Die drei ??? und die rätselhaften Bilder (drei Fragezeichen) - William Arden - E-Book

Die drei ??? und die rätselhaften Bilder (drei Fragezeichen) E-Book

William Arden

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Beschreibung

Wertlose Bilder - mehr hat der alte Maler nicht hinterlassen. Doch seltsamerweise beginnen sich mehrere Unbekannte gerade dafür zu interessieren. Justus, Peter und Bob sind sich einig: irgendetwas stimmt da nicht. Doch was? Und warum kommt ihnen ausgerechnet jetzt Skinny Norris, ihr alter Rivale, in die Quere? Mehr anzeigen Weniger anzeigen

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und die rätselhaften Bilder

Erzählt von William Arden

Aus dem Amerikanischen übertragenvon Leonore Puschert

Kosmos

Umschlagillustration von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

Umschlaggestaltung von eStudioCalamar, Girona, auf der Grundlage

der Gestaltung von Aiga Rasch

Aus dem Amerikanischen übertragen von Leonore Puschert

Titel der Originalausgabe: „The Three Investigators

in The Mystery of The Shrinking House“

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele weitere Informationen zu unseren Büchern, Spielen, Experimentierkästen, DVDs, Autoren und Aktivitäten findest du unter kosmos.de

© 2013, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on characters by Robert Arthur.

ISBN 978-3-440-14047-5

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Ein paar Worte von Albert Hitfield

Bei meiner ersten Begegnung mit den hoffnungsvollen Jünglingen, die sich »die drei ???« (Klartext: die drei Detektive) nennen, verpflichtete ich mich törichterweise, ihre interessantesten Fälle jeweils als Buch herauszugeben. Ich ahnte ja nicht, wie produktiv das Trio sein würde! Wie meine Leser feststellen werden, gab ich mein Bestes, um mein Versprechen diesmal nicht einlösen zu müssen, aber gegen die Jungen kam ich nicht an. Also werde ich meiner Pflicht nachkommen und hier wieder einmal die drei ??? kurz vorstellen. Die unerschrockene Belegschaft dieses Junior-Detektivbüros besteht aus Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews. Alle drei wohnen in der kleinen Stadt Rocky Beach in Kalifornien, nicht weit von Hollywood. Justus ist der Kopf des Teams. Peter steuert die Muskelkraft bei. Und Bob, der Bücherwurm unter den drei ???, ist mit den Recherchen betraut. Gemeinsam sind die drei Burschen ein unschlagbares Team. Sie haben die gerissensten Ganoven ausgetrickst und die haarsträubendsten Situationen heil überstanden. In ihrem neuesten Fall müssen sie den abhanden gekommenen Nachlass eines toten Künstlers aufspüren. Ein vergleichsweise harmloser Auftrag – aber er leitet sie auf seltsame Abwege voller Rätsel und Intrigen.

Damit wisst ihr genug, um die Lektüre in Angriff zu nehmen ... doch seid gewarnt!

Albert Hitfield

Eine schwarze Gestalt

»Onkel Titus!«, rief Justus Jonas. »Schau mal dort drüben!«

Der Lastwagen der Firma »Gebrauchtwaren-Center T. Jonas« war gerade bei dem alten Haus am Remuda Canyon in einem Außenbezirk von Rocky Beach vorgefahren. Justus und sein Freund Peter Shaw saßen bei Onkel Titus im Führerhaus.

»Was ist?«, fragte Onkel Titus verblüfft. »Wo soll ich hinschauen, Justus?«

»Dort! Links neben dem Haus!«

Justus zeigte in die Dämmerung hinaus. Es sah ganz so aus, als schwebe da auf halber Höhe vor der Seitenmauer des an den Hang gebauten großen Fachwerkhauses eine schwarze Gestalt.

Dann sagte Onkel Titus: »Ich seh überhaupt nichts.«

»Nein«, sagte Peter. »Ich auch nicht, Just.«

Justus sah scharf hin. Die Gestalt in Schwarz war weg. Eben noch war sie vor der Hauswand sichtbar gewesen, dann hatte sie sich in Luft aufgelöst! Oder war da etwa gar nichts gewesen?

»Ich weiß bestimmt, dass ich jemand gesehen habe!«, sagte Justus. »Seitlich am Haus und ganz in Schwarz!«

Onkel Titus sah zweifelnd zu dem großen Fachwerkhaus hinüber. Die Wände des Canyons warfen seltsame, unheimliche Schatten auf das abgelegene Haus und auf das kleinere Häuschen daneben. Doch alles wirkte still und friedvoll.

»Du hast wohl einen Schatten gesehen, Just«, sagte Onkel Titus. »Eine so steile, tiefe Schlucht wirft die merkwürdigsten Schatten«, meinte Peter dazu.

»Nein«, widersprach Justus, »ich habe jemand gesehen, ganz in Schwarz, sicher ist er durch ein Fenster ins Haus eingestiegen!«

Onkel Titus zögerte. Er wusste, dass sein stämmiger Neffe eine rege Phantasie besaß, und er wollte auf keinen Fall unnötig Alarm schlagen. Doch er wusste auch, dass sich Justus gewöhnlich nicht zu irren pflegte.

»Na schön, dann kommt mit«, sagte Onkel Titus. »Berichten wir lieber gleich Professor Carswell, was du gesehen hast.«

Die beiden Jungen folgten Onkel Titus auf einem verkrauteten Fußweg zum Eingang des großen Hauses. Es war ein alter Bau aus dem vorigen Jahrhundert mit hölzernen Türmchen, zahlreichen spitzen Dachhauben und Giebeln, einer auf Säulen ruhenden Veranda und einem schweren Portal.

Der Mann, der auf ihr Klopfen hin an die Tür kam, war groß und mager und hatte tief liegende, umschattete Augen. Obwohl es Juli war, trug er eine zerknitterte Tweedjacke. Er hielt ein dickes Buch mit fremdsprachigem Titel in der Hand.

»Professor Carswell?«, erkundigte sich Onkel Titus.

Der Professor lächelte. »Sie müssen Mr Jonas vom Altwarenhandel sein. Kommen Sie herein. Was ich Ihnen zu verkaufen habe –«

Onkel Titus unterbrach ihn: »Ich will Sie nicht beunruhigen, Herr Professor, aber mein Neffe behauptet steif und fest, er hätte vorhin eine ganz schwarz gekleidete Gestalt seitlich an Ihrem Haus hochklettern sehen.«

»Hier soll einer hochgeklettert sein?« Der Professor blinzelte die Jungen und Onkel Titus an. »Das muss eine Täuschung sein.«

»Nein, Herr Professor«, sagte Justus eindringlich, »ich habe es ganz deutlich gesehen. Besitzen Sie irgendwelche Wertsachen, die einen Einbrecher interessieren könnten?«

»Leider nein, junger Mann. Rein gar nichts«, sagte Professor Carswell. »Aber wenn du sagst, du hättest etwas gesehen, dann will ich es nicht anzweifeln. Nur kann ich mir nicht vorstellen ... ah! Natürlich! Du hast da meinen Sohn beim Spielen gesehen. Er hat ein schwarzes Cowboykostüm, und ich kann mir noch so große Mühe geben, aber Hal will nicht wahrhaben, dass man besser durch Türen geht, als durch Fenster steigt.«

Wieder lächelte Professor Carswell, und Onkel Titus nickte.

»Ja, das war’s dann. Ich weiß zur Genüge, wie Jungen so sind, na!«, sagte der Eigentümer des Schrott- und Trödelmarkts.

»Wie alt ist denn Ihr Sohn, Herr Professor?«, fragte Justus.

»Ein wenig jünger als du, möchte ich meinen, aber größer. So groß wie dein Freund hier.« Der Professor nickte zu Peter hinüber.

»Die Person, die ich gesehen habe, war viel größer«, sagte Justus sehr bestimmt.

»So?« Professor Carswell sah Justus skeptisch an. »Na gut, junger Mann. Wollen wir mal sehen, ob dein Einbrecher im Haus ist.«

Der Professor führte seine Besucher durchs Erdgeschoss des großen Hauses. Viele Räume waren abgeschlossen und standen leer.

»Ein Sprachwissenschaftler kann sich heutzutage ein solches Haus eigentlich gar nicht leisten«, sagte der Professor bekümmert. »Meine Vorfahren waren wohlhabende Kapitäne, die im Orient Handel trieben. Sie haben dieses Haus erbaut. Heute stehe ich mit meinem Sohn allein. Ein Vetter hat uns das Anwesen vor einem Jahr hinterlassen. Hier im Haus schlossen wir fast alle Räume ab, und das ehemalige Hausmeisterhäuschen hatten wir immer vermietet, damit wir einigermaßen auskamen.«

In den Erdgeschossräumen fand sich nichts, und sie gingen ins Obergeschoss.

Auch dort waren die meisten Zimmer leer, und nichts deutete auf einen unbefugten Eindringling hin. Justus sah sich in allen Räumen gründlich um.

»Viel zu stehlen gibt’s hier nicht«, gab er zu.

»Das hört sich richtig enttäuscht an«, meinte der Professor.

»Justus liebt das große Geheimnis«, sagte Peter. »Aber hier ist ganz bestimmt kein Einbrecher.«

»Professor Carswells Sohn ist aber auch nicht im Haus«, bemerkte Justus nachdenklich. »Ich weiß doch, dass ich jemand gesehen habe. Sie haben Onkel Titus hergebeten, um uns ein paar Sachen zu verkaufen. Ist etwas Wertvolles dabei?«

»Würde mich freuen, wenn es so wäre«, meinte Professor Carswell. »Aber es ist nur das, was der arme alte Mr Cameron hinterließ, als er vor einem Monat in unserem Häuschen starb. Zwei Reisekoffer samt Inhalt und ein paar von ihm gemalte Bilder. Der alte Cameron war ein richtiger Einsiedler. Er hatte nie viel, und in den letzten Monaten ist er mir auch noch die Miete schuldig geblieben. Ich hoffe, dass mir der Verkauf seiner Habseligkeiten ein paar Dollar einbringt.«

»Manchmal haben Einsiedler verborgene Reichtümer«, sagte Justus.

Professor Carswell lächelte. »Du redest wie ein Detektiv.«

»Wir sind auch Detektive!«, platzte Peter da heraus. »Zeig her, Just! «

Justus zog eine Visitenkarte hervor, auf der gedruckt stand:

»Oho, das ist ja sehr eindrucksvoll«, sagte Professor Carswell. »Es tut mir richtig leid für euch beide, dass es hier nichts zu ermitteln gibt. Was ihr gesehen habt, sind wohl doch die Schatten im Canyon gewesen.«

Der Professor hatte kaum ausgeredet, als ein Schrei zu hören war:

»Hilfe! Hilfe!«

Alle standen starr. Professor Carswell horchte und erblasste jäh.

»Hilfe!« Der Schrei kam von draußen. »Papa!«

»Das ist mein Sohn Hal!«, rief Professor Carswell. »Schnell!«

Er lief die Treppe hinunter und zur Tür hinaus, Onkel Titus und die Jungen dicht hinter sich. Durch das Dämmerlicht im Canyon drang wieder der Schrei – er kam vom Häuschen links drüben.

»Hilfe!«

Justus hat recht und irrt sich dann doch

Professor Carswell rannte über den Rasen vor dem großen Haus auf das kleine Häuschen zu, dicht gefolgt von Onkel Titus und Peter. Justus mit seinem Übergewicht kam als Letzter angekeucht. Außer Atem liefen sie unter der geflickten Markise über die Veranda und drangen in die kleine Wohnstube ein. Der Raum war karg möbliert – und niemand war darin!

»Harold!«, schrie der Professor voller Entsetzen.

»Papa!«, rief es da. »Hilf mir!«

Die Stimme kam aus der winzig kleinen Schlafkammer nebenan. Peter und Onkel Titus traten hinter dem Professor ein. Sie sahen eine schmale Liege, einen Stuhl und einen großen Schreibtisch, der umgestoßen worden war. Ein magerer Junge lag auf dem Fußboden, halb unter dem Schreibtisch. Professor Carswell lief hin.

»Mir ist nichts passiert, Papa«, sagte der Junge. »Ich komm nur hier nicht raus.«

Mit vereinten Kräften stellten Professor Carswell, Peter und Onkel Titus den schweren Schreibtisch auf die Füße. Hal Carswell stand auf und klopfte sich den Staub ab.

»Ich hatte hier drin ein Geräusch gehört«, erklärte Hal, »rund da wollte ich mal nachsehen. Es war jemand da, ganz in Schwarz – und maskiert. Als ich schrie, stieß er den Schreibtisch um, einfach auf mich drauf, und lief zur Hintertür hinaus!«

»Dann hatte Justus recht!«, rief Peter. »Er hat also doch einen Mann in Schwarz gesehen – aber der Mann muss auf dem Weg aus dem Haus gewesen sein, nicht ins Haus! Just ...«

Peter sah sich in der Schlafkammer um und dann noch in der kleinen Wohnstube. Doch Justus war im Häuschen nirgends zu finden.

»Justus Jonas!« rief Onkel Titus laut.

»Mann!«, sagte Peter beklommen. »Er kam doch gleich hinter uns, als wir drüben aus dem Haus rannten. Wo kann er bloß sein?«

Professor Carswell wandte sich an seinen Sohn. »Du sagst, da wollte einer einbrechen und lief dann zur Hintertür hinaus. Hatte er eine Waffe, Hal?«

»Das konnte ich nicht –«

Wieder erstarrten sie alle, als ein Schrei aus dem Zwielicht hinter dem Häuschen kam.

Professor Carswell fuhr herum. »Das hört sich an, als käme es aus der Schlucht hinter dem Haus! Vielleicht ist jemand hineingestürzt!«

»Ist das eine tiefe Schlucht?«, fragte Onkel Titus.

»Na, tief genug für einen bösen Sturz«, sagte Professor Carswell.

»Wir müssen hin.«

Der hochgewachsene Professor führte die anderen rasch hinter das kleine Haus, wo sie in den immer länger werdenden Schatten des Canyons hastig durch dichtes Gestrüpp und Eichendickicht drangen. Vor einem engen, etwa drei Meter tief eingeschnittenen Bachbett machten sie jäh halt. Die Schlucht verlief quer zum Canyon und schlängelte sich in beiden Richtungen in die Ferne. Der ausgetrocknete Grund war mit schweren Steinbrocken und abgestorbenen Bäumen übersät.

Von Justus oder sonst einem Menschen war nichts zu sehen.

»Da!«, sagte Peter.

Dunkle Flecken zeigten sich drunten und rechts am Hang auf ein paar Felsbrocken. Die vier rutschten die steile Böschung hinunter und beugten sich über die dunklen Stellen. Peter berührte einen Stein. Er war nass.

»Blut«, sagte der Zweite Detektiv und schluckte.

Als Peter und die anderen vorher in das Häuschen eingedrungen waren, war Justus weit zurückgeblieben. Er sah, wie die schwarz gekleidete Gestalt hinter dem Häuschen hervorgelaufen kam und auf das undurchdringliche Gestrüpp hinten auf dem Grundstück zueilte.

Der gewichtige Erste Detektiv machte sich sofort klar, dass außer ihm niemand den flüchtenden Eindringling gesehen hatte. Der Mann würde mit Sicherheit entkommen, wenn Justus erst noch die anderen im Häuschen alarmierte. Er zögerte nur eine Sekunde lang, dann machte er kehrt und verfolgte die davonlaufende Gestalt.

Justus kam jedoch nicht mehr dazu, sich den Mann genau anzusehen, ehe dieser im Dickicht und staubgrauem Eichengehölz verschwand. Keuchend erreichte der Erste Detektiv das verfilzte Unterholz – und genau da hörte er vor sich den Schrei. Es gab ein lautes Knacken, dann ein Schleifen, einen schweren Fall, einen lauten dumpfen Aufprall und einen gepressten Schmerzensschrei. Justus drang im dichten Gestrüpp bis zum Rand der engen Schlucht vor.

In dem schattigen Dämmerlicht auf dem Grund des Bachbetts tief unten richtete sich die schwarze Gestalt mühsam auf und hinkte am Steilbang entlang nach rechts davon. Dabei zog der Mann das linke Bein nach.

Man kann es ja verraten, ohne zu viel preiszugeben: Dieses Hinken wird den drei ??? noch einiges Kopfzerbrechen bereiten.

Justus rutschte hinunter, und auf dem Grund der Schlucht entdeckte er Blut auf ein paar Steinen. Eine Blutspur wies nach rechts. Vorsichtig folgte Justus der Spur. Der tiefe Einschnitt bot sich als Hinterhalt geradezu an, falls der Eindringling wusste, dass er verfolgt wurde.

Plötzlich schlug eine Autotür zu, und ein Wagen wurde angelassen. Justus fing an zu laufen. Ein kleines Stück weiter vorn mündete die Schlucht in die durch den breiten Canyon verlaufende Landstraße, die beim Carswell’schen Grundstück eine scharfe Biegung machte und dann in Richtung Rocky Beach weiterführte. Doch als Justus an der Straße anlangte, sah er nur noch die Rücklichter des Wagens stadteinwärts verschwinden.

Peter starrte noch immer auf das Blut an den Steinen in der Schlucht, als er Schritte hörte. Auch Onkel Titus hörte sie.

»Runter, Peter!«, sagte er. »Duckt euch alle!«

Alle duckten sich in die Schatten der Schlucht – bereit, sich auf den Eindringling zu stürzen.

Da kam Justus um die Biegung im Bachbett.

»Just!«, rief Peter. »Was war denn los?«

»Ich habe Jagd auf den Kerl gemacht«, sagte Justus, »aber er ist mir durchgegangen.«

»Justus Jonas!«, brauste Onkel Titus auf. »Du müsstest doch so gescheit sein, einen Dieb nicht auf eigene Faust stellen zu wollen!«

»Ich wollte ihn ja nicht stellen, Onkel Titus. Ich ging ihm nur nach, damit ich vielleicht sein Gesicht zu sehen kriegte, aber es war dunkel, und er hatte ein Auto.«

Professor Carswell schüttelte den Kopf. »Ich begreife nicht, was so einer hier sucht. Ich kann mir nur vorstellen, dass er sich getäuscht hat. Es gibt nämlich reiche Leute in den großen Landhäusern hier am Canyon, und da hat er sich wohl in der Tür geirrt. Na, sei’s drum – kommen wir jetzt zum Geschäftlichen, Mr Jonas?«

Sie gingen gemeinsam zum Malerhäuschen zurück. Professor Carswell machte Licht und holte aus dem Wandschrank in der Schlafkammer zwei alte Lederkoffer. In dem einen waren Kleider – ein altmodischer Frack, ein grauer Flanellanzug und mehrere Hemden, Krawatten und Socken. Im anderen waren Malfarben, eine ausgestopfte Eule, eine kleine Statue der Venus, ein großes Fernglas und ein Kasten mit silbernen Gabeln, Messern und Löffeln.

»Der alte Joshua trat ziemlich ungehobelt auf und trug immer nur einen Pullover und eine alte Hose«, sagte Professor Carswell. »Aber ich merkte, dass er recht gebildet war, und zum Essen benutzte er immer sein Silber. Nur hat er in den sieben Monaten, die er hier zubrachte, eigentlich nie was anderes getan als in unserem Gartenstuhl auf dem Rasen gesessen und Skizzen gemacht. Und dann malte er die ganze Nacht durch. Hier ...«

Der Professor nahm eine Segeltuchplane von einem Stapel in der Ecke ab und enthüllte zwanzig Gemälde. Alle Bilder zeigten das Häuschen und den Garten. Auf manchen war das kleine Haus ganz aus der Nähe erfasst, während es auf anderen so weit entfernt war, dass man nur die gestreifte Markise über der Veranda mit ihren Flicken erkennen konnte.

»Die sind nicht schlecht«, sagte Onkel Titus. Seine Augen leuchteten, als er den Blick über die Koffer, das Silberbesteck und die Ölbilder schweifen ließ. Nichts genoss Onkel Titus mehr, als Dinge einzuhandeln, die er in seinem Trödelmarkt wieder verkaufen konnte. Seine Frau, Justs Tante Mathilda, beklagte sich oft über die ausgefallenen Objekte, die er aufgabelte. Aber Onkel Titus war stets überzeugt, dass sich ein Käufer finden würde. Und für gewöhnlich behielt er recht.

»All das Zeug wollen Sie verkaufen?«, fragte Titus Jonas.

»Ja. Der alte Mann hat mir ja Mietschulden hinterlassen«, sagte Professor Carswell. »Manchmal bekam er aus Europa Geld geschickt, und an diese Anschrift schrieb ich dann, aber es kam keine Antwort, und es hat sich niemand hier gemeldet. Und ich brauche das Geld.«

Während Onkel Titus und der Professor den Preis aushandelten, schaute sich Justus mit einiger Enttäuschung die Habseligkeiten des Joshua Cameron an. Da war rein gar nichts, das wirklich wertvoll aussah.

»Was ist Mr Cameron zugestoßen, Hal?«, fragte er.

»Er wurde einfach krank«, sagte Hal Carswell. »Ich wollte ihm gern helfen, aber er hatte schon Fieberphantasien. Er brabbelte dauernd was von Leinwand und Zickzack. Der Arzt kam her und wollte ihn ins Krankenhaus einweisen, aber Mr Cameron starb vorher. Er war eben alt und krank.«

»Na«, sagte Peter, »unter seinen Sachen gibt es gewiss nicht viele, die einen Dieb interessieren würden, Just. Da hat sich wohl doch einer getäuscht.«

Justus nickte verdrossen. Sie luden Joshua Camerons Hinterlassenschaft auf den Lastwagen und fuhren auf der gewundenen Canyonstraße nach Hause. Als der Lastwagen an der Einmündung der engen Querschlucht vorüberfuhr, zog Justus die Stirn in Falten.

»Diebe irren sich normalerweise nicht in der Tür«, sagte der untersetzte Erste Detektiv nachdenklich.

»Wahrscheinlich werden wir nie genau erfahren, was der Kerl wollte«, sagte Peter.

»So wird es sein«, meinte Justus und seufzte.

Aber da hatten sich beide geirrt.

Kundschaft auf dem Schrottplatz

In der folgenden Woche arbeiteten Justus und der Dritte im Bunde der ???, Bob Andrews, einmal nachmittags auf dem Schrottplatz. Bob sah als Erster den langen gelben Mercedes in den Lagerhof einbiegen und vor dem Büro anhalten.

Ein kleiner eleganter Herr entstieg der Luxuskarosse. Sein graues Haar glänzte in der Nachmittagssonne wie Silber. Er trug einen weißen Sommeranzug mit blauseidener Weste. Er schwenkte ein dünnes schwarzes Stöckchen, und in seiner Hand blinkte etwas. Ganz kurz blieb er stehen und sah zu den Jungen hinüber. Dann strebte er zielsicher zum Büro der Firma Jonas.

Beide Jungen blickten dem geschniegelten kleinen Mann mit großen Augen nach. Justus räusperte sich.

»Da fällt mir ein – wir sollen ja Onkel Titus im Büro vertreten! Los, komm.«

Die Jungen liefen auf das Büro zu. Gerade als sie bei dem gelben Mercedes ankamen, öffnete sich die hintere Tür, und eine große schlanke Dame mit hochgetürmtem blaugrauem Haar stieg aus. Sie trug ein weißes Seidenkleid und eine schlichte Diamantbrosche. Mit majestätischem Blick musterte sie die Jungen von oben herab.

»Ich wünsche einen gewissen Herrn Titus Jonas zu sprechen. Ist er da?«

»Mein Onkel ist zurzeit nicht im Betrieb. Ich vertrete ihn hier, Madam«, erklärte Justus nun der majestätischen Dame.

»Tatsächlich? Bist du nicht etwas zu jung für eine solche Vertretung?«

»Ich glaube nicht, Madam«, sagte Justus mit fester Stimme.

»Gut.« Die Dame lächelte. »Ich schätze Selbstvertrauen, junger Mann.«

»Außerdem«, fügte Bob mit freundlichem Lächeln hinzu, »kommen nach fünf sowieso nicht mehr viele Kunden.«

Jetzt lachte die Dame. »Aufrichtigkeit schätze ich ebenfalls. Aber jetzt habt ihr wirklich einen Kunden. Mein Gutsverwalter, Mr Marechal, ist bereits in eurem Büro. Ich schlage vor, dass wir zu ihm gehen.«

Als die Jungen der eleganten Dame ins Büro folgten, trat der kleine Mann mit dem Silberhaar hastig von Onkel Titus’ Schreibtisch zurück. Justus stellte fest, dass das Wareneingangsbuch des Betriebs auf dem Schreibtisch lag, doch offenbar nicht am angestammten Platz.

»Armand«, sagte die Dame gebieterisch, »anscheinend vertreten diese Jungen hier den Geschäftsinhaber.«

»So?« Der Mann verbeugte sich vor den Jungen. Sie sahen, was draußen in seiner Hand geblinkt hatte – sein Stöckchen hatte einen dicken Silberknauf. »Dann werde ich unser geschäftliches Anliegen vorbringen. Die Gräfin wünscht die Hinterlassenschaft des verstorbenen Mr Joshua Cameron zu erwerben, die Professor Carswell an Sie verkauft hat. Wir werden selbstverständlich einen angemessenen Preis bezahlen, um Sie für Ihren Aufwand zu entschädigen.«

»Befindet sich im Nachlass etwas Wertvolles, Sir?«, fragte Justus beflissen.

»Leider nein – die Sachen besitzen nur Liebhaberwert«, sagte die große Dame.

»Die Gräfin ist Joshua Camerons Schwester«, setzte der Mann hinzu.

Bob platzte heraus: »Sind Sie wirklich eine Gräfin?«

»Ja, mein verstorbener Mann hatte den Grafentitel«, sagte die Gräfin mit einem Lächeln, »aber mein Geburtsname ist Cameron. Ich bin die jüngere Schwester des armen Joshua. Joshua war ein Sonderling und ein Einsiedler, und da ich zwanzig Jahre jünger bin, standen wir uns nicht sehr nahe. Dennoch schmerzt es mich sehr, dass er einsam in fremder Umgebung starb.«

»Es ist nämlich so«, sagte Mr Marechal, »wir waren bis vor wenigen Tagen in Afrika und erhielten jetzt erst Professor Carswells Brief, in dem er uns Joshuas trauriges Ableben mitteilte. Wir buchten sofort einen Flug in die Vereinigten Staaten, aber leider hatte Professor Carswell Joshuas Sachen schon an euch verkauft, um die Mietschulden zu decken. Eine geringe Summe, die wir mit Freuden verdoppeln werden, wenn der Nachlass in unsere Hände gelangt.«

»Wir holen die Sachen«, erklärte Bob. »Bitte einen Augenblick Geduld, Gräfin.«