12,99 €
Allein auf dem heutigen Gebiet des Kantons Bern gab es im Zeitraum von 1100 bis 1400 über 80 ritterliche Familiengeschlechter. Das vorliegende Buch möchte Licht ins Dunkel der ritterlichen Geschichte von Bern bringen. Auszüge aus historischen Urkunden, zahlreiche Bilder und Erläuterungen zu den jeweiligen Wappen sowie genealogische Stammbäume zeichnen in der Summe ein Bild aus dem bernischen Mittelalter, das beweist, dass diese Zeit gar nicht so dunkel war, wie man immer wieder hört. Verschiedene Autoren haben die Geschlechter und Familien der seiner-zeitigen Ritter schon vor langer Zeit in der Fachliteratur beschrieben. Das vorliegende Werk zitiert unter anderem Publikationen, die - wenn überhaupt - nur noch in wenigen Bibliotheken zu finden und wegen ihres Alters grösstenteils in Vergessenheit geraten sind. Ausgewählte Stellen aus Publikationen zum vorliegenden Thema weisen die Interessierten auf weiterführende Literatur hin, wo detaillierte Informationen in Wort und Bild zu finden sind. Lehrpersonen von Sekundar- und Fachmittelschulen sowie von Gymnasien möchte ich animieren, auf der Grundlage dieses Buches die Geschichte des Mittelalters im Grossraum Bern zu thematisieren: Durch Exkursionen zu den nahen gelegenen Stätten der damaligen Burgen, Schlösser und Herrschaftshäuser, die teilweise nur noch als Ruinen zu sehen sind, kann der Geschichtsunterricht zudem direkt vor Ort und damit sehr anschaulich durchgeführt werden.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 432
Allen Personen und Institutionen, die diese Publikation unterstützt haben, spreche ich hiermit meinen herzlichen Dank aus.
Ittigen b. Bern, im November 2020
Dr. Heinz J. Moll
Vorwort
Einleitung
1. Aarwangen
2. Aegerten (Egerdon)
3. Affoltern
4. Allmendingen
5. Amsoldingen
6. Bach
7. Biel
8. Blankenburg
9. Bremgarten
10. Bubenberg
11. Buch(h)oltern
12. Buchsee
13. Burgistein
14. Courtelary
15. Dies(s)bach
16. Diesse (Tess)
18. Eriswil
19. Erlach
20. Erlenbach
21. Ersigen
22. Fries, Friesenberg
23. Fruti(n)gen
24. Gerenstein
25. Grasburg
26. Grimmenstein
27. Grünenberg
28. Gurzelen-Bennewil
29. Heimberg
30. Helfenstein (Schwarzenburg)
31. Hofmeister (Bern)
32. Ins
33. Jegistorf
34. Kallnach
35. Kerren (Kernenried)
36. Kien
37. Kramburg (Gelterfingen, Uttigen)
38. Kraucht(h)al
39. Langenstein (Melchnau)
40. Ligerz
41. Lotzwil
42. Mannenberg (Zweisimmen)
43. Matten
44. Mattstetten
45. Mörigen
46. Münsingen
47. Oenz (Stad-), Graben
48. Olti(n)gen
49. Resti
50. Ried
51. Ringgenberg (ehemals von Brienz)
52. Ringoltingen (Zigerli)
53. Roggwil
54. Rohrmoos (Oberburg)
55. Rudenz
56. Rümligen
57. Rüti
58. Scharnachthal
59. Schoren (Thun)
60. Schüpfen
61. Schwanden
62. Seeberg
63. Seedorf
64. Senn (Münsingen)
65. Signau
66. Spins
67. Stein (SO)
68. Strät(t)ligen (Gwatt)
69. Sulgen
70. Sumiswald
71. Thorberg
72. Thormann
73. Thun
74. Trachselwald
75. Unspunnen
76. Wabern
77. Walkringen
78. Walperswil
79. Wangen (Köniz-Oberwangen)
80. Warnagel
81. Wattenwyl
82. Weissenburg
83. Wimmis
Literatur- und Quellenverzeichnis
Links oder rechts der Standort-Markierung ist die Nummer des betreffenden Kapitels zu finden.
BBB
Burgerbibliothek Bern
Bd.
Band
BHM
Bernisches Historisches Museum
BZGH
Bernische Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde
erw.
erwähnt (im Jahr XXXX)
fl.
Florin (Gulden)
FRB
Fontes rerum Bernensium; Quellensammlung zur bernischen Geschichte, die mit antiken Quellen zum heutigen bernischen Raum beginnt und vor allem mittelalterliche Urkunden bis ins Jahr 1390 enthält.
gem.
gemäss
HBLS
Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz
HLS
Historisches Lexikon der Schweiz
Hrsg.
Herausgeber
Jb.
Jahrbuch
JbBHM
Jahrbuch des Bernischen Historischen Museums
Jg.
Jahrgang
Mss.h.h.
Manuscripta historica helvetica
N.N.
«Nomen nescio» (lat.) bedeutet «ich weiss den Namen nicht» und wird in historischen und genealogischen Darstellungen für Personen verwendet, deren Existenz zwar sicher bekannt ist, nicht aber deren konkreter Name.
RQ
Rechtsquellen-Edition Thun-Oberhofen
Jh.
Jahrhundert
Schw. /schw.
Schweizerischer / schweizerisch
StA.
Staatsarchiv
StLU
Staatsarchiv des Kantons Luzern
QSG
Quellen zu Schweizerischen Geschichte
Vrb.
Verbindung
*
Geburtsjahr (-datum)
+
Todesjahr (-datum)
∞
Verheiratung mit …
Sämtliche Fotografien, bei denen kein anderer Quellenverweis gemacht wird, stammen vom Autor.
Titelbild: Die Berner und Freiburger unter Petermann von Wabern ziehen in Murten ein, 1475 [Bild aus der amtlichen Berner Chronik von Diebold Schilling, Bd. 3, S. 490 (1475) (BBB Mss.h.h.I.3)]; (s. Kap. 76).
Bei der Verfassung meiner Werke über die Ruinen von Burgen und Sakralbauten im Kanton Bern1 und die Geschichte des Freiherrenstandes im Kanton Bern2 ist mir bewusst geworden, dass der neben den adligen Grafen, Herzögen und Freiherren bestehende, jedoch nicht dem eigentlichen Adel angehörende Ritterstand oft nur am Rande erwähnt wird, obwohl das Rittertum mit dem Mittelalter verbunden ist, wie nur wenige andere Begriffe, die dieser Zeit ihren Stempel aufgedrückt haben. - Allein auf dem heutigen Gebiet des Kantons Bern gab es jedoch im Zeitraum von 1100 bis 1400 über 80 ritterliche Familiengeschlechter! – Das vorliegende Buch möchte deshalb Licht ins Dunkel der ritterlichen Geschichte bringen.
Auszüge aus historischen Urkunden, zahlreiche Bilder und Erläuterungen zu den jeweiligen Wappen sowie genealogische Stammbäume zeichnen in der Summe ein Bild aus dem bernischen Mittelalter, das beweist, dass diese Zeit gar nicht so dunkel war, wie man immer wieder hört.
Verschiedene Autoren haben die Geschlechter und Familien der seinerzeitigen Ritter schon vor langer Zeit in der Fachliteratur beschrieben. Das vorliegende Werk zitiert unter anderem Publikationen, die - wenn überhaupt - nur noch in wenigen Bibliotheken zu finden und wegen ihres Alters grösstenteils in Vergessenheit geraten sind.
Die Namen der ritterlichen Familiengeschlechter im heutigen Kanton Bern werden nach einer kurzen Einleitung in alphabetischer Reihenfolge behandelt. - Die Aufzählung der ritterlichen Familiengeschlechter erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Ausgewählte Stellen aus Publikationen zum vorliegenden Thema weisen die Interessierten auf weiterführende Literatur hin, wo detaillierte Informationen in Wort und Bild zu finden sind.
Lehrpersonen von Sekundar- und Fachmittelschulen sowie von Gymnasien möchte ich animieren, auf der Grundlage dieses Buches die Geschichte des Mittelalters im Grossraum Bern zu thematisieren: Durch Exkursionen zu den nahen gelegenen Stätten der damaligen Burgen, Schlösser und Herrschaftshäuser, die teilweise nur noch als Ruinen zu sehen sind, kann der Geschichtsunterricht zudem direkt vor Ort und damit sehr anschaulich durchgeführt werden.
Ich hoffe, mit diesem Beitrag das Interesse für die ausserordentlich komplexe und interessante mittelalterliche Geschichte des Kantons Bern wecken zu können.
Der Autor
1 Moll Heinz, Ruinen von Bugen und Sakralbauten im Kanton Bern (2019)
2 Moll Heinz, Geschichte des Freiherrenstandes im Kanton Bern (2020)
Zur Zeit der Gründung Berns und der Entstehung der Schweizerischen Eidgenossenschaft gab es auch auf dem Gebiet des heutigen Kantons Bern verschiedene Stände im Sinne von hierarchisch geordneten Teilen der Gesellschaft, mit verschiedenen sozialen Gruppierungen. Vielfach bestehen jedoch immer noch falsche Vorstellungen von dieser ständischen Gliederung des Mittelalters: Bezeichnungen wie «Leibeigene, Hörige, Freie, Ritter, Freiherren, Grafen, Herzöge» sind geläufig, aber keineswegs ganz klar. Umso leichter wird für diese oft eine feste Reihenfolge definiert. Freiherren, Grafen und Herzöge konnten jedoch Ritter sein oder aber auch nicht.3 Im Einzelfall kann beispielsweise die Unterscheidung zwischen einer „niederen“ Gruppe von Freiherren und "ritteradligen" Familien recht unpräzis sein. Je nach Abhängigkeit der Familie, z.B. auf verschiedenen Ebenen von Lehenssituationen und Pfandbesitz, ist dann der Begriff einer „Ministerialenfamilie“ zutreffend oder eben auch nicht.
Im historischen Lexikon der Schweiz ist zum Rittertum Folgendes festgehalten:
«Rittertum» ist ein vieldeutiger Begriff der Sozial-, Militär-, Kultur- und Mentalitätsgeschichte. Es wird darunter die soziale Gruppe der zu Pferd kämpfenden Krieger verstanden, die sich im Hochmittelalter stark ausweitete und in den niederen Adel aufstieg. Ritter zu sein war auch eine Würde, die durch ein Ritual (Schwertleite, Ritterschlag) verliehen wurde. Nicht nur Edelleute des niederen Adels, sondern auch Hochadlige und Könige wurden zu Rittern erhoben, später auch nichtadlige Stadtbürger. Nicht Ritter zu sein galt vom 13. Jh. an im ganzen Adel als Mangel, weshalb der Rittertitel allein kaum etwas über den Rang innerhalb der Oberschicht aussagt. Rittertum war schliesslich Verhaltensnorm und Ideal — das Ideal des edlen Ritters als Beschützer der Schwachen und Kämpfer gegen die "Ungläubigen".
Durch die Heeresreform Karls des Grossen wurden die berittenen Krieger als sozial und ökonomisch herausragende Schicht abgehoben vom Volksheer, das durch alle sogenannt «Freien» gebildet war. Im 10. Jh. leisteten nur noch berittene Vasallen Kriegsdienst, die Bauern waren davon ausgeschlossen worden.»4
Vom 11. Jh. an erweiterte sich in Karls Reich die Ritterschaft durch den Aufstieg der Ministerialen (Angehörige des sogenannten «Dienstadels») und verfestigte sich zu einem allerdings heterogenen Stand. Zu Pferd, Rüstung und Bewaffnung als Ausdruck adligen Selbstverständnisses kam die Burg hinzu, als neuartiges Herrschaftszentrum und Repräsentationssymbol.
Weil die königliche Macht an vielen Orten schwach war, übten lokale Herren ritterlicher Herkunft wichtige Schutz- und Schirmfunktion für die Bauern aus, die aber leicht in Gewalt und Unterdrückung umschlagen konnte. Die ländliche Bevölkerung litt unter den mit Plünderungen und Verwüstungen verbundenen Fehden, welche die Ritter untereinander austrugen.
Die in der 1. Hälfte des 13. Jh. einsetzende Abschliessung des Ritterstandes (Ritterbürtigkeit wurde zur Voraussetzung für die Erlangung des Rittertitels) führten im Reich zu einer Spaltung des Begriffs Rittertum: Einerseits wurde er zur ständischen Bezeichnung für den niederen Adel, andererseits bezeichnete er das ritterlichen Ideal, das vom gesamten Adel und auch vom städtischen Patriziat weitergepflegt wurde.
Das Scheitern der Kreuzzüge, Änderungen in der Kriegstechnik und das Aufkommen von Söldnerheeren führte zum Verlust der militärischen Funktion der Ritter (Kriegführung). - Ab dem 15. Jh. spielte die ritterliche Ideologie bei den neuen eidgenössischen Eliten als Rechtfertigung von Gewaltanwendung (Rittertum als Kriegertum) und Legitimation sozialer und politischer Führungsansprüche eine Rolle.3
Eine Methode der Standesbestimmung
Wer aber war nun Ritter und wer gehörte dem Adel an? - Am einfachsten und sichersten hilft bei der grundsätzlichen Beantwortung dieser Frage die sogenannte «Titelmethode». Es ist eine bekannte Tatsache, dass die Zeugenreihen der mittelalterlichen Urkunden nach dem Stand der Zeugen angeordnet sind, so dass die Kleriker und die vornehmsten Zeugen an der Spitze stehen, die Ministerialen und Bürger am Ende. Ausserdem sind fast in sämtlichen Zeugenreihen die einzelnen Standesgruppen scharf getrennt und mit dem Standestitel gekennzeichnet. Es kommen da allerdings verschiedene Kombinationen vor, die nicht alle die gleiche Beweiskraft besitzen.
Bei vielen urkundlichen Dokumenten wird zwischen „nobiles" (die Edlen) und „milites" (die Ritter) unterschieden. Durch das Ritterwesen und durch den Ehrentitel „dominus" is jedoch einige Verwirrung in die Zeugenreihen hineingekommen. Da die Ministerialen ebenso wie die freien Herren die Ritterwürde erlangen konnten, kam es oft vor, besonders in späteren Zeiten, als die Ritterwürde an Bedeutung gewann, dass die Urkundenaussteller das Hauptgewicht auf die Unterscheidung zwischen Rittern und Nichtrittern - später „domicelli" genannt - legten und nicht zum Ausdruck brachten, ob ein Zeuge freier oder unfreier Herkunft war. Trotzdem wird auch da die Rangfolge meistens noch eingehalten. Fast jede einzelne Zeugenreihe aber hat wieder ihre Eigentümlichkeiten, so dass man hier schlecht eine Einteilung vornehmen kann.5
Die sogenannte «Heerschildordnung» zeigt auf den Platz, den die Ritter in der ständischen Rangordnung seinerzeit eingenommen haben.
Abb. 1 Die Heerschildordnung. Der blaue Pfeil weist auf die Position der Ritter.6
Abb. 1 zeigt ein Schaubild, welches idealtypisch die Lehns- oder sogenannte Heerschildordnung verdeutlicht, welche uns der um 1200 niedergeschriebene 'Sachsenspiegel' überliefert.
Ursprünglich bedeutete der 'Heerschild' (clipeus militaris) das Heeresaufgebot, danach die Lehnsfähigkeit, also die Fähigkeit ein Lehen zu empfangen oder zu geben, und schliesslich die Lehnsgliederung und zugleich die Stufe innerhalb dieser Gliederung. Im weiteren Sinne bestimmte die im Sachsenspiegel überlieferte Heerschildordnung den Rang eines Adligen, der sich aus seiner Einstufung in das Geflecht der lehnrechtlichen Abhängigkeiten ergab. Zugleich bildete er ein Regelwerk, das angab, was man seinem Rang schuldig war und wie man ihn erhielt oder verlor.7
In der finsteren Periode der Überfälle der Barbaren und der sogenannten feudalen Anarchie zwischen dem 9. und dem 11. Jh. nahm alles seinen Anfang: Nach und nach ersetzte der lateinische Begriff miles all die anderen Bezeichnungen für den Krieger (sicarius, buccellarius, gladiator), die bislang benutzt wurden, um die um einen Fürsten (dominus) in streng geordneten Verbänden zusammengefassten Bewaffneten zu kennzeichnen. Schon der alte Tacitus hatte den germanischen comitatus beschrieben, der im Frühmittelalter um zahlreiche Varianten bereichert wird, die vom fränkischen trustis bis zur russischen družina reichen. Im Lauf der Zeit war um diesen Begriff herum eine Ethik entstanden, die auf Mut, kameradschaftlicher Treue und einer Bindung an den Fürsten beruhte. Dieser wurde weniger als dominus denn als senior betrachtet, als Scharführer oder «Alter», von dem man Geschenke und Schutz erwarten konnte.
In diesen Männerbünden hatten sich regelrechte Initiationsriten für die Aufnahme neuer Anwärter herausgebildet: Rauhe Kraft- und Schmerzproben, rituelle Verletzungen und Geschicklichkeitsübungen, die immer hart an der Grenze dessen lagen, was die christliche Kirche noch für zulässig erklären konnte. Früher - und wieder ist es Tacitus, der daran erinnert - mussten sich alle jungen Krieger der Wälder und der Steppen Prüfungen dieser Art unterziehen. Seit dem 8. Jh. jedoch entstand, bedingt durch den zunehmenden militärischen Einsatz von Pferden und die immer aufwendiger und kostspieliger werdenden Rüstungen - das belegen die karolingischen Capitularia - ein eigenständiges Waffenhandwerk. Damit einher ging eine Entmilitarisierung der römisch-barbarischen Gesellschaften.
Die alten Traditionen erhielten sich schliesslich nur noch in den inzwischen zur Elite zählenden Kriegerscharen um die aristokratischen Fürsten. Dort war die feierliche Überreichung der Waffen regelrecht zu einem festen Ritual geworden, das den Eintritt der jungen Aristokraten in die Welt der Macht besiegelte. Dies ist der Hintergrund jener Zeremonie, die wir gewöhnlich mit der Redewendung »zum Ritter schlagen« bezeichnen und die, im Zusammenhang mit dem zu Pferde geführten Kampf und den äusseren Merkmalen, die diese Lebensform kennzeichnen, zur Herausbildung der Gestalt des Ritters beigetragen hat.8
Normalerweise ist der berufsmässige Krieger zwischen dem 10. und 11. Jh. jedoch Mitglied einer Schar, die von einem adligen Herrn befehligt wird und gewöhnlich an dessen Wohnsitz in Garnison liegt; dabei kann er von seinem senior entweder Güter zu den Bedingungen eines Vasallen erhalten oder aber, gewissermassen als eine Art Sold, von ihm mit Waffen, Pferden und Kleidung ausgestattet werden; er kann, wie es normalerweise üblich ist, bei seinem senior leben oder aber auf ihm gehörenden bzw. ihm überlassenen Feldern eine eigenständige Existenz führen; er kann persönlich frei oder aber Bediensteter sein, wobei er in letzterem Fall zur Gruppe der sogenannten ministeriales gerechnet wird.9 (s. dazu auch S. 30)
Auch wenn die Scharen der milites bereits eine Ethik kannten, die auf dem Mut, der Treue dem Anführer gegenüber und der Kameradschaft mit dem Waffenbruder beruhte, so entsteht die im eigentlichen Sinne «ritterliche» Ethik erst in Zusammenhang mit den kirchlichen Vorschriften der Friedenskonzile: Diese Ethik steht ganz im Dienst der Kirche, hat die Verteidigung der pauperes, der Armen und Schwachen, zum Ziel und geht bis zur eigenen Aufopferung.
Ein neuer Typ von miles Christi, genauer, von miles Sancti Petri entstand, der bereit war, sein Schwert in den Diensten des Priestertums zu gebrauchen. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass der Ritterschlag, bis dahin eine weltliche Zeremonie der professionellen Waffenträger, allmählich von der Kirche als eine Art religiöse Anerkennung verstanden wurde.
Von grosser Bedeutung ist der Umstand, dass das westliche Christentum zur Zeit des 11. Jh. eine ausgeprägte Expansionsphase durchläuft. Dazu gehören auch die militärischen Unternehmungen, die von Ritterheeren oder von der Kriegsflotte der Küstenstädte vor allem des Tyrrhenischen Meeres gegen den Islam durchgeführt werden, als dieser - nach seinem aussergewöhnlichen Aufschwung zwischen dem 7. und 10. Jh. - in eine Phase krisenhafter Stagnation gerät.9
Vollkommenes Rittertum - und darin stimmen die verschiedensten Abhandlungen, von dem reformerischen Gregorianer Bonizone von Sutri bis zu Raimundus Lullus, dem Theoretiker eines mystischen Rittertums, überein - verkörpert sich weniger in einem Individuum. Es verwirklicht sich auf der Grundlage eines Gruppen- oder Korpsgeistes (notitia contubernii); Cicero, der hl. Bernhard oder Aelred von Rievaulx nennen ihn amor socialis.
Angesichts der Notwendigkeit, die eroberten Gebiete zu sichern, die Pilger zu schützen, den Schwachen und Kranken beizustehen sowie die Mobilisierung, die die Unternehmung des Kreuzzugs überhaupt erst ermöglicht hatte, gewissermaßen zu stabilisieren, entstanden die sogenannten monastisch-militärischen (bzw. religiös-militärischen oder religiös-ritterlichen) Orden: Die Templer sind nur einer der zahlreichen religiös-militärischen Orden, sie im Lauf des 12. Jh. im Heiligen Land, auf der Iberischen Halbinsel und später auch in Nordosteuropa gegründet wurden. Zu erwähnen wären des Weiteren jener karitative, in erster Linie mit der Aufnahme und Betreuung der Pilger befasste Orden des hl. Johannes von Jerusalem (der sich - entsprechend den Verlagerungen seines Hauptsitzes - seit dem 14. Jh. den Zusatz »von Rhodos« und seit dem 16. Jh. »Malteser« gab und der für seine Flotte berühmt war) sowie der Orden der heiligen Maria, der «Deutscher» Orden genannt wurde, da nur Ritter deutscher Abstammung in ihn eintreten konnten. - Über die religiösen Ritterorden gibt es ganze Bibliotheken, doch sind nicht alle Quellen und· Abhandlungen gleichermaßen zuverlässig. Fest steht, dass die Orden, zumindest anfangs, das Ideal des »göttlichen Rittertums« zu verkörpern schienen.9
Abb. 2 Johann Jacob Grasser, ein reformierter Schweizer Theologe und Universalgelehrter, berichtet in seinem Werk aus dem Jahr 1624, dass es auf dem Territorium der Eidgenossenschaft 1200 Ritter und Edle gegeben habe.10
Im «Allgemeinen Helvetischen, Eydgenössischen oder Schweitzerischen Lexicon» von Hans-Ulrich Denzler aus dem Jahr 1752 sind viele der im vorliegenden Buch aufgeführten «Rittergeschlechter» des Kantons Bern zu finden. An mehreren Stellen werden deshalb Original-Reproduktionen aus diesem erstaunlich detaillierten Werk aus der Mitte des 18. Jh. dargestellt.
Die Beziehungen zur Stadt Bern
Eine enge Verflechtung und Abhängigkeit zwischen der städtischen Oberschicht und den Adelsgeschlechtern des Umlandes war für das ganze Mittelalter charakteristisch. Landadelige Familien zogen in die Stadt und die städtische Oberschicht erwarb Besitz auf dem Land.
Die nicht immer harmonischen Beziehungen zwischen der Stadt und den Herrschaftsherren auf der Landschaft lassen sich damit erklären, dass die aufstrebende Stadt Bern immer wieder versuchte, Herrschaftsgebiet und Einflussbereich zu erweitern, was zu Spannungen mit den Rittern führte. Ausserdem war der Adel im Hochmittelalter im Niedergang begriffen, was die Stadt Bern für ihre Ziele nutzte. Ein weiteres Mittel der Stadt war die Aufnahme von Landleuten ins Ausbürgerrecht. Ausbürger besassen das volle Bürgerrecht der Stadt Bern und waren dort auch steuerpflichtig, waren aber gleichzeitig Landleute, die ihren Wohnsitz ausserhalb der Stadt beibehielten. Je schlechter die Beziehungen eines Herrschaftsherrn zur Stadt Bern waren, desto mehr Ausbürger aus seinem Herrschaftsgebiet nahm die Stadt Bern auf.11
Abb. 3 Ritter Walther von Klingen im «Codex Manesse»
Zum Begriff «Ministeriale» schlussendlich noch Folgendes: Mittellateinisch ministerialis (Plural: die Ministerialen) ist ein Ministeriale im (ursprünglich antiken kaiserlichen) Dienst stehender Beamter. Im Frühmittelalter waren die Ministerialen zunächst auf lokaler Ebene und ab dem 11. Jh. als unfreie Verwalter und Soldaten für Königsgüter und Klöster, später auch für den Adel tätig. Im 13. Jh. bildete sich aus Teilen dieser ursprünglich unfreien Schicht der Stand des niederen (oder „ritterbürtigen“) Adels heraus, andere Teile wanderten in die Führungsschichten der Städte ab (Patriziat). - Ihre soziale und ökonomische Stellung war sehr unterschiedlich.12
Abb. 4 Thüring Frickard hebt in der Einleitung zu seinem Bericht über den Twingherrenstreit die Bedeutung der ‘kriegskundigen Ritter’ im Zusammenhang mit der Erlangung ‘eines ansehnlichen Gebietes’ für Bern hervor.13
3 Meyer Jakob Reinhard, Adelheid von Hurun und die Herren von Ried, Jahrbuch des Oberaargaus, Bd. 6, S. 62 (1963)
4 Hälg-Steffen Franziska, Rittertum, in: HLS, Bd. 10, S.351 (2011)
5 Schweikert Ernst, Die Herren von Oberhofen-Eschenbach, in: Die deutschen, edelfreien Geschlechter des Berner Oberlandes bis zu Mitte des XIV. Jh., S. 3ff (1911)
6behance.net
7studylibde.com; Geschichte / Weltgeschichte / Mittelalter; III. Adel, Herrschaft und Dienst, S. 74 (2020)
8 Cardini Franco, Der Krieg und der Ritter, in: Der Mensch des Mittelalters (Hrsg. Jacques le Goff), S. 88f (1996)
9 Cardini Franco, Der Krieg und der Ritter, in: Der Mensch des Mittelalters (Hrsg. Jacques le Goff), S. 91ff (1996)
10
11 Ruchti Franziska, Die Herrschaft Münsingen von ihren Anfängen bis zum Ende des Ancien Régimes, S. 284 (2013)
12 Andermann Kurt, Johanek Peter (Hrsg.), Zwischen Nicht-Adel und Adel (2001)
13 Thüring Frickard, Beschreibung des Twingherrenstreites daselbst, im Jahre 1470, S. 3 (Einleitung) (1837)
Abb. 5 Das Wappen derer von Aarwangen: Gespalten, von Schwarz silberner Querbalken, und von Silber.14 Bei Stettler15 findet man das Wappen gespalten, von Silber schwarzer Querbalken, und von Schwarz. - Die Gemeinde Aarwangen führt heute das Wappen der Herren von Aarwangen in der Darstellung, wie es das Historisch-Biographischen Lexikon der Schweiz und die Heraldica Helvetica zeigen.16
Die Herren von Aarwangen waren eine Adelsfamilie im schweizerischen Mittelland. Sie bauten das Schloss Aarwangen, beim Flussübergang über die Aare gelegen. Die Aarwangen waren Ministerialen der Grafen von Neu-Kyburg. Ihr erstes Auftreten fällt in die Zeit um 1200. Sie starben um 1350 aus, Burg und Herrschaft kamen als Erbe an die Freiherren von Grünenberg. Als erste aus der Adelsfamilie von Aarwangen werden 1194 und 1212 Burkhart und seine Tochter Ita erwähnt: Sie schenkten dem Kloster St. Urban Wald und Land. Burkharts Sohn Walter beteiligte sich am 16. August 1277 am Schiedsgericht gegen Ortolf I. von Utzigen-Gutenburg. Ein Jahr später leistete er dem König Rudolf I. von Habsburg Gefolgschaft und wurde am 26. August 1278 anlässlich der Schlacht auf dem Marchfeld (die als eine der grössten Ritterschlachten Europas gilt) von ihm zum Ritter geschlagen. 1313 erhielt er von Graf Rudolf III. von Neuenburg-Nidau alle liegenden Güter im Amt Bipp, samt Zoll und Brücke von Aarwangen als Lehen. Nach Aktivitäten im weiteren Umkreis seines Stammsitzes – in Zofingen, Solothurn und Burgdorf – wurde er 1320 von seinen Lehnsherren als Schultheiss der Stadt Burgdorf eingesetzt.
Abb. 6 Das Schloss Aarwangen.17
In die Lebenszeit von Ritter Walter von Aarwangen fiel der Bau des Turmes von Aarwangen, dessen Holz um 1265/1266 dendrochronologisch datiert wurde.
Walters Sohn Johann von Aarwangen stand dem Hause Habsburg nahe. So wurde er 1333 Landvogt im Aargau. 1339 übergab er völlig überraschend seine Güter der Enkelin Margaretha von Kien, Tochter Verenas und des Berner Schultheissen Philipp von Kien, und deren Ehemann Petermann I. von Grünenberg, um das Schwert mit der Kutte zu vertauschen und ins Kloster St. Urban einzutreten. Weil ihm auf der Suche nach Gott selbst die Klosterzelle nicht mehr genügte, zog sich Johann von Aarwangen 1341 mit sechs Brüdern ins Entlebuch zurück, lebte in der Eremiten-klause Wittenbach, stiftete die Heiligkreuzkapelle und starb am 24. Januar 1350.17
Abb. 7 Im Januar 1251 anerkennt Ritter Berchtold von Wangen einen Schiedsspruch in einem Streit mit dem Koster St. Urban.18
Walter von Aarwangen
1266 erstmals erwähnt im Gefolge des zukünftigen Königs Rudolfs I. von Habsburg in Thun, verstorben um 1320. Aus dem Ministerialengeschlecht von Aarwangen 1274 als Ritter bezeichnet. Verheiratet mit 1) 1274 Adelheid von Oenz (1278), Tochter des Ritters Heinrich von Oenz, 2) 1280 mit Elisabeth von Büttikon. Aarwangen folgte König Rudolf I. von Habsburg auf dessen Zügen gegen König Ottokar von Böhmen 1276 und gegen die böhmischen Grossen 1280. Dafür verpfändete ihm König Rudolf I. 1277 und erneut 1280 den Reichszoll zu Solothurn, den ihm König Albrecht I. 1299 auf einem Reichstag in Nürnberg bestätigte. 1290 siegelte Aarwangen als Schultheiss von Solothurn, 1294 und 1320 als Schultheiss von Burgdorf. Er war sehr begütert, v.a. im Emmental, und ein gesuchter Schiedsrichter und Zeuge.19
Ritter Walter von Aarwangen wird an mehreren Stellen in verschiedenen Dokumenten erwähnt, so beispielsweise im Zusammenhang mit Aktivitäten des Hauses Grünenberg von Melchnau:
Im Staatsarchiv des Kantons Bern ist Ritter Walter von Aarwangen in mehreren Urkunden zu finden:
Abb. 8 Am 7. Juli 1276 genehmigen der Graf und die Gräfin von Habsburg eine Schenkung von Ritter Walther von Aarwangen an die Abtei Trub.20
Abb. 9 Am 8. Juli 1276 ist dann die Schenkung an die Abtei Trub beurkundet.21
Abb. 10 Ebenfalls am 8. Juli 1276 bittet er den Bischof von Konstanz, die Schenkung von Patronatsrecht und Vogtei der Kirche zu Langnau an das Kloster Trub zu genehmigen.22
Von einiger Bedeutung ist die Übertragung des Reichszolls zu Solothurn an diese Stadt. Dieser Zoll war von König Albrecht im Jahr 1299 an Walter von Aarwangen, verliehen worden23, gelangte erbweise an die Grünenberg und wurde im Jahr 1427 von Wilhelm für 300 rheinische Gulden der Stadt Solothurn verkauft24 (s. dazu auch unter «Grünenberg»).
Als die Solothurner mit dem Hauptbanner vor die Feste Gutenburg, den Wohnsitz des Freien von Utzingen, zogen, kam es zu einem Vergleich, durch welchen alle streitigen Güter dem Kloster zufielen. Ulrich von Grünenberg, war dabei neben Ritter Walter von Aarwangen von Ortolf von Utzingen zum Schiedsrichter ernannt worden.
Johann von Aarwangen
Geboren nach 1280, verstorben um 1350 in Witenbach (Gem. Hasle LU). Er war der Sohn von Walter und der Elisabeth von Büttikon. 1303 heiratete er Verena Senn von Münsingen. Er machte erfolgreich Karriere in kyburgischen und österreichischen Diensten, war mehrmals Landvogt. Der Ritter Johann von Aarwangen verstand es, sein reiches Erbe weiträumig und nachhaltig zu mehren. Er war Wohltäter der mit seiner Familie verbundenen Zisterzienserabtei St. Urban, in die er 1341 eintrat.25
Auch Ritter Johann von Aarwangen findet an mehreren Stellen in verschiedenen Dokumenten Erwähnung:
In einem Verzeichnis der Besitzungen und Einkünfte des Ritters Johann von Aarwangen vom Jahr 1331 findet sich z.B. die Angabe: „Lehen von Kiburg: Ze Bleichenbach, daz von hern Arnold von Grünenberg koft wart; sieben schupossen"26. Dies ist offenbar so aufzufassen, dass Arnold die genannten Schupposen dem Grafen Eberhard von Kiburg verkaufte, worauf dieser sie seinem Dienstmann Johann von Aarwangen zu Lehen gab.
In einem Verzeichnis der Besitzungen und Einkünfte des Ritters Johann von Aarwangen vom Jahr 1331 findet sich z.B. die Angabe: „Lehen von Kiburg: Ze Bleichenbach, daz von hern Arnold von Grünenberg koft wart; sieben schupossen"26. Dies ist offenbar so aufzufassen, dass Arnold die genannten Schupposen dem Grafen Eberhard von Kiburg verkaufte, worauf dieser sie seinem Dienstmann Johann von Aarwangen zu Lehen gab.
Margaretha war die Enkelin des Johann von Aarwangen. Da dieser keine männlichen Nachkommen besass, so fiel die Herrschaft Aarwangen an Margaretha und ihren Gemahl Petermann von Grünenberg und bildete fortan ungefähr ein Jahrhundert hindurch einen Teil des grossen Besitzstandes des Hauses Grünenberg.
Abb. 11 Das Solothurner Wochenblatt rezitiert im Jahr 1812 aus der Urkunde von 1299 betreffend die Übertragung des Reichszolls durch König Albrecht an die Stadt Solothurn, bei der Ritter Walther von Aarwangen eine zentrale Rolle gespielt hatte.23
Die Erbschaftsverhältnisse regelte Johann von Aarwangen am 8. Januar 1339 selbst bis auf die kleinsten Punkte, im Einverständnis mit seiner Tochter Elise und deren Gemahl Philipp von Kien.27 - Nach dem Güterverzeichnis vom Jahr 133128 besass Johann von Aarwangen auch Rechte, Eigengüter und Lehen zu Herzogenbuchsee, Baumgarten, Ursenbach, Utzenstorf, Zielibach, Madiswil, Solothurn, Berken, Bannwil und anderen Orten.
Ulrich, Walther, Heinrich und Marchwart waren vier Gebrüder von Grünenberg.29
Eine Schwester der vier Brüder hiess ebenfalls Margaretha, Gemahlin des Ritters Rudolf von Rüdiswil (bei Ruswil LU), mit dessen Geschlechtsangehörigen sowohl Ulrich II. von Grünenberg wie sein Sohn gleichen Namens verkehrt hatten.30
Abb. 12 Als Erbteil waren der Margaretha Leute und Güter zu Ursenbach zugefallen. Diesen Besitz, ihr „lidig eigen", verkaufte sie am 22. Juli 1333 als Witwe mit Hand ihres Sohnes und Vogtes Hermann von Rüdiswil für 173 Pfund und 6 Schillinge Zofinger Währung an den Ritter Johann von Aarwangen.31
Von König Johann von Böhmen hatte der Ritter von Aarwangen einige nicht näher bezeichnete Lehen inne; diese, sowie das Lehen zu Murbach und das Burglehen von Liestal gelobte Petermann, seinem vor kurzem geborenen Sohne Johann zu übergeben, sobald er 18 Jahre alt sein werde. Endlich verpflichtete sich Petermann noch, der Königin Agnes von Ungarn, Äbtissin zu Königsfelden, behilflich zu sein, die Pfandschaften einzubringen, welche Johann von Aarwangen ihr übergeben werde, und sie im Besitz derselben nicht zu stören. Nach dem Jahr 1341 hört der Verkehr zwischen Johann von Aarwangen und Junker Petermann auf.
Kurze Zeit nach der Abfassung eines Erbvertrages (1339) entschloss sich Johann von Aarwangen, der Welt zu entsagen. Er wurde zwischen 1341 und 1344 Konventual der Abtei St. Urban und gründete als solcher das Eremitenhaus zu Wittenbach im Entlebuch. Vor seinem Eintritt ins Kloster vergabte er demselben am 27. November 1341 seine Güter und Rechte in den Dörfern Utzenstorf, Zielibach, Ursenbach und Madiswil.31
Abb. 13 Schloss Aarwangen um 1857 (Aquatinta)32
Abb. 14 Im August 1341 Verkauft Graf Eberhard von Kyburg Twing und Bann von Zielebach an Ritter Johannes von Aarwangen.33
Abb. 15 Urkunde auf Pergament vom 30. April 1294, mit dem Siegel (Bruchstück) von Walter von Aarwangen, Schultheiss von Burgdorf (Siegel intakt). Der lateinische Text besagt Folgendes:
«Wernher von Bollodingen, Bürger von Burgdorf, verkauft mit Zustimmung seiner Gattin Adelheid, seines Sohnes Heinrich und seiner Töchter Anna, Mechtild, Agnes und Katharina eine Schuppose Eigengut in Bollodingen "zem Brunnen", die jährlich 1 Malter Spelt und 9 1/2 Schilling zinst, mit allen Rechten und Zugehörden dem Kloster Sankt Urban für 15 Pfund.
Zeugen: Ludwig von Oberburg, Schultheiss von Huttwil; Niklaus Frieso, Niklaus Bernolt, Konrad Wolf (Lupus), Ulrich von Buchsee, Konrad Unsi und Wernher Füchsli.»34
Es hängen nur noch drei Siegel 1) des Ritters Johannes von Aarwangen, 2) des Propstes Johannes von Büttikon zu Zofingen, mit der Umschrift: f S. IOH. DE. BVTIKO. PPO. ECCE. ZOVINGEN. und 3) des Ritters Johannes von Hallwyl. — Das vierte ist abgefallen.35
Abb. 16 Im September 1341 verspricht Petermann von Grünenberg, keinen Anspruch an das von Johann von Aarwangen an das Kloster St. Urban verschenkte Gut zu erheben.36
Abb. 17 Verena von Aarwangen, Tochter von Peter Senn, beurkundet und siegelt (!) anno 1341 ihren Verzicht auf diverse von ihrem Mann verschenkte Güter.37
Abb. 18 Der Ritter Johannes von Aarwangen stiftet Ende November 1341 dem Kloster St. Urban eine Kapelle, und gibt dazu Besitzungen zu Utzenstorf, Zielebach und Ursenbach und Madiswil (1341).38
14 chgh.ch; Wappenbuch des Glarner Universalgelehrten Aegidius Tschudi (1501-1572) aus der Zeit zwischen 1530 und 1572
15 Stettler Willhelm, Bernisches Wappenbuch (1643-1708) BBB]
16 Rappard François J., Heraldica Helvetica (1993)
17 Jufer Max, Lerch Martin, Schaffer Emil, Wirth Rudolf, Der Amtsbezirk Aarwangen und seine Gemeinden [Abb. 6: Titelbild] (1991)
18 FRB, Bd. 2, S. 334, 309. (1251)
19 Gutzwiller Hellmut, im HLS, Bd. 1, S.47 (2002)
20 FRB, Bd. 3, S. 176, 182. (1276)
21 FRB, Bd. 3, S. 177, 183. (1276)
22 FRB, Bd. 3, S. 178, 184. (1276)
23 Solothurnisches Wochenblatt für 1812, S. 372 (1812)
24 Haffner Franciscus, «Solothurnischer Schaw-Platz; Kurtze Beschreibung der Statt Solothurn, sampt dero zugehörigen Landen» Teil II, S. 115 (1666)
25 Glauser Fritz, im HLS, Bd. 1, S.46 (2002)
26 FRB, Bd. 5, S. 833, 774. (1331)
27 FRB, Bd. 6, S. 458, 473. (1339)
28 FRB, Bd. 5, S. 831, 774. (1331)
29 FRB, Bd. 4, S. 471, 444. (1311)
30 Plüss August, Die Freiherren von Grünenberg in Kleinburgund, Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde eingereicht der hohen philosophischen Fakultät der Universität Bern. In: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern. Band XVI, Heft 1, S.95, 184ff (1900)
31 FRB, Bd. 6, S. 58f, 65. (1333)
32 Jahn Albert, Chronik oder geschichtliche, ortskundliche und statistische Beschreibung des Kantons Bern, alten Theils, in alphabetischer Ordnung, von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart / nach den zuverlässigsten Quellen, (1857)
33 FRB, Bd. 6, S. 607f, 618. (1341)
34 FRB, Bd. 3, S. 581, 589. (1294); Original im Staatsarchiv Luzern, Abtei St. Urban.
35 FRB, Bd. 6, S. 623f, 635. (1341)
36 FRB, Bd. 6, S. 612. 622. (1341)
37 FRB, Bd. 6, S. 613, 623. (1341)
38 FRB, Bd. 6, S. 623f, 635. (1341)
Abb. 19 Das Wappen derer von Egerdon: In Silber aufgerichteter, rot bezungter, schwarzer Löwe überdeckt von rotem Querbalken.39 – Eine interessante Variante ist im Bernischen Wappenbuch zu finden (rechts).40
Die «von Egerdon» waren ein ritterliches Geschlecht der Stadt Bern (auch Egerten, Aegerten) und Dienstleute der Grafen von Neuenburg. Den Egerdon gehörte bis 1312 der Gurten, auf dem sich ihre Stammburg befand.
Als Herzog Berchtold von Zähringen 1191 die Stadt Bern gründete, war er mit einer grossen Zahl von Rittern aus seiner schwäbischen Heimat unterwegs. Er stand ja mit den Burgundern im Streit und deshalb war es sinnvoll, eine Reihe von befestigten Städten und Burgen zu bauen.
Einige der Ritter wurden sesshaft und bauten sich Burgen und feste Häuser, so auch der alemannischer Adelige Egerdon. Auf den Gurten liess er seine Burg bauen, genauer auf den Hügel am südlichsten Punkt, beim Gurtendörfli.
Dort wohnte seine Familie in einem wuchtigen, viereckigen Turm mit einem Wallgraben ringsum. Von dort hatten sie einen Überblick über das Aaretal weit umher und konnten ihre Wächteraufgabe treu befolgen. - Die Herren vom Gurten waren Dienstleute von Welsch Neuenburg und tüchtige Rittersleute.
Anfangs mochte es ihnen nicht schlecht gegangen sein, denn das Land vom ganzen Gurten war in ihrem Besitz. Ausserdem besassen sie um 1271 in der Stadt ein mit Steinen gemauertes Sässhaus an der danach benannten Herren-Egerten-Gasse, der jetzigen Herrengasse. Namentlich weiss man von einem Burkard I. als Vater eines gleichnamigen Schultheissen Burkard II., der 1250 erstmals erwähnt wird. Zwei weitere Nachkommen waren Ratsherren. 1270 vergabte Burkard II den Kirchensatz von Krauchthal an die Johanniterkommende Münchenbuchsee. Er starb 1271.
Ulrich war 1294 Sechzehner, 1295 und 1303 Ratsherr. Peter war 1322-23 Schultheiss und 1327 noch Ratsherr.41/42
Abb. 20 Die Ruine Aegerten, wie sie im Jahre 1669 ausgesehen hat: Aquarellierte Zeichnung des Malers Albrecht Kauw.43
1312 verkauften die Brüder Peter und Werner all ihren Besitz ausserhalb der Stadt mit allen Reichslehen, Kirchensätzen und zugehörenden Rechten. an die Deutschherren in Köniz.
Peter Egerdon wurde 1322-23 Schultheiss und blieb Ratsherr bis zu seinem Tod 1335. - Mit ihm starb das Geschlecht im Mannesstamm aus.
Die Egerdon gelten als Förderer des Frauenklosters Kappelen im Forst (Gemeinde Frauenkappelen) und des Deutschordenshauses in Köniz.
Ein Egerdon kämpfte im hundertjährigen Kriege zwischen Frankreich und England. Einer unverbürgten Nachricht zufolge soll das Geschlecht auf der britischen Insel fortleben (s. dazu auch Abb. 22). – Justinger rechnete die Familie zu den «edel notvesten lüten in burgunden».44
Die alte Burg wurde verlassen und zerfiel zu einer Ruine. Graf Simon von Tierstein beanspruchte 1366 die in Verfall geratene Burg. Die Mauersteine wurden wahrscheinlich als Baumaterial für das Gurtendorf gebraucht.
Abb. 21 Die Berner Stadtchroniken haben die Geschichte des Ritters von Aegerten im Bilde festgehalten45
Von einem Ritter von Aegerten (oder wie die Urkunden früher schrieben "Egerdon") erzählt die Berner Stadtchronik folgende amüsante Anekdote:
Es hätte einmal ein König von Böhmen gegen den König von Frankreich im Streit gelegen. Dieser König von Böhmen wollte den Ritter von Aegerten wegen seiner berühmten Tapferkeit zu seinem Feldhauptmann machen. Er schickte einen Boten auf die Burg auf dem Gurten und der Ritter erklärte sich bereit, den Auftrag zu übernehmen und wollte am nächsten Tag mit Boten reiten. - "Nu waz er nit vast riche" meint der Chronist, und wegen seiner Armut habe er sich, als der Bote kam, auf die Mauer seiner Burg gesetzt und habe mit den Sporen in die Mauer gehauen als ob er reiten wollte. Der Bote merkte bald, er nichts zu reiten hätte; er machte dem König Bericht und dieser sandte ihm Pferd und Geld genug. So sei er zum König gekommen und des Streites Anführer geworden.
Die Berner Stadtchroniken haben diese Geschichte im Bilde festgehalten. Das Bild aus der amtlichen bernischen Stadtchronik (Abb. 21) zeigt den auf der Mauer reitenden Helden und den fremden Boten zu Pferd, der ihm einen Brief überreicht. Die Figur rechts überbringt wohl die Botschaft, während die, andere links durch die ausserordentlich ausdrucksvolle Bewegung der Hände anzudeuten scheint, dass leider nichts zu machen sei.46
Abb. 22 Das Wappen des Francis Egerton, 1. Earl of Ellesmere, als Ritter des Hosenbandordens
Der um 1920 verstorbene Geschichtsforscher Bernoulli hat die letzten Spuren des Egerdon’schen Geschlechts in einem Londoner Archiv entdeckt: Unter Peter von Savoien, dessen Hand bis an die Aare reichte, sind mehrere Rittergeschlechter unseres Landes, die Egerdon und Strätlingen und andere, in englischen Solddienst getreten, und der englische General Egerdon, der einst im Somaliland Krieg führte, ist der Orthographie seines Namens nach jedenfalls ein Nachkomme der Ritter auf der Aegertenburg auf dem Gurten.
An folgenden Stellen der Geschichtsschreibung finden die Ritter von Egerdon weitere Erwähnung:
Die Ritter von Egerdon erscheinen wie die Ritter von Bubenberg unter den 186 urkundlich nachgewiesenen Adeligen, die mit den Herzogen von Zähringen in unser Land eingewandert sind. - Diese Ritter, die mit den Bauern und Handwerkern die Herzoge von Zähringen bei ihrer Besitznahme des Üchtlandes begleiteten, waren die Offiziere, welche alle auf einen bestimmten Posten gestellt wurden, an Flussübergängen, Heerstrassen und Anhöhen. Die Egerdon dienten auf. dem Gurten als Wachtposten.46
[39]
Abb. 23 Der Hügel, auf dem sich die Ruine Aegerten befindet.47
[51]
Abb. 24 Vor Ort sind am Standort der Ruine Aegerten nur noch Erdhügel und einige letzte verbliebene Steine des Mauerwerks zu finden.48
Der Widemhof der Kirche Krauchthal gehörte als Reichslehen den Rittern von Egerdon. Kirchensatz und -vogtei der 1270 erwähnten Kirche Krauchthal (Mauritiuspatrozinium) gehörten dem Reich. Als Reichslehen waren sie vor 1270 in der Hand der Ritter von Egerdon, die sie den Johannitern in Münchenbuchsee vergabten.49
[50]
Abb. 25 Burkhard von Egerdon siegelte auf dieser Urkunde aus dem Jahre 126851
Abb. 26 Der die einstige Burg umgebende Wall mit Graben ist hingegen noch gut zu erkennen.52
Abb. 27 Burchard (Burkhard) der Ältere, Ritter von Egerdon, schenkt am 25. Februar 1270 mit Zustimmung seiner Söhne dem Johanniterhaus Buchsee den Kirchensatz zu Krauchthal.53
Abb. 28 Heinrich, Ritter von Egerdon, verkauft den ‘Teutschbrüdern’ von Köniz alle seine Eigengüter.54
Abb. 29 Heinrich und Burchard, Herren von Egerdon, bestätigen dem ‘Teutschhause’ Köniz eine väterliche Schenkung.55
Abb. 30 Die Darstellung auf der Basis von LIDAR zeigt sehr schön die Topographie des Standorts der Ruine Aegerten mit dem Haupthügel und den vorgelagerten Wällen und Gräben
57
Abb. 31 Heinrich, Ritter von Egerdon, verkauft dem ‘Teutschhause’ Köniz sein Reichslehen des Zehnten von Herzwil.58
Abb. 32 Heinrich, Ritter von Egerdon gibt den Johannitern seine Rechte an der Kirchenvogtei von Krauchthal.59
Die Gemahlin des Heinrich war Clementa von Ringgenberg (ca. 1256-1286), Tochter des Philipp von Brienz (1220-1283) und der Agnes von Strättlingen (1225- ca. 1275).60
Abb. 33 Wilhelm und Heinrich, Herren von Montenach beurkunden ihren Handel mit Heinrich und Burchard, Herren von Egerdon.61
[62]
63
Abb. 34 Das Siegel des Burchard von Egerdon auf dieser Urkunde ist ganz verschieden von dem älteren Egerdon’schen von 1272 (das wahrscheinlich von Burchards Vater stammte): Von braunem Wachs und herzförmiger Gestalt zeigt es einen nach rechts prankenden Löwen überdeckt von einem Querbalken.64/65
66
Abb. 35Ulrich und Peter von Egerdon sind Zeugen, als die Witwe des Burchard von Herzwil deren Vergabung von Landstücken an die Johanniter zu Buchsee anerkannt.67
[68]
39 Hürzeler Felix Friedrich, Wappenbuch der burgerlichen Geschlechter der Stadt Bern, Zeichnungen von Paul Bösch, Herausgegeben von der Burgergemeinde Bern (1932)
40 Stettler Willhelm, Bernisches Wappenbuch (1643-1708) [BBB]
41 Braun-Bucher Barbara, im HLS, Bd. 4, S.71 (2005)
42 Moll Heinz, Köniz-Ruine Aegerten, in: Ruinen von Bugen und Sakralbauten im Kanton Bern, S. 79ff (2019)
43 seniorbern.ch; Erwin Weigand
44 Das Bernbiet ehemals und heute, in: Historischer Kalender, Bd. 243, S. 72ff (1970)
45 Aegerter L., Die Burgruine der Ritter von Aegerten auf dem Gurten, in: die Berner Woche, Band 30, Heft 11, S 281 (1940)
46 NN, Das Üchtland und die Alamannengrenze [Teil 2], in: Pionier; Organ der schweizerischen permanenten Schulausstellung in Bern, Bd. 41, Heft 4, S. 34f (1920)
47 Foto: hikr.org, poudrières (2015)
48 Foto: Christoph Hurni, www.flickr.com
49 Dubler Anne-Marie, ‘Krauchthal’, im HLS, Bd. 7, S.429 (2008)
50 Jmobersteg J., Ein Gang auf und um den Gurten, S. 21ff (1879)
51 FRB Bd. 2, S. 705f, 644. (1268)
52 Foto: Christoph Hurni, www.flickr.com
53 FRB Bd. 2, S. 739, 683. (1270)
54 FRB Bd. 3, S. 7, 8. (1271)
55 FRB Bd. 3, S. 22f, 25. (1272)
56 Jmobersteg J., Ein Gang auf und um den Gurten, S. 23f (1879)
57 Jmobersteg J., Ein Gang auf und um den Gurten, S. 25 (1879)
58 FRB Bd. 3, S. 36f, 44. (1273)
59 FRB Bd. 3, S. 37f, 45. (1273)
60 Studer Chr., Grafen und Freiherren von Opelingen und von Brienz, Freiherren von Ringgenberg (2016)
61 FRB Bd. 3, S. 44, 53. (1273)
62 Jmobersteg J., Ein Gang auf und um den Gurten, S. 26 (1879)
63 Jmobersteg J., Ein Gang auf und um den Gurten, S. 26f (1879)
64 Zeerleder Karl, Urkunden für die Geschichte der Stadt Bern und ihres frühesten Gebietes bis zum Schluss des 13. Jahrhunderts, S. 419f (1854)
65 FRB Bd. 3, S. 601, 610. (1295)
66 Jmobersteg J., Ein Gang auf und um den Gurten, S. 27f (1879)
67 FRB Bd. 4, S. 43, 37. (1300)
68 Jmobersteg J., Ein Gang auf und um den Gurten, S. 25ff (1879)
Abb. 36 Das Wappen derer von Affoltern: Schräglinks geteilt, von Rot sechsstrahliger, silberner Stern, und von Gold.69 – Rechts das Wappen von Affoltern im Bernischen Wappenbuch.70
Erster bezeugter Vertreter ist 1146 Hesso de Affoltron. Im 13. Jh. Verfügten die Affoltern über Güterbesitz v.a. im Amt Willisau sowie Kirchensatz der Kirche Bolligen. Über Eigengüter in der näheren Umgebung von Affoltern ist nichts Näheres bekannt. In den 1270er Jahren Veräusserung umfangreicher Eigengüter, 1283 dagegen erfolgte der Aufkauf der Herrschaft Gerenstein östlich von Bern. Beziehungen bestanden zu den Grafen von Frohburg und Kyburg, Konnubien mit den Freiherren von Kramburg und den von Thorberg. Zwischen 1232 und ca. 1300 sind als letzte männliche Mitglieder des Geschlechts eine oder zwei Personen mit Namen Werner fassbar.71
Elisabeth von Affoltern (erwähnt 1299-1301) war die Tochter des Ritters Wernher von Affoltern und der Johanna von Thorberg (Tochter des Albrecht und Schwester des Ulrich von Thorberg [de Porta]), «auf Waldberg (Walsburg) gesessen».
Sie war verheiratet mit Hannemann (Johannes) Cunrad II. Schaler, genannt Rumelher (+1327), Ritter und Bürgermeister von Basel.
Zwischen 1226 und 1285 ertauschte, kaufte und empfing das Kloster St. Urban in Schötz rund 10 Schupposen (6 von der Johanniterkommende Hohenrain, 2 von den Herren von Roggliswil, 2 von Niklaus von Fischbach zu Zofingen).« Von diesen Schupposen verlieh das Kloster 1234 deren 5 als Erblehen an Freiherrn Wemher I. von Affoltern.
Abb. 37Wernherr von Affoltern, Ritter, urkundet 1234, dass er sieben Schupposen in Stertenbach (Stätebach) und Schötz (beide LU) um einen jährlichen Zins von Zehn Solidi (Schilling) vom Kloster St. Urban empfangen habe und dass er dafür 16 Mark Silber dem Kloster bezahlt habe, mit dem Beding, dass er diese Güter nur lebenslänglich geniessen wolle. Sollten sie aber auch einem seiner Erben auf dessen Bitten gegeben werden, so soll dieser dem Gotteshause jährlich 25 Solidi geben, nach dessen Tode fallen aber die Güter wiederum dem Kloster anheim.72/73
Nach einer Auseinandersetzung wegen fehlender Zinszahlung überliess Wernher II. von Affoltern 1275 dem Kloster 5 ihm gehörende (ad me pleno iure pertinens) Schupposen zu Schötz und erhielt anschließend diese abgetretenen und 5 weitere Kloster-Schupposen in Schötz als Erblehen zurück. Diese Quelle bezeugt, dass die von Affoltern in Schötz über eine starke Stellung verfügt haben müssen. Vor dem September 1273 verkaufte oder verpfändete der nachmalige König Rudolf von Habsburg dem Freiherrn Wernher II. von Affoltern Einkünfte in der Höhe von 4 Mark im Amt Kasteln. Wie sich später herausstellte, handelte es sich um Einkünfte von 18 Schupposen in Schötz, die an die Burg Kasteln gehörten. Noch um 1306 stritten sich die Vertreter der Herrschaft Österreich erfolglos mit H. Cunrad II. Schaler von Basel, Gatte der Frau Elisabeth von Affoltern, wegen dieser Schupposen herum. Dieser ansehnliche, 1275 um 5 Schupposen verminderte Komplex, dem zumindest die Hälfte von Twing und Bann anhing, gelangte über jeweilige Erbtöchter von den von Affoltern in rascher Folge an die Schaler, an die Hattstatt (Johann Schaler, die Schwester von Hannemann, war mit Hannemann von Hattstatt verheiratet) und schließlich noch zum kleineren Teil an die Waldner.7475
Abb. 38Ritter Werner von Affoltern erhält von der Abtei St. Urban insgesamt 10 Schupposen zur Nutzung auf Lebenszeit.76
1283 verkauften die Freiherren von Affoltern Luthern an die Ritter von Hünenberg. Diese veräusserten das Tal im Jahr 1414 an Ueli (Ulrich) Hugi und Hensli (Hans) Bircher. Weil der Letztere seinen Anteil an die Stadt Luzern weiterverkaufte, wurde es Teil der Vogtei Willisau.77
Abb. 39Ritter Werner von Affoltern verkauft Eigengüter an die Abtei Trub. Das am Schluss dieser Urkunde erwähnte Siegel des Werner ist abgefallen.78
Abb. 40 Der Standort der ehemaligen Walsburg aus der Vogelschau. Vor Ort sind nur noch spärliche Mauerreste zu sehen.79
Abb. 41 Die Position der ehemaligen Walsburg auf dem Gebiet der Gemeinde Luthern (LU), etwa 2 km östlich der heutigen bernischen Kantonsgrenze. Auf der Darstellung mittels 3D-Reliefschattierung (rechts) ist der Burghügel deutlich zu erkennen.
Abb. 42 Das Wappen der Gemeinde Luthern im Kanton Luzern. Der weisse Wellenbalken versinnbildlicht den Ortsbach, die Luther, die Äpfel erinnern an die Gründer, die Freiherren von Affoltern im Emmental. (Affoltern heisst "Bei den Apfelbäumen").
Auf dem Gebiet der Gemeinde Affoltern im Emmental liegen zwei Erdwerke: Dolenberg und Lueg.80 Dem Autor ist keine geschichtliche Quelle bekannt, die belegen würde, dass das eine oder andere der beiden Erdwerke die Basis für eine Burg der Ritter von Affoltern gebildet hat. Trotzdem wäre es von grossem Interesse, Beweise für einen allfälligen Zusammenhang erbringen zu können, wobei ein klarer Gegenbeweis natürlich auch akzeptiert werden müsste.
Abb. 43 Der Dolenberg von der Nordseite.83
69 chgh.ch; Wappenbuch des Glarner Universalgelehrten Aegidius Tschudi (1501-1572) aus der Zeit zwischen 1530 und 1572
70 Stettler Willhelm, Bernisches Wappenbuch (1643-1708) [BBB]
71 Hälg-Steffen Franziska, von Affoltern, im HLS, Bd. 1, S. 119 (2002)
72 Archivkatalog Staatsarchiv Luzern
73 Solothurner Wochenblatt No. 30, S. 335 (1831)
74 StA LU 175/2541 (1367).
75 Glauser Fritz, Siegrist Jean-Jacques und Gössi Anton, Die Luzerner Pfarreien und Landvogteien, Luzerner historische Veröffentlichungen, Bd. VII, S. 171 (1977)
76 FRB Bd. 3, S. 149, 155. (1275)
77 luthern.ch/de/portrait/geschichte
78 FRB Bd. 3, S. 163, 166. (1276)
79 Bild: swisstopo
80 Moll Heinz J., Erdwerke in der Region Bern, S. 40ff (2017)
Abb. 44 Das Wappen von Allmendingen.81
Der Name unserer Ortschaft wurde zum ersten Mal in einer Urkunde vom 10. Februar 1239 genannt. Genau genommen: Nicht das Dorf wurde genannt, sondern eine Person, ein gewisser „Rudolf von Alwandingen“. Es ist aber ganz klar, dass es 1239 nicht nur diesen Rudolf gegeben hat, sondern auch den Ort, nach dem er genannt wurde, eben dieses Allmendingen. Früher hiess dieser Ort also Alwandingen, wie wir daraus schliessen können.
Abb. 45 Denzler erwähnt in seinem Beitrag zu Allmendingen namentlich Arnold, Rudolf und Andreas als Vertreter der edlen Familie.82
Erben der nur im 13. Jh. urkundlich belegten Herren von Allmendingen verkauften 1256 ihren Besitz dem Kloster Interlaken. - Das hochmittelalterliche, alte Schloss im Dorf war 1729 als Ruine noch sichtbar.83
Abb. 46 Der Sohn des Ritters Rudolf von Allmendingen schenkt im Januar 1256 dem Deutschhaus zu Köniz eine Matte.84
81 Stettler Willhelm, Bernisches Wappenbuch (1643-1708) [BBB]
82 Denzler Hans Ulrich, Allgemeines helvetisches, eydgenössisches, oder schweitzerisches Lexikon, Bd. 1, S. 134 (1745-1795)
Abb. 47 Das Siegel des Ritters Berchtold von Amsoldingen (1350). Das Wappen derer von Amsoldingen stellt eine gotische Gurtschnalle aus Gold auf blauem Grund dar. Es wird seit 1955 als Gemeindewappen geführt.85
Abb. 48 Innensicht (Südostrichtung) der Ruine der Jagdburg Stocken.86
Die ritterliche Familie von Amsoldingen, Bürger in Bern, Spiez, Thun und Freiburg, blieb bis 1492 Inhaberin der Herrschaft und des Burglehens Stocken. 1363 war der Enkel Heinrich von Amsoldingen mit der Burg belehnt worden «wie sein Grossvater und Vater». Nach 1388 kam die Herrschaft unter bernische Oberhoheit im Landgericht Seftigen. Ihr letzter Inhaber, Rudolf (Ruof) von Amsoldingen, Bürger von Bern und Thun, auch Herr von Blumenstein, verkaufte um 1492 beide Herrschaften dem damaligen Thuner Stadtschreiber Hans Duby, der von Bern belehnt wurde. Anlässlich dieser Handänderung dürfte Bern die Niedergerichtsrechte in Stocken an sich gebracht haben. Es teilte Stocken dem Gericht Reutigen zu, änderte dies aber 1505 auf Bitte der Leute von Stocken mit der Zuteilung zum Gericht Amsoldingen. Das war das Ende der «Herrschaft Stocken». Das Burglehen Stocken dagegen blieb bestehen. Es kam mit Blumenstein im Erbgang an Barbara Duby beziehungsweise ihren Ehemann, den Apotheker Valentin (Veltin) Kleberger. 1556 wurde Jakob von Wattenwyl damit belehnt, der es in seiner Herrschaft Blumenstein verwaltete.87
Als Begründer erscheint Propst Heinrich von Wädenswil zu Amsoldingen, welcher seine mit Lücardis von Uebeschi gezeugten Söhne Rudolf, Ulrich und Heinrich 1273 zu Freien erklärte; den Status von nobiles (Edlen) erreichten die Amsoldingen allerdings nie. 1290 erscheint Ulrich als Burger von Bern (1294 Grossrat, 1295 Kleinrat). Berchtold, eventuell dessen Bruder, wurde 1309 Burger in Freiburg, 1323 Ritter. Es war Heinrich, der Urenkel des Propstes, der 1360 die Burg Stocken bei Amsoldingen erhielt, vermutlich als Erblehen. Sein Bruder Wilhelm war 1362 Burger von Thun, 1376 weissenburgischer Kastlan von Blankenburg und 1390 Erbe seiner Verwandten von Raron. Rudolf, vielleicht Wilhelms Enkel, kaufte 1466 Blumenstein und war 1480 Seckelmeister in Thun; mit ihm starb das Geschlecht um 1500 aus.88
Abb. 49 Die Familie des Ritters Berchtold von Amsoldingen wird anno 1328 von den dortigen Chorherren auf Lebenszeit mit einer Hofstatt belehnt. – Das Siegel ist abgefallen.89.
Die Herrschaft Stocken ist nur wenig belegt; ihr Umfang war offenbar von Anfang an umstritten. In den Quellen erscheint dagegen das Burglehen Stocken der Herzoge von Österreich, das nach dem Königsmord von 1308 vielleicht aus dem Bestand der Herrschaft Strättligen an die Herzoge gefallen war. Sie verliehen es an Propst Heinrich von Amsoldingen (belegt 1262–1309), Sohn Walters von Wädenswil und Parteigänger Österreichs. Mit dem Burglehen Stocken versorgte der Propst seine Söhne standesgemäss. Die Jagdburg Stocken lag jenseits des Sees, der Propstei gegenüber auf dem Berg. Der österreichische Lehensrodel erhellt, dass zur Burg Güter und Wald sowie Twing und Bann gehörten. Der Umfang dieses Twings ist unbekannt. Klagen der Chorherren über Beraubung an Gütern und Rechten deuten an, dass sich Propst Heinrich und seine Söhne sowie der Dienstadel der Gegend aus dem Propsteigut bedienten.
Heinrichs Sohn Berchtold traf insbesondere der Vorwurf, dass er seinen Twingbezirk auf Kosten der Gerichtsrechte der Propstei unrechtmässig erweitere und Gericht halte vor der Burg, wo vorher nie Gericht gehalten wurde, weil die Burg ins Gericht Amsoldingen gehöre. Dieser offenbar durch Aneignung erweiterte Twingbezirk Stocken dürfte nebst der Burg und Umgelände auch Nieder- und Oberstocken umfasst haben.
Abb. 50 Schloss und Kirche Amsoldingen90
Abb.51 Ritter Berchtold von Amsoldingen beurkundet im September 1350 eine Schenkung an das Chorherrenstift Amsoldingen.91
Abb. 52a Extrakt «Amseltingen/ oder Amsoltingen» aus92 (./.).
Abb. 52b Extrakt «Amseltingen/ oder Amsoltingen aus dem «Allgemeinen helvetischen, eydgenössischen oder schweitzerischen Lexicon» (18. Jh.)
Abb. 53 Mauerfragmente der Ruine Jagdburg93
Abb. 54 Wilhelm von Amsoldingen ist im Februar 1389 Zeuge bei der Beurkundung eines Verkaufsgeschäfts des Gerhart von Bern, Burger zu Thun.94
Abb. 55 Längsschnitt Ost-West durch die Ruine Jagdburg.95
83 Dubler Anne-Marie, ‘Allmendingen; im HLS, Bd. 1, S. 199f (2002)
84 FRB Bd. 2, S. 411, 392. (1256)
85 amsoldingen.ch/gemeinde/geschichte
86 Moll Heinz, Niederstocken-Jagdburg, in: Ruinen von Burgen und Sakralbauten im Kanton Bern, S. 137ff (2019)
87 Dubler Anne-Marie, Die Region Thun-Oberhofen auf ihrem Weg in den bernischen Staat (1384–1803), in: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde, S. 92ff (2004)
88 Hüssy Annelies, von Amsoldingen, im HLS, Bd. 1, S. 312 (2002)
89 FRB Bd. 5, S. 630, 595. (1328)
90 Foto: Christoph Hurni, flickr.com
91 FRB Bd. 7, S. 528ff, 552. (1350)
92 Denzler Hans Ulrich, Allgemeines helvetisches, eydgenössisches, oder schweitzerisches Lexikon, S. 209ff (1745-1795); ETH-Bibliothek Zürich, Rar. 6282; https://doi.org./10.3931/e-rara-3835 / Public Domain Mark
93 Moll Heinz J., Niederstocken-Jagdburg, in: Ruinen von Burgen und Sakralbauten im Kanton Bern, S. 142 (2019)
94 FRB Bd. 10, S. 514f, 1089. (1389)
Abb. 56 Das Wappen der ‘vom Bach’ (de ripa / de rivo) von 1345.95
Abb. 57 Denzler führt in seinem Lexikon sowohl die ‘Zum Bach’ als auch einen Vertreter der ‘de Rivo’ («vom Bach») auf. Lag der von ihm vermutete ‘Edelsitz auf Langeneck’ eventuell oberhalb des Zulgbachs in Fahrni (s. Abb. 61)?96
Abb. 58Ritter Berchtold von Bach überträgt Im September 1257 die Vogtei der Adelheidsgüter an Ulrich Weibel, Eigenmann der Propstei Interlaken.97
Abb. 59 Ritter Berchtold von Bach verkauft Im Mai 1259 eine Matte an die Probstei Interlaken.98
Abb. 60 Konrad von Wädiswil erlaubt im Dezember 1268 dem Rudolf, genannt vom Bach, den "Längwald" bei Lauterbrunnen und die Vogtei über einige Klostergüter an die Propstei Interlaken abzutreten.99
Abb. 61 Ist der ‘Schlierbachhügel (Gde. Fahrni, LIDAR) eventuell der frühere Standort einer Burg derer ‘vom Bach’?
Abb. 62 Ritter Chunrat (Konrad) von Bach ist im Februar 1305 Zeuge, als ‘Heinrich am Nuke’ Güter zu Lütschental an das Kloster Interlaken verkauft.100
Abb. 63