Die drei ??? und die schwarze Katze (drei Fragezeichen) - William Arden - E-Book

Die drei ??? und die schwarze Katze (drei Fragezeichen) E-Book

William Arden

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Beschreibung

In einem kleinen Wanderzirkus wittern die drei Detektive Justus, Peter und Bob ihren neuesten Fall. Denn wenn ein finster aussehender Mann mit Gewalt eine hässliche Stoffkatze an sich bringen will, sie stiehlt und am nächsten Tag per Zeitungsanzeige weitere Katzen sucht, muss doch etwas dahinter stecken?

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und die schwarze Katze

erzählt von William Arden

Aus dem Amerikanischen übertragen von Leonore Puschert

Kosmos

Umschlagillustration von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage

der Gestaltung von Aiga Rasch

Aus dem Amerikanischen übertragen von Leonore Puschert

Titel der Originalausgabe: „Alfred Hitchcock and The Three Investigators in The Secret of the Crooked Cat“

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele weitere Informationen zu unseren Büchern, Spielen, Experimentierkästen, DVDs, Autoren und Aktivitäten findest du unter kosmos.de

© 2013, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on characters by Robert Arthur.

ISBN 978-3-440-14180-9

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Ein Wort zum Gruß

Willkommen, Krimi-Freunde!

Wieder einmal habe ich das Vergnügen, euch das jugendliche Freundestrio vorzustellen, das sich, »Die drei ???« (sprich: Die drei Detektive) nennt. »Wir übernehmen jeden Fall« lautet ihre Devise – und danach handeln sie, ob mit oder ohne Einladung. Vermutlich fingen sie deshalb auch das Herumschnüffeln in jenem Zirkus an, der Betriebsunfälle förmlich auf sich zu ziehen schien. So steckten sie denn ihre Nasen in die dunklen Geschäfte anderer Leute, kundschafteten das Geheimnis um eine schwarze Stoffkatze aus, spielten den Horcher an der Wand …

Doch es sei fern von mir, ihren jugendlichen Eifer zu verunglimpfen. Die Burschen sind schon in Ordnung, höchstens ein klein wenig zu neugierig. Falls dies eure erste Begegnung mit ihnen ist, sollte ich noch erwähnen, dass an Justus Jonas, dem schwergewichtigen Anführer der drei, bemerkenswerte Geistesgaben zu rühmen sind. Peter Shaw ist groß und muskulös, und seine Glanzleistungen liegen auf sportlichem Gebiet. Bob Andrews, der kleinste der drei, kümmert sich um die Recherchen und führt die Akten des Unternehmens; wo aber Gefahr droht, da beweist auch er Löwenmut.

Alle drei sind in Rocky Beach, einer kalifornischen Kleinstadt bei Hollywood, zu Hause. Ihre Aktionsbasis ist ein ausgedienter Campinganhänger auf dem Schrottplatz der Firma »Gebrauchtwaren-Center T. Jonas«, dem von Justs Onkel und Tante betriebenen Trödel-Großmarkt.

Hätten die drei ??? bedacht, dass jene mysteriöse Katze schwarz war und ihnen an einem Dreizehnten zum ersten Mal begegnete, so wären sie vielleicht nicht ganz so naseweis gewesen. Jedenfalls waren sie bei diesem Fall bis zuletzt vom Pech verfolgt. Doch mehr will ich hier nicht sagen. Auch ihr wollt gewiss dieses Vorwort hinter euch bringen und euch endlich der Geschichte zuwenden.

Albert Hitfield

Auf zum Zirkus!

Eines Nachmittags Anfang September waren Justus Jonas und Peter Shaw in Justs Werkstatt auf dem Schrottplatz eifrig beschäftigt. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Justus arbeitete und Peter schaute zu, und so sah Peter auch als Erster, dass Onkel Titus unter der Last zweier großer hölzerner Zuber mühsam angewankt kam.

»So, ihr Burschen«, verkündete Onkel Titus, während er die beiden Zuber vor ihnen zu Boden plumpsen ließ, »hier hab’ ich Arbeit für euch. Die Zuber müsst ihr mir anmalen, mit roten, weißen und blauen Streifen!«

Peter riss die Augen auf. »Streifen auf Waschzuber malen?«

»Muss es jetzt gleich sein, Onkel Titus?«, fragte Justus. Böses ahnend, blickte der stämmige Junge auf den Satz elektronischer Bauteile auf seiner Werkbank nieder. »Just baut gerade ein neues Spezial-Sondergerät für die drei Detektive«, erklärte Peter Mr. Jonas.

»Ah, eine neue Erfindung?« Für einen Augenblick vergaß Onkel Titus seine Waschzuber. »Was ist es denn, Peter?«

»Weiß ich’s? Sie kennen doch Justus«, erwiderte Peter.

»Ich bin hier nur der Handlanger. Wer wird mir schon was erzählen?«

Justus, der Chefdetektiv des jugendlichen Teams, zog es vor, seine Erfindungen geheim zu halten, bis er ganz sicher sein konnte, dass sie auch funktionierten. Misserfolge hasste er. Und ebenso hasste er es, ein begonnenes Vorhaben abbrechen zu müssen.

»Könnten wir die Dinger nicht später anmalen, Onkel Titus?«, erkundigte er sich unlustig.

»Nein, die müssen heute Abend fertig sein. Wenn ihr natürlich so beschäftigt seid, kann ich sie auch Patrick oder Kenneth geben.« Onkel Titus sprach von dem starken Brüderpaar aus Irland, seinen Helfern im Schrottlager. »Aber dann würden sie die Zuber auch abliefern. Das wäre nur recht und billig.«

Da wurde Justus hellhörig. »Ist denn irgendwas Besonderes mit dem Kunden, der die Zuber gekauft hat, Onkel Titus?«

»Ich weiß«, sagte Peter. »Sie sind für eine ganz national gesinnte Wäscherei!«

»Oder es sind Ausflugboote für Liliputaner!«, rief Justus fast zur gleichen Zeit.

Onkel Titus grinste. »Was sagt ihr dazu, wenn es Sitzgelegenheiten für Löwen sind?«

»Aber klar«, meinte Peter lachend. »Schließlich braucht jeder Löwe so eine rotweißblaue Sesselwanne …«

Justus wurde ernst. Blitzartig kam ihm die Erleuchtung. »Natürlich! Umgedreht und angemalt wären die Wannen prima Sitzpodeste für Zirkuslöwen!«

»Mensch – ein Zirkus!«, rief Peter aufgeregt. »Vielleicht dürften wir uns dort umsehen, wenn wir die Zuber hinbringen!«

Onkel Titus musste heimlich über die Wirkung seiner Mitteilungen lachen. »Na ja, es ist kein großer Zirkus, nur ein paar fahrende Schausteller und Artisten auf dem Rummelplatz vor der Stadt. Es gibt aber alles, Schaunummern, Fahrbetrieb und Schießbuden. Gestern Abend war hier in Rocky Beach die Eröffnungsvorstellung. Der Löwendompteur hat, soviel ich weiß, bei einem Brand die Podeste für seinen dressierten Löwen verloren. Weil er im Ort keinen Ersatz auftreiben konnte, rief er hier an, und da fielen mir die Wannen ein.«

Onkel Titus strahlte übers ganze Gesicht. Er rühmte sich stets damit, dass sein Altwarenhandel alle erdenklichen Lagervorräte führte, und am meisten freute es ihn, wenn sich ein scheinbarer Ladenhüter für einen Interessenten doch noch als wertvoll erwies.

»Ein solcher Wanderzirkus«, ließ Justus verlauten, »ist ein höchst originelles und faszinierendes Unternehmen, meist mit Familientradition über Generationen.«

»Sag doch einfach: es ist eine Gaudi, Just«, meinte Peter mit komischem Stöhnen. Der Zweite Detektiv vermochte Justs hochtrabender Ausdrucksweise nicht immer zu folgen. »Ich erinnere mich jetzt – Zirkus Carson! Ich hab’ gesehen, wie sie auf dem großen Platz beim Hafen aufbauten, neben dem Vergnügungspark, der vor einiger Zeit zugemacht wurde.«

»Vielleicht könnten wir mal hinter die Kulissen blicken«, sagte Justus.

»Also, worauf warten wir noch?«, rief Peter. »Ich hol’ die Farben, du besorgst die Spritzpistolen.«

Mit Eifer machten sich die Jungen ans Werk, und eine halbe Stunde später waren die beiden Zuber fertig bemalt. Während die Farbe trocknete, gingen Justus und Peter in ihre verborgene Zentrale, um nachzusehen, wie viel Geld sie auf dem Rummelplatz ausgeben konnten.

Die Zentrale war ein alter Campinganhänger. Hinter hohen Stapeln von Trödelkram versteckt, stand er in einer abgelegenen Ecke des Schrottplatzes. Nur über Geheimeingänge mitten durch den Trödel konnten ihn die Jungen betreten. Alle anderen hatten inzwischen vergessen, dass der Anhänger noch da war.

Als die Zuber trocken waren, radelte Peter zur Stadtbibliothek von Rocky Beach, um Bob Andrews von dem Wanderzirkus zu berichten. Bob, der Verantwortliche für Recherchen und Archiv bei den drei Detektiven, half während der Sommerferien stundenweise in der Bücherei aus. Das Vorhaben begeisterte ihn ebenso sehr wie Peter und Justus, und sobald er frei hatte, sauste er nach Hause. Alle drei schlangen hastig ihr Abendessen hinunter, und um halb acht waren sie auf dem Weg zu ihrem Ziel. Die bunt bemalten Zuber thronten schwankend auf je einem ihrer Fahrräder.

Schon als sie noch ein paar Straßenzüge weit weg waren, konnten sie die windschiefen Aufbauten und die halb zerfallene alte Berg-und-Tal-Bahn des geschlossenen Vergnügungsparks sehen. Gleich daneben, auf einem unbebauten Gelände am Ufer, hatte der Wanderzirkus seine Zelte aufgeschlagen. Es war noch nicht fürs Publikum geöffnet. Ein provisorischer Zaun umgab zwei breite Promenaden, an deren beiden Seiten sich Zelte, Holzbuden, Scooter und ein Karussell aufreihten. Lichter funkelten durch die frühe Dämmerung und lockend klang die Karussellmusik herüber. Das noch leere Riesenrad drehte sich schon. Zwei Clowns machten auf einem der Wege ihre Faxen. Alle bereiteten sich auf das Abendprogramm vor.

Bald fanden die Jungen das Zelt des Löwendompteurs. Sein prächtiger Schmuck war ein auffallendes rotes Banner, das weithin verkündete: »Der Große Iwan und Radscha – die beste Löwendressur der Welt!« Als sie eintraten, eilte ein großer Mann in leuchtend blauer Uniform und blanken schwarzen Stiefeln und mit stolz gezwirbeltem Schnurrbart auf sie zu.

»Ah, die Podeste! Ausgezeichnet! Gebt sie nur her!«

»Jonas hat alles, was Sie brauchen«, sagte Justus mit den Worten von Onkel Titus’ Werbespruch für sein Unternehmen.

Der Große Iwan lachte. »Das hört sich ja an, als wärest du einer unserer Anreißer, junger Mann!«

»Anreißer?«, wollte Peter wissen.

»Na, dann rate mal, mein Junge«, meinte der Große Iwan.

»Just weiß es todsicher«, verkündete Bob.

Nach Bobs und Peters Erfahrung kannte sich Justus wirklich auf allen Gebieten ein wenig aus, und der Chef der drei Detektive hielt auch keineswegs mit seinem Wissen hinter dem Berg.

»Ein Anreißer«, erklärte Justus, »ist ein Mann, wie er auf einem Rummelplatz vor den Buden oder Zelten steht und den Leuten erzählt, wie spannend es drinnen zugeht. Man könnte es eine Urform der Kundenwerbung nennen.«

»Sehr gut, junger Mann«, sagte der Große Iwan. »Diese Anreißer oder Ausrufer schwindeln manchmal auch, aber die guten haben das nicht nötig. Mein eigener zum Beispiel macht den Leuten nicht weis, Radscha sei eine reißende Bestie, sondern er erzählt ihnen einfach, was Radscha alles kann. Habt ihr schon einmal einen Löwen auf einem Trapez gesehen?«

»Hoppla! Kann Radscha Trapezkunststücke?«, fragte Peter eifrig.

»Gewiss«, brüstete sich der Große Iwan. »In einer Stunde ist die erste Vorstellung. Ich lade euch dazu ein. Vielleicht lässt sich Radscha sogar von euch streicheln.«

»Wir kommen bestimmt, Sir!«, versprach Bob begeistert. Draußen herrschte inzwischen allgemeiner Betrieb und die Ausrufer priesen den noch spärlichen Besuchern ihre Attraktionen an. Die Jungen fuhren Autoscooter, Riesenrad und zwei Runden Karussell. Ein Weilchen sahen sie sich die Kapriolen eines kleinen dicken Clowns an, und dann gingen sie zu den Wurf- und Schießbuden, wo man beim Pfeil-, Ball- und Ringewerfen sowie beim Luftgewehrschießen Preise gewinnen konnte.

»Das ist doch alles Schwindel, Freunde«, bemerkte Bob, nachdem er eine Weile zugeschaut hatte. »Und dabei sieht es so leicht aus.«

»O nein«, stellte Justus richtig, »es ist nur in Wirklichkeit viel schwieriger, als es aussieht. Mathematisch und physikalisch genau ausgeklügelt, Bob. Nach dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit …« Der Rest seiner Erklärung ging in einem plötzlichen Gebrüll vor ihnen unter.

»Das ist doch Betrug! Her mit dem Preis!«

Dicht vor ihnen stand ein großer älterer Mann mit einem Schlapphut. Er hatte einen starken buschigen Schnurrbart und trug eine Sonnenbrille, obwohl es schon fast dunkel war. Sein Geschrei galt dem blonden Jungen, der die große Schießbude betrieb. Plötzlich riss der Mann dem Jungen ein Stofftier aus den Händen und lief damit geradewegs auf die drei Detektive zu.

Der blonde Junge schrie hinterher: »Haltet ihn! Haltet den Dieb! Wache!«

Haltet den Dieb!

»Vorsicht!«, rief Peter. Seine Warnung kam zu spät. Der alte Mann blickte sich nach etwaigen Verfolgern um und prallte in vollem Lauf gegen Justus.

Beide fielen ineinander verknäult zu Boden.

»Autsch!«, stöhnte Justus.

Als sich die wenigen Neugierigen verlaufen hatten, kamen zwei Platzwachen herangeeilt. »He, Sie!«, rief einer der Wachmänner dem schnauzbärtigen Dieb mit der Sonnenbrille zu.

Der Dieb sprang als Erster auf, klemmte sich den gestohlenen Preis unter den Arm und zerrte Justus vom Boden hoch. In seiner freien Hand blitzte ein gefährlich aussehendes Messer.

»Kommt mir nicht zu nah!«, drohte er mit knarrender Stimme. Unbeholfen schleppte er Justus mit Gewalt der Ausgangspforte zu.

Bob und Peter mussten es starr vor Entsetzen mit ansehen. Die beiden Platzwachen versuchten dem Dieb den Weg abzuschneiden, aber er durchschaute sie. Immerhin war er für einen Augenblick abgelenkt, und Justus nützte die Gelegenheit, um sich loszureißen. Mit einem Fluch schnellte der Mann herum. Das unförmige Stofftier noch immer ungeschickt unter den Arm geklemmt, verlor er das Gleichgewicht; er stolperte, und die Hand, die das Messer hielt, streifte Justus an der Schulter. Dabei entfiel ihm das Messer.

Blitzschnell erkannte der Dieb, dass ihm keine Zeit blieb, das Messer aufzuheben. Er ließ Justus los und stieß ihn von sich, so dass der Junge auf die Wachen zutaumelte und stürzte. Dann lief er mit seiner Beute zum Ausgang. Justus rappelte sich hoch und schrie: »Los, ihm nach!« Die Jungen rannten hinter dem fliehenden Dieb her, gefolgt von den beiden Wachmännern. Der Mann mit dem Schnauzbart lief zum Ufer und verschwand hinter einer hervorstehenden Ecke des hohen Bretterzauns, der den verlassenen Vergnügungspark umgab. Inzwischen hatten die Wachen die Jungen eingeholt.

»So, ihr drei«, sagte einer der Männer. »Den nehmen wir uns jetzt vor.«

»Hinter der Ecke ist Schluss«, keuchte Peter. »Der Zaun geht bis zum Wasser hinunter. Er ist in die Falle gegangen!«

»Ihr bleibt mal hier«, wies der zweite Mann die Jungen an. Vorsichtig, mit gezogener Pistole, traten die beiden Wachen um die Ecke der Umzäunung. Die Jungen warteten. Nachdem die beiden Männer außer Sicht waren, blieb es lange Zeit still. Justus wurde ungeduldig.

»Da stimmt doch was nicht«, sagte der Erste Detektiv.

»Kommt mit, Freunde.«

Justus voran, gingen die drei vorsichtig um die Ecke des Bretterzauns. Gleich darauf blieben sie stehen – da standen nur die beiden Wachmänner. Der Dieb, der Kerl mit dem Schnauzbart, war verschwunden!

»Da war niemand«, sagte einer der Männer.

Verblüfft sahen sich die Jungen auf dem kleinen grasbewachsenen Platz um. Rechts war die hohe Bretterwand, links das Ufer zum Hafenbecken. Weiter hinten machte der Zaun eine scharfe Biegung und führte dann geradewegs bis ans Meer hinunter. Als spitzenbewehrtes Eisengitter setzte sich der Zaun sogar noch über das Ufer hinaus fort. Es gab keinen Ausweg außer dem Zugang, durch den sie selbst gekommen waren!

»Da habt ihr euch sicher geirrt«, sagte der Mann.

»Vielleicht ist er davongeschwommen«, war Bobs Vermutung.

»Dazu war die Zeit zu knapp, Junge. Dann hätten wir ihn im Wasser gesehen«, erwiderte der erste Wachmann. »Irgendwie hat er euch zum Narren gehalten.«

»Nein, ich hab’ ihn wirklich hier reinlaufen sehen!«, behauptete Justus mit Nachdruck.

Peter hatte sich inzwischen aufmerksam umgeschaut. Plötzlich rief der Zweite Detektiv: »Seht mal, hier!« Er bückte sich und hob etwas Großes von einer im Schatten liegenden Stelle auf. Es war das Stofftier, das der Mann mit dem Schnauzbart gestohlen hatte. Triumphierend hielt Peter es in die Höhe. »Also war er doch hier!«, erklärte er.

»Dann hat er es unterwegs weggeworfen«, sagte Bob. Verwirrt blickte er sich auf dem engen, ringsum abgeschlossenen Platz um. »Aber wie ist er hier rausgekommen?«

»Irgendwie ist er durch den Zaun«, sagte der erste Wachmann.

»Durch eine Lücke oder eine Tür«, ergänzte der zweite. »Vielleicht auch durch einen unterirdischen Gang«, meinte Peter.

Gemeinsam untersuchten sie den Zaun zu beiden Seiten des von außen her nicht einsehbaren Winkels, aber sie fanden nichts.

»Doch nicht«, bemerkte Justus. »Hier drinnen ist der Zaun durchweg in Schuss, und unten durch geht’s auch nirgends.«

»Dann muss er Flügel gehabt haben!«, verkündete einer der Wachmänner. »Das wäre der einzige Weg gewesen, von hier zu verschwinden, ohne uns vorn wieder zu begegnen.«

»Der Zaun ist mindestens vier Meter hoch«, sagte der andere Mann, »und er bietet nirgends Halt. Rüberklettern könnte da keiner.«

Sie blickten alle am Zaun hinauf. Justus sah sehr nachdenklich aus. »Wenn er nicht fortgeschwommen, weggetaucht oder davongeflogen ist, dann gibt es logischerweise nur noch eine Möglichkeit – er ist doch über den Zaun«.

»Das ist Quatsch«, widersprach einer der Männer.

»Mensch, Just«, sagte Peter, »wie sollte jemand ohne Hilfe über den Zaun da klettern? Hier ist ja nichts zum Draufstehen.«

Bob meinte: »Er kann nicht rübergeklettert sein, Justus.«

»Ja, so scheint es zwar«, sagte Justus, »aber es gibt nun einmal keine andere vernünftige Erklärung – also muss er’s doch getan haben. Wenn alles andere ausgeschlossen werden muss, dann ist das, was übrig bleibt, die Lösung, auch wenn sie unmöglich erscheint.«

Nun, wie klettert man wohl eine mehrere Meter hohe Bretterwand hoch? Über viele Seiten Lektüre habt ihr nun Zeit zum Spekulieren, Rätseln, Kombinieren … Verliert dabei nicht den Boden unter den Füßen und lasst euch sagen: ein fester Halt und eine enge Verbindung zu den Tatsachen sind für Vorankommen und Aufstieg stets unerlässlich.

»Na, jedenfalls ist er weg«, sagte einer der Wachmänner. »Wir gehen am besten zurück. Und den Preis bringen wir wieder hin.«

Er streckte die Hand nach dem Stofftier aus, das Peter im Arm hielt. Da wandte Justus seinen Blick von der soliden Bretterwand weg dem Mann zu.

»Den Preis würden wir gern selber zurückbringen, wenn Sie nichts dagegen haben«, sagte der Erste Detektiv. »Wir wollten sowieso gerade an der Schießbude was gewinnen.«

»Na schön«, sagte der Wachmann. »Ihr bringt das Ding zurück, das spart uns schon Zeit. Den Dieb werden wir bei der Polizei anzeigen.«

Als die Wachen sich auf dem Rückweg zum Rummelplatz von ihnen getrennt hatten, sagte Peter: »Das ist mir neu, dass wir an der Schießbude was gewinnen wollen, Chef.«

»Ist ja auch egal«, gab Justus zu, »aber ich möchte eben gern erfahren, warum der Kerl auf den Jungen in der Schießbude losgegangen ist und den Preis gestohlen hat.« Er zeigte auf das ausgestopfte Tier, das Peter trug, und da erst sahen die Jungen es sich richtig an. Peter riss verdutzt die Augen auf, als er das Ding, das er da im Arm hielt, genauer betrachtete. »Mann, das ist ja der letzte Heuler!«

Es war eine schwarze, fast meterlange Stoffkatze. Ihre Beine waren grotesk verrenkt und der Körper krümmte sich zu einem hohen Buckel. Sie fletschte die spitzen weißen Zähne, ein Ohr hing schlapp herunter, ein grünes Auge blickte wild drein, das andere war zugekniffen. Das Tier trug ein mit Glassteinen besetztes rotes Halsband. Es war das verdrehteste, ungeheuerlichste Katzenvieh, das sie jemals gesehen hatten.

»Das ist schon ein Ding«, stimmte Justus zu. »Ich möchte nur wissen, warum der Mann so dahinter her war!«

»Vielleicht sammelt er Stofftiere«, warf Bob ein. »Mein Daddy sagt, einem Sammler sei jedes Mittel recht, um zu kriegen, was er haben will.«

»Der soll Stofftiere sammeln?«, spottete Peter. »Aus Schießbuden? Das ist doch verrückt, Bob. Was ist so ein Vieh schon wert?«

»Ach, wisst ihr«, gab Justus zu bedenken, »das hört sich vielleicht sonderbar an, aber Sammler sind manchmal schon komische Leute. Da gibt es Reiche, die gestohlene Gemälde kaufen, auch wenn sie die dann verstecken müssen. So was nennt man eine Manie, und Sammler mit einer solchen Manie schrecken vor nichts zurück. Aber ich glaube nicht mal, dass unser Dieb zu diesem Sammlertyp gehört. Mir kommt er eher vor wie einer, der nicht verlieren kann. Vielleicht glaubte er sich auch als Gewinner um seinen Preis geprellt und ist deshalb so wild geworden.«

»Wenn uns das passiert wäre, hätte uns auch die Wut gepackt«, räumte Peter ein, »aber so gewalttätig hätten wir deshalb nicht reagiert.«

Jetzt waren sie bei der Schießbude angekommen und der blonde Junge hinter der Galerie begrüßte sie lebhaft.

»Da habt ihr ja meine Katze wieder! Habt ihr den alten Mann erwischt?«

»Der ist weg«, sagte Peter, »aber die Katze hat er unterwegs verloren.« Er reichte dem Jungen das Katzenungetüm hinüber.

»Hoffentlich schnappt ihn die Polizei«, sagte der Junge zornig. »Er hat nämlich nur drei von den fünf Enten umgelegt! Der typische schlechte Verlierer. Toll, wie ihr hinter ihm her wart!« Er grinste. »Ich bin Andy Carson und ich führe die Bude hier. Seid ihr auch vom Bau?«

Bob zwinkerte. »Von was, Andy?«

»Er will wissen«, erklärte Justus, wie stets im Bilde, »ob wir Kollegen vom Bau sind, also vielleicht von einem anderen Wanderzirkus.«

»Nein, Andy, wir wohnen hier in Rocky Beach. Ich heiße Justus Jonas, und das sind Bob Andrews und Peter Shaw.«

»Freut mich sehr«, sagte Andy. Dann setzte er stolz hinzu: »Ich bin vom Bau. Und zwar richtig gelernt, nicht bloß Stift oder Handlanger.«

»Ah, dann bist du schon selbstständiger Schausteller. Das trifft man aber nicht oft, Andy!«

»Na ja«, meinte Andy verschmitzt, »meinem Daddy gehört nämlich der Zirkus. Aber er sagt, ich könnte heute schon überall in der Branche mitmachen. Sagt mal, ihr drei, möchtet ihr nicht euer Glück versuchen?«

»Das schwarze Katzenvieh würde ich gern gewinnen!«, rief Peter aus.

»Dann könnten wir es zu unserem Maskottchen machen«, sagte Bob.

»Ja, als Symbol für unsere verzwickten Fälle«, bekräftigte Justus. »Auf, Peter, probier’s mal.«

Andy Carson grinste. »Du musst auf fünf Schuss fünf Treffer erzielen, wenn du die schwarze Katze gewinnen willst. Sie ist ein Hauptpreis. Es ist nicht einfach, aber es ist zu schaffen. Bis jetzt habe ich vier Katzen hergegeben.«

»Dann gewinne ich die fünfte«, verkündete Peter und griff nach einem Gewehr an der Brüstung des Stands.

Doch Andy sprang mit vorgestreckter Hand auf Peter los. »Halt!«, schrie er.

Gefahrvoller Augenblick

»Was ist denn los, Andy?« Peter war stutzig geworden.

Andy grinste und setzte sich einen Strohhut auf. »Nicht so hastig, junger Mann. Dein Tatendrang im Hinblick auf diese Geschicklichkeitsprobe ist bewundernswert, jawoll, aber zuvor tut es noch Not, dass du deinen Obolus entrichtest, und zwar in klingender Silbermünze und gültiger Währung, macht fünfundzwanzig Cent, einen Vierteldollar. Nur ein Scherflein – und Bahn frei für deine Kunstfertigkeit. Fünf mal fünf Cent nur – und fünf Schuss hast du dafür frei. Komm näher ran, Junge, hier kann jeder gewinnen! Zeig uns deine ruhige Hand und dein Adlerauge. Platz da für einen Meisterschützen! Fünf kleine Treffer holen den großen Preis herunter, diese einzigartige, noch nie dagewesene, fantastische schwarze Katze!«

Die Jungen mussten lachen, und Peter fischte eine Münze aus seiner Tasche. »Na hör mal«, sagte Bob, »redest du immer so?«

Da strahlte Andy. »Mein Daddy sagt, ich hätte Zirkusblut in den Adern. Er meint, ich bin die geborene Quasselstrippe.«

»Das kann man wohl sagen«, entgegnete Bob. »Kannst du uns davon nicht auch was beibringen?«

»Tja, mein Lieber«, meinte Andy gedehnt und mit feierlicher Miene, »da sind zunächst viele Jahre des Studiums beim Großen Lama von Nepal notwendig. Im Anschluss daran könnte dann wohl zu gegebener Zeit eine kleine Schulung zu ermäßigter Gebühr ermöglicht werden. Nur wenige Auserwählte können allerdings der Ehre teilhaftig werden.«

Die Jungen grinsten sich eins, während Andy ein wahres Kabinettstückchen seines blumenreichen Wortschatzes zum besten gab. Andy konnte dabei selbst nicht ernst bleiben, so hingerissen war er von seiner eigenen Redekunst.

»Doch nun«, schloss er mit theatralischer Geste, »tretet zur Seite, gebt Raum dem jungen Nimrod, der seine Kunst zeigen möchte. Schieß ab, was dir gefällt, Peter!«

Peter nickte und nahm eines der Gewehre hoch. Er fasste die Zielobjekte kurz ins Auge, dann zielte er rasch auf die scheppernde Prozession der mechanisch gesteuerten Enten und schoss hintereinander drei davon ab. Andy klatschte in die Hände. »Gut, Peter! Und nun gib Acht, du hast nur noch zwei Schuss!« Peter feuerte wieder und traf die vierte Ente.