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Ein scheinbar bedeutungsloser Moment in Kalils Kindheit, sichert ihm die Treue des weißen Drachen - dem Fürst aller Drachen. Ein schreckliches Ereignis bindet das Schicksal Khalfanis fest an den Fürsten der Magier. Und plötzlich stehen sich zwei leidgeprüfte Seelen gegenüber, die eigentlich Feinde sein sollten... Dieses Buch erzählt den Beginn einer zarten Liebe, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist.
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Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1: Der Junge und das Monster
Kapitel 2: Begegnung
Kapitel 3: Unterwegs
Kapitel 4: Im Schott
Kapitel 5: Die Wüstenwinde
Kapitel 6: Der kleine Dieb
Impressum
Der kleine Junge war gerade einmal fünf Jahre alt, als er so allein durch den riesigen dunklen Wald tapste. Mama und Papa hatten immer gesagt, dass er nur in Begleitung eines Erwachsenen in den Wald durfte, da hier wilde Monster leben würden. Monster, die noch nicht gezähmt waren und Menschen fraßen. Aber dem Knaben war das gerade so ziemlich egal.
Mama hatte ihm erlaubt, spielen zu gehen. ALLEIN spielen zu gehen. Und das musste man doch ausnutzen! Endlich konnte der Knabe einmal auf eigene Faust den ach so bösen und dunklen Wald erkunden!
Mit leuchtenden violetten Augen sah sich der Bub immer wieder um. Der Wald war so schön und überhaupt nicht furchteinflößend! So viele Blumen, die er noch nie gesehen hatte. Schmetterlinge und Bienen huschten von einer Blüte zur nächsten. Klar, da hinten am Rande des Sichtfeldes waren tiefe Schatten, aber selbst diese wirkten überhaupt nicht bedrohlich. Hier und da knackte mal ein Zweig, aber der Knabe war sich sicher, dass da nichts Schlimmes auf ihn lauerte. Er konnte sich nicht vorstellen, warum ein Monster ihm etwas antun wollen würde, wenn er nichts getan hat. Der Kleine wollte ja nichts jagen oder gar töten. Nein! Er war nur begierig darauf herauszufinden, was so gruselig an diesem Wald sein sollte.
Mit der Zeit bekam der kleine Junge Durst. Ratlos blickte er sich um. Hatte er doch das Wasser zum Trinken zu Hause vergessen! Ihm fiel eine Episode ein, als er und sein Papa letzte Woche zusammen wandern gewesen waren. Da hatte sein Papa nämlich einen kleinen Wasserlauf gesucht und auch gefunden, so dass sie daraus trinken und ihren Durst stillen konnten.
Nur… wo und vor allem wie sollte er hier im Wald auf die Schnelle Wasser finden?
Eher ratlos stapfte der Knabe über eine Lichtung. Die Sonne schien so schön warm und plötzlich sah er Pusteblumen! Vergessen war der Durst und der Junge rannte zu den Pusteblumen. Er spielte mit ihnen und berührte dabei aus Versehen eine andere Pflanze. Die Frucht dieser Pflanze explodierte mit einem kleinen „Plopp“. Es war Springkraut. Der Knabe war so fasziniert davon, dass er sich nun ausgiebig mit dem „Explodieren“ der Früchte beschäftigte und dabei jedes Mal laut auflachte, wenn es „Plopp“ machte.
Allerdings meldete sich nach einiger Zeit wieder der Durst und das immer stärker. So begab sich der Knabe schweren Herzens und mit einem theatralischen Seufzen erneut auf die Suche nach Wasser, nach dem er sich bei den „ploppenden“ Blumen verabschiedet hatte.
Einige Zeit später fand der Kleine tatsächlich einen ganz kleinen Bach. Und wie er es bei seinem Papa gesehen hatte, stellte er sich breitbeinig über das Wasser, beugte sich nach vorn, um mit seinen Händen Wasser zu schöpfen und… Platsch! Der Knabe hatte das Gleichgewicht verloren und lag nun mit seinem ganzen Körper im Wasser. Laut japste er auf und kämpfte sich ans Ufer. Toll! Mama würde böse mit ihm werden.
Plötzlich horchte er auf. Der Knabe hörte ein Lachen. Es war kein menschliches Lachen. Es waren merkwürdige Töne, die er noch nie gehört hatte, aber es war definitiv und unverkennbar ein Lachen. Vor Nässe triefend richtete sich der Junge auf und blickte sich suchend um. Neben einem kleinen Baumstumpf sah er eine kleine braune Fellkugel, die irgendwie komisch aussah. Der Körper glich einem Welpen von einem Höllenhund mit übergroßen Pranken. Der Kopf glich dem eines kleines Kätzchens und auf dem Rücken konnte man kleine skelettierte Flügel erkennen. Ein kleiner aber prächtiger Löwenschweif komplettierte das Bild.
„Ich finde das gar nicht lustig!“, sagte der Kleine fest mit seiner kindlichen Stimme. Die Fellkugel hörte auf zu lachen und blickte mit seinen großen gelben Augen den Jungen an.
„Ich hätte ertrinken können!“, erklärte dieser nun bestimmt.
Schweigen. Dann brach die Fellkugel wieder in helles Lachen aus. Der Knabe zog eine Schnute. „Hey…“, murrte er, doch das Fellknäuel lachte weiter.
„Na warte!“, rief der Junge da aus und stürmte auf das Hunde-Katzen-Ding zu. Dieses sprang auf und rannte immer noch lachend und neckend davon. Es entwickelte sich eine spielerische Jagd. Mal rauften sich die beiden, mal lagen sie Luft holend nebeneinander und dann jagten sie sich gegenseitig. Zwei Kinder hatten sich gefunden.
Dieses kindliche Spielen und gegenseitige Jagen ließ die beiden immer tiefer in den Wald vordringen. Sie nahmen dabei keinerlei Notiz von ihrer Umgebung und schließlich stolperten sie regelrecht auf eine Lichtung. Keine einzige Pflanze wuchs auf dieser. Die Bäume, welche die Lichtung regelrecht umschlossen, waren so dicht und dunkel, dass sie keinen Feind durchließen. In mitten dieser freien Fläche lag ein kleiner, aber tiefer See, aus dem ein großer, flacher Felsen ragte. Auf der gesamten Lichtung lagen verschiedene Felsbrocken in allerlei Formen, Größen und Varianten verstreut. Und auf diesen Felsen aalten und sonnten sich Drachen von unterschiedlichen Formen und Farben in der untergehenden Sonne. Sämtliche Kreaturen blickten fast schon gelangweilt auf, als die beiden Kinder auf die Lichtung stolperten und erstarrten, als sie in dem einen Kind einen Menschenjungen erkannten.
Der Knabe kam schlitternd zum Stehen, als er die Wesen sah. Das Fellknäuel dagegen rannte wie Schutz suchend zu einem dunkelgrünen Drachen, mit tiefschwarzen Augen und zwei Hörnern auf dem Kopf. Dem Jungen blieb der Mund offen stehen. Das war nicht fair! Da lachte das Fellknäuel wieder und lockte den Knaben. Dieser grinste spitzbübisch auf und marschierte nun mit festem Schritt auf den Drachen zu, dabei alles um sich herum vergessend.
Auf den großen flachen Felsen im See lag ein schneeweißer Drache mit Augen so blau wie ein Meer aus Eis. Diese Augen ruhten wachsam auf der Umgebung und schienen alles zu sehen.
Als der Junge sich dem grünen Drachen näherte, erhob sich der Weiße in die Lüfte und stellte sich mit einem leisen Brummen zwischen seinem Artgenossen und dem Knaben. Dieser blieb verblüfft stehen und legte seinen Kopf tief in den Nacken, um zu dem Riesen hoch zu blicken. Der Weiße ließ sich auf die Vorderbeine nieder und neigte sein Haupt hinab, bis es auf Augenhöhe des Kindes war.
„Was willst du hier, kleiner Mensch?“, fragte der Drache leise. Dabei blickten eisblauen Augen direkt in die violetten Augen des Jungen. Dieser schluckte leicht und verlor sich in den blauen Tiefen dieser Kreatur.
„Wir haben gespielt…“, murmelte der Knabe zögerlich.
Ein leises Grinsen huschte über die Züge des Drachen.
„Wie heißt du?“, fragte er weiter.
„Ich bin Kalil!“, antwortete nun das Kind fest.
„Riu, Riu!“, kam es da vom kleinen Fellknäuel wie gegurrt, was sich noch immer hinter dem grünen Drachen versteckte.
Kalil und der Weiße blickten zu dem kleinen Höllengreif rüber und der Knabe grinste breit. Dann blickte der Weiße wieder zu den Jungen.
„Du musst wieder nach Hause gehen. Die Sonne geht unter und deine Eltern werden dich bestimmt schon vermissen.“
Kalil blickte erneut in die Augen des Drachen.
„Darf ich dich anfassen?“, fragte er stattdessen.
Der Weiße neigte sein Haupt noch tiefer. Ganz langsam hob Kalil seine rechte Hand und legte sie zögerlich auf die Stirn des weißen Drachens. Dieser schloss seine Augen, als diese sanfte, warme Hand ihn berührte. Er spürte den Jungen, atmete seinen Geruch tief ein und wusste, diesen Menschen würde er nie vergessen. Kalil ließ seine Hand wieder sinken.
„Darf ich wieder kommen?“, fragte er nun und der Weiße nickte. Da lachte Kalil strahlend auf.
„Bis morgen, Riu!!“, rief er dem Fellknäuel winkend zu und machte sich auf den Heimweg. Er hatte einen Drachen angefasst! Das musste er unbedingt Mama und Papa erzählen…
***
Der Jüngling blickte sich mit seinen großen smaragdgrünen Kinderaugen in seinem Schlafgemach um. Diese Nacht würde die Letzte sein, die er hier verbringen würde. Für eine sehr lange Zeit. Sein Vater war der große Akhenaten. Dieser war der Pharao über Ägypten. Und sein Vater hatte sich in den Kopf gesetzt, dass er später ein weiser, gerechter und weltoffener Herrscher sein sollte. Denn nur ein Herrscher, der die Welt gesehen hat, könne sein Volk sicher in die Zukunft führen. Noch immer fragte der Knabe sich, warum sein Papa auf die doch wirklich dumme Idee gekommen ist, dass er auch Pharao werden würde. Was, wenn er etwas anderes werden wollte? Zum Beispiel ein Gott oder ein Krieger oder noch besser Priester!
Khalfani ließ sich seufzend auf sein großes weiches Bett fallen. Bis vor etwa zwei Wochen hatte er nichts von der Bürde eines Herrschersohnes zu spüren bekommen. Doch vor zwei Wochen ist er zehn Jahre alt geworden und da hatte ihm sein Vater eröffnet, dass er nun unter dem Decknamen Sir Richard Wellington auf ein Internat für Herrschersöhne nach England gehen würde. Dort würde er alles beigebracht bekommen – angefangen über Allgemeinwissen bis hin zu Kriegstaktiken. Khalfani blickte an die Decke. Er sollte alleine in die große Welt. Er war noch nie weit weg von zu Hause gewesen und nun sollte er auf einmal für so lange Zeit in ein ihm komplett fremdes Land… Khalfani verstand es nicht.
Ein leises Maunzen ließ den Knaben sich auf die Seite drehen und er blickte in die goldenen Augen einer kleinen Straßenkatze, die sich irgendwie in die Palastmauern verirrt zu haben schien. Khalfani musste grinsen, als er sich einen Bindfaden angelte und mit diesen die kleine Katze provozierte. Als das Kätzchen den sich bewegenden Bindfaden entdeckte, erstarrte es und fixierte diesen. Es legte sich flach auf den Boden, drückte die Hinterpfoten fest auf die Erde, die Schwanzspitze wackelte leicht, aber hektisch hin und her und die Schnurrhaare waren ganz weit nach vorne aufgestellt. Die Ohren der Katze waren gespitzt und die Augen weit geöffnet. Die Pupillen waren so groß, dass sie das Gold der Augen verdeckten. Und da funkelte es in den Iriden auf und die Katze sprang los. In dem Moment zog Khalfani an dem Faden und das Tier sprang schlitternd ins Leere, um gleich darauf dem Ende des Fadens hinter herzujagen. Khalfani lachte kindlich auf und schon war er im Spiel mit dem Kätzchen vertieft.
So fand Mahad, ein treuer Diener Akhenatens und Beschützer Khalfanis, den Kleinen vor. Eine Weile beobachtete er den Jungen, der so unbekümmert und vergnügt mit dem Kätzchen spielte. Er hielt es nicht für richtig, den Prinzen wegzuschicken, aber die Umstände erlaubten nichts anderes. Um Khalfani vor seinen Feinden zu schützen, musste er das Land verlassen. Und der Knabe hatte viele Feinde!
Laut räusperte sich Mahad, um sich Gehör zu verschaffen. Khalfani hielt in seinem Spiel abrupt inne und die Katze suchte ihr Heil in der Flucht.
„Du solltest doch deine Habseligkeiten packen, mein Prinz!“, ermahnte er den kleinen Jungen sanft. Dieser blickte betrübt zu Boden, Tränen unterdrückend.
„Ich will nicht weg von hier!“
„Du musst aber... zu deinem eigenen Wohl! Glaub mir, wenn du älter bist, wirst du es verstehen...“, nahm Mahad den Prinzen in dem Arm und erlaubte ihm Tränen zu weinen.
Als sich Khalfani nach einer Weile beruhigt hatte, packten sie gemeinsam die Habseligkeiten zusammen, die der Knabe mitnehmen würde. Dann zog sich Mahad mit den Worten zurück, dass Khalfani sich auf einen frühen Aufbruch gefasst machen müsse.
Es war Vollmond. Mahad stand auf dem Balkon in seinem Gemach. Er lehnte sich auf die Brüstung, während er leicht irritiert den Mond betrachtete. Dieser war blutrot. Sollte das ein Omen sein?
„Was bedrückt dich, Mensch?“, trat aus dem Nichts ein menschenähnliches Wesen an ihn heran. Auch wenn es wie ein Mensch aussah, der sich zum Spaß in ein Gewand eines Zauberers geworfen hatte, so konnte man doch an den Augen erkennen, dass es eine Kreatur... ein Monster war. Dieses Wesen gehörte zu den Magiern, selber noch sehr jung für seine Art und dennoch ein Fürst unter den Kreaturen. Er hieß Baniti und stand immer an der Seite Akhenatens, obwohl er diesen nie diente. Niemand wusste, was das eigentlich für eine Verbindung zwischen den beiden war, doch wollte auch Niemand wissen, was passieren würde, wenn man Akhenaten im Beisein des Magiers angriff. Mahad blickte auf.
„Der Mond ist blutrot... Ich mache mir Sorgen um den Prinzen.“
Baniti schnaubte leise verächtlich. Dies veranlasste Mahad den Magier direkt zu Fragen.
„Warum stehst du immer an seiner Seite? Es ist doch offensichtlich, dass du Akhenaten nicht leiden kannst!“
Der Fürst der Magier blickte Mahad an. Wohl zum ersten Mal überhaupt blickte dieses Wesen einem Menschen direkt in die Augen.
„Akhenaten hat viele von uns vernichtet, um seine Macht zu festigen. Seine „Symbole“ seiner Macht wurden aus dem Blut der Unseren gefertigt. Ich habe ihm einen Handel vorgeschlagen.