Die drei ??? und der Phantomsee (drei Fragezeichen) - William Arden - E-Book

Die drei ??? und der Phantomsee (drei Fragezeichen) E-Book

William Arden

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Beschreibung

Die nach langer Zeit wieder aufgetauchten Aufzeichnungen des Seemanns Angus Gunn müssen ein Geheimnis bergen. Doch welches? Das möchten nicht nur die drei ??? wissen. Immer mehr verdächtige Gestalten tauchen auf. Die vielen rätselhaften Hinweise scheinen zum Phantomsee zu führen, aber liegt dort die Lösung?

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Seitenzahl: 184

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und der Phantomsee

Erzählt von William Arden

Aus dem Amerikanischen übertragenvon Leonore Puschert

Kosmos

Umschlagillustration von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

Umschlaggestaltung von eStudioCalamar, Girona, auf der Grundlage

der Gestaltung von Aiga Rasch

Aus dem Amerikanischen übertragen von Leonore Puschert

Titel der Originalausgabe: „Alfred Hitchcock and The Three Investigators

in The Secret of Phantom Lake“

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele weitere Informationen zu unseren Büchern, Spielen, Experimentierkästen, DVDs, Autoren und Aktivitäten findest du unter kosmos.de

© 2013, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on characters by Robert Arthur.

ISBN 978-3-440-14049-9

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Albert Hitfield meldet sich zu Wort

Ein uraltes Schiffswrack! Ein Piratenschatz! Eine gespenstische Goldgräberstadt! Eine Insel der Phantome! Dieser verflixte, niederträchtige Jung-Detektiv Justus Jonas! Wie kann ich der Versuchung widerstehen, eine Begebenheit mit solch verlockenden Elementen in meiner Buchserie über die drei ??? zu veröffentlichen?

So greife ich wieder einmal zur Feder, um alle Abenteuersüchtigen zum Lesen einzuladen. Aber passt gut auf, wo ihr hintretet, und blickt euch ab und zu um – Geheimnisse und Gefahren erwarten all jene, die den drei ??? nach Phantom Lake, zum Phantomsee, folgen!

Wer unter euch, vom Schicksal benachteiligt, so hinter dem Mond lebt, dass er tatsächlich noch nichts von unseren drei jungen Spürnasen gehört hat, der nehme hiermit zur Kenntnis, dass der entnervend superkluge Anführer des Trios der gewichtige Justus Jonas ist, während wir in Peter Shaw den großen athletischen Zweiten Detektiv und in Bob Andrews den kleinen, aber unbeirrbaren Rechercheur vor uns haben.

Die Jungen wohnen in Rocky Beach in Kalifornien – einer Kleinstadt nördlich von Hollywood – und ihre Zentrale ist ein gut versteckter Campinganhänger auf dem Schrottlagerplatz der Firma »Gebrauchtwarencenter T. Jonas«, die Justs Onkel und Tante gehört. Aus diesem Versteck heraus machen sie ihre Vorstöße, um auch den gerissensten Schurken zu überführen und das dunkelste Geheimnis zu entwirren.

Doch nun stehen wir hier vor einem Rätsel, das mehr als hundert Jahre alt ist! Ob unser so vortreffliches Trio auch dies zu lösen weiß? Was ist das Geheimnis, das sich in einem vergilbten Brief und in den nach langer Zeit wieder aufgetauchten Aufzeichnungen eines Seemanns verbirgt? Wurde da tatsächlich in einer lange vergangenen Sturmnacht ein riesiger Piratenschatz von einem sinkenden Schiff beiseitegeschafft und wer sind die Dunkelmänner, die sich den Jungen in den Weg stellen?

Können die hartnäckigen drei ??? die Botschaft eines Toten entziffern und das Geheimnis des Phantomsees lüften? Und wenn ja – wird es ihnen rechtzeitig gelingen?

Wir werden sehen!

Albert Hitfield

Die Seemannstruhe

»Großartig!«, rief Bob Andrews. »Das ist ja ein richtiger Malaien-Kris!«

Mit leuchtenden Augen zeigte Bob seinen beiden Freunden, Justus Jonas und Peter Shaw, die gerillte lange Messerklinge. Die Jungen waren gerade in einem ländlichen Museum, das eine kurze Strecke nördlich von ihrem Heimatort Rocky Beach an der Landstraße lag. Peter betastete behutsam den gewellten Rand der Schneide und schüttelte sich. Justus nickte wissend.

»Viele Schiffe segelten früher von Kalifornien aus nach Indien und Indonesien«, sagte Justus. »Eine ganze Anzahl der Kunstgegenstände in diesem kleinen Museum stammt aus dem Orient.« Peter und Bob stöhnten heimlich, als Justus zu erklären begann. Der stämmige Junge hatte viele interessante Dinge im Kopf, aber bei der Weitergabe seines Wissens an andere neigte er zu unerträglicher Aufgeblasenheit.

Tante Mathilda Jonas unterbrach seinen Vortrag, indem sie quer durch den Raum rief: »Mich interessiert vorläufig mehr, wohin jetzt mit diesen Kunstgegenständen, Justus Jonas! Drückt euch hier nicht rum, ihr Lümmel, und ladet das Zeug auf den Lastwagen!«

»Jawohl, Tante Mathilda«, sagte Justus kleinlaut.

Das Museum, das sich als Touristenattraktion auf Schiffsantiquitäten spezialisiert hatte, sollte geschlossen werden. Tante Mathilda und Onkel Titus Jonas war es gelungen, die bescheidene Sammlung zu erwerben, um sie über ihren Trödelmarkt weiterzuverkaufen – übrigens dem erlesensten Trödelmarkt im ganzen Küstenbereich.

Tante Mathilda war die eigentliche Chefin des Unternehmens, denn Onkel Titus interessierte sich mehr fürs Aufgabeln ausgefallener Altwaren. Mathilda Jonas war eine wohlbeleibte, energische und recht scharfzüngige Dame, doch im Grunde gutmütig und liebenswürdig. Wenn sie allerdings einen Jungen zu Gesicht bekam, dann kannte sie nur noch eines: ihn zur Arbeit einzuspannen! Justus, der bei seinem Onkel und seiner Tante wohnte, versuchte daher stets, Tante Mathilda nicht allzu nahe zu kommen. Er und seine beiden Freunde hatten schließlich ihre eigene wichtige Aufgabe – das Nachwuchs-Detektivunternehmen »Die drei ???«. Doch an diesem Morgen hatte Tante Mathilda die Jungen auf dem Schrottplatz erspäht und sich ihre Unterstützung gesichert. Gleich am ersten Tag der Weihnachtsferien saßen sie also in der Falle!

Seufzend machten sich die Jungen daran, die gekauften Sachen zu Patrick hinauszutragen. Patrick war einer der beiden muskelstarken Brüder aus Irland, die in der Firma Jonas mitarbeiteten. Als er die Gesichter der Jungen sah, begann er beim Beladen des Transporters boshafterweise ein Weihnachtslied zu pfeifen. Tante Mathilda behielt die Jungen noch kurze Zeit im Auge, dann ging sie wieder hinein, um mit dem Museumsbesitzer, Mr Acres, eine Liste des Inventars fertigzustellen.

Als das erledigt war, ging Tante Mathilda nach hinten, in den Ausstellungsraum, um den Jungen beim Verpacken einiger Dinge in Kisten zu helfen. Mr Acres widmete sich einem Besucher, der soeben hereingekommen war. Gleich darauf hörten die Jungen und Tante Mathilda, wie jemand Mr Acres laut anschrie.

»Ist doch mir egal, wem Sie das zugesagt haben!«

Mr Acres erwiderte beschwichtigend: »Aber ich bitte Sie, mein Herr –«

»Mir gehört das Ding«, kam es erbost zurück, »und ich will es auf der Stelle haben!«

Die Stimme war heiser und schnarrend, mit bedrohlichem Unterton. Tante Mathilda lief hin, die Jungen hinterher. Als sie bei Mr Acres standen, sagte er gerade: »Tut mir leid, aber ich habe alle Ausstellungsstücke an die Firma T. Jonas verkauft. Ausnahmen sind nicht möglich.«

Mr Acres stand vor einer orientalischen Teakholztruhe mit kunstvollem Schnitzwerk und reich verzierten Messingbeschlägen.

Ihm gegenüber, auf der anderen Seite der Holztruhe, stand ein kleiner Mann mit einem schwarzen Vollbart. Seine lebhaften dunklen Augen lagen tief in dem wettergebräunten, sonnenverbrannten Gesicht. Zwei lange Narben zogen sich über die eine Wange bis in den Bart. Er trug eine schwere Matrosenjacke, eine dunkelblaue Hose mit ausgestellten Beinen und eine Seemannsmütze mit verblichenen Messinglitzen.

Der Fremde sah Mr Acres wütend an und fauchte: »Dann mache ich eben eine Ausnahme, verstanden? Die Truhe gehört mir und ich will sie wiederhaben. Ich warne Sie!«

Mr Acres war hell empört. »Nun hören Sie mal gut zu, Sie! Ich –«

»Jim heiße ich«, knurrte der Fremde. »Java-Jim nennt man mich und die Truhe hier hat mich auf großer Fahrt begleitet. Das Ding ist gefährlich, wenn Sie’s wissen wollen!«

Die Jungen waren entgeistert. Java-Jim funkelte sie böse an und fluchte vor sich hin.

»Was wollt denn ihr Lümmel hier?«, knurrte er. »Macht, dass ihr wegkommt, verstanden? Und die alte Dame auch. Verschwindet!«

Justus warf Tante Mathilda einen raschen Blick zu und unterdrückte ein Grinsen. Tante Mathildas Gesicht lief kirschrot an.

»Was?«, fauchte Tante Mathilda den Seemann an. »Was sagen Sie da zu mir, Sie bärtiger Hanswurst? Wenn ich keine Dame wäre, würde ich Sie eigenhändig an die Luft setzen!«

Verdutzt über diesen Wutausbruch trat der Mann zurück, aber die beleibte Frau kam weiter auf ihn zu.

»Sie haben sich im Ton vergriffen, Mr Java-Jim«, sagte Mr Acres mit einem Lächeln. »Diese Dame ist zufällig die Inhaberin der Firma Jonas. Die Truhe, die Sie wollen, gehört jetzt ihr.«

Java-Jim zwinkerte verblüfft mit den Augen. »Ich … Also, es tut mir wirklich leid, Madam. Ich habe mich da hinreißen lassen und ich entschuldige mich bei Ihnen, nichts für ungut. War einfach zu lange auf See, immer nur unter Männern, na ja. Und jetzt, wo ich meine Truhe hier wiedergefunden hatte, habe ich eben den Kopf verloren.«

All die heftige Erregung schien aus dem bärtigen Mann gewichen zu sein. Auch Tante Mathilda beruhigte sich ebenso rasch wieder, wie sie aufgebraust war. Sie wies mit dem Kopf zu der orientalischen Truhe hin, mit der sich jetzt die drei Jungen beschäftigten.

»Wenn Ihnen diese Truhe gehört, wie kommt sie dann hierher?«, wollte Tante Mathilda wissen.

»Gestohlen, Madam«, antwortete Java-Jim sofort. »Vor zwei Wochen hat sie mir so ein Halunke vom Schiff weggeklaut, als wir in San Francisco anlegten. Dort hat er sie an einen Trödler im Hafenviertel verscherbelt. Aber der Trödler hatte sie schon hierhergeschickt, als ich ihn schließlich fand, und da musste ich ihr hinterherreisen.«

»Na ja …«, fing Tante Mathilda zögernd an.

Bob, der die Truhe inzwischen geöffnet hatte, wies auf die Innenseite des aufgestellten Deckels. »Da steht ein Name – Argyll Queen. Hieß so Ihr Schiff, Mr Java?«

»Nein, Junge«, sagte Java-Jim. »Das ist eine alte Truhe und in all den Jahren ist sie vielleicht durch fünfzig Hände gegangen. Der Name stand schon drin, als ich sie in Singapur kaufte.«

Mr Acres sagte: »Ich habe sie tatsächlich erst gestern von Walt Baskins in San Francisco hereinbekommen, Mrs Jonas. Bei ihm war ich Dauerkunde für alle Objekte, die für das Museum hier interessant waren. Ich hatte nur vergessen, ihm rechtzeitig Bescheid zu geben, als ich mich zur Aufgabe entschloss.«

»Ich würde Ihnen einen guten Preis zahlen«, sagte Java-Jim rasch.

»Na ja«, meinte Tante Mathilda noch einmal. »Ich glaube ja, dass sie Ihnen gehört. Sie können bezahlen, was Mr Acres dafür anlegen musste, und –«

Plötzlich war im Raum ein Schwirren zu hören.

»Was …?« Bob sah von der alten Truhe auf. Es gab ein scharfes Klicken.

Etwas Glänzendes blinkte auf – und ein kurzer, bedrohlicher Dolch sauste an Justs Ohr vorbei und bohrte sich in die Wand!

Vergangene Gefahr und neue Bedrohung

Eine Zeit lang waren alle starr. Der Dolch zitterte noch in der Wand.

Dann lief Tante Mathilda zu Justus hin.

»Ist dir was passiert, Justus?«, rief sie.

Justus schüttelte den Kopf und ließ sich kraftlos auf einer alten Bank nieder. Der Dolch hatte sein Ohr nur um Handbreite verfehlt!

»Wer war das?«, rief Mr Acres entsetzt.

Java-Jim sagte: »Lassen Sie bloß mich aus dem Spiel!«

»D-das war gar keiner«, stammelte Bob. »Das kam aus der Truhe raus!«

Mr Acres ging zu der Truhe und schaute hinein. »Lieber Himmel!«, sagte er. »Da ist ja ein Geheimfach im Boden! Und jetzt ist es offen! Bob hat sicher einen versteckten Mechanismus berührt und da ist es aufgesprungen!«

»Der Dolch muss in dem Geheimfach gesteckt haben«, fuhr Bob fort, »und zwar an einer Sprungfeder, die vorschnellte, als das Fach aufsprang! Ein ganz übler Trick!«

»Damit jeder, der das Versteck entdeckt, erstochen wird!«, rief Peter.

Tante Mathilda schritt auf Java-Jim zu. »Wenn das Ihr Werk war, werde ich Sie –«

»Ich wusste doch gar nichts von der eingebauten Falle da!«, verteidigte sich der bärtige Seemann erbittert.

»Nein«, sagte Justus plötzlich. Sein Gesicht hatte wieder Farbe bekommen. Er zog den Dolch aus der Wand und untersuchte die tödliche Waffe. »Es ist ein orientalischer Dolch, wahrscheinlich aus Indonesien. Ich möchte wetten, dass das Ding schon vor hundert Jahren von Piraten da eingebaut wurde!«

»Mann!«, sagte Peter.

»Piraten?«, rief Bob.

Mit funkelnden Augen trug Justus den alten Dolch zur Truhe zurück und bückte sich, um den Federmechanismus im Innern des Geheimfachs zu untersuchen. Er nickte triumphierend.

»Da! Die Feder und die Sicherung sind Handarbeit und ganz verrostet«, sagte der Erste Detektiv. »Ganz klar: schon vor langer Zeit angefertigt. Das ist ein typisch indonesischer Trick, eine Schutzvorrichtung für versteckte Wertsachen. Vermutlich von javanischen oder malaiischen Piraten angefertigt.«

»Javanisch – wie Java-Jim!«, rief Bob.

Alle schauten wieder den bärtigen Seemann an.

»Nun reicht mir’s aber«, sagte Java-Jim. »Das ist ein Spitzname, den ich abbekam, weil ich eine Zeit lang auf Java lebte. Von irgendwelchen Piraten ist mir keinesfalls etwas bekannt!«

Peter stöhnte. »Und ich weiß nicht mal, wo Java liegt.«

»Das ist eine große Insel in Indonesien«, erklärte Justus. »Dort liegen auch Sumatra und Neu-Guinea und Borneo und Celebes und ein paar tausend kleinere Inseln. Indonesien ist jetzt ein unabhängiger Staat, aber früher war es eine Kolonie, Niederländisch-Indien. Damals bestand es aus hunderten von kleinen Fürstentümern, den sogenannten Sultanaten, regiert von Sultanen, die zumeist Piraten waren!«

»Du meinst, solche wie Blackbeard?«, fragte Peter. »Segelschiffe und Kanonen und die gekreuzten Knochen unterm Totenschädel und all das?«

»Nicht ganz so, Peter«, erwiderte Justus ein wenig überheblich. »Das waren die Wahrzeichen der westlichen Piraten. Blackbeard war ja Engländer. Die Piraten im Orient hatten keine großen Schiffe oder Totenkopf-Flaggen und nur selten Kanonen. Es waren Eingeborene, die auf hunderten dieser indonesischen Inseln lauerten – an kleinen Flüssen und in Dörfern –, und dort überfielen sie europäische und amerikanische Schiffe, indem sie scharenweise an Bord gingen. Die Schiffe aus dem Westen kamen ins Land, um Pfeffer und andere Gewürze, Zinn, Tee und Seidenstoffe aus China einzuführen. Unsere Kapitäne hatten dafür Industriegüter im Tauschhandel zu bieten und auch reichlich Gold und Silber für den Barkauf orientalischer Erzeugnisse. Die indonesischen Piraten enterten diese Segelschiffe, um Geld und Waffen zu stehlen. Manchmal konnten unsere Seeleute zurückschlagen und die Piraten in ihren Schlupfwinkeln ausheben. Aber die Piraten benutzten zu ihrer Verteidigung alle möglichen Tricks und dazu gehörten auch solche Truhen mit eingebauter Waffe.«

Bob sagte: »Dann hätten unsere Matrosen also versucht, sich zurückzuholen, was die Piraten geraubt hatten? Glaubst du, die Trickkiste hier stammt tatsächlich aus dieser Zeit, Just?«

»Da bin ich ganz sicher, Bob. Andererseits«, setzte Justus nachdenklich hinzu, »hört man, dass auf abgelegenen Inseln immer noch kleine Piratenbanden versteckt leben.«

»Just, schau mal!«, rief da Peter. Der große Junge hatte die alte Truhe durchwühlt. Jetzt hielt er einen kleinen, glänzenden Gegenstand hoch. »Ein Ring! Der war im Geheimfach!«

»Ist sonst noch was drin?«, wollte Bob wissen.

Java-Jim stieß Peter zur Seite und beugte sich über die Truhe. »Lass mal sehen! Nein, verdammt noch mal, nichts mehr!«

Justus ließ sich von Peter den Ring geben. Er war aus Gold oder Messing, sehr fein in orientalischer Ornamentik ziseliert und mit einem roten Stein besetzt.

»Ist der echt, Just?«, fragte Peter.

»Ich weiß nicht, Peter. Schon möglich. In Indien und Indonesien gab es viel Gold und Edelsteine, aber auch eine Menge wertloses Zeug. Glitzerkram, wie ihn die Europäer an Eingeborene verhökerten, die den Betrug nicht merkten.«

Java-Jim griff nach dem Ring.

»Ob echt oder unecht, Junge, der Ring gehört mir, verstanden? Die Truhe hat man mir gestohlen und alles, was drin ist, gehört mir«, sagte der Seemann. »Sagen Sie mir, was Sie dafür wollen, damit ich meine Truhe mitnehmen kann.«

»Ja, warten Sie mal –«, fing Tante Mathilda an.

Justus fiel rasch ein: »Wir wissen doch nicht sicher, ob ihm die Truhe gehört, Tante Mathilda. Sein Name steht nicht drauf und wir wissen nur das, was er uns erzählt hat.«

»Soll das heißen, dass du mich einen Schwindler nennst, Junge?«, knurrte Java-Jim.

»Zeigen Sie uns die Rechnung über den Kauf«, sagte Justus gelassen, »oder nennen Sie uns Zeugen, die beim Kauf zugegen waren oder die Truhe bei Ihnen auf dem Schiff gesehen haben.«

»Alle meine Kameraden haben die Truhe gesehen! Jetzt her damit –«

»Dann«, sagte Justus mit Nachdruck, »schlage ich vor, dass wir die Truhe bei uns im Lager unterstellen und uns verpflichten, mit dem Weiterverkauf eine Woche lang zu warten, damit Sie uns Beweise bringen können. Ich denke doch, es kommt Ihnen nicht auf ein paar Tage an.«

»Das finde ich auch fair«, meinte Mr Acres.

Java-Jim starrte erbost vor sich hin. »Verflucht noch mal, jetzt habe ich es satt! Ich nehm mir, was mir gehört, und ich lass mir nicht dazwischenfunken!« Er ging auf Justus los und stieß mit heiserer, drohender Stimme hervor: »Erst mal her mit dem Ring, Junge. Gib ihn mir.«

Als der Seemann auf ihn zukam, wich Justus rückwärts zum Ausgang hin aus.

»Aber nun hören Sie doch –!«, rief Tante Mathilda.

»Halten Sie die Klappe, verdammt!«, fuhr Java-Jim auf.

Da tauchte in der offen stehenden Tür ein mächtiger Schatten auf. Patrick, der große rothaarige Helfer vom Trödelmarkt, trat in das Museum.

»Sie reden gefälligst nicht so mit Mrs Jonas«, sagte Patrick. »Auf der Stelle entschuldigen Sie sich!«

»Er will Justus einen Ring wegnehmen und die Truhe hier stehlen. Patrick!«, schrie Bob.

»Fass ihn, Patrick!«, befahl Justus.

»Kann er haben«, sagte Patrick und machte einen Satz vorwärts.

Mit einem neuerlichen Fluch schleuderte Java-Jim den Museumsbesitzer dem Iren vor die Füße und rannte durch den Saal nach hinten.

»Hinterher!«, brüllte Peter.

Aber Patrick stolperte über Mr Acres und stürzte taumelnd in die Gruppe der Jungen. Als sich alle wieder aufgerappelt hatten, war Java-Jim zur Hintertür hinaus entwischt. Irgendwo hinter dem Gebäude fuhr ein Auto an. Als die Jungen ins Freie liefen, sahen sie nur noch eine Staubwolke, wo der Wagen auf der Küstenstraße um eine enge Kurve hinter einem Berg verschwunden war.

»Den wären wir los«, sagte Tante Mathilda. »Jetzt können wir mit Aufladen weitermachen.«

»So was«, meinte Bob. »Warum war der bloß so scharf auf die Truhe?«

»Diebsgesindel – wollte eben billig zu einer schönen Truhe kommen«, meinte Tante Mathilda. »Jetzt ran an die Arbeit, ihr drei. Wir müssen wahrscheinlich eine zweite Fuhre machen.«

Eine Stunde später war der Transporter hoch beladen und Patrick und Tante Mathilda stiegen ins Führerhaus. Mr Acres half den Jungen, auf die Pritsche mit der Ladung zu klettern. Justus machte ein grüblerisches Gesicht.

»Mr Acres«, sagte der stämmige Anführer der drei ??? langsam. »Sie sagten doch, der Händler in San Francisco, Mr Baskins, hätte Ihnen die Truhe zugeschickt, weil sie von lokalem Interesse sei?«

»Ganz recht, Justus«, sagte Mr Acres. »Der Name darin, Argyll Queen, ist der Name eines Schiffs, das vor etwa hundert Jahren genau vor Rocky Beach gesunken ist. Von diesem Schiff wird ab und zu noch Strandgut angeschwemmt und das stelle ich dann immer hier aus.«

»Ja, natürlich«, sagte Justus. »Der große Rahsegler, der 1570 auf ein Riff lief. Jetzt fällt es mir wieder ein.«

Der Transporter fuhr ab und die Jungen setzten sich auf der Pritsche zurecht. Justus schien in Gedanken versunken, also unterhielten sich Bob und Peter miteinander und schauten hinten hinaus. Dann legte Peter plötzlich die Stirn in Falten. Als der Wagen in den Lagerhof einbog, beugte er sich ganz nahe zu Justus herüber.

»Just! Ich glaube, da folgt uns einer! Ein grüner Volkswagen war schon die ganze Zeit hinter uns und jetzt ist er gerade in unsere Straße eingebogen!«

Die Jungen sprangen vom Wagen und liefen zum Einfahrtstor des Betriebsgeländes. Tatsächlich parkte drüben am Straßenrand ein grüner Volkswagen. Aber ehe die Jungen sehen konnten, wer darin saß, fuhr der kleine Wagen plötzlich mit quietschenden Reifen wieder davon.

»Hoppla«, sagte Peter. »Meint ihr, das war Java-Jim?«

»Vielleicht«, sagte Justus. »Aber vom Museum aus war er doch in entgegengesetzter Richtung losgefahren, Peter.«

»Vielleicht ist noch jemand hinter der alten Truhe her«, sagte Bob.

»Oder hat Interesse für das Wrack der Argyll Queen«, sagte Justus. Seine Augen leuchteten, er witterte ein Geheimnis. »Das könnte ein Fall für die drei Detektive werden! Wir wollen –«

»Ah, da seid ihr!« Tante Mathilda tauchte hinter den Jungen auf. »Der Wagen lädt sich nicht von alleine ab. Los, los, ihr drei.«

Belämmert gingen die Jungen zum Wagen zurück und begannen mit Abladen. Das Geheimnis der alten Truhe würde warten müssen!

Das Wrack der Argyll Queen

Es war Mittagszeit, als der Wagen endlich entladen war. Tante Mathilda ging über die Straße zum Wohnhaus, um das Essen zu richten. Die Jungen machten sich stracks zu der alten Truhe auf.

»Wir nehmen sie uns in der Zentrale vor«, sagte Justus. »Ihr beide tragt sie hin. Ich muss noch etwas erledigen.« Der Erste Detektiv lief voraus und ließ Bob und Peter vor der großen, schweren Truhe zurück. Unter Protestgestöhn hob Peter sie am einen Ende, Bob am anderen Ende an. So schleppten sie sie zu Justs Freiluftwerkstatt in einer zur Straße hin gelegenen Ecke des Lagerplatzes. Unter der Werkbank begann Tunnel II, eine weite verzinkte Blechröhre, die dann unter Schrottbergen weiterführte – bis zum heimlichen Hauptquartier der drei ???. Diese Zentrale war ein alter Campinganhänger mit Unfallschaden, den die Jungen wieder hergerichtet hatten. Für die Umwelt war er mittels sorgfältig aufgeschichteter Stapel von Schrott und Gerümpel den Blicken entzogen. Innen enthielt er ein modernes Büro, ausgestattet mit Dunkelkammer, Labor, Schreibtisch, Schreibmaschine, Bandgerät und Telefon. Es gab auch ein Periskop, um über den Trödel ringsum hinwegschauen zu können, und alle möglichen Spezialgeräte für die Detektivarbeit.

Aber eine der besonderen Raffinessen dieser Zentrale erwies sich nun als großer Nachteil; dies wurde Bob und Peter klar, als sie die alte Truhe bis zu Tunnel II geschleppt hatten.

»Sie passt nicht durch den Tunnel!«, stöhnte Peter.

Die Jungen setzten die Truhe ab und sahen einander an. »Alle Zugänge haben wir so angelegt, dass gerade wir hindurchpassen«, stellte Bob trübsinnig fest. »Das Ding passt bestimmt in keinen davon!«

Da kam gerade Justus aus Tunnel II hervorgekrochen, sichtlich aufgeregt. Bob und Peter trugen ihm ihr Problem vor.

»Hmmm«, machte Justus und fasste den engen Einlass zu Tunnel II ins Auge. »Daran hätte ich denken müssen. Vielleicht kriegen wir sie durch ›Die Tür‹ rein.«

›Die Tür‹ war der unkomplizierteste Zugang zum Anhänger. Eine mächtige Eichentür samt Rahmen lehnte gegen einen Stapel Bauholz. Mit einem rostigen Schlüssel, der bei anderem verrostetem Metallzeug in einem Eimer lag, ließ sich die Tür öffnen, und dahinter führte ein kurzer Durchgang zur Schiebetür an der Seite des Anhängers.

»Da sollten wir aber erst noch die Tür am Anhänger ausmessen«, sagte Bob.

»Und außerdem müssen wir warten, bis niemand mehr im Betrieb ist, ehe wir die Holztür benutzen«, meinte Justus noch. »Aber was anderes. Ich habe gerade entdeckt, dass die Geschichte von Java-Jim von A bis Z erlogen ist!«

»Na, so was, Just«, sagte Peter. »Und wie hast du das rausgekriegt?«

»Ich habe den Altwarenhändler in San Francisco, Mr Baskins, angerufen«, erklärte Justus. »Er hat die Truhe nicht von einem Matrosen bekommen, sondern von einem anderen Trödler aus Santa Barbara! Und dieser Händler hat sie vor sechs Monaten einer Frau abgekauft!«

»Sieh mal an!«, sagte Peter. »Vielleicht ist Java-Jim dann gar kein echter Seemann!«

»Wäre ohne Weiteres möglich«, gab Justus ernsthaft zu. »Java-Jim hat sich vielleicht nur als Seemann verkleidet, um uns einen Bären aufzubinden. Im Übrigen wirkt die Maskerade nicht sehr überzeugend. Ein solcher Aufzug ist für Südkalifornien zu warm, auch im Dezember.«

»Java-Jim konnte sich sicher nicht vorstel