesbanners, Anführer der Mächtigen

Buddha Glorreicher vollständiger Unterwerfer

Buddha Großer Sieger in der Schlacht

Buddha Glorreicher vollständiger Unterwerfer, hinübergegangen 

Buddha Glorreiche Aufstellung alles erleuchtend 

Buddha Juwelenlotos großer Unterwerfer

Buddha König des Berges Meru auf einem Juwel und Lotos Verweilender

Der Buchstabe HRIH

Danksagung

Dieses Buch Sinnvoll leben, freudvoll sterben bietet eine vollständige und praktische Erklärung der Übung der Bewusstseinsübertragung des Mahayana Buddhismus, die im Tibetischen «Powa» genannt wird.

Der Autor entwarf den Text während eines intensiven redaktionellen Retreats im Winter 1998/99. Wir danken dem Ehrwürdigen Geshe Kelsang Gyatso aufrichtig für seine unerschöpfliche Güte, dieses Buch zum Wohle der heutigen buddhistischen Praktizierenden verfasst und vorbereitet zu haben. In der Arbeit an diesem Vorhaben zeigt der Autor erneut seine große Weisheit und sein Mitgefühl, sein Wissen und seine Erfahrung.

Wir möchten auch allen langjährigen, hingebungsvollen Dharma Schülern danken, die mit dem Autor zusammengearbeitet haben, um das Buch herauszugeben und für die Veröffentlichung vorzubereiten.

Roy Tyson,

Administrativer Direktor,

Manjushri Kadampa Meditationszentrum

Mai 1999

Einführung

Es gibt nichts, was kostbarer ist als unser menschliches Leben. Als Mensch geboren zu sein, gibt uns die immense Freiheit, fast alles zu erreichen, wonach wir streben. Wir können ein mächtiger Politiker, ein erfolgreicher Geschäftsmann oder Geschäftsfrau, ein großer Wissenschaftler oder Künstler werden. Wir können die ganze Welt bereisen und sogar zum Mond fliegen. Oder aber ein einfaches Familienleben führen. Weil wir so viel Freiheit haben, müssen wir uns fragen, wie wir unser Leben am sinnvollsten nutzen können. Was wird uns wirklich glücklich machen? Was wird für andere von größtem Nutzen sein? Und wenn dieses Leben zu Ende ist, was wird uns dann helfen?

Denken wir über diese Fragen aufrichtig und tief nach, dann werden wir herausfinden, dass wir unserem Leben wirklichen Sinn verleihen, wenn wir es unserer spirituellen Entwicklung widmen. Im Wesentlichen bedeutet das, unsere negativen und verblendeten Geisteszustände zu beseitigen und positive, friedvolle Geisteszustände zu fördern. Ist das unser Hauptanliegen, dann werden negative Geistesarten wie Wut, Eifersucht, Anhaftung, Stolz und Unwissenheit nach und nach abnehmen, und unsere positiven Eigenschaften wie Liebe, Mitgefühl und Weisheit zunehmen. Dann werden wir uns eines glücklichen, friedvollen Lebens erfreuen, frei von Ängsten und Problemen, und anderen ganz natürlich helfen. Das, was unserem Leben Sinn verleiht, ist unsere spirituelle Praxis. Und wenn wir unsere Praxis zur Todeszeit anwenden, können wir freudvoll sterben und werden reines, anhaltendes Glück in all unseren zukünftigen Leben erfahren. Schließlich können wir über alle Begrenzungen gewöhnlicher Existenz hinausgehen und den höchsten aller Zustände, die volle Erleuchtung, erlangen.

Begleitet uns der Gedanke an den Tod nicht unser Leben lang, dann werden wir zum Zeitpunkt unseres Todes plötzlich feststellen, dass uns unser ganzer Reichtum und unser Besitz, unsere Freunde und Verwandten nicht helfen können. Da wir in uns keine innere Stärke durch spirituelle Praxis entwickelt haben, werden wir tiefe Reue empfinden, dass wir unser Leben verschwendet haben und wir werden uns davor fürchten, was während des Todes und nach dem Tod geschehen wird. Unsere Tränen und Bitten um Hilfe kommen dann zu spät. Es wird uns so ergehen wie dem Tibeter Mondrol Chodak. Er wurde von all seinen Bekannten bewundert, weil er in weltlichen Angelegenheiten sehr geschickt und begabt war. Sein Leben war sehr ausgefüllt. Er reiste von Ort zu Ort und begegnete vielen Menschen. Als dann plötzlich die Zeit seines Todes nahte, schrie er: «Ich habe so viel gemacht. Ich habe so viele Geschäfte getätigt. Ich habe so viele weltliche Dinge unternommen. Doch all das nützt mir jetzt nichts. Die Menschen sagen, dass ich sehr klug bin. In Wirklichkeit aber bin ich unglaublich dumm, denn ich habe meine spirituelle Praxis, das einzige, was mir jetzt helfen kann, völlig vernachlässigt. Ich habe mein ganzes Leben damit verschwendet Dinge zu tun, die keinen wirklichen Nutzen haben.» Er verspürte tiefe Reue und weinte. In diesem elenden Geisteszustand starb er.

Mit solch einer Reue zu sterben, ist überhaupt nicht unüblich. Um einem derart traurigen und sinnlosen Ende unseres Lebens zu entgehen, sollten wir uns ständig bewusst sein, dass auch wir sterben müssen. Denken wir über unseren eigenen Tod nach, dann wird uns dies dazu bringen unser Leben sinnvoll zu nutzen, indem wir die innere Zuflucht spiritueller Verwirklichungen erlangen. Tun wir das nicht, dann können wir uns nicht vor den Leiden des Todes und vor dem was danach kommt schützen. Liegt jemand, der uns nahe steht, im Sterben, wie zum Beispiel ein Elternteil oder ein Freund, dann werden wir nicht in der Lage sein ihnen helfen zu können, weil wir nicht wissen was zu tun ist und wir sind traurig und frustriert, weil wir keine wirkliche Hilfe geben können. Sich auf den Tod vorzubereiten, gehört zu dem Gütigsten und Weisesten, was wir sowohl für uns selbst als auch für andere tun können.

Tatsache ist, dass diese Welt nicht unser Zuhause ist. Wir sind Reisende auf der Durchreise. Wir sind aus unserem früheren Leben gekommen und werden in einigen Jahren oder ein paar Tagen in unser nächstes Leben gehen. Wir kamen in diese Welt mit leeren Händen und allein, und gehen mit leeren Händen und allein. Alles, was wir uns in diesem Leben angeeignet haben werden wir zurücklassen, selbst unseren eigenen Körper. Das einzige, was wir von einem zum nächsten Leben mitnehmen können, sind die Prägungen unserer positiven und negativen Handlungen. Ignorieren wir den Tod, dann vergeuden wir unser Leben, indem wir für Dinge arbeiten, die wir schließlich doch zurücklassen müssen. Zudem werden wir viele negative Handlungen begehen und mit einer schweren Last negativen Karmas in unser nächstes Leben reisen.

Wurzelt unser Leben jedoch in dem realistischen Bewusstsein unserer eigenen Sterblichkeit, dann wird uns unsere spirituelle Entwicklung viel wichtiger sein als die Erlangungen dieser Welt. Und wir werden die Zeit, die wir in dieser Welt haben, zuallererst als eine Möglichkeit sehen, positive Geisteszustände wie Geduld, Liebe, Mitgefühl und Weisheit zu entwickeln. Motiviert durch diese tugendhaften Geistesarten, werden wir viele positive Handlungen begehen und somit die Ursache für zukünftiges Glück erschaffen. Schlägt dann unsere Todesstunde, ist unser Geist ermächtigt durch das positive Karma, das wir geschaffen haben, und wir können ohne Furcht oder Reue sterben.

Die Kadampa Lehrer sagen, dass es unnütz ist, uns zum Zeitpunkt unseres Todes, wenn wir auf dem Sterbebett liegen, zu fürchten. Wir sollten den Tod viel mehr fürchten, solange wir noch jung sind. Die meisten Menschen machen das Gegenteil. Solange sie jung sind, denken sie: «Ich werde nicht sterben.» Sie leben sorglos, ohne sich um den Tod zu kümmern. Doch wenn der Tod naht, erfasst sie das Grauen. Fürchten wir aber den Tod jetzt, dann werden wir unser Leben sinnvoll nutzen, indem wir tugendhaft handeln und nichttugendhafte Handlungen vermeiden, und dadurch Ursachen für eine glückliche Wiedergeburt schaffen. Naht dann der Tod, fühlen wir uns wie ein Kind auf dem Heimweg zu seinen Eltern und sterben freudvoll und ohne Furcht. Wir werden wie Longdöl Lama sein, ein tibetischer buddhistischer Meister, der sehr alt wurde. Als die Zeit seines Todes kam, war er überglücklich. Die Menschen fragten ihn, warum er so glücklich sei. Er antwortete: «Wenn ich heute morgen sterbe, werde ich heute abend in einem Reinen Land wiedergeboren. Mein zukünftiges Leben wird diesem Leben bei weitem überlegen sein.» Longdöl Lama hatte sich sorgfältig auf seinen Tod vorbereitet und einen besonderen Ort für seine Wiedergeburt gewählt. Nutzen wir unser Leben für reine spirituelle Praxis, können wir es ihm gleich tun. 

Obwohl wir alle vom Kopf her wissen, dass wir eines Tages sterben werden, sträuben wir uns normalerweise so sehr dagegen über unseren Tod nachzudenken, dass dieses Wissen nicht unser Herz berührt. Und so verbringen wir unser Leben, als ob wir für immer in dieser Welt sein werden. Deshalb sind die Dinge dieses Lebens wie materieller Besitz, guter Ruf, Beliebtheit und sinnliche Vergnügen von höchster Wichtigkeit und wir widmen den größten Teil unserer Zeit und Kraft dem Ziel, uns diese Dinge anzueignen, und verstricken uns ihretwegen in viele negative Handlungen. Wir sind so beschäftigt mit den Belangen dieses Lebens, dass in unserem Geist nur wenig Raum für echte spirituelle Praxis bleibt. Schlägt dann tatsächlich unsere Todesstunde, stellen wir fest, dass wir völlig unvorbereitet sind, denn wir haben den Tod unser ganzes Leben lang ignoriert.

Was ist der Tod? Tod ist die dauerhafte Trennung der Verbindung von unserem Körper und Geist. Die meisten Menschen glauben, dass der Tod eintritt, wenn das Herz aufhört zu schlagen. Aber dies bedeutet nicht, dass der Mensch gestorben ist, denn sein subtiler Geist kann immer noch in seinem Körper sein. Der Tod tritt ein, wenn das subtile Bewusstsein schließlich den Körper verlässt, um ins nächste Leben zu gehen. Unser Körper ist wie ein Gästehaus und unser Geist ist wie der Gast. Wenn wir sterben, muss unser Geist diesen Körper verlassen und in den Körper der nächsten Wiedergeburt eintreten, wie ein Gast, der ein Gästehaus verlässt und zu einem anderen reist.

Der Geist ist weder körperlich, noch ist er ein Nebenprodukt rein körperlicher Prozesse. Er ist ein formloses Kontinuum, eine getrennte Wesenheit vom Körper. Löst sich der Körper beim Tod auf, dann hört der Geist nicht auf zu existieren. Unser oberflächlicher, bewusster Geist endet zwar, doch nur weil er sich in eine tiefere Ebene des Bewusstseins, in den sehr subtilen Geist auflöst. Das Kontinuum des sehr subtilen Geistes hat keinen Anfang und kein Ende. Es ist dieser Geist, der sich, wenn er vollständig gereinigt ist, in den allwissenden Geist eines Buddha umwandelt.

«Buddha» ist Sanskrit und bedeutet «der Erwachte» – jemand, der aus dem Schlaf der Unwissenheit erwacht und vom Traum fehlerhafter Erscheinung frei ist. Seit anfangsloser Zeit sind fühlende Wesen wie wir im Albtraum Samsaras gefangen, da wir nie aus dem Schlaf der Unwissenheit erwacht sind, das heißt nicht erkannt haben, dass unser ganzes Leiden lediglich die Schöpfung unseres eigenen verwirrten Geistes ist. Aus diesem traumähnlichen samsarischen Leiden können wir nur erwachen, wenn wir Buddhas Lehren, die als «Dharma» bekannt sind, verwirklichen. Diese Verwirklichungen sind unser wirklicher innerer Schutz vor Leiden. Diejenigen, die Dharma Verwirklichungen erlangt haben, werden «Sangha» genannt. Sie bilden die spirituelle Gemeinschaft, die uns in unserer spirituellen Praxis unterstützen und uns mit gutem Beispiel vorangehen. Weil sie so kostbar sind, werden Buddha, Dharma und Sangha die «Drei Juwelen» genannt. 

Buddha sagte, dass jede Handlung, die wir begehen, eine Prägung in unserem sehr subtilen Geist hinterlässt und dass jede Prägung schließlich zu ihrer eigenen Auswirkung führt. Unser Geist ist wie ein Feld und mit unseren Handlungen säen wir Samen in dieses Feld. Tugendhafte oder positive Handlungen sind Samen zukünftigen Glücks und nichttugendhafte oder negative Handlungen sind Samen zukünftigen Leidens. Die Samen, die wir in der Vergangenheit gesät haben, ruhen bis die Bedingungen zusammenkommen, die zu ihrer Reife nötig sind. In manchen Fällen geschieht das erst viele Leben nach der ursprünglichen Handlung. 

Die Samen, die reifen, wenn wir sterben, sind sehr wichtig, denn sie bestimmen die Art der Wiedergeburt, die wir annehmen. Welche Samen zum Zeitpunkt des Todes reifen, hängt vom Geisteszustand ab in dem wir sterben. Sterben wir mit einem friedlichen Geist, wird ein tugendhafter Samen angeregt und wir werden eine glückliche Wiedergeburt erfahren. Sterben wir aber mit einem unruhigen Geist, zum Beispiel in einem Zustand der Wut, wird ein nichttugendhafter Samen angeregt und wir werden eine unglückliche Wiedergeburt erfahren. Dies ähnelt der Art und Weise wie Albträume entstehen, wenn wir uns kurz vor dem Einschlafen in einem aufgewühlten Zustand befinden.

Der Vergleich mit dem Einschlafen ist nicht zufällig gewählt, denn der Vorgang des Schlafens, Träumens und Aufwachens hat große Ähnlichkeit mit dem Vorgang des Todes, des Zwischenzustandes und der Wiedergeburt. Wenn wir einschlafen, sammeln sich die Energiewinde, die unsere groben Geistesarten tragen, nach innen und lösen sich auf. Infolgedessen wird unser Geist allmählich immer subtiler, bis er sich in den sehr subtilen Geist des klaren Lichts des Schlafes umwandelt. Während das klare Licht des Schlafes manifest ist, sind wir im Tiefschlaf und ähneln jemandem, der gestorben ist. Endet es, wird unser Geist allmählich immer gröber und wir durchlaufen die verschiedenen Ebenen des Traumzustandes. Schließlich werden unser normales Erinnerungsvermögen und unsere geistige Kontrolle wiederhergestellt und wir wachen auf. Wenn dies geschieht, verschwindet unsere Traumwelt und die gewöhnliche Welt unseres Wachzustandes erscheint.

Sterben wir, dann findet ein sehr ähnlicher Vorgang statt. Während wir sterben, lösen sich unsere Energiewinde nach innen auf und unser Geist wird allmählich immer subtiler, bis er sich als sehr subtiler Geist des klaren Lichts des Todes manifestiert. Die Erfahrung des klaren Lichts des Todes ähnelt der Erfahrung des klaren Lichts des Schlafes. Nachdem das klare Licht des Todes geendet hat, erleben wir die Stufen des Zwischenzustandes oder Bardo auf Tibetisch. Dies ist ein traumähnlicher Zustand, der zwischen Tod und Wiedergeburt auftritt. Nach wenigen Tagen oder Wochen endet der Zwischenzustand und wir werden wiedergeboren. Ebenso wie nach dem Aufwachen die Traumwelt verschwindet und wir die Welt des Wachzustandes erleben, so verschwinden die Erfahrungen des Zwischenzustandes, wenn wir wiedergeboren werden und die Welt unseres nächsten Lebens erscheint. 

Der einzige bedeutende Unterschied zwischen dem Vorgang des Schlafens, Träumens und Aufwachens, und dem Vorgang des Todes, dem Zwischenzustand und der Wiedergeburt ist, dass die Verbindung zwischen unserem Geist und unserem gegenwärtigen Körper, nachdem das klare Licht des Schlafes vorbei ist, bestehen bleibt, während sie nach dem klaren Licht des Todes endet.

Während wir im Zwischenzustand sind, erfahren wir verschiedene Visionen, die aus den kurz vor dem Tod angeregten karmischen Samen entstehen. Werden negative Samen angeregt, sind diese Visionen alptraumhaft. Werden jedoch positive Samen angeregt, sind sie überwiegend angenehm. In beiden Fällen aber zwingen uns die karmischen Samen, sobald sie genügend gereift sind, eine Wiedergeburt entweder in den niederen oder höheren Bereichen Samsaras anzunehmen. 

Denken wir an den Tod, dann neigen wir dazu ihn als etwas zu betrachten, dass anderen Menschen passiert. Doch in Wirklichkeit werden natürlich auch wir früher oder später sterben. Der Zeitpunkt unseres Todes ist völlig ungewiss, es gibt keine Sicherheit, dass wir heute nicht sterben. Denken wir sorgfältig über die oben erwähnte Erklärung nach, dann werden wir die Existenz unserer zukünftigen Leben klar verstehen und somit erkennen, dass zukünftige Leben endlos sind. Und dann werden wir begreifen, dass das Glück zukünftiger Leben weitaus wichtiger ist als das Glück dieses Lebens und dass das Leiden der zukünftigen Leben weitaus schlimmer ist. Ganz gleich, wie sehr wir in diesem Leben leiden, es ist immer nur das Leiden eines einzigen Lebens und es ist nicht von langer Dauer – so wie ein Traum, der schnell vorüber ist. Andererseits ist das potenzielle Leiden zukünftiger Leben endlos, weil diese Leben unzählig sind, und wenn wir jetzt nichts tun, um unser zukünftiges Leiden zu verhindern, wird es kein Ende finden. Denken wir gründlich darüber nach, dann werden wir erkennen, wie wichtig es ist dieses kostbare menschliche Leben nicht zu verschwenden und uns mit spirituellen Übungen auf unseren Tod vorzubereiten.

Alle Lebewesen haben zwei grundlegende Wünsche. Sie wollen allezeit glücklich sein und sie wollen gänzlich frei von Leiden und Problemen sein. Diese Wünsche können wir uns erfüllen, indem wir den in diesem Buch dargelegten Anleitungen folgen. Setzen wir diese Anleitungen aufrichtig um, können wir unser gewöhnliches Leben transzendieren und echten spirituellen Fortschritt machen. Wir können sogar den höchsten Zustand der vollen Erleuchtung erlangen. Wenden wir zudem diese Anleitungen während des Sterbens an, werden wir freudvoll sterben und in all unseren zukünftigen Leben beständiges Glück erfahren.

ERSTER TEIL

Powa zum eigenen Wohl und zum Wohle anderer praktizieren

Die vorbereitenden Übungen

Was ist «Powa» oder «Übertragung des Bewusstseins»? Powa ist eine Methode mit der vollendete Meditierende ihr Bewusstsein in eine höhere Wiedergeburt übertragen. Zum Zeitpunkt des Todes verlässt unser Geist ganz natürlich den Körper, kann sich jedoch normalerweise die nächste Wiedergeburt nicht aussuchen. Erfahrene Powa Praktizierende aber können ihre nächste Wiedergeburt wählen und ihr Bewusstsein zum Zeitpunkt des Todes in einen höheren Zustand lenken.

Die Powa Praxis wurde zum ersten Mal von Buddha Vajradhara in tantrischen Texten wie Vajradaka Tantra, Kleines Sambara Tantra und Sambuddha Tantra gelehrt. Verschiedene indische buddhistische Meister verließen sich in ihrer Powa Praxis auf diese Quellen und der Mahasiddha Naropa erklärte in seinen Sechs Yogas eine besondere Powa Praxis. Später blühte Powa in ganz Tibet und es gibt noch bis zum heutigen Tag eine lebendige Tradition dieser Lehren. 

Buddha lehrte die Powa Praxis für diejenigen, die den Pfad zur Befreiung noch nicht betreten haben oder für diejenigen, die viele nichttugendhafte Handlungen angesammelt haben. Durch aufrichtige Powa Praxis können sie eine Wiedergeburt in den niederen Bereichen vermeiden und ihr Bewusstsein in das Reine Land eines Buddha übertragen. Dies gilt sogar für diejenigen, die vorher ein schlechtes oder rücksichtsloses Leben geführt haben.

In einem Reinen Land eines Buddha ist alles rein. Dort gibt es keine Leiden, keine verunreinigten Umwelten und keine unreinen Vergnügen. Die Wesen, die dort geboren werden, sind frei von Krankheit, Altern, Armut, Krieg, Schaden durch Feuer, Wasser, Erde und Wind und so weiter. Sie haben die Kontrolle über ihren Tod und ihre Wiedergeburt erlangt und erfahren ihr ganzes Leben lang sowohl körperliche als auch geistige Geschmeidigkeit. Einfach dort zu sein führt ganz natürlich zu einer tiefen Erfahrung von Glückseligkeit. Zudem haben alle, die in einem Reinen Land leben, die Gelegenheit Unterweisungen und Segnungen unmittelbar von dem Buddha dieses Reinen Landes zu erhalten.

Weil die Lebewesen in einem Reinen Buddhaland ihren Tod und ihre Wiedergeburt kontrollieren können, können sie jede gewünschte Wiedergeburt annehmen, um anderen Lebewesen zu helfen. Wollen sie eine Wiedergeburt als Mensch annehmen, können sie es tun. Sie können den Ort der Wiedergeburt, die Eltern, die Familie und so weiter entsprechend ihrer karmischen Verbindungen aussuchen. 

Es gibt viele verschiedene Arten der Powa Praxis wie zum Beispiel die von Amitabha, Tara, Avalokiteshvara, Heruka und Vajrayogini. Die Powa Praxis, die hier vorgestellt wird, ist die Powa von Avalokiteshvara, dem Buddha des Mitgefühls. Diese Powa hat die gleiche Funktion wie die Powas von Heruka und Vajrayogini, denn sie sind alle Buddhas des Mitgefühls. Unsere Fähigkeit, Sterbenden und kürzlich Verstorbenen durch unsere Powa Praxis zu helfen, hängt von der Kraft unseres Mitgefühls ab. Und eine kraftvolle Ursache für das Entwickeln von Mitgefühl ist uns aufrichtig auf Avalokiteshvara zu verlassen. Haben wir starkes Mitgefühl für alle Lebewesen, dann können wir ihnen mit Sicherheit helfen. Zudem ist es eine kraftvolle Methode unseren Geist zu reinigen, wenn wir unser Mitgefühl auf alle Lebewesen ausdehnen. Und ist unser Geist rein, dann werden wir leicht das Reine Land eines Buddha erreichen.

Die Powa Praxis von Buddha Avalokiteshvara wird unter vier Überschriften erklärt:

1. Die vorbereitenden Übungen ausführen

2. Schulung in der eigentlichen Powa Meditation

3. Powa zum Zeitpunkt des Todes anwenden

4. Powa zum Wohle anderer anwenden

DIE VORBEREITENDEN ÜBUNGEN AUSFÜHREN

Der Erfolg unserer Powa Meditation hängt davon ab, dass wir unsere Negativität reinigen, Verdienste ansammeln und die Segnungen der Buddhas empfangen. All dies können wir mit den vorbereitenden Übungen erreichen. Sie haben zwei Teile:

1. Die Praxis während der Meditationssitzung

2. Die Praxis während der Meditationspause

DIE PRAXIS WÄHREND DER MEDITATIONSSITZUNG

Wir schulen uns in den vorbereitenden Übungen und der eigentlichen Powa Meditation mit der Sadhana Der Pfad ins Reine Land (siehe hier). In dieser Sadhana bestehen die vorbereitenden Übungen während der Meditationssitzung aus sieben Teilen:

1. Zuflucht nehmen und Bodhichitta erzeugen 

2. Arya Avalokiteshvara visualisieren

3. Siebengliedriges Gebet

4. Das Mandala darbringen

5. Die fünf großen Bitten vorbringen

6. Mantrarezitation

7. Die drei Erkenntnisse

ZUFLUCHT NEHMEN UND BODHICHITTA ERZEUGEN

Zu Beginn stellen wir uns vor von allen Lebewesen der sechs Bereiche umgeben zu sein: den Göttern, Halbgöttern und Menschen aus den drei höheren Bereichen, und den Tieren, hungrigen Geistern und Höllenwesen aus den drei niederen Bereichen. Als günstiges Vorzeichen visualisieren wir sie alle in menschlicher Form, doch wir wissen, dass ihre wirkliche Natur die der Wesen der sechs Bereiche ist, und dass jedes seine besondere Art von Leiden erfährt.

Wir richten unsere Aufmerksamkeit auf all diese Wesen und denken:

Diese zahllosen Wesen, die alle meine Mütter sind, müssen das Leiden von unkontrolliertem Tod und Wiedergeburt immer wieder, Leben für Leben, erfahren. Wie wunderbar wäre es, wenn sie dauerhafte Befreiung von diesem Leiden erlangen könnten. Mögen sie Befreiung erlangen.

Haben wir diese Empfindung von Mitgefühl aus der Tiefe unseres Herzens erzeugt, meditieren wir darüber so lange wie möglich. Dies ist eine kraftvolle Methode unseren Geist zu reinigen. 

Dann überlegen wir:

Dauerhafte Befreiung von Leiden kann nur erlangt werden, indem wir uns aufrichtig auf die Drei Juwelen verlassen: die erleuchteten Wesen, das Buddha Juwel, die spirituellen Verwirklichungen, das Dharma Juwel, und die höheren Bodhisattvas, das Sangha Juwel. Um alle fühlenden Mutterwesen von ihren Leiden zu befreien, muss ich den Zustand der Drei Juwelen vollenden, meine endgültige Zuflucht. Durch das Erlangen spiritueller Verwirklichungen, werde ich ein höherer Bodhisattva und schließlich ein erleuchtetes Wesen.

Wir halten diesen Entschluss fest in unserem Geist und rezitieren dreimal das Gebet der Zufluchtnahme und der Erzeugung von Bodhichitta.

ARYA AVALOKITESHVARA VISUALISIEREN

Wir stellen uns vor, dass auf unserem Scheitel und den Scheiteln aller Lebewesen, die uns umgeben, das Mitgefühl aller Buddhas im Aspekt eines Buchstabens HRIH, der auf einem weißen Lotos und Mondkissen steht, erscheint. Der Buchstabe HRIH verwandelt sich in Avalokiteshvara, die Manifestation aller erleuchteten Wesen.

Er hat einen weißfarbigen Körper, dessen Natur Weisheitslicht ist, und vier Hände, die zeigen, dass er die Verwirklichungen der Vier Edlen Wahrheiten vollendet hat. Seine ersten beiden Hände sind in der Mudra des Gebets und halten ein Juwel an seinem Herzen. Das Juwel stellt das kostbare Juwel der Erleuchtung dar und die Gebetsmudra zeigt seine Ehrfurcht vor seinem spirituellen Meister Buddha Amitabha auf seinem Scheitel. Seine zweite rechte Hand hält eine Mala aus Kristall, die zeigt, dass er alle Lebewesen aus Samsara, dem Kreislauf von unkontrolliertem Tod und Wiedergeburt, befreien kann. Seine zweite linke Hand hält eine weiße Lotosblume, die die Reinheit seines Körpers, seiner Rede und seines Geistes darstellt. 

Avalokiteshvara trägt kostbare Seidengewänder und ist mit atemberaubenden Juwelenornamenten geschmückt. Sein Scheitel ist von Buddha Amitabha geschmückt. Er sitzt auf einem Lotos und Mondsitz, mit gekreuzten Beinen in der Vajrahaltung. Sein oberes Gewand aus Antilopenfell ist kein echtes Fell, sondern die Manifestation seines mitfühlenden Geistes und zeigt, dass seine wahre Natur Mitgefühl ist. Wir erkennen in ihm das gleiche Geisteskontinuum wie das unseres spirituellen Meisters und die Synthese aller Buddhas. Wir meditieren ohne Ablenkung über diese Visualisierung.

Außerdem stellen wir uns vor, dass der gesamte Boden voller Lebewesen ist, die die drei Tätigkeiten ausführen Negativität zu reinigen, Verdienste anzusammeln und die Segnungen der Buddhas zu erhalten; und dass der ganze Raum über ihnen von erleuchteten Wesen durchflutet ist, die ihre Segnungen gewähren.

SIEBENGLIEDRIGES GEBET

Um unser negatives Karma zu reinigen, Verdienste anzusammeln und Segnungen zu empfangen, üben wir uns nun in der Praxis der sieben Glieder: Verbeugung, Darbringung, Bekenntnis, Sicherfreuen, die heiligen Wesen inständig bitten zu bleiben, das Drehen des Dharma Rades erbitten und Widmung.

VERBEUGUNG

Mit tiefem Vertrauen in die heiligen Wesen, die im Raum über uns sind, stellen wir uns vor, dass wir aus jeder Pore unseres Körpers einen weiteren Körper emanieren und dass wir aus jeder Pore dieser Körper noch mehr Körper emanieren, bis unsere emanierten Körper die ganze Welt füllen. Wir glauben stark daran, dass alle diese unzähligen Körper sich vor den heiligen Wesen verbeugen, und konzentrieren uns eine Weile darauf.

DARBRINGUNG

Wir vergegenwärtigen uns, dass nicht einmal das kleinste Atom von Form vonseiten des Objektes existiert. Darauf konzentrieren wir uns zutiefst und lösen dadurch alle Erscheinungen von Form in Leerheit auf, die endgültige Natur von Form. Ebenso erinnern wir uns, dass Klänge, Gerüche, Geschmäcke und Objekte des Tastsinnes nicht von ihrer Seite her existieren. Auch darauf konzentrieren wir uns zutiefst und lösen alle Erscheinungen von Klängen, Gerüchen, Geschmäcken und Objekten des Tastsinnes in Leerheit auf, ihre endgültige Natur.

Dann stellen wir uns vor, dass die endgültige Natur aller Formen, die es in den unendlichen Welten gibt, in Gestalt unzähliger Rupavajra Göttinnen erscheint, weiblichen Gottheiten von weißer Farbe, die Spiegel in ihren Händen halten, die das ganze Universum widerspiegeln. Sie sind aus der allwissenden Weisheit geboren, die vollkommen vermischt ist mit der endgültigen Natur aller Formen. Der ganze Raum ist mit diesen schönen Göttinnen erfüllt und wir bringen sie Avalokiteshvara, dem Buddha des Mitgefühls, dar.

Dann stellen wir uns vor, dass die endgültige Natur aller Klänge, die es in den unendlichen Welten gibt, in Gestalt unzähliger Shaptavajra Göttinnen erscheint, weiblichen Gottheiten von blauer Farbe, die in ihren Händen Flöten halten, die wie von selbst hinreißende Melodien erklingen lassen. Sie sind aus der allwissenden Weisheit geboren, die vollkommen vermischt ist mit der endgültigen Natur aller Klänge. Der ganze Raum ist mit diesen schönen Göttinnen erfüllt und wir bringen sie Avalokiteshvara, dem Buddha des Mitgefühls, dar.

Dann stellen wir uns vor, dass die endgültige Natur aller Gerüche, die es in den unendlichen Welten gibt, in Gestalt unzähliger Gändhavajra Göttinnen erscheint, weiblichen Gottheiten von gelber Farbe, die in ihren Händen Muschelschalen halten, gefüllt mit besonderen Düften, deren Wohlgeruch die ganze Welt durchdringt. Sie sind aus der allwissenden Weisheit geboren, die vollkommen vermischt ist mit der endgültigen Natur aller Gerüche. Der ganze Raum ist mit diesen schönen Göttinnen erfüllt und wir bringen sie Avalokiteshvara, dem Buddha des Mitgefühls, dar.

Mit dem gleichen Verständnis bringen wir unendlich viele Rasavajra Göttinnen dar, weibliche Gottheiten von roter Farbe, die in ihren Händen juwelengeschmückte Gefäße halten, die mit Nektar gefüllt sind, der drei Merkmale hat: Medizinnektar, der alle Krankheiten heilt, Lebensnektar, der den Tod überwindet und Weisheitsnektar, der Verblendungen zerstört. Sie sind aus der allwissenden Weisheit geboren, die vollkommen vermischt ist mit der endgültigen Natur aller Geschmäcke.

Dann bringen wir unendlich viele Parshavajra Göttinnen dar, weibliche Gottheiten von grüner Farbe, die in ihren Händen kostbare Gewänder halten, die äußerst weich anzufühlen sind. Sie sind aus der allwissenden Weisheit geboren, die vollkommen vermischt ist mit der endgültigen Natur aller Objekte des Tastsinnes.

Das Darbringen dieser Gaben beschert uns fünf Vorteile: (1) wir sammeln große Verdienste an, (2) wir vertiefen unsere Kenntnis der tiefgründigen Sicht der Leerheit und sammeln hierdurch eine große Ansammlung von Weisheit an, (3) wir entwickeln und vergrößern große Glückseligkeit, (4) wir reinigen gewöhnliche Erscheinungen und Vorstellungen und (5) wir erhalten die Gelegenheit, die reine Umgebung und die reinen Vergnügen eines Buddha zu erleben.

Diese tiefgründige Praxis der Darbringung ist die Methode unsere Objekte der Vergnügen zu reinigen. Die Mandala Darbringung, die später erklärt wird, ist die Methode unsere Umwelt zu reinigen. Zusammen führen diese zwei Arten der Praxis dazu, dass wir im Reinen Land eines Buddha mit einem reinen Körper wiedergeboren werden, wo wir reine Vergnügen und eine reine Umgebung erleben. 

Während unseres kostbaren menschlichen Lebens muss unser wichtigstes Ziel die dauerhafte Befreiung von Leiden (Nirvana) sein. Das können wir nur durch die Verwirklichung der drei höheren Schulungen – höhere moralische Disziplin, höhere Konzentration und höhere Weisheit – erreichen. Weil unsere Verblendungen aber so stark sind und wir viele schlechte Gewohnheiten haben, fällt es uns schwer diese Verwirklichungen zu erlangen. Die einzige andere Möglichkeit, uns von samsarischen Leiden zu befreien, ist die Wiedergeburt in einem Reinen Buddhaland durch Powa Praxis.

BEKENNTNIS

Seit anfangsloser Zeit haben wir durch unsere körperlichen, sprachlichen und geistigen Handlungen viel Negativität angesammelt. Reifen diese Handlungen an uns, dann führen sie zu zahllosen Wiedergeburten als Höllenwesen, hungrige Geister und Tiere. Außerdem haben wir sowohl in diesem als auch in früheren Leben unsere spirituellen Verpflichtungen und die drei Gruppen von Gelübden – die Pratimoksha, Bodhisattva und tantrischen Gelübde – gebrochen. Als Folge dieser Übertretungen wird sich unser spiritueller Fortschritt verzögern und es wird uns schwerer fallen Verwirklichungen zu erlangen. Besonders unsere Negativität ist ein beträchtliches Hindernis für eine Wiedergeburt in einem Reinen Land. Erkennen wir das, dann ergreift uns tiefes Bedauern und wir fassen den sehr starken Entschluss, diese Handlungen in Zukunft nicht mehr zu begehen. Auf der Grundlage dieses Entschlusses reinigen wir unsere Negativität, indem wir sie vor Avalokiteshvara, dem Buddha des Mitgefühls, bekennen.

SICHERFREUEN

Wir überlegen:

All diese erleuchteten Wesen waren einst genauso wie ich jetzt bin. Sie wanderten auf den Pfaden Samsaras und mussten immer wieder Leiden erleben. Indem sie sich jedoch stark bemühten, betraten sie den Bodhisattvapfad, durchschritten alle seine Ebenen und erlangten schließlich den Pfad des Nicht-mehr-Lernens, die volle Erleuchtung eines Buddha.

Zutiefst erfreuen wir uns ihrer tugendhaften Erlangungen und fassen den Entschluss, ihrem Beispiel zu folgen. Dann meditieren wir über diesen Entschluss.

DIE HEILIGEN WESEN INSTÄNDIG BITTEN ZU BLEIBEN

Wir überlegen:

Alle spirituellen Meister, die die fühlenden Wesen auf dem Pfad zur Befreiung führen, sind Manifestationen von Avalokiteshvara, dem Mitgefühl aller Buddhas. Würden sie nicht länger in dieser Welt erscheinen, hätten wir keine Möglichkeit Zuflucht zu nehmen oder Verdienste anzusammeln. Wir könnten den Leiden Samsaras nicht entfliehen und reines Glück erlangen. Aus spiritueller Sicht wäre die Welt in Dunkelheit gehüllt. 

Damit dies nicht geschieht, bitten wir nun die heiligen Wesen, die Buddhas, für zahllose Äonen als Emanationen bei uns zu bleiben, die fühlende Wesen auf dem spirituellen Pfad führen. Diese Praxis ist eine sehr kraftvolle Methode, mit der wir Verdienste ansammeln, und sie ist für das zukünftige Glück der fühlenden Wesen überaus wichtig.

DAS DREHEN DES DHARMA RADES ERBITTEN 

Weil die Götter Brahma und Indra Buddha baten das Rad des Dharma zu drehen, gab Buddha viele Dharma Unterweisungen, die Methoden sind die Krankheiten der Verblendungen zu heilen. Seitdem haben sich zahllose fühlende Wesen vollkommen vom Leiden Samsaras befreit, weil sie Buddhas Lehren aufrichtig praktizierten. Damit Dharma in dieser Welt bleibt und fühlenden Wesen auch weiterhin hilft, richten wir ebenfalls die besondere Bitte an die heiligen Wesen, den kostbaren Dharma zu lehren.

WIDMUNG

In einem Gebet wird gesagt: 

Indem ich das Pferd der Tugend reite,

Es mit den Zügeln der Widmung entlang richtiger Pfade führe

Und es mit der Peitsche des freudigen Bemühens antreibe,

Mögen alle Wesen die Stadt der großen Befreiung erreichen.

Weil die Erlangung der großen Befreiung oder Erleuchtung vom Erblühen des reinen Buddhadharma abhängt, widmen wir alle unsere Tugenden diesem Ziel und beten, dass alle fühlenden Wesen dadurch die große Erleuchtung erlangen. Insbesondere widmen wir alle unsere tugendhaften Handlungen der Vollendung des tiefgründigen Pfades der Bewusstseinsübertragung, Powa.

DAS MANDALA DARBRINGEN

Das Wort «Mandala» bedeutet in diesem Zusammenhang Universum. Bringen wir den heiligen Wesen ein Mandala dar, dann bringen wir alles dar: das ganze Universum mit all seinen Objekten und allen Wesen, die es bewohnen. Da die Verdienste, die wir mit einer Darbringung ansammeln, der Natur der Darbringung entsprechen, wandeln wir geistig das ganze Universum in ein Reines Land um und stellen uns vor, dass es mit kostbaren Objekten gefüllt ist. Dann stellen wir uns vor, dass wir dieses reine Universum in unseren Händen halten und darbringen.

Einst füllte ein Kind eine Schale mit Staub. Es stellte sich vor, der Staub sei Gold und brachte es Buddha Kashyapa dar. Aufgrund dieser reinen Darbringung wurde das Kind später als der reiche König Ashoka wiedergeboren. Ebenso werden wir in Zukunft reine Umwelten und reine Vergnügen erleben, wenn wir die Welt als Reines Land, gefüllt mit erlesenen Objekten und kostbaren Symbolen, darbringen. 

DIE FÜNF GROSSEN BITTEN VORBRINGEN

Nachdem wir das siebengliedrige Gebet und das Mandala dargebracht haben, tragen wir nun die fünf großen Bitten vor. Wir bitten Arya Avalokiteshvara auf unserem Scheitel, unsere Gebete zu erhören:

O Arya Avalokiteshvara, Schatz des Mitgefühls,

Und Dein ganzes Gefolge, bitte hört mich an.

Dann folgt die erste große Bitte:

Bitte erlöse mich und alle meine Mütter und Väter,

Die sechs Arten der Lebewesen, schnell aus dem Ozean Samsaras.

Wir stellen uns vor, dass alle Lebewesen, die unzählige Male unsere lieben Mütter und Väter waren, um uns versammelt sind. Wir entwickeln einen Geist großen Mitgefühls und bitten Avalokiteshvara, sie von allen Leiden der sechs Bereiche zu erlösen. Dann bitten wir zum zweiten Mal:

Bitte erzeuge schnell in unserem Geisteskontinuum

Den weiten und tiefgründigen Dharma des unübertroffenen Bodhichitta.

Hier sind mit «weit» die Methodenübungen wie Mitgefühl und konventioneller Bodhichitta gemeint, und mit «tiefgründig» die Weisheitsübungen wie Leerheit erkennende Weisheit und endgültiger Bodhichitta. Um Erleuchtung zu erlangen, brauchen wir sowohl die Verwirklichung von Methode als auch von Weisheit und um diese Verwirklichungen schnell in unserem Geisteskontinuum zu erzeugen, bitten wir Avalokiteshvara um seine Segnungen.

Die dritte Bitte lautet:

Bitte reinige schnell mit Deinem mitfühlenden Nektar

Das Karma und die Verblendungen, die wir seit anfangsloser Zeit angesammelt haben.

Diese Bitte ist sehr wichtig. Weil wir seit anfangsloser Zeit unter dem Einfluss von Verblendungen negatives Karma angesammelt haben, bitten wir hier Avalokiteshvara uns zu segnen, damit wir schnell unseren Geist reinigen mögen und von negativem Karma befreit werden, denn sonst haben wir keine Möglichkeit, den spirituellen Pfad zu vollenden und volle Erleuchtung zu erlangen.

Die vierte Bitte lautet: 

Und bitte führe mich und alle Lebewesen schnell 

Mit deinen Händen des Mitgefühls ins Reine Land der Glückseligkeit.