Herkunft und Geschichte der Moll-Familien im Kanton Solothurn - Heinz J. Moll - E-Book

Herkunft und Geschichte der Moll-Familien im Kanton Solothurn E-Book

Heinz J. Moll

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Beschreibung

Die Frage nach ihrer Herkunft hat die Menschen schon immer beschäftigt. Insbesondere gilt dies für die eigene Familie und deren Vorfahren. - Es ist durchaus möglich, mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln und durch Recherchen bei bestimmten Institutionen die Geschichte der eigenen Familie zu erforschen. Gefragt sind dabei Geduld und Ausdauer sowie die notwendige Zeit, um in Archiven und je länger, je mehr auch im Internet nach den Spuren seiner Vorfahren zu suchen. - Im Rahmen der Suche nach meinen eigenen Vorfahren ist im Verlauf der Zeit so viel Material zusammengekommen, dass ich mich dazu entschieden habe, eine gossen Teil davon der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Resultat ist eine Zusammenstellung von Daten und Fakten, die den Weg der Moll-Familien, die im Kanton Solothurn heimatberechtigt sind, von der Vergangenheit bis in die heutige Zeit aufzuzeigen versucht. - Die vorliegende zweite Ausgabe ist mit neuen Erkenntnissen und Daten ergänzt. Dies betrifft insbesondere das Kapitel zu Lostorf. - Eine entscheidende Rolle kommt mittlerweile auch der Genetik zu: Eine DNA-Analyse ermöglicht es, die Herkunft eines Individuums mittels einer einfachen Speichelprobe zu untersuchen und damit, je nach Umfang der vorgenommenen Analysen, erstaunlich weitgehende Aussagen zu seiner Abstammung zu machen. Die Resultate von entsprechenden Nachforschungen in 'Moll'scher DNA' werden im vorliegenden Werk interpretiert. - Ausgewählte Stellen aus Publikationen über die solothurnische Geschichte und die Genealogie weisen die Interessierten auf weiterführende Literatur hin, wo detaillierte Informationen in Wort und Bild zu finden sind.

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Dank

Allen Personen und Institutionen, die diese Publikation unterstützt haben, spreche ich hiermit meinen herzlichen Dank aus.:

Ittigen b. Bern, im September 2023 Dr. Heinz J. Moll

Inhaltverzeichnis

Vorwort

1. Einleitung

2. Geschichtliches Umfeld

2.1. Die Kelten

2.2. Die Zeit der römischen Herrschaft

2.3. Alemannen, Franken und Burgunder

2.4. Die Karolinger

2.5. Königreich Hochburgund und salische Kaiser

2.6. Staufer, Zähringer und Froburger

2.7. Zwischen Reich und Habsburg

2.8. Pest, Guglerkrieg und die Schlacht von Sempach

2.9. Wachstum des solothurnischen Stadtstaates und die Tagsatzung von 1481

2.10. Höhen und Tiefen der Machtpolitik

2.11. Reformationswirren - Konzil von Trient

2.12. Die solothurnische Landschaft im gegenreformatorischen Zeitalter

2.13. Der Dreissigjährige Krieg

2.14. Der Bauernaufstand des Jahres 1653

2.15. Territoriale Bereinigungen, ungleiche Besitz- und Einkommensverhältnisse sowie eine erste Volkszählung

2.16. "Ancien Régime"

2.17. Französische Revolution, Helvetik und Mediation

2.18. Neuere Geschichte

3. Ortschaften mit grosser Bedeutung in der Moll'schen Familiengeschichte

3.1. Dulliken und Starrkirch-Wil

3.1.1. Personen im Laufe der Zeit

3.1.2. Genealogie der Familien-Teilstämme aus Dulliken-Starrkirch

3.2. Egerkingen

3.2.1. Personen und Denkmäler im Laufe der Zeit

3.2.2. Genealogie der Familien-Teilstämme aus Egerkingen

3.3. Härkingen

3.3.1. Personen im Laufe der Zeit

3.3.2. Genealogie der Familien-Teilstämme aus Härkingen

3.4. Lommiswil

3.4.1. Personen im Laufe der Zeit

3.4.2. Genealogie der Familien-Teilstämme aus Lommiswil

3.5. Lostorf

3.5.1. Personen im Laufe der Zeit

3.5.2. Genealogie der Familien-Teilstämme aus Lostorf

3.6. Niederbuchsiten

3.6.1. Personen im Laufe der Zeit

3.6.2. Genealogie der Familien-Teilstämme aus Niederbuchsiten

4. Die frühen Bürgergemeinden der Moll-Familien und deren Weiterverbreitung

5. Weitere Moll-Teilstämme

6. Familiennamen

6.1. Ursprung

6.2. Heutige Verteilung des Nachnamens MOLL in der Schweiz

7. Das Familienwappen

7.1. Das Steinkreuz an der Kantonsstrasse in Egerkingen

8. Heimatgemeinden (Bürgergemeinden

)

9. Familienstammbäume

9.1. Auffindung von Daten: Personen, Geburts-, Heirats- und Todesdaten

9.2. Datenbanken und Darstellung von Stammbäumen

10. Genetik

10.1. Herkunftsanalyse mit DNA- Genealogie

10.2. Wie nutzt man die DNA-Genealogie?

10.3. Urvölker-Abklärungen

10.4. Genetische Abstammung der Moll-Familien im Kt. Solothurn

11. Ihr eigener Stammbaum

Literaturverzeichnis

Auf ein Stichwort- und/oder Namensverzeichnis wurde bewusst verzichtet, da die Kapitelunterteilung bereits eine Systematik aufweist, die das Auffinden von bestimmten Daten erleichtern soll und die Suche auf der alleinigen Basis von Namen wenig Sinn macht, weil in der Vergangenheit ausserordentlich viele Personen denselben Vornamen oder Kombinationen davon getragen haben, die eine eindeutige Zuweisung bzw. Identifikation praktisch verunmöglichen. Dafür benötigt man in der Ahnenforschung in der Regel mehrere Indizien, die nicht durch einfaches Nachschlagen eines einzigen Merkmals umgangen bzw. ersetzt werden können.

Abkürzungen und Symbole:

DNA

Deoxyribonucleic Acid (engl.)

DNS

Desoxyribonukleinsäure; deutscher Terminus für DNA

EGde.

Einwohnergemeinde

fl

florenus, Gulden

Jh.

Jahrhundert

Kt.

Kanton

lat.

lateinisch

NN

Nomen Nominandum ("der Name ist [noch] zu nennen", bzw. ist [noch]unbekannt)

v. C.

vor Christi Geburt

n. C.

nach Christi Geburt

Schlacht

SO

Solothurn

*

Geburtsjahr

+

Todesjahr

Jahr der Vermählung

weiblich

männlich

Fotos von Ausschnitten der Pfarrbücher:

Sämtliche Fotografien von Ausschnitten aus den Pfarrbüchern der Gemeinden Dulliken, Egerkingen, Härkingen, Lostorf, Niederbuchsiten, Oberdorf-Lommiswil und Starrkirch stammen vom Autor.

Vorwort

Die Frage nach ihrer Herkunft hat die Menschen schon immer beschäftigt. Insbesondere gilt dies für die eigene Familie und deren Vorfahren.

Es ist durchaus möglich, mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln und durch Recherchen bei bestimmten Institutionen die Geschichte der eigenen Familie zu erforschen. Gefragt sind dabei Geduld und Ausdauer sowie die notwendige Zeit, um in Archiven und je länger, je mehr auch im Internet nach den Spuren seiner Vorfahren zu suchen.

Im Rahmen der Suche nach meinen eigenen Vorfahren ist im Verlauf der Zeit so viel Material zusammengekommen, dass ich mich dazu entschieden habe, eine gossen Teil davon der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Resultat ist eine Zusammenstellung von Daten und Fakten, die den Weg der Moll-Familien, die im Kanton Solothurn heimatberechtigt sind, von der Vergangenheit bis in die heutige Zeit aufzuzeigen versucht.

Eine entscheidende Rolle kommt mittlerweile auch der Genetik zu: Eine DNA-Analyse ermöglicht es, die Herkunft eines Individuums mittels einer einfachen Speichelprobe zu untersuchen und damit, je nach Umfang der vorgenommenen Analysen, erstaunlich weitgehende Aussagen zu seiner Abstammung zu machen. Die Resultate von entsprechenden Nachforschungen in "Moll'scher DNA" werden im vorliegenden Werk interpretiert.

Die vorliegende zweite Ausgabe ist mit neuen Erkenntnissen und Daten ergänzt. Dies betrifft insbesondere das Kapitel zu Lostorf (3.5.).

Ausgewählte Stellen aus Publikationen über die solothurnische Geschichte und die Genealogie weisen die Interessierten auf weiterführende Literatur hin, wo detaillierte Informationen in Wort und Bild zu finden sind.

Ich hoffe, mit diesem Beitrag zur Geschichte der Familie Moll im Kanton Solothurn die Zahl der Interessierten für die Herkunfts- und Familienforschung, der sogenannten "Genealogie", steigern zu können und wünsche allen Interessierten eine vergnügliche Entdeckungsreise!

Der Autor

1. Einleitung

Nehmen wir es gleich vorweg: Mit grosser Wahrscheinlichkeit sind die männlichen Vorfahren derjenigen Moll-Familien, von denen das vorliegende Buch handelt, ursprünglich Elbgermanen (vom heutigen Gebiet des deutschen Landes Sachsen und des tschechischen Böhmens), die dann mit der Wanderung an den Oberrhein Alemannen wurden. – Im Kapitel "Genetik" wird erläutert, auf welcher Begründung diese Annahme basiert.

Dass die Alemannen schliesslich zwischen 400 und 550 n. C. und teilweise auch noch später in die Nordschweiz eingewandert sind, ist erwiesen. Die aus Südwestdeutschland in die heutige Schweiz gekommenen Moll'schen Vorfahren haben dann offensichtlich am solothurnischen Jura-Südfuss, westlich und östlich von Olten, auf seinerzeit keltoromanischem Boden eine neue Heimat gefunden. Völlig offen ist allerdings, wann genau dies geschehen ist: Ob die Moll'schen Vorfahren bereits bei den ersten Alemannen waren, die in unser Land gekommen sind oder ob dies zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte, wird wohl nie definitiv geklärt werden können.

Nachfolgend wird das geschichtliche Umfeld aufgezeichnet, in dem diese Menschen und Ihre Familien gelebt haben. Daten und Fakten aus den für die Familiengeschichte wichtigen Dörfer werden genannt und es wird über das Wappen der solothurnischen Moll-Familien berichtet.

Der genetische Teil mit Erläuterungen zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Abstammung von uns und unseren Zeitgenossen rundet das vorliegende Buch ab.

2. Geschichtliches Umfeld

Es liegt auf der Hand, dass der Gang der Geschichte auch die Geschicke derjenigen Teile der Familie Moll beeinflusst hat, die heute im Kanton Solothurn heimatberechtigt sind und zu einem grossen Teil auch dort leben.

Deshalb werden im Folgenden die wichtigsten Ereignisse und Eckdaten aufgeführt, die sich seit der Zeitenwende auf dem Territorium des heutigen Kantons Solothurn und dort wiederum vor allem in den Bezirken Gäu, Olten und Gösgen abgespielt haben bzw. von nennenswerter Bedeutung sind. Die Auflistung der historischen Ereignisse stellt jedoch absolut keinen Anspruch auf Vollständigkeit: Dies würde den Rahmen dieses Buches bei weitem sprengen.

Mit dem Beginn des 17. Jh. liegen die ersten Einträge der Tauf-, Eheschliessungs- und Todesdaten von Moll'schen Namensträgern in den Pfarrbüchern der betreffenden Gemeinden vor. Deshalb sind zur Illustration der jeweiligen Zeitabschnitte Ausschnitte der archivierten Notizen der Pfarrherren in den Text eingefügt und finden sich so im Kontext des geschichtlichen Geschehens in der Mitwelt der Moll'schen Vorfahren.

2.1. Die Kelten

Die Kelten wurden vor über 2000 Jahren vom römischen Feldherrn Julius Gaius Caesar wieder zurück an ihre Ausgangsorte geschickt, nachdem er diese in der Schlacht bei Bibracte (58 v. C.) ⚔ auf dem Territorium des damaligen Gallien und des heutigen Frankreich geschlagen hatte. Um Versuchungen einer "Rückkehr nach Hause" zu verhindern, hatte der keltische Stamm der Helvetier vor dem Verlassen seiner Heimat Haus und Hof niedergebrannt. So waren unsere keltischen Vorfahren nach der Wiederankunft in den kurz zuvor verlassenen Gegenden gezwungen, eine neue, dauerhafte Infrastruktur aufzubauen.

Die Zeit nach der Rückkehr der Helvetier an ihre Ausgangsorte ist als "pax romana" in die Geschichte eingegangen. Darunter wird die über 200 Jahre anhaltende innere Friedenszeit, eine lange währende Zeit von innerem Frieden, Stabilität, Sicherheit und Wohlstand im Römischen Reich bezeichnet, die 27 v. Chr. mit der Herrschaft des römischen Kaisers Augustus begann und mit dem Tod Mark Aurels 180 n. Chr. endete.

Abb. 1 Auf dem Buechholz bei Eppenberg-Wöschnau, das auf drei Seiten steil abfällt und damit natürlich geschützt war, befand sich während der La-Tène-Zeit (450 v.C. bis 15. v.C.) eines der grössten keltischen Refugien Europas. Das Bild zeigt den eindrücklichen Wall auf der Südseite der Wehranlage.1

Viele archäologische Funde sind Zeugen der Zeit, als die Kelten in den heutigen solothurnischen Landen gelebt und dadurch Ihre Spuren hinterlassen haben. Für detaillierte Informationen zur Geschichte der Kelten, ihre Lebensweise und Kultur sei auf die einschlägige Literatur verwiesen.

2.2. Die Zeit der römischen Herrschaft

Unter den Römern (58 v. C. – 450 n. C.) gelangte das schweizerische Mittelland zu kultureller Blüte.

Im 3. Jahrhundert n. C. wurde allerdings im Norden der von den Römern gebaute Grenzwall (der sog. Limes) zwischen Rhein, Main und Donau von den germanischen Alemannen durchbrochen. Die Schweiz wurde Grenzland des römischen Imperiums, eine doppelte Verteidigungslinie an Rhein und Jura-Aare bildete nun das Bollwerk gegen die germanischen Stämme.

Gegen Ende der römischen Besetzungszeit drang da und dort das Christentum in die Schweiz ein. Kleinste christliche Gemeinden überdauerten den Sturm der Völkerwanderung bis zur Christianisierung unseres Landes durch irische Mönche im 7. Jahrhundert.

Abb. 2 Von der kleinen Festung in St. Wolfgang bei Balsthal kontrollierten römische Elitesoldaten im 4. Jahrhundert die Juraübergänge.2

Für etwa 150 Jahre blieb die Schweiz Grenzland mit militärischer Besetzung. Der Zerfall des römischen Reiches öffnete dann aber der alemannischgermanischen Einwanderung die Tore.3

Abb. 3 Bronzelämpchen aus der Römerzeit. Fundort: Oberbuchsiten (ausgestellt im Historischen Museum Olten).4

Auch aus der Zeit der römischen "Besatzung" Helvetiens wurden im heutigen Kanton Solothurn unzählige Funde gemacht und es sind auch viele Ruinen ehemaliger römischer Bauten vorhanden, die in der Fachliteratur beschrieben wurden. - Interessierte Leser mögen sich deshalb auch diesbezüglich via Internet und/oder Bibliotheken über die gut zugänglichen Fach-Publikationen kundig machen.

2.3. Alemannen, Franken und Burgunder

Insbesondere die Alemannen stellen einen wichtigen Teil der Herkunftsgeschichte der Familie Moll dar, weshalb wir hier etwas ausholen:

Nach dem schweizerischen Philologen und Namensforscher Prof. Bruno Boesch kann die Bezeichnung „Alemannen“ am wahrscheinlichsten wie folgt erklärt werden: „Menschen oder Männer insgesamt, im Gesamten genommen“. 5

Es ist unsicher, wann die „Geschichte“ der Alemannen begann, wann sie – wenn überhaupt – endete und wo in der Frühzeit die Grenzen des Territoriums der Alemannen, die Alemannia, lagen. Es gibt auch keine eindeutige Festlegung oder Definition, wer Alemanne war und wer nicht. Heute sind viele Historiker grundsätzlich der Meinung, dass die Ethnogenese („Volkwerdung“) der Alemannen erst auf dem Boden des neuen Siedlungsgebietes zwischen dem Rhein und dem römischen Limes (s. obiges Kapitel) geschehen ist. - Zudem erscheint es unbegründet, sie als „Stamm“ im Sinne einer Abstammungsgemeinschaft zu bezeichnen, da keinerlei Indizien für ein gemeinsames Stammesbewusstsein, für Mythen gemeinsamer Abstammung oder für sprachliche Gemeinsamkeiten überliefert sind.

Von den meisten Forschern wird heute angenommen, die Alemannen seien, zumindest in ihrem Kern, Sueben („Schwaben“), also ursprünglich Angehörige einer älteren, bei Gaius Julius Caesar und dem römischen Geschichtsschreiber Tacitus gut bezeugten Völkergruppe. Die von den Historikern dafür beigebrachte Begründung beruht allerdings auf Quellenaussagen aus späterer Zeit: Es ist die Gleichsetzung von Sueben und Alemannen, die in den Schriftzeugnissen seit dem 6. Jahrhundert begegnet. Die Namen „Alemannen“ und „Schwaben“ wurden im Früh- und Hochmittelalter synonym verwendet, bis sich schliesslich die Bezeichnung „Schwaben“ durchsetzte und der Name der Alemannen vom 12. Jahrhundert ab allmählich in Vergessenheit geriet.

Die Sprachwissenschaft und die Archäologie gehen beide übereinstimmend davon aus, dass die Alemannen ursprünglich Elbgermanen waren, ihre Heimat also im Mittelelbe-Saale-Gebiet hatten. Da dort nach dem oben erwähnten Zeugnis des Tacitus die Heimat der germanischen Semnonen, des ältesten Stammes der Sueben, war, scheint die Vermutung, Alemannen seien identisch mit den Semnonen oder zumindest in ihrem Kern Semnonen, von Seiten der Nachbardisziplinen ihre willkommene Bestätigung erfahren.

Als Landwirte bevorzugten die Alemannen Hof- und offene Dorfsiedelungen. Sie legten damit den Grund zur dörflichen Kultur.6

Nach allem, was wir von der römischen Herrschaft in der Schweiz wissen, was uns die Münzfunde, auch die Orts- und Flurnamen im Kanton Solothurn nahelegen, kann kaum eine umfassend und endgültige Besiedlung unserer Heimat durch die Alemannen vor dem 5. Jahrhundert erfolgt sein.7

Entscheidend für das Schicksal der alemannischen Völker war die Konfrontation mit den Franken im Nordwesten und Norden ihres Siedlungsgebietes: In der Schlacht von Zülpich kämpften wahrscheinlich im Jahr 496 die Rheinfranken unter Sigibert von Köln mit der Hilfe der Salfranken unter Chlodwig I. (446-511, fränkischer König aus der Dynastie der Merowinger) gegen die angreifenden Alamannen. Nach einer offenbar weiteren Schlacht um 506 schienen die Alemannen entscheidend geschwächt zu sein.

Abb. 4 Dreiteilige Gürtelgarnitur aus einem frühmittelalterlichen Grab in Grenchen. Die Oberfläche ist mit Einlagen aus feinen Silberfäden und -plättchen verziert. Gegenbeschlag mit mineralisierten Holzresten des Bodenbrettes; rechteckiger Rückenbeschlag mit Lederresten der Tasche.8

Die Alemannen waren so zu Beginn des 6. Jahrhunderts zwischen die Machtblöcke geraten, die sich zu behaupten und ihre Machtsphären auszuweiten versuchten: Die Franken übten von Norden und Nordwesten her Druck aus und verdrängten offenbar grosse Teile der alemannischen Bevölkerung nach Süden.9

Sicher, wie das die Ortsnamen auf dem linken Aareufer bei Solothurn eindeutig dartun, waren die Burgunder vor den Alemannen an Ort und Stelle. So legen die wenigen sicheren Anhaltspunkte uns nahe, zu vermuten, dass die Alemannen erst nach 480, als ihnen die burgundische Pforte gesperrt war, durch das Aaretal westwärts wanderten.4

Der Flüchtlingsstrom aus dem Norden fand nördlich des Rheins wahrscheinlich nicht genügend Raum und überquerte den Rhein, um in das Land zwischen diesem und den Alpen zu gelangen, sich immer an die Flusstäler (Aare u.a.) und das urbarisierte Land haltend. Die einen fanden nun als Schutzflehende Zuflucht beim ostgotischen König Theoderich dem Grossen, die anderen westlich anschliessend vermutlich beim burgundischen König Gundobad, der zu diesem Zeitpunkt die Nordwestschweiz beherrschte.

Die Sprachwissenschaft und die Archäologie stimmen darin überein, eine alemannische Siedlungsbewegung grösseren Ausmasses relativ spät anzusetzen, jedenfalls erst im politischen Rahmen des merowingischen Frankenreichs. Die Ortsnamen bestätigen diese Datierung: Innerhalb der alemannisch-deutschen Siedlungsnamen ist eine ältere Namenschicht (Formen: -ingen-, -heim- und -dorf) von den Namen eines ersten frühmittelalterlichen Ausbauraums (Haupttyp: -inghofen bzw. -ighofen, -ikofen sowie -ikon) und denjenigen eines zweiten Ausbauraums (Formen: -wil und -wiler) zu unterscheiden. Aus der Übernahme und Lautverschiebung vordeutscher Namen, der zeitlichen und räumlichen Verteilung der genannten alemannisch-deutschen Leitnamen, ferner aus der Verbreitung der für die alemannisch-romanischen Berührungszonen typischen Walen-Namen entlang der deutsch-französischen Sprachgrenze sowie in der Nordost- und der Zentralschweiz kann die alemannische Siedlungsbewegung bis zum 7./8. Jahrhundert. bestimmt werden.10

Das Ergebnis aller Überlegungen der bisherigen Forschung ist dahin zusammenzufassen, dass die Burgunder um 480 das Aaretal ihrer Herrschaft unterwarfen und dass bald darauf die Alemannen ohne Kampf, die burgundische Herrschaft anerkennend, in grösserer Zahl einwanderten und besiedelten.

Hier und zu diesem Zeitpunkt fehlte es bei den Alemannen an einer einheitlichen Führung: Kein König und kein Herzog stand an Ihrer Spitze. Sie waren als „Hundertschaften“ und einem Hundertschaftsvorsteher gruppiert, und ein solche bestand aus Sippen und Familiengruppen, die unter der Leitung eines Familienoberhauptes waren. So zogen sie westwärts und suchten sich Land und Siedlungsgrund aus, indem sie sich gewöhnlich an römische bzw. keltoromanische Örtlichkeiten hielten, während die bisherigen Bewohner vor ihnen auswichen.