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Eine Serie von Diebstählen in Rocky Beach – und jedes Mal fehlt einer jener verbreiteten schwarzen Bordkoffer. Die drei ??? nehmen sich dieses ominösen Falles an. Und immer dann, wenn sie gerade eine neue Spur verfolgen, taucht die unheimlich reale Gestalt eines 'Tanzenden Teufels', eines Dämons aus einer fremden Kultur mit schrecklichen Drehungen und Feuer und Rauch auf …
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Seitenzahl: 174
und der Tanzende Teufel
erzählt von William Arden
Aus dem Amerikanischen übertragenvon Leonore Puschert
Kosmos
Umschlagillustration von Aiga Rasch
Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage
der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)
Aus dem Amerikanischen übertragen von Leonore Puschert
Titel der Originalausgabe: „Alfred Hitchcock and The Three Investigators in The Mystery of the Dancing Devil“
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© 2013, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan
Based on characters by Robert Arthur.
ISBN 978-3-440-14185-4
eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Willkommen, Knobel-Freunde!
Wieder einmal wurde ich auf den Plan gerufen: in Sachen des Trios unschlagbarer Jungdetektive, genannt »Die drei ???«. Doch selten habe ich eine Geschichte vernommen, die in solch historische Tiefen reicht wie diese hier – der Bogen spannt sich von den barbarischen Horden des großen Dschingis Khan bis zu einer mit allen Wassern gewaschenen Gruppe moderner Verschwörer. Und selten ist mir ein ähnlich bizarrer Fall untergekommen. Im Verlauf dieser Geschichte werdet ihr der monströsen Erscheinung des Tanzenden Teufels begegnen, deren Anblick euch das Blut in den Adern gerinnen lassen wird! Aber ehe ich mich zu weiteren Anpreisungen hinreißen lasse, sei mir vergönnt, in aller Form die Vorstellung zu übernehmen. Justus Jonas, der rundliche Erste Detektiv und das Superhirn des Junior-Detektivteams, ist bei Ermittlungen von unaufhaltsamem Tatendrang besessen, ungeachtet möglicher Folgen. Peter Shaw, der athletische Zweite Detektiv, sieht sich bei herannahender Gefahr gern vor, zeigt sich aber stets unerschrocken, wenn seine Hilfe vonnöten ist. Bob Andrews, ruhig und ein kluger Kopf, ist für die Recherchen und das Archiv verantwortlich und verwaltet dieses Amt äußerst gründlich. Alle drei Jungen wohnen nicht weit von Hollywood in Rocky Beach in Kalifornien, wo sie eine geheime Zentrale unterhalten und dank ihrer vereinten Kräfte und Talente schon einige durchaus ungewöhnliche Fälle aufzuklären vermochten.
Und nun, wenn ihr die Begegnung mit dem Tanzenden Teufel nicht scheut, geht zum ersten Kapitel über und beginnt zu lesen.
Albert Hitfield
»Ihr seid doch Detektive«, sagte das kleine rothaarige Mädchen voll Eifer. »Ihr könnt Annabella finden! Ich möchte euch den Fall übertragen!« Sie streckte ihre Patschhand aus – mit fünfzig Cent.
Peter Shaw lachte. »Puppen suchen wir nicht, Tina.«
»Unsere Fälle sind um einiges bedeutsamer, Christina«, setzte Justus Jonas hinzu.
»Und überhaupt« – Bob Andrews grinste Peters sechsjährige Nachbarin an – »möchte ich wetten, dass du deine Puppe in eurem Haus verloren hast und sonst nirgends.«
»Klar.« Peter lachte. »Geh nur heim und such dort noch mal, Tina. Wir müssen den Filmprojektor meines Vaters zur Reparatur bringen.«
Die drei Jungen, die man in ganz Rocky Beach als das jugendliche Detektiv-Trio »Die drei ???« kannte, hatten den ersten Vormittag der Osterferien mit dem Aufräumen der Garage bei den Shaws zugebracht. Jetzt waren sie gerade damit fertig und wollten Mr Shaws Filmprojektor zur Reparatur bringen, und da war Christina Dalton durch die hohe Hecke am Nachbargrundstück geschlüpft und hatte sie um Hilfe gebeten.
»Es tut uns leid, dass du deine Puppe verloren hast«, fuhr Peter fort, »aber mein Vater braucht den Projektor so schnell wie möglich wieder. Wir müssen gehen, Tina.«
»Ich hab’ Annabella aber nicht verloren! Das war ganz anders«, jammerte Tina. »Sie ist weggeflogen. Sie war in ihrem Bett im Garten, und da ist sie fortgeflogen!«
Justus blinzelte verdutzt. »Fortgeflogen?«
»Aber Tina«, fiel Peter ein, »nun erzähl keine Märchen. Du willst doch nicht, dass wir mit meinem Papa Ärger kriegen.«
»Nein«, sagte das kleine Mädchen zögernd, und dann begann sie zu schluchzen. »Nie wieder bekomm’ ich Annabella!«
»Hör mal, Tina, nun wein doch nicht«, sagte Bob. »Du findest deine –«
Justus hatte die Brauen zusammengezogen. »Wie meinst du das, Annabella sei fortgeflogen?«
»Ist sie doch auch!«, sagte Christina und wischte sich die Tränen ab. »Ich hab’ sie gestern Abend in ihrem Bett im Garten gelassen, und wie ich dann schlafen gegangen bin, habe ich zum Fenster rausgeschaut, und da ist sie einfach in einen Baum raufgeflogen! Mein Papa hat heute früh da oben nach ihr gesucht, aber sie ist weg! Sie kommt nie wieder heim!«
»Na ja«, sagte Justus, »vielleicht könnten wir uns das mal näher betrachten.«
Peter stöhnte. »Wir müssen den Projektor wegbringen, Just. Komm schon.«
»Puppen fliegen doch nicht einfach los, Just«, wandte Bob ein.
»Nein, eben nicht«, gab ihm Justus Recht. Der untersetzte Erste Detektiv sah nachdenklich aus. »Und genau deshalb schauen wir uns diesen Baum mal an. Das dauert nicht lang.«
Christina trocknete ihre Tränen und lächelte hoffnungsvoll. »Ich zeig’ ihn euch.«
Die Jungen folgten ihr durch die Hecke in den Garten nebenan. Der Baum war schon alt und stand an der Straßenfront vor dem Zaun, der das Grundstück zur Straße hin abgrenzte. Starke Äste hingen tief über den Garten hin. Christina zeigte auf den Erdboden unter einem langen Ast.
»Genau hier hat Annabella geschlafen!«
Die Jungen suchten im dichten Laub und zwischen den schwer herabhängenden grünen Avocado-Früchten des alten Baums. Dann scharrten sie mit den Füßen die dicke Laubschicht auf dem Boden beiseite.
»Im Baum ist keine Puppe«, stellte Peter fest.
»Und auf dem Boden auch nicht«, meldete Bob.
Justus ging um den Zaun herum zur Straße vor. Nun konnte er sehen, dass der Avocado-Baum in einer schmalen Blumenrabatte vor dem Zaun stand. Er trat näher heran und untersuchte den weichen Boden des Beets.
»Freunde!«, rief der Erste Detektiv laut.
Bob und Peter wanden sich zwischen den Ästen zum Zaun vor und sahen herüber. Justus zeigte auf den Boden. Dort, unten beim Baumstamm, waren im Blumenbeet vier deutliche Fußabdrücke. Sie sahen aus wie von Turnschuhen, klein und schmal.
»Ich stelle fest«, bemerkte Justus gelassen, »dass jemand vor kurzem diesen Baum erstiegen hat. Klein war er, und in Turnschuhen.«
»Hört sich nach einem Kind an«, sagte Peter. »Hier steigen doch immer wieder Kinder auf die Bäume, Just.«
»Das stimmt«, bestätigte Justus. »Aber es ist auch möglich, dass jemand auf den Baum stieg, auf einem der unteren Äste in den Garten hinüberkroch und herunterlangte, um die Puppe vom Boden aufzuheben!«
»Mann!«, sagte Bob. »Im Dunkeln würde das tatsächlich so aussehen, als sei die Puppe in den Baum hochgeflogen!«
»Aber hört mal«, meinte Peter verwundert, »weshalb sollte jemand einem Kind die Puppe klauen?«
Justus zuckte die Achseln und kam um den Zaun herum. In diesem Augenblick trat eine rothaarige Frau aus dem Haus der Daltons. Sie sah aus wie Christina, nur war sie größer.
»Tina? Peter! Was macht ihr denn da?«
»Wir suchen Annabella, Mama«, rief Tina. »Sie sind Detektive.«
Mrs Dalton lächelte und kam her. »Ja, natürlich. Das hatte ich vergessen.« Dann schüttelte sie den Kopf. »Aber Annabella ist wohl leider weg, Jungs.«
»Sind Sie sicher, dass die Puppe gestohlen wurde, Mrs Dalton?«, fragte Bob.
»Erst war ich’s nicht«, sagte Mrs Dalton, »aber Tinas Vater hat im Haus und im Garten alles abgesucht, und dann meldeten wir es der Polizei.«
»Und was sagten die dazu?«, wollte Justus wissen.
»Die waren schon ganz erbost. Es sieht nämlich so aus, als hätte es letzte Nacht in unserer Nachbarschaft eine ganze Serie Diebstähle gegeben!«
»Wurden noch andere Puppen gestohlen?«, fragte Justus.
»Nein, sonst keine Puppen, aber eine Bohrmaschine, ein paar Werkzeuge, ein Mikroskop und noch ein paar Sachen, die ich nicht mehr weiß. Alles keine ausgesprochenen Wertsachen. Kommissar Reynolds hält es für einen bösen Lausbubenstreich.«
»Manche dummen Jungen glauben, Stehlen sei eine ganz besondere Mutprobe«, meinte Peter.
»Bis man sie erwischt!«, sagte Bob.
Justus war sichtlich enttäuscht. »Ja, es hört sich ganz danach an, dass hier junge Kerle nur so zum Vergnügen geklaut haben.«
Tina begann plötzlich wieder zu weinen. »Ich will Annabella wiederhaben!«
»Hört mal«, sagte Peter mit einem Blick auf seine Freunde, »wir könnten doch versuchen, sie zu finden. Wir kennen die meisten von den älteren Jungen hier in der Gegend.«
»Das wäre nett von euch«, sagte Mrs Dalton. »Die Polizei ist ja voll beschäftigt und kann sich kaum noch um kleine Diebereien kümmern.«
»Aber ich muss einen richtigen Vertrag mit ihnen machen, Mama. Wie im Fernsehen«, rief Tina und hielt ihre fünfzig Cent hoch. »Hier!«
Justus nahm das Geld ganz ernsthaft entgegen. »So, nun bist du unsere Auftraggeberin, Tina. Du bleibst jetzt zu Hause und wartest unsere Meldungen ab. In Ordnung?«
Das kleine Mädchen nickte glückselig, und die Jungen gingen wieder in Peters Garten hinüber. Sie besprachen, wo sie mit der Suche beginnen würden, und als sie an der Garageneinfahrt angekommen waren, hatten sie beschlossen, sich zunächst einmal unter ihren Schulkameraden umzuhören, ob irgendwelche Burschen sich auffällig benommen hatten. Plötzlich hörten sie Peters Mutter hinter dem Haus laut schreien:
»Raus aus meinem Garten! He, Sie! Was treiben Sie hier?«
»Los, kommt!«, rief Peter.
Die drei ??? sausten ums Haus herum und sahen gerade noch eine seltsame Gestalt mit großen schwarzen Flügeln über den Zaun hinten fliegen und verschwinden! Sie erstarrten im Lauf. Peters Mutter stand vor ihrem Garten.
»Seht euch bloß meine Primeln an!«, rief sie empört. »Alles hat er zertrampelt!«
Aber die Jungen schauten nicht auf die zertretenen Blumen. Sie starrten noch immer zum Zaun hinüber, wo die Gestalt verschwunden war – eine Gestalt, deren »Flügel« ein schwarzer Umhang gewesen waren und deren hageres Gesicht beim Zurückschauen einen dichten Schnauzbart gezeigt hatte!
»Na«, sagte Peter, »das jedenfalls war nicht irgendein Lausebengel!«
Justus drehte sich um und rannte zur Garage zurück. Die beiden anderen Jungen liefen hinter ihm her. Justus zeigte auf die Stelle, wo Mr Shaws Filmprojektor in seinem Tragekoffer gestanden hatte. »Der Projektor!«, sagte Justus. »Er ist weg!«
»Also«, sagte Justus, »kein Mensch kann sich vorstellen, warum ein Dieb es auf den Projektor von Peters Vater, auf Tinas Puppe und auf all die anderen gestohlenen Sachen abgesehen haben sollte.« Der Erste Detektiv machte eine bedeutungsvolle Pause. »Dann will er das alles womöglich gar nicht haben!« Peter und Bob starrten ihren Kollegen mit offenem Mund an.
»Wieso hat er das Zeug –«, fing Peter an.
»– dann überhaupt geklaut?«, schloss Bob.
Stunden waren vergangen, seit der kleine Mann im Umhang mit Mr Shaws Filmprojektor geflüchtet war. Die drei ??? hatten sich nach dem Abendessen in ihrer geheimen Zentrale, einem unter Stapeln von Gerümpel in einer Ecke des Schrottplatzes verborgenen Camping-Anhänger, getroffen. Der Wagen war mit Möbeln, Akten und selbst gebastelter Detektivausrüstung vollgestopft und eine sehr nützliche Aktionsbasis – und außerdem strikt privat. Justs Onkel Titus und Tante Mathilda, denen der Schrottplatz gehörte, hatten längst vergessen, dass der Anhänger überhaupt noch da war. Es gab mehrere dorthin führende Geheimzugänge, und durch ein Periskop konnten die Jungen ins Freie hinaussehen. Jetzt waren die drei in ihrer Zentrale versammelt, um sich über die Serie kleiner Diebereien in Peters Nachbarschaft Gedanken zu machen. Vorerst stand nur eines fest: Die Diebstähle waren nicht von Kindern verübt worden. Nachdem der Mann im Umhang an diesem Morgen verschwunden war, hatten die drei ??? in Mrs Shaws Garten seine Fußabdrücke gefunden. Und diese Fußabdrücke waren genau die gleichen wie die unter Tina Daltons Avocado-Baum! Aber warum hatte der Mann einmal eine Puppe und dann einen Filmprojektor gestohlen?
»Vielleicht«, meinte Peter, »ist der Mann ein … ein … ach, ihr wisst doch – so einer, der stiehlt, weil es ihn dazu treibt.«
»Ein Kleptomane«, sagte Bob.
»Könnte sein«, gab Justus zu, »aber ich glaube es nicht. Ein Kleptomane treibt sich gewöhnlich zum Stehlen nicht in Wohngegenden herum. Er klaut in Kaufhäusern und an anderen öffentlichen Plätzen.«
»Er ist kein Kleptomane, und das Zeug, das er stiehlt, braucht er nicht«, sagte Bob. »Also was hat er dann im Sinn?«
»Ich glaube«, meinte Justus, »er sucht irgendetwas.«
Bob und Peter starrten den Ersten Detektiv an. Auf ihren Gesichtern malten sich Verwirrung und Zweifel. Dann hatte Bob einen Einwand.
»Aber Just«, sagte der Archivar des Teams bedächtig, »wenn er hinter was Bestimmtem her ist, warum stiehlt er all die anderen Sachen zusammen? Ich meine, er muss doch wissen, was er will, und wenn es nicht bei dem Zeug ist, das er mitgenommen hat, warum hat er es dann überhaupt mitlaufen lassen?«
»Vielleicht hat er schlechte Augen«, brachte Peter vor.
Bob stöhnte laut. Peter, der Zweite Detektiv, trug zur Teamarbeit eher Muskelkraft als geistige Fähigkeiten bei. »Da müsste er schon blind sein, um eine Puppe und einen Filmprojektor mit was anderem zu verwechseln!«, stellte Bob fest.
»Na schön«, meinte Peter, »dann sind es eben nicht die Sachen selber, sondern etwas, das drinsteckt! Er weiß, dass es irgendwo versteckt ist, aber nicht genau wo!«
»Wie bei unserem Fall mit der schwarzen Katze.« Justus nickte.
»Aber das löst das Rätsel noch nicht – angenommen, der Dieb ist bei klarem Verstand, dann müssen sich all die Sachen, die er gestohlen hat, in irgendeiner Beziehung gleichen. Sie müssen alle ein bestimmtes gemeinsames Merkmal haben!«
»Ein Filmprojektor und eine Puppe?«, fragte Bob ungläubig.
»Irgendwas muss es geben«, sagte Justus beharrlich. »Irgendetwas Grundlegendes, das auf all das Diebesgut zutrifft. Nur das müssen wir herausfinden.«
»Weiter nichts, Just?«, meinte Peter. »Tinas Puppe, der Projektor meines Vaters und all das Zeug auf der Liste, die du nach deinem Anruf von der Polizei bekommen hast?« Er holte sich die Liste von Justs Schreibtisch. »Eine elektrische Schlagbohrmaschine, ein Mikroskop, ein Barometer, eine Garnitur Holzschnittwerkzeuge und ein Steinschleifapparat. Alles in unmittelbarer Nachbarschaft von uns geklaut.«
Als Peter die Liste heruntergelesen hatte, sahen die drei Jungdetektive einander hoffnungsvoll an. Eine Zeit lang sprach keiner ein Wort.
Peter vermutete vorhin, das von dem Dieb so hartnäckig begehrte Objekt könne in einem der gestohlenen Gegenstände stecken, also gewissermaßen darin verpackt sein. Doch ich meine, es gibt noch eine andere Art der »Verpackung«, worauf der suchende Dieb erpicht sein könnte. Was nun worin stecken mag – denkt mal anders herum, denkt mal scharf nach!
»Na«, meinte Peter schließlich, »elektrische Geräte sind das nicht durchweg.«
»Und es sind auch nicht alles Werkzeuge«, sagte Bob.
»Ebenso wenig nur Spielsachen«, setzte Justus hinzu. »Oder Eigentum von Kindern.« Er überlegte. »Vielleicht wurde alles im gleichen Laden gekauft?«
Bob schüttelte den Kopf. »Doch nicht ein Barometer und eine Puppe.«
»Überhaupt kaufte Papa seinen Projektor vor Jahren in New York.« Peter seufzte. »Also, Justus, mir fällt dazu nichts ein.«
»Es muss aber bei allem irgendeine Gemeinsamkeit geben«, meinte Justus unbeirrt. »Etwas Einfaches. Denkt nach, Leute!«
»Es ist alles aus festem Stoff«, gab Peter zu bedenken. »Keine Flüssigkeiten.«
»Das nützt uns wahrhaftig viel!«, stellte Bob fest.
»Nein, Bob, wir müssen alles in Betracht ziehen«, sagte Justus. »Also schön, es sind alles Sachen aus festem Material. Ist alles aus Metall? Nein. Alles von gleicher Farbe? Nein. Alles –«
»Alles ist handlich genug, dass man es tragen kann«, unterbrach ihn Bob.
Justus sprang auf die Füße und seine Augen funkelten. »Tragen? Das könnte es sein! Los, kommt, wir müssen mit Tina Dalton reden.«
Schon hob Justus die Luke im Fußboden der Zentrale an. Seine Detektivkollegen vermieden es wohlweislich, ihn zu fragen, was er vorhatte. Justus hielt sich niemals mit Erklärungen auf, wenn er auf einer heißen Spur war. Peter und Bob folgten ihm durch die Luke in Tunnel II, eine weite, lange Röhre, die unter dem Wagen und unter hohen Stapeln von Schrott und Trödel hindurch bis zu Justs Freiluftwerkstatt führte. Dort schnappten sich die Jungen ihre Fahrräder und fuhren in der Dämmerung zu Peters Straße. Justus fuhr vorneweg. Er radelte zielbewusst an Peters Haus vorbei und die Zufahrt zu den Daltons nebenan entlang. Auf sein Klingeln kam Mrs Dalton zur Tür, und Christina tauchte im Schlafanzug neben ihr auf.
»Habt ihr Annabella gefunden?«, rief das kleine Mädchen.
»Nein, noch nicht.« Justus schüttelte den Kopf. »Tina, du sagtest doch, Annabella sei in ihrem Bett gewesen, als sie in den Avocado-Baum hinaufflog. Was war das denn für ein Bett?«
»Ihr Bett eben«, sagte Tina. »Sie schläft immer –«
»Ja, schon«, unterbrach Justus ungeduldig, »aber wie sah das Bett aus? Eigentlich war das gar kein richtiges Bett, oder?«
Mrs Dalton sagte: »Nein, das war’s nicht, Justus. Mein Mann hatte es für Tina aus einem alten Aktenkoffer gemacht.«
»Einem schwarzen Koffer?«, fragte Justus. »Etwa fünfundzwanzig oder dreißig Zentimeter hoch? Wie ein richtiger kleiner Reisekoffer, mit einem Handgriff oben dran?«
»Wie der Tragekoffer von Papas Projektor!«, rief Peter.
»Ja, genau«, sagte Mrs Dalton. »So ein Ding.«
»Besten Dank.« Justs Augen funkelten. »Wir kommen später wieder, Tina.«
Die drei ??? radelten zu Peter zurück und gingen in seine Garage. Es war gerade noch hell genug, dass sie etwas sehen konnten.
»Also Koffer!«, rief Bob triumphierend. »All das gestohlene Zeug muss in schwarzen Tragekoffern sein, genau wie Mr Shaws Projektor!«
»Ja, Kollege«, sagte Justus selbstzufrieden. »Das ist das einzige Merkmal, das Tinas Puppe mit dem anderen Diebesgut gemeinsam haben könnte. Unser Dieb hat es offenbar auf etwas in einem schwarzen Koffer abgesehen!«
»Tja«, meinte Peter, »aber was nur, Just?«
»Na, wenigstens nicht gerade –«, fing Justus an.
Da hörten sie hinter der Garage ein Geräusch!
Ein scharfer Aufschlag, wie wenn etwas auf Holz prallt, ein gedämpfter Laut wie ein zorniges Knurren und dann eine Bewegung! Die Jungen liefen zu dem einzigen Fenster an der Rückwand. Im Dämmerlicht draußen verschwand eine Gestalt in den dichten Gartensträuchern hinter Peters Haus.
»Der Dieb!«, rief Peter.
Sie liefen vorn zur Garage hinaus und schlichen in der zunehmenden Dunkelheit vorsichtig nach hinten. Aber nun bewegte sich da nichts mehr, und es war auch kein Laut mehr zu hören. Peter bückte sich unter dem hinteren Garagenfenster. Er hob einen kleinen Gegenstand auf und starrte ihn an.
»Das ist … das ist eine Tierpfote!«, stammelte er.
Justus nahm die Pfote in die Hand. »Von einem Wolf, würde ich sagen – und schon sehr alt. Möglicherweise ist es eine Art Talisman. Vielleicht ein Glücksbringer.«
»Es lag genau da unter dem Garagenfenster«, sagte Peter. »Also hat uns jemand beobachtet, Freunde! Belauscht! Er hat uns gehört!«
»Der Dieb mit dem Umhang, möchte ich wetten«, entschied Bob.
Justus schüttelte den Kopf. »Nein, Bob, dieser Mann war zu groß. Vielleicht sind mehrere Leute auf der Suche nach einem schwarzen Koffer – und seinem Inhalt.«
»Und jetzt weiß einer von ihnen, dass wir wissen, was er sucht«, stellte Peter missmutig fest.
»Ja«, bestätigte Justus. Seine Augen blitzten in der Dämmerung. »Er weiß es, und so kriegen wir ihn zu fassen! Wir lassen ihn zu uns kommen!«
»Wie wollen wir ihn dazu –« fing Peter zweifelnd an.
»Vermutlich beobachtet er die Straße hier, und auch uns, Peter«, erklärte Justus. »Also machen wir uns auf den Weg, als ob wir den schwarzen Koffer suchten – und wir werden ihn auch finden! Wir täuschen Aufregung vor, als seien wir sicher, dass wir den richtigen Koffer gefunden haben, und –«
»Eine Falle!«, riefen Bob und Peter gleichzeitig.
Justus grinste im schwachen Zwielicht. »Ja, eine kleine Falle für unseren Dieb – oder unsere Diebe!«
Dünner Nebel wallte an diesem Abend vom Hafen und dem dunklen Pazifik heran. Die Straße in Rocky Beach lag still da. Das Licht zweier einsamer Laternen wirkte im Nebel gespenstisch.
Irgendwo bellte ein Hund.
Eine Katze huschte flink über die verlassene Straße. Dann bewegte sich eine Zeit lang nichts mehr in der Dunkelheit. Jetzt aber tauchte Peter im offenen Tor der beleuchteten Garage der Shaws auf. Der hoch gewachsene Zweite Detektiv schritt auf und ab und behielt die schwach erhellte Straße im Auge, als warte er auf etwas. Von Zeit zu Zeit blickte er hinter sich auf mehrere schwarze Köfferchen. Die Jungen hatten sie vorher hier zusammengestellt, und sie waren für jeden Beobachter deutlich sichtbar.
Plötzlich kamen Justus und Bob aus einer Hofeinfahrt in der Nähe gelaufen. Sie trugen noch einen schwarzen Koffer und waren sichtlich in heller Aufregung, als sie die neblige Straße entlang zu Peters Haus eilten.
»Was ist los, Freunde?«, rief Peter.
Bob und Justus rannten auf den Hof der Shaws zu.
»Just meint, wir haben’s gefunden!«, rief Bob.
»Wart nur ab, bis du es siehst!«, sagte Justus eifrig, während er keuchend angehetzt kam.
Hinter dem offenen Garagentor drängten sich die drei Jungen begierig um das schwarze Köfferchen, das Justus abgestellt hatte. Der Erste Detektiv öffnete den Koffer und schaute erregt zu Peter hoch. Der starrte in den offenen Koffer.
»Mann!«, sagte der große Junge laut. »Das ist aber nicht das Richtige!«
Justus erhob die Stimme. »Nein, bestimmt ist es das, wonach der Dieb die ganze Zeit gesucht hat.«
»Glaube ich auch«, bestätigte Bob. »Was machen wir damit, Just?«
»Tja …« Justus schien zu überlegen. »Es ist jetzt reichlich spät geworden. Ich hätte schon vor einer Stunde zu Hause sein sollen. Wir schließen es am besten in der Garage hier ein und bringen es morgen früh zur Polizei.«
»Ja, es ist wirklich spät«, meinte auch Peter.
»Ich muss auch nach Hause«, sagte Bob. »Wir können es morgen in aller Frühe auf die Wache bringen.«