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Die Existenz eines ritterlichen beziehungsweise freiherrlichen Geschlechtes VON UTZI(N)GEN ist eine durch mehrere Urkunden belegte historische Tatsache. Im vorliegenden Werk werden alle Fakten zusammengetragen und dargestellt, die Antworten zu den bis dato offenen Fragen zur Geschichte der Edlen von Utzigen geben können. Insbesondere wird dabei auch auf die Frage nach dem Standort einer früheren Burg der Ritter von Utzigen eingegangen. Ausgewählte Stellen aus Publikationen zum vorliegenden Thema weisen die Interessierten auf weiterführende Literatur hin, wo detaillierte Informationen in Wort und Bild zu finden sind. Lehrpersonen von Sekundar- und Fachmittelschulen sowie von Gymnasien möchte ich animieren, auf der Grundlage dieses Buches die Geschichte des Mittelalters im Grossraum Bern zu thematisieren: Durch Exkursionen zu den nahe gelegenen Stätten der damaligen Burgen, Schlösser und Herrschaftshäuser, die teilweise nur noch als Ruinen oder zurück gelassenen Spuren im Gelände zu sehen sind, kann der Geschichtsunterricht direkt vor Ort und damit sehr anschaulich durchgeführt werden.
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Allen Personen und Institutionen, die diese Publikation unterstützt haben, spreche ich hiermit meinen herzlichen Dank aus.
Ittigen b. Bern, im April 2023 Dr. Heinz J. Moll
Einleitung
1.
Erste Spuren
2.
Grundherrschaft im Kanton Uri
3.
Die Edlen von Utzigen auf Gutenburg
4.
Adelsfamilien im Umfeld der Edlen von Utzigen
4.1. Die Froburger
4.2. Die Grünenberger
4.3. Die Gutenburger
5.
Die Frage nach dem vorgesetzten Dienstherrn
5.1. Der Nachlass der Zähringer
5.2. Neu-Kyburg und Habsburg
6.
Notabeln der ‘von Utzigen’ um die Wende vom 14. ins 15. Jahrhundert
6.1. Niklaus von Utzigen im Kloster St. Gallen
6.2. Konrad von Utzigen - Schlacht bei Sempach
6.3. Peter von Utzigen, Bürger von Bern, Vogt von Trachselwald und Wangen
6.4. Elisabeth von Utzigen, Stellvertreterin der Äbtissin von Zürich
6.5. Heinrich von Utzigen, Turmherr zu Zofingen
7.
Genealogie - Verwandtschaftliche Beziehungen
7.1. zu den ‚von Balm‘
7.2. zu den ‚von Grünenberg‘
7.3. zu den ‚von Rüssegg‘
7.4. zu den ‚von Erlach‘ und ‘von Strättligen’
7.5. zu den ‚von Stein’
7.6. zu den ‚von Teufen’
8.
Das Wappen derer von Utzigen
9.
Die Burgstelle
9.1. Strategische Lage
9.2. Besitzverhältnisse
9.3. Topographie
9.4. Bauweise
9.5. Geologie und Hydrologie
9.6. Fundmaterial
Literatur- und Quellenverzeichnis
A./in.
Aussteller/in (einer Urkunde)
ADB
Archäologischer Dienst des Kantons Bern
auf B.
auf Bitte
AG
Aargau (Kanton)
Bd.
Band
BE
Bern (Stadt oder Kanton)
erw.
erwähnt (im Jahr XXXX)
Fontes Rerum
Bernensium (FRB)
Quellensammlung zur bernischen Geschichte, die mit
antiken Quellen zum heutigen bernischen Raum
beginnt und vor allem mittelalterliche Urkunden bis ins
Jahr 1390 enthält.
Gde.
Gemeinde
Gfr.
Geschichtsfreund
Gl.
Gulden
Hrsg.
Herausgeber
Hl.
Heilig
HLS
Historisches Lexikon der Schweiz
Jb.
Jahrbuch
Jh.
Jahrhundert
lat.
Lateinisch
LU
Luzern (Kanton)
Or. (ib.)
Original (ebenda)
Pg.
Pergament
Pfennig
Pfund
QW
Quellenwerk(e)
Reg.
Regesten
Schildwappen
β
Schilling
S.
Siegler und Siegel
Schw. /schw.
Schweizerischer / schweizerisch
SO
Solothurn (Stadt oder Kanton)
StA
Staatsarchiv
UR
Uri (Kanton)
Urk.
Urkunde(n)
Z
Zeugen
ZH
Zürich (Stadt oder Kanton)
Fotografien:
Sämtliche Fotografien, bei denen kein anderer Quellenverweis gemacht wird, stammen vom Autor.
Titelbild: Das Wappen derer von Utzigen in vier Varianten (s. Kapitel 6.)
Im Rahmen der Vorbereitungsarbeiten für Begehungen des Dachshölzli in Vechigen BE mit dem Metalldetektor, die durch den ADB angeregt und auch bewilligt wurden, fiel dem Autor nordöstlich des Zentrums von Boll (Gde. Vechigen) eine eigenartige Geländeformation auf, die ihn zu weiteren Nachforschungen motivierte.
Abb. 1 Die westliche Seite des Diessenbergs oberhalb von Boll (Gde. Vechigen). LIDAR-Relief1
In der ‘Geschichte der Gemeinde Vechigen’2 ist en Abschnitt den «Hohlwegen» im Diessenbergholz gewidmet. Eine Übersichtskarte (s. Abb. 106) zeichnet den Verlauf der «Hohlwege» auf.
Da seinerzeit noch keine so modernen Technologien wie LIDAR1 zur Erforschung der Geländetopografie zur Verfügung standen, erstaunt es nicht, dass offenbar niemand auf die Idee gekommen ist, dass es sich bei den als «Hohlwege» bezeichneten, teilweise bis über 10 Meter tiefen Einschnitten im Gelände nicht nur um frühere Wege handeln kann.
Die Betrachtung des südlichen Diessenbergholzes auf der mit LIDAR erfassten Karte (Abb. 1) bestätigt zwar die auf Abb. 2 dargestellten, von Menschenhand geschaffenen Geländedeformationen, zeigt jedoch quasi im Kern ein länglich-ovales Rundgebilde, das auf der östlichen Seite offensichtlich durch die Spur der Strasse nach Utzigen gestört bzw. verändert wurde und dessen Terrain teilweise auch abgerutscht ist (s. dazu detaillierte Erläuterungen an späterer Stelle).
Einen runden Kilometer Luftlinie entfernt von der besagten Stelle liegt das Schloss Utzigen, ein Repräsentativbau, der anno 1664 durch Samuel Jenner erbaut wurde. Nach einem Bau mit defensivem Charakter, also einer eigentlichen Burg, deren erste Besitzer die Ritter von Utzigen gewesen sein müssten, wird jedoch bis heute noch gesucht. Dies hat den Autor zur Hypothese geführt, dass es sich beim länglich-ovalen Rundgebilde, das auf der LIDAR-Karte erkennbar ist, um die seit langem gesuchte Burgstelle handeln könnte.
Abb. 2 Eine dreidimensionale Darstellung des südlichen Diessenbergholzes zeigt das länglich-ovale Rundgebilde sehr deutlich (rechte Bildhälfte). Nordwestlich davon sind zudem die tiefen Einschnitte von Strassen- bzw. Wegführungen zu erkennen.
Im vorliegenden Werk werden alle Fakten zusammengetragen und dargestellt, die Antworten zu den bis dato offenen Fragen zur Geschichte der Edlen von Utzigen geben können. Insbesondere wird dabei auch auf die Frage nach dem Standort einer früheren Burg der Ritter von Utzigen eingegangen.
Im Verlauf der Jahrhunderte wurden verschiedenen Schreibweisen des Ortsnamens ‚Utzigen‘ (z.B. Uozingen, Uzingen, Utzingen, Uzigen) verwendet. Im vorliegenden Werk wird, mit Ausnahme von jenen Stellen, wo der Originaltext von alten Dokumenten wiedergegeben wird, die heute offizielle Version ‚Utzigen‘ verwendet.
2 Müller Peter, ‘Archäologisches’, in: Geschichte der Gemeinde Vechigen, S. 121, Abb. 7 (1995)
Die Existenz eines ritterlichen bzw. freiherrlichen Geschlechtes ‘von Utzi(n)gen’ ist eine durch mehrere Urkunden belegte historische Tatsache:
Am 23. Dezember 1257 schlichtet Graf Rudolf von Habsburg in Altdorf UR auf Bitte der Landleute von Uri die tödliche Fehde zwischen den Geschlechtern der Izeling und Gruoba. Zwanzig Mann aus jedem Geschlecht beschwören die Sühne; wer aus dem einen Geschlecht sie bricht, ist dem Grafen und dem andern Geschlecht je 60 Mark schuldig unter Bürgschaft der Zwanzig, ist meineidig, in des Papstes Bann, des Reichs Acht und des Bischofs Bann, ehrlos und rechtlos und soll wie ein Mörder gerichtet werden. Es siegeln der Graf und die Landleute. Zeuge war unter anderen „Herr Ortolf von Uozingen“, zusammen mit den Herren von Wolhusen, Balm und Baldegg.3
Abb. 3 Die früheste Erwähnung des ‚Ortolf von Uozingen‘4 weist ihn als Zeugen bei einem Landverkauf aus, der durch den Grafen von Froburg bestätigt wurde.
1261 befand sich Ortolf I. von Utzigen im Kirchenbann, weil er das Kloster St. Urban geschädigt hatte. Um den Folgen der Exkommunikation zu entgehen, gelobte Ortolf I. noch im selben Jahre, sich einem Schiedsgericht zu unterziehen. Sollten die Parteien sich nicht einigen können, würde der Graf von Frohburg entscheiden müssen. Es muss zur Einigung gekommen sein, denn der Propst von Zofingen, als päpstlicher Bevollmächtigter, entliess den streitbaren Ritter wieder aus dem Bann.
Abb. 4Ortolf von Utzingen5 findet man dann bereits ein Jahr später im Zusammenhang mit einem Schiedsspruch in einer Streitsache mit dem Kloster St. Urban.
Abb. 5 Drei Jahre später ist ‘Johannes von Uzingen’ bei der Abfassung einer Schenkungsurkunde als «Inhaber» (Ehefrau) einer Tochter des Ludwig NN erwähnt, der wiederum ein Diener des Rudolf Frieso war.6
Zu den Datenangaben der beiden Urkunden:
1) In Bezug auf den Jahresanfang galten verschiedene Stile: In den Bistümern Basel, Konstanz und Chur sowie im deutschsprachigen Teil des Bistums Lausanne galt der sogenannte Natalstil (25. Dezember).7
2) Weil die Urkunde sehr wahrscheinlich in Bern ausgestellt worden, darf hier nicht Natal-, sondern muss Annuntiationsstil angenommen werden. Im französischsprachigen Teil der Diözese Lausanne war im 11. und 12. Jh. auch der Natalstil in Gebrauch; im Laufe des 13. Jh. setzte sich aber der Annuntiationsstil (25. März) durch, der in der bischöflichen Kanzlei bis 1536 angewandt wurde.
Abb. 6 Auch die Regesten der Archive in der schweizerischen Eidgenossenschaft8 enthalten den Hinweis auf diese Urkunde aus dem Jahr 1264.
3 Schiess Traugott (Bearb.), Quellenwerk zur Entstehung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Abt. I, Bd. 1, Nr. 825, S. 394ff (1933)
4 FRB 2, 480., S. 499 (1260)
5 FRB 2, 509., S. 532f (1261)
6 FRB 2, 571., S. 616 (1264)
Mehrere Adlige, die über Besitz in Uri verfügten, stammten aus dem Gebiet zwischen Brienz und Bielersee, also dem burgundischen Rektorat der Zähringer. - Die ‘von Utzigen’ lassen sich allerdings nicht direkt bis in die Zähringerzeit zurückverfolgen. Das Geschlecht erscheint erst seit 1250 mit dem erwähnten Ortolf, der sich im Siegel nach der Gutenburg (Amtsbezirk Aarwangen) nannte. Dagegen ist die Familie seiner Gattin Elisabeth von Balm bis ins 12. Jh. nachzuweisen.
Eigengüter der Herren von Utzigen lagen bei Altdorf. Bei ihnen ist der Name der Familie auf die Güter übergegangen. Die «villa Uozingen», aus der 1277 die Brüder Burkhard und Ortolf von Utzigen Güter ans Kloster Rathausen verkauften, lag unmittelbar südöstlich von Altdorf. Ihr Gebiet erstreckte sich der alten Klausenstrasse entlang (heute Hellgasse) bis an die Grenze von Bürglen. Darüber hinaus verfügten die Herren von Utzigen wohl noch über Streubesitz im Schächental9 in Unterschächen gibt es eine ‚Utzingermatt‘). Wenn auch ihre Güter wohl nicht sehr umfangreich waren, so befanden sie sich doch in wichtiger Verkehrslage.
In einer Urkunde vom 14. März 131710, erstellt in Altdorf UR, wurde die «Mühle zu Utzingen» explizit aufgeführt:
«Heinrich Zungg, Conrad von Wolfenschies, etc., all Inwohner des Urnerthalls, statten mit Hilfe der Einwohner des Tales und besonders der Untertanen der Kirche zu Altdorf, der Dreifaltigkeit und der Mutter Gottes zu Ehren und zum Seelenheil ihrer Eltern, Vorfahren und Wohltäter, den Altar Unsrer lieben Frau in der Pfarrkirche des Tales Uri, mit nachstehenden jährlichen Zinsen aus, damit davon ein ewiger kaplan oder priester unterhalten werde. ….
…Walther Fürste 2 δ von matten bey der mùlle zu Utzingen» (Utzingen b. Altdorf UR)
Abb. 7 In Altdorf UR zeugt noch heute der ‘Utzigmattweg’ von der früheren Bezeichnung ‘Utzigen’ für den betreffenden Ortsteil. Zudem befindet sich knappe 400m von der ’Utzigmatt’ entfernt die ’Turmmatt’, wo noch im 19 Jh. Überreste eines unregelmässigen viereckigen Turmes auf die frühere Existenz einer Burg hingewiesen haben. 11 / 12
„Ausserhalb Altdorfs, in der Richtung nach Bürglen, befanden sich noch vor etwa 20 Jahren in einer Matte, Thurmmatte genannt, Überreste eines unregelmässig viereckigen Turmes, der bei m 13 grösster Länge durchschnittlich mil Breite besass. Der Mauerstock hatte noch etwa 3 Meter Höhe, jetzt noch etwa 1 m; die Mauerdicke betrug ungefähr 1,50 m. Es soll hier eine Burg der Herren von Uzingen gestanden haben; worauf sich diese Mutmassung gründet, ist unbekannt. — Sonst sassen die ‚von Uzingen‘ zwei Stunden östlich von Bern am Südfuss des Bantiger.“12
Abb. 8 Sogar auf der aktuellsten Karte der swisstopo ist die Flurbezeichnung ‘Birenbäumli’ (s. FRB, Bd. 3, Nr. 205; Urkunde vom 9.3.1277) ca. 2 km östlich von Bürglen im urnerischen Schächental noch zu finden (s. blauer Pfeil).
Abb. 9 Beim Weiler Unterschächen ist ebenfalls in der aktuellsten Karte der swisstopo ist die Flurbezeichnung ‚Utzigmatte‘ eingetragen.
Abb. 10 Der Hinweis von Brandstetter16 betreffend Burkard Leibaniet und den Hanel mit dem Koster Rathausen.
Abb. 11 Tschudi zählt die Namen der Edelgeschlechter in der Innerschweiz auf und lässt keinen Zweifel offen, dass diese auf der Seite der Landleute stehen und bei der Obrigkeit der kaiserlichen Vögte bis hinauf zum König in Missgunst stehen – Wir zählen das Jahr 1291!13
Urkunde vom 9. März 1277 / Zofingen14
Die Brüder Burkhard und Ortolf von Utzingen1 (Uzingen) verkaufen gewisse bisher ungeteilte Güter ihres Eigenbesitzes im Dorf Utzigen2 vor dem Haus des Bur(khart) Leibaniet3 und ihr Eigengut Birbomli der Äbtissin Bertha und dem Konvent von Rathausen um 38 Zürcher Währung als rechtes Eigen, geloben für sich und ihre Erben Währschaft und leisten Verzicht. - Zeugen: frater Ûl. quondam abbas de Aurora, Io. maior cellerarius Sancti Urbani, B. custos+, Ul. dictus Muntman, R. de Mûrbach, H. de Ifendal sechs canonici Zovingenses, H. senior, Ül. et Io. de Ifendal milites, la. de Vischebach, Anshelmus Berwardi, Bur. dictus Illenbrecht, H. dictus Böngartere burgenses in Zovingen u. a. Es siegeln die Verkäufer und der Kustos von Zofingen. — Actum et datum apud Zovingen 1277 vij. idus Marcii, indict. v a.
1) Der Bruder Ortolf nennt sich auf dem Siegel „von Gutenberc", Gutenburg, (Amtsbezirk Aarwangen BE) s.15; 2) Für die Beziehung auf Utzigen (Thurmatt), Gde. Altdorf, Kt. Uri, die auch Brandstetter16, vertritt, spricht die Erwähnung von 3) Burkhart Leibaniet, der nach dem ältesten Rathauser Urbar anscheinend den Besitz des Klosters in Uri verwaltete und selbst dort Besitz hatte; am 10. Aug. 1282 wird er als Bürger von Luzern bezeichnet.
Abb. 12 Anno 1277 werden die beiden Brüder Burchard und Ortolf von Utzingen im Rahmen eines Güterverkaufs erstmals gemeinsam erwähnt; die Urkunde trägt zudem deren Siegel. Man beachte, dass sich hier Ortolf 'de Guotenberg' nannte. 17
Es ist bekannt, dass seinerzeit unter den Herzögen von Zähringen Adelsgeschlechter aus dem Aaregebiet in den Kanton Uri ‚verpflanzt‘ wurden. Im Zuge dieser Umsiedlungen könnten auch die von Utzigen in den Kanton Uri gelangt sein.
Im heutigen Kanton Uri gab es also auf engstem Raum eine ganze Reihe zähringischer Ministerialen, sicher auch in gegenseitigen verwandtschaftlichen Beziehungen stehend, die in Uri mit Aufgaben betraut worden sind, Güter bekamen und z. T. wie die Attinghausen, Utzigen, Seedorf, Wiler u. a. sich dort niederliessen.
Die Güter der burgundischen Adelsfamilien, die ihnen durch die Zähringer überwiesen worden sind, müssen dem Reichsgut zugezählt werden. Wenn 1277 die Herren von Utzigen ihr Gut als Allod bezeichnen, darf dem keine Bedeutung mehr zugemessen werden. Eine Verleihung fand ja längst nicht mehr statt. Das Reichsgut war tatsächlich zu Eigengut geworden.
Von den weltlichen Grundherren, die durch die Zähringer nach Uri verpflanzt worden waren, blieb bis zum Ende des 13. Jh. neben den Herren von Utzigen noch eine einzige Familie übrig: die Attinghausen.18
Die Heimat einer weiteren Gruppe von adeligen, in Uri begüterten Familien ist im kleinburgundischen Raum zu suchen. Das bedeutendste dieser Geschlechter, die Freiherren von Grünenberg (s. auch S. 60), deren vermutlich recht umfangreicher Besitz in Uri - sie hielten sich hier noch 1248 einen Ammann - sich nicht bestimmen lässt, hatte schon vor 1224 Güter und Freie "in Hueren" der Zisterzienserabtei St. Urban übergeben - vielleicht diejenigen Besitzungen, die St. Urban vor 1246 mit Wettingen gegen Güter in Luzern tauschte. Die restlichen Besitzungen gelangten bis 1248 in den Besitz des Klosters Wettingen. Die Grünenberger, mit denen sich im 14. Jh. der Berner Zweig der Attinghausen verschwägerte, erscheinen mit Ausnahme einer von Plüss nicht erwähnten ''Domina Willebirg de Gruonnenberg"19 in Uri sonst nicht urkundlich. Bei den Grünenbergern scheint vor 1224 eine Güter-trennung vorgenommen worden zu sein: Obwohl Eberhard von Grünenberg der Abtei St. Urban vor 1224 seinen gesamten Besitz in Uri schenkte, waren seine Brudersöhne noch in den vierziger Jahren Besitzer nicht namentlich erwähnter Güter. Der Vater der Gebrüder Eberhard und Ulrich, Heinrich I., ist vor 1224 verstorben. Daraus darf geschlossen werden, dass der grünenbergische Besitz in Uri einerseits ebenfalls mindestens in die zähringische Zeit reicht und anderseits trotz der unbedeutenden urkundlichen Erwähnung einen beachtlichen Umfang aufgewiesen hat.
Der Utziger Besitz im Kanton Uri erstreckte sich der Klausenstrasse entlang bis an die Grenze von Bürglen. Im Gegensatz zu Durrer, der die Freiherren von Utzingen zu den grössten Grundbesitzern in Uri zählt, meint Kläui, ihr Besitz sei nicht sehr umfangreich gewesen, jedoch an wichtiger Verkehrslage gelegen. Noch im 19. Jh. standen zudem ausserhalb Altdorfs in Richtung Bürglen in einer Matte, Thurmmatte genannt, Überreste eines unregelmässigen viereckigen Turmes. Hier soll eine Burg der Herren von Utzingen gestanden haben (s. Kartenausschnitte in Abb. 8 und 9 sowie 12). in Vertreter derer von Utzigen erscheinen regelmässig noch im 14. Jh. in urnerischen Urkunden wie auch im Jahrzeitbuch von Seedorf.20
Im Seedorfer Jahrzeitenbuch21/22 aus der Mitte des 13. Jh. sind vier Personen mit dem Namen 'von Utzingen' zu finden:
Schwester Hemma von Utzingen + 29. Januar 13XX
Konrad von Utzingen + 2. Mai 16XX
Heinrich von Utzingen «Iuxta Ripam» + 4. August 12XX
Burchard von Uzingen + 11. Oktober 15XX
Die genauen Todesjahre sind leider nicht aufgeführt, wie dies bei anderen Nekrologen auch der Fall ist.
Auch der Historiker Aegidius Tschudi erwähnt die Edlen ‚von Utzingen‘ in seiner Chronik mehrmals, insbesondere auch deren Rolle in Uri:
«Es krieget ouch diser zit herr (folgt durchgestrichen: Ulrich) Ortolf von Utzingen frijherr bürtig uss dem land Uri der ouch etlich sitz im Ergöw hat wider den abt und convent des gotzhus zû Sant Urban im Ergöw. Er hat ein bürg bi Langental im Ergöw Gûtenburg genannt, und sprach dem gotzhus etwas rechtung an, vermeint siner gemelten bürg zugehörig ze sinde, naras dem gotzhus mit gwalt über des abts rechtbieten, das klagt der abt künig Heinrichen. Do gebot der künig denen von Solotorn, das si her Ortolf en bekriegen und tämmen söltind. Also zugend si imm für sin schloss Gûtenburg, erobertends mit gwalt und zerstörtends. Dieser io her Ortolf hat zwen sitz sins stammens erblich, Utzingen in Uri und Utzingen die bürg (!) bi Burgdorf in mindern Burgunden ergöwischem Kreis …» 23
* Dazu Fassung in ‚Chronicon la S. 478f.‘, nach deren Angaben aber Ortolf sin erbsitz Utzigen nach bi Burgdorf im burgundischen Ergöw hat und noch nicht als bärtig uss dem land Uri bezeichnet wird. - Angaben in Übereinstimmung mit den «Antiquitates sancti Urbani», die Stumpf im